Erwin Rosen
Der Deutsche Lausbub in Amerika – Erster Teil
Erwin Rosen

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Unter den Romantikern des Schienenstrangs.

Von Texas nordwärts. – Ein wunderliches Leben. – Der betrogene Betrüger der guten Stadt Guthrie in Oklahoma. – Jargon des Schienenstrangs. – Ein abenteuerliches Jahr und seine Einflüsse. – Die Entwicklungsgeschichte seiner Majestät des Tramps. – Die amerikanische Vagabundenarmee. – Der Arbeitslose. – Der Tramp. – Der Romantiker. – Lebenssehnsucht und Wandertrieb. – Präsident Roosevelts Vagabundenfahrt auf der Lokomotive. – Geheimnisvolle Unterströmungen modernen Abenteurertums. – Amerikaner in exotischen Kriegen. – In der Sommerfrische von Lucky Water, Arizona. – Von flammenden Farben und meiner Frau im Mond. Arbeiten!

Hastend trieb Billy vorwärts. Schnurgerade nach Norden ging es zuerst, durch das nördliche Texas in Oklahoma hinein, durch ungeheure Flächen von welligem Grasland und spärlichem Wald: immer mit Schnellzügen auf der blinden Plattform der Postwagen.

Einmal verbrachten wir eine tolle Nacht auf dem Piloten einer Expreßlokomotive, zu dritt, eng zusammengedrückt, aneinander geklammert: auf den hellen Fleck starrend, den die Laterne über unseren Köpfen auf die Schienen warf. Die Welt schien körperloses, schwarzes Dunkel. Nur der gelbweiße Schein da vorne auf dem Schienenstrang barg rasende Bewegung in sich. Als ob sie auf uns zuspringen wollten, so stürmten uns die hölzernen Blöcke entgegen, die den stahlglänzenden feinen Strich auf beiden Seiten verbanden. Zuerst, am Rande des Lichtscheins, in der Verjüngung, sahen die Schwellen fein und zart aus wie Zündhölzer. Dann wurden sie stärker, massiver – riesengroß zu unseren Füßen. Es war wie ein wunderlicher Hexenwirbel. Wie ein sturmwindgepeitschter Zauberkreis von funkelnden Schienen und dunkel glänzenden Schwellen, von Steinchen und Erde und Grasbüscheln; uns entgegenjagend, wirbelnd, sich drehend. Man mußte wie fasziniert auf den BIendkreis der Laterne starren; jedes Steinchen, jeder Schwellenbuckel prägte sich einem ein. Dazu das Rütteln und Stampfen der Stahlmasse, auf der wir hingekauert waren, und der peitschende Luftdruck, der schmerzend wie seine Nadeln in die Haut drang, jedes Stück Zeug am Leibe flattern ließ und sich wie schwere Last gegen den Körper anstemmte. Und Stille ringsum, als schweige alles vor dem dahersausenden stählernen Ungetüm auf den stählernen Schienen: als regierten nur seine Geräusche – – – Das dumpfe Poltern mit dem hellen Metallklang dazwischen. Das Rauschen und Rasseln. Das Stöhnen in den glühenden, dampfschnaubenden Lungen.

Aus Dampf und Rauch und jagender Bewegung und vorbeihuschendem Land schien die Welt zu bestehen. Jeder Funke Energie konzentrierte sich auf Vorwärtskommen. Alles andere war gleichgültig. Man fuhr in Frachtzügen untertags, weil man dann in leeren Frachtwagen schlafen und so den Schlaf mit dem Vorwärtseilen verbinden konnte. Die unfreiwilligen Pausen (wenn ein Kondukteur oder ein Bremser uns ertappte und grinsend erklärte, wir möchten lieber dem nächsten Zug die Ehre schenken) wurden zum Essen benutzt und zu sorgfältigem Erkundigen über die nächsten Züge. Es war ein wunderliches Leben. Und das wunderlichste daran war die Geschäftigkeit! Kein noch so energischer Kaufmann hätte mehr Zeit und Mühe auf seine wichtigsten Affären verwenden können als wir auf unser zweckloses Vorwärtshasten. Dabei riskierten wir auch noch täglich die Hälse!

Ich war wunschlos glücklich damals in dem fortwährendem Fieber des Neulings. Und es scheint mir heute, als sei die trotzige Energie, die dieses sonderbare Leben einem einimpfte, ohne daß man es merkte, die Gleichgültigkeit gegen Gefahr und Beschwerden, das praktische Anpassen an harte Lebensbedingungen, das man wie im Spiel lernte – als sei dies alles die verschwendete Zeit voll und ganz wert gewesen ...

Das Leben war wie ein Dahinhuschen durch eine mehr oder weniger gleichgültige Welt voll der verschiedensten Menschen und der verschiedensten Farben, in der das einzig Wichtige die Züge auf dem Schienenstrang und wir drei Menschen schienen. Wir drei Menschen! Nie wieder im Leben hab' ich so das Gefühl engstverbundener Freundschaft mit Männern gehabt wie damals! Was dem einen gehörte, gehörte auch dem andern, und der eine stand für den andern ein mit allem, was er hatte und konnte. Und doch blieb die dünne Scheidewand bestehen, die Männerfreundschaft haben muß, wenn es nicht einfach frère et cochon sein soll – das Respektieren persönlicher Dinge, die Disziplin gewisser Höflichkeiten, eine Art Respekt des einen vor dem andern. Dieses eigenartige Zusammenhalten in einem Mischmasch von Herrentum und Vagabundenleben ist mir etwas Unvergeßliches wie Billy selbst.

Wir kamen nach Guthrie in Oklahoma, eine Stadt mit dem typischen Gemengsel des Westens von vornehmen Villen und bescheidenen Bretterbuden. Guthrie war damals, und ist wahrscheinlich heute noch, was der Amerikaner eine wide open town nennt, eine »weit offene Stadt«, wörtlich übersetzt. Der Begriff ist simpel. Weit offen: Alles darf hinein. Spielhöllen, geöffnet die Nacht hindurch: Salons, in ununterbrochenem Betrieb Tag und Nacht: profitables Dulden von elegant gekleideten und energisch bemalten Damen. Skrupellose Dollarjagd überall. Eine Bar neben der andern säumte die Hauptstraßen. »Zum sporenklingelnden Cowboy« hieß da ein Salon, »Das Glück von Oklahoma« ein anderer: »Zum toten Indianer« – »Die sieben Whisky-Seeligkeiten« – »Das Paradies der Getränke« – »Zum letzten Schuß« – – so nannten sich die Trinkhallen Guthrie's. Reiter galoppierten hin und her, deren Beine in dem geteilten Hosenschurz aus Buffalofellen steckten, der das Kennzeichen der Cowboys ist. Am Sattelknopf hing stets der Lasso: an einem Riemen um die Hüften baumelte der schwere Revolver. Zwischen den Reitern drängten sich Fußgänger: bald im einfachen Flanellhemd und den riemengegürteten Hosen des Westens, bald in eleganten Anzügen und tadelloser weißer Wäsche. »Lebendiges altes Städtchen!« brummte Billy.

Wir traten in eine Bar (»Zum grinsenden Prairiehund« hieß sie), und ich vergaß ganz meinen Whisky über meinem Staunen. Da war ein Gefunkel von Spiegelscheiben und geschliffenen Gläsern und zwischen den Spiegelscheiben leuchtete ein Kolossalgemälde, ein üppiges Weib auf weichen Kissen hingestreckt. Ich zerbrach mir vergeblich den Kopf darüber, wo ich das Bild schon gesehen haben mochte –

»Rubens-Kopie,« lächelte Billy, »mit einigen Zutaten freier Phantasie wiedergegeben. Du wirst das Ding noch tausendmal sehen in ebensoviel Salons. Es ist ein niedliches Beispiel, wie sehr wahre Kunst und wirkliche Schönheit in diesem merkwürdigen Land manchmal auf den Hund kommt.« Dann ging's in ein kleines Hotel, wie sich das Bretterhaus mit seinen winzigen Zimmern für einen halben Dollar im Tag stolz nannte; denn wir verbanden einen ganz bestimmten Zweck mit dem kurzen Aufenthalt im Oklahomastädtchen: Toilettesorgen! Billy hatte seine besondere Art, die Toilettenfrage zu lösen. Frisch gekaufte Wäsche gehörte dazu, ein Badezimmer und ein in den Küchenregionen ausgeborgtes Bügeleisen, das unseren Kleidern wieder Eleganz verlieh und vor allem durch die Dampfentwicklung beim Bügeln gründliche Reinigung vom Kohlenstaub des Schienenstrangs erzielte. Die getragene Wäsche blieb natürlich zurück, denn ein Sichabschleppen mit Gepäck selbst in kompaktester Form war unmöglich bei unserem Leben. Das wiederholte sich immer wieder – die Bügelszene war eine Art wöchentlicher Etappe im Wanderleben, die ziemlich viel Geld kostete. Aber in den kleinen Stationen später im Südwesten wusch und bügelte Madame vom Boardinghouse gerne unsere Wäsche für wenige Cents, während wir wartend in den Betten lagen.

Den halben Nachmittag plagten wir uns mit der Bügelarbeit. Abends nach dem Essen (es war sehr hübsch, wieder an einem weißgedeckten Tisch zu essen), schlug ich vor, durchs Städtchen zu wandern.

» Not on your life,« grinste Joe gemütlich. »Fällt diesem Kind hier gar nicht ein. Meinetwegen kann der Teufel das Städtchen holen! Der Neffe meiner seligen Tante Jemima schläft viel zu selten in einem Bett, um nich' gründlich zu schlafen, wenn er kann. Geh' spazieren, wenn du willst – ich schlafe!«

»Sehr vernünftig!« lächelte Billy. »Guthrie ist ein teures Pflaster, mein Sohn, und ich persönlich mag nicht mit Leuten zusammen sein, die mit Geld um sich werfen, wenn ich nicht mitmachen kann!«

»Ich will aber nur spazierengehen!«

»Dann nimm Geld mit!«

»Aber ich habe ja noch dreizehn Dollars ungefähr, und dann will ich ja auch gar kein Geld ausgeben.«

»Dann geh' spazieren! Viel Vergnügen, mein Junge!«

So ließ ich ärgerlich die beiden sitzen und lief voller Neugierde die lichterfunkelnde Hauptstraße entlang, in einem Gedränge von Cowboys und eleganten Herren und arg geschminkten Damen. Die Salons lockten mich gar nicht. Aber ein Plakat – eine Tänzerin darstellend, mit dem in grellen Lettern daruntergedruckten Vermerk »Eintritt frei in dieses Varieté!« – schien mir gerade das Richtige. Ich trat ein. An runden Tischchen saßen viele Menschen, darunter merkwürdig viele Damen in phantastischen Kostümen. Das reine Maskenfest! Seide in grellen Farben überall, funkelndes falsches Geschmeide, bemalte Gesichter.

»Furchtbar interessant ...« dachte ich mir.

Ein Kellner (in dunkelrotem Flanellhemd und Hosen aus Manchestersamt) brachte mir eine Flasche Bier, für die er einen halben Dollar einkassierte, was ich teuer fand. Dann öffnete sich der Bühnenvorhang, und eine dicke Blondine krähte einen Gassenhauer –

»When the bells go tinge–linge–ling
We'll join hands and sweetly we shall sing:
There 'll be a hot time
In the old town –
Tonight, my darling – tralala ...«

Die Tingeling Glocken und das süß gesungene Versprechen, daß heute noch der Teufel los sein würde im alten Städtchen, schienen tiefen Eindruck auf die Zuhörer zu machen, denn sie brüllten vor Vergnügen und trampelten in gräßlichem Gedröhn mit ihren schweren Stiefeln. Der Teufel im Städtchen mußte auch in mystischem Zusammenhang mit den Lackstiefelchen der Blondine stehen, denn auf diese deutete sie fortwährend. Dann tanzte sie ein bißchen und machte furchtbar viele Knixe, und dann löste eine andere junge Dame sie ab. Die hörte ich aber gar nicht, denn – die dicke Blondine kam hinter dem Vorhang hervor und steuerte schnurgerade auf meinen Tisch zu. Neben mich setzte sie sich!

Am liebsten wäre ich davongelaufen!!

»Welch' ein trockenes Gefühl man doch im Hals hat nach dem Singen!« sagte sie mit einer Stimme, die geradezu rostig klang.

»Flasche Bier?« fragte der Kellner im roten Flanellhemd und stellte zwei Flaschen hin, ohne eine Antwort abzuwarten. Die tinge-ling Dame packte eine Flasche und ein Glas, dann die andere Flasche – und im Handumdrehen war das Bier den Weg seiner Bestimmung gegangen. Sie mußte wirklich sehr durstig sein!

»Fremder?« sagte sie. »Ja? Werden finden, daß hier 'was los ist! You bet

Und da brachte der Mann im roten Flanellhemd schon wieder zwei Flaschen, und Fräulein Nachbarin zu meiner Linken leerte prompt die eine ganz und die andere zur Hälfte.

»Jetzt muß ich wieder singen,« sagte sie und stand auf. »Komm' gleich wieder.«

In mir aber dämmerte eine Ahnung auf, daß ich Aermster es war, der für diese Bierflaschen bezahlen mußte, und in einer wahren Heidenangst vor dem Durst der Dame rief ich den Aufwärter herbei.

»Vier Flaschen Bier?«

»Sechzehn Dollars!« sagte der Mann im roten Hemd.

»Heh?«

»Sechzehn Dollars – Sie sin' wohl'n Fremder? Kommen Sie mit, wir werden 's Ihnen erklären!«

Und wie ein Schaf zur Schlachtbank wurde ich auf den Vorplatz geführt, wo ein anderer Mann (der trug ein blaues Flanellhemd!) zu uns trat. Ein Flüstern zwischen rotem und blauem Hemd. » Correct!« sagte das blaue Hemd. »Sechzehn Dollars. Das weiß jedermann. Well, sagen wir zehn Dollars statt sechzehn – ich bin nich' so!«

»So viel Geld hab' ich nicht bei mir!« erklärte ich wütend – und in Heidenangst, denn der Mann im blauen Hemd trug einen riesigen Revolver im Gürtel.

»Dann geht Tommy hier mit Ihnen, es zu holen,« entschied das blaue Hemd ...

Beinahe hätte ich bezahlt, aber da waren wir schon auf der Straße, ich und das rote Hemd.

»Welches Hotel?«

»M – m – m ...« murmelte ich und bog links ab. In mir kochte alles vor Wut über die Gaunerei. Und plötzlich wußte ich es: Den Teufel würde ich bezahlen! An der dunklen Ecke der Nebenstraße blieb ich stehen:

»Gehen Sie nur wieder zurück – ich habe kein Geld. Ihr seid Schwindler!«

Und im gleichen Augenblick stieß ich den Mann im roten Hemd mit beiden Fäusten vor die Brust, daß er zu Boden kollerte, und rannte um die Ecke, so schnell mich nur meine Füße tragen wollten. Hinter mir knallte es, – noch einmal – dreimal ... Wieder bog ich um eine Ecke, rannte geradeaus im Dunkeln, lief in die Kreuz und Quer. Erst nach einer halben Stunde wagte ich mich wieder in die Hauptstraße und schlich vorsichtig ins Hotel, zu Billy ins Zimmer. Zitternd vor Aufregung drehte ich das elektrische Licht an und weckte ihn.

»Was ist los?« fragte er blinzelnd. »Oh – du! Ausgeplündert, heh? Jeder Centavo fort, heh? Aber das ist doch nicht so wichtig, um mich zu wecken!«

In fliegender Eile erzählte ich, und seine Augen wurden immer größer.

»Mann! Den Jüngling hingeschmissen – ausgekniffen ...« und er lachte wie besessen, sich im Bett wälzend vor Vergnügen. Er lachte wie ein Verrückter!

»Achaottachgott,« stöhnte er. »gehen wir zu Joe hinüber!«

»Du – Joe!«

Joe fuhr empor.

»Du Joe – Ed ist in'n Varieté gegangen, so eine freie Eintrittsaffäre, du weißt schon – vier Dollars die Flasche Bier – zahlte nicht, konnte nicht, nee wollte nicht – Kellner mitgegangen – Kellner biff-biff gegeben – davongerannnt – oh Lord, ich lach' mich ja noch tot! Das Bier – die dicke Blondine – der Kellner hat geschossen ... ich sterbe wirklich vor Lachen!!«

Joe begriff zuerst nicht. Als er aber den Zusammenhang verstand, wieherte er förmlich.

»Ist dieser Ed grasgrün,« stieß er endlich hervor »– und bindet mit den geriebensten Gaunern dieser feinen Stadt an! Ein Glück hat er!! Geschossen hat der Kellner? Das beweist wieder einmal, daß ein Revolver lange nich' so gefährlich is' wie er aussieht! Und nun empfehlen wir uns, kalkulier' ich!«

Billy nickte, noch immer lachend, und erklärte mir kurz, daß nach diesem Intermezzo Guthrie in Oklahoma ein entschieden ungesunder Aufenthaltsort für mich sei. Die beiden Herren in den roten und blauen Flanellhemden würden wahrscheinlich eine eifrige Suche nach mir veranstalten! Noch in der Nacht verließen wir (ich genierte mich furchtbar über die Geschichte) das Hotel, eilten, die blendend hellerleuchtete Hauptstraße klüglich vermeidend, auf weitem Umweg nach dem Bahnhof und fuhren mit einem langweiligen Frachtzug nach Nordwesten. In Guthrie zweigte die Santa Fé scharf ab, hinüber zu ihrer riesigen Hauptlinie, die, Tausende von Meilen lang, durch das nordöstlichste Stück Texas, das sich in das Territorium von Oklahoma hineinzwängt, durch Neumexiko, Arizona und Kaliformen nach San Franzisko führt.

Vorwärts – immer vorwärts ...

Von Kiowa (das war gerade über der Kansaslinie, und so hatten wir drei riesengroße amerikanische Staaten berührt in zwei Wochen!) ging es wieder nach Süden, in ein sonniges Land von Sand und Prairie und fernschimmernden Bergen hinein! Wir reisten sehr schnell. Die Stationen waren meistens klein, und einen einzigen Schnellzug konnten wir oft zehn, ja zwölf Stunden lang benützen. Fast auf jeder Station trafen wir Wanderer, bald Arbeitslose, bald typische Tramps; bald nach Osten ziehend, bald nach Westen wie wir. Selten wechselten wir mehr als wenige kurze Worte mit ihnen, denn der Mann vom Schienenstrang ist wortkarg. Sie erkundigten sich gewöhnlich nach Entfernungen; noch öfter nach den genauen Fahrzeiten der Lokalfrachtzüge und der schnellen, durchgehenden Eilfrachtzüge. Der Jargon der » road«, des Schienenstrangs, war kurz und knapp und voller Eigentümlichkeiten. Nie wurde man anders genannt als »Jack« von diesen wandernden Menschen, die man an den Wasserfässern der Stationen begegnete, als sei dies ein Sammelvorname für alles, was da auf der Eisenbahn keuchte und fleuchte.

»Hello, Jack!«

»Selber Hello!«

»'rauf oder runter?« (Hinauf hieß »nach Westen«; hinunter »nach Osten«!)

»Hinauf!«

»Hm, ihr nehmt die nächste »Schnelle«, nich?« (Das bedeutete den fälligen Eilfrachtzug.) »Paßt lieber auf – hundert Meilen zurück haben sie im Fahren abgestoppt und uns mitten auf der Strecke den Boden küssen lassen!« (Das hieß, daß die Tramps entdeckt und bei verlangsamter Fahrt vom Zuge geworfen worden waren.) »Habt ihr vielleicht gesehen, ob der Lokale leere boxcars hat? Ja? Das is' allright. So long, Jack

Das waren so Fachausdrücke. Die Tramps sprachen niemals vom Ort ihrer Bestimmung, sondern sie reisten einfach »die Linie hinauf oder hinunter.« Die Riesen-Eisenbahnlinien des Landes bezeichneten sie als etwas Altvertrautes nur mit den Anfangsbuchstaben: S. F. (Santa Fé) U. P. (Union Pazific) S. P. (Southern Pazifik) oder mit Spitznamen, wie die berühmte Käte, wie die Kansas und Texas Eisenbahn genannt wurde. Ihr Reisen hießen sie jumping, springen; Stationen bezeichneten sie nicht mit Namen, sondern sagten: Nächster stop, zweiter, fünfter stop die Linie hinauf oder hinunter. In einem Frachtwagen zu fahren, hieß – eine Leere springen; auf dem Postwagen: den Blinden springen ... Verballhornt wie die Eisenbahnausdrücke war auch ihre ganze Sprache, ein heruntergekommenes Englisch. Als müßten sie ihr Sprechen ihren Verhältnissen anpassen, denn abgerissen, zerlumpt, heruntergekommen sahen fast alle aus. »Arme Teufel,« pflegte Billy zu sagen. »Arme Teufel sind's und dumme Teufel! Und geht es einem auch noch so schlecht ... das letzte Geld darf niemals in den Magen wandern, sondern muß auf den äußeren Menschen verwandt werden! Der saubere Rock ist stets die Brücke zu den Dingen des Lebens. Er gibt äußere Gleichberechtigung mit jedem Menschen. Wer sich den sauberen Rock nicht bewahrt, ist ein Narr!«

Städtchen auf Städtchen huschte vorbei. Jeder Tag brachte neue Aufregung, neues Vorwärtshasten. Und jeder Tag führte uns Hunderte von Meilen weiter. Aus den flachen Wellentälern wurden gewaltige Einschnitte, riesenbreit, in felsiges Bergland, das sich weithin am Horizont auftürmte: ein Land des Sandes und der Steine, ein Land glasklarer trockener Sonnenluft, die den Blick auf ungeheure Entfernungen vorwärtsdringen ließ – Neumexico. In wenigen Tagen durchquerten wir den Staat. Dann kamen wir auf das Gebiet Arizonas.

*

Im Erinnern an die Zeiten meines Dahinjagens auf den Schienensträngen der Vereinigten Staaten ist es mir, als sei jede Einzelheit unauslöschlich in mein Hirn eingegraben wie buntes Mosaik, aus farbensprühenden Steinchen geformt. Keines der Steinchen verlor in den fünfzehn Jahren, die seitdem nun verflossen sind, seinen Glanz. Schärfer treten die Dinge hervor in der Erinnerung, als sie es im leichtherzigen Erleben gewesen sein mochten; klarer, deutlicher in ihrem starken Einfluß auf das Werden und Wachsen des Menschen. In Gut und Böse. Den Trotz hab' ich im Wanderleben gelernt; das trotzige Wollen, ein gewisses Ziel zu erreichen nur, weil ich es wollte, sei es klein oder groß. Gleichgültigkeit gegen Geld, das ja dem Manne nur wenig bedeuten konnte, der in hetzendem, gefahrvollem Vorwärtshasten etwas so unbeschreiblich Schönes sah, daß Hunger und Entbehrungen lachend in den Kauf genommen wurden. Verderblichen Lebensleichtsinn, sonderbar gepaart mit Kraft. Träumen hab' ich gelernt, wie mans nur lernen kann in Einsamkeit, wenn dahinfließende Stunden ein gleichgültiges Nichts bedeuten. Sehen hab' ich gelernt! So viele Menschen und so viele rasch wechselnde Bilder zogen an dem Wanderer vorbei, daß er Menschen und Dinge sehen lernte – in mehr als bloßem Verstehen von Land und Leuten. Und den Humor hab' ich mir geholt in jenem Wanderjahr; das lustige Lachen über eigene Torheit und eigene Schwächen, weil es klüger war, zu lächeln als zu weinen, wenn die Dinge einem gar zu sehr weh taten. So ist mir das eine Jahr etwas nie zu Vergessendes geworden.

Ein Wanderjahr unter den Romantikern des Schienenstrangs ...

*

So riesenschnell waren das Wachstum und die Entwicklung der ungeheuren nordamerikanischen Union, daß auf die Periode des pfadsuchenden Reiters und des rohgezimmerten, von Pferden und Maultieren gezogenen Wanderkarrens ohne Uebergang die Zeit der Eisenbahnen folgte. Vorwärtspeitschende Notwendigkeit rascher Entwicklung schaltete das Verkehrsstadium wohlgepflegter Landstraßen einfach aus. So wurden die Schwachen, die Faulen und die Arbeitslosen auf den Schienenstrang gedrängt; denn Landstraßen für den landstreichenden Wanderer gab es nur im Osten, während im Westen die wenigen Wege nicht nur schlecht, sondern völlig planlos angelegt waren; von Farm zu Farm führend, nach einem Städtchen vielleicht, so, wie es das augenblickliche Bedürfnis der nächsten Anwohner erforderte. Den schnurgeraden, den nächsten Verbindungsweg von Ort zu Ort und den einzigen Weg, der sicher nach größeren Städten führte, bedeutete damals und bedeutet noch heute die Eisenbahn – der Schienenweg. Von Schwelle zu Schwelle, also auf dem Bahngeleise, schritt der Wanderer auf seinem Vagabundenweg und marschierte so von Städtchen zu Städtchen, bis er Arbeit fand oder das Versiegen milder Gaben ihn weitertrieb. Einer von diesen Vagabunden nun kam einmal, als ein Frachtwagen an ihm vorbeirasselte, auf den naheliegenden Gedanken, daß es doch viel schöner sein würde, zu fahren als zu laufen!

Er sah die Türe eines leeren Frachtwagens offenstehen, packte krampfhaft zu, klammerte sich an, zog sich empor und saß gemütlich im Frachtwagen. Er lief nicht mehr. Er fuhr!

Dieser kluge Mann war der Urvater eisenbahnfahrenden amerikanischen Vagabundentums.

Er war der Ahne des amerikanischen Tramps, so, wie er seit fünf Jahrzehnten ist und noch ein, höchstens zwei Jahrzehnte sein wird. Statt langweilig und mühsam von Eisenbahnschwelle zu Eisenbahnschwelle vorwärts zu »trampeln«, bediente Mister Tramp sich nunmehr in Wirklichkeit des Schienenstrangs. Bahnwärterhäuschen und sorgfältige Streckenüberwachung gab es ja nicht und gibt es nicht auf den ungeheuren amerikanischen Schienenwegen: erforderten sie doch ein Beamtenmaterial, das jeden Betrieb unrentabel machen würde. Auf den kleinen Bahnhöfen gab es nur ein oder zwei Stationsbeamte, die keine Zeit hatten, sich darum zu kümmern, wer sich auf den Schienen herumtrieb, und selbst in den großen Städten war es leicht, sich in den Wagenwirrwarr eines Frachtbahnhofs einzuschleichen. Mister Tramp hatte also gar keine so schwere Aufgabe. Er trieb sich in aller Gemächlichkeit auf den Bahnhöfen herum, mit den Beamten Verstecken spielend, suchte sich einen leeren Frachtwagen aus und kletterte hinein, wenn der Zug sich in Bewegung setzte. Wurde er entdeckt und auf der nächsten Station vom Zuge gejagt, so wartete er in philosophischem Gleichmut auf den nächsten Zug.

Nach und nach wurde er waghalsiger und bekam immer mehr Appetit auf diese wunderschöne billige Eisenbahn, die ihn mit solcher Schnelligkeit von Staat zu Staat führte. Man sperrte die leeren Frachtwagen zu – da kletterte er aufs Dach der Wagen oder ritt auf den Puffern, sich an den Stangen der Wagenwände festhaltend. Bald warf er ein neidisches Auge auf Schnellzüge und entdeckte, daß man ja auch mit Schnellzügen fahren konnte! Man sprang auf den ersten Wagen und war sicher wenigstens bis zur nächsten Station, eine respektable Strecke gewöhnlich. Entdeckte ihn wirklich ein Kondukteur und wollte ihn verhaften lassen, so sprang Mister Tramp noch im Fahren ab und war längst verschwunden, ehe der einsame Bahnhofpolizist nur begriff, um was es sich handelte.

Die Eisenbahner wehrten sich natürlich. Als intelligente dollarjagende Amerikaner erpreßten die Bremser der Frachtzüge kleine Geldkontributionen von den Vagabunden, die sie in ihren Wagen erwischten; prügelten sogar manchmal, nur, um häufig selbst geprügelt zu werden. Wurde ein Verbrechen begangen auf einer Bahnstrecke, so folgten Perioden rücksichtslosen Einschreitens gegen die Eisenbahnvagabunden. So mancher arme Teufel von Tramp ist von brutalen Eisenbahnern mitten in sausender Fahrt vom Zug geschleudert worden. Brach er sich den Hals, um so schlimmer für ihn. Jedenfalls krähte kein Hahn danach. Sehr bald aber merkten die großen Eisenbahngesellschaften, daß ein scharfes Vorgehen gegen die Tramps sehr unangenehme Folgen für sie habe – allerlei Bahneigentum wurde von den schlimmen Elementen unter den Wanderern, rachsüchtigen Gesellen, zerstört, ja, sogar Züge gefährdet. Schließlich sagten sich die Gesellschaften, daß es besser sei, ein Auge zuzudrücken, als sich einen Haufen wertvoller neuer Schwellen nach dem andern von gereizten Wanderern anzünden zu lassen. Ein System halber Duldung setzte ein, das noch heute regiert. Eine Duldung, die manchmal gewisser Komik nicht entbehrt. So ist es in vielen Städten des Westens zur Gewohnheit geworden, einen bettelnden Tramp, der die braven Bürger belästigt, auf keinen Fall einzusperren und mehr oder weniger lange Zeit auf Gemeindekosten durchzufüttern. Oh nein! Mister Sheriff nimmt Mister Tramp beim Wickel, führt ihn auf Umwegen nach dem Frachtbahnhof und zwingt ihn mit vorgehaltenem Revolver, sich mit dem nächsten Frachtzug aus dem Staube zu machen. So ist das Städtchen Mister Tramp los – und die anderen Städtchen mögen auf sich selber aufpassen.

Das Wanderleben in den Vereinigten Staaten ist einzig in seiner Art. Auf den Schienensträngen des ungeheuren Landes jagt eine Armee von Vagabunden dahin. Tausende von Männern, deren Zahl mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Landes steigt und fällt, um ins Ungeheure anzuschwellen in arbeitslosen Krisenzeiten. In ihrer Zusammensetzung ist diese Armee unendlich verschieden, – so verschieden, daß eine Welt von Denken und Art zwei Männer trennen mag, die im gleichen Frachtwagen hocken. In diesen Unterschieden steckt eine Romantik, die selbst in den Vereinigten Staaten nur wenige Leute auch nur ahnen. Der Volkswirtschaftler, der sich mit dem Trampunwesen befaßt, muß ja notwendigerweise verallgemeinern und seine Beobachtung ausschließlich der sozialen Seite zuwenden. Die Romantik wird ihm entgehen.

Das harmloseste und in seinen Motiven am leichtesten zu durchschauende Individuum in der amerikanischen Vagabundenarmee ist der Arbeitslose, den harte Zeiten und Arbeitsmangel aus einer Stadt wegtreiben, um anderwärts sein Glück zu versuchen. Mag er nun noch Sparpfennige in der Tasche haben oder schon mittellos und abgerissen sein – er ist niemals ein Vagabund im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern bleibt stets der Arbeiter, dem das Wandern, die Eisenbahn also, nur Mittel zu dem Zweck ist, ihn rasch neuen Arbeitsgelegenheiten zuzuführen.

Mit dem Tramp, dem eigentlichen amerikanischen Vagabunden, hat er nichts gemein. Denn der wirkliche Tramp ist ein arbeitsscheuer Geselle. Der Amerikaner, der ein scharfes Auge besonders für diejenigen menschlichen Schwächen hat, die seiner unruhigen, rastlosen, arbeitsfreudigen Art unsympatisch sind, hat das Wesen des Tramps richtig erkannt, wenn er ihn spottend »Weary Willy« und »Tired Jack« nennt – »den müden Willy« – »den todmüden Jack«! Unter ihnen sind Menschen, denen die grausame Härte des Arbeitsmarkts so mitgespielt hat, daß sie nicht mehr wollen, vielleicht nicht mehr können; Kranke und körperlich Schwache, deren Arbeitswert gering ist; Schwächlinge, die sich vor den Mühen des Lebens und der Härte körperlicher Arbeit so fürchten, daß sie lieber ein erbärmliches, bettelndes Jammerleben führen, als sich in die Arbeit des Tages hineinzuwagen – Schwache und Arme, Schwächlinge und Untüchtige, den Anforderungen der Zeiten nicht gewachsen. Ihr Los ist hart. Viel härter als härteste Arbeit. So gutmütig der Durchschnittsamerikaner ist, so wenig Verständnis hat er in seinem praktischen Denken für das merkwürdige Verlangen eines Menschen, essen zu wollen, ohne zu arbeiten. Eine brave Farmersfrau mag sich durch die wehleidige Geschichte eines Tramps rühren lassen und ihm eine Mahlzeit geben; wenn aber ihr Mann dazukommt, so wird er Mister Tramp zärtlich ein Beil in die Hand geben und ihn liebevoll zu dem Holzhaufen im Hof führen: So, mein Junge, arbeite erst einmal ein bißchen! Der europäische Handwerksbursche, der von Haus zu Haus Kupferstücke einheimst, würde sich baß wundern im Yankeeland, so artverwandt Mr. Tramp und er sich auch sein mögen. Nur ist Mr. Tramp eine besonders groteske Figur. Sein eigenartiges Eisenbahnleben ist höchst ruinös für Kleider. Neue Kleider kann er sich nicht kaufen. So wird er äußerlich zur grotesken Verzerrung eines Menschen. Aus den Stiefeln gucken die Zehen hervor. Die zerfetzten Hosen mit den vielen Flecken hält ein Strick um den Leib. Der Rock, schwer malträtiert von Regen und Sonnenschein und Kohlenstaub, schimmert und glänzt in allen nur möglichen dunklen Farbentönen; der zerknüllte Hut trägt unfreiwillige Komik in sich. Im Gesicht wochenalte Bartstoppeln. Und um die Schultern geschlungen an dicker Schnur trägt Mister Tramp sein eigentliches Wahrzeichen – die alte Konservenbüchse, die er notwendig braucht, um seinen Kaffee zu kochen oder die Kartoffeln zu sieden, die in höchster Not aus Farmerfeldern in seine Tasche wandern ...

Doch außer den Arbeitsuchenden und bettelnden Tramps gibt es, zum geringen Bruchteil freilich, noch ein anderes Element in der amerikanischen Armee der Wanderer; Menschen, so grotesk, so grandios in der Großzügigkeit ihres Zigeunertums, so eigenartig, daß sie eine Art Rätsel modernen amerikanischen Lebens darstellen. Romantiker des Schienenstrangs möchte ich sie nennen, die Menschen unter denen und mit denen ich ein Jahr gelebt. Ihr Leben ist nackte Romantik, eine Romantik, die sich auf den Schienensträngen abspielt.

Keine Schwäche, kein Geschlagensein im Kampfe des Lebens treibt sie zum Wandern, sondern nur ihr eigener abenteuerlicher Wille, eine dumpfe Sehnsucht nach einem Leben, das außerhalb des Herkömmlichen, des Durchschnittlichen liegt. Sie tragen anständige Kleider und sie lassen sich nichts schenken. Sie betteln nicht.

So gehen die Romantiker des Schienenstrangs dahin von Osten nach Westen, von Süden nach Norden, über ungeheure Flächen. Sie halten es nicht lange aus an einem Ort. Sobald ihnen Geld in der Tasche klimpert, kommt eine unbeschreibliche Unruhe über sie, mag die Arbeit noch so lohnend, mögen ihre Lebensbedingungen noch so angenehm sein. Ein Plakat, eine Zeitungsnotiz gibt den äußeren Anstoß – die Schönheiten Kaliforniens werden beschrieben oder irgend etwas Interessantes über Arizona gemeldet. Da packt den modernen Zigeuner die tolle Laune. Er, der vielleicht in Chicago oder in Denver ist, muß sofort, augenblicklich, ohne Zeitverlust nach Kalifornien oder nach Arizona! Es peitscht ihn vorwärts mit unwiderstehlicher Gewalt. Er hat nicht das geringste in Kalifornien oder in Arizona zu suchen; in Wirklichkeit sind ihm auch beide Staaten mehr als gleichgültig. Wahrscheinlich kehrt er sofort wieder um. Dumpfe Sehnsucht ist es in Wahrheit, die ihn treibt, ein übermächtiger Wandertrieb, der zwar ein Ziel haben muß, auf daß die fixe Idee vollständig sei, dem das Ziel an und für sich jedoch ein Nichts bedeutet!

Ich will so schnell als möglich nach Kalifornien! Ich muß schleunigst nach Arizona!!

Ein Mann mit einem Ziel, dem nichts etwas gilt als dieses Ziel! Er ißt nur einmal im Tag, hungert oft, friert, schläft kaum – vorwärts, nur vorwärts. Er erträgt unerhörte Beschwerden, riskiert hundertmal sein Leben – immer vorwärts. Auf den Plattformen der Postwagen eilt er seinem Ziel zu, vorne auf dem Piloten der Lokomotive, er besteigt gelegentlich, wenn es gar nicht anders geht, einen Frachtzug (den er verachtet!), fährt mit dem Expreß, sich eng an das gewölbte Wagendach eines Pullmannwaggons andrückend, in jeder Sekunde in schwerer Gefahr, hinabgeschleudert zu werden. Nur vorwärts! Ich habe Männer gekannt, die sich, wenn jede andere Fahrtmöglichkeit versagte, ein Brettchen über die beiden dünnen Eisenstangen legten, die zwischen den Axen eines Pullmannwagens angebracht sind, sich auf dieses Brett hinkauerten und so lange Strecken unter dem Waggon fuhren! Jedes Mittel ist ihm recht, aber immer vorwärts. Entdeckt ihn ein Kondukteur vorne auf der Plattform, so klettert er hinten auf ein Waggondach! Sein Hirn arbeitet fortwährend an dem Erfinden neuer Tricks zu raschem Fahren; jeder Muskel seines Körpers ist wochenlang auf das Unerhörteste angestrengt. Etwas Poetisches liegt in dieser merkwürdigen Sehnsucht, über weite Räume zu ziehen, etwas Urmenschliches, etwas unbeschreiblich Abenteuerliches. Eine Mischung von Vagabundentum und Energie, von geheimnisvollen Sehnsuchtstrieben und nüchterner Kraft.

Er ist in Kalifornien, in Arizona. Dann wieder Arbeit. Dann wieder neue Hetzjagd nach neuem Ziel!

Bodenloser Leichtsinn liegt über solch unsteten Leben, und doch wieder auch romantischer Zauber; lockend, verführend. Vor zwei Jahren ungefähr las ich im Londoner »Daily Telegraph« eine aus amerikanischen Zeitungen übernommene Meldung, Theodore Roosevelt – damals war er Präsident und auf einer Jagdfahrt im Westen – habe von Denver aus nach Westen auf einem Spezialzug eine Fahrt von über hundert Meilen auf dem Kuhfänger, dem Piloten der Lokomotive, gemacht. Er sei voller Begeisterung gewesen über die luftige Fahrt mit ihren Eindrücken freien Dahinschwebens in den Raum hinein! Wie hab´ ich mich damals amüsiert (Teddy hatte doch immer etwas übrig für brausendes Leben!); denn – über genau die gleiche Strecke war auch ich gefahren. In genau der gleichen Weise, auf dem Kuhfänger! Allerdings nicht auf einem Spezialzug, sondern in höchst notwendiger Verborgenheit.

In das lustige Erinnern aber mischte sich rückhaltslose Bewunderung für den merkwürdigen Mann des tätigen Lebens, der unter den ungeheuren Aufgaben seiner gewaltigen Stellung sich die Lebensneugierde und die Spannkraft bewahrt hatte, ein tollkühnes Vagabundenstücklein zu wagen. Tollkühn! Denn wer auf dem Piloten eines in voller Geschwindigkeit dahinbrausenden Zuges fährt, dicht über den Schienen, setzt auf jedem Meter Strecke sein Leben ein. Ein Häschen, über die Schienen rennend, erfaßt von dem weit hinabreichenden Rahmenwerk und mit ungeheurer Wucht emporgeschleudert, wird den Leichtsinnigen betäuben, ihn hinabwerfen; ein vom Piloten gepacktes Steinchen kann ihm den Schädel zerschmettern. Es steckt etwas vom Romantiker in Theodore Roosevelt. Soldat, Expräsident, Jäger, Schriftsteller, Philosoph, Politiker. Ein D'Artagnan in der Hülle des Staatsmannes! Wer sich phantastischer Wanderlust so hingibt, wer bloßem Sehnsuchtstrieb so viel Kraft und so viel Zähigkeit widmet – in dem Mann stecken Möglichkeiten, wenn er auch ehrbarer Bürgerlichkeit als Inbegriff leichtsinniger Tollheit erscheinen mag. Als Episode muß man das Leben dieser Männer auffassen! Ein kleiner äußerlicher Anstoß lenkt oft ihre Kraft in geordnete Bahnen. Oder ein großes Erlebnis – das Weib, das in dem Männertum ihrer tollen Jugend so gar keine Rolle spielte. So lange sie aber ihr Leben führen, sind sie Abenteurer de pure sang. Grundverschieden einer von dem andern. Neben dem arbeitsfäustigen Brausekopf wandert der Gebildete mit dem disziplinierten Hirn, neben gedankenlosen Gesunden verbissene Neurastheniker; Abenteurer aber sind sie alle. Sie lauschen auf alles, was nach Abenteuermöglichkeit aussieht. Sie kennen sich untereinander, sie sehen, sie hören, sie erwerben sich Freunde hier und dort. Die Amerikaner, die in den südamerikanischen Revolutionen eine so große Rolle spielen, rekrutieren sich aus den Romantikern des Schienenstrangs. Der große Abenteurer, der Glückssoldat, der seinen Degen dem Dienst südamerikanischen Goldes verkauft, kennt seine Leute. Er darf nur in New Orleans oder in Galveston einem alten Freund vom Schienenstrang ein Wörtchen zuflüstern, und in drei Wochen hat er seine Leute. Wie der Blitz verbreitet sich die Neuigkeit, ohne daß eine Silbe zu den Ohren von Menschen dringt, die plaudern würden. Ich hab' oft in drei, vier Sätzen – denn diese Menschen sind schweigsam – von Dingen erzählen hören, die mich ungläubig aufhorchen ließen. Der eine kannte Kuba wie seine Tasche und grinste über das schlechte Schießen der Insurgenten; der andere erwähnte so nebenbei, er möchte wieder einmal nach Haiti; der dritte hatte große Eile, nach San Franzisko zu kommen, weil er »dort einen Mann kenne, der vielleicht ein bißchen Geld in eine Goldsucherfahrt stecken würde«. Unrast haust in jedem von ihnen. Aus dem einen wird ein Führer von Arbeitern am Panamakanal, ein Amt, zu dem man harte Abenteurernaturen braucht; der andere stirbt als Glückssoldat, irgendwo in Südamerika erschossen; wieder ein anderer tritt in den Dienst des Waffenschmuggels, der von Amerika aus sich überallhin in die Welt erstreckt, wo rebellierende Minoritäten kämpfen. Ich deute hier nur an – denn die geheimnisvollen Unterströmungen modernen Abenteurertums lassen sich nicht verfolgen. Ich weiß, daß man mir den Vorwurf der Uebertreibung machen wird. Ich möchte aber eine Tatsache erwähnen, die dem Zeitungsleser nicht fremd, dem Mann mit internationalen Beziehungen wohlbekannt ist:

In jedem modernen Krieg spielen Abenteurer aus den Vereinigten Staaten eine große Rolle, zum mindesten in den »exotischen« Kriegen. Die Munitionszufuhr der Buren wurde von amerikanischen Männern und von amerikanischen Maultieren besorgt. In ihren Reihen kämpften als Offiziere und Soldaten Abenteurer aus aller Herren Ländern, die – aber fast alle auch Englisch sprachen, und zwar amerikanisches Englisch. Im russisch-japanischen Krieg lag der Betrieb der Blockadebrecher, die Port Arthur mit Kriegsmaterial versorgten, zum großen Teil in amerikanischen Händen. Erst ganz kürzlich las ich im »Berliner Tageblatt« die lakonische Drahtmeldung: »In Guatemala rücken die Revolutionäre, von Amerikanern geführt, gegen die Hauptstadt vor.«

Die Unterstützung der mexikanischen Insurgenten durch amerikanische Abenteurer ist ja wohlbekannt.

Das sind Möglichkeiten dieses modernen Romantikertums, die ich erwähnen muß, weil sie eine Phase verborgenen Lebens unserer Zeit scharf beleuchten – aber sie dürfen nicht verallgemeinert, sie müssen als Andeutungen aufgefaßt werden, als Anregung vielleicht für die wenigen Wissenden, ihr Scherflein dazu beizutragen, dieses Leben zu schildern.

Und die Romantiker des Schienenstrangs müssen sterben. Zehn Jahre mag es noch dauern, zwanzig vielleicht. Dann sind die Schienenstränge des Riesenlandes unter dem Sternenbanner bewacht und abgesperrt wie im alten Europa, und der Wanderer aus Passion wird ein Ding der Vergangenheit sein. Uebrig bleiben wird nur der landstraßenwandelnde, bettelnde Tramp und das Heer der Arbeitslosen. Der Abenteurer muß sterben, wenn die großen Massen vordringen, die mit sich Ordnung und System bringen. Das ist gut so. Und doch – man möchte träumend in die Zukunft schauen können. Was wird aus dem Grand Seigneur glorreichen, freien Vorwärtsstürmens? Spürt ihr kein Verwandtsein mit meinem törichten, rastlos dahinjagenden Idealisten, ihr Menschen im Zeitalter des Fliegens? Ihr, die ihr selbst hastend und hetzend lebt! Nur seid ihr, nein, sind wir – denn jene Zeiten gehören vergangener Jugend – klug und weise, denn wir schaffen Werte im Dahinjagen, und meine Freunde vom Schienenstrang schufen sich nichts als Augenblicksrausch. Sie waren Träumer, wenn sie es auch nicht wußten. Man muß sie lieb haben im Erinnern; um der Sehnsucht willen, die in ihnen lebte ...

In Arizona war es.

Der Schnellzug hielt im Morgengrauen, wenige Sekunden lang, an einer winzig kleinen Station. Billy sprang ab und rannte auf das Wasserfaß zu. Natürlich folgten wir ihm. Und da brauste der Zug auch schon weiter.

»Was hast du denn?« fragte Joe empört. »Jetzt ist der verdammte Zug glücklich weg. Hat uns ja kein Mensch gesehen – hätten ruhig weiterfahren können!

»Sei still!« lächelte Billy und kauerte sich am Wasserfaß nieder. »Kinder, vor allem müssen wir feststellen, wieviel Geld wir noch haben. Gebt einmal euer Geld her.« Er zählte. »– 42 Dollars. Nun hört einmal zu: dieser sonnige Arizonasand hat Schönheiten, von denen ihr nichts ahnt; es ist ein stilles Fleckchen Welt, in dem man wieder einmal spielen und lachen kann. Hier wollen wir ein wenig bleiben!« »Grandioser alter Gedanke!« murmelte Joe.

Ich aber wunderte mich nur. Die Hetzfahrt durch die vier Staaten hatte mich schon gelehrt, zu staunen, ohne viel zu fragen. Bald nach Sonnenaufgang gingen wir hinüber zu dem winzig kleinen Stationshäuschen, traten in das Zimmer des Agenten, und Billy setzte mit einer absoluten Wahrhaftigkeit, die unter den Umständen fast komisch war, dem Mann auseinander, was er wollte. Der war fast sprachlos vor Erstaunen.

»Hier bleiben wollt ihr? ...« stotterte er endlich. »In diesem verdammten Sandloch?«

Billy erklärte ihm noch einmal, daß wir durchaus keine Tramps, sondern nur unruhige Gesellen seien, die zwar kein Geld für so törichte Dinge wie Fahrkarten ausgäben, aber sonst alles bar bezahlten – »Weiß schon, verstehe schon!« brummte der Agent – und daß wir einige Wochen lang ein billiges Leben führen wollten.

»Sommerfrische! Verstehen Sie denn nicht?« lachte Billy.

»Die verrückteste Idee, die mir in meinem Leben vorgekommen ist,« meinte der Agent grinsend. »Aber es geht. Es geht wirklich!«

Und es ging. Mrs. Jack Parker, eine rundliche Witwe, der das größte der vierzehn hölzernen Häuser der Station gehörte, übernahm gegen eine bare Vorausbezahlung von fünfundzwanzig Dollars gerne die Verpflichtung, uns drei Männer zwanzig Tage lang zu behausen und zu beköstigen. Es war spottbillig. Nun konnte ich mich aber nicht mehr halten: »Dies ist ein Märchen!« sagte ich zu Billy.

»Ist es auch,« jubelte er und seine Augen leuchteten. »Sollen auch zwanzig Märchentage sein – gerade so unwahrscheinlich und gerade so schön wie ein wirkliches Märchen. Hm – Unsinn. Welch' ein Kind Sie doch sind! Billige Tage billiger Beschaulichkeit sind es – weiter nichts!« Und er lachte lustig ...

»Lucky Water« hieß die Station – Glückswasser. Sie und die vierzehn Häuschen hinter ihr verdankten ihr Dasein dem ungeheuer tiefen artesischen Brunnen neben dem Stationshäuschen, den einst die Santa Fé hatte bohren lassen müssen, weil die Strecke zwischen den beiden nächsten Stationen zu lang war, als daß die Lokomotiven sie ohne Wasser hätten durchmessen können. So reichlich Wasser spendete der Brunnen, daß es möglich gewesen war, eine einfache Bewässerungsanlage herzustellen und mitten im Sand Gemüse zu bauen und Vieh zu züchten. So waren die vierzehn Häuschen entstanden. Und jeden Abend nahm der Eilfrachtzug die Gemüsekörbe und die Milchkannen mit nach der nächsten großen Stadt. Es waren einfache Menschen, die Leute von Lucky Water, die uns wahrscheinlich für ein bißchen verrückt, aber doch harmlos hielten.

In meinem Leben vergess' ich Lucky Water nicht!

Von den Rändern seines grünen Gartenflecks dehnte sich weit und breit trostloser Sand, und gegen Norden schimmerten stahlblaue Felsenmassen. Glühend brannte tagaus, tagein die Sonne nieder aus tiefblauem Himmel, an dem nie ein Wölkchen zu sehen war. Die trocken heiße Luft war von unbeschreiblicher Klarheit und Durchsichtigkeit. Weit entfernte Gegenstände schienen zum Greifen nahe. Und Sand, überall Sand; bald glänzend weiß, bald tiefbraun. In einzelnen Fleckchen wuchs zähes rostbraunes Gras, und überall wucherten, kaum aus dem Sand hervorlugend, winzigkleine Kakteen mit eisenharten Dornen. Das war unser Spielplatz. Wie Kinder gebärdeten wir drei Männer uns. Viele Stunden lang lagen mir oft im heißen Sand und rauchten und schwatzten. Der sonst so schweigsame Billy konnte ganze Nachmittage hindurch mit wahrer Wollust die absurdesten Pläne ersinnen und sie uns begeistert auseinandersetzen:

Hetzfahrt nach San Franzisko! Dann sollten wir drei ein billiges Zimmerchen mieten und arbeiten wie besessen. Irgend etwas – Und sparen wie Russel Sage! (Das war ein berüchtigt geiziger New Yorker Milliardär, der einmal erklärte, es sei eine Sünde, mehr als einen Dollar bares Geld bei sich zu tragen. In der Bank verdiene das Geld doch Zinsen!) Jeder Narr könne Geld sparen, wenn er das Sparenwollen zur fixen Idee mache, behauptete Billy. Und wenn wir Geld hätten, würden wir uns als Kohlenzieher nach Honolulu verdingen, dort arbeiten und die Sprache der Südsee lernen. Dann kaufen und verkaufen und im Kleinen importieren und reich werden ... Oder: Ueber Galveston nach New Orleans, nach Mobile und so weiter nach Florida. Von dort aus sich den kubanischen Insurgenten angeschlossen. Denn ein amerikanischer Revolver mit einem Amerikaner dahinter sei überall sein Gewicht in Diamanten wert – –

»Aber das ist ja blinkeblanker Unsinn!!« so schlossen immer Billys lange Reden. »Augenblicklich ist die Welt wunderschön und das genügt. Wenn wir einmal übrige Zeit haben, können wir ja gelegentlich auch reich werden –!«

Wettrennen liefen wir über den heißen Sand hin. Kein Tag verging ohne Boxen, in dem Billy ein Meister war. In der Wüste von Lucky Water lernte ich es, mich mit harten Fäusten zu wehren, in Geschicklichkeit und Ruhe, die allemal über brutale Kraft triumphiert. Ich verspürte den Hieb von unten auf das Kinn, der auch den stärksten Mann bewußtlos hinschleudert; den Schlag auf die Herzgrube, der den Getroffenen nach Luft schnappend hinsinken läßt. Wir zerhämmerten uns gegenseitig, bis jeder Fleck am Oberkörper brannte wie Feuer – und waren glückselig dabei.

Dann die Abende des Schweigens draußen im Sand! Wenn im Westen der Feuerball in roter Glut in das Land eintauchte, blieb auf Sekunden der Himmel tiefblau. Dann kam das Farbenmärchen. Ein greller Purpurstreifen leuchtete tief unten am Horizont, funkelnd grün an den Rändern, mit goldenen Strahlen an den Seiten, bis in unmerklichem Wechsel dunkles Violett aus dem Purpur wurde und fahles Grün weithin über den Himmel kroch und mit den blauen Tönen verschwand und das Violett aufsaugte. Und dann, schnell wie ein Blitzschlag, tiefstes Dunkel. Schwarzblaue Schattenmassen, in denen es fein, ganz fein aufglitzerte. Immer deutlicher wurden die Lichtpünktchen, und ehe man sich's versah, flammte es da droben in der abgründig blauen Unendlichkeit von Millionen strahlend weißer Schönheiten – in einem Zittern, einem Tanzen, einem Flimmern, als müßte im nächsten Augenblick ein ungeheurer Sprühregen weißen Lichts herabsinken auf die Erde.

Und stundenlang hab' ich oft in den Mond gestarrt; zu meiner Frau im Mond, von der ich um alles in der Welt den beiden andern nichts gesagt hätte. Meine Frau im Mond! Ganz unten am rechten Rand der Lichtscheibe war in blendender Weiße der Büstenansatz und der schlanke Hals, aus dem in feinen Schatten das Köpfchen emporwuchs mit massigem, tiefdunklem Haar. Weit lehnte sich das Weib zurück, als starre es in die Sternenpracht hinein. Ueber den Lippen bildeten helle und dunkle Mondflecken in undeutlichen Umrissen einen Männerkopf, zum Küssen sich niederneigend.

Traum über Traum kam, ein Luftschloß nach dem andern stieg empor und zerfloß in sehnsüchtigem Grübeln. Mein nur waren die Luftschlösser, wie es sein muß in den Träumen der Jugend. Wie leicht war es doch, sich Macht und Reichtum und Schönheit herunterzuholen aus den Sternen und in die Heimat zurückzukehren: Da bin ich – ich! Und Gold ausstreuen, und den bunten Rock des Offiziers anziehen, der von frühester Kindheit an mir den Lebenstraum bedeutet hatte. So lebten sie glücklich immerdar – sie beide – denn in die Träume gaukelte das Bild der alten Herzogsburg, und der Glückspilz von Träumer wandelte Hand in Hand mit dem Mädel in unbeschreibliche Seligkeiten hinein ...

»Sie können uns gebrauchen!« lächelte Billy so ganz nebenbei am Morgen des letzten Tages. »Mister Agent war so liebenswürdig, zu telegraphieren!«

»Wer kann uns brauchen?« sagte Joe erschrocken.

»Die Reparatursektion der Santa Fé sechzig Meilen westlich. Hast du die Frachtzüge mit den neuen Eisenbahnschwellen nicht bemerkt, die in den letzten Tagen hier durchkamen?«

»Eisenbahnarbeit?« stöhnte Joe. »Ach du meine selige Tante Jemima! Billy – das is' – – nee, Billy das is' gräßlich.«

»Arbeiten müssen wir, mein Sohn, und wenn du im südlichen Arizona andere Arbeit findest, bist du klüger als ich. Also weine nicht!«

»Pfui Deibel!« sagte Joe aus gequältem Herzen. »Pfui – Deibel –!!«

Billy lächelte.

» Well,« meinte er, vergnügt blinzelnd, »das ist so etwas wie wunderschön poetische Gerechtigkeit, mein Sohn. Sonst haben wir die Eisenbahn – nun hat die Eisenbahn uns!«


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