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Kulneff.

Und weil der Abend dämmert still,
Und die Erinnrung lieb uns ist,
Von Kulneff ich erzählen will,
Sagt ob von Dem ihr wißt?
Er war so recht vom Volk ein Mann,
Der sterben und der leben kann,
Der Erste wo man hieb und rang,
Der Erste wo man trank.

Und kämpfen, kämpfen Nacht und Tag,
Dies war ihm Zeitvertreib und Spiel,
Des Heldenlebens Blume sah
Er darin, daß man fiel.
Welch Waffen in der Hand man hält
Ist einerlei, wenn man nur fällt,
Im Schlachtgeräusch, beim Freudenmahl
Mit Schwert oder Pokal.

Und lieben war ihm Herzensfreud',
Schnell seine Wahl und sein Entschluß,
Er kam bereits vom blut'gen Streit,
Ein Ball es werden muß;
Und als er hier dem Morgen zu
Geglüht, er seiner Schönen Schuh
Füllt an den Rand aus nächster Bohl'
Und trinkt ein Lebewohl.

Ihr müßtet sehn die Züg' fürwahr!
An mancher Hütte Wand bewahrt
Man ein Gemälde wunderbar,
Ein Bild von lauter Bart;
Doch tritt man näher, gibt man Acht,
Ein Mund dort unterm Barte lacht,
Ein Blick gar offen, warm und mild,
Dies ist nun Kulneffs Bild.

Doch fordert's Muth und Zuversicht
Um furchtlos seinem Choc zu stehn,
Selbst fürchtet man den Teufel nicht,
Wird's Angst ihn anzusehn;
Es schreckt von fern sein Anblick bloß
Weit mehr als Pike und Geschoß,
Und lieber sieht man daß er haut,
Als seinen Bart man schaut.

So schien er, wenn er sprengte an
In vollem Hieb, wie Sturmgebraus,
Und solcher war er, saget man,
Auch wenn er ruhte aus;
Wenn er im Pelz von kurzem Schnitt
Allein von Hof zu Hofe schritt,
Und weilte dann als Freund und Gast,
Wo sich's am Besten paßt.

Noch theilt uns manche Mutter mit
Wie sie erschrack und ängstlich rief,
Als grad zur Wiege Kulneff schritt,
Wo süß ihr Liebling schlief.
»Doch«, setzt sie fort: »er küßt' allein
Mein Kind, und lacht' so gut, so fein,
Als von der Wand sein Bild dort blickt,
Wenn man nur näher rückt.«

Es ist gewiß, im rechten Licht
War Vater Kulneff gut wie Gold,
Er sich berauscht', man tadelnd spricht,
Er's seinem Herzen zollt':
Und dieses Herz trug stets er mit,
Als Fried' er hielt und als er stritt,
Er küßen und er tödten thut
Mit gleicher Seelengluth.

Man Namen kannt' im Russenheer,
Die die Geschichte aufbewahrt,
In Ruhmes Schoos gebracht hierher
Lang' eh' der Krieg noch ward.
Barklay, Kamenski, Bagration,
Die kannte jeder Finnlands Sohn,
Und scharfer Kämpfe harrte man,
Wo diese rückten an.

Von Kulneff wußte Niemand eh'
Des Krieges Fackel hier entbrannt',
Da kam er wie der Sturm zur See,
Geahnt kaum, als gekannt;
Da schoß er wie der Blitz herbei,
So kräftig und gleichwohl so neu,
Vergessen nie, bekannt genug
Vom ersten Schlag er schlug.

Man hatt' gekämpft den ganzen Tag,
Und Russe war wie Schwede müd',
Man alles froh beendet sah,
Und schlief in süßem Fried';
Doch als im Traumes Schoos man lag
Und Gold und grüne Wälder sah,
So schrie die Wache: »ins Gewehr!«
Denn Kulneff rückt hierher.

Es zog gemächlich ein Transport
Auf Straßen weit vom Russenheer,
Man aß und trank von bester Sort',
Und trank und aß noch mehr.
Doch plötzlich in der Freudenstund'
War Kulneff ungebet'ner Kund',
Schon seiner Piken Glanz man sah,
Durch's Staubgewölk ganz nah'.

Und saß man nun im Sattel fest
Und alles was man konnte that,
Ging er rasirt von unserm Fest,
Wie bärtig hin er trat;
Doch hieb man minder scharf herein,
Da trank der Alte unsern Wein,
Und hieß uns holen unsern Lohn
In besserm Wein am Don.

Und war es warm, und war es kalt,
Im Regen, Schnee, bei Tag bei Nacht,
War Kulneff stets im Hinterhalt
Und Streich' auf Streiche macht;
Und stellt man Heer gen Heer zur Schlacht,
Wohl merkt' man's wo den Hieb er bracht',
Der freien Steppe kecker Sohn,
Der Brave weit vom Don.

Doch war in Finnlands ganzem Heer
Gewiß kein einziger Soldat,
Dem dieser Alte lieb nicht wär'
Wie je ein Kriegskam'rad.
Und wenn er seine Züge zeigt,
Da grinzt vor Wohlbehagen leicht
Dem Bruder vom Kosackenland
Der Bär von Saimas Strand.

Und jener sah mit Freud' wohl gar
Die Tatzen, die ihn nicht geschont,
Und brach er ein, mit Lust es war,
Als hätt' es sich gelohnt.
Es war ein Anblick gern geschaut,
Wenn Kulneff auf die Finnen haut'.
Einander schätzen mußten hie,
Die Starken, er und sie.

Sein Arm schon längst ermüdet sank,
Er fiel im Kampf, um's Schwert die Hand,
Sein Ruhm wird leben Jahre lang,
Bestrahlend schön sein Land;
Und wo sein Name wird genannt,
Du hörst »den Tapfren« ihn benannt,
»Der Tapfre«, welch ein herrlich Wort
Von dankbarm Heimatort.

Sein Schwert uns droht', und seine Lanz'
Setzt' manche blut'ge Wund' uns an,
Doch lieben wir noch seinen Glanz
Als wär' er unser Mann;
Denn was noch mehr, als alle Band'
Von Fahnen und vom Vaterland
Am Wahlplatz Brüderschaft verleiht,
Ist gleiche Tapferkeit.

Hurrah dem Kulneff, seinem Muth!
Man seines Gleichen sucht fürwahr;
Was denn, vergoß er unser Blut,
Sein Kriegerrecht es war.
Wohl unser Feind war er, – was mehr?
Wir Feinde waren wir, wie er;
Daß er hieb drein mit Lust, wie wir,
War's wohl was Böses hier?

Verhaßt ist nur der feige Mann,
Und ihm allein sei Spott und Hohn,
Doch jedem Heil, der brav gewann
Des Kriegers reichen Lohn!
Ein froh Hurrah und ungedämpft
Jedwedem Mann, der gut gekämpft,
Was er im Leben auch erscheint,
Ob Freund uns oder Feind!


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