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4. Bild.
Die Spinnstube

Hochzeitsadler vor dem Vorhang

Ich bin zwar der Hochzeitslader,
der Bote zu Lust und Freud –
und hab doch den Vorhang gehoben
vor Bauernnot und Leid.
Sollt mir vergeben,
denn unser Leben
ist kein Theaterspiel –
tut mit uns, was es will.
Das Ansagen ist hier mein Amt.
So denkt dran, ihr Leut allesamt:
Das Leben des Bauern ist eures auch
und seine Art und seine Sitt und sein Brauch. –
Habt nur vergessen, dass er der Adam ist,
der stets wieder den Schweiß für euch vergießt
und euch Brot gibt – und Brot ist Leben.
Alle nehmen – nur die Bauern geben.
Aber, weil er direkt von Adam stammt,
ist der Bauer zu Stolz und Hochmut verdammt –
und sagt: Bauernrecht ist älter als 's Neu Testament. –
Schaun wir ihm weiter zu bis an sein End!

 

Der Vorhang gebt auf. Bauernstube. Einige Spinnerinnen, eine Klöpplerin, der Bauer, die Bäuerin, einige Burschen, die Magerl, der Korbflechter

Erster Bursch

Franzenbauer, wo bleiben deine Buben so lang?

Bauer

Futter richten s'. Müssen bald fertig sein.

Zweiter Bursch

Wenn der Sepp nit da ist, ist nichts los in der Spinnstuben.

Ein Mädel

Freilich! Uns wieder seckieren, das wär euch recht.

Erster Bursch

Was soll man sonst im Winter in der Spinnstuben tun?

Bauer

Wir haben's als Burschen nit anders gemacht. Und wenn man die Weiber nit sekkiert, ist's erst nit recht.

Ein Mädel

Helft denen auch noch! Dann geben s' überhaupt keine Ruh mehr.

Die drei Söhne des Bauern kommen, drei prächtige, gesunde Kerle

Ein Bursch

Da seid ihr ja schon!

Bauer

Seids fertig?

Sepp

Ja. ( hängt gleich einer die Schnur vom Spinnrad los)

Das Mädel (Kohlerkatherl)

Hab ich's nicht gesagt? Kaum ist der Sepp in der Stuben, seckiert er einen schon. Musst mir denn jedes Mal die Schnur aushängen?

Sepp zupft sie am Kleid

Schauts, die Kohlerkatherl hat ein neues Gewand, da muss man s' ja zwicken.

Bäuerin

Kannst keine Ruhe geben, Sepp?

Sepp lacht

Am End wär's ihr gar nit recht, wenn ich s' nit zwicken tät.

Kohlerkatherl deutet auf die Magerl, die sehr still am Spinnrad sitzt

Ich mein, du hättest zum Zwicken wo anders genug. ( Die Burschen und Mädchen lachen)

Ein Mädel

Geh, singt doch was!

Sepp

Recht hast. Was singen wir denn?

Ein Bursch

Singen wir:
»Zu dir bin i ganga«

Alle fallen in das Lied ein

Ein Mädel

Jetzt singen wir Dirndln eins.
( Sie beginnt)
»Du, du, dalkata Jagersbua«

Alle Mädchen stimmen ein

Eine nach dem Singen

O weh! Fünfe ist's schon. Dirndln, gehn wir Vieh füttern – und melken!

Alle springen auf und stellen die Räder zurück, nur die Magerl bleibt sitzen und spinnt weiter.

Bauer

Nur langsam! Ihr kommt schon noch hin.

Eine

Gelt, Franzenbäuerin, die Rocken lassen wir da. Seid so gut und wehrt die Kunden ab, sonst binden sie uns wieder alles voll Knoten.

Eine Andere

Magerl, pass du auch auf!

Bäuerin

Ich schau ihnen schon auf die Finger. Eilt euch nur, dass wir um sieben wieder alle beieinander sind in der Spinnstub.

Alle , außer Bauer, Bäuerin und Magerl ab

Bauer

Mutter!

Bäuerin

Ja?

Bauer

Hör doch her!

Bäuerin

Was denn?

Bauer

Heut hab ich mir das Kohlerkatherl erst so richtig angeschaut. Ich mein, sie wär schon ein rechtes Dirndl. Und wie der Sepp sie aufgezwickt hat, ist mir ganz vorgekommen, als säh sie ihn gern.

Bäuerin

Wir schon recht als Schwiegertochter. Fleißig und brav ist's. Kann keiner ihr was nachsagen.

Bauer

Und 10 000 Mark bekommt's bestimmt mit.

Bäuerin

Ja, willst denn schon übergeben?

Bauer

Nit gern – aber weißt ja, ein alter und ein junger Bauer nebeneinander; das tut nit gut.

Bäuerin

So mach's halt am Sonntag nach der Mess aus mit ihren Vater, dem Kohlerbauern.

Bauer

Ist's dir auch recht mit dem Übergeben?

Bäuerin

Das ist deine Sach. Da red ich dir nichts drein.

Bauer beim Hinausgehen

Also – am Sonntag red ich mit dem Kohlerbauern.

Bäuerin

Magerl, hast 's Saufutter schon gerichtet?

Magerl tonlos

Ja, Bäuerin.

Bäuerin

Geh zu, wir müssen die Küh melken. ( Sie geht hinaus)

Magerl sitzt sehr still mit hängenden Armen

Sepp schnell herein

Wo ist's Magert?
Da sitzt 's, als ob 's keine Arbeit gäb. Komm, der Stall wartet.

Magerl erhebt sich schweigend

Sepp aufmerkend

Aber Dirndl, was ist denn mit dir?

Magerl

Nichts! ( will am Sepp vorbei)

Sepp hält sie fest

Nun red doch, was. hast? – Du hast doch was!

Magerl

Lass mich! – Geh zum Kohlerkatherl!

Sepp lacht

Wegen dem Zwicken? – So ein eifersüchtiges Maderl, so ein dummes.

Magerl

Frag nur deinen Vater! Der redt am Sonntag nach dem Amt mit dem Kohlerbauern.

Sepp ärgerlich

Red doch nit solch einen Schmarrn daher!

Magerl

Wo ich's mit eigenen Ohren gehört hab!

Sepp

Da hab ich auch noch mitzureden. Ich such mir selber meine Hausfrau. Aus dem Plan wird nichts draus.

Bauer eintretend

Wo wird nichts draus?

Sepp

Aus der Geschicht mit dem Kohlerkatherl.

Bauer

Wie redst mit mir?!

Die Bäuerin tritt ein

Sepp

Wie einer, der sich nit verhandeln lässt.

Bauer

Hast etwa eine andere?

Sepp

Und wenn?

Bauer

Vielleicht die da?!

Sepp stellt sich neben Magerl

Und wenn!

Bauer

Das leid ich nit!

Sepp

Ich heirat, nit du! Und ich heirat die Magerl!

Bauer

Also da schau her! So weit bist schon! Einen Dienstboten brächt er mir auf den Hof. O nein, mein Lieber. Wo Bauern sitzen, haben Häusler keinen Platz. Da bin ich auch noch da.
( zu Magerl)
Und du sollst dich schämen! Bist Dienstbot hier und treibst dich mit dem Hoferben rum. – Du – du – Betteldirn du!

Magerl weint

Bäuerin

Halt dich zurück, Mann!

Sepp tritt hart vor den Bauern

Nimmst das zurück?!

Bauer

Wie trittst vor deinen Vater? Du ausgeschämter Kerl, du! Weg von dem Mädel!

Sepp reißt Magerl zu sich her

Her gehst, Magerl!

Bauer holt aus und schlägt Sepp ins Gesicht

Da Schandbub, du elender!

Sepp will sich auf ihn stürzen

Das tust mir?!

Bäuerin springt dazwischen, während Magerl sich an den Sepp hängt

Sepp!

Bauer

Hinaus mit dir! – Nimm s' mit, deine Betteldirn! Raus ans meinem Hof!

Bäuerin

Vater, was tust?

Sepp

Wär auch so nimmer blieben, Mutter. Bhüt Gott! Komm, Magerl! ( Er reißt sie heftig mit sich hinaus)

Bäuerin

Was hast tan, Vater?

Bauer hart

Was ich hab müssen. Hier auf dem Hof bleibt's beim alten Bauernbrach. Wenn der Vater was will, haben die Kinder nichts zu reden. So halten 'S wir Bauern.
( Er wendet sich zum Gehen)
Der Stall wartet.
( Er geht und dreht sich noch einmal um)
Und den Hof bekommt der Karl!

Der Vorhang fällt


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