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Die beiden Dragoner.

Stahl der Eine hieß, der Ander'
Namens Loth ging in den Streit;
Beide gleich an Kraft einander
Wie an Tapferkeit.
Eine Heimat hatten beide
An der Saima Strand,
Zankten sich in Lieb' und Leide,
Wohnten Wand an Wand.

Zu Dragonern wurden beide
An demselben Tag gemacht,
Theilten treulich Leid und Freude
In jedweder Schlacht;
Zankten noch als Kriegskam'raden,
Kämpften Mann gen Mann,
Um die Ehre, wer an Thaten
Höhern Ruhm gewann.

Bald ihr Ruhm vor Aller ragte
Und in der Schwadrone wär'
Keiner der sich nennen wagte
Besser, tapferer.
Korporalenrangs erschienen
Beide bald darauf,
Doch der Zank hatt' zwischen ihnen
Seinen alten Lauf.

Was sie stachelt' als Gemeine,
Ihren Groll stets neu gebar,
War daß immer noch der Eine
Was der Andre war.
Beider Sinn stand gleichem Ziele
Stets nur zugewandt,
Lobt man Loth im Kampfgewühle,
Ward auch Stahl genannt.

Doch das Glück zuletzt sich drehet,
Einer nur den Sieg behält,
Jedem Unfall Loth entgehet,
Stahl verwundet fällt.
So gefesselt jetzt an's Bette,
Lag er still und litt,
Lag als krank im Lazarethe,
Als der Bruder stritt.

Langer Monde Elend schwindet
Endlich doch von seiner Streu,
Und der Tapfre wiederfindet
Seinen Trupp aufs Neu;
Doch jetzt stand er in den Reihen
Nicht mehr oben an,
Viele waren seines Gleichen,
Loth Medaille an.

Des Kam'raden Glück gewahrte
Stahl und wie in Ruhm er stieg,
Was im Herzen er verwahrte
Weiß man nicht, er schwieg.
Nicht ein Wort ließ er's verrathen,
Auch nicht eine Mien'. –
Beide nach des Tages Thaten
Schon zurück sich ziehn.

Was man thun sollt', war geschehen
Und zur Rückkehr geht die Bahn,
Plötzlich Staubgewölke wehen
Und Kosacken nah'n.
Da sprach Loth: »Zurück, es frommet
Uns kein Wagniß hier;
Fünf Mann stark die Bande kommet,
Bruder, zwei sind wir«.

Stahl er lacht mit bittrem Hohne:
»Weise ist dein Rath und gut,
Bluten muß wer bleibt, drum schone
Wie bisher dein Blut.
Geh! allein ich die Bataille
Wage, wenn auch du,
Der am Rocke trägst Medaille,
Bist zu gut dazu«.

Sprach's und sprengt mit stolzem Blicke,
Seinen Säbel rüttelnd fort,
Und er sah nicht mehr zurücke
Als er sprach dies Wort;
Ob er den Kam'raden kränkte,
Wenig lag dabei,
Folgte er ihm, oder schwenkte,
War ihm einerlei.

Kämpfen will er, nirgends weilen,
Fort zum Ziele stürmt sein Pferd,
Und dem Steppensohne Zeilen
Schreibt mit Blut sein Schwert.
Todschrei rauscht, Pistolen knallen,
Freund will rächen Freund,
Im Gedränge, hoch vor Allen,
Der Dragoner scheint.

Endlich scheint das Glück zu trügen,
Und der Sieger siegt nicht mehr,
Mann und Pferd am Boden liegen
Wälzen hin und her.
Unnütz noch im Staube wühlet
Stahl mit Kampfeslust,
Schon der Piken vier man zielet
Auf des Helden Brust.

Einen Augenblick nur spendet
Stumm und finster ihm der Tod;
Ist nichts, was die Noth abwendet?
Warte, da ist Loth.
Ja, er kommt, den Kreis zerhauet,
Der den Freund umringt,
Niemand den Gefallnen schauet,
Alles kämpft und ringt.

Von den Vieren fiel schon Einer,
Seh't da ward verwundet Loth,
Jeder Augenblick wird kleiner,
Und sein Blut strömt roth.
Kraftlos senkt sein Arm sich nieder,
Siegeshoffnung flieht!
Als man auf den Füßen wieder
Stahl im Kampfe sieht.

Der war kurz, so geht die Sage,
Und von ihr man auch vernahm,
Daß ins Lager spät am Tage
Loth zu Sandels kam.
Ruhig die Medaille reichet
Er dem General:
»Nehmt zurück sie, oder leihet
Auch ein Geldstück Stahl«.


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