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4. Impromptu.

Persönlich gekannt wie wenig Lebende, weniger um eines Princips, einer künstlerischen Richtung, als einzig um seiner selbst willen seit fünfzig Jahren in ganz Europa besprochen, bewundert und nach dieser Wunderhaftigkeit seines Genius zu enträthseln gesucht, nach seiner Art und Individualität hundertfach, theils in der guten Absicht betrachtet, um eben jenem Geheimnis seines allbezwingenden Leistens auf die Spur zu kommen, theils nach der Schwäche der menschlichen Natur in seinen Schwächen belauscht, um doch auch bei so viel Licht einen Schatten zu finden, der »das Strahlende schwärze«, – was wäre über einen solchen Mann wie Liszt viel allgemein Charakterisirendes zu sagen?

Und doch, wie sehr er allgemein gekannt ist, wirklich kennen können wir, die Lebenden, einen solchen Menschen so wenig, wie wir schon jetzt im Stande sind, die Grenzen seines Künstlerthums genau zu bestimmen. Wie lange ist es denn her, daß nicht sogenannte ernste Männer und im Grunde das ganze Gros der Gebildeten bei Mozart die Achseln zuckten, wenn von ihm als Menschen die Rede war? Daß er ein Genie gewesen, daran zweifelte niemand. Aber auch sofort war die Vorstellung eines leichtsinnigen Menschen zur Hand, der gern Champagner trank, oder eines Kindes, das mit dem Leben und vor allem mit dem Gelde nicht umzugehen wußte und daher nicht eigentlich zu den ordentlichen Menschen gehörte. Und doch, wie haben uns ihn seine Briefe enthüllt, die jetzt bereits in zweiter Auflage erschienen sind! Daß dieser gottbegnadete Künstler es schon in jungen Jahren so ernst mit seiner Kunst genommen habe, dies überraschte jeden, der nur die allerdings aller irdischen Schwere enthobene Anmuth seiner Melodien kennt und nicht weiß, daß gerade dies das letzte und schwerst errungene Resultat der eigentlichen und zwar inneren Arbeit ist. Daß er es aber auch mit dem Leben so wahrhaft schön ernst genommen und namentlich in den rein menschlichen Beziehungen der Pietät und Freundschaft, der Liebe und Ehe von einer Schönheit und Reinheit der Empfindung war, die allein uns den Seelengehalt seiner Töne erklärlich macht, dies konnte nur ahnen, wer solchen inneren Gehalt der Kunst Mozarts auch wirklich in die Seele aufgenommen hatte, – der großen Menge der Gebildeten zeigte es erst eben sein Briefwechsel, und zwar auch da schon, als derselbe in den verschiedenen Biographien nur noch ganz stückweise vorlag.

Nun gar, was aus diesen seinen Tönen wie Himmelsfrieden und Himmelssegen auf unser Gemüth herabträuft, es ist etwas, das noch weit über diesen schönen Lebensernst und die pflichtgemäße Lebensführung hinausgeht und uns in die deutlich empfundene Nähe eines Ewigen, eines Lebensbestandes bringt, mit dem selbst die wunderbarste Naturbegabung und die höchste Ausbildung des Geistes und des sicheren Kunstverstandes nichts oder doch gar wenig zu thun haben und in dem wir die eigentliche Wesenheit erkennen müssen, aus welcher der Genius wird und bildet. Dieser tiefe Himmelsfrieden eines Gemüths, welches das Gute will, aufrichtig und in jener allein rechten Weise will, dem andern nicht blos seine Art und Existenz zu belassen, sondern sie wie und wo er kann, so viel an ihm ist, noch zu stützen und zu fördern, – dieser eigentliche Geist der Liebe, der eine Fähigkeit, eine Kraft und zwar der höchsten und fruchtbarsten Art ist, dieser Grundzug der Natur Mozarts, mag er ihn auch dem Keime nach dem humanen Geiste seiner süddeutsch-österreichischen Heimat verdanken, ist so gut ein Product seiner eigenen, und zwar einer moralischen Arbeit, wie sein ungemessenes Können das Resultat seines Fleißes als Künstler ist. Gestalten wie Pamina und Sarastro schafft nur ein die menschlichen Dinge mit liebendem Ernst umfassendes Gemüth, dies sagt uns jeder dieser Töne, sei es in feierlichen Gesängen, im heiteren Lebensdasein oder im anmuthigen Spiel der Herzen.

Und nun Franz Liszt, ist er nicht auch ein Sohn dieses Oesterreichs, und zwar ganz eigens, als es noch diesen innerlich warmen Lebenston in seiner ganzen inneren Fülle besaß, noch nicht vom Baume der Erkenntnis genossen hatte, worauf es aus dem Paradiese einer unbewußten schönen Harmonie getrieben wurde, ohne dafür, wenigstens bis jetzt so wenig wie wir anderen, den Frieden der bewußten und gewollten Versöhnung dafür eingetauscht zu haben? Diese innige Anhänglichkeit an seine Eltern in der Jugendzeit ist uns bekannt, es ist dies ein besonderer Zug seines Wesens: der Verlust seines Vaters drohte ihn gemüthskrank zu machen. Freundschaften, – wie viel Briefe liegen nicht schon jetzt der Öffentlichkeit vor, die diese persönlichen Verhältnisse in jeder Stufe der Entfaltung vom guten Bekannten bis zum hingebend geliebten Herzensfreunde aufdecken, und meist waren es Künstler, das heißt Kollegen, ja Rivalen, die dieser fast alle ausnahmslos Ueberragende mit seiner Liebe beglückte. Ja wohl beglückte! Wir hörten einmal einen Hofkapellmeister, der sich durch einen jetzt verstorbenen hochgestellten Leiter künstlerischer Institute zu einer Arglist gegen unseren Meister hatte verleiten lassen, die denselben von Weimar, dem Orte seiner Thätigkeit, vertrieb, mit Thränen in den Augen ausrufen: »Wie konnte ich so etwas thun gegen einen solchen Mann! Ich fühle es als ein Verbrechen gegen mich selbst wie gegen ihn.« Und nicht entfernt hatte derselbe Wohlthaten von Liszt empfangen oder zu erhoffen! Und wer kann aufstehen, zumal unter den Künstlern und sagen, daß, wann er ihn gesucht, Liszt ihm nicht förderlich gewesen sei? Und wie vielen war er dies, ohne daß sie ihn gesucht hatten! Es ist mit Recht gesagt worden, daß kein Souverain lebe, der auf seinem Gebiete so viel Hilfsthaten gespendet habe und fortwährend spende wie Liszt. Wien weiß davon zu erzählen wie jede Stadt, wo er gelebt, und sein Beethovendenkmal wird davon auch der Nachwelt reden, so gut wie das im Jahre 1845 in Bonn errichtete und das Schiller-Goethe-Denkmal von 1849 in Weimar, bei denen überall Liszts Generosität schließlich allein die Vollendung ermöglichte.

Ein Zug aber dünkt uns der größte, weil echteste des Künstlers, und nur in dem Verhältnis von Goethe und Schiller selbst erlebten wir und besitzen wir das Gleiche. Denn was erzählt Richard Wagner, der Einzige, der auf unserem Kunstgebiete ebenbürtig neben Liszt steht, aus den Tagen, als er selbst von den schlimmsten Verfolgern bedroht, das Vaterland als Flüchtling verlassen mußte?

Es war im Mai 1849. »An dem Tage, wo es erhaltenen Anzeichen nach mir immer unzweifelhafter und endlich gewiß wurde, daß meine persönliche Lage dem allerbedenklichsten Falle ausgesetzt sei, sah ich Liszt eine Probe zu meinem Tannhäuser dirigiren und war erstaunt, durch diese Leistung in ihm mein zweites Ich wiederzuerkennen: was ich fühlte, als ich diese Musik erfand, fühlte er, als er sie aufführte; was ich sagen wollte, als ich sie niederschrieb, sagte er, als er sie ertönen ließ,« so schreibt Wagner selbst von seinem kurzen Aufenthalt in Weimar damals. Doch könnte man hier noch einzig den künstlerischen Antheil für ausschlaggebend nehmen. Wagner selbst bezeugt uns jedoch, daß bei Liszt auch dieses wieder nur aus jenem tiefsten Lebensborn, seiner rein menschlichen Art und Güte, aus seinem Gefühle für alles wirkliche Leben und Wirken stammte. Er erzählt, wie wunderbar er im Grunde diesen »wunderbaren Freund« gefunden hatte.

Um das Jahr 1840 schon hatte er ihn in Paris kennen gelernt, in einem Augenblicke, als er nach vielen Enttäuschungen »gedemüthigt und von tiefem Ekel ergriffen«, jeder Hoffnung auf einen Erfolg dort entsagt hatte und in jene innerliche Empörung gegen die gesammten herrschenden Kunstzustände verfallen war, die ihn auf völlig neue Bahnen führte. »In dieser Begegnung trat mir nun Liszt gegenüber, als der vollendetste Gegensatz zu meinem Wesen und meiner Lage,« heißt es da. »In dieser Welt, in der aufzutreten und zu glänzen mich verlangt hatte, als ich aus kleinlichen Verhältnissen heraus mich nach Größe sehnte, war Liszt vom jugendlichsten Alter an unbewußt aufgewachsen, um ihr Wunder und Entzücken zu einer Zeit zu werden, als ich bereits durch die Kälte und Lieblosigkeit, mit der sie mich berührte, so weit von ihr abgestoßen wurde, daß ich ihre Hohlheit und Nichtigkeit mit der vollen Bitterkeit eines Getäuschten zu erkennen vermochte.« Somit war ihm Liszt damals »mehr als eine blos zu beargwöhnende Erscheinung«, und er selbst hatte doch gar keine Gelegenheit, dem vergötterten Virtuosen sich auch nach seinen Leistungen und seinem Wesen bekannt zu machen. Die erste Berührung der beiden Künstler war sonach sehr oberflächlich, – wohl begreiflich bei einem Manne wie Liszt, dem sich täglich die wechselndsten Erscheinungen zudrängten! Und Wagner hatte in seiner halb verzweifelten Lage und Stimmung damals seinerseits auch nicht Ruhe und Billigkeit genug, um hier den nächsten und einfachsten Erklärungsgrund für Liszts Benehmen gegen ihn aufzusuchen, fühlte sich vielmehr, obwohl dasselbe an sich freundlich und zuvorkommend gewesen war, durch dasselbe geradezu verletzt. Er besuchte ihn daher niemals wieder und faßte sogar eine völlige Abneigung dagegen, ihn nur auch näher kennen lernen zu wollen: Liszt blieb ihm, wie er sagt, »eine der Erscheinungen, die man als von Natur sich fremd und feindselig betrachtet.« Unerhört und namentlich einem Liszt gegenüber auch nur einer durch ihre ehernen Grundsätze selbst so ehern hart und fast abstoßend gewordenen Natur wie Wagner möglich! Aber hören wir, wie sich die Sache löste, es wird uns Liszts ganzes Wesen darin entgegenhallen.

Nämlich Wagner hielt nach seiner leidenschaftsvollen Offenheit mit dieser seiner Stimmung gegen Liszt auch keineswegs hinterm Berge, und so konnte es nicht fehlen, daß diesem eines Tages auch selbst zu Ohren kam, wie Wagner über ihn dachte. Es war in der Zeit, als in Dresden » Rienzi« so großes Aufsehen gemacht hatte und Liszt gerade in Weimar sich als Hofkapellmeister hatte fesseln lassen, in den vierziger Jahren unseres Jahrhunderts. Liszt war betroffen, von einem Menschen, den er gar nicht kannte, so heftig mißverstanden zu sein, und Wagner gesteht in dieser 1851 niedergeschriebenen »Mittheilung an meine Freunde«, es habe für ihn, wenn er zurückdenke, etwas ungemein Rührendes, sich die angelegentlichen und mit wirklicher Ausdauer fortgesetzten Versuche vorzuführen, mit denen Liszt sich bemüht habe, ihm eine andere Meinung über sich beizubringen. Bis dahin habe derselbe noch immer nichts von seinen Werken gekannt; sondern lediglich der eigenste Wunsch, in dem Verhältnis zu einem Anderen keine, wenn auch noch so zufällig entstandene Disharmonie fortbestehen zu lassen, habe sich hier ausgesprochen, indem sich vielleicht noch ein unendlich zarter Zweifel beigemischt habe, ob er ihn nicht doch etwa gar wirklich verletzt habe. Wer, fügt hier Wagner, der die ganze streitvolle Härte menschlicher Existenz hundertfach durchgekostet, bezeichnend hinzu, – wer in allen unsern socialen Verhältnissen und namentlich in den Beziehungen der Künstler zu einander, die grenzenlos eigensüchtige Lieblosigkeit kenne, müsse mehr als erstaunen, wenn er Wahrnehmungen mache, wie sie sich ihm damals von jenem außerordentlichen Menschen aufgedrängt haben.

Noch aber sei er, heißt es dann weiter, trotzdem nicht im Stande gewesen, das eigentlich Schöne in der Kundgebung von Liszts über alles liebenswürdigem und liebendem Naturell zu empfinden: er habe diese Annäherungen zunächst noch mit einer gewissen Verwunderung betrachtet, der seine Zweifelsucht in seiner plötzlich ganz veränderten Lage als berühmter Mann und königlich sächsischer Hofkapellmeister oft sogar eine fast triviale Nahrung zu geben geneigt gewesen. Jetzt zeigte sich erst der wirkliche Untergrund, so zu sagen die Wesenheit in Liszts ganzem Thun und Benehmen. Er hatte den Rienzi gesehen und: »aus aller Welt Enden, wohin er im Laufe seiner Virtuosenzüge gelangt war, erhielt ich bald durch diese bald durch jene Person Zeugnisse von dem rastlosen Eifer Liszts, seine Freude, die er von meiner Musik empfunden hatte, anderen mitzutheilen,« sagt Wagner. Es geschah dies in eben jener Zeit, als Wagner selbst den Boden für seine dramatischen Schöpfungen zunächst immer mehr verlor. Und als nun Liszt sich mehr und mehr dauernd in Weimar niedergelassen, ward es eine seiner Hauptaufgaben, diesem verkannten und verbannten Künstler für sein Schaffen eine neue und dauernde Heimatstätte zu gründen. »Ueberall und immer sorgend für mich, stets schnell und entscheidend helfend, wo Hilfe nöthig war, mit weitgeöffnetem Herzen für jeden meiner Wünsche, mit hingebendster Liebe für mein Wesen ward Liszt mir das, was ich nie zuvor gefunden, und zwar in einem Maße, dessen Fülle wir nur dann begreifen, wenn es in seiner vollen Ausdehnung uns wirklich umschließt,« so schildert Wagner in schönstem Gedenken dieses für ihn so entscheidende Verhältnis, – und wo hat man je ein schöneres gesehen? –

Schon in dem folgenden Jahre 1841 hatte Liszt im Gegensatz zu dem aufopferungsvollen Wesen seiner selbst und Wagners seinen größten Rivalen im musikalischen Vortrag, Paganini, öffentlich des »beschränkten Egoismus« beschuldigt und dabei auf die »künstlerische Königswürde«, ja auf den »Gottesdienst der Ueberzeugung« hingewiesen, der den Genius zu einer Priestermacht erhebe, die der Menschenseele ihren Gott im tiefsten eignen Herzen offenbare. Er schloß dabei mit den alles bezeichnenden Worten: »Möge der Künstler der Zukunft mit freudigem Herzen auf eine eitle egoistische Rolle verzichten, welche wie wir hoffen in Paganini ihren letzten glänzenden Vertreter gefunden hat! Möge er sein Ziel in und nicht außer sich setzen und ihm die Virtuosität Mittel, niemals Zweck sein! Möge er nie aus dem Gedächtnis verlieren, daß, obwohl es gewöhnlich heißt Noblesse oblige, ebenso sehr und mehr als der Adel, Génie oblige

»Es muß noch öffentlich anerkannt werden, mit welchem Eifer sich Liszt zur rühmlichen Aufgabe gemacht hat, sowohl unbekannte und verkannte neuere oder in Vergessenheit gerathene ältere Werke wie auch die neuesten der gegnerischen Richtung angehörigen einer Würdigung zu unterziehen,« sagt ein Bericht über ihn vom Jahre 1876. »So verdanken wir Liszt die nähere Bekanntschaft mit Berlioz, die Einführung vieler unbekannter Werke von Franz Schubert , Richard Wagner, Robert Schumann, Raff, Bärwald, Frank in Paris und anderen Meistern, welche sämmtlich durch ihn zuerst zur öffentlichen Aufführung gelangt sind.«

Dafür ist ein weiterer Beweis die nachfolgende Briefstelle, die erst kürzlich ans Licht gekommen ist. Sie stammt aus eben jenem Jahre 1849, als Wagner hatte flüchtig werden müssen, handelt vom Lohengrin und ist an einen Herrn B. in Paris gerichtet, der aber nicht Berlioz war. »Lieber B.,« heißt es da, »Richard Wagner, Kapellmeister von Dresden, ist seit gestern hier. Das ist ein Mann von bewunderungswürdigem Genie, ja von einem génie si trépantique wie es für dieses Land paßt, eine neue und glänzende Erscheinung in der Kunst. Die letzten Ereignisse in Dresden haben ihn zu einem Entschlusse genöthigt, bei dessen Ausübung ich ihm mit allen meinen Kräften zu helfen fest entschlossen bin. Nachdem ich lange darüber mit ihm berathen, hören Sie, was wir ausdachten und was sich auch durchaus realisiren muß. Zuerst wollen wir einer großen heldisch-bezaubernden Musik Erfolg verschaffen, deren Partitur seit einem Jahre beendet ist. Vielleicht geht dies in London? Chorley zum Beispiel könnte ihm in diesem Unternehmen sehr nützen. Käme Wagner im Winter darauf mit diesem Erfolge in der Tasche nach Paris, so würden sich ihm, mit was er immer anklopfte, die Pforten der Oper öffnen ... Ich habe Ihnen gegenüber wohl nicht nöthig, in nähere lange Erklärungen einzutreten, Sie verstehen und müssen sich informiren, ob es in diesem Augenblicke in London ein englisches Theater giebt, – denn die italienische Oper würde unserem Freunde nicht nützen, – und ob einige Aussichten sind, daß ein großes und schönes Werk von Meisterhand Erfolg haben könnte. Antworten Sie mir so bald wie möglich. Später, das heißt gegen Ende des Monats, wird Wagner durch Paris kommen. Sie werden ihn sehen und er wird mit Ihnen direct sich besprechen über die Richtung und Tragweite des ganzen Planes und herzlich für jede Gunst dankbar sein. Schreiben Sie sogleich und helfen Sie mir wie immer. Es ist ein edles Ziel, zu dessen Erreichung alles gethan werden muß!«

Das Schönste aber über ihn sagt wieder Richard Wagner alles bestätigend selbst.

Schon von dem Ende des kurzen Pariser Aufenthalts im Jahre 1849 erzählt er, wie er krank, elend und verzweifelnd vor sich hingebrütet habe und sein Blick auf die Partitur seines fast schon ganz von ihm vergessenen Lohengrin gefallen sei. »Es jammerte mich plötzlich, daß diese Töne aus dem todtenbleichen Papier heraus nie erklingen sollten,« ruft er aus. »Zwei Worte schrieb ich an Liszt, deren Antwort keine andere war als die Mittheilung der umfassendsten Vorbereitungen zur Aufführung des Werkes. Was Menschen und Umstände ermöglichen konnten, geschah, um dasselbe dort (in Weimar) zum Verständnisse zu bringen. Der Erfolg lohnte ihm und mit diesem Erfolge tritt er nun vor mich hin und ruft mir zu: Sieh, so weit haben wir's gebracht! Nun schaffe uns ein neues Werk, damit wir's noch weiter bringen!«

Wagner schuf es, es waren die Nibelungen!

Und was geschah, als nun im Sommer 1876 auch endlich dieses Riesenwerk, der Stolz der modernen Kunst wie des modernen Geistes, der Welt, man darf sagen der ganzen gebildeten Welt, – denn jede Nation hatte Vertreter gesendet, – künstlerisch ebenbürtig vorgeführt wurde?

»Hier ist derjenige, der mir zuerst den Glauben an meine Sache entgegengetragen hat, als noch keiner etwas von mir wußte,« rief der Künstler selbst aus, als nach der Beendigung der ersten Aufführung alles sich zur frohen Festfeier versammelt hatte. »Ohne ihn würde man heute vielleicht keine Note von mir kennen. Es ist mein lieber Freund, Franz Liszt

Und wieder faßte dieser alles, was er gethan, nur als Pflichterfüllung auf. Er stehe vor ihm wie vor einem der grössten Geister aller Jahrhunderte, es sei sein Stolz, seiner Kunst dienstbar zu sein, lautete das stolze Wort Dessen, der sich stets und überall im Dienste des Ganzen, des wahrhaft Großen fühlt, das er selbst erzeugen hilft.

» Génie oblige!«


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