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3. Bild.
Der Abbrandler

Hochzeitsadler vor dem Vorhang

Alleweil singen und jodeln kann ma net.
Alleweil bringt 's Leben keine Freud ...
's bringt sicher auch, ob früh und spät,
genug Sorgen und genug Leid.
Ihr lieben Leut, jetzt wollen wir sehn,
wie die Bauern 's Elend überstehn.

 

Der Vorhang geht auf. Es ist Nacht. Auf einem Mauerrest, hinter dem noch ein paar verkohlte Balken starren, sitzen der Bauer und sein Weib. Nach einer kleinen Weile kommen drei Nachbarn. Sie sind in Feuerwehruniform.

Erster Nachbar zum zweiten

Du hältst darin mit dem Bachbauern die Feuerwacht – für alle Fälle. Der Brand kann ja so nichts mehr tun, weil alles zusammengebrannt ist.

Zweiter Nachbar

Da findet das Feuer freilich keine Nahrung mehr.

Erster Nachbar zu Bauer und Bäuerin

Und ihr zwei kommt jetzt mit und legt euch bei mir nieder!

Bauer

Dank schön! Aber glaub mir's – mir ist heut nit zum Schlafen.

Erster Nachbar

Glaub's schon – aber wenn du jetzt sitzen bleibst, wird auch nit besser.

Zweiter Nachbar

Geh, Franzenbauer, der Nachbar mein's gut.

Bauer

Ich weiß ja, dass ihr's nur gut meint mit mir – – aber jetzt gehts nur heim, habts euch genug geschunden.

Erster Nachbar

Ja, wenn wir hätten was retten können, aber so – –

Bauer weh

Alles hin. – – –

Erster Nachbar

Franzenbauer, du musst dich jetzt trösten, dass bei dem Brand kein Menschenleben zu Grund gegangen ist. Dem Waldbauern sind vor drei Jahren zwei Kinder verbrannt.

Zweiter Nachbar

Vieh ist dir auch keins zu Grund gegangen.

Bauer verbittert

Nur 's Haus und der Stadl mit dem ganzen Getreide und dem Futter und allen Wagen und Maschinen, sonst gar nichts. – – Nur die Kleinigkeit.

Zweiter Nachbar

Wie ist das nur so schnell gegangen?

Bäuerin

So ein kleines Gewitter. Es hat nicht einmal geregnet – auf einmal wird's taghell – und alles steht in Flammen.

Erster Nachbar

Ja, die trockenen Wetter, die haben's in sich.

Bauer verbissen

Da muss wohl der Teufel im Spiel gewesen sein, denn ich wüsst nit, wo ich mich gegen den Herrgott versündigt hätt. – – Nichts ist mir blieben ( schreiend) – nicht einmal ein Besenstiel.

Zweiter Nachbar

Das weißt, Sepp, wir helfen dir, so gut wir können.

Erster Nachbar

Wir lassen dich nit im Stich.

Bauer winkt ab

Geht doch heim, Männer, ihr werdet müd sein.

Erster Nachbar

Aber du musst mitkommen.

Bauer

Gehts! Ich bleib hier auf meinem Elend.

Erster Nachbar zögernd

Gute Nacht! ( ab)

Bauer und Bäuerin

Gute Nacht!

Zweiter Nachbar

Ich schau mich ein wenig um. ( ab)

Bäuerin

Die Kinder hat die Bachbäuerin mitgenommen – Gott sei Dank, die verstehen wenigstens nichts davon.

Bauer

Wenn s' größer wären – die Kinder – könnten s' helfen.

Bäuerin verzagt

– – So werden s' uns jetzt alleweil im Weg sein.

Bauer

So viel haben wir uns auf die Kinder gefreut –

Bäuerin

Sepp – du – ( lehnt sich an ihn – stockend) – wie ich vor dem Feuer erschrocken bin – da hat sich – was gerührt in mir.

Bauer schaut sie eine Weile an – dann tröstend

Wein nit, Resl! Auf ein bissel Elend mehr kommt's nimmer an. Wo zwei essen, wird 's dritte auch nit verhungern.

Bäuerin

Aber grad jetzt, wo du mich bei der Arbeit nit entbehren kannst.

Bauer

Wirst in keinem fremden Bett niederkommen. Bis es so weit ist, steht ein neues Haus da.

Bäuerin

Aber drei Kinder!

Bauer

Drei Kinder jetzt sind einmal sechs Arme Hilf. Sie bringen 's schon wieder ein. ( sucht mit den Händen in der Asche) Resl, morgen brauchst nit kochen.

Bäuerin

Kochen? Ja, wo denn, wenn nit einmal ein Ofen mehr steht. Morgen müssen wir zu den Nachbarn zur Bettelsuppe.

Bauer spöttisch

Was dir einfällt! ( zeigt in eine Ecke) Da hast gestern das Körbl mit Erdäpfeln hingestellt, da – ( reicht ihr eine Handvoll Kartoffeln) Die sind schon gebraten – und wie schön dazu. Ja, bei so einem Mordsfeuer müssen s' schon gut gebraten sein. – – Geh her ! Iss ! – – Graust's dir? Mir nit. So gut gebratene Erdäpfel werden wir jetzt lang nit mehr auf dem Tisch haben.

Bäuerin

Auf dem Tisch? Wir haben ja keinen mehr.

Bauer

Iss, Resl! Essen wir halt aus. der Hand.

Zweiter Nachbar, der die Feuerwache hält, kommt mit einer Schaufel.

Im Garten hinten ist die Schaufel gelegen. ( gibt sie dem Bauern) Heb sie auf, wirst sie brauchen.

Bauer

Also ist mir doch was verblieben. – Das Leben spielt doch mit uns eine Komödie, Nachbar. Bin doch so akkurat. Jede Gabel Lind jede Schaufel an ihren Platz. Hätt jedes mit verbundenen Augen gefunden. Alles ist an' seinem Platz verbrannt – nur die Schaufel da nicht, die ich verschlampt' hab. Die ist mir blieben. So hat sogar die Schlamperei einen Wert gehabt, Wenn's nit zum Weinen wir, grad lachen müsst man. – – Magst Bratkartoffeln, Nachbar?

Zweiter Nachbar

Bratkartoffeln?

Bauer reicht ihm eine Handvoll

Da!

Zweiter Nachbar

Wo hast denn die her?

Bauer

Die sind extrafein – direkt Delikatessen – sind extra in meinem Elendsfeuer für mich gebraten, Nimm!

Zweiter Nachbar

Dankeschön – ich hab keinen Appetit.

Bauer

Graust 's dir?

Zweiter Nachbar zuckt die Schultern

Bauer

Dann halt nit.

Zweiter Nachbar

Nirgends siehst mehr einen Funken Glut. Das Feuer hat gründlich gehaust.

Bauer

Das hat gründlich aufgeräumt mit meinem Sach – – – Resl, weißt du, was ich jetzt tu?

Bäuerin

Was denn?

Bauer

Auf das Essen zünd ich mir eine Pfeife an.

Bäuerin

Wie kannst denn jetzt rauchen?

Bauer zündet die Pfeife an

Ist jetzt so viel in Rauch aufgangen, kommt auf ein bissel Rauch mehr auch nit an.

Bäuerin

Ihr Männer, ihr nehmt alles leichter.

Bauer

Oder schwerer. Aber, wer sich ganz duckt, kommt nie mehr in die Höh.

Bäuerin

Es wird – scheint's – schon morgengrau.

Zweiter Nachbar schaut in den Himmel

's wird langsam hell. Das war eine böse Nacht für euch.

Bauer

An die Nacht denk ich mein Lebtag.

( Hinter den beiden züngelt in einer Mauerecke eine Flamme hoch)

Bauer spricht in sie hinein

Was willst denn du noch, du armseliger Feuerrest? Willst noch was fressen? ( höhnisch) Haben selber nichts mehr, alles ist verbrannt. – Magst vielleicht die Schaufel noch? Freilich – den hölzernen Stiel – – Das wär noch ein, Bissen – aber die Schaufel brauch ich selber. – Geh, verlösch wieder! – Hast dich ausgetobt genug bei mir – : gib Frieden! ( Das Feuer züngelt ein wenig höher) Ja lässt dir nit gut zureden? Müssen wir gar einen Eimer Wasser bringen? He, du?

Zweiter Nachbar

Wart, ich hol Wasser.

Bauer

Lass nur, ich möchte dem Feuer zuschauen, wie es sich: selbst frisst, wenn's mir nichts anderes mehr wegfressen kann. ( Das Feuer züngelt wieder auf) Es gibt keine Ruh. Ja, was willst denn noch? (plötzlich) Ja so, mein hölzernes Pfeifer! willst! – Ich versteh dich schon. Recht hast! – Was braucht ein Abbrandler rauchen? Wo 's Elend daheim ist, kostet der Tabak das Doppelte. Das willst doch sagen. Recht hast. ( Er wirft die Pfeife ins Feuer) Da - rauch weiter.

BauerIN

Bist du närrisch worden?

Zweiter Nachbar

Die schöne Pfeif! ( will sie herausholen)

Bauer scharf

Lass sie drin! Wenn Haus und Hof wieder steht – und wenn's wieder vorwärts geht – dann kauf ich mir eine neue. Jetzt wird nimmer geraucht – jetzt wird gespart. –

Geh heim, Nachbar!

(Es wird langsam hell)

Zweiter Nachbar

Komm doch mit!

Bauer

Jetzt, wo's hell. wird, schlafen gehn?

Zweiter Nachbar

Auch der Schlaf will sein Recht.

Bauer nimmt die Schaufel und fängt an aufzuräumen

Zweiter Nachbar

Was tust denn?

Bauer

Das Elend wegräumen, sonst hat's Glück keinen Platz, wenn's wiederkommen will.

Zweiter Nachbar im Abgeben

Der kann nit zugrund gehen.

Der Vorbang fällt


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