Marie Nathusius
Tagebuch eines armen Fräuleins
Marie Nathusius

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Den 16. Dezember.

Ein schöner und reicher Sonntag. Als wir sonntäglich geschmückt unsere Morgenandacht beginnen wollten, trat Rosalie ein. Ich habe ihr still die Hand gereicht und wahrlich dabei sehr warm für sie gebetet. Sie hat mit uns gesungen: »Auf, auf ihr Reichsgenossen,« und ging auch mit uns zur Kirche. Der Herr Pastor redete so schön wie nie, es scheint mir zwar jedesmal so. Er sagte, wie wir den Herrn zu empfangen nicht nur unser Herz bereiten müßten, auch unser Haus, nicht nur im Herzen dem Herrn dienen, sondern auch durch unsern Wandel ein kräftig Zeugnis geben. Die Predigt war mir eine große Stärkung, ich habe mir jeden Punkt tief in das Herz geprägt. Doch nicht ich allein. Als wir uns heut zu Tisch setzen wollten, wir sieben waren es nur, niemand Fremdes, da sagte Herr von Schaffau mit fester und doch auch bewegter Stimme: Wir wollen doch von heute an immer, ehe wir uns zu Tisch setzen, den lieben Gott um seinen Segen bitten. Darauf sprach er selbst das Tischgebet, die Damen falteten die Hände, sie waren gewiß sehr erstaunt. Herr von Schaffau nahm nach einer Pause das Wort und schien besonders freundlich und liebevoll gestimmt. Gebetet haben wir wohl immer still für uns, es geschah aber immer mit einer gewissen Verlegenheit, daß die Nichtbetenden dadurch meinen mußten, es sei mehr unpassend als recht. Ich habe mir heute über die Familie etwas erzählen lassen. Vollberger war spät hier, er ist sehr treu, und ich hörte nicht aus Neugierde, nein aus wahrhaftem Interesse zu. Herr von Schlichten hatte ein kleines Gut in der Mark, erzählte Vollberger, und Tante Julchen ihr Teil daran. Er wirtschaftete schlecht, daß, als er starb, auch der Teil der Schwester mit angegriffen war. Herr von Schaffau nahm sich nun der Wirtschaft an und arbeitet seit sechs Jahren daran, das Gut schuldenfrei zu machen, um seiner Schwester ein, wenn auch nur kleines, doch eigenes Einkommen zu übergeben. Taute Julchen fühlt sich natürlich an die Schwägerin gekettet, ja sie hat oft unzart ausgesprochen, daß ihr nicht allein das, was sie hier empfinge, zukäme, sondern daß sie von Rechts wegen noch mehr fordern könnte. Als Herr von Schaffau vor sechs Jahren beide zu sich nahm, war er noch jünger und der älteren Schwester gegenüber nicht recht selbständig, er konnte es nicht hindern, daß sie ein ähnliches Leben hier anfing wie es dort gewesen war. Es ging freilich im großen Ganzen hier ordentlich zu, und daß da fast immer noch ein Dutzend mit an unserem Tische saßen, machte uns noch nicht arm, sagte Vollberger, und was da lüderliche Leute waren, durften nicht her, aber unserem Herrn war das Treiben doch nicht recht. Vor zwei Jahren ward Frau von Schichten krank, und lange krank, da hörte die Wirtschaft von selber auf, und Herr von Schaffau ging später nach England. Ich aber blieb hier und drüben der Amtsverwalter, um nach dem Rechten zu sehen, denn wenn die Katze nicht zu Hause ist, springen die Mäuse über Tisch und Bänke. Und richtig, kaum war der Herr fort, da stellten sich nach und nach die Gäste ein, Frau von Schlichten erholte sich merklich, die beiden ältesten Fräulein wurden mit einemmal Damen, und es ging lustig her. Der Herr Amtsverwalter wollte den Hafer für die fremden Pferde nicht mehr liefern, auch nicht immer Butter und Federvieh für die Gäste, ich konnte das Getreibe mit den Fräuleins und der Gouvernante nicht mit ansehen und schrieb an den Herrn. Wie der Wind war er da, es wird nun im März ein Jahr. Sie machten hier gleich etwas andere Miene, unser Herr aber auch. In England soll besondere Luft wehen, die hatte ihn mächtig gestärkt, mit einemmal hatte er der, Schwester gegenüber Mut. Er war zwar sanft und liebevoll, aber er setzte seinen Willen durch. Die schlimmen Gäste mußten fort, auch die. Dienstboten nach und nach, und plötzlich wurde auch die Gouvernante in einen Wagen gepackt und Hals über Kopf nach der Bahn gefahren. Frau von Schlichten ist zu schlau, sie suchte gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Tante Julchen aber brannte los, sie nannte den Herrn einen Pietisten, einen Kopfhänger, einen Geizhals, und mich einen Heuchler und Angeber. Sie weiß wohl, daß der Herr zu großmütig ist, sie zu verstoßen, da sie doch jetzt arm ist wie eine Kirchenmaus. Gleich im Frühjahr hatte der Herr unsern neuen Pastor hergerufen, den kennen sie und wissen, wie er hier zum Haus stimmt, seine Schwester sollte unsere Fräulein etwas in Zucht nehmen, aber Frau von Schlichten mit ihrer List und Tante Julchen haben es mal durchgesetzt. – Ich seufzte bei diesen Worten, es ist wahrlich ein drückendes Gefühl, der Zankapfel in einem Hause zu sein. Vollberger erriet meine Gedanken, und fuhr fort: Jetzt ist's anders, Sie brauchen nicht bange zu sein. Lucies Liebe zu Ihnen hat den Herrn mit Ihrer Jugend und Unerfahrenheit ausgesöhnt, hat ihn auch mit Tante Julchen näher gebracht, kurz die Sachen stehen hier sehr gut. Im Frühjahr aber giebt es Revolution; in Plüggen, auf dem Sandgütchen werden jetzt Einrichtungen gemacht, es wäre auch recht gut, wenn, unserer lustigen Gesellschaft dort in der Stille der Brotkorb etwas höher gehängt wird; unser Herr ist Vormund, er kann es einrichten wie er will. Als Thekla kleiner war, glaubte Frau von Schlichten, es gäbe eine Frau für den Bruder. Nachdem sie nun sieht, woher der Wind weht, soll die arme Rosalie wenigstens ihr den reichen Schwiegersohn bringen, die folgt der Mutter wie ein Schäfchen, und Herr von Tülsen mag für manches arme Fräulein unwiderstehlich sein. Meinen Sie nicht, Fräulein, setzte er fragend hinzu. – Mir ist Herr von Tülsen sehr zuwider, sagte ich aufrichtig, und wahrlich, Geld könnte mich nie bestimmen, einem Mann meine Hand zu reichen. Und was denn? fragte er weiter. O er müßte viel weiser und frömmer sein als ich selbst, ich müßte hoch hinaufsehen zu ihm, wie ein schwaches Kind, und müßte mich stärken an seinem Glauben und an seiner Liebe. Arm könnte er immer sein, ja ich würde das fast vorziehen, denn ich sah in armen Häusern bis jetzt mehr Glück als in reichen. Ich würde gern für Geld nähen und Schule halten, auch selbst meinen Garten graben und pflanzen, gewiß lieber als mich im Gesellschaftszimmer aufzuhalten und so thörichtes Wesen ansehen zu müssen. Ich glaube das wohl, entgegnete Bollberger ernst, der Herr beschere Ihnen einen solchen Mann. Ich wurde sehr rot, ich hatte die Worte so unbewußt hingesprochen und fühlte jetzt, wie unpassend es war. Trinchen würde mich eine arge Schwätzerin nennen, und ich könnte dem Bollberger böse werden, wie er es so fein anfängt mich auszuforschen. Doch meint er es gut, er hat mir noch manchen guten Rat gegeben, was ich thun soll, wenn die Gäste kommen. Ich bekümmere mich nicht um sie, ich feiere mit Lucie im stillen Flügel ein seliges Weihnachten; wenn ich hinuntergehe, lasse ich meine Seele oben und lasse die Menschen dort unten wie Schattenbilder an mir vorüberschweben. Aber ich möchte wohl, sie wären erst wieder fort, und ich wünschte, sie reisten alle nach der Residenz und ließen uns hier, dann sollten den Festtagen recht fleißige Tage folgen. Kochstube, Nähschule, Wirtschaften, dann Frühling, dann Gartenarbeiten.

Den 22. Dezember.

Seit gestern haben wir Ferien gemacht, ich bin den ganzen Tag im Gartensaal, die Tische sind gedeckt, die Sachen darauf, der Baum geschmückt, noch habe ich aber zu ordnen und zu thun, und es ist mir im festlichen Zimmer sehr feierlich und selig zu Sinne. Die Krippe für Lucie ist sehr lieblich, der Gärtner hat mir einen reizenden kleinen Garten gemacht, auf den Stall habe ich ein Strohdach gemacht, und alle Figuren habe ich gemalt, ziemlich ists fertig. Heute hört ich Wagen fahren, Kleider rauschen, Thüren klappen, das Haus ist belebt, die Gäste angekommen. O wie sicher fühlt ich mich und abgeschlossen von der Welt. Ich habe die Erlaubnis, bis Weihnachten nicht bei Tische zu erscheinen. Bei Pastors habe ich noch viel zu thun. In der Dämmerung wollt ich dahin, vorher ging ich an der stillen Fliederhecke auf und ab. Allein wandern ist schön, besonders in so schöner Zeit. Nach einiger Zeit sah ich eine Gestalt den Weg kommen, bald erkannt ich Herrn von Tülsen, auch hört ich ihn rufen, als ich sehr schnell fortlief. In der Pfarre nimmt die Arbeit nicht ab, sie nimmt zu, jedesmal wenn ich komme, sind der lieben Frau Pastorin neue Berge aus der Erde gewachsen. Ich habe geraten, sie nicht zu berücksichtigen, der Herr Pastor ist meiner Meinung, wir wollen die Tage in Frieden feiern, morgen ist Sonntag noch dazu. Die Kinder sind kaum noch zu bändigen, welch' ein fröhliches Wirren und Schwirren ist da im Haus, und dabei ein Friedenswehen. Der Herr Pastor steht mit lichten Augen darüber; wenn der Frau Pastorin Berge viel Schatten werfen möchten, da bringt er Licht, und sie nimmts so gern. Wir saßen bis elf fleißig, der Herr Pastor las uns das Leben der heiligen Monika vor, dann brachte er mich heim; im Schloß war es so lebhaft und in der Pfarre so still.

Den 24. Dezember.

»Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.«

»Jauchzet ihr Himmel, freue dich Erde, lobet ihr Berge mit Jauchzen; denn der Herr hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden.«

So ists, kein Mißton kann an mein Herz dringen, hier Weihnachten, dort unten Unruhe. Gäste kamen noch zum heiligen Abend an, der getaute Schnee hatte die Wege fast unfahrbar gemacht, oben an der Angerbrücke ging das Wasser über, Herr von Schaffau ritt selbst hin, um Gefahren vorzubeugen. Es hätte uns beinahe verstimmt. Er hatte versprochen mit uns spazieren zu gehen, wir waren wunderbar genug bald nach drei Uhr mit allem fertig, wir hatten die Wette gewonnen, er mußte eigentlich sein Versprechen halten. Lucie hat den Onkel sehr lieb, sie sprang hoch auf, als sie ihn etwas später sehr schnell durch den Garten eilen sah, um uns aufzusuchen. Wir waren in der Nähe eines Tannenwäldchens, liefen hinein, versteckten uns, und als er schnell vorbei wollte, schüttelte Lucie den weichen Schnee von den Zweigen und hielt ihn auf. Bald aber begannen die Glocken zu läuten, die Kirche leuchtete durch den Abend, und ein Licht nach dem andern kam vom Dorf herauf. Wir gingen auch, wir traten in den Stuhl, und – Tante Julchen war schon da! Die silbernen Armleuchter brannten vor dem Altar, und die alten Ritter und Edelfrauen schienen lebendiger als je. Wir sangen die frohen Weihnachtslieder, viele Kinderstimmen tönten durch, ja, daß auch ganz kleine süße Stimmen dazwischen lallten, störte nicht. Fräulein von Ramberg, Rosalie und noch einige Damen waren später gekommen und gingen mit den andern. Wir weilten unter Glockengeläut auf dem Kirchhof, bis die Lichter überall verschwanden, dann eilten wir fort. Herr von Schaffau führte Tante Julchen und auch mich, ich habe sein Gesicht noch nie so hell glänzen sehen, er sah glücklich aus wie andere Kinder. Er sagte mir, daß er sich besonders auf das freue, was ihm das Christkindlein im Gartensaal beschere. Ich erschrak erst, doch dacht ich, er macht nur Spaß, denn für ihn hatte ich ja nichts. Lucie und ich zogen schnell unsere weißen Kleider an und steckten Orangeblüten in das Haar, wir wollten zu dem Feste auch festlich geschmückt sein. Dann eilten wir und zündeten die Lichter an. Rosalie half uns, wie sie wirklich auch beim Nähen sehr fleißig war. Die Ecke, wo ich für Lucie und die anderen meine Bescherung hatte, war mit einem Tuch verhangen. Jetzt hörten wir trippeln und flüstern, die Thür ward geöffnet, der selige Augenblick war da, auf den wir mit emsiger Hand geschafft. Freudestrahlend trat die kleine Gesellschaft ein, wir führten jedes nach seinem Platz und dann sangen wir: »Vom Himmel hoch da komm ich her«, und dann: »O du fröhliche, selige Weihnachtszeit«. Rosalie und Lucie und ich und Sofie sangen mit einigen großen Kindern die zweite Stimme, es klang herrlich in dem hohen Saal. Darauf folgte das freudige Staunen und Bewundern der schönen Gaben, ich war mit den Kindern so sehr beschäftigt, daß ich es nicht merkte, wie sich der Saal auch mit den großen Gästen angefüllt hatte. Herrn von Tülsens unangenehme Stimme hätte mich fast stören können, doch ließ ich mich nicht stören. Lucie hatte eine große Freude über die Krippe, das Transparent: »Ehre sei Gott in der Höhe!« schimmerte hell zwischen den dunkelen Topfgewächsen; auch Große freuten sich, und ich teilte den Damen meine Bildchen aus. Als die erste Unruhe vorüber war, und ich allein an der Krippe stand, trat Herr von Schaffau zu mir. So habe ich gar nichts bekommen? sagte er leise. Er sah wirklich wie traurig aus, und sah mir dabei so tief in die Augen, als ob er mein Herz prüfen wollte. Sollte er glauben, ich trage ihm etwas nach? Ich weiß nicht, was ich bei seinen Worten empfand, ich sah ihn an, ich hätte ihm so gern etwas geschenkt. Gewiß hat er mich schon durchschaut, ehe ich sprach, denn Freundlichkeit flog über sein Gesicht. Als ich ihm sagte, wenn ich dürfe, möchte ich ihm etwas schenken, entgegnete er: Bitte, malen Sie mir das Plettenhaus. Ich versprach es ihm freudig. Tante Julchens laute Stimme rief uns zur Bescherung nach oben, da erst fiel mir lebhafter ein, daß gewiß auch für mich etwas dabei sei, und mit einiger Erwartung trat ich in den hellglänzenden Saal. O ich bekam zu viel, Mantel und Hut sind für mich, ein Kleid, Taschentücher und Handschuh, Farben, Papier und Pinsel und schöne Bücher. Ich wußte nicht, was ich dazu sagen sollte; Farben und Papier aber, muß ich gestehen, freuten mich am meisten. Lucie und ich baten uns wieder von der Tafel los, wir hatten mehr Lust uns mit unseren Herrlichkeiten zu beschäftigen. Frau von Schlichten nahm das sehr gnädig auf, sie sah es gerade, daß Herr von Tülsen mich zu Tische führen wollte und ich dankte. Vollberger versorgte uns mit Essen, wir waren bald fertig, ich aber suchte mir ein sehr schönes Papier zum Plettenhaus aus, holte mir auch aus meiner Stube das Bildchen und begann zu zeichnen. Glücklich waren wir beide, das kann ich wohl sagen. Rosalie holte mich nach Tisch, um der Gesellschaft einige Volkslieder vorzusingen; Herr von Schaffau hat ernstlich in diesen Festtagen Tanz und laute Vergnügungen verboten. Heute wurde musiziert, sie hatten sogar Quartett gesungen. Ich sang auch mit frohem Herzen; ich fühlte keine Eitelkeit, ich sah nur die Christfreude vor mir, es war licht und rein in mir, ich habe alle Menschen in mein Herz geschlossen und um Demut gebeten und um Sanftmut, daß ich möchte ertragen ihre Härten, weil ich ja doch nicht wert bin aller Barmherzigkeit und Treue, die der Herr an mir gethan. Gewiß hat man mir diese Gedanken angesehen, alle waren freundlicher, selbst Thekla stand mit Herrn von Reinberg am Instrument und sagte: Liebe Lulu, Sie müßten uns doch öfter etwas singen. Ich reichte ihr die Hand und sagte: O wie gern möchte ich alle Ihre Wünsche erfüllen. Zum Schluß sang ich:

»Müde bin ich geh zur Ruh,
Schließe meine Augen zu:
Vater, laß die Augen dein
Ueber meinem Bette sein.

Hab ich Unrecht heut gethan,
Sieh es, lieber Gott, nicht an;
Deine Gnad und Jesu Blut
Machen allen Schaden gut.

Alle, die mir sind verwandt,
Gott, laß ruhn in deiner Hand;
Alle Menschen groß und klein
Sollen dir befohlen sein.

Kranken Herzen sende Ruh,
Nasse Augen schließe zu;
Laß den Mond am Himmel stehn,
Und die stille Welt besehn.«

Das war meine Stimmung, ich sang mit bewegtem Herzen. Als ich darauf meine schönen Sachen zusammenpackte und Tante Julchen mit Herrn von Schaffau und Lucie bei mir standen, da konnt ich mich nicht halten, ich bat Tante Julchen mit Thränen, sie möchten alle Geduld mit mir haben, ich möchte gern so vieler Güte wert sein. Tante Julchen drückte mich an ihr Herz und sagte weich, sie wollte mir die ferne Tante ersetzen, Lucie lehnte sich an mich. Herr von Schaffau war an das Fenster getreten, ich konnte ihm nicht gute Nacht sagen, das that mir leid.

Erster Weihnachtsfeiertag.

Geschlafen habe ich wenig, ich stand früh auf, ich wußte, daß meiner Lucie noch ein besonderes Vergnügen bevorstand. Sie kam früher als gewöhnlich, wir hielten unsere Andacht. Gleich darauf kam Vollberger, zu sehen wie weit wir waren, Sofie ging unruhig hin und her. Lucie verlangte das Frühstück. Heute giebt es nichts! lachte Sofie. Lucie hatte nicht Zeit sich zu verwundern, Tante Julchen und Herr von Schaffau führten uns in die Kochstube. Welch ein Jubel! Kochofen, Backofen und Bratofen, Geschirr von allen Sorten. Das Wasser kochte im Kessel, schnell holten wir Kaffee aus dem Vorratsschrank, die Tante und Herr von Schaftau luden sich zum Frühstück ein. Der Tisch war bald serviert, sauber und rein, alles bereit, Rosalie ward noch eingeladen, wir saßen herzlich froh, aber bald war das vorbei. Ein Gast folgte dem andern, auch Herr von Tülsen kam. Wir weigerten uns standhaft, noch Kaffee zu kochen, nur Frau von Schlichten, die zuletzt erschien, erhielt noch eine Tasse. Ich merkte Herrn von Tülsen eine gereizte Stimmung an. Er fragte mich flüsternd, ob ich mich noch immer der Gesellschaft entziehen werde. Ich entgegnete, daß ich heut' zur Bescherung auf der Pfarre sein werde. Er biß sich auf die Lippen, öffnete plötzlich mein Arbeitskästchen und schob einen Brief hinein. Ich war sehr bestürzt, der Gedanke an Frau von Schlichten, an ihren Verdacht überfiel mich, unwillkürlich sah ich mich nach ihr um, sie war im Gespräch; aber Herrn von Schaffaus ernste Blicke ruhten auf mir, er hatte uns beobachtet. Ich konnte nicht überlegen, was zu thun sei, die Glocken begannen zu läuten, die Gesellschaft verließ mein Zimmer. Nur Lucie stand wartend neben mir. Ich legte Hut und Mantel an, schloß das Nähkästchen und ging mit ihr zur Kirche. Die Gedanken an den Brief beschäftigten mich: es wird ein Grund zum Verdacht sein, ein Ungewitter wird heraufziehen, sie werden dich verdammen. Aber ich fühle mich so unschuldig, und dann dacht' ich: es kommt nichts von ungefähr, alles wird und muß zu deinem Besten dienen, also auch der Brief. So kann er mich nicht sorgen, so darf er mich nicht sorgen. Ich war sehr getrost, ich dachte: die Welt ist groß und es haben viel Briefe darin Platz, laß auch diesen. Als wir aus der Kirche traten, umringten mich meine lieben Pastorskinder, sie wollten mich sogleich mitnehmen, doch hatt' ich noch einiges von Haus zu holen; wenn ich auch die schönsten Konfektsachen der Tante schicke, einige kleine Zuckerfiguren und süße Herrlichkeiten mußten in der Pfarre Freude machen. Herr von Schaffau ging neben mir her, ich ward sehr beklommen. Der fatale Brief! Es war mir, als ob er etwas sagen wolle, doch blieb er still und ernst, so ganz anders als gestern abend. Es that mir sehr weh, o das Herz ist schwach, die helle Weihnachtsfreude war getrübt. Aber das liebe Christkind blieb mir doch im Herzen und hat mir auch wieder geholfen. Auf dem Rückweg begegnete mir Herr von Tülsen, ich konnte ihm nicht ausweichen. Haben Sie meinen Brief gelesen? fragte er gleich. Ich hatte noch nicht Zeit, sagte ich. Nicht Zeit? sagte er sehr bitter. Mir ward bange. Ich glaubte nicht, daß es so eilig sei, entgegnete ich etwas verlegen. Er lachte laut, mir ward noch bänger. Aber er ward wieder ruhig und sanft, und trug mir mit vielen wunderlichen Worten seine Hand an. Ich schüttelte den Kopf. Er sprach, wie er mich hier nicht leiden sehen könne, mir gebühre eine andere Stellung in der Welt, auch meine Tante aus der drückenden Lage zu befreien, sei ein süßer Gedanke für ihn, allen seinen Reichtum lege er mir zu Füßen, wie eine Königin solle ich herrschen, mit Entzücken wolle er mir folgen, um die Tante und Trinchen und Jakob in mein Reich zu führen. – Der letzte Gedanke kam mir unerwartet, ich sah ihn tief atmend an. Er wollte meine Hand nehmen: Lulu, sagen Sie ja, bat er dringend. Ich erschrak jetzt vor meinen eigenen Gedanken, es war mir als ob ich vom Teufel versucht würde. Weiche von mir, ich habe nichts mit dir zu thun! so entfuhren mir die Worte. Er sprach noch so eifrig. Ich wollte mich entfernen. Endlich bat er mich dringend, zu thun als ob er noch gar nichts gesagt hätte; er fühle, er sei so voreilig gewesen, ich sei noch zu jung, ich kenne die Welt nicht, wisse ein braves Herz und männlichen Schutz nicht zu würdigen, mit der Zeit würde ich anders denken; wenn die Welt mich aber verlasse und verstoße, da sollt' ich mich erinnern, wo ich Schutz und Hilfe zu suchen hätte. Bei diesen Worten hob sich mein Herz hoch auf. Wer ist mein Schutz und meine Hilfe? Du bist meine Zuversicht, Herr, meine Hoffnung von meiner Jugend an. O, arm sein, sagt' ich, ist nicht schwer, der Herr dort oben ist mein Vater, er hat eine große Schatzkammer, er wird mir geben, so viel er will, er wird mich nie verlassen, er wird auch meine Tante nicht verlassen, er hat mich stets überschüttet mit seiner Güte; o ich bin sehr reich! ich will aber anbeten meinen Gott und ihm allein dienen. – Ich eilte fort, oben an der Hecke stand ich noch einmal still. Herr, halte mich in dir! Ich habe gebetet, es ward wieder Weihnachten, ich ging hinein in die niedrige Hütte zum Kindlein, ich hätte ihm gern Kronen geopfert. O lieber Herr, vor dir ist alles Gold der Welt nur Staub, und arm und reich gilt dir gleich. So traf ich Vollbergern an der Kirchhofsthür. Ich habe hier auf Sie gewartet, sagte er seufzend, Sie haben sehr lange mit Herrn von Tülsen gesprochen. Er sah dabei sehr traurig aus, und ich gewiß recht vergnügt. – Vollberger, Sie meinen es gut mit mir. – Das weiß Gott! Sie sind noch gar zu jung, die Welt ist verführerisch. Aber Gott ist getreu, fiel ich ihm freudig in das Wort. Er ist meine Hilfe für und für, und mein lieber Vater, er nimmt den ersten Platz in meinem Herzen ein. O ich fühle das nie mehr, als wenn jemand anders einen Platz in meinem Herzen haben möchte; wer sich mit diesem lieben Herrn, nicht verträgt, darf nicht hinein, ihm habe ich mein Herz übergeben. Und wenn er mein Thürhüter ist, braucht ihr alle nicht zu spionieren. – Ich wünschte ihm noch guten Tag, weil ich heute nicht unten erscheinen würde. Vollberger war zufrieden, denn er seufzte und warnte nicht weiter; er gab mir von Herrn von Schaffau einen Brief, den ich dem Herrn Pastor bescheren solle, und verließ mich. In dem lieben Pastorhaus hab' ich bald die Wirren vergessen, die Welt ist wunderlich. Ich will zwar nicht stolz sein, denn wer da steht, sehe zu, daß er nicht falle; aber ich fühle mich sehr hoch über der Welt. Nachmittag war ich im Garten, um noch grüne Tannenzweige und noch Buchsbaum zu holen, die Gesellschaft aus dem Schlosse kam in großer Gala den Ahornweg entlang. Frau von Ramberg und Frau von Schlichten voran, ich ging ihnen aus dem Weg und ließ sie unter mir durchpassieren. Die ganze Erscheinung hatte einen gewissen Nimbus um sich, – für mich nicht, ich kenne jeden einzelnen in seinem Unbefriedigtsein, in seinem nichtigen Streben, in seiner Leere und Armut. Das Pfarrhaus umstrahlt ein Nimbus: Weisheit und Liebe herrschen darin, sie dienen dem Herrn, er ist mitten unter ihnen, mit Gnade und Friede und Freude und Reichtum. O ihr Lieben, der Herr, dem ihr dienet, wird auch für euch sorgen. Und hat er nicht? Der Frau Pastorin Berge sind heute alle fortgeräumt, der Ueberfluß des Herrn von Schaffau hat der armen Pfarre für lange aufgeholfen, und ich war nicht wenig stolz, daß der Brief durch meine Hände ging. Ich habe mir dafür die Freiheit genommen und ganze Kuchenberge aus der Speisekammer geholt und auf den Theetisch gesetzt, die Kinder sollten sich einmal beliebig daran satt essen. Der Herr Pastor und Herr Heber waren meiner Meinung, daß heut von Kargen und Einteilen nicht die Rede sei; es solle etwas drunter und drüber gehen. Die Kinder jubelten und nannten mich ihre Zucker-Lulu, nein Kuchen-Lulu, Kuchen sei schöner als Zucker. So folgte der fröhlichen Bescherung ein fröhlicher Abend. Der Herr Pastor verließ uns, um sich zur morgenden Predigt vorzubereiten, ich und Herr Heber haben mit den Kindern gespielt, zwei Armeen gegen einander über haben wir mit Erbsen Krieg geführt, ich konnte sie viel besser stübsen und meine Partei siegte stets. Zu morgen hat Lucie die fünf Kinder eingeladen, sie will mit Linchen in der Kochstube für uns zu Abend kochen, in meiner Stube soll gegessen werden. Der Herr Pastor geleitete mich her, diese Wege sind mir so lieb, ich höre da manches schöne Wort. Unten ist noch alles in Bewegung, es wird gesungen. Der Tag ist nun hin, ich war froh und vergnügt, doch fühlt ich dabei einen leisen Stachel im Herzen. Den Brief habe ich hier verbrannt. Ob Herr von Schaffau wohl Arges denkt? Es thut mir sehr weh; sprechen kann ich mit ihm darüber nicht, zuweilen ist es als könnt ich ihm alles sagen, und dann wieder fühle ich eine tiefe Kluft. – Drüben brennt Licht in seinem Turm, es ist der einzig helle Punkt am stillen Flügel, ich sehe auch seinen dunkelen Schatten am Fenster stehen. Es ist sehr traurig, vom Urteile der Menschen abzuhängen, o könnt ich es überwinden. O lieber Herr, ich bin ja so glücklich und reich in deiner Liebe, in deiner Nähe, in deiner Gnade, gieb mir Sanftmut und Geduld, Freudigkeit und Zuversicht gegen alle Menschen, laß es in meinem Wesen zu lesen sein, aber nur als Wiederschein der ganzen Seele. Nun gute Nacht, habe Dank, du treuer Herr. Ich bin müde, sehr müde, und lege mich getrost zur Ruhe; laß deine Engel über uns wachen, über uns alle.

Zweiter Weihnachtsfeiertag

Nach der vielen Anspannung, ich fühlt es heute schon, schlief ich lange, ward in der Kirche fast müde. Herr von Tülsen war in der Kirche, er ging auf dem Rückweg neben mir, ich habe immer gähnen müssen. Herr von Schaffau bemerkte es nicht, als ich ihm guten Morgen sagte. Ich war im Frühstückszimmer. Frau von Schlichten erschien in großer Toilette, ich sagte ihr guten Morgen und erkundigte mich nach ihrem Befinden, sie war sehr kühl gegen mich, auch die anderen, selbst Rosalie war verlegen. Ein Herr trat ein, ein fremder Graf, Frau von Schlichten begrüßte ihn äußerst zuvorkommend, sie stellte ihn den Damen vor, ich stand neben Rosalie, es war sehr demütigend, sie that gar nicht, als ob ich da sei. Ich hob mich stolz empor, ich dachte, sind diese Menschen mehr als du? Da begegnete ich den triumphierenden Blicken des Herrn von Tülsen, er schien mich beobachtet und meine Gedanken erraten zu haben. Ich schämte mich, habe ich so die Welt unter mir? Ach nein, ich bin sehr schwach. O warum geht mein Herz immer mit den bewegten Wellen dieses Lebens. Und doch fühle ich eine feste Zuversicht in meiner Seele, und doch werde ich siegen. Ich nahm mir vor, die Demütigungen zu tragen, zu thun, als ob mir keine andere Stellung gebühre. Ich redete noch einmal freundlich mit Rosalie; als sie bemerkte, daß ihre Mama in lebhafter Unterhaltung war, erwiderte sie meine Freundlichkeit. Sie erzählte mir, daß auf übermorgen die Reise nach Berlin festgesetzt sei, sie aber wünsche hier zu bleiben, wolle mit uns leben. Herr von Schaffau unterbrach uns, er trat mit dem fremden Herrn zu uns, er stellte mir ihn vor. Ich hörte, daß Graf Roden meine Bekanntschaft zu machen wünsche, weil er ein Freund meines seligen Vaters war; er kannte auch die Tante und meine selige Mutter, er erzählte mir viel, ich freute mich sehr. O du liebe Tante, damals mag es anders gewesen sein als jetzt. Graf Roden ist der erste in diesen vornehmen Kreisen, der wahrhaft unbefangen und wohlwollend gegen mich ist. Er hat mich nach meiner Heimat gefragt, jede Kleinigkeit schien ihn zu interessieren, Trinchen und Jakob waren ihm bekannte Personen. Obgleich ich manches Traurige und Wehmütige zu berichten hatte, war ich sehr aufgelegt. Graf Roden fragte mich, ob ich nicht die Bekanntschaft des Onkels Hofmarschall und seiner Familie machen möchte; er wollte mich zu ihnen führen. Er sagte sehr schmeichelhafte Dinge dabei. Ich ward verlegen. Weiß er nicht, daß ich hier Gouvernante und in abhängigen Verhältnissen bin? Lucie kam jetzt. Sie bat mich dringend, zu kommen, die kleinen Gäste waren da; ich mußte nötige Anordnungen treffen. Hier oben saß ich über eine Stunde in Gedanken vertieft, ich stellte die Kinder an ihre Arbeit, an ihr Spiel, aber wie im Traum, ich saß am liebsten im Epheufenster. Das waren verführerische Gedanken, der Onkel, die Residenz, neue Freunde! Könnte mich hier etwas halten? nein, nichts. Wenigen ist meine Nähe lieb, vielen zuwider oder gleichgiltig. Würde die Welt aber dort anders sein? und die Menschen? Ich sann und sann und überlegte. Ach nein, gewiß nicht, freundliche und unfreundliche wird es dort geben, ganz wie hier. Und hätt' ich nicht manchem jetzt in meinen Gedanken Unrecht gethan? O es ist schön hier, die liebe Pfarre, mein Zimmer, der Garten, das alte Schloß, die gute Tante – und meine liebe Lucie, könnt ich wohl fort von dir? gewiß nicht! – Der Rausch war vorbei, mir war sehr wohl in meinem Kinderreich, ich sah mit ruhigem Herzen die Gesellschaft dort unter mir am Garten hinfahren. Ich setzte mich zu den neuen Farben und zum Plettenhaus, ich dachte: ob wohl Herr von Schaffau noch wünschen wird es zu haben? In dem Augenblick öffnete sich leise die Thür hinter mir, er selbst trat ein. Er sollte mich bei der Arbeit nicht treffen, ich schob das Blatt unter, ich Thörin. Er nahm es hervor und sagte, er freue sich, daß ich mein Versprechen nicht aufgegeben; er erbot sich mir jetzt zu zeigen, wie er mit den Farben male. Ich versuchte es auch, er war sehr nachsichtig und geduldig, und als er aufstand, mich zu verlassen, war es mir, als müßte ich mit ihm reden, als müßte ich ihn bitten, mir stets den Grund seiner Unzufriedenheit zu sagen, mich nie in Ungewißheit zu lassen, oder mir aufrichtig zu sagen, ob er an meine Stelle doch jemand anderes wünsche. Ich stand zögernd, er auch, meine Gedanken hat er mir angesehen, er sah mir tief in das Herz, reichte mir die Hand und sagte: Liebe Lulu, ich soll Sie gewiß um Verzeihung bitten, und Sie haben recht. – Das kam mir zu überraschend, ich wandte mich schnell zum Fenster. Sollte all die Unruhe, die ich gefühlt, ohne Not gewesen sein? Herr von Schaffau trat schweigend zu mir, und ich wußte nichts zu entgegnen. Unten fuhren die Wagen wieder den Parkweg entlang, Herr von Tülsen sah nach mir, ich fuhr erschrocken zurück. Herr von Schaffau aber verließ das Zimmer ohne eine Antwort von mir zu erlangen. Es war sehr kindisch von mir, ich hätte ihm wohl nachgehen müssen, doch umringten mich die Kinder. Ich habe mit den Kindern gegessen und gespielt und endlich die Sache beigelegt. – Ich soll ihm verzeihen? Und bin ich ihm damit nicht sehr lebhaft entgegen gekommen, mag es ihm eine Warnung für künftig sein, daß er seine Launen besiegt und nicht einen Tag freundlich, den andern Tag unfreundlich ist. – Die Festtage sind nun hin, ich bin nicht zufrieden mit mir. Ich war viel bewegt und zerstreut; die Zeit vorher war viel schöner, ich erwartete so viel von den Tagen. Hatte ich inniger beten können, wäre ich sicherer gewesen. O wenn mein Herz erst still und fest sein könnte! Es kann es, es soll es.

Die Nacht ist vor der Thür
Und liegt schon auf der Erden,
Mein Jesu tritt herfür,
Und laß es lichter werden.
Bei dir, a Jesu, sein,
Ist lauter Sonnenschein.

Ich habe diesen Tag
Viel Eitelkeit getrieben,
Tu hast den Ueberschlag
Gemacht und aufgeschrieben,
Ich selber halte mir
Die schwere Rechnung für.

Die Rechnung ist wohl schwer, aber deine Gnade ist stark und deine Barmherzigkeit groß – ich schlafe sicher ein, weil deine Flügel mich beschatten.

Den 27. Dezember.

Wir machten noch Ferien heute. Früh schrieb ich an die Tante. Der äußeren Begebenheiten waren so viel, daß der Brief lang wurde. Viel Erfreuliches hatte ich zu berichten, wie wird meine vervollständigte Toilette sie erfreuen. Meine Konfektsachen habe ich eingepackt, Vollberger nimmt es morgen mit zur Bahn. Spazieren war ich nicht, ich habe gemalt, das Bildchen sollte fertig werden, ich glaubte es vielleicht Herrn von Schaffau noch vor der Abreise geben zu können. Zu Mittag schmückte mich Sophie mit dem Goldbraunen und mit Orangeblüten, es war zum Abschied Gesellschaft, die Grauberger und andere kamen. Mit ruhigem festem Sinn ging ich hinunter; wie die Welt gleich anders aussieht. Herr von Tülsen sollte gewiß nicht wieder triumphieren, obgleich Frau von Schlichten so auffallend unartig gegen mich war, daß ich fürchte, sie legt es darauf an, mich aus dem Hause zu haben. Lucie sah mich mitleidig und zugleich bittend an, ich konnte ihr heiter die Stirn küssen, sie verstand mich. Morgen reisen sie alle fort, sagte sie tröstend. Ich war sehr erstaunt und verlegen, als Graf Roden mich zu Tische führte. ganz oben an der Tafel mußt' ich Platz nehmen. Herr von Schaffau war mein zweiter Nachbar. Wie immer jetzt, betete er laut das Tischgebet, ehe wir uns setzten. Ich sah jetzt auf, Frau von Schlichtens durchbohrende Blicke ruhten auf mir, sie schien sehr erzürnt, flüsterte im Niedersitzen mit Frau von Ramberg, die ein ebenso entsetztes Gesicht machte. Mir ward bange. Ich konnte hier nicht bleiben, ich bat meinen alten Platz neben der verlassenen Lucie nehmen zu dürfen und wollte mich entfernen. Graf Roden sah mich verwundert an, Herr von Schaffau aber, der wunderbar genug meine Gedanken immer durchschaut, befahl mir fast zu bleiben. Er blickte mit einem feinen Lächeln nach den Damen und bemerkte ziemlich laut: daß Lucie zwar sehr sehnsüchtig nach mir ausschaue, sich aber heut begnügen müsse. Frau von Schlichten hatte meine Bewegungen bemerkt, sie wurde rot, sie hatte meinen guten Willen gesehen, ich war nun ruhig. Graf Roden sprach viel mit mir; sein Wesen erweckte immer mehr mein Vertrauen. Ich erzählte ihm viel von Haus, die Erinnerungen an mein Heimatleben machten mich lebendig, und als wir aufstanden, wußte ich nicht, wie mir die Zeit vergangen. Nach Tisch berührte es mich unangenehm, daß er Herrn von Tülsens Bravheit und Freundschaft für mich erwähnte. Herr von Tülsen hat ihm erzählt, daß es hier traurig geht, er hat mit starken Farben aufgetragen, ich fürchte, es ist auf seine Anregung, daß Graf Roden mir den großmütigen Vorschlag machte, einige Zeit in seinem Haus als Freundin seiner Tochter zu sein; auch für die Tante sollte gesorgt werden. Herr von Tülsen wohnt in derselben kleinen Residenz, er scheint seine thörichten Gedanken nicht aufgegeben zu haben. Graf Roden habe ich so viel als möglich seine Ideen auszureden gesucht, ich habe ihn versichert, daß ich mich nicht von Lucie trennen würde, wenn man mich nicht fortschicke; habe ihn versichert, daß ich mich nicht glücklich in einer Residenz fühlen würde, daß ich Stille und einsames Landleben gewohnt sei und bei weitem vorziehe. Die andern hatten angefangen zu tanzen, Herr von Tülsen forderte mich dringend dazu auf. Gewiß um Frau von Schlichten zu ärgern, that er es, als ich mich ganz in ihrer Nähe befand. Er scheint ganz mit ihr gebrochen und mit den Graubergern angeknüpft zu haben, er geht heute mit ihnen. Er bat mich, wenigstens unten zu bleiben; ich entgegnete, daß ich versprochen, jeden Abend mit Lucie zu sein, und zeigte ihm, wie sie meiner harrend an der Thür stand. Frau von Schlichten sagte jetzt zu meiner Verwunderung einige freundliche Worte zu mir: sie freue sich über des Kindes Liebe zu mir und lasse Lucie ruhig unter meiner Obhut hier. Ich weiß nicht, was dahinter steckt, will es auch nicht erforschen; es ist ja gut, wenn sie freundlich ist. Graf Roden nahm sehr freundlich Abschied, er will den Onkel Hofmarschall von mir grüßen. Als ich Herrn von Schaffan fragte, ob er auch früh reise? sagte er, daß er mich jedenfalls noch vorher sprechen würde. Lucie war noch kurze Zeit in meinem Zimmer, wir haben Pläne gemacht für das kommende Vierteljahr, Herr von Schaffau hat uns die Armenpflege in seiner Abwesenheit übertragen. Vollberger bleibt hier, – als Aufpasser, scherzte Tante Julchen, sie fürchtet ihn nicht mehr. Rosalie darf nicht bleiben, sie möchte wohl; aber ihre Gedanken bleiben. Wir wollen ihrer gedenken und für sie beten.

Den 28. Dezember.

Schon vor der Andacht kam Herr von Schaffau, er fragte nach Tante Julchen, sie war noch nicht hier. Er hat zum erstenmal lange und vertrauend mit mir gesprochen, es ist alles gut, er ist mir nicht böse, er hat mich mit sanften liebreichen Worten ermahnt und getröstet; ich soll aushalten und freudig meinen Weg gehen, wenn es not thut, will er mir zur Seite stehen. Ich war sehr bewegt von seiner Güte, Lucie trat ein, er zog sie sanft zu sich, ermahnte sie, mir zu folgen. Ich habe es zwar nicht nötig, sagte er lächelnd, sie ist Ihnen mehr als mir gefolgt, ich könnte fast eifersüchtig werden. Lucie versicherte zärtlich, sie habe ihn jetzt weit mehr lieb als früher, auch Tante Julchen und alle Menschen. Er sei ihr lieber Onkel und möchte nicht so lange von uns bleiben! Wünschest du das wirklich? fragte er. Das wünsche ich, entgegnete sie: und Lulu auch, nicht wahr? Gewiß, sagte ich. Er hat es mir wohl angesehen, daß ich es aufrichtig meinte. Tante Julchen trat jetzt ein, aber auch Sophie, wir hatten noch nicht die Morgenandacht gehalten. Herr von Schaffau fragte, ob er bleiben dürfe, auch Tante Julchen setzte sich still in die Sofaecke, ein Zeichen, daß sie bleiben wolle. Ich war erst bange und fühlte mich sehr schwach, doch gewann ich bald Mut und Freudigkeit. Alle Thorheiten und Schwächen, die mein Herz in diesen Tagen auf- und abgetragen, waren verwehet, ich fühlte eine innige Gemeinschaft mit denen, die bei mir waren, die mir so lieb und teuer sind. Ich habe mit ihnen gebetet und für sie gebetet aus ganzer Seele. Hätten wir jeden Morgen so zusammen gebetet, da würde es anders gewesen sein. Herr von Schaffau habe ich oft verkannt. Ich habe ihm im Herzen abgebeten jeden Gedanken, der ihm Unrecht gethan; wenn er jetzt nicht gegangen wäre, würde ich manches von ihm ertragen, was ich auch nicht verstehe. – Nachdem die Wagen fortgerollt waren, ging ich noch einmal in die leeren Zimmer unten. Ich überdachte die Stunden, die ich hier verlebte, mit einer schwermütigen Stimmung mußte ich kämpfen, ich hatte mir viel Vorwürfe zu machen. Viel eitle und thörichte Gedanken hatte ich hier gehabt, war lässig und saumselig in meinem Beruf, gegen Thekla hätt' ich wärmer und liebreicher sein können, um Rosalie mich mehr bekümmern. Ich setzte mich in mein Lieblingsfenster, hier fand ich Handschuh und Cigarrentasche von Herrn von Schaffau. Ich zog die Gardine vor und träumte, das Geräusch und Schwirren der Gesellschaft zu hören. Es war aber still und blieb still. So fand mich Vollberger. Er kam, die Reste des Frühstücks und anderes fortzuräumen, ich gab ihm seines Herrn Sachen. Nun liebes Fräulein, sagte er, prägen Sie sich noch einmal ein, wie toll es hier hergegangen ist, so etwas passiert hier nicht wieder. Mit dem alten Jahr fegen wir den alten Unrat aus, es geht hier nicht mit der halben Wirtschaft, – entweder oder. Der Herr hat gethan was er konnte, aber das Herz seiner Schwester ist ihm verschlossen. Jetzt führt er sie in Berlin in Kreise, die vielleicht mehr auf sie wirken können, als er es vermochte, er findet da noch andere Kräfte. Hoffentlich kommen sie nicht viel wieder her, und wir, wie gesagt, wir fegen den alten Schlendrian hier aus den Räumen, der Herr mag das Herz der Schwester fegen. – Ich habe mit Vollbergern noch manches gesprochen, er ist mir sehr lieb. Es ist gut, daß er bei uns geblieben ist. Heut' abend trank Tante Julchen mit mir und Lucie hier in meiner Stube Thee, ich fing an vorzulesen. Tante Julchen schlief bald ein und schnarchte laut, sie hat den Tag über viel zu ordnen gehabt und ist noch nicht fertig.

Den 29. Dezember.

Wir haben die Tante noch nicht viel gesehen sie hat noch im Haus zu schaffen. Es freut mich, daß wir Erlaubnis haben, das große Frühstückszimmer zu bewohnen, der herrliche Flügel steht darin, Herr von Schaffau wünscht, daß wir mit Pastors Umgang haben, Tante Julchen hat nichts dagegen. Um unsertwillen, sagte sie, will sie die ganze Kinderkribbelei hier zuweilen traktieren. Die Frau Pastorin kann dazu die Weihnachtshaube aufsetzen, ihre Höflichkeit wird der Tante nicht unangenehm sein, ich werde ihr vorher noch guten Rat geben. Mit diesen Zwischentagen ist nicht viel anzufangen, mir kam Lust zur Langweile an; weil ich an Lucie gleiches bemerkte, habe ich meine überwunden. Ich machte mit Lucie einige Besuche bei alten Leuten, um das Amt, das Herr von Schaffau uns übertragen, sogleich anzutreten. Wir wollen niemand etwas schenken, ohne ihn besucht zu haben. Die alte Sandermann bedarf eines wollenen Rockes, das soll nach Neujahr unsere erste Arbeit sein. Wie sehr die Leute sich über solchen Besuch freuen, habe ich heute wieder gesehen, er ist ihnen fast so lieb als die Gabe selbst. Wenn doch die vornehmen Leute wüßten, wie viel Trost sie ihren armen Brüdern und Schwestern nur durch Liebe und Teilnahme bringen könnten, wie könnten sie wuchern mit den Vorzügen, die der Herr ihnen durch ihre Stellung in der Welt gegeben. Trinchen hat mir das oft gesagt. Sie verlangt es besonders von den jungen Mädchen; Frauen haben meistens durch Kinder und Haushalt ihren Beruf, die Mädchen aber, o wenn sie mit der Liebe Christi, mit Sanftmut, Demut und Holdseligkeit erfüllt wären, könnten in der Welt viel Segen spenden, der Armut und Krankheit könnten sie sanfte Ruhekissen unterlegen und Herzen erwecken für das Himmelreich. Wo Armut und Krankheit das Land gelockert, da läßt sich gut säen, und der Herr vermag mit schwachen Kräften viel zu wirken. Ich habe mit Lucie so gesprochen, sie nimmt das gern an, sie sagte sogar, heut': sie begreife jetzt, warum der liebe Gott sie häßlich gemacht und ihr die Liebe der Menschen nicht geschenkt, damit sie möchte ihn desto mehr lieben und nicht mit der Welt leben. Ich erklärte ihr: daß, wenn sie den Herrn von ganzem Herzen liebe und fromm und reines Herzens vor ihm zu leben suche, sei es der sicherste Weg, sich die Liebe aller Menschen zu gewinnen. Wir haben dann sehr traulich in meinem Zimmer gesessen; Lucie beschloß, den Tag an den Onkel zu schreiben, sie hat ihm eine Art Tagebuch versprochen.

Den 1. Januar.

Die Sonne scheint hell am blauen Himmel, ihre Strahlen blitzen auf der weißbeschneiten Erde. Auch in meiner Seele ist es hell und licht und strahlend. Herr, du bist mein Gott, du bist ganz mein. O du reicher Herr, hilf meiner Armut auf, o Herr, wie hat deine Gnade und Güte mich so reich überschüttet, und wie bin ich so kalt und zerstreut dabei geblieben. O es soll anders werden, nimm mich hin, nimm mich ganz hin, meine Gebete sollen nicht aufhören, und wenn ich matt und träge dazu bin, will ich ringen und kämpfen, bis du mich beten lassest, bis du mein Herz erfüllst, bis du mich stark machst in der Macht deiner Stärke. Ein neues Jahr liegt vor mir – dunkel, nein, nicht dunkel, – es kann mir nichts geschehen, als was dein Will' ersehen. Laß kommen Trübsal und Anfechtung. Du wirst bei mir sein: o mein Herz ist so getrost, so freudenvoll, denn ich lasse dich nicht, du segnest mich denn. Amen.

1. Januar 18 ..

Lulu an Trinchen.

Liebes Trinchen! Dein Brief könnte mich betrübt machen, die Krankheit der Tante mich ängstigen. Heute aber habe ich dem Herrn mein Herz ganz übergeben, Zuversicht und Freudigkeit sollen nicht von mir weichen, o Trinchen, bete für mich, wie ich es für dich thue. Seid ihr Lieben nur getrost, der Herr ist ein wunderbarer König, er wird unser aller Leben führen zu seiner Ehre und zu unserm Frieden. Habt ihr wieder Not? O sprich deutlich, ich bin Armenpflegerin, und bin ich nicht selbst reich? Ich lasse mir im voraus geben; wenn du wünschest, kann ich dir fünfzig Thaler schicken. Ist es nicht wunderbar, daß ich armes Mädchen zu so guten Leuten kam, die so gütig gegen mich sind? O liebes Trinchen, ich habe nicht genug zu danken, ihr aber auch für mich. Die Tante ist kränker, aber sagst du nicht selbst, sie sucht jetzt Frieden? Ist das nicht eine große Gnade? O die ihn suchen, die finden ihn, deß wollen wir fröhlich sein. Liebes Trinchen, schreibe mir bald einen freudigen Brief, alle Not, die euch drückt, aber will ich wissen, sie ist nicht Not, wenn wir Glauben haben. Schreibe nur voll Glauben und Zuversicht, wie ich es an dir gewohnt bin. So stärke dich der Herr.

Deine treue Lulu.

Lulu an die Tante.

Meine innig geliebte Tante! Könnt ich jetzt an deinem Bett sitzen, o ich wollte deine Hände küssen, deine Wangen liebkosen, ich wollte dich Pflegen, daß du bald gesund würdest. Ach nein, das thut Trinchen schon, und der Herr unser lieber treuer Gott thut das meiste. Wie schnell werden die wenigen Wochen hingehen, dann ist's Frühling, dann kann ich euch Lieben besuchen. So lange will ich dir viel Briefe schreiben, will plaudern, als ob ich bei dir säße, und dir die Zeit vertreiben. Meine Weihnachtsbriefe habt ihr jetzt, du wirst dich sehr gefreut haben, wie gut es mir geht. Wüßt ich nur für euch mehr zu thun, ich kann es ja. Hierbei schicke ich den grünen Terneaux für dich zu einem weichen Oberrock, wenn du wieder aufstehst. Deine alten sind zu dünn, bitte, nimm ihn, ich habe nichts nötig; mein blaues Kleid hält reichlich aus bis zum Frühling, dann giebt es Sommerkleider. Die Einsamkeit behagt mir, Tante Julchen ist sehr liebreich. O liebe Tante, danke dem Herrn, daß er mich hierher und nicht in ein weltliches Leben geführt hat. Jetzt erst kann ich das recht erkennen, und sollt ich noch so arm und niedrig sein, darf ich dem Herrn Jesu Christo dienen, ihn lieben und anbeten und ihm folgen, so bin ich glücklich, unaussprechlich glücklich. Möchtest du dich davon überzeugen! möchtest du keine Sorge für mich haben, o möchtest du selbst es recht inne werden, daß die Welt keine Freude und keinen Frieden bringt. O liebe teure Tante, ich bin sehr reich und glücklich. Behalte deine Lulu lieb, die gern ihre Hände möchte unter deine Füße breiten.

Der Herr sei mit dir. Amen.

Dienstag den 8. Januar.

Das war heut ein frisches Vergnügen. Linchen mit vier Geschwistern, Lucie und ich und Herr Heber, wir haben Schlitten gefahren, den Lindenberg hinunter, das war ein Uebereinandergepoltere der Kleinen, Herr Heber und ich hatten nur immer aufzurichten und zu trösten, und doch wollte das kleine Volk nicht ablassen. Endlich, als ide Nasen gar zu rot und die Hände zu steif wurden, gingen wir hinein. Die Frau Pastorin erquickte uns aus der großen Kaffeekanne, dazu Honigbrote, unser Appetit war nicht gering. Ich bin täglich wenigstens eine Stunde hier, um zuzuschneiden, einzurichten, zu überlegen, bald werde ich durchgedrungen sein, in Schränken und Kommoden sehe ich Ordnung und sehe alles Nötige. Die Frau Pastorin ist sehr dankbar, die Kinder lieben mich, und mir ist sehr wohl in dem lieben Haus. Linchen hilft uns in der Nähschule, wir hatten sie heut zum zweitenmal, die Kinder sind noch sehr ungeschickt, nicht so zum Singen. Auch mit den Leuten im Haus hatte ich ehegestern Singestunde, Sophie wirbt einen nach dem andern zur Morgenandacht, und sie kennen nur wenige Kirchenlieder.

Mittwoch, den 16. Januar.

Es war eine Lust, als wir heut die silberne Theemaschine auf das feine Gedeck setzten, dazu Kuchenwerk und Feinheiten. Vollberger führte den Herrn und die Frau Pastorin, Herrn Heber und Linchen und Mariechen sehr achtungsvoll und feierlich in das wohldurchduftete Gesellschaftszimmer. Die Frau Pastorin war zu meiner Freude gar nicht verlegen und Tante Julchen sehr vertraulich. Lucie und ich machten die Wirtinnen, wir haben den Kuchen gebacken und den Thee gekocht. Der Herr Pastor hat uns fast ganz allein unterhalten, ich freute mich, wie die Tante mit so großer Aufmerksamkeit ihm zuhörte, sie findet ihn sehr geistreich. Es thut mir aber leid, daß sie sich über Herrn Heber lustig macht. Nicht um seinetwillen, ihm thut das nichts, nur ihretwillen, – und wegen Lucie, ihre Liebe und Achtung für die Tante muß geringer werden, wenn sie das hört. Ich werde sie recht herzlich bitten, das nicht zu thun. Herr Heber ist ein treuer Mensch, das will viel sagen.

Sonntag den 20. Januar.

Herr von Tülsen ist sonntäglich hier zur Kirche, er besucht Pastors, auch macht er der Tante zuweilen einen kurzen Besuch. Ich kümmere mich nicht um ihn. Möcht er es nur aufrichtig mit sich und dem Herrn Pastor meinen.

Donnerstag, den 24. Januar.

Es hat in der Nacht sehr geschneit, der alte Werder konnte nicht kommen und sein Essen holen, ich ging mit Sophie gegen Abend hin. Er liegt im Bett, niemand ist um ihn. Wenn die Kalte anhält, wird unser Holzbedarf nicht reichen. Ich sprach mit dem Gärtner, er hat große Haufen trockener Aeste aus den Bäumen geschnitten, ich glaube, wir könnten dies Holz, ohne den Herrn zu fragen, verschenken.


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