Ovid
Heilmittel der Liebe
Ovid

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Tu tantum numero pugna praeceptaque in unum
    Contrahe: de multis grandis acervus erit.
Sed quoniam mores totidem totidemque figurae,
    Non sunt iudiciis omnia danda meis.
Quo tua non possunt offendi pectora facto,
    Forsitan hoc alio iudice crimen erit.
Ille quod obscenas in aperto corpore partes
    Viderat; in cursu, qui fuit, haesit amor:
Ille quod, a Veneris rebus surgente puella,
    Vidit in immundo signa pudenda toro.
Luditis, o si quos potuerunt ista movere:
    Afflarant tepidae pectora vestra faces.
Attrahet ille puer contentos fortius arcus,
    Saucia maiorem turba petetis opem.
Quid, qui clam latuit, reddente obscena puella,
    Et vidit, quae mos ipse videre vetat?
Di melius, quam nos moneamus talia quemquam!
    Ut prosint, non sunt experienda tamen.
Hortor et, ut pariter binas habeatis amicas.
    Fortior est, plures si quis habere potest.
Secta bipartito cum mens discurrit utroque,
    Alterius vires subtrahit alter amor.
Grandia per multos tenuantur flumina rivos,
    Cassaque seducto stipite flamma perit.
Non satis una tenet ceratas ancora puppes;
    Non satis est liquidis unicus hamus aquis.
Qui sibi iam pridem solatia bina paravit,
    Iam pridem summa victor in arce fuit.
At tibi, qui dominae fueris male creditus uni,
    Nunc saltem novus est inveniendus amor.
Pasiphaes Minos in Procride prodidit ignes;
    Cessit ab Idaea coniuge victa prior.
Amphilochi frater ne Phegida semper amaret,
    Callirhoe fecit parte recepta tori.
Et Parin Oenone summos tenuisset ad annos,
   

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    Kämpfe du nur mit der Zahl und ziehe die Lehren zusammen.V. 423 f. Kämpfe mit der Zahl, streite, wehre dich wider die Liebe mittelst der Menge der Mittel. – Da zwei Hdschrften tu tamen et, eine tu tamen in, eine andere tu tantum in haben, so will Heinsius wieder einmal einen von seinen Lieblingen einschwärzen und commandirt tu tantum, i, numero pugna. Vergl. oben zu V. 213 sowie besonders zu Am. III, 3, 1. Dann finden sich einzeln die Abweichungen percepta, in usum, in mehreren collige.
    Glaube, von Vielem vereint thürmt sich ein Haufen empor.
Doch weil Arten es giebt so viel, so viele Gestalten,V. 425. Arten, entweder des Beischlafs, des Verhaltens dabei auf Seiten des Mannes, sowie Gestalten Stellungen, Lagen des Weibes, nach oben V. 107 und Liebesk. III, 771 ff.; oder allgemeiner Sinnesarten, Gemüthsarten, Charaktere der Männer, und Gestalten = Körgestalten der Frauen.
    Kann nicht Alles gemäß meinen Belehrungen gehn.V. 426. Außer der gewöhnlichen Variante indiciis für iudiciis in einigen ist digna in zweien für danda zu bemerken.
Etwas, wodurch dein Sinn nicht könnte beleidigt sich fühlen,
    Wird anstößig vielleicht sein für des Andern Gefühl.
Liebe, die war in Fluß, gerieth bei diesem ins Stocken,
    Weil er am nackenden Leib Theile gesehen der Schaam;
Wieder beim Anderen, weil, da auf sie stand vom Genusse,
    Er in dem schmutzigen Bett garstige Dinge gesehn.
O, ihr spielt nur, auf die dergleichen zu wirken vermocht hat;V. 433 f. Ihr, die ihr durch solche unbedeutende und natürliche Dinge, wie die in den zunächst vorhergehenden Versen (429–432) genannten, von der Liebe abgebracht werden könnt, liebt nicht ernstlich, sondern nur spielend. – Unrichtig erklärt Burmann; ihr, die ihr nur lau liebt spottet meiner, der ich diesen Dingen irgend eine Wirkung von der Liebe abzubringen beilege. Iuvare in einem Theil der Hdschrften ist bloße Erklärung.
    Angewehet euch hat laulicher Brand nur das Herz.
Ziehet nur heftiger an den gespannten Bogen der Knabe,V. 435. Ob attrahet oder attrahat gelesen werde, ist für den Sinn gleich, Letzteres allerdings in derartigen Bedingungssätzen häufiger, Ersteres aber hier stärker bezeugt. –
    Werdet, verwundet, ihr schon stärkere Hülfe ersehn.
Jener versteckte sich selbst, indeß sie verrichtet die Nothdurft,V. 437 f. Zu welchen unsittlichen Mitteln ein gehörig Angeschossener greift, beweist das Beispiel Jenes, der &c. – So glauben wir Sinn und Zusammenhang auffassen zu müssen. Heinsius hat mit Pat. radente ( Sarr.. hat radenti obsc. puellae) gegeben und obscena von den Schaamtheilen verstanden.
    Sah, was Sitte und Brauch selber zu sehen verbeut.
Fern sei's, daß zu solcherlei Thun wir Einen ermahnen!
    Wenn es auch nützt, so darf man es versuchen doch nicht.V. 440. Experienda wird von Put. und vielen andern guten Hdschrften bezeugt gegen expedienda (mit tibi für tamen in Bodl.), auch excipienda in anderen, auch in manchen alten Ausgaben.
Ferner ermahn' ich, zugleich zwei Freundinnen an euch zu schaffen;
    Stärker ist man, sobald mehrere haben man kann.
Wann entzweit der Geist nach beiden Seiten sich wendet,
    Ziehet die eine Gluth an sich der anderen Kraft.
Mächtigen Flüssen entleert man das Bett durch viele Canäle;
    Und die Flamme erstirbt, wenn man die Scheiter zertheilt.V. 446. Mit cassa hat Heinsius aus Reg., der haesa oder casso hat, ohne Zweifel das Echte gegeben. Die Wahl ist nämlich hier zwischen secta, magna, lata, alta, lenta, multa, cuncta, tota, laesa und laeta; Beweis genug, daß es ein nicht gewöhnliches Wort sein muß, das der Verfasser hier gebraucht hat. Auch seducto ist aus Reg. nebst mehreren anderen gegeben gegen subducto, auch diducto der übrigen.
Nicht hält sattsam fest ein Anker kalfaterte Schiffe,V. 447 f. Das Beiwort zu Schiffen wie zu Fluth malt blos. S. übrigens zu Verw. 11, 514.
    Nicht ein Haken genug ist für die strömende Fluth.
Wer bei Zeiten sich schon gedoppelte Tröstung bereitet,
    War auf der Zinne der Burg Sieger bei Zeiten auch schon.V. 450. Gleich einem Krieger. der die feindliche Veste erstiegen hat und als Sieger auf der Zinne steht.
Doch du, der du zum Schaden nur einer Geliebten dich hingabst,
    Mußt aufsuchen doch jetzt andere Liebe noch dir.
Minos hat an Procris verrathen Pasíphaes Flammen;V. 453 ff. Procris, Gemahlin des Cephalus (s. Verw. 6, 682. 7, 694 ff. Liebesk. III, 686 ff), hatte sich im Anfang ihrer Ehe, durch das Geschenk einer goldenen Krone geblendet, mit einem andern Manne vergangen, die Flucht ergreifen müssen und sich zum Könige Minos nach Creta geflüchtet. Minos verliebte sich in sie, und verrieth an sie, um ihretwillen, seine Gemahlin Pasiphae, die freilich kein besseres Loos verdiente (s. zu Verw. 8, 132. Liebesk. I, 289 ff.). Wie Pasiphae von Minos der Procris, so wurde Cleopatra ( die vorherige Frau), Tochter des Boreas und der Orithyia ( Verw. 6, 683 ff.), von ihrem Gemahle Phineus (zu Verw. 7, 2) der Idäa, Tochter des Dardanus; so Alphesiböa ( die Tochter des Phegeus) von Alcmäon ( Amphilochus' Bruder) der Callirhoe (s. zu Verw. 9, 407); so Önone von Paris der Helena (der Buhlerin von Öbalus' Blut, entweder als Enkelin des Öbalus oder als Spartanerin); so endlich Progne von Tereus ( dem Odrysischen Herrscher) der Philomela (s. Verw. 6, 424 ff.) geopfert. – Procride hat nur Put. erhalten, nächstdem ein Patav. mit Progride; Reg. giebt Prognaede, andere andere Verstümmelungen. Ebenso hat nur Put. mit zwei bis drei anderen prodidit, die übrigen perdidit. Dann heißt Amphilochus in vielen Hdschrften Antilochus. Bemerkenswerth und durch Dichterfreiheit kaum zu entschuldigen ist die Form Phegida (in den Hdschrften Phagida) für Phegeida. Endlich haben alle Quellen Paris Oenonen, nur Reg. Parin Oenone.
    Von Idäa besiegt wich die vorherige Frau.
Daß Amphilochus Bruder verließ die Tochter des Phegeus,
    War Callirhoe Schuld, welche sein Lager getheilt.
Auch den Paris besaß bis ins Greisenalter Önóne,
    Si non Oebalia pellice laesa foret.
Coniugis Odrysio placuisset forma tyranno;
    Sed melior clausae forma sororis erat.
Quid moror exemplis, quorum me turba fatigat?
    Successore novo vincitur omnis amor.
Parcius e multis mater desiderat unum,
    Quam cui flens clamat: Tu mihi solus eras.
Ac ne forte putes nova me tibi condere iura –
    Atque utinam inventi gloria nostra foret! –
Vidit id Atrides: quid enim non ille videret,
    Cuius in arbitrio Graecia tota fuit?
Marte suo captam Chryseida victor amabat;
    At senior stulte flebat ubique parens.
Quid lacrimas, odiose senex? Bene convenit illis:
    Officio natam laedis, inepte, tuo.
Quam postquam reddi Calchas, ope tutus Achillis,
    Iusserat, et patria est illa recepta domo:
Est, ait Atrides, illius proxima forma,
    Et, si prima sinat syllaba, nomen idem.
Hanc mihi, si sapiat, per se concedat Achilles;
    Sin minus, imperium sentiat ille meum.
Quod si quis vestrum factum hoc incusat, Achivi:
    Est aliquid valida sceptra tenere manu.
Nam si rex ego sum, nec mecum dormiet illa,
    In mea Thersites regna licebit eat.
Dixit, et hanc habuit solatia magna prioris;
    Et prior est cura cura sepulta nova.
Ergo assume novas, auctore Agamemnone, flammas,
    Ut tuus in bivio distineatur amor.
Quaeris, ubi invenias? Artes, i, perlege nostras;
    Plena puellarum iam tibi navis erit.
Quod si quid praecepta valent mea, si quid Apollo
    Utile mortales perdocet ore meo:
Quamvis infelix media torreberis Aetna,
    Frigidior glacie fac videare tuae.
Et sanum simula, ne, si quid forte dolebis,
   

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        Wenn sie die Buhlerin nicht kränkte von Öbalus' Blut.
Seiner Gemahlin Gestalt gefiel dem Odrysischen Herrscher;
    Besser die Schwester jedoch, die im Verschlusse er hielt.
Was Beispiele noch nennen, die nur durch die Menge ermüden?
    Jegliche Liebe erliegt, glaube mir, frischem Ersatz.
Schwächere Sehnsucht hat die Mutter nach Einem von Vielen,V. 463 f. Für parcius aller Hdschrften hat Heinsius nach Cod. Reg., in welchem Foritus stehe, fortius gegeben unter Berufung auf Ar. I, 281. Fortius desiderare ist aber hier ebensowenig zulässig, als dort fortior libido, man müßte denn annehmen und behaupten, daß man in ganz einfacher und gewöhnlicher Rede gerade das Gegentheil von dem sagen könne, was man sagen wolle! Fortius feras inter assidentium manus, inter suorum officia labentes, was Burmann, Heinsiussen beistimmend, aus Quinctilian Declam. VIII, 13 anführt, paßt ganz und gar nicht hieher; und wenn Seneca Ep. 88 allerdings cogitavi enim, non quam fortiter ego mori possem, sed quam ille fortiter me desiderare posset sagt, so konnte er so eben nur in dieser Verbindung, nachdem fortiter mori vorausgegangen war, sprechen. Hätte der Verfasser hier überhaupt fortis gebrauchen wollen, so würde er jedenfalls fortior gesagt haben, ja er hätte fortior sagen müssen. Unzweifelhaft dagegen, weil nothwendig, ist Heinsiussens Verbesserung des folgenden quam quae, wie die Hdschrften geben, oder quam qui, wie Sarr. hat, in quam cui.
    Als dem jammernd sie sagt: Du mir der Einzige warst.
Und damit du nicht glaubst, ich machte dir neue Gesetze –V. 465. Ich machte dir neue Gesetze, mit dem Begriffe willkürlicher, unbilliger Zumuthung. – Daher ist condere das passendste Wort, während sehr viele Quellen tradere, einzelne prodere, fingere, Sarr. me contendere geben.
    Wäre, ich wünscht' es, der Ruhm solcher Erfindung doch mein! –,
Sah der Atride das schon. Denn was sah nicht der Atride,V. 467. Der Atride, Agamemnon. S. zu Verw. 12, 28, sowie zum Verständnisse des Folgenden das. 13, 443.
    Der ganz Griechenland hatte in seiner Gewalt?
Sieger im Kampf liebt er die erbeutete Tochter des Chryses.V. 469. Minder passend haben einige Hdschrften raptam, dann einige habebat.
    Aber es weinte der Greis thöricht, ihr Vater, umher.V. 470. Weinte umher; er kam zuerst in das Lager der Griechen, um die Tochter auszulösen; dann, von Agamemnon mit Schelt- und Drohworten fortgewiesen, ging er abseits ans Meeresufer und flehte Apollo, dessen Priester er war, um Beistand an.
Warum jammerst du, lästiger Greis? Sie vertragen sich herrlich.V. 471 f. Worte des Dichters. – Convenit illis haben abermals nur Reg. und Put., die andern sinnlos convenit illi; daher in manchen Ausgaben die Vermuthung contigit illi. Für tuo viele tuam.
    Deine Bemühung, du Narr, macht nur der Tochter Verdruß.
Und als Calchas, geschützt durch Achill, zurück sie zu gebenV. 473 f. Als Apollo, das Flehen seines Priesters erhörend, eine verderbliche Pest in das Griechenlager sandte, und der Seher Kalchas über den Grund des göttlichen Zornes befragt wurde, zögerte derselbe aus Furcht vor dem Zorne Agamemnons mit der Antwort, bis ihn Achilles seines Schutzes versicherte.
    Angerathen, und heim man sie zum Vater gebracht:
Spricht der Atride: Es ist ein Weib ihr ähnlich an Schönheit;V. 475 f. Daß die Briseis, Tochter des Brises, gemeint ist, braucht kaum bemerkt zu werden. Die Art, den Namen der Briseis zu bezeichnen, ist zwar, gelind gesagt, mehr als naiv, zumal im Munde Agamemnons, gleichwohl aber charakteristisch, insofern Agamemnon im Gefühle seines Unrechts dem Beeinträchtigten gegenüber den Namen selbst nicht auszusprechen wagt. – Der Text des Hexameters ist zweifelhaft. Die gewöhnliche Lsrt ist Atrides ait est illius proxima forma, in einigen gerade nicht vorzüglichen gefälliger Est ait Atrides cett.. Dann haben Cod. Jur. und Put. illius iam est pr. f., zwei andere illius est pr. f., noch zwei andere Haec ait Atr. illius pr. forma est, einer endlich Sic ait Atr. cett.. Hiernach hat Heinsius vermuthet und gegeben:
Est, ait Atrides, illi quam proxima forma;

und so steht seitdem in allen Ausgaben. Allein wie konnte illius, das alle Quellen ohne Abweichung haben, aus illi quam entstehen? Zudem scheint uns iam ein bloses Pflästerchen zu sein, den Vers zu heilen. Endlich ist quam beim Superlativ nichts weniger als dichterisch. Es ist daher entweder die gemeine Lsrt beizubehalten und zu construiren est forma ( sc. formae) illius proxima, oder man muß formae (aus dem e wäre auch est am Ende in der einen Lsrt zu erklären) lesen und construiren est ( scil. quaedam oder forma) proxima formae illius. Wir ziehen das Erstere vor, erstens weil es die hdschrftliche Lsrt ist, zweitens weil so in forma ein einfacheres und passenderes Subject gewonnen wird, dem sich das folgende nomen gleichartiger anschließt. Im Pentameter haben nur Reg., Lincoln. und ein dritter syllaba erhalten, während die übrigen litera geben, das Burmann so zu schützen und zu erklären sucht, daß er meint, ch könne. da es dem griechischen χ entspreche, als einfacher Buchstabe gelten und der Unterschied zwischen i und y trete in der Aussprache kaum hervor; Letzteres gewiß mit Unrecht. Eher könnte man sagen, der Dichter habe litera nicht streng von einem einzigen Buchstaben genommen, wie denn auch Met. 10, 216 litera von den Schriftzügen AI AI in der Hyacinthe gebraucht ist.


    Wäre der Anlaut nicht, wäre der Name auch gleich.
Die, wenn klug er wäre, gestände Achill mir von selbst zu.
    Thut er von selber es nicht, fühle er meine Gewalt.
Und wenn Einer von euch mein Thun mißbilligt, Achiver,V. 479. Gem. Lsrt accusat. Incusare, Beschuldigungen aussprechen, besonders gegen Höhere, wie Servius zu Virg. Aen. I, 410 lehrt.
    Nicht das Scepter umsonst führ' ich in mächtiger Hand.
Denn wenn König ich bin und sie nicht theilet mein Lager,V. 481. In den Ausgaben steht dormiet. Da aber Heinsius nach seiner blinden Vorliebe für den Conjunctiv sim verlangt, weil dormiat folge, wenn man nicht lieber sum und dormiet lesen wolle: so ergiebt sich daraus, daß die Hdschrften nur dormiat haben und eine Lsrt dormiet gar nicht existirt. Auch ist Heinsiussens Folgerung unbegründet. Daß er König ist, ist eine Thatsache; ob sie bei ihm schlafen werde, noch ungewiß.
    Will in mein Herrscherrecht treten ich lassen Thersit.V. 482. Über Thersit s. zu Verw. 13, 232.
Sprach's, und reichen Ersatz erhielt er an ihr für die Erste;V. 483 f. Zwei Hdschrften haben solatia bina, aus V. 449. Im Pentameter geben Put. und Linc. posita für das erste cura, wahrscheinlich eine Ergänzung der durch den Ausfall des einen cura vorgefundenen Lücke. Dagegen haben dieselben beiden Quellen in sepulta die echte Lsrt für repulsa der übrigen erhalten. Leider haben wir in der Übersetzung das Bild nicht beibehalten können.
    Und die vorherige Gluth ward durch die neue gelöscht.
Darum, wie Agamemnon gethan, such' andere Flammen,
    Daß dein Lieben getheilt werde auf doppeltem Weg.V. 486. Gem. Lsrt detineatur; distineatur nur Reg. und Exc. Scal..
Fragst du, wo du sie findest, so lies nur unsere Kunst durch,V. 487. Die meisten Hdschrften geben artes tu perlege, einige en, einige iam perlege. Nur Reg. hat i. Wie wird sich Heinsius über sein geliebtes igefreut haben!
    Und es wird dir sogleich wimmeln von Mädchen das Schiff.V. 488. Für erit hat Heinsius aus Exc. Pol. und wenigstens zwölf seiner Hdschrften, wie er sagt, eat aufgenommen und durch eine Anzahl Parallelstellen, z. B. oben V. 70, unten V. 532, zu rechtfertigen gesucht. Diese Stellen beweisen wohl, daß man vom Schiffe ire sagt, auch daß besonders die Zusammenstellung navis eat öfters am Ende des Pentameters sich findet, keineswegs aber, daß der Conjunctiv in einem derartigen Bedingungsnachsatze für das Futurum stehen kann. Um so mehr muß man sich wundern, daß auch Baumgarten-Crusius dieses eat beibehalten hat, das entweder als Reminiscenz oder aus undeutlicher Schrift des erit entstanden ist.
Und wenn irgend mein Rath was gilt, wenn irgend Apollo
    Menschen durch meinen Mund etwas Ersprießliches lehrt;V. 490. A. L. edocet.
Sorge, wiewohl du schmorst elendiglich mitten im Ätna,
    Daß du kälter als Eis scheinest der Schönen zu sein.V. 492. Glacie steht freilich nur auf schwachen Füßen; nur ein Put. und ein Leid. haben es; und wenn unser Dichter diesen Ausdruck einige Male, z. B. Her. I, 22. 10, 32, gebraucht; so folgt daraus nicht, daß er auch hier von ihm gebraucht worden sei, kann vielmehr abermals als Reminiscenz sich eingeschlichen haben. Gleichwohl wird der Gegensatz dadurch so treffend und ist frigidior ohne glacie so matt, daß die Echtheit kaum zu bezweifeln ist. Dominae – denn dies ist die Lsrt der übrigen Hdschrften – scheint uns als eine Glosse zu tuae oder gar als vermeintlich nothwendige Ergänzung dazu in den Text gekommen zu sein. Douzas Vermuthung domina tua, die auch Heinsius aufstellt, scheint uns ganz unangemessen, da von einer Kälte der Geliebten hier gar nicht die Rede ist.
Stelle gesund dich auch, damit, wenn etwa du leidest,V. 493. Gesund, nicht liebekrank.
    Sentiat; et ride, cum tibi flendus eris.
Non ego te iubeo medias abrumpere curas:
    Non sunt imperii tam fera iura mei.
Quod non es, simula, positosque imitare furores:
    Sie facies vere, quod meditatus eris.
Saepe ego, ne biberem, volui dormire videri:
    Dum videor, somno lumina victa dedi.
Deceptum risi, qui se simulabat amare
    In laqueos auceps decideratque suos.
Intrat amor mentes usu, dediscitur usu.
    Qui poterit sanum fingere, sanus erit.
Dixerit, ut venias pacta tibi nocte; venito.
    Veneris et fuerit ianua clausa, feras.
Nec dic blanditias, nec fac convicia posti,
    Nec latus in duro limine pone tuum.
Postera lux aderit: careant tua verba querelis,
    Et nulla in vultu signa dolentis habe,
Iam ponet fastus, cum te languere videbit:
    Hoc etiam nostra munus ab arte feres.
Te quoque falle tamen, nec sit tibi finis amandi.
    Propositis frenis saepe repugnat equus.
Utilitas lateat: quod non profitebere, fiet.
    Quae nimis apparent retia, vitat avis.
Ne sibi tam placeat, ut te contemnere possit,
    Sume animos, animis cedat ut illa tuis.
Ianua forte patet: quamvis revocabere, transi.
    Est data nox: dubita nocte venire data.
Posse pati facile est: tibi ni patientia desit,
    Promptius e facili gaudia ferre lieet.
Et quisquam praecepta potest mea dura vocare?
    En, etiam partes conciliantis ago!
Nam quoniam variant animi, variabimus artes:
    Mille mali species, mille salutis erunt.
Corpora vix ferro quaedam sanantur acuto;
    Auxilium multis sucus et herba fuit.
   
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        Sie es nicht merke, und lach', wenn du beweinen dich mußt.
Nicht verlang' ich von dir, jäh abzubrechen die Liebe:V. 495. A. Lsrt abrumpere flammas.
    So fühllos ist nicht unseres Reiches Gesetz.V. 496. Iura hat Heinsius aus Put. und »zwei der besseren« gegeben für iussa der übrigen. Gewiß paßt iura = leges eher zu der durch imperii nostri ausgedrückten Vorstellung, als das ganz allgemeine iussa. Vergl. oben V. 465.
Stelle dich nur, als wäre die Wuth der Liebe erloschen;V. 497. Gem. Lsrt quod non est.
    So wirst wirklich du thun, was du zu thun dir bedacht.
Oft um nicht zu trinken, beschloß ich zu schlafen zu scheinen;
    Und indessen besiegt sanken die Augen in Schlaf.
Des Betrogenen lacht' ich, der an sich stellte zu lieben
    Und als Jäger nun selbst fiel in sein eigenes Netz.
Liebe beschleicht durch Gewöhnung das Herz, durch Gewöhnung erlischt sie.
    Wenn du gesund dich kannst stellen, so wirst du gesund.
Spricht sie, du sollst in der Nacht, die bedungen du, kommen; so komme.
    Kommst du und findest die Thür zu dir geschlossen, ertrag's.
Sage nicht Schmeichelein, noch gieb Scheltworte der Thüre;V. 507. Wenn freilich, wie Heinsius angiebt, die besseren fac convicia bezeugen, so müssen wir diese Lsrt für echt halten; sonst würden wir mit Burmann das wiederholte dic mehr in der Weise Ovids finden. Vergl. oben V. 35.
    Auch aus das harte Gestein strecke den Körper nicht hin.V. 508. S. zu Liebeserg. I, 9, 7.
Auch am folgenden Tag laß keinerlei Klage vernehmen.
    Zeige in deinem Gesicht Spuren des Kummers auch nicht.V. 510. Viele Hdschrften doloris oder pudoris, Lsrten, deren Unechtheit in die Augen springt.
Fahren läßt sie den Stolz, wann matt dich werden sie siehet.
    Diesen Dienst auch wird leisten dir unsere Kunst.
Täusche jedoch auch dich; nicht sei's dir das Ende der Liebe.V. 513 f. Mache es dir selbst nicht klar, daß du dich von ihr losreißen willst; dein Verhalten sei für dich, erscheine dir nicht in seinem wahren Lichte, nämlich als Ende der Liebe. –So glauben wir nach langer Rathlosigkeit den Sinn des letzteren Satzes – denn über den ersteren konnte kein Zweifel bestehen – richtig gefaßt zu haben. Daß derselbe nicht so offen zu Tage liegt, beweist Burmann – Heinsius schweigt gänzlich darüber, er erklärt nur den ersteren –, der ihn nicht fand, sondern praepositus aus dem Folgenden dazu für nothwendig hielt: das Ende derLiebe sei dir nicht vorgestecktes, bewußtes Ziel, zwar ein sehr passender Sinn, aber auf Kosten des nächsten Satzes, für welchen propositis wesentlich und unentbehrlich ist. Denn nicht, daß das Roß überhaupt sich gegen den Zügel sträubt, kann der Sinn desselben sein, sondern, daß es sich dagegen sträubt, wann er ihm vorgehalten wird, so daß es ihn erst zu sehen bekommt. Die Schwierigkeit des Sinnes hat übrigens eine Menge Verderbnisse veranlaßt. Die gem. Lsrt ist te quoque fallet amor, dum sit tibi finis amandi, Put. tunc quoque fallit amor, ne sit cett., viele fallat, dann Sarr. dum fit, drei nisi sit, andere nec, ne, ni, ut. Die gegebene Lsrt hat nur Cod. Reg.; falle tamen soll sich jedoch auch in Exc. Pol. und in einer von Heinsius' Hdschrften finden. Für propositis endlich haben viele Quellen praepositis.
    Zeigst du dem Rosse den Zaum, sträubt es dagegen sich oft.
Halte den Nutzen geheim; geschehn wird, was du verräthst nicht.
    Vögel vermeiden das Netz, welches zu deutlich sie sehn.
Daß so viel sie sich nicht einbilde, um dich zu verachten,V. 517. Sibi wieder nur Reg. Pat. und als Variante Put., die übrigen unpassend tibi. Dann ist die gem. Lsrt ut te c. p., und diese halten wir für die echte, während viele Hdschrften und mit ihnen die Urausgabe quod, eine bei Heinsius als Variante quo geben, jedenfalls nur unnütze Versuche placeat positionslang zu machen; daher wir uns wundern, dieses so schwach begründete und sprachlich schwerlich zu rechtfertigende quo von Heinsius aufgenommen, von Burmann gebilligt und von Baumgarten-Crusius beibehalten zu sehen. Ob nehdschrftlich begründet ist, finden wir nicht ausdrücklich angegeben; denn die angeführten Quellen haben nec. Jedenfalls muß es neoder neu heißen.
    Zeige dich stolz; ihr Stolz beuge dem deinigen sich.
Da steht offen die Thür. Man ruft dich: gehe vorüber;
    Man gewährt dir die Nacht: zögre zu kommen die Nacht.
Dulden zu können ist leicht. Wenn nicht an Geduld es dir mangelt,V. 521 f. Daß der Cod. Reg. die erste Autorität ist, unterliegt keinem Zweifel. Daß aber auch ihm Menschliches begegnet, haben wir mehr als einmal gesehen. Wenn er also hier überhaupt fehlerhaft ubi sapientia hat, so kann auch sapientia ein Versehen sein und muß dafür gelten in den Augen jedes Urtheilsfähigen, der nicht, wie Heinsius, eitel darauf ist, das allgemein An- und Aufgenommene zu ändern, oder, wie die folgenden Herausgeber, von denen auch Baumgarten-Crusius selbst in der späteren Ausgabe nicht durchgängig auszunehmen ist, blindlings auf seine Worte schwört. Patientia verlangt der Sinn und der Stil Ovids und geben alle übrigen Quellen. Dagegen ist promptius, obgleich nur von Put. bezeugt, ohne Zweifel das Echte gegen protinus der andern, das dem Sinne widerspricht.
    Kannst du auf leichte Art schneller erlangen Genuß.
Und es kann noch Wer hart nennen die Lehren des Naso?V. 523. A. Lsrt saeva.
    Sieh, ich verwalte das Amt eines Vermittlers ja auch!
Weil die Gemüther verschieden, verschiedene Mittel auch hab' ich.V. 525. So passend das et in der von Heinsius aufgenommenen Lsrt des Put. vatiamus et sein würde, so ist es doch erstens nicht nöthig, und zweitens ist das Futurum passender an sich und in Übereinstimmung mit erunt.
    Tausend Arten des Wehs, tausend der Heilung auch giebt's.
Manchen gebrechlichen Leib heilt kaum die Schärfe des Messers,
    Während in Kräutern und Saft Vielen schon Hülfe erwuchs.V. 528. Einige Hdschrften tulit, einige dedit für fuit.
Mollior es nec abire potes, vinctusque teneris,
    Et tua saevus Amor sub pede colla premit:
Desine luctari; referant tua carbasa venti;
    Quaque vocant fluctus, hac tibi remus eat.
Explenda est sitis ista tibi, qua perditus ardes.
    Cedimus: e medio iam licet amne bibas.
Sed bibe plus etiam, quam quod praecordia poscunt;
    Gutture fac pleno sumta redundet aqua.
Perfruere usque tua, nullo prohibente, puella;
    Illa tibi noctes auferat, illa dies.
Taedia quaere: mali faciunt et taedia finem.
    Iam quoque, cum credas posse carere, mane,
Dum bene te cumules, et copia tollat amorem,
    Et fastidita non iuvet esse domo.
Fit quoque longus amor, quem diffidentia nutrit:
    Hunc tu si quaeres ponere, pone metum.
Qui timet, ut sua sit neu quis sibi detrahat illam,
    Ille Machaonia vix ope sanus erit.
Plus amat e natis mater plerumque duobus,
    Pro cuius reditu, quod gerit arma, timet.
Est prope Collinam templum venerabile portam;
    Imposuit templo nomina celsus Eryx.
Est illic Lethaeus Amor, qui pectora sanat
    Inque suas gelidam lampadas addit aquam.
Illic et iuvenes votis oblivia poscunt,
    Et si qua est duro capta puella viro.
Is mihi sic dixit – dubito, verusne Cupido,
    An somnus fuerit, sed puto somnus erat –:
O qui sollicitos modo das, modo demis amores,
    Adiice praeceptis hoc quoque, Naso, tuis.
Ad mala quisque animum referat sua, ponet amorem:
    Omnibus illa deus plusve minusve dedit.
Qui Puteal Ianumque timet celeresque Calendas,
    Torqueat hunc aeris mutua summa sui.
Cui durus pater est, ut voto cetera cedant,
    Huic pater ante oculos durus habendus erit.
   
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    Du bist schwach und kannst nicht los aus den Banden dich reißen,
    Und auf dem Nacken dir steht Amor mit grausamem Fuß:V. 530. S. zu Verw. 11, 552. –Für premit viele Quellen tenet, dessen Entstehung ebenso als dessen Unangemessenheit erhellt.
Höre zu kämpfen denn auf, und segle zurück mit dem Winde;V. 531 f. Kämpfe nicht länger gegen deine Liebe an, kehre zu der Geliebten zurück und gieb dich deiner Leidenschaft hin. – Die Hdschrften schwanken zwischen referant und referent. Letzteres sollen zwar nach Heinsius die besseren haben, die nicht genannt werden; referant verlangt jedoch der Sinn. Für tua, welches eben vorhergegangen sei, verlangt Heinsius sine oder sua. Ferner hat er für quaque blos aus Put. quoque aufgenommen, das Baumgarten-Crusius daher in der späteren Ausgabe mit Recht wieder beseitigt hat.
    Lasse, wohin die Fluth strömet, das Ruder nur gehn.
Stillen dir mußt du den Durst, von welchem verzehret du brennest.
    Ja, wir weichen; du magst trinken immitten des Stroms.
Trinke jedoch auch Mehr, als was das Herz dir verlanget,
    Daß die genossene Fluth wieder entsprudle dem Hals.
Ganz – Nichts hindere dich – und immer genieße dein Mädchen;V. 537. Perfruere beruht auf der Hdschrft Scaligers und einer Vaticanischen und ist das Sinngemäßeste. Die gem. Lsrt ist utere et. Cod. Reg. und Put. mit anderen geben et fruere, was also äußerlich am meisten beglaubigt ist; zwei haben sic fruere, einer in fruere: Grund genug für Heinsius, wieder einmal sein beliebtes i zu vermuthen.
    Sie dir nehme die Nacht, nehme den Tag dir hinweg.
Sättigung suche; es macht auch Sättigung Ende dem Übel.V. 539. Der Genitiv bei finem facere gehört zu den Opfern der Heinsiussischen Kritik; er merzt ihn überall aus, wo er sich blicken läßt, und beruft sich bei der einen Stelle immer auf die andere. So hat er oben V. 143 amori, V. 308 odiis corrigirt, so hier malis; und so schreibt er auch unten V. 643, angeblich nach alten Quellen, finito causam reddis amori.
    Bleib' auch, wann du schon glaubst, daß du entbehren sie kannst,V. 540. Obgleich Heinsius selbst bezeugt, daß credas » viele von den besseren« haben, will er doch credes mit den übrigen schreiben, um seine Änderung tum für iam anzubringen, ohne zu bedenken, daß er dadurch den Sinn nicht unwesentlich ändert, abgesehen von dem Mangel allen hdschrftlichen Anhaltes.
Bis du dich überfüllt, durch die Fülle die Liebe gehoben,
    Und ungern in dem Haus weilst, das dir Ekel erregt.V. 542. Weil Scaligers Hdschrft und eine Vaticanische infastidita (wo das erklärende in für et in den Text gekommen ist) haben, so hat Heinsius gleich willkürlich einen neuen Text mit neuer Construction fabricirt. Er beginnt mit dum bene cett. eine neue Periode und macht den Pentameter mit e fastiditia non ( ne?) iuvet isse domo zum Nachsatze. Übrigens findet sich auch für alle drei Verben der Indicativ, außerdem für iuvet auch libet.
Lange auch währt die Liebe, die Nahrung findet im Mißtraun.
    Wenn du diese nun willst bannen, so banne die Furcht.
Denkst du, sie sei nicht dein, und es könne sie Einer entziehn dir,V. 545. Neu, das Heinsius für ne der Hdschrften gegeben, ist ganz passend, aber gerade nicht nothwendig. Für detrahat findet sich auch subtrahat.
    Wirst durch Macháons Kunst kaum noch zu retten du sein.V. 546. Machaons Kunst; f. zu Liebesk. II, 491. – Einige Quellen geben tutus, eine salvus, eine ferner erat, worin Heinsius eat wittert.
Von zwei Söhnen besorgt ist mehr die Mutter um jenen,
    Für deß Rückkehr sie fürchtet, dieweil er im Krieg.
Bei dem Collinischen Thor ist ein ehrwürdiger Tempel;V. 549 f. Wie die Gottheiten nach den besonderen Eigenschaften, Leistungen, Beziehungen, für welche ihnen ein Altar oder Tempel erbaut ward, bezeichnet wurden, als: Jupiter, der Gastliche ( Verw. 10, 224), Venus, die Rächerin (ebend. 14, 761): so erhielten sie auch Beiwörter nach den Orten, wo sie besonders verehrt wurden; und da die Art der Darstellung und Verehrung derselben Gottheit nicht überall dieselbe war, sondern je nach der Veranlassung, auf welche hin ein Tempel gegründet wurde, nach der Art, wie, und nach den Sitten des Volks, von welchem geopfert wurde, auf mannichfache Weise abwich: so wurde die besondere Beziehung oder Art der Darstellung und Verehrung bei anderen Tempeln, die in gleicher Beziehung und zu gleicher Art der Verehrung erbaut wurden, nach demjenigen Orte oder Lande bezeichnet, wo sich das Urbild befand. So hieß der Dianentempel zu Aricia der Tempel der Taurischen oder Scythischen Diana ( Verw. 14, 331); und so befand sich zu Rom neben dem Collinischen Thore ein Tempel der Venus vom Eryx, Venus Erycina, so genannt von dem hochberühmten Tempel dieser Göttin auf dem Berge Eryx in Sicilien (zu Verw. 5, 363. Liebesk. II. 420). Ähnlich haben noch heutiges Tages im katholischen Cultus Marientempel und Marienbilder örtliche Beinamen.
    Seinen Namen ihm hat Eryx, der hohe, verliehn.
Dort hat Amor der Lethe den Sitz, der heilet die Herzen,V. 551 f. Amor der Lethe, der Vergessenheits-Amor, der Amor. welcher Vergessenheit verleiht. S. zu Verw. 7, 152. Daß man hier wirklich den Amor, welcher stets mit seiner Mutter vereint verehrt wurde, um Vergessenheit anflehte, scheint hiernach außer Zweifel zu sein, obgleich uns von einem Vergessenheits-Amor sonst Nichts bekannt ist.
    Während in seine Gluth eisiges Wasser er gießt.
Dort erflehet der Mann für seine Begierden Vergessen,
    Dort das Weib, deß Herz raubte ein grausamer Mann.
Dieser begann zu mir – ich zweifle ob wirklich Cupido,
    Oder ein Traum es nur war; aber es war wohl ein Traum –:
O der bald du benimmst, bald giebst bekümmerte Liebe,V. 557. Jedenfalls ein bloßes Versehen ist in Reg. sollicitus; daher unbegründet, obwohl sehr sinnreich Heinsiussens Vermuthung sollicitis.
    Füge den Lehren von dir diese noch, Naso, hinzu.
Jeglicher denk' an die Noth, die ihn drückt, so vergeht ihm die Liebe –
    Weniger oder mehr sendet sie Allen ein Gott –.V. 560. Sendet sie, nämlich die Noth.
Hast vor dem Brunnen und Janus du Furcht und den schnellen Calenden,V. 561. Brunnen und Janus, die Römische Börse, wie Wieland treffend zu Horat. Sat. II, 3, 18 bemerkt. Auf dem Markte befand sich nämlich ein Brunnen und daneben ein Altar oder Portal des Gottes Janus (s. zu Verw. 14, 333), wo die Rothschilde ihre Tische oder Buden hatten und ihre Geldgeschäfte machten. Möglich, daß auch zugleich eine Gerichtsperson daneben ihren Sitz hatte, um vorkommende Streitigkeiten sogleich zu entscheiden; daher dieser Brunnen Horat. Sat. II, 6, 35 in dieser Beziehung genannt zu werden scheint. Die Römischen Banquiers liehen aber blos auf einen Monat, und zwar vom ersten bis wieder zum ersten. Der erste jedes Monats war folglich der Zahltag und hieß die Calenden, und die Calenden mochten dem Schuldner freilich immer zu schnell kommen; daher die schnellen Calenden.
    Lasse der Schulden Betrag quälen dich, die du gemacht.
Ist der Vater dir streng, geh' alles Andre nach Wunsch auch,V. 563. Wenn auch unwesentlich, so ist die Änderung der Stellung, die Heinsius nach einigen ungenannten Quellen in den Worten cui durus pater est vorgenommen hat, nämlich cui pater est durus, nicht begründet. Um nun aber durus positionslang zu machen, hat er ferner gegen alle hdschrftliche Autorität ut voto in votis ut geändert; und in dieser Heinsiussischen Fassung steht der Vers auch in allen Ausgaben.
    Muß des Vaters Zorn immer vor Augen dir stehnn.V. 564. Für durus haben einige Hdschrften semper.

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