Ovid
Heilmittel der Liebe
Ovid

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Otia si tollas, periere Cupidinis arcus,
    Contemtaeque iacent et sine luce faces.
Quam platanus vino gaudet, quam populus unda,
    Et quam limosa canna palustris humo:
Tam Venus otia amat. Qui finem quaeris amoris –
    Cedit amor rebus –, res age, tutus eris.
Languor et immodici sub nullo vindice somni,
    Aleaque et multo tempora quassa mero
Eripiunt onmes animis sine vulnere nervos.
    Affluit incautis insidiosus Amor.
Desidiam puer ille sequi solet, odit agentes:
    Da vacuae menti, quo teneatur, opus.
Sunt fora, sunt leges; sunt, quos tuearis, amici:
    Vade per urbanae splendida castra togae.
Vel tu sanguinei iuvenilia munera Martis
    Suscipe: deliciae iam tibi terga dabunt.
Ecce, fugax Parthus, magni nova causa triumphi,
    Iam videt in campis Caesaris arma suis!
Vince Cupidineas pariter Parthasque sagittas,
    Et refer ad patrios bina tropaea deos.
Ut semel Aetola Venus est a cuspide laesa,
    Mandat amatori bella gerenda suo.
Quaeritis, Aegisthus quare sit factus adulter?
    In promtu causa est: desidiosus erat.
Pugnabant alii tardis apud Ilion armis;
    Transtulerat vires Graecia tota suas.
Sive operam bellis vellet dare, nulla gerebat;
    Sive foro, vacuum litibus Argos erat.
Quod potuit, fecit: ne nil ageretur, amavit.
    Sic venit ille puer, sic puer ille manet.
Rura quoque oblectant animos studiumque colendi:
    Quaelibet huic curae cedere cura potest.
Colla iube domitos oneri supponere tauros,
   
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    Ohne den Müßiggang sind kraftlos Amors Geschosse;
    Und die Fackel, sie liegt todt und verachtet nur da.
Wie die Platane des Weins und wie die Pappel des Wassers,V. 141. Wie die Platane des Weins . . sich freut. » Die Platane oder der morgenländische Ahorn ( platanus orientalis), bemerkt Voß zu Virg. Ldbau II, 70, trägt weder selbst, noch dem Weinstocke vermählt, eßbare Frucht; nur des schönen Wuchses und Schattens wegen ward sie aus der Fremde geholt und so sorgfältig gepflegt, daß (der Sachwalter) Hortensius einst seinen Gegner Cicero um Aussetzung des Gerichtstages bat, weil er auf seinem Landgute die Platanen mit Wein begießen wollte.« Man glaubte also wirklich, daß das Begießen mit Wein das Gedeihen des Baumes wesentlich fördere. Ob man von sich auf den Baum schloß, oder die Vorstellung sich dadurch einschlich, daß man eben unter Platanen dem Bacchus opferte, oder ob der Wein außer der Feuchtigkeit wirklich Eigenschaften besitzt, die dem Wachstum förderlich sind, ist uns unbekannt. – Vino geben nur Reg. und Exc. Jur., die meisten rivo, einige limo, Francof. Phoebo, wahrscheinlich nach Ar. II, 697. Die echte Lsrt hat schon Gronov hergestellt und hatte Douza am Rande seines Codex als Vermuthung bemerkt.
    Wie das Rohricht des Sumpfs schlammigen Bodens sich freut;
So liebt Venus die Muße. Und suchst du das Ende der Liebe,
    Sei – sie fliehet die That – thätig, so bist du geschützt.V. 144. That = Thätigkeit lehrt und entschuldigt hier der Zusammenhang. In dem Ausdrucke des Originals scheint der besondere Sinn juristischer und politischer Thätigkeit zu liegen.
Trägheit und unmäßiger Schlaf bei keinerlei Störung,V. 145. Bei keinerlei Störung durch Sorgen irgend einer Art, die den Schläfer wecken. – Die Lsrt iudice der meisten Hdschrften und alter Ausgaben ist eine reine Verderbniß. Vergl. auch Am. II, 19, 54.
    Würfelspiel und der Kopf wirbelnd von reichlichem Wein,
Jeglichen Nerv entreißen dem Geist sie ohne Verwundung;V. 147. Die gewöhnlichen Hdschrften geben vires für nervos; offenbare Glosse.
    Unversehens da schleicht Amor, der Laurer, sich ein.V. 148. Ein großer Theil der Quellen hat desidiosus, Bern. invidiosus.
Unbeschäftigten folgt der Knabe, die Thätigen haßt er;
    Fesselnde Arbeit gieb darum dem müßigen Geist.
Forum giebt's und Gesetze; es giebt zu beschützen auch Freunde;V. 151. Forum zur Bezeichnung richterlicher und behördlicher Thätigkeit; s. in unserem Index z. Verw. Gesetze in Vorschlag zu bringen, auszulegen &c., politische, sowie Freunde zu beschützen, sachwalterische Thätigkeit.
    Schreite das glänzende Feld städtischer Toga hindurch.V. 152. Widme dich der Staatsverwaltung. Die Staatsämter folgten einander in einer bestimmten Ordnung; es war also ein Feld, das jeder Römer, der sich dem Staatsdienste widmete, zu durchschreiten hatte (im Original ein Lager, in dem gedient wurde). Der Ausdruck städtische Toga findet sich erklärt zu Verw. 15, 746. – Für splendida hat Heinsius aus einer einzigen Quelle, Cod. Jur., candida gegeben und die Stelle von der bloßen Bewerbung um Staatsämter erklärt, wobei man in weißer, d. h. besonders gekreideter Toga bei den Bürgern umherging und um ihre Stimmen bat. Demnach riethe der Dichter dem Liebeskranken blos an, den Geist durch die zur Bewerbung um ein Staatsamt erforderliche Anstrengung zu zerstreuen. Allein abgesehen von der schwachen Begründung der Lsrt den übereinstimmenden Zeugnissen aller andern Quellen gegenüber, wie kann die bloße Bewerbung um ein Amt mit einem Dienste verglichen und also castra davon gebraucht werden? Wie kann ferner der Begriff weiß, der mit toga verbunden sein müßte, auf castra bezogen werden? Endlich aber soll, wie der Zusammenhang lehrt, nicht blos eine so kurze Zerstreuung, wie sie durch eine Bewerbung um ein Amt bewirkt werden würde, sondern eine dauernde Inanspruchnahme durch die ehrenvolle Führung der sämmtlichen Staatsämter in ihrer Reihenfolge ausgedrückt werden.
Unterziehe dem männlichen Dienst dich des blutigen Mavors:
    Bald wird Weichlichkeit kehren den Rücken dir zu.
Siehe, der flüchtige Parther, ein Stoff zu neuem Triumphe,V. 155 f. S. zu Liebesk. I, 177.
    Sieht schon Cäsars Macht stehen auf seinem Gebiet.
Amors Pfeile zugleich mit den Pfeilen der Parther besiege;
    Und der Trophäen zwei bringe den Göttern du heim.
Wie einmal von dem Spieß des Ätoliers Venus verletzt ist,V. 159 f. Vergl. oben V. 5 n. A. Der Sinn ist. entsage der Liebe gänzlich, gleichwie Venus, als ihr ihre Theilnahme am Kampfe einmal so übel bekommen war, sich fernerhin alles Krieges enthielt und die Führung desselben demjenigen überließ, der dazu geeignet war. Daß derselbe ihr Verehrer war, gehört, streng genommen, nicht mit zum Vergleiche.
    Trägt zu führen den Krieg ihrem Verehrer sie auf.
Fragt ihr, wodurch Ägisth zum Ehebrecher geworden;V. 161 f. S. Liebesk. II, 399 ff. Vergl. Verw. 15, 489. – Quaeritis, das Heinsius aus Exc. Scal. gegeben hat, scheint uns allerdings passender, als das gemeine quaeritur, und konnte vermöge der abgekürzten Schreibart leicht in Letzteres übergehen.
    Antwort, weil Ägisth ohne Beschäftigung war.
Andere führen den Kampf vor Troja mit langsamen Waffen;
    Übergeführt all Volk hatte das Griechische Land.V. 164. Für transtulerat ( Reg. transtulerant) ein Theil der Hdschrften quo tulerat.
Wollt' er dem Kriege sich widmen, es fehlte am Kriege in Argos;
    Oder dem Markt, leer war Argos von Streit und Proceß.
Was er konnte, das that er: er liebte, um Etwas zu thun doch.V. 167. Diesmal minder beifallswerth geben Reg., Put. und Exc. Scal. quod potuit, ne nil illic ageretur, amavit.
    So denn kommt und bleibt jener bekannte Gesell.V. 168. Jener bekannte Gesell, Amor.
Auch das Land erfreuet das Herz und die Lust es zu bauen;
    Andere Sorgen zumal weichen vor dieser zurück.
Unter die Last laß beugen den Hals die gebändigten Stiere,V. 171. A. Lsrten indomitos und submittere.
    Sauciet ut duram vomer aduncus humum.
Obrue versata Cerealia semina terra,
    Quae tibi cum multo foenore reddat ager.
Aspice curvatos pomorum pondere ramos,
    Ut sua, quod peperit, vix ferat arbor onus.
Aspice iucundo labentes murmure rivos;
    Aspice tondentes fertile gramen oves.
Ecce, petunt rupes praeruptaque saxa capellae!
    Iam referent haedis ubera plena suis.
Pastor inaequali modulatur arundine carmen;
    Nec desunt comites, sedula turba, canes.
Parte sonant alia silvae mugitibus altae,
    Et queritur vitulum mater abesse suum.
Quid, cum suppositos fugiunt examina fumos,
    Ut relevent demti vimina torta favi?
Poma dat autumnus, formosa est messibus aestas,
    Ver praebet flores, igne levatur hiems.
Temporibus certis maturam rusticus uvam
    Deligit, et nudo sub pede musta fluunt.
Temporibus certis desectas alligat herbas,
    Et tonsam raro pectine verrit humum.
Ipse potes riguis plantam deponere in hortis,
    Ipse potes rivos ducere lenis aquae.
Venerit insitio, fac ramum ramus adoptet,
    Stetque peregrinis arbor operta comis.
Cum semel haec animum coepit mulcere voluptas,
    Debilibus pennis irritus exit Amor.
Vel tu venandi studium cole: saepe recessit
    Turpiter a Phoebi victa sorore Venus.
Nunc leporem pronum catulo sectare sagaci,
    Nunc tua frondosis retia tende iugis.
Aut pavidos terre varia formidine cervos,
    Aut cadat adversa cuspide fossus aper.
Nocte fatigatum somnus, non cura puellae,
    Excipit, et pingui membra quiete levat.
Lenius est studium, studium tamen, alite capta,
   


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        Daß das harte Geländ' öffne der hakige Pflug.
In das gelockerte Land einsenke die Samen der Ceres,
    Die dir mit reichlichem Zins gebe der Acker zurück.
Schaue die Äste dir an, gebeugt vom Gewichte des Obstes,
    Daß kaum trägt noch die Last, die er erzeuget, der Baum;
Schaue die Bäche dir an, hingleitend mit lieblichem Murmeln;
    Schaue die Schaafe dir an, scheerend das üppige Gras.
Siehe, es ziehn nach dem Felsen und steilem Geklüfte die Ziegen,
    Daß sie das Euter voll Milch bringen den Jungen zurück!V. 180. Daß im Original haedis für Junge steht, ist wohl blos dichterische Individualisirung. – Iam referent geben Reg. und mehrere andere gegen iam referant oder ut referant der übrigen.
Hirten spielen ihr Lied auf ungleichmäßigem Rohre;V. 181. S. zu Verw. I, 710. – A. Lsrt moderatur.
    Nicht die begleitende Schaar ämsiger Hunde auch fehlt.
Anderswo von Gebrüll hallt wieder die Tiefe der Wälder;
    Daß ihr fehle ihr Kalb, klaget der Mutter Geschrei.
Wie. wann, weichend dem Rauch, die Schwärme der Bienen entfliehen,V. 185. Wie, d h. wie schön! – Nach suppositos taxos in Jur. exc. und compositos taxos in Put. hat Heinsius suppositas taxos gegeben, während alle übrigen suppositos (nur Reg. compositos) fumos haben; und dies ist ohne Zweifel die echte Lsrt, taxos nur Erklärung eines kundigen Glossators. Abgesehen von der weit überwiegenden Beglaubigung spricht für fumos ganz entschieden die Masculinform des Particips in allen Quellen.
    Und der entnommene Seim leert den gebogenen Korb?V. 186. Der entnommene Seim, der Honigseim dadurch, daß er entnommen wird = die Entnehmung des Seimes. – Curva hat auf die Autorität der Hdschrften schon Baumgarten-Crusius in der späteren Ausgabe hergestellt für das von Heinsius nur aus Put. aufgenommene torta.
Obst beut dar der Herbst; schön ist durch die Ernten der Sommer;
    Blumen gewährt der Lenz; Feuer den Winter beschwört.
Seiner Zeit liest ab der Bauer die zeitige Traube,
    Und es fließet der Most unter dem nackenden Fuß.V. 190. Deligit nach Put. und zwei anderen; gem. Lsrt colligit.
Seiner Zeit auch bindet er auf die gemäheten Gräser,V. 191. Für alligat hat der Urdruck mit einigen Hdschrften colligit, ohne Zweifel vom vorigen Verse veranlaßt.
    Fegt mit dünnem Gezähn' ab das geschorene Feld.
Stecken kannst du auch selbst im bewässerten Garten die Pflanzen,V. 193 f. S. zu Verw. 8, 648 – Deponere ist das eigentliche Wort in dieser Sache (z. B. Met. 3, 102. Virg. G. II, 23); daher deducere oder defigere in einigen Hdschrften Erklärungen.
    Leiten auch selber umher Bäche erquickender Fluth.
Kommt die Veredlung heran, laß Zweig mit Zweig sich verschwistern,
    Stehen mit fremden Laubs Schmucke bedecket den Baum.
Wann erst dieser Genuß das Herz zu erfreuen begonnen,
    Ziehet gelähmten Flugs Amor unwirksam davon.
Oder betreibe des Jagens Geschäft. Von der Schwester des PhöbusV. 199. Schwester des Phöbus; s. zu Verw. 1, 11.
    Ost bezwungen, ergriff Venus mit Schanden die Flucht.
Jetzt mit dem spürsamen Hund verfolge den flüchtigen Hasen,
    Jetzt ausspanne dein Netz in den Gehölzen des Bergs.
Oder erschrecke den schüchternen Hirsch mit buntem Gefieder,V. 203. S. zu Verw. 15, 475.
    Oder vom Spieß in der Brust falle der Eber durchbohrt.
Aufnimmt Abends der Schlaf, nicht Sorge um eine Geliebte,
    Den Ermüdeten, stärkt ihn mit behaglicher Ruh.V. 206. Pingui geben Reg., Exc. Scal. und als Variante Put. Vergl. Am. I, 13, 7. Die gem. Lsrt ist dulci, eine unzeitige Correctur.
Mindere Thätigkeit heischt's, doch Thätigkeit, Vögel zu stellen,V. 207. Für studium tamen haben einige Hdschrften und alte Ausgaben prodest tamen.
    Aut lino aut calamis praemia parva sequi;
Vel, quae piscis edax avido male devoret ore,
    Abdere supremis aera recurva cibis.
Aut his aut aliis, donec dediscis amare,
    Ipse tibi furtim decipiendus eris.
Tu tamen et quamvis firmis retinebere vinclis,
    I procul et longas carpere perge vias.
Flebis, et occurret desertae nomen amicae;
    Stabit et in media pes tibi saepe via.
Sed quanto minus ire voles, magis ire memento:
    Perfer, et invitos currere coge pedes.
Nec pluvias opta, nec te peregrina morentur
    Sabbata, nec damnis Allia nota suis.
Nec quot transieris, sed quot tibi quaere supersint
    Milia; nec, maneas ut prope, finge moras.
Tempora nec numera, nec crebro respice Romam,
    Sed fuge: tutus adhuc Parthus ab hoste fuga est.
Dura aliquis praecepta vocet mea: dura fatemur
    Esse; sed, ut valeas, multa dolenda feres.
Saepe bibi succos quamvis invitus amaros
    Aeger, et oranti mensa negata mihi.
Ut corpus redimas, ferrum patieris et ignes,
    Arida nec sitiens ora levabis aqua.
Ut valeas animo, quicquam tolerare negabis?
    At pretium pars haec corpore maius habet.
Sed tamen est artis strictissima ianua nostrae,
    Et labor est unus tempora prima pati.
Aspicis, ut prensos urant iuga prima iuvencos?
    Ut nova velocem cingula laedat equum?
Forsitan a Laribus patriis exire pigebit;
    Sed tamen exibis: deinde redire voles.
Nec te Lar patrius, sed amor revocabit amicae,
    Praetendens culpae splendida verba suae.
Cum semel exieris, centum solatia curae
    Et rus et comites et via longa dabit.
Nec satis esse puta discedere; lentus abesto,
   

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        Sei's mit Ruthen, mit Garn – freilich nur kleiner Gewinn! –
Oder gebogenen Stahl an der Spitze zu bergen in Köder,
    Den der gefräßige Fisch schlucke mit gierigem Maul.V. 210. Abdere ist in vielen Quellen in addere verdorben.
Damit wirst und mit Anderem noch unmerklich du selber
    Täuschen dich müssen so lang', bis du zu lieben verlernst.
Gehe jedoch, obgleich die festesten Banden dich halten,V. 213 f. Nicht nur Beschäftigung empfiehlt der Dichter, sondern auch Entfernung. – Unbegründet nach Sinn und Zusammenhang ist die Lsrt des Cod. Reg. nebst anderen tu tantum quamvis, während Ed. pr. mit der Mehrzahl der Hdschrften höchst passend tu tamen et giebt. Heinsius corrigirte nach seiner Liebhaberei tu tamen i &c., woraus Burmann und nach ihm Baumgarten-Crusius das i aufnahmen und tu tantum i gaben. Einzeln findet sich tu tamen infirmis quamvis, tu tamen hic quamvis, tu tandem firmis quamvis. Wahrscheinlich hat die etwas ungewöhnliche Stellung des et Anstoß gegeben und die verschiedenen Änderungen veranlaßt; es konnte aber nicht füglich anderswo stehen. Auch der nächste Satz hat in manchen Quellen Abweichungen erfahren. Zwei geben finge moras, eine perge moras, eine andere rumpere perge moras, eine endlich posce vias.
    Auch weit weg und laß lange zu reisen nicht ab.
Weinen wirst du, des Namens gedenk der verlassenen Freundin;V. 215. Wieder hat Heinsius ohne Grund und ohne Noth den ohne alle Abweichung überlieferten Text geändert, nämlich et in ut; und alle folgenden Herausgeber haben diese Änderung beibehalten.
    Still wird stehen dir oft mitten im Gehen der Fuß.
Doch je minder du gehn wirst wollen, so geh' um so mehr nur;
    Halt' aus; ob er sich sträubt, zwinge zu eilen den Fuß.
Wünsche Regen auch nicht; noch laß ausländischen Sabbat,V. 219 f. Vorwände zum Aufschub. In Nachahmung jüdischer Vorstellung und Sitte fingen auch die Römer, wie es scheint, ziemlich allgemein an, dem Sabbat Bedeutung beizulegen und denselben durch Nichtsthun zu feiern. Der Sabbat konnte also von Einem, der es suchte, allenfalls als Vorwand eine Reise nicht anzutreten ebenso gebraucht werden, als der für einen Unglückstag geltende Jahrestag der Niederlage der Römer an der Allia. Siehe zu Liebesk. I, 413, wo ebenfalls diese beiden Tage in einem und demselben Sinne zusammengestellt werden. – Allia ist in nicht wenigen Hdschrften in alea verdorben, das auch seine Erklärer gefunden hat. – Opta, die gemeine Lsrt, ist gewiß die ursprüngliche, und vita oder vites, wie Ed. pr. mit zwei Farnes. hat, Nichts als eine Glosse. Für nota geben einige Hdschrften nata, das Heinsius für vielleicht richtiger (!) erklärt.
    Noch die Allia dich halten, bekannt durch Verlust.
Forsche auch nicht, wie viel du Meilen gemacht, nur wie viel noch
    Übrig; und sinne nicht aus, nahe zu bleiben, Verzug.
Rechne die Zeit nicht aus, noch sieh dich häufig nach Rom um.V. 223. Rechne die Zeit nicht aus, wie lange du schon von ihr weg bist und wie lange es dauern wird, bis du wieder zurückkehrst.
    Fliehe; noch ist vor dem Feind sicher der Partner durch Flucht.V. 224. Noch ist &c. Der Dichter vergleicht den Liebenden, dem er zur Flucht räth, mit den Parthern, gegen welche die Römer zu jener Zeit Krieg führten, und die sich, wie er ruhmredig zu verstehen giebt, ebenfalls vor den furchtbaren Römern nur durch die Flucht retten könnten. S. zu Liebesk. I, 179.
Hart nennt meine Lehren man wohl. Hart sind sie, gesteh' ich;V. 225. Cod. Reg. giebt den Vers iure aliquis mea dura vocat praecepta. fatemur, diesmal minder beifallswerth. Iure ist matt und die nachdrückliche Wiederholung von dura ganz in der Weise Ovids.
    Um zu gesunden jedoch trägt man des Schmerzlichen Viel.
Krank hab' oft ich bitteren Saft mit Sträuben getrunken;
    Und wie sehr ich auch bat, ward mir verweigert der Tisch.
Daß du erhaltest den Leib, wirst Feuer und Eisen du dulden;
    Dürstend, mit Wasser doch nicht letzen den lechzenden Mund.
Daß du genesest am Geist, wirst Etwas zu dulden du anstehn?
    Aber es hat der Theil höheren Werth als der Leib.
Wisse jedoch, daß enge die Thür zu unserer Kunst ist;V. 233. Strictissima giebt nur eine kleine Zahl der Hdschrften, die meisten haben tristissima, ein in anderer Beziehung allerdings nicht seltenes Beiwort der Thüre.
    Aber die erste Zeit macht zu ertragen nur Müh'.
Siehe, das erste Joch auch brennt die ergriffenen Stiere,V. 235. Die ergriffenen, eben zu dem Zwecke des Einspannens. – Die Lsrt schwankt zwischen prensos und pressos; zwei Hdschrften geben auch teneros, eine domitos; nicht wenige auch laedunt, eine urunt, wogegen sich im Pentameter keine Abweichung vom Conjunctiv bemerkt findet.
    Und der neue Gurt reibt das beflügelte Roß.
Ungern wirst den heimischen Herd vielleicht du verlassen,
    Aber verlassen ihn doch, später zu kehren zurück.
Auch nicht dieser, dich wird heimrufen die Liebe zur Freundin.
    Während die Schuld ins Gewand gleisender Worte sie hüllt.V. 240. Die Schuld, der unzeitigen Rückkehr; gleisender Worte, beschönigender; sie, die Liebe. – Ein Theil der Quellen hat praetendes, dann einige wenige facta, endlich einige tuae, was denselben Sinn wie suae giebt und von Baumgarten-Crusius in der späteren Ausgabe vorgezogen worden ist. Wir halten suae für dichterischer.
Bist du nur einmal fort, dann werden das Land, die BegleiterV. 241. Die Begleiter. Kein Römer reiste ohne Begleitung, die in Sclaven verschiedenen Ranges und zu verschiedenen Diensten bestand.
    Und die Länge des Wegs bieten dir reichlichen Trost.V. 242. Dabit wird von Reg. und Pat. bezeugt gegen dabunt der übrigen.
Halt' es auch nicht für genug, nur zu gehn; bleib' lange entfernt auch
    Dum perdat vires sitque sine igne cinis.
Si nisi firmata properabis mente reverti,
    Inferet arma tibi saeva rebellis Amor.
Quicquid et afueris, avidus sitiensque redibis,
    Et spatium damno cesserit omne tuo.
Viderit, Haemoniae si quis mala pabula terrae
    Et magicas artes posse iuvare putat.
Ista veneficii vetus est via: noster Apollo
    Innocuam sacro carmine monstrat opem.
Me duce non tumulo prodire iubebitur umbra,
    Non anus infami carmine rumpet humum.
Non seges ex aliis alios transibit in agros,
    Nec subito Phoebi pallidus orbis erit.
Ut solet, aequoreas ibit Tiberinus in undas;
    Ut solet, in niveis Luna vehetur equis.
Nulla recantatas deponent pectora curas,
    Nec fugiet vivo sulfure victus amor.
Quid te Phasiacae iuverunt gramina terrae,
    Cum cuperes patria, Colchi, manere domo?
Quid tibi profuerunt, Circe, Perseides herbae,
    Cum sua Neritias abstulit aura rates?
Omnia fecisti, ne callidus hospes abiret;
    Ille dedit certae lintea plena fugae.
Omnia fecisti, ne te ferus ureret ignis;
    Longus in invito pectore sedit amor.
Vertere quae poteras homines in mille figuras,
    Non poteras animi vertere iura tui.
Diceris his etiam, cum iam discedere vellet,
    Dulichium verbis detinuisse ducem:
Non ego, quod primo, memini, sperare solebam,
    Iam precor, ut coniux tu meus esse velis –
Et tamen, ut coniux essem tua, digna videbar,
    Quod dea, quod magni filia Solis eram –:
Ne properes, oro; spatium pro munere posco:
    Quid minus, optari per mea vota potest?
Et freta mota vides, et debes illa timere:
    Utilior velis postmodo ventus erit.
Quae tibi causa fugae? Non hic nova Troia resurgit,
    Non aliquis socios Rhesus ad arma vocat.
Hic amor et pax est, in qua male vulneror una;
    Totaque sub regno terra futura tuo est.
   
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        Bis verlieret die Kraft und sich verzehret die Gluth.
Eilest du, ohne gestählt zu haben das Herz, mit der Rückkehr,
    Setzt in erneutem Krieg grausam Cupido dir zu.
Gierig, so fern du auch warst, wirst heim du kehren und dürstend;V. 247. Die gemeine Lsrt lautet verdorben quicquid eras fueris; einzeln findet sich quicquid eris, fueras; quisquis es, affueris, in zwei Hdschrften quisquis et. Darnach hat Heinsius quid, quod, ut abfueris verbessert, und so las auch Douza; und so steht jetzt in den Ausgaben. Dagegen hat der Urdruck und die Ausgabe des Gryphius quicquid et abfueris, und dies ist ohne Zweifel das Echte und von uns unbedenklich hergestellt worden, nur daß wir mit Cod. Reg. afueris gegeben haben. Wenn du, sagt der Dichter, ohne vollständig geheilt zu sein, die Rückkehr übereilst, so wird dir auch die weiteste Entfernung (weit passender als die Entfernung überhaupt) Nichts helfen, und jeder noch so weite Raum (Wiederholung des in quicquid afueris liegenden Sinnes und folglich Bestätigung der Lsrt) wird dir durch desto größere Anstachelung der Begierde nur zum Nachtheile gereichen.
    Und zum Schaden dir nur hat die Entfernung gedient.
Übel berathen ist, wer bei Hämoniens schädlichen KräuternV. 249. Für viderit geben die meisten Hdschrften fallitur, wahrscheinlich aus Ar. II, 19. Von welchen jedoch viderit bezeugt wird, finden wir nicht angegeben.
    Und bei der Zauberkunst Hülfe zu finden vermeint.
Das ist der frühere Weg der Entzauberung. Unser ApolloV. 251. Der Weg der Entzauberung, d. h. der Weg, die Liebe durch Zaubermittel zu heilen. – Mehrere alte Ausgaben und ein Codex geben veneficiis.
    Thut unschädlichen Rath kund in geweihtem Gesang.
Nicht wird steigen durch mich hervor aus dem Grabe ein Schatten,V. 253 ff. Der Dichter führt die gewöhnlichen angeblichen Wirkungen der Zauberei auf. Vgl. Verw. 7, 199 ff. – A. Lsrt videbitur, zu matt. Dann hat Micyll mit zwei Hdschrften insano, das nach Heinsiussens richtiger Bemerkung der Absicht des Verfassers hier minder entsprechen würde.
    Nicht mit scheußlichem Sang sprengen den Boden ein Weib;
Über von einem Gefild nicht gehen die Saat aus das andre,
    Phöbus' Scheibe auch nicht plötzlich sich zeigen erbleicht.
Gehn wird, wie er gewohnt, in die Wellen des Meeres der Tiber,
    Luna, wie sie gewohnt, fahren auf weißem Gespann.V. 258. Auf weißem Gespann, unverfinstert; s. zu Verw. 4, 332.
Durch Entzauberung wird kein Busen enthoben der Qualen;
    Sprühender Schwefel verbannt nimmer die Lieb' aus der Brust.V. 260. S. zu Verw. 7, 261.
Was wohl haben die Kräuter des Phasischen Landes genützt dir,V. 261 ff. Beziehung auf die Liebe der Medea ( Colcherin) zu Jáson ( Verw. 7, 9 ff.), der Circe zu Odysseus ( Neritier) [ebendas. 14, 297]. Perse; s. zu Verw. 4, 205. 7, 74. – Nach den Verderbnissen Pasiphae in Reg. und zwei anderen, Phasideae und Phasiadae in wieder anderen will Heinsius Phasiados haben, worauf doch keine der genannten Verderbnisse führt. Aufmerksam glauben wir auf das ohne Abweichung hier stehende profuerunt machen zu sollen (wie die jetzige Modesprache ist), woraus sich ergiebt, daß die vielen Fälle, wo das Plusquamperfect für das Perfect steht, keineswegs der Unkenntniß der dichterischen Verkürzung des e im Perfect auf Seiten der Abschreiber Schuld zu geben sind. S. zu Ar. III, 405.
    Colcherin, als du daheim wünschtest zu bleiben im Land?
Was dir, Circe, genützt die Zauberkräuter der Perse,
    Als des Neritiers Schiff führten die Winde davon?V. 264. A. L. cum tibi. Viel bezeugt ist auch hora für aura.
Alles botest du auf, den listigen Fremdling zu halten;
    Aber die Leinwand spannt' er zu entschlossener Flucht.
Alles botest du auf, der grausamen Flamme zu wehren;
    Fest saß Amor jedoch in der sich sträubenden Brust.V. 268. In den Ausgaben steht longus at; dieses at findet sich aber nur in zwei ungenannten, also jedenfalls gewöhnlichen Hdschrften. Die gemeine Lsrt ist et, das von unserem Dichter besonders häufig = et tamen gebraucht wird (s. unsern Index zu Verw.) und folglich vollkommen hier gerechtfertigt wäre. Allein mehrere Hdschrften bieten longus in invito, und diese Lsrt halten wir für die echte, so daß der Gegensatz, wie im vorhergehenden Distichon, welchem dieses so ganz homogen ist, gar nicht besonders ausgedrückt ist. Auch construirt unser Dichter sedere gewöhnlich mit in. S. oben V. 108. Met. 2, 775. Am. I, 2, 2. Her. 2, 76. Trist. III, 9, 18. Wahrscheinlich hat man einen angeblichen Mißklang entfernen wollen und daher in mit et oder at vertauscht. Für sedit Put. und einige andere mansit, erklärende Glosse.
Die du in tausend Gestalten die Menschen vermochtest zu wandeln,
    Warst dein eigenes Selbst nicht zu verwandeln im Stand.
Auch sollst du, als scheiden der Fürst Dulichiums wollte,
    Ihn mit folgendem Wort haben zu halten gesucht:
Nicht mehr, was Anfangs, ich weiß es, zu hoffen ich pflegte,
    Bitte ich, daß du sein mögest mein Ehegemahl –
Und doch schien ich es werth, daß deine Gemahlin ich wäre;
    Göttin ja war ich, ich war Tochter des mächtigen Sol –:
Nicht zu eilen nur fleh' ich, nur Zeit mir noch bitt' ich zu schenken.
    Was Geringeres wohl kann sich erbitten mein Wunsch?
Wogend erblickst du das Meer, und fürchten mußt du die Wogen;
    Günstiger sicher wird sein später den Segeln der Wind.
Warum fliehst du? Es steigt kein anderes Troja empor hier,V. 281. Kein anderes Troja, das du als dir feindlich gesinnt zu fürchten hättest.
    Und kein Rhesus ruft hier die Genossen zum Kampf.V. 282. Kein Rhesus; s. zu Verw. 13, 98. 249 und vergl. Liebesk. II. 130 ff. n. A. – Rhesus giebt blos Put. und Argent., die andern rursus! Alle Quellen aber geben ohne Abweichung aliquis, wofür Heinsius aus eigner Machtvollkommenheit alius aufgebracht hat.
Hier herrscht Liebe und Frieden – nur ich werd' übel verwundet –,V. 283. Et pax haben nach Heinsius die besseren, und gleichwohl giebt er aus Exc. Jur. hic pax.
    Und mein ganzes Gebiet wird dir gehorchen als Herrn.

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