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8. Bild.
Das Sterben

Wenn der Vorhang aufgeht, sitzt die Bäuerin in der Bauernstube todkrank im Lehnstuhl.

Bub öffnet die Tür und ruft zurück

So eil dich doch, Ahndl! Komm!

Bauer eintretend

Ich komm ja schon.

Bub zur Bäuerin

Ahndl, er ist schon da. Gelt, ich war geschwind!

Bäuerin streichelt ihn – mühsam

Ja, Seppl, brav bist. Aber wieder ohne Atem – und ganz erhitzt vom Rennen.

Bauer

Ist's dir schlechter, Mutter, weil du mich rufen lässt?

Bäuerin macht eine hilflose Geste

Bauer

Wenn du dich doch ins Bett legtest!

Bäuerin

Das Einfahren? Werdets fertig damit?

Bauer

Gegen Abend haben wir's Hast Schmerzen heut?

Bäuerin

Gar keine Schmerzen! Aber so viel matt bin ich – und mir ist so elend – – ich mein – – es geht zu End heut – –

Bauer

Ob ich nit doch noch einmal zum Doktor fahr?

Bäuerin

Der hilft mir nimmer, Vater. Bis du einspannst und wiederkommst, ist's vorbei.

Bauer

Soll halt nit heißen, ich hätt was versäumt.

Bäuerin

Ist schon alles recht, Vater – brauchst doch die Ross heut hoch. Die Arbeit darf nit liegen bleiben wegen mir.

Bauer

Ich nehm halt nur den Blässen, Mutter. Der Schwarze macht die Arbeit allein.

Bäuerin

Nein, Vater, lass 's gehn! (Sie stöhnt)

Bauer

Wenn dich doch legen möchtst!

Bäuerin

Meine Buben haben auch kein Bett gehabt zum Sterben.

Bauer

Daran darfst nit alleweil denken, machst dir's ja nur noch schwerer.

Bäuerin lächelnd

's Sterben? – – Nein, o nein – –

Bub

Ahndl! Was ist denn, Ahndl? ( will zu ihr auf den Schoß)

Bauer wehrt ihn ab

Lass die Ahndl jetzt in Ruh!

Bäuerin

Ja, Seppl. Wirst die Ahndl nimmer lang haben.

Bub

Wo gehst denn hin?

Bäuerin leise lächelnd

Weit – – weit fort

Bub

Bringst mir was mit?

Bauer

Sei still, Seppl! Lass die Ahndl in Fried!

Bäuerin

Setz ihn zu mir her, Vater!

Bauer setzt den Buben auf die Armlehne

Bub

Wo gehst denn hin? Gehst weit fort? Weißt, was du mir mitbringst? Einen lebzelternen Reiter! Ja? Magst?

Bäuerin ist in den Buben vertieft

Wie der selig Sepp ist er.

Bub plötzlich

Ahndl, ich weiß ein Vogelnest.

Bäuerin

Aber nit ausnehmen! Gelt, Seppl. Das wir eine Sünd.

Bub

Ah, ausnehmen tu ich's nit.

Bäuerin stöhnt

Bauer nimmt den Buben herab

Geh, Sepp, renn draußen ein bissel herum!

Bäuerin zieht den Buben noch einmal an sich, segnet ihn gleichsam

Behüt dich Gott, Kindl! – – Bist auch nit 's mein', bist doch der Seinige. ( löst langsam die Hände vom Kind)

Bub

Jetzt spiel ich im Heu – juch – juch – (schon in der Tür) Ahndl, vergiss nit mein lebzelternen Reiter! ( ab)

Bauer

Ich fahr doch um den Doktor!

Bäuerin

Lass, Vater, es lohnt sich nimmer.

Bauer

Mutter – – –

Bäuerin

Was tät ich denn noch da? Hindern tät ich euch und im Weg sein. – Ich gehör schon auf den Friedhof. ( Sie stöhnt)

Bauer

Der Seppl soll die andern holen, dass sie mitbeten.

Bäuerin

Zu was denn? ( mühsam)
Versehen bin ich – – – der Herrgott – –

Bauer

Wenn ich dich doch ins Bett traget – –

Bäuerin

Lass mich da. – – – . 's Fenster mach auf – – d' Sonn – –

Bauer öffnet das Fenster

Bäuerin schaut hinaus

– – grad fahren s' am Bergacker eine Weizenfuhr weg schau – schau – und ich kann keine Garbe mehr binden – – und kann – – – nimmer

Bauer will hinaus vor Weh

Bäuerin

Wo gehst hin?

Bauer

Um die Leut –

Bäuerin mit letzter Kraft

Lass sie bei der Arbeit – – mich erbeten s' ja nimmer – ( Sie röchelt)

Bauer

Resl! – – Mutter!

Bäuerin kaum hörbar

Soll ich, einen Gruß ausrichten – – von dir? – Gib – auf – den Seppl – acht! – – Jetzt ist – alles gut.

Bauer

Red! Was willst denn sagen?

Bäuerin

Du – – weißt es ja so – – – ( dreht sich zurück) der Seppl – – –

Bauer

Resl! – – Mutter! – – Hörst? – Hörst mich nimmer? ( horcht auf ihren Atem, lehnt sich an die Wand und weint)

Bub stürmt herein

Ahndl! Darf ich mir ein Holz nehmen, dass ich mir einen Bogen machen kann? Ja, Ahndl? ( zupft ihn) Hörst nit? Warum weinst denn?

Bauer

O mei, Seppl, jetzt ist uns die Ahndl gestorben.

Bub

Ahndl! Ahndl! Hörst mich nit? Warum sagst denn nichts, Ahndl? ( zupft sie)

Bauer

Lass gehen, Bub! Die sagt nichts mehr.

Bub

Warum weinst denn, Ahndl? – Ich wein nit. Wenn man stirbt, kommt man in den Himmel – und die Ahndl ist jetzt im Himmel. – – – Du, Ahndl, jetzt kriegen wir eine Leich. Werden da die Musikanten spielen? ( Er spielt mit den Händen der Toten) Wann werden sie die Ahndl denn eingraben?
(Man hört das Geräusch von Pferd und Wagen. Er läuft zum Fenster)

Ahndl; mit der Weizenfuhr sind s' da.

Bauer

Sag ihnen, sie sollen alle hereinkommen!

Bub läuft hinaus

Bauer steht still ergeben

Magerl kommt hastig herein

Der Sepp sagt, die Ahndl ist gestorben. ( Sie sieht die Tote)

Bauer nickt zur Toten bin

Magerl macht das Kreuzzeichen und faltet die Hände. Das tun auch die Dienstboten, die nach ihr kommen.

Bauer nach einer Weile entschlossen zur Magd

Geh, Marie, schau zur Leichenwaberl nüber, dass sie zum Waschen und Anziehen herkommt. (Marie geht)

Knecht

Schnell ist's gangen mit der Bäuerin.

Bauer rafft sich auf einmal auf

Ja, aber jetzt nutzt alles nichts. Magen, du bleibst in der Stuben – und wir laden den Weizen ab. ( Alle geben ab.
Der Bauer steht allein
)

Bauer beinahe feierlich

Ein Herz kann aufhören zu schlagen, ein Leben kann stehenbleiben – nur die Bauernarbeit geht weiter ewig weiter. ( mit festen Schritten ab)

Der Vorhang sinkt


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