Peter Rosegger
Die Waldbauern
Peter Rosegger

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Durch

Ich wanderte im Gebirge, immer höher hinan. Das in der Steinschlucht herabrauschende Wasser war weiß wie eine Schneelawine. Der schmale Fußsteig hatte seine Not an dem Hange empor, und oft mußte er auf hohen schwanken Stegen über den Graben. Mehrere der Stege hatten gar keine Handhabe; vor dem ersten dieser Art stand ich lange unentschlossen still. Der Stegbaum war fast unbehauen und führte hoch über einen Abgrund, in welchem das Wasser rasend wirbelte und brauste. In meinem Kopfe fing es schon an zu kreisen. Umkehren? Den drei Stunden langen beschwerlichen Weg umsonst gemacht haben? So nahe dem Ziele, das ich mir seit vielen Jahren vorgenommen, umkehren? Ich hatte zwar nichts zu verlieren als ein junges Leben, aber es eines fremden wüsten Berges wegen aufs Spiel zu setzen, war doch nicht nach meinem Geschmacke. Den Rucksack schnallte ich mir fester an den Rücken, den Stock band ich waagerecht darüber, so daß er nach beiden Seiten hinausfand. Dann setzte ich mich auf den Stegbaum wie auf ein Pferd und ritt sachte hinüber. Mein Auge hielt ich wohl in Zucht, daß es nicht hinabsah in die wirbelnde Tiefe. Glücklich kam ich zu Rande. Beim nächsten Stege ging es schon leichter. Beim vierten und fünften war ich dermaßen kühn geworden, daß ich aufrecht hinüberschritt.

Die Schlucht wurde noch enger, das Gewände an beiden Seiten senkrechter, langes Struppwerk hing nieder, auch dürres Geäste und mancher Baumstamm, der oben gestürzt und mit seinem Wurzelgeklaue an den Runsen hängengeblieben war. Ein Bergknabe begegnete mir, er trug einen Sack mit Käse und machte mir auf meine Frage mit schreiender Stimme die Mitteilung, daß es bis auf die Riffel noch gute vier Stunden sei, daß ich aber den Weg verfehlt hätte. Die Bergsteiger gingen immer unten bei dem Kreuze rechter Hand. Ja, damals gab es noch keine angestrichenen Bäume in den Alpen, und ohne Markierung verstieg man sich manchmal in die schauerlichste Natur hinein. Aber hinaufkommen, versicherte der Knabe, täte ich auch durch die Schlucht. Mit einiger Geschicklichkeit kamen wir auf dem schmalen, hängigen Steige füreinander. Ich stieg weiter, und das brausende Wasser betäubte fast mein Denken, so daß ich schier traumhaft dahinkletterte. Die Luft war frostig kalt und erfüllt mit Nebelstaub, von den Wänden troff es nieder. Nicht nach vorwärts sah ich mehr und nicht nach rückwärts, ringsum eng aufsteigende kupferbraune Wände, die sich turmhoch oben fast zusammenwölbten, so daß nur ein schmaler Streifen Himmels herniederschimmerte in das grause Spaltengrab, durch das ich wandern mußte. Es war tatsächlich, als ob der Felsenberg sich hier gespalten hätte; was an einer Seite der Wand fehlte, das hatte die gegenüberstehende Wand an sich, hier ein scharfer Riff, gegenüber die entsprechende Runse, hier eine Mulde, dort die Ausbauchung, hier eine waagerechte Schichte, die an der entgegenstehenden Wand fortgesetzt war. Der Bruch ließ sich durchwegs nicht verkennen. An einer Stelle war hoch oben ein ungeheurer Steinklotz niedergebrochen und in der Felsenge eingeklemmt hängengeblieben. Er hing nur an zwei Kanten, konnte jeden Augenblick niederstürzen, den Steig verlegen, das Wasser stauen, den Wanderer begraben. Die Schlucht zackte sich nach links und nach rechts und stets in so scharfen Windungen, daß ich nicht vierzig Schritte nach vor- oder nach rückwärts sah, daß ich wie ganz eingeschlossen war. Es ging immer so fort und es wollte kein Ende nehmen. Aus den Gischten des Wassers stieg es wie ein mondweißes Licht in dieser dunklen Schlucht. Der Weg war endlich ganz niedergestiegen zu den Wellen und stellenweise von diesen überflutet, so daß ich bis über den Knöchel im Wasser watete. Auf einmal ging der Steig gerade auf einen donnernden Wasserfall zu, dessen Qualm mich über und über naß machte.

Kaum den Fall hinter mir, hatte ich eine Stiege zu überwinden. Das war aber keine Stiege mit Stufen, das war eine rauhe, zerrissene Wand, an die der Steig ganz unverfroren hinaufstieg. Man hätte ihn kaum als den Steig erkannt, wenn nicht ein paar eiserne Ringe zu sehen gewesen, die, in das Gestein getrieben, dazu vorhanden waren, um eine Strickhandhabe festzuhalten. Die Strickhandhabe jedoch fehlte. Hingegen hatte mein Wanderstock einen Eisenhaken, damit langte ich hinan bis zum ersten Ring, hakte ein und zog mich hinauf. Mit Knien und Schuhspitzen fest in eine Spalte gestemmt, griff ich unter großer Anstrengung, denn der Stock war fast zu kurz, bis zum nächsten Ringe. Nach einer Weile war ich über dem Wasserfalle. Da war es anders. Der Grund zwischen den Wänden war ganz eben, und das lehmgraue Wasser rieselte still und flach über den Sand, den ganzen Raum ausfüllend. Der Steig hatte aufgehört, es war wohl so gemeint, daß man mitten durch den Bach zu gehen habe. So ging ich wohlgemut mitten durch. Bald sah ich am Fuße der Wände einen frischen Fichtenbaum, dann den zweiten und dritten, da ward mir traulicher. Die Schlucht weitete sich etwas, das Gestein war nicht mehr so kahl, sondern grün bemoost, die hohen Wände aber ließen immer noch wenig Himmelslicht herab. Unter einem der Bäume sah ich eine Quelle, die aus der Wand sprang und von einem zierlichen Rinnlein aufgefangen war. Wie tat dieses leise Plätschern des Brunnens wohl nach dem Getose unten in den steilen Schluchten, das wohl noch aus der Ferne wie ein hohles Donnern vernehmbar war. Nun bemerkte ich aber auch, wie neben der Quelle ein schlechter Steig hinanführte zwischen Erlengesträuche und Gezirm. Dem ging ich nach und stand ganz plötzlich vor einem Blockhäuschen. Zwischen einer Wandfuge stieg Rauch heraus, dünner Rauch. Ich kroch in Stein und Strupp rings um die Hütte herum und fand keine Tür. Da klappte ein Dachbrett auf, und durch die Lücke schaute ein Menschenkopf heraus. Ein rindenbraunes, bärtiges Gesicht, im Mund eine große Tabakspfeife. Ein Straßenräuber? Dafür gab es in der Nähe zuwenig Straße. Ein Eremite? Dagegen sprach die Tabakspfeife. Man hört zwar nirgends, daß fromme Waldbrüder keine Tabakspfeife im Gesichte haben dürften, aber man liest auch nirgends, daß sie eine hätten. Der aus dem Dache hervorragende Mann, der mit seiner Vorrichtung im Munde eigentlich ein lebendiger Schornstein war, fragte mich ganz gutmütig, ob ich mich denn verirrt hätte, denn da gebe es keinen Weg hinab ins Tal.

»Ich komme aus dem Tale herauf«, meine Antwort.

Jetzt tat er auch seine Hand aus der Hütte, nahm damit die Pfeife aus dem Munde und fragte: »Sie kommen herauf? Aus dem Schrick kommen Sie herauf? Bigott ja, ausschauen Sie danach.«

Der Schrick! Und nun sagte er mir, daß es der weit und breit berüchtigte Schrick gewesen, durch dessen Schluchten ich heraufgekommen, und daß ich mehr Glück als Verstand gehabt hätte. Ich war's zufrieden, auf Reisen ist Glück zumeist mehr wert als Verstand.

»Was machen Sie denn da heroben?« fragte der Mann weiter, nachdem er aus den Tiefen der Hütte sich den unförmigen Filzhut gehoben und aufgesetzt hatte.

»Ich will weiter auf die Riffel hinauf.«

»So, dann muß ich schon barmherzig sein und Sie in mein Haus nehmen, daß Sie sich das Gewand trocknen können. Ansonsten bleiben Sie oben auf dem Berg als Eismandel stehen, festgefroren bis an den Jüngsten Tag. Krauchen S' nur herein.«

Er verschob ein zweites Dachbrett, und ich stieg zu ihm in den engen Bau, in welchem neben einem Mooslager zwischen Steinen eine glosende Glut war, die sogleich mit Baumästen aufs neue genährt wurde. Ein Tonplutzer, eine Ledertasche, ein Jagdgewehr und derlei war vorhanden, und der Mann war nichts anderes als ein Gemsjäger des großen Alpenreviers, das damals einem italienischen Prinzen gehörte. Ein paar Stunden blieb ich in der Hütte. Dann waren die Kleider trocken, mein Magen mit Imbiß gestärkt und mein Herz mit Kirschgeist ermuntert für weitere Geschicke. Und dann stiegen wir beide zur Dachluke hinaus, die der Jäger nachher sorgfältig zumachte. Daß diese Tür von oben hinein ging, hatte weiter keinen Grund, als daß sie so leichter zu machen gewesen, denn eine an der Wand. Der Jäger mit Gewehr und Weidtasche begleitete mich. Er hatte sehr krumme Knie, aber leicht stieg er damit an; auf hartem Weg, meinte er, dürfe man ja keine steifen Beine machen, sonst brauche man sich zu früh auf. Dieser wildborstige Jäger hatte ein sehr gutmütiges Gesicht und ein so kluges, mildes Grauauge, daß man schier gerne hineinschaute. Nur wenn er, wie sich der Graben nun weitete, in die Wände hinaufblickte, da ward sein Auge scharf und glühend.

»Siehst du! Siehst du!« stieß er fauchend hervor, wenn an Riffen und Mulden die Tiere äseten oder von uns erschreckt mit gewaltiger Spannkraft der Läufe an den Hängen dahinsetzten. In seiner Jägergier war ihm alles du, gleichsam, als gäbe es gegenüber der Gemsen- oder Hirschenwelt keinen Unterschied mehr in der menschlichen Gesellschaft, als müsse alles Jäger sein, pirschen oder puffen und nichts anderes. Leise zitterte seine Hand, die am Gewehre lag, und fast blieb ihm der Atem stehen, als da oben ein halb Dutzend Gemslein arglos grasete und er mit seinem Feuerrohr nicht hinzielen durfte.

»Was haben Ihnen diese Tiere denn getan?« fragte ich den Jäger. Der überhörte anfangs das Wort und auf meine Wiederholung blickte er mich fast traurig an. Traurig über meinen Unverstand. – Getan? Die Gemsen dem Jäger getan? Als ob es auf der weiten Welt Gottes etwas Herzigeres geben könne, denn eine Gemse! Und eben darum. Eben darum? – Von der Achsel riß er sich den Stutzen, daß der Riemen heftig an den Schaft schlug. Wie soll der Jäger dem Gemslein seine Freude an ihm denn anders bezeugen, als daß er es niederschießt! Aber es war Schonzeit und das Wild mußte gehütet werden für die hohen Herren. – Auch die hohen Herren brennen die herzigen Geschöpfe nicht nieder aus Haß, aber auch nicht aus Liebe – bloß aus Passion. Dann lassen sie sie liegen und der Jäger verkauft das Fleisch um einige Sechser.

Als die Tiere außer Sicht waren und wir über Gerölle hinankletterten, sagte mein Begleiter, aber mehr in die Steine hinein als an mich: »Es ist wahr, es ist dumm! Der Mensch sollt' froh sein, wenn er selber eine Gemse wäre!« Denn mit Mühsal ging's bei uns vorwärts in dem wüsten Geschütte. Wir stiegen durch eine Art von Gasse hinauf, durch einen vielstufigen Wassergraben, in dem eine graue Gieß rieselte. Zu beiden Seiten waren glasige Wände, hier in haushohen Mauern, hier in scharfzackigen, ungeheuerlich gestaltigen, übereinander getürmten Blöcken. Ich hatte schon vorher auf den Rat meines Begleiters die Hände und das Gesicht mit Tüchern eingewickelt, aber die Luft brannte in den Augen. Wir waren mitten im Eise. Die Eiswände waren aber nicht grünlich klar, wie man es auf unseren Teichen sieht; das war wie blindes, schmutziges Glas und mit dunklem Staube überall durchsetzt. Mein Jäger sagte, das wäre der Pflanzenstaub, den der Föhn seit Jahrhunderten aus den Tälern heraufgetragen, und der Sand, den der Sturm von den kahlen Höhen auf den Kees geweht. An vielen Stellen lag das Eis wie unentwirrbar verwachsen mit dem Steinboden. An anderen Stellen waren zwischen Boden und Eis Höhlungen, so groß, daß Schafe hätten hineinkriechen können, und es starrte die schwärzeste Finsternis heraus, so daß es unergründlich war, wie tief die Höhlungen hineingingen. Vielfach sickerte Wasser hervor.

Plötzlich war unsere Gasse zwischen dem Gletscher zu Ende und wir standen vor einem Loche, aus welchem ein steiniges Rinnsal ging, wo jetzt aber nur wenig Wasser rann. Das Loch war so groß, daß ein Rittersmann ganz bequem hineinreiten konnte auf hohem Rappen, falls er für seine Höllenfahrt dieses Tor wählen wollte.

»Da wären wir«, sagte mein Begleiter.

»Da geht's ja nicht mehr weiter«, meinte ich mit einiger Beklommenheit.

»Da geht's wohl weiter«, antwortete er und deutete ins Loch.

»In keinem Fall!« rief ich und wendete mich ab.

»Wollen Sie denn nicht auf die Riffel?« fragte er. »Na also, dann müssen Sie hier durch!«

Verzagt betrachtete ich die ungeheuren Eiswuchten, die sich über der Höhlung aufbauten, und nebenhin und überall. Kein Ausweg als der – nach rückwärts.

»Da will ich lieber umkehren«, sagte ich. »Was soll ich denn eigentlich auf der Riffel, das Schönste habe ich ja nun doch gesehen.«

Der Jäger schaute mich schweigend an, und dieser Blick gefiel mir gar nicht. Dann murmelte er seithin: »So sind die jungen Leute. Nichts mehr wert. An und dran überall, aber durch! Da hapert's.«

Das war mir gerade genug. »Durch!« rief ich mit Entschiedenheit.

»Na, ich denke auch«, entgegnete er gelassen und zündete mit dem Streichholz ein winziges Laternlein an, das er an seinem Taschenzeuge trug. Noch fragte ich, wie lange der Eisstollen dauern würde, er gab keine Antwort, stieg voran, nahm mich an der Hand und zerrte mich hinter sich drein. Der Boden war nicht steil, aber rissig und rauh. Anfangs war es enge und dunkel; dann weiteten sich die Wände, hoben sich die Gewölbe und aus der Ferne war es, als kämen uns mehrere Lichter entgegen. Die immer wunderlich verschobenen Wände waren teils in glatten Tafeln, teils in Säulenvorsprüngen, teils in Riesenmuscheln, und überall schimmerte es grün und blau, als leuchte hinter den nächsten Wänden schon der Tag. Aber der Tag leuchtete nicht. Das ging hin und her, auf und nieder, durch Engen und durch Hallen dahin, an gespenstischen Gestalten vorüber, aus denen es manchmal wie Blitze zuckte. Mein Jäger sagte kein Wort, ich auch keins. Unsere Schritte hatten keinen Widerhall, manchmal aber krachte es über unseren Köpfen, als würden Pistolen losgeschossen, und das fuhr mir allemal durch Mark und Bein, daß meine Knie zitternd einknicken wollten.

Vor einer Nische stand mein Begleiter still. In der Nische ragte eine schlanke Gestalt, an deren Zacken Farbenlichter zuckten. Auf den ersten Blick war es wie ein verschleiertes Marienbild. Mein Jäger stellte das Laternlein auf ein Stück Eis und sagte leise, wie um seinen Aufenthalt zu rechtfertigen: »Hier bete ich allemal ein Vaterunser.« Er nahm den Hut vom Kopf und stand so ein kleines Weilchen vor dem Bilde unbeweglich, als wäre er selber erstarrt. – Dann weiter. Der Paß wurde niedriger und nach und nach so niedrig, daß wir kriechen mußten. Endlich war vor uns nur mehr eine Spalte. Der Jäger legte sich hin, band an den Gewehrlauf das Laternlein, schob es vorsichtig durch die Spalte, dann kroch er mit Anstrengung selber nach. Ich war einen Augenblick allein in dem erdrückend niedrigen lichtlosen Raum, aber schon faßte mich die kräftige Hand am Arm und ich preßte mich durch den eiskalten Rachen. Als wir durch waren, schlug an mein Auge Tageslicht und nach wenigen Minuten hatten wir das grause Grab hinter uns. Vor uns war eiskrustiger Boden, und weiterhin die blendende Alpenwelt.

»So, mein junger Mann«, sagte der Jäger mit einiger Selbstbefriedigung. Ich faßte seine Hand, um sie zu drücken, er zog sie zurück.

»Gar lang wird's nimmer dauern mit dieser fürnehmen Straßen«, sprach er dann, »der Hals wird von Jahr zu Jahr enger. Im vorigen Herbst hab' ich zwei Wildschützen erwischt da drinnen, die haben durchwollen und sind im Hals steckengeblieben. Die haben mir ein bissel gute Worte gegeben, bis ich ihnen zu Hilf gekommen bin!«

In der Nachmittagssonne – Gott, wie hat sie wohlgetan! – sind wir weiter gestiegen über Schnee und Eis, endlich empor an einem nackten braunen Felskegel – und dann waren wir oben. Die Felskanten waren hier durch Eis und Wasser stumpf und glatt geschliffen, und in den Spalten kein Halmlein, kein Blättlein, keine einzige Moosfaser, kein einziges Würmlein, alles starr und leblos. – Das war die Riffel. Nach der Mitternachtsseite zu verdeckten uns höhere Eisberge alle Aussicht, nach der Abendseite hin waren viele Berge zu erblicken, unförmige Wuchten, senkrecht stürzende Wände, spitze Kegel und in weiter Ferne scharfe Zacken, die mit weißblinkenden Sternlein besetzt waren.

»Das muß man am Vormittag sehen!« sagte mein Jäger. »Wenn die Sonne hinscheint. Weinend wird man, so schön!«

Gegen Morgen hin flachte sich blauendes Waldland, aus welchem von Ferne her die silbergraue Tafel eines Sees schimmerte. Wie lag dieser See tief unten! – Gegen Mittag hin waren sehr steile spitze Berge, hinter denen in weichen ätherblauen Wellen das italienische Land lag. Mit kurzen, gleichsam durstigen Blicken sog ich das Bild ein, aber es war nicht lange Zeit. Ein Mark und Bein durchdringender Wind jagte uns bald hinab. Erst unten in einer geschützten Wandnische, in welche die niedersinkende Sonne lau hinleuchtete, setzten wir uns auf einen Stein und schauten hinaus ins gottgesegnete Italien.

»Dorthin wollte ich in diesem Herbst«, sagte ich, »dort muß es wunderbar sein.«

»Und warum sind Sie denn nicht hingegangen?« fragte mein Begleiter, »warum sind Sie denn auf die Riffel gestiegen, wo es so beschwerlich und so ungut ist? Sie haben aber recht. Der junge Mann muß durch. Er muß die Berge nehmen. Für den Alten ist das flache Welschland immer noch gut.«

Derlei Bemerkungen des Gemsjägers haben mir gefallen, und recht gerne nahm ich's an, als er mich nun einlud, mit ihm bis zum Jägerhause hinabzugehen und dort zu übernachten. Denn die Klause in den Schrick-Schluchten war nicht sein Heim, war nur ein Unterstandshüttlein für den Jäger. Das Jagdhaus stand unten, wo das felsige Gelände in Waldbestand überging. Es lag in seinem Alpenstile schmuck und stattlich da, es hatte auch mehrere Stuben für die hohen Herrschaften, wenn sie des Jahres einmal kamen zur Gemsjagd. Schon dunkelte es, als wir eintraten. Ein kleines, dickes Frauchen machte sich emsig daran, dem Jäger Gewehr, Tasche und Mantel abzunehmen, nahm auch mir die Sachen aus der Hand, um sie zu bergen, sagte aber kaum ein Wort. Auch war ein schlankes Mädel da, welches viel buntes Gewand an sich hängen hatte, aber das hing wie an einer Stange zu allen Seiten schlapp nieder und wurde teilweise nachgezerrt wie eine Schleppe. Das Haar, welches aus dem Kopftuche hervorstand, war gelblichrot und über die Stirn künstlich herabgekraust. Die Augen dieser Almerin schauten etwas schläferig aus, und während sie uns das Nachtmahl auf den kleinen Tisch setzte, gähnte sie uns ohne Umstände eins vor.

Ich war müde und ließ mich bald vom Jäger ins Dachgelaß führen, wo auf frischem Stroh ein göttlicher, zehn Stunden langer Schlaf gemacht wurde.

Am nächsten Tage ging's talwärts. Der Jäger begleitete mich eine Strecke auf seinem Gang ins Gewände.

»Am meisten freut mich«, sagte ich zu ihm unterwegs, »daß ich gestern durchs Eis bin.«

»Freilich«, antwortete er. »Wir haben heute nicht mehr und nichts Besseres als gestern, aber der Mensch muß durch. – Es ist sonst auch so«, fuhr er fort, »mancher Mensch hat, vergleichsweise, eine ganz schöne handebene Lebensstraße, aber einmal kommt die Stelle, wo er durch muß. Bleibt er stehen oder kehrt er gar um, so ist's gefehlt. Durch muß er, und wenn er schon sonst gar nichts davon hat, so ist er nachher wenigstens durch, und das ist auch was, das macht den Menschen herzfrisch.« – Hierauf stand er still, schaute mir ins Gesicht und sagte: »Ich habe auch nicht durch wollen. Bin's aber doch, und jetzt ist's gut.«

Wir kamen zu einer Quelle, daneben war Brunnenkresse. Der Jäger tat aus seiner Tasche Brot und Speck und den Plutzer. Vor uns standen etliche verknorrte Wetterfichten. Die Aussicht ging nur auf eine steile Wand, die zwischen den Baumwipfeln niederleuchtete. Es war eine fast trautsame Rast. Wir kamen in ein ernsthaftes Gespräch, und dann hat der Gemsjäger eine Geschichte erzählt, die mir die Jahre her immer wieder zu Sinn kam, wenn ich zagend vor einem »Durch« stand.

*

Der Mann hieß, wie es in meinem Notizbüchl steht, Anton Ruster. Er war der Sohn eines Großbauers im oberen Kärntnerland. Das einzige Kind. Seine Mutter war früh verstorben, da sein Vater aber noch sehr rüstig war, so mußte der Anton als einundzwanzigjähriger Bursche zu den Soldaten, bei denen er drei Jahre lang blieb. Als er dann nach Hause kam, fand er den Vater nicht mehr. Der war im Eisenhammerbach verunglückt. Den Hof bewirtschaftete der Vormund des Anton, der Vetter Wend genannt, ein weitläufiger Verwandter. Der empfing den heimkehrenden Burschen mit großer Zärtlichkeit und sagte, daß er ihm das Leid nicht habe antun wollen, den Tod des guten Vaters zu schreiben, da der Soldat nur viel überflüssiges Herzweh gehabt hätte in einer Sache, die denn einmal nicht zu ändern wäre. Der Hof sei gut versorgt. Der Vater habe selbst im Testamente ihn, den Vetter, gebeten, die Wirtschaft zu führen und dem Anton immer ein treuer Ratgeber und Beistand zu sein. Das habe sich der Vetter auch geschworen, erstens dem Verstorbenen zuliebe und zweitens des guten Anton halber, der unerfahren und wie ein schwankendes Rohr dastehe auf der Welt. Und da habe er, der Vetter, sich gedacht, der Anton könne nun das schönste Leben haben, wenn er sich's anzuschicken wisse. Im Ausgedinghäusel, wo sonst die Alten sind, könne doch einmal ein Junger sich's bequem machen, sein Leben genießen und vom Vetter sich jährlich eine Summe auszahlen lassen. Denn – fuhr er fort – es gebe so dumme Vettern, die von früh bis abends jahrein, jahraus auf dem Bauerngute arbeiten und sorgen, nur der Sache wegen, und bereit sind, das Erträgnis dem Haussohne abzuliefern.

Der Anton war sehr gerührt über den braven Vormund und guten Vetter Wend. Der Vorschlag gefiel ihm, denn das Soldatenleben hatte ihn dem Bauernstande entfremdet, zu dem er nie übermäßig viel Freude und Geschick gehabt. Er entschied sich also für das Ausgedinghäusel und nahm die erste Summe des Wirtschaftsertrages. Der Vetter sagte, es wäre etwas mehr, als das Jahr abgeworfen, aber zwischen Verwandten halte er es nicht so streng geschäftsmäßig. Der Anton pachtete sich das Wasser, welches an seinem Häuslein vorbeifloß, dazu im Tale noch zwei lange Bäche, weil er ein Liebhaber der Fischerei war. Er verfertigte sich die Netze, die Angeln, die Behälter selbst, tat immer mit dergleichen herum und so lebte er recht angenehm dahin. Vor seinem Häusl am Bach hatte er sich einen Wassertümpel herrichten lassen, in dem er Fischzucht trieb. Schöne Hechte, Asche und Forellen hatte er, in einem Nebenbehälter auch Krebse. Zum Verkaufe kamen diese Tierchen zwar nicht, denn die meisten wurden gestohlen und etliche aß er stets selber. Das machte ihm nichts, das Vergnügen war doch vorhanden, weiter stellte der Anton keine großen Ansprüche.

Oft kam der Vetter vom Hofe herab, trocknete sich mit dem roten Sacktuch den Schweiß vom runden Gesicht und sagte: »Anton, wie du es gut hast! Du kannst dir's halt anschicken. Während dein armer Vetter sich unermüdlich in der Wirtschaft plagen muß, lebst du vom Erträgnisse sorglos und in Freuden. Nun, du hast recht. Wenn ich wieder auf die Welt komme, werd' ich mir's auch so einrichten.«

Mittlerweile hörte der Anton allerdings von anderen, daß der Vetter Wend auf der großen Besitzung wenigstens das Dreifache gewinne von dem, was er dem rechtmäßigen Eigentümer abliefere.

»Meinetwegen«, sagte da der Anton, »er hat ja auch seine Mühe und Kümmernisse und ich bekomme, was ich brauche.«

Im dritten Jahr aber kam eines Tages der Vetter sehr mißmutig zum Anton und rief: »Jetzt werde ich's aber nicht mehr lange aushalten! Welche Sorgen! Schlechtes Jahr! Schlechte Viehpreise! Schlechte Holzpreise! Hohe Steuern! Und diesen Ärger mit den Dienstboten! Es wird mir angenehm sein, wenn endlich du das Zeug übernimmst. – Allerdings«, setzte er bei, »wie du fürs gute Leben bist und nicht fürs Arbeiten, und wie du um und um keinen Schick hast zur Wirtschaft, du wirst noch tiefer hineinkommen. Vielleicht auch nicht. Überleg dir's halt.«

Der Bursche überlegte nicht viel, sondern bat den Vetter Wend, die Wirtschaft doch noch weiterzuführen, da er selbst sich nicht für geeignet halte, dem großen Hauswesen vorzustehen.

»Wenn ich's noch tue«, sagte der Vetter, »so geschieht es nur deinem verstorbenen Vater zuliebe, der es so angeordnet hat. Aber von jetzt an kann ich dir nicht mehr so viel Jahrgeld geben als bisher.«

»Nun, was halt sein kann«, meinte der Anton, und die Sache war wieder abgetan.

Amtlich war der Bursche längst schon als Besitzer auf den Hof geschrieben, aber es war so bequem, den Amtsboten mit seinen Vorladungen, Zahlungsaufträgen usw. zum Vetter zu schicken, bis der Bote schließlich schon selber zu ihm fand, ohne sich beim Anton anzumelden.

Beim Straßenwirt unten war ein bildsauberes Dirndl aufgetaucht. Der Wirt hatte das frische Ding armen Leuten im Gebirge abgenommen und in sein Geschäft gestellt, wo er es als Kellnerin zu verwenden gedachte. Der Anton hatte sich bisher um die Weibsbilder nicht gar viel gekümmert und war fast geneigt, dem Ausspruche des Spielmann-Friedels, daß sie ein notwendiges Übel wären, beizustimmen. Doch seit er eines Tages nach einem ziemlich unfruchtbaren Fischgang beim Straßenwirt zugekehrt war, dachte er anders. Wenige Wochen später hatte er ihr das Heiraten versprochen. Sie lachte ihm ins Gesicht: »Heiraten! Aufs Alteleut-Häusel etwa?«

Das machte ihn denken, das erstemal wirklich denken nach manchem Jahre. Er ging zum Vetter und teilte ihm die Absicht mit, den Hof endlich übernehmen zu wollen.

Der Vetter antwortete ruhig, aber entschieden: »Anton! Wer dir diesen Rat gegeben hat, das ist kein guter Freund gewesen. Bei dieser Zeit du den Hof übernehmen! In zwei Jahren wärest am Bettelstab. Du bist zwar großjährig, aber so viel Anrecht an dir glaube ich mir durch mein unermüdliches Sorgen und Arbeiten für dich erworben zu haben, daß ich dich mit starker Hand zurückhalte, wenn du in dein Verderben rennen willst. Nein, in so kritischer Zeit verlasse ich dich nicht, ich hab's deinem Vater versprochen. Du lebst in deinem Häusel wie Gott in Frankreich und ich werde für dich tun, was ich kann. – Das Straßenwirtdirndl! Nun, ich glaub' dir's ja. Wenn du es nicht im Wirtshaus lassen willst, was ich wohl verstehe, so will ich's auf den Hof nehmen, dir zulieb', und es soll ihr nichts fehlen. Wenn wieder bessere Zeiten kommen, dann könnt ihr ja heiraten.«

Da sah der Anton wieder, wie gut es der Vetter mit ihm meinte. Die kleine Ottel wurde auf den Hof genommen, wo ihr freilich nichts fehlte, weil der Vetter sie als zukünftige Bäuerin besonders unter seinen Schutz nahm. Der Anton sah sie jeden Tag, aber als kluger Bräutigam geizte er mit den Freuden der Jugend, damit für die heilige Ehe ein recht großer Vorrat zusammen kam. Doch währte es nicht allzulang, und der Gedanke an die Übernahme des Hofes tauchte wieder auf. Besonders in schlaflosen Nächten – und er hatte ihrer – wurmte es ihn, daß er im Ausgedinghäusel so dahindämmerte und sein Leben versäumte. Er nahm sich vor, Ernst zu machen. Aber wenn er dann bei Tage dem Vetter wieder in sein rundes gemütliches Gesicht sah und von ihm, trotz Arbeit und Sorge, lauter wohlwollende, ja väterliche Worte vernahm, sagte er nichts und ging wieder den Bächen entlang. Ei ja, ein Fischer lernt Geduld, und endlich werden doch die besseren Zeiten kommen, in denen der Vetter ihm den Hof mit gutem Gewissen überlassen kann.

Wohl, der Fischer ist freilich geduldig, aber die Liebe ist es nicht. Die Liebe wurde ungestüm. Zwar weniger die ihrige, als die seinige und eines Tages ging er zornig hinauf zum Hofe. Wie gewöhnlich würde sein kurzer Zorn nicht bis zum Hof gereicht haben, da begegnete ihm unterwegs der Vetter Wend im Feiertagsgewand.

»Wohin gehst du?« fragte ihn der Bursche.

»Ich gehe nach Villach in die Sparkasse«, antwortete der Vetter, »ja mein Lieber, es heißt Geld aufnehmen!«

Der Anton sagte: »Wenn ich dir jetzt die Säckel aussuchen wollte! Du nimmst kein Geld auf, du trägst eins hinein!«

»Und wenn das wäre?« rief der Vetter. »Wenn sich ein Mensch auf der Welt seine Sach' mit blutigen Tropfen verdient, so bin ich es. Willst du, daß ich wie ein Fronknecht für dich arbeite? Oder willst du mir nicht einmal den lumpigen Taglohn gönnen, wie dem Dienstboten, der ich für dich bin, und jahrelang gewesen bin?! Ist das der Dank?«

Der Bursche wollte ihm schon ein begütigendes Wort sagen, aber eine innere Stimme mahnte ihn fast heftig: »Jetzt red' einmal scharf!« – So sagte er: »Da braucht's kein ungutes Wort, Vetter. Ich habe dich nie gebeten, daß du für mich solche Opfer bringen sollst, mit keinem einzigen Wort. Du hast dich immer selber angetragen. Ich habe schon mehrmals meinen Hof haben und selber verwalten wollen, du bist dagegen gewesen. Heute ist die Änderung. Ich geh' jetzt hinauf in meinen Hof und von dieser Stund' bin ich der Herr.«

»Da geh' ich mit«, sagte der Vetter und kehrte um. »Da muß ich schon erst noch was mit dir reden, Anton. Ich hab' gemeint, es wird mir erspart bleiben. Ich hab' schon viel Hartes erlebt, hab' wenig gute Tage gehabt, es ist kein Spaß! Aber mein Lebtag ist mir nichts so hart angekommen als das, was ich dir jetzt mitteilen muß. Halt nur still und höre. Du bist nicht der Herr auf dem Hof, kannst es nicht sein und wirst es nie werden. Dein Vater war mir groß verschuldet und im Testament hat er mich zum Eigentümer gemacht, nur mit dem Vorbehalt, daß ich für dich tue, was ich kann. Daß ich's bisher redlich getan habe, das wirst du mir zugestehen müssen, und so werde ich's auch in Zukunft halten, gleichwohl ich nicht weiß, wie ich's hereinbringen soll.«

Der Bursche war fast sprachlos, er konnte nur zur Not durch den zugeschnürten Hals hervorbringen: »Ich bin ja angeschrieben.«

»Angeschrieben! Ich habe mir's gedacht«, sagte der Vetter Wend murrend. »Das war ja die dumme Gutmütigkeit von mir. Mir tatest du leid, ich wollte dir angenehm hinüberhelfen, dich versorgen, dir ein gutes Leben schaffen und du brauchtest weiter nichts zu wissen. Deine Unzufriedenheit hat meine wohlgemeinte Absicht vereitelt. Angeschrieben bist freilich, aber wie? Ich brauche nur das Testament vorzulegen, und das Kartenhaus purzelt zusammen.«

»Das Testament will ich sehen«, sagte der Bursche.

»Das Vergnügen sollst du haben, wenn du darauf bestehst«, sprach der Vetter. »Aber es gibt Dinge, vor denen man am besten die Augen zumacht. Wo ohnehin nichts mehr zu ändern ist. Leider Gottes. Ich wollte, dein Vater lebte noch, daß nicht mir diese schwere, undankbare Aufgabe zugefallen wäre. – Schau, dort im Garten, die Ottel! Du mußt dich aufheitern, Anton, tot ist tot, vergangen ist vergangen. Gescheiter, man hält sich ans Lebendige. Ich werde schon trachten, daß du das Mädel nehmen kannst.«

»Das Testament will ich sehen.«

Schier tonlos antwortete der Vetter: »Gut, wenn es dir schon Freude macht, und daß du wühlen willst in deinem Unglück. Komm halt mit.«

Er führte ihn dann ins Haus, in die Oberstube. Dort fand er lange den Schlüssel zum Kasten nicht und endlich fiel es ihm ein, daß das Testament beim Amte liege, in Villach. »Kannst ja hingehen und es dir vorlegen lassen.«

Nach Villach in die Stadt gehen, sich in den Kanzleien herumdrücken, sich von Amtsdienern und Schreibern anschnauzen lassen, das war nun die Sache des Burschen nicht. Er war als Soldat angeschnauzt genug geworden. Zu machen, dachte er, ist sowieso nichts, und er lebte wieder eine Weile ruhig auf seinem Altenleuthäusel dahin. Doch hatte er gelegentlich einen Nachbar ersucht, der nach Villach zum Amte ging, er möchte sich beiläufig auch erkundigen nach einem Testamente vom vor sieben Jahren verstorbenen Ruster in der Hochleut. Der Nachbar kam heim und berichtete, daß im Amte von einem solchen Testament niemand etwas wüßte, daß dort keines hinterlegt worden. Und der Nachbar sagte weiter, daß der Vetter Wend recht gut wissen werde, wo das Testament ist, daß er es gewiß nicht verloren und nicht verbrannt haben werde, sondern wohl in seinem Kasten aufbewahrt, weil in der Schrift, soweit der Nachbar sich als Zeuge noch erinnere, dem Vetter ein Legat von dreitausend Gulden zugeschrieben sei. So viel, sonst aber auch gar nichts. Alles andere dem Sohne.

So war dem Anton nun aller Frieden dahin. Das eine Mal nahm er sich vor, mit dem Wend Ernst zu machen, das andere Mal hielt er es für besser, den schlimmen Handel nicht anzufangen, die Feindschaft mit dem Vetter nicht zu schüren, die dann wohl eine ewige sein müßte. Und ohne den Vetter wisse er sich ja nicht zu helfen. Daher wollte er doch wieder alles beim alten lassen. Er tat's um so lieber, als der Wend ihm das Jahreseinkommen so weit erhöhte, daß er wirklich ans Heiraten denken konnte. Der Ottel kam das über die Maßen gelegen. Der Vetter ordnete mit geradezu väterlicher Umsicht und Güte das Versprechen, das öffentliche Verkünden, die Trauung, die Hochzeit, und auf einmal waren der Anton und die Ottel Mann und Weib. Und die Ottel sorgte für seine Kost, die bisher eine alte Magd beigestellt, sie sorgte für sein Gewand, für die Stube, sie richtete ihm das Nest nicht übel her. Und als das Nest nicht übel hergerichtet war, legte sich die Ottel ins Bett und gebar ein gesundes Mädel. Das war im siebenten Monat nach der Hochzeit. Die Mutter hatte an dem holden Siebenmonatkind eine große Freude. Der Vater ging draußen am Wasser um, fischte aber nicht. Das Wasser ging hoch und trübe, denn es hatte viel geregnet, und obschon es im Trüben gut fischen ist, so waren dem Anton die Forellen jetzt ganz gleichgültig. In den Hof wollte er hinauf. Nun hatte es aber am Bache, der am Häusl vorbeifloß und der übersetzt werden mußte, die Brücke vertragen. Das sollte kein Hindernis sein, der Anton ging dem wogenden Wasser entlang bis zum oberen Steg an den Waldwiesen. Aber auch der war weg. Das Bachbett war hier sehr tief, das Wasser reichte lange nicht bis zu den Steinplatten heran, auf welchen der aus zwei behauenen Waldbäumen gezimmerte Steg geruht hatte. Und er war doch weg. Seit Menschengedenken hatte hier das Wasser keinen Steg fortgerissen, es war, als ob Menschenhände dabei gewesen wären. – Auch recht, dachte sich der Anton, geht's drüber nicht, so geht's durch. Noch eine Strecke ging er weiter, und dort, wo der Bach etwas flacher war, brach er vom Zaun einen Stecken und sprang ins Wasser. Dieses wollte den Fischer heute nicht respektieren, suchte ihm die Beine auszuschlagen. Zur Not erhielt er sich an dem Stecken, den er ins Wasser gestemmt, und mit einem kräftigen Schwunge war er am anderen Ufer. Er ging gegen den Hof hin, der mit seinen braunen Holzgebäuden stattlich und weitläufig dalag. Die Wiese war eitel Moorgrund und von Schritt zu Schritt sank er zwischen Sumpfgras und Binsenbüscheln tiefer in den Morast. Dieser Boden war stark vernachlässigt, zur Jugendzeit des Anton wußte man hier nichts von einem Moore. Er sank bis an die Knöchel, bis an die Knie, der Rasen zitterte, und so oft er in denselben ein Loch trat, pfiff Morast und Luft heraus. Das Weiterkommen schien unmöglich zu sein, noch ein Glück, wenn er umkehren konnte. – Umkehren? Nein! sagte er sich heftig. Durch muß ich! Jetzt muß ich durch, und koste es, was immer. Mehr als das Leben kostet es nicht, und das ist nichts mehr. – Mit einem Knie stemmte er sich an den schnoddernden Rasen, bis er das andere Bein aus dem Sumpfe hatte, dann legte er sich der Länge nach auf den Boden und wälzte sich fort. So kam er bis hinüber zum Gestrüppe, durch dasselbe brach er mit Leichtigkeit.

Auf dem reifen Kornfeld arbeiteten die Leute. Der Vetter saß drüben unter dem Haustor und dengelte eine Sichel. Der Anton ging rasch auf ihn zu und sagte: »Mensch, gib mir das Testament von meinem Vater.«

Der Vetter tat, als überhöre er das Wort, und rief laut und lustig: »Na, Toni, wie geht's zu Hause? Alles gut vorbei, wie ich schon gehört habe. Na, gottlob! – Hau, wo willst denn hin?«

»Ich hole mir das Testament«, antwortete der Anton und trat, den Vetter mit dem Zaunstecken beiseite schiebend, rasch ins Haus. Dieser eilte nach und rief: »Was soll der Prügel in deiner Hand! Wirf ihn weg!«

»Wirf du die Sichel weg!« entgegnete jener, schritt die Stiege hinan in die obere Stube und gerade auf den Kasten zu. Der war versperrt. Der Anton faßte einen im Winkel stehenden Dreifuß, auf welchem sonst Schuster sitzen, und schlug mit einem heftigen Hiebe die Kastentür ein, daß die Splitter flogen. Der Vetter war mit einem grellen Wehgeschrei hinter ihm her, griff nun über der Achsel des andern mit langem Arm rasch in den Kasten und erfaßte ein Paket Schriften. Der Anton wollte es ihm entwinden, zwischen den beiden Männern entspann sich ein Ringen, bei welchem die Schuhnägel Funken gaben auf den Eisenklampfen am Fußboden. Mehrmals fuhren sie ineinander verschlungen durch die Stube, endlich stürzten sie zu Boden. Der Anton lag auf dem Rücken, der Vetter setzte ihm das Knie auf die Brust und klammerte seine Finger um den Hals des röchelnden Gegners.

»Das ist das Richtige, Buberl«, schnaufte der Wend hervor, »das macht – auf die beste Manier – den Prozeß aus.«

– So spricht der Mörder! konnte der Anton noch denken, in Todesangst eine übermenschliche Kraftanstrengung, und der Vetter lag hingeschleudert an die Wand. Mit dem Paket eilte der Sieger aus dem Hause und davon. – Im Walde auf einem Steinhaufen ließ er erst seine zitternden Glieder zur Ruhe kommen, dann riß er die Schnur des Pakets entzwei. Es waren allerhand Urkunden, die sich auf den Hof bezogen, dann der Ehevertrag des Vaters, der Taufschein des Sohnes und das Testament. – Ja, es war so, es war so. Ein wahres Glück, daß der Vetter Wend darin mit einem Legat bedacht gewesen, sonst hätte er das Testament sicherlich längst vernichtet. Für alle Fälle hatte er es nicht getan.

Am Abend desselben Tages kam der Vetter mit einem starken Knechte auf Umwegen zum Altleuthäusel. Der Knecht trug einen Korb mit Weißbrot, Rauchfleisch, Eiern und anderen guten Dingen. Der Vetter hatte unter seiner rotgestreiften Zipfelmütze eine Binde um den Kopf gelegt, aber sein rundes Gesicht mit der kurzen Nase war sehr freundlich.

Dreist trat er ins kleine Haus und in die Stube, wo der Anton sinnend am Tische saß.

»Muß euch doch ein Angebinde bringen«, sagte er, »Kindel frisch, wie ich höre. Na, weil nur alles so glücklich ausgegangen ist. 's ist einem allemal ein wenig bang in solchen Umständen, ich weiß es von früher her. Meine Leute haben mich freilich schon alle verlassen, längst verlassen. Es ist traurig genug, wenn der Mensch so allein steht . . .«

Plötzlich brach er ab und mit dem Ärmel fuhr er sich über das Gesicht. »In Gottes Namen!« rief er nachher mit frischer Stimme aus. »Nimm halt fürlieb, Anton, mit der Kleinigkeit, was der Knecht im Korb hat. – Und von wegen der Dummheit«, setzte er lachend bei, »der Dummheit wegen im Hof oben, vorhin! Kindereien. Wollen einander deswegen nichts nachtragen. Die Schriften hätt ich dir ja sowieso gegeben jetzt, aber daß du so mit dem Zaunstecken ins Haus gefahren bist, das hat mich wild gemacht, wie halt der Mensch schon oft ist. Sind zu weit gegangen. Ist unschicksam zwischen Blutsverwandten, so was. Soll vergessen sein. Wollen fürder verträglich weiterleben wie bisher. Du hast jetzt deine Sorgen. Daß du dich nicht auch noch mit der großen Wirtschaft abkümmern mußt. Ich verlaß dich nicht, Anton.«

Als der Vetter so gar süß gesprochen hatte, stand der Anton auf, er war heute fast größer und strammer als sonst, und sagte: »Wend! Wenn du heute den Hof nicht mehr verlassen kannst, weil's schon finster wird, so tu's morgen früh. Wenn du vormittags, Stund neun, noch darauf sitzest, so werf' ich dich hinaus. Und jetzt marsch!«

An der Achsel faßte er den Vetter und schob ihn um, so daß er der Tür zugekehrt wurde. Darauf ging der Wend mit seinem Knechte ohne weiteres wieder davon.

Am nächsten Tage rief es der Vetter klagend in der ganzen Gegend aus, daß nichts, kein Leibes- und kein Seelenleid so weh tue als erfahrener Undank. Die Nachbarschaft stand aber zum Anton, und so mußte sich der Wend anschicken, den Hof, den er längst als sein eigen betrachtet, zu verlassen.

Als über den Bach wieder die Brücke geschlagen war, nahm der Anton Ruster einen Schiebkarren, legte Mutter und Kind darauf und schob sie hinauf in den Hof. Das Gesinde war untereinander trutzig und angeberisch, kam aber den neuen Hausvaterleuten sehr demütig entgegen und wartete auf die Befehle und Anordnungen Antons. Dieser gab den Leuten heute Feiertag, denn er mußte es sich erst überlegen, was in Stall, Feld und Wiese zu geschehen habe. Ade nun, ihr schönen Fischlein im Wasser! Ade, ihr flinken Rehe und Hasen im Walde, denen er mit Verstattung des Gemeindejägers auch manchmal nachgegangen. Die sorglose Zeit, die Herrenzeit war vorbei. Fast reute es ihn, den Vetter abgedankt und sich selber in die Beschwerden eines großen spießigen Hauswesens gesetzt zu haben. Sein Weib ließ sich auch nicht danach an, als ob es eine umsichtige und resche Hausfrau würde abgeben können, und das kleine Mädel hätte ein kleiner Bub sein müssen, um der neuen Hofgesessenheit und ihrer Zukunft einen verläßlichen Grund zu geben.

Trotzdem empfand der Anton am ersten Abend, als sie sich in der guten Oberstube des Hauses bequem machten, eine ganz eigene Behaglichkeit. Nach vielen Jahren endlich wieder im Vaterhause!

»Und der Mond scheint auch schön herein beim Fenster«, bemerkte die Ottel. Da erhob sich im Hofe schon das Geschrei: »Feuer! Feuer!« An zwei Ecken des Hintergebäudes lohten hell die Flammen auf.

Nach zwei Stunden alles ein rauchender Aschenhaufen.

– Nun also, das war rasch und gründlich gegangen. Nun hatte der Anton die Wirtschaftssorgen wieder hinter sich. Weib und Kind waren wieder unten im Häusl, er selber stieg mit Nachbarsleuten an der Brandstätte herum und hörte den Ratschlägen der Gemeindegenossen nur mit halbem Ohre zu. Man konnte sagen, er war der Gleichmütigste unter allen. Am Vormittag kam auch der Vetter. In weinerlichem Tone jammerte er heran: »Nicht menschenmöglich! Nicht zu fassen, daß so ein Unglück geschehen kann über Nacht! In Taufenbach drüben beim Hager, wo ich mich jetzt aufhalt', hör' ich heut früh: Der Rusterhof ist abgebrannt! Lugen tut's! sag' ich, mach' mich aber doch auf den Weg in der Angst. Schier drei Stunden herüber. Aber Anton, so schlecht hausen! Ja, was wirst denn jetzt anheben? Und wie kann's denn ausgekommen sein, das Feuer, um Gottes Himmels willen!«

Rief ein Knecht drein: »Ja, Bauer, wenn du's nicht weißt!«

»Wie soll ich's wissen!« begehrte der Wend auf, »wenn ich in Taufenbach drüben bin!«

»Gestern abends bist hinter dem Hof herumgeschlichen!«

»Das auch noch! Das auch noch!« wimmerte der Vetter und hielt sich mit beiden Händen den Kopf. »Am End' soll ich's gewesen sein. Herauskommen tät's g'rad' so! Mein Gott, was es für schlechte Leut gibt auf der Welt. Oder hat sie der Schrecken um den Verstand gebracht? Kein Wunder wär's nicht! – Wenn ich dir jetzt was nutzen kann, Anton, so sag's. Ich trag' dir nichts nach. Wenn der Mensch so im Unglück ist, da kann ich ihm nichts nachtragen! Mein Gott, nein, keiner ist sicher davor.«

Der Anton wendete sich von dem Manne ab, ohne auf sein Jammern und Anerbieten auch nur ein einziges Wort geantwortet zu haben. –

Vier Wochen später waren die Gründe des Rusterhofes verkauft mitsamt dem Altenleuthäusel. Der Anton hatte in den fürstlichen Gemsrevieren eine Jägerstelle angenommen. Die Leute hatten ihm noch geraten, den Vetter Wend einsperren zu lassen, doch da rief er ganz unwillig aus: »Lasset mich mit diesem Menschen in Ruh'! Dem wird der Rusterhof brennen, solang er lebt!«

Damit glaubte er den Vetter von sich geworfen zu haben. Es war aber nicht so. Wenn der Anton allein umging in seinen steinigen Bergen, da mußte er an den Wend denken, was der ihm angetan, und ein heißer Haß wühlte manchmal in seiner Brust. Und wenn er in mancher Nacht schlaflos auf dem Moose lag, da kamen sachte all die Auftritte, Falschheiten, erfahrenen Übervorteilungen und Demütigungen geschlichen, und sie stellten sich gleichsam im Kreise um sein Bett, und inmitten ragte er selbst auf, wie eine Gestalt aus mattglosenden Kohlen – der Brandstifter, der Verführer . . . Und da herrschte in Antons Seele ein so tobender Zorn, daß er aufspringen mußte und etwas zertrümmern.

Nein, er war noch nicht durch! Den Hof, wie leicht hatte er ihn verschmerzt! Aber mit dem Elenden war er noch lange nicht zu Rande. Der stand wie ein böser Geist mitten in seinem sonst so frohen Weidmannsleben. Manchmal war ihm, als müsse er gehen, den Wend suchen, um ihn, wo das Zusammentreffen auch sei, auf der Straße oder auf dem Kirchplatz oder in seinem eigenen Hause, mit dem Gewehrkolben totzuschlagen. Der Anton hatte sich sonst als einen gutmütigen, zufriedenen Menschen gekannt, er war nun selbst erschrocken ob der Rachgier, die verheerend in ihm herrschte, und er war tief bekümmert darüber, daß er im Grunde eigentlich ein so schlechter Mensch sei.

So vergingen mehrere Jahre. Im Jägerhause schleppte sich's träge dahin, ohne viel Freude, ohne viel Leid. Die Ottel versah ihre häuslichen Bedürfnisse, das Mädel wuchs heran und hatte außer den Neigungen, zu essen, zu schlafen und sich mit Flitter zu schmücken, keine hervorragenden Eigenschaften. Der Anton dachte: Der Herrgott traut mir da einen besonderen Edelmut zu, er soll sich nicht getäuscht haben. Das Geschöpf ist unschuldig. Aber er! Aber er! – Es ist merkwürdig, was erlittenes Unrecht, das nicht verziehen werden kann, in einem Menschen anrichtet. Es wirkt fast wie die Sünde, es macht fast schuldig, es erweckt und es nährt den Unfrieden des Gewissens, es trübt das Gemüt wie gewalttätige Wildbäche den Alpensee.

Eines Tages, als der Jäger Anton aus dem Gewände hinabging gegen das Jägerhaus, begegnete ihm auf dem steinigen Wege eine Wallfahrerschar, wie solche alljährlich am Maria-Heimsuchungstage aus den Kärntnertälern heraufkam zu einer Gnadenkapelle, welche oben auf einem Bergkegel stand.

Unten am steilen Hange war einer der Wallfahrer plötzlich erkrankt und man hatte ihn im Jägerhause zurücklassen müssen. Die Ottel kam dem heimkehrenden Anton vor die Tür entgegen, voller Verwirrung, und was denn jetzt anzufangen wäre? Dieser Mensch sei drin, der Vetter Wend. Er sei ganz krank, blute heftig aus dem Munde und stöhne.

Auf seinem eigenen Bette hatte der Anton seinen Feind wiedergefunden. Ein verzerrtes Gesicht, alt und fahl, unstet in jeder Miene, ein unheimliches Gesicht. Die Todesangst war auf ihm. Wirr zuckte sein Aug', als der Anton vor ihm stand, die krustigen Lippen bebten. Die Hände hob er, um sie bittend zu falten, aber sie zitterten so sehr, daß sie nicht zusammenkamen.

Und das erste, was der Anton jetzt denken konnte, war: Du armer Mensch! Du armer Mensch!

»Vetter Wend«, sagte er und wischte ihm mit der flachen Hand die kalten Tropfen von der Stirn. »Dir ist schlecht. Es ist schon um den Arzt geschickt, es wird vorübergehen. Daß du nur bei uns bist und nicht unter freiem Himmel verschmachten mußt.«

Jetzt hob der Wend die Hände krampfhaft hoch empor, klammerte die Finger aneinander, und kaum verständlich stöhnte er: »Anton! Anton!«

Dieser beugte sich zu ihm nieder: »Ich weiß, was du meinst. Es ist alles vorbei, es ist alles vergessen. Ich bin ja ganz zufrieden, für mich paßt nur der Wald, der Herrgott hat's recht gemacht. Kein Mensch ist ohne Sünd', der's so eingerichtet hat, wird schon wissen, warum. Sollst nicht verzagt sein, Vetter, schau, wirst auch wieder gesund.« – Als der Jäger so gesprochen, ging er rasch hinaus in den grünen Wald, und es war ihm so leicht ums Herz, so leicht und glückselig, wie ihm bisher all sein Lebtag nicht gewesen. Ein fast leidenschaftliches Liebesgefühl war jetzt in ihm für den Vetter Wend; der arme schwache Mensch war ja nur einer bösen Macht unterworfen gewesen, von der er sich nicht hatte befreien können. Am liebsten hätte er ihm jetzt eine recht große Wohltat erwiesen zur Genugtuung dafür, daß er so unselig hatte sein müssen.

Auf das allersorgfältigste wurde der Vetter im Jägerhause gepflegt, das Mädel aber hielt der Anton vom Kranken fern, das hatte bei ihm nichts zu tun. Er selbst saß neben dem Wend und sprach zu ihm in gemütlicher Art, als sei zwischen ihnen nie etwas anderes vorgekommen. Als die Wallfahrer vom Berge herabstiegen, konnte der Kranke freilich noch nicht mit ihnen heimkehren, wenige Tage später aber ging's zuerst mit einer Tragbahre, dann im Tal mit einem Wagen dem Taufenbachtale zu. Wie ihm zumute war, als er das Jägerhaus verließ, das kann man nicht wissen. Er kam später wieder auf die Beine, und gelegentlich hat er dem Anton Grüße geschickt und dieser sie erwidert.

– – »Und so ist's gewesen«, schloß mein Gemsjäger am Kreßbrunnen seine Erzählung, »und seither sind wir beide erlöst. Er und ich. Aber es braucht was, bis der Mensch durchkommt, es braucht was. – Schau, du! Siehst du's? Dort oben im Kar! Dort äsen ihrer! Drei – vier – sechs Stuck! Siehst du's?!« –

Ich sah sie wohl, die Gemslein im Gewände, das war hübsch anzusehen. Doch näher, als die flinke Antilope, ging mir das Menschenschicksal, von dem der Jäger erzählt hatte.

»Aber, Jäger«, sagte ich noch, »man kann nicht zufrieden sein!«

»Mehr als ein halbes Dutzend siehst selten auf einem Platz beisammen, da oben in der Karwand«, antwortete er und schnitt sich jetzt Brot und Speck zurecht.

»Nicht der Gemsen wegen, Jäger. Des anderen wegen. Daß er leer ausgeht! So ganz und gar straflos ausgeht.«

»Möchten Sie in seiner Haut stecken?« fragte der Jäger.

»Das just nicht.«

»Nun also«, sagte er und tat aus dem Plutzer einen herzhaften Zug.

 

Kreuz und quer durchs Land der Mur

 

Siehe Bildunterschrift

Durchblick zum Karmeliterplatz in Graz

 

Siehe Bildunterschrift

St. Stefan im Rosentale

 

Siehe Bildunterschrift

Untersteirisches Bauernhaus

 

Siehe Bildunterschrift

Winzerhaus

 

Siehe Bildunterschrift

Maria Trost bei Graz

 

Siehe Bildunterschrift

Hochzeit in der Steiermark. Der Hochzeitslader

 

Siehe Bildunterschrift

Der Hochzeitszug

 

Siehe Bildunterschrift

Hochzeitszug vor der Straßensperre.
Scherzhafte steirische Volkssitte

 

Siehe Bildunterschrift

Kirchhofsecke in Weiz, Steiermark

 

Siehe Bildunterschrift

Eigenartige Volksbräuche: Das Fußhakeln, ein Spiel

 

Siehe Bildunterschrift

Das Verstellen. Geschenke und Geräte werden bei steirischen Hochzeiten unter allgemeinen Scherzen überreicht

 

Siehe Bildunterschrift

Bauern beim Figurenlandler

 

Siehe Bildunterschrift

Ein anderer Tanz: Treffnerlandler

 

Siehe Bildunterschrift

Veitscher Ochsentanz

 

Siehe Bildunterschrift

Der Bandltanz

 

Siehe Bildunterschrift

Teufel aus einem Paradeisspiel in Obersteiermark

 

Siehe Bildunterschrift

Ein ländlicher Faschingszug

 

Siehe Bildunterschrift

Zuckerlstand auf dem Viehmarkt Stubalm

 

Siehe Bildunterschrift

Almhütte auf der Sonnenseite

 

Siehe Bildunterschrift

Markt auf der Stubalm

 

Siehe Bildunterschrift

Bärenschützfall bei Mixnitz

 

Siehe Bildunterschrift

Bauernhaus am Waldeshang

 

Siehe Bildunterschrift

Waldpredigt in St. Lambrecht

 

Siehe Bildunterschrift

Bergfrühling bei Frohnleiten

 

Siehe Bildunterschrift

Frohnleitn a. d. Mur

 

Siehe Bildunterschrift

Schmiedeeiserner Brunnen in Bruck an der Mur

 

Siehe Bildunterschrift

Das Kornmesserhaus in Bruck an der Mur

 

Siehe Bildunterschrift

Gebet am Bildstöckl

 

Siehe Bildunterschrift

Fronleichnamsprozession

 

Siehe Bildunterschrift

In der Teigitschklamm

 

Siehe Bildunterschrift

Sennhütte mit Blick auf die Bischofsmütze

 

Siehe Bildunterschrift

Süßleiteck in den Niedertauern

 

»Hoch vom Dachstein an«

 

Siehe Bildunterschrift

Der Dachstein

 

Siehe Bildunterschrift

Stierkarkogel gegen Dachstein

 

Siehe Bildunterschrift

Hoher Dachstein. Gipfelpanorama gegen das Totengebirge

 

Siehe Bildunterschrift

Der Sturzhalm. Steirisches Salzkammergut

 

Siehe Bildunterschrift

Steirerseehütte im Toten Gebirge

 

Siehe Bildunterschrift

Winter im Toten Gebirge am Schneiderkogel

 

Siehe Bildunterschrift

Beim Holzaufladen

 

Siehe Bildunterschrift

Heimkehr vom Felde

 

Siehe Bildunterschrift

Im Gossautal

 

Siehe Bildunterschrift

Zwillingkogel im Toten Gebirge

 

Siehe Bildunterschrift

Hinterer Gossausee

 

Siehe Bildunterschrift

Ein heimisches Original: Von Haus zu Haus ziehender Sägenschärfer

 

Siehe Bildunterschrift

Der Platz am Ofen im Wohnzimmer

 

Siehe Bildunterschrift

Trisselwand am Altausee

 

Siehe Bildunterschrift

Mittendorf am Fuß des Dachsteins

 

Siehe Bildunterschrift

Bei Bad Ausee

 

Siehe Bildunterschrift

Grundlsee mit Umgebung

 

Siehe Bildunterschrift

Altsteirische Originaltracht

 


 << zurück weiter >>