Ovid
Heilmittel der Liebe
Ovid

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Legerat huius Amor titulum nomenque libelli:
    Bella mihi, video, bella parantur, ait.
Parce tuum vatem sceleris damnare, Cupido,
    Tradita qui toties te duce signa tuli.
Non ego Tydides, a quo tua saucia mater
    In liquidum rediit aethera Martis equis.
Saepe tepent alii iuvenes; ego semper amavi;
    Et si, quid faciam nunc quoque, quaeris, amo.
Quin etiam docui, qua possis arte parari;
    Et quod nunc ratio est, impetus ante fuit.
Nec te, blande puer, nec nostras prodimus artes:
    Nec nova praeteritum musa retexit opus.
Si quis amat, quod amare iuvat, feliciter ardens
    Gaudeat, et vento naviget ille suo.
At si quis male fert indignae regna puellae,
    Ne pereat, nostrae sentiat artis opem.
Cur aliquis collum laqueo nodatus amator
    A trabe sublimi triste pependit onus?
Cur aliquis rigido fodit sua pectora ferro?
    Invidiam caedis, pacis amator, habes.
Qui, nisi desierit, misero periturus amore est,
    Desinat; et nulli funeris auctor eris.
Et puer es, nec te quicquam nisi ludere oportet.
    Lude: decent annos mollia regna tuos.
Nam poteras uti nudis ad bella sagittis;
    Sed tua mortifero sanguine tela carent.
Vitricus et gladiis et acuta dimicet hasta,
     



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    Titel und Namen des Buchs hier hatte gelesen Cupido:V. 1. Titel und Namen (zwei Ausdrücke für dieselbe Sache), die Überschrift. Hatte gelesen Cupido, nachdem der Verfasser dieselbe eben erst niedergeschrieben und ehe er noch das Werk selbst angefangen hatte.
    Krieg wird. sprach er, ich seh's, Krieg mir bereitet von dir.
Klage Verbrechens nicht an mich, deinen Sänger, o Amor,
    Der, dir folgend, so oft trug das gereichte Panier.V. 4. Vergl. Liebeserg. I, 9.
Nicht bin ich der Tydide, der deine Mutter verwundet,V. 5 f. S. zu Verw. 14, 477. Sie bat Mars um seinen Wagen, um zur Pflege ihrer Wunde in den Himmel zurückzukehren. Hom. Il. 5, 35 ff.
    Daß sie zum Himmel zurück kehrt' im Gespanne des Mars.
Oft sind andere Jünglinge lau; ich habe geliebt stets;
    Und wenn, was ich auch jetzt thue, du fragest, ich lieb'.
Ja, ich hab' auch gelehrt, wie dich gewinnen man könne;V. 9 f. Possis, das einige Hdschrften geben, erklärt Heinsius für richtiger als posses der übrigen. Daß der Sprachgebrauch auch posses rechtfertigt, bedarf keines Beweises. Jedoch wollen wir ohne namentliche Kenntniß der Quellen nicht ändern. Im Pentameter ist die gemeine Lsrt unrichtig quae für quod. Vergl. unten V. 84 und Ar. III, 755.
    Und was Trieb nur vorher war, ist geregelte Kunst.
Dich, mein Knabe, verrathe ich nicht, nicht unsere Künste;
    Und kein neues Gedicht hebt das vorherige auf.V. 12. Bemerkenswert. aber erklärlich durch retexit ist in dem einen Cod. Ment. praetextum, wofür Burmann detextum vermuthet.
Liebt Jemand, die glücklich ihn macht, so mag er des GlückesV. 13. Ardens hat nur Put. erhalten, die andern alle unpassend ardet.
    Immer der Liebe sich freun, fahren mit günstigem Wind.
Doch wenn Einen das Joch drückt einer unwürdigen Schönen,
    Find' er vom Untergang Rettung durch unsere Kunst.
Warum hing, in die Schlinge den Hals geknotet, schon mancherV. 17 f. Put. und zwei andere geben ab alto für amator (auch übrigens fehlerhaft collo laqueum) offenbar eine in den Text gekommene ganz gemeine Glosse von sublimi. Gleichwohl hat Heinsius das für den Sinn wesentliche amator für Glosse erklärt und seine Vermutung ab arto aufgenommen. Ebenso hat er gegen alle hdschrftlichen Zeugnisse e trabe für a trabe gesetzt.
    Liebende hoch am Gebälk, eine gar traurige Last?
Warum bohrte ins Herz den harten Stahl sich so mancher?V. 19. Viscera für pectora scheint uns durch Put. und Exc. Jur. nicht genug beglaubigt, um es, wie Heinsius gethan, aufzunehmen. Mit Recht hat er dagegen aus wenigen Quellen fodit für die gem. Lsrt fodiat gegeben.
    Haß ob blutigen Mords trifft dich, der Frieden du liebst.
Wer, wenn ab er nicht steht, in heftiger Liebe dahinstirbt,
    Stehe denn ab; und du wirst Keinem mehr bringen den Tod.
Knabe bist du und sollst Nichts thun als spielen: so spiele;V. 23. Für et puer findet sich einzeln nam, et, at puer.
    Deinen Jahren ja steht zärtliches Walten nur an.V. 24. Annos hat Ciofan nach einer Vat. Hdschrft für animos der übrigen verbessert unter Verweisung auf Ar. I, 10. Doch wäre auch animos zulässig.
Nackender Pfeile wol konntest du dich zum Kriege bedienen,V. 25. Viel bezeugte Lsrt poteris.
    Fremd ist tödtliches Blut deinen Geschossen jedoch.V. 26. Heinsius giebt mit Ed. pr. sanguine gegen die gem. Lsrt. mortifero vulnere. So gerechtfertigt nun aber auch sanguine durch viele der besten Quellen und so leicht vulnere als Glosse erklärlich ist, so sieht man doch nicht ein, warum letifer in allen Hdschrften außer in einer Farn. in mortifer übergegangen sein sollte. Letzteres haben wir daher wieder in seine Rechte eingesetzt.
Dein Stiefvater, der streite mit Schwert und spitziger Lanze,V. 27. Dein Stiefvater; s. z. Liebeserg. I, 2, 24.
    Et victor multa caede cruentus eat.
Tu cole maternas, tuto quibus utimur, artes,
    Et quarum vitio nulla fit orba parens.
Effice nocturna frangatur ianua rixa,
    Et tegat ornatas multa corona fores.
Fac coeant furtim iuvenes timidaeque puellae,
    Verbaque dent cauto qualibet arte viro.
Et modo blanditias, rigido modo iurgia posti
    Dicat, et exclusus flebile cantet amans.
His lacrimis contentus eris sine crimine mortis:
    Non tua fax avidos digna subire rogos.
Haec ego. Movit Amor gemmatas aureus alas
    Et mihi: Propositum perfice, dixit, opus.
Ad mea, decepti iuvenes, praecepta venite,
    Quos suus ex omni parte fefellit amor.
Discite sanari, per quem didicistis amare:
    Una manus vobis vulnus opemque feret.
Terra salutares herbas eademque nocentes
    Nutrit, et urticae proxima saepe rosa est.
Vulnus in Herculeo quae quondam fecerat hoste,
    Vulneris auxilium Pelias hasta tulit.
Sed quaecumque viris, vobis quoque dicta, puellae,
    Credite: diversis partibus arma damus.
E quibus ad vestros si quid non pertinet usus,
    Attamen exemplo multa docere potest.
Utile propositum, saevas extinguere flammas
    Nec servum vitii pectus habere sui.
Vixisset Phyllis, si me foret usa magistro,
    Et per quod novies, saepius isset iter.
Nec moriens Dido summa vidisset ab arce
    Dardanidas vento vela dedisse rates.
Nec dolor armasset contra sua viscera matrem,
    Quae socii damno sanguinis ulta virum est.
Arte mea Tereus, quamvis Philomela placeret,
    Per facinus fieri non meruisset avis.
Da mihi Pasiphaen, iam tauri ponet amorem;
   

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        Ziehe als Sieger daher, blutig durch häufigen Mord.
Du betreibe die uns unschädlichen Künste der Mutter,
    Welche verschulden es nicht, Mütter zu machen verwaist.V. 30. Mit Beziehung auf V. 17 ff. – Ein Theil der Quellen e oder ex quarum; et ist aber in der Ordnung: quibus utimur et quarum &c.
Laß in nächtlichem Streit zerbrochen werden das HausthorV. 31. Vergl. Liebesk. III. 567.
    Und bedecken zum Schmuck Kränze in Fülle die Thür.V. 32. S. Verw. 14, 708 n. A. Liebesk. II, 528. III, 72.
Heimlich zusammengehn laß Bursche und schüchterne MädchenV. 33. Einige Hdschrften haben trepidae, eine cupidae. Timidae ist aber stehend in dieser Verbindung; z. B. Am. III, 13, 23.
    Und auf jegliche Art täuschen den wachsamen Mann.V. 34. Die Hdschrften haben theils cauto, theils capto. Ersteres giebt Heinsius, will jedoch für qualibet arte lieber quamlibet apta lesen; wobei er es dem Leser anheimstellt, quamlibet zu apta oder zu cauto zu ziehen; ohne Grund. Burmann billigt capto und will capto viro von dem gefangenen, in ihr Netz gegangenen Liebhaber verstehen. Da aber nach dem vorhergehenden Satze nicht puellae allein das Subject sein kann, so ist dies völlig unzulässig. Capto finden wir auch bei Baumgarten-Crusius in der späteren Ausgabe, aber schwerlich im Sinne Burmanns, wahrscheinlich = decepto, luso ( marito) nach dem bekannten Gebrauche der lateinischen Dichter (zu Verw. 7, 559).
Zärtliches sage der Liebende bald, bald Schmähung der harten
    Thüre, und ausgesperrt sing' er ein klagendes Lied.
Thränen befriedigen dich; du verlangst nicht Todesverschuldung;
    Deine Fackel ist nicht gierigen Scheitern bestimmt.V. 38. Gierigen Scheitern, Scheiterhaufen anzuzünden, also Todesfälle, Selbstmorde herbeizuführen.
So ich. Amor bewegt, der goldne, die funkelnden Flügel,V. 39. Der goldne; s. unsern Index z. Verw.
    Sprechend: Vollführe das Werk, welches du vor dir gesetzt.
Kommet zu meinen Lehren herbei, ihr betrogenen Männer,
    Die in der Liebe sich nur überall fanden getäuscht.
Lernt, wie ihr gesundet, durch den ihr lieben gelernt habt;V. 43 f. Durch den ihr lieben gelernt habt, in der Liebeskunst. Darauf bezieht sich auch Wunde &c.
    Wunde und Heilung euch wird bringen die nämliche Hand.
Heilsame Kräuter hervor und schädliche bringet dasselbeV. 45. Gem. Lsrt. salutiferas. Dann eine Hdschrft Puteans nocivas.
    Land, und der Nessel zunächst blühet die Rose gar oft.
Hat die Pelische Lanze nicht einst des Hercules Sprößling,V. 47 f. S zu Verw. 12. 111 sowie zu 13, 109. – In Herculeo haben nur Cod. Reg., Pur.. und der Kopenhagener erhalten; die andern fehlerhaft Achilleo.
    Den sie verwundet als Feind, wieder verwundend geheilt?
Doch was Alles den Männern gesagt wird, glaubet, ihr Mädchen,
    Euch auch gesagt; die Wehr reichen wir beiden Partei'n.
Und wenn Etwas davon nicht paßt zu eurem Gebrauche,
    Kann es als Beispiel doch dienen zur Lehre für euch.
Heilsamer Vorsatz ist's, die tobenden Flammen zu löschen,
    Nicht zu lassen die Brust ihrem Gebrechen zum Raub.V. 54. Vitii sui giebt Reg. 2, v. tui Reg. 1. Den Genitiv haben auch noch mehrere andere, nur mit suum oder tuum. Die gemeine Lsrt ist vitiis tuum oder suum.
Hatte sie mich zum Lehrer, so blieb am Leben noch Phyllis;V. 55 f. S. zu Liebeserg. II, 18, 22; außerdem Liebesk. III, 37 n. A.
    Den neunmaligen Weg hätte sie öfter gemacht.
Dido auch hätt' auf der Zinne der Burg nicht sterbend gesehen,V. 57 f. S. zu Verw. 14, 78.
    Daß des Dardanischen Volks Segel sich blähten im Wind.
Gegen ihr Fleisch nicht hätte der Schmerz auch bewaffnet die Mutter,V. 59 ff. S. Verw. 6, 412 ff., besonders 636 ff.
    Die mit gemeinsamen Bluts Mord an dem Mann sich gerächt.
Tereus hätte, so sehr ihm gefiel Philomela, mit meiner
    Kunst durch Unthat nicht Vogel zu werden verdient.
Gieb Pasiphae mir, nicht mehr soll lieben den Stier sie;V. 63. S. unsern Index z. Verw. sowie Liebesk. I, 289 ff. – Für iam ponet (ein Codex spernet) Put. und einige andere deponet, nähere Bestimmung von ponet.
    Da Phaedram, Phaedrae turpis abibit amor.
Redde Parin nobis, Helenen Menelaus habebit,
    Nec manibus Danais Pergama victa cadent.
Impia si nostros legisset Scylla libellos,
    Haesisset capiti purpura, Nise, tuo.
Me duce damnosas, homines, compescite curas,
    Rectaque cum sociis me duce navis eat.
Naso legendus erat, tunc cum didicistis amare;
    Idem nunc vobis Naso legendus erit.
Publicus assertor dominis oppressa levabo
    Pectora: vindictae quisque favete suae.
Te precor incipiens, assit tua laurea nobis,
    Carminis et medicae, Phoebe, repertor opis.
Tu pariter vati, pariter succurre medenti:
    Utraque tutelae subdita cura tuae.
Dum licet et modici tangunt praecordia motus:
    Si piget, in primo limine siste pedem.
Opprime, dum nova sunt, subiti mala semina morbi;
    Et tuus incipiens ire resistat equus.
Nam mora dat vires, teneras mora percoquit uvas;
    Et validas segetes, quod fuit herba, facit.
Quae praebet latas arbor spatiantibus umbras,
    Quo posita est primum tempore, virga fuit.
Tum poterat manibus summa tellure revelli:
    Nunc stat in immensum viribus aucta suis.
Quale sit id, quod amas, celeri circumspice mente;
    Et tua laesuro subtrahe colla iugo.
Principiis obsta: sero medicina paratur,
    Cum mala per longas invaluere moras.
Sed propera, nec te venturas differ in horas:
    Qui non est hodie, cras minus aptus erit.
Verba dat omnis amor reperitque alimenta morando:
    Optima vindictae proxima quaeque dies.
Flumina pauca vides de magnis fontibus orta;
    Plurima collectis multiplicantur aquis.
Si cito sensisses, quantum peecare parares,
   
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        Gieb mir Phädra, vergehn soll ihr die schimpfliche Glut.V. 64. S. Verw. 15, 500 ff.
Stelle mir Paris; es soll Menelaus Helena haben,
    Und nicht Troja besiegt fallen von Danaerhand.V. 66. Danais geben drei der besten Hdschrften, Reg., Put. und Arond., gegen Danaum der übrigen; sodann die meisten für cadent forent, worin Heinsius ruent vermuthet.
Hätte gelesen mein Buch die gottvergessene Scylla,V. 67. S. Verw. 8, 6 ff.
    Blieb an Nisus' Haupt haften das purpurne Haar.
Wie ich lehre, bezähmt den verderblichen Kummer, ihr Menschen;
    Steuert nach meinem Rath mit der Bemannung das Schiff.
Naso mußtet ihr lesen zur Zeit, als lieben ihr lerntet;
    Lesen des Naso Buch werdet ihr müssen auch jetzt.
Aufstehn will ich als Retter, befrein von Tyrannen die Herzen.V. 73. Dominius haben Reg., Put., Linc. sowie Exc. Scal. erhalten; die gem. Lsrt ist vitiis, in einigen damnis, das ebenfalls auf dominis weist.
    Seiner Erlösung mag Jeglicher förderlich sein.
Dich anfleh' ich, beginnend, es sei uns günstig dein Lorbeer,V. 75 f. S. zu Verw. 1, 454. 558. 15, 634. Das Symbol des Gottes steht dichterisch für ihn selbst. – Mit Recht ist Baumgarten-Crusius in der späteren Ausgabe zu der Lsrt incipiens zurückgekehrt für das offenbar hier sehr unpassende o vates, das seine Entstehung wahrscheinlich dem vati des nächsten Distichons verdankt. Die Exc. Jur. geben arcitenens, das Heinsius billigte, Burmann aber als Bezeichnung des Sänger- und Heilgottes mit Recht verwarf.
    O Erfinder des Lieds, Phöbus, und ärztlicher Kunst.
Komme zum Beistand du dem Sänger zugleich und dem Arzte;
    Deiner Beschirmung ist beiderlei Sorge vertraut.
Weil du noch kannst und die Brust nur mäßige Regungen rühren,
    Hemme, im Fall es dich reut, noch auf der Schwelle den Schritt.
Unterdrücke noch neu die verderblichen Keime der Krankheit;
    Und im Beginne des Laufs sträube zu gehn sich dein Roß.V. 82. S. zu Liebesk. II, 429.
Stärke verleiht die Zeit; gar kocht sie die schwellenden Trauben:V. 83. A. Lsrt decoquit.
    Und was Halm erst war, macht sie zu mächtiger Saat.V. 84. A. L. quae fuit.
Auch der Baum, der Schatten gewährt den Wandelnden weithin,
    War ein Rüthchen zur Zeit, wo man zuerst ihn gepflanzt.
Damals konnt' aus dem Boden man ihn ausreißen mit Händen;
    Jetzt steht da er an Kraft mächtig zum Riesen erstarkt.V. 88. Mit Unrecht zog Bersmann unter Berufung auf unten V. 106 die Lsrt acta vor.
Forsche mit schnellem Geist, wie, die du liebest, geartet;
    Und dem Joche, das Druck drohet, entziehe den Hals.
Widersteh' im Beginn. Zu spät bereitet man Mittel,
    Wann das Übel erst stark wurde durch langen Verzug.V. 92. So untadelhaft die herrschende Lsrt convaluere für den Sinn ist, so ist sie doch durch drei ungenannte, also wahrscheinlich unbedeutende, Hdschrften zu schwach bezeugt, um gegen invaluere aller anderen Quellen beibehalten werden zu dürfen.
Eile und schiebe die Cur nicht auf für künftige Zeiten.V. 93. Put. hat profer, das Heinsius für treffender erklärt, während Burmann differre bei persönlichem Object aus Met. 13, 519 nachweist.
    Wer nicht heute geschickt, morgen noch minder es ist.
Jegliche Liebe betrügt und findet im Zaudern nur Nahrung.V. 95. Höchst unpassend haben fast alle Hdschrften und alte Ausgaben omnis amans; ob Reminiszenz aus Am. I. 9? Amor findet sich nur in wenigen Hdschrften und in den Aldinen. Dann ist noch recipit für reperit in Sarr. zu bemerken.
    Drum je eher du dich rettest, je besser geschieht's.
Wenige Flüsse auch siehst du, aus großen Quellen entsprungen;V. 97. Andere Lsrt magna . . parvis, die sich durch das folgende plurima selbst widerlegt.
    Wässer empsfngend im Lauf werden die meisten erst groß.
Hättest sogleich du gemerkt, wie schwer du sündigen wolltest,V. 99 f. S. Verw. 10, 298 ff.
    Non tegeres vultus cortice, Myrrha, tuos.
Vidi ego, quod primo fuerat sanabile, vulnus
    Dilatum longae damna tulisse morae.
Sed, quia delectat Veneris decerpere fructum,
    Dicimus assidue: Cras quoque fiet idem.
Interea tacitae serpunt in viscera flammae,
    Et mala radices altius arbor agit.
Si tamen auxilii perierunt tempora primi,
    Et vetus in capto pectore sedit amor:
Maius opus superest; sed non, quia serior aegro
    Advocor, ille mihi destituendus erit.
Qua laesus fuerat, partem Paeantius heros
    Certa debuerat praesecuisse manu.
Post tamen hic multos sanatus creditur annos
    Supremam bellis imposuisse manum.
Qui modo nascentes properabam pellere morbos,
    Admoveo tardam nunc tibi lentus opem.
Aut nova, si possis, sedare incendia tentes,
    Aut ubi per vires procubuere suas.
Cum furor in cursu est, currenti cede furori:
    Difficiles aditus impetus omnis habet.
Stultus, ab obliquo qui cum descendere possit,
    Pugnat in adversas ire natator aquas.
Impatiens animus nec adhuc tractabilis arte
    Respuit atque odio verba monentis habet.
Aggrediar melius tunc, cum sua vulnera tangi
    Iam sinet et veris vocibus aptus erit.
Quis matrem, nisi mentis inops, in funere nati
    Flere vetet? Non hoc illa monenda loco.
Cum dederit lacrimas animumque expleverit aegrum,
    Ille dolor verbis emoderandus erit.
Temporis ars medicina fere est. Data tempore prosunt
    Et data non apto tempore vina nocent.
Quin etiam accendas vitia irritesque vetando,
    Temporibus si non aggrediare suis.
Ergo ubi visus eris nostrae medicabilis arti,
    Fac monitis fugias otia prima meis.
Haec, ut ames, faciunt; haee, ut fecere, tuentur;
    Haec sunt iucundi causa cibusque mali.
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        Wäre dein Antlitz nicht, Myrrha, mit Rinde bedeckt.
Wunden wohl hab' ich gesehn, die heilbar waren im Anfang,
    Aber versäumt, des Verzugs traurige Folgen gebracht.
Aber dieweil es so süß, die Frucht zu pflücken der Venus,V. 103. Mit Recht hat Baumgarten-Crusius in der späteren Ausgabe fructum für flores hergestellt. Fructum geben die besten Quellen, als Reg., Put. und Ed. pr., viele auch fructus neben florem. Charakteristisch ist es daher für Heinsiussens Verfahren, daß er mit der Bemerkung, es komme wenig darauf an, flores giebt.
    Sagen wir immerfort: Morgen auch ist es noch Zeit.
Einschleicht still sich indeß in die Eingeweide die Flamme,
    Und die Wurzeln nur treibt tiefer der schädliche Baum.
Läßt man gehen die Zeit der ersten Hülfe verloren,
    Sitzt die Liebe schon alt in der eroberten Brust;
Dann braucht's größerer Müh'. Doch darf, weil später zum Kranken
    Man mich rufet, ich nicht darum ihn lassen im Stich.
Jenen Theil, wo schadhaft er war, der Päantische Heros,V. 111 ff. S. zu Verw. 13, 45. – Quam laesus fuerat giebt Heinsius mit Cod. Reg. für qua aller übrigen. Nun ist zwar der sog. Griech. Accusativ beim verb. finit. des Passivs nicht ohne Beispiel bei Ovid (s. unsern Index z. Verw.); daraus folgt jedoch keineswegs, daß quam hier echt sei. Quam kann in dem einen Codex eher von dem folgenden partem veranlaßt, als in allen übrigen in qua verdorben worden sein, wiewohl die Verderbniß bei der bekannten Bezeichnung des m durch einen Querstrich über dem Vocale leicht erklärlich wäre. Dagegen erscheint die Aufnahme der Lsrt certa debuerat, die Put. und Jur. haben, auch Reg. mit cetera debuerat bezeugt, gegen die gemeine Lsrt debuerat celeri wohl begründet.
    Hätt' ausschneiden gesollt er mit entschlossener Hand.
Nach dem Verlaufe jedoch von vielen Jahren geheilet,
    Soll er die letzte Hand haben gelegt an den Krieg.
Der ich so eben geeilt im Entstehn zu verscheuchen die Krankheit,V. 115. Für pellere Reg. allein tollere.
    Spätere Hülfe dir jetzt bring' ich mit langsamer Hand.
Frisch entweder den Brand bemühe dich, kannst du, zu löschen;V. 117 f. Pat. tenta und longas . . moras, Put. succubuere.
    Oder wann er gesetzt schon sich dorch eigene Kraft.
Ist im Wachsen die Glut, so gieb der wachsenden Glut nach;
    Beizukommen ist schwer jedem natürlichen Trieb.
Thöricht wäre ein Schwimmer, der, wann er schräg sich hinabziehn
    Könnte, sich gegen den Strom mühte zu nehmen den Weg.
Ein unduldsam Gemüth, das unzugänglich der Kunst noch,
    Weiset zurück und verfolgt Worte der Mahnung mit Haß.
Besser verschreit' ich zur Cur dann, wann es die Wunde berühren
    Läßt und der Wahrheit Wort offen sich zeigt und geneigt.
Wer verböt' es der Mutter, am Grab zu weinen des Kindes?
    Wer bei Verstand? Nicht das ist sie zu mahnen der Ort.
Wann sie Thränen gezollt und befriedigt das kranke Gemüth hat,V. 129. Mit Recht nimmt Burmann die Lsrt expleverit in Schutz gegen impleverit, das Heinsius bevorzugt hatte.
    Dann wird passend es sein, Worte zu sagen zum Trost.
Kunst der Zeit meist ist die Arznei. Rechtzeitig gegeben,V. 131. Kunst der Zeit, eine Kunst, bei deren Anwendung es auf die Zeit, d. h. auf die Wahl des richtigen Zeitpunctes ankommt – So giebt den Satz allein Cod. Reg., die andern Quellen alle haben temporibus medicina valet; was eher durch die Länge der Zeit, nach und nach wirkt die Arznei heißen, folglich hier unpassend sein würde.
    Nützt, zur Unzeit ist schädlich des Weines Genuß.
Ja, entflammen nur würd' ein Verbot und verschlimmern den Schaden,
    Wenn du verschrittest zur Cur nicht zur gehörigen Zeit.
Also wann für unsere Kunst du heilbar erscheinest,V. 135. Gem. Lsrt nostra arte, Ed. pr. mit zwei Hdschrften prima arte.
    Fliehe nach meinem Rath müßige Weile zuerst.
Diese erregt die Liebe und nährt sie, wie sie erregt sie;V. 137. A. Lsrten quod fecere und quae fecere.
    Quelle des süßen Wehs ist sie und Speise zugleich.

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