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4.

Es war beinahe Abend geworden, als sie sich den Ufern des Sees Henriquille näherten, Delville war wieder der liebenswürdige, sorgsam bemühte Führer geworden und hatte die Vorwürfe der Damen und seines Verwandten über die rauhe Behandlung des jungen Petion damit abgeschüttelt, daß er Lariviere vor diesem schlauen und ränkevollen Burschen warnte.

Sie müssen mir vergeben, sagte er, wenn ich Ihre Gefühle verletzte, doch glauben Sie mir, dieser Petion ist der gelben Schlange ähnlich, die so unschuldig aussieht, daß, wer sie nicht kennt, mit ihr spielen möchte. Man hat ihn in Verdacht, daß er die Schandschrift, von der ich sprach, ins Land brachte, und daß er mit den Gelben im Süden, mit den Rigauds und ihrem Anhang, wie mit den Clubs in Paris in Verbindung steht, ist gewiß. Hüte Dich, Lariviere, mit ihm in Berührung zu kommen, lade ihn nicht zu Dir ein, – doch Du wirst bald selbst erkennen, daß das unmöglich ist und wirst mein Benehmen gegen diesen Menschen gerechtfertigt finden, der übrigens nicht werth ist, sich länger mit ihm zu beschäftigen.

Um die fünfte Abendstunde hatten sie das schöne Thal erreicht, das die Pflanzung Croix rouge bildete. Zwischen zwei sanften Höhen dehnte es sich aus und begann mit einem lieblichen Palmenwäldchen, an welchem der Intendant Ardon, der Pfarrer des Kirchspiels und einige benachbarte Pflanzer sie empfingen. Hinter ihnen bildeten fünfhundert Sklaven zu beiden Seiten des Weges ein doppeltes Spalier dunkelfarbiger Köpfe. Mit Jubelgeschrei wurde der junge Massa begrüßt und begleitet. Die Weiber in ihren kurzen bunten Galicoröden hielten ihre Kinder auf den Armen, die Männer schwenkten ihre Strohhüte mit flatternden Bändern, und als der dicke Pfarrer seine Anrede gehalten hatte, trat eine Deputation der Sklaven herbei und kniete vor der jungen Herrschaft nieder. Ein Greis war darunter, dessen Gesicht voll Runzeln und Falten und dessen Haar fast weiß war.

Mein alter guter Cäsar! rief Lariviere, indem er ihn vom Boden aufhob, ich freue mich, Dich wieder zu sehen. Das Knieen wird Dir sauer; steht alle auf, meine Freunde.

Massa! antwortete der alte Neger – Cäsar Rede halten soll, habe gelernt, aber Kopf ist alt, Alles vergessen. Weiß nichts mehr, als Massa ein guter Herr sein – Massa tausendmal willkommen – alle Neger für ihn beten, alle ihn lieben und anbeten!

Vielen Dank, mein guter Cäsar, vielen guten Dank euch Allen, sagte Simon. Sieh hier diesen alten Mann, liebe Eugenie; er hat mich auf seinen Armen getragen und immer viele Anhänglichkeit für mich gezeigt.

Dafür will ich ihm auch danken, fiel die junge Frau ein, indem sie dem Neger die Hand reichte, die er demüthig an seine Lippen zog. Dann schlug er im größten Entzücken seine Hände zusammen und fiel wieder auf seine Kniee.

O! Massa sehr gut, schrie er, Dama sehr gut – schwarzer Mann zufrieden sein! Schwarzer Mann gehorsam ist, Massa zufrieden sein soll.

So ist es recht, Cäsar, sagte Lariviere, und nehmt mein Wort, ich will euch ein guter Herr sein.

Heut ganz besonders nach altem Gebrauch, lachte Delville. Wenn der Massa heimkehrt, darf es an Musik und Tanz nicht fehlen. Gebt Ihnen tüchtige Schüsseln voll Cuscubrei, Schweinefleisch und Reisbranntwein, bis sie sämmtlich am Boden liegen. Das ist das einzige Mittel, ihnen diesen Tag unvergeßlich zu machen.

Der Zug setzte sich nun in Bewegung und erreichte das Haus, das auf einer sanften Anhöhe lag. Mit seiner einen Seite überblickte es das Thal der Pflanzung, mit der anderen sah es über den See hinaus, dessen Wellen den Fuß des Hügels bespülten. Es war, wie alle Herrenhäuser großer Pflanzungen, so angelegt, daß es von den Wirthschaftsgebäuden und der Stadt der Neger getrennt lag, die eine Strecke davon ein Seitenthal einnahm.

Von weißen gebrannten Steinen war es aufgeführt, und Ardon hatte Alles neu tünchen, malen und sorgfältig einrichten lassen. Delville, der ihm beigestanden, ließ prächtige neue Möbel aus Port au Prince kommen, die Gemächer mit den zierlichsten Matten belegen, die feinsten indischen Gacen über Fenster und Thüren spannen und bot alle mögliche Fürsorge auf, um den Eindruck glänzend und angenehm zu machen. Auf der Verandah standen die schönsten Blumen, deren duftende Kelche sich der Herrin entgegen neigten, und in dem letzten rothen Sonnengezitter flatterten Hunderte der schönen kleinen Vögel umher, die wie die Bienen des Abendlandes in Blumenkelchen sich trunken baden und mit bienengleichem Summen daraus hervorfliegen.

Der Geistliche, die weißen Nachbarn, der Arzt und die verschiedenen Beamten der Pflanzung waren bei dem Einzuge zugegen und hatten auch keine Lust, sich so bald zu entfernen; denn wo ein Gastmahl so unerläßlich ist, wie hier, geht selten Einer trockenen Mundes gern davon; auch wäre es eine Schande gewesen, wenn der zurückgekehrte, wohlempfangene, reiche Herr nicht Alle bewirthet hätte.

In der Küche war die Haushalterin den ganzen Tag mit sechs schwarzen Küchenmädchen beschäftigt gewesen, Perlhühner, Kapaunen, wilde Vögel, saftige Lendenstücke, Torten, Crême und andere Leckerbissen zu bereiten, und manchen tüchtigen Puff und Karbatschenhieb hatte es dabei gesetzt, denn Dama Lätitia stammte noch aus der Zeit der seligen Frau Lariviere und hatte mit ihr gemeinsam ein strenges Regiment geführt. Sie rühmte sich vom besten Blute der Colonie zu sein und konnte an den Fingern zehn oder zwölf Ahnen aufzählen, alle von guter Familie und so ausgebreiteter Verwandtschaft, daß es wenige angesehene Männer in diesem westlichen Landestheile gab, zu denen sie nicht, »mein Cousin« sagen konnte.

Solcher heruntergekommenen Geschlechter gab es manche auf der Insel und aus ihnen gingen gewöhnlich die Intendanten und Aufseher in den großen Pflanzungen hervor, welche nicht selten Edelleute von besserem Blut waren, wie die Besitzer selbst. Auch die Wirthschaftsführerinnen stammten aus jener Klasse von Vettern und Basen; so war denn auch die Dama Lätitia eine Verwandte der Lariviere's.

Als die junge Herrschaft im Saale anlangte, stieg die Haushälterin aus dem Küchenbereiche hervor, von den scheuen Blicken ihrer Untergebenen begleitet, die Alles, was sie etwa denken mochten, streng in sich verschlossen.

Fräulein Lätitia Cadusch war ungewöhnlich groß und eben so mager. Ihrem gelben, kreolisch scharfen Gesicht wurde von einer schmalen Nase, langen farblosen Lippen und blitzenden Augen der charakteristische Ausdruck von Härte und Stolz gegeben, welcher allen Kreolen mehr oder minder nachgesagt wird. Ihr grauendes Haar hatte sie gepudert und einen Kopfputz von Kanten und vielen blau und rothen grellen Bändern darauf gesetzt, wie er vor einiger Zeit Mode geworden war. Ein außerordentlich buntgemustertes Foulardkleid mit ganz kurzem Leibchen und weiten Türkenärmeln, aus denen ihre mageren Arme lang hervorreichten, vollendete den Feststaat; aber auch an ihm hatte sie die Zierde ihres Amtes, das mächtige Schlüsselbund, nicht vergessen. Es steckte im Gürtel und hinter ihm hing eine geflochtene eckige, kurze Peitsche von sehr hartem Leder, die sie in der Eile nicht abgethan hatte.

Als diese seltsame Gestalt in dem Saale erschien und mit ausgebreiteten Armen sich auf Simon stürzte, waren die beiden munteren jungen Französinnen nahe daran, ein übermüthiges Gelächter anzustimmen. Melanie mußte sich die größte Gewalt anthun, es zuckte ihr in allen Gliedern, und selbst die ernsthaftere Eugenie wandte sich ab, um mit Arbon zu sprechen und ihm für seine Aufmerksamkeiten zu danken.

Die kreischende Stimme des alten Fräuleins schallte jedoch laut hinter ihr her, und belustigt sah sie zu, wie Lariviere umschlungen, gedrückt, geküßt und mit einer Fülle zärtlicher Namen und Bewillkommnungen begrüßt wurde, so schnell die Lippen diese nur auszusprechen vermochten.

Endlich, rief die alte Dame, endlich bist Du da, mein Herzenslämmchen. Seit ich es gewußt habe, ist mir keine Nacht ruhig vergangen. Immer dachte ich an meinen kleinen Simon, an meinen Engel, an mein Zuckerpüppchen, und konnte die Zeit nicht erwarten, wo er hier sein würde. Und wie Du aussiehst, Du allerliebster Schelm! Was ist er groß geworden, Cousin Delville, und schön und wunderhübsch! Haha! was er für rothe Backen und eine weiße Stirn hat! Wart, Du liebes Närrchen, die Sonne von Sant Domingo wird Dich schon färben und die Musquitos werden Dir das süße europäische Blut aussaugen. Aber ach! wenn Dich Deine arme Mutter sehen könnte, wenn sie Dich so sehen könnte, Simon, so prächtig wie Du aussiehst, sie würde Thränen vergießen. Viel besser siehst Du aus, wie Dein Vater je ausgesehen hat, und er war ein stolzer, schöner Mann, Dein Vater, ein echter kreolischer Edelmann von bestem Blute, von unserer Familie.

Thränen vergießen schien das Höchste zu sein, was die Haushälterin sich denken konnte; sie selbst sah aus, als wäre nie ihr Auge naß geworden, und die Neger, welche hier, in der Nähe der spanischen Grenze der Insel, sich aus Donna und Dame das Wort Dama für alle ihre Gebieterinnen zurecht gemacht hatten, behaupteten von der Dama Lätitia, daß ein Kaiman vom Naybastrome eher zu rühren sei, wie sie.

Lariviere hatte geduldig sich in sein Schicksal gefunden, sein Widerwille aber ging in Rührung unter bei der Erwähnung seiner Mutter. Jetzt umarmte und küßte er die bärtige Pflegerin und Helferin und sagte bewegt:

Ich danke Dir für alle Deine Güte und Liebe, gute Lätitia, danke Dir von Herzen für Deine treue Sorge, die so viele Jahre meiner Mutter zur Seite stand, und hoffe, Du wirst auch fernerhin meiner Frau eine gütige Freundin sein, die Dich dafür eben so lieben und ehren wird, wie ich es thue.

Lätitia ließ ihre Augen umherrollen und fuhr auf Melanie los, die sie an sich drückte und küßte, was nicht ohne ein vergebliches Sträuben geschah.

Es ist meine Schwägerin, rief Simon lachend, hier hast Du meine Eugenie. Hier, liebe Eugenie, ist unsere Cousine Lätitia, von der ich Dir so vieles schon erzählte.

Das war jedoch nicht ganz wahr, denn bis jetzt hatte Lariviere wenig von der Verwalterin seines Hauses gesprochen. Er hatte seiner jungen Frau nur gesagt, daß eine entfernte Verwandte und Freundin seiner Mutter der Wirthschaft vorstände und daß Lätitia auch ferner, wie es üblich und schicklich, ihr alle Sorgen und Mühen abnehmen werde, ohne daß sie es nöthig hätte, sich um das Hauswesen zu kümmern. Im Uebrigen hatte er sich gehütet, näher auf dies Thema einzugehen, und die junge Dame trug ebenso wenig Verlangen darnach, mehr davon zu erfahren. Sie hatte sich ein allgemeines und vortheilhaftes Bild von der erfahrenen und treuen Wirthschafterin entworfen, ein gewisse mütterliches Bild einer Frau, die geschäftig, behäbig und freundlich sie empfangen und ihr treuherzig und verwandtschaftlich entgegenkommen werde; statt dessen empfand sie ein innerliches Bangen vor dieser langen dürren Cousine, die sie ansah, wie die gelbe Schlange den Kolibri, der auf seinem Neste sich festklammert.

Sie stammelte unter dem Eindruck dieser Blicke ein paar der gewöhnlichen Freundschaftsbitten, die Dama Lätitia mit Wohlgefallen annahm. Die scheuen Blicke und die geheime Furcht der jungen Frau entgingen ihr nicht, aber sie freute sich darüber im Gefühl ihrer Ueberlegenheit, aus der eine Art Mitleid für das zarte, weiße Kind entsprang, dessen Hülflosigkeit und Schwäche ihr ein Lächeln abpreßte. –

Madame, meine gute Cousine, sagte sie, ich werde mich gern Ihrer annehmen, so viel ich immer vermag. Wir werden gewiß gute Freunde sein, und da Sie, als eine Fremde, Vieles nicht wissen und verstehen können, was hier üblich und schicklich ist, so will ich getreulich Ihnen beistehen und Sie lehren, was Sie bedürfen. Stützen Sie sich nur auf mich, so wird es bald gehen; die Dama von Croix rouge wird den besten Namen im Lande haben, wie es ihr zukommt.

Das Gespräch wurde nun allgemein; Simon kam seiner Frau zu Hülfe, als er sah, daß sie verlegen und stumm war, Lätitia selbst aber schien Behagen an Eugenie zu finden, oder es war ihr Triumph über das schwache, schüchterne Weib, der sie dazu antrieb, sie durch das ganze Haus zu führen, ihr alle Einrichtungen zu zeigen und den zahlreichen schwarzen Dienerinnen gleich auf der Stelle zu beweisen, wie sie mit der neuen Gebieterin umgehe.

Endlich war auch dieser Umgang vollendet, und als sie in den Saal zurückkehrten, war es Nacht geworden. Draußen schwärmten Wolken feuriger Cocucos und anderer schöner Leuchtkäfer, innen brannten die großen Kronen und Armleuchter. Die Gacefenster hielten die Thierwelt ab und ließen den kühlenden Luftzug ein; eine reiche Tafel war gedeckt, besetzt mit den leckersten Speisen der kreolischen Küche. Delville hatte aus Port au Prince Weinvorräthe mitgeschickt, und aus Simons Keller kamen bestaubte Flaschen, die sein Vater dort einst niedergelegt hatte.

Der wohlgenährte Pfarrer brachte den ersten Trinkspruch aus, dem mancher andere folgte, und die geweckte Fröhlichkeit ließ nicht nach, bis endlich die süßen Torten den Schluß machten und Delville aufstand und Lariviere erinnerte, daß es Zeit sei, wenn er den Damen das Fest der Sklaven zeigen wolle, dessen Lärm durch die Nachtstille drang.

So gingen sie alle denn hinaus, und erhitzt von Luft und Liebesglück schlang Simon seinen Arm um Eugenien. Delville folgte mit Melanie, der Pfarrer führte Lätitia, die Andern schlossen sich ihnen an. Der Tropenhimmel hing oben mit seinen großen Sternen, an den Bäumen brannten farbige Ballons, von den Sonnen und Rädern der Feuerkäfer umspielt, und endlich erreichten sie den Platz vor den Wohnungen der Neger, der zum Tanz und Festplatz eingerichtet war.

Er war hell erleuchtet, an den Seiten mit Tischen besetzt, auf denen große Krüge gefüllt mit dem gegohrenen Getränk standen, das aus den Resten des Zuckerrohres gewonnen wird und eben so kühl und lieblich schmeckt, wie es berauschend wirkt. Auch Limoniensaft, Rum, Reiskuchen, Bananen und süße Pataten, Fleischspeisen und Brotfrüchte waren in Menge vorhanden, doch Alles stand fast unberührt, denn Hörner und Flöten, von schwarzen Musikanten gespielt und von afrikanischem Beckenklang begleitet, riefen zum Tanz, der Alt und Jung in seine Wirbel riß.

Es war keine Melodie, kein Wohllaut in den wilden Tönen der Instrumente, doch war es eine gewisse Wiederkehr derselben barbarischen gellenden Laute, die europäische Ohren zerreißen, während sie die Herzen der Neger mit Wonne und ihre Arme und Beine mit Springfedern füllten. Herkulische Männer und halbnackte Mädchen und Frauen, Jünglinge und Kinder, Greise und alte Weiber drehten und wanden sich unter Gekreisch und Gelächter hin und her. Andere sangen dazu ein Lied, das aus lauter einzelnen Sylben oder Takten zu bestehen schien, die sie mit großer Gewalt ausstießen. Sie hielten sich dabei an Händen und Schultern fest, sprangen bald mit beiden Füßen auf, bald hüpften sie auf dem einen oder anderen Beine, dann flogen ihre Arme in die Luft oder wirbelten über ihren Köpfen, während der Körper sich umkreiselte, und das Licht erhellte ihre dunklen Gesichter, beleuchtete ihre blutlosen Lippen, die großen weißen Wölbungen ihrer Augen und die blendende Weiße ihrer Zähne.

Manche Gestalten waren kräftig und schön von Formen, andere von Alter entstellt und häßlich gemacht; im Ganzen aber war der Anblick doch kein unangenehmer, wozu auch die saubere Tracht beitrug, denn alle diese als Thiere verhandelten und als Thiere betrachteten Wesen waren mit roth- und weißgestreiften Jacken und Hosen oder Röcken bekleidet, und manche der Mädchen und jungen Weiber trugen Korallenschnüre, oder Schnüre von großen weißen oder farbigen Glasperlen um Hals und Arme.

Nun, sagte Delville zu Melanie, wie gefällt Ihnen der Spaß hier zu Lande?

Im Anfang besser, als wenn man lange darauf hinsieht, antwortete sie.

O! Sie haben Recht, rief er lachend, lange muß man nicht in der Nähe solcher Wollköpfe sein, ihre Atmosphäre beleidigt unsere Nerven. Die Gelehrten meinen, der sonderbare Knoblauchsgeruch käme aus ihrer öligen Haut; ich meine, es sei eines der Zeichen, daß sie überhaupt nicht in menschliche Gesellschaft gehören, so wenig wie diese zu ihnen.

Aber es sind doch manche junge Leute dabei, deren glänzendes Schwarz sie gut kleidet, sagte Melanie.

Das sind Neger vom Senegal, frisch eingeführt und wild wie Wüstenrosse, antwortete der Kreole. Einige dieser jungen Mädchen sind glatt wie Aale und ihre Haut ist weicher wie Sammet; sie werden oft sehr geschätzt und hoch bezahlt.

Er schien sich über den Blick zu belustigen, den Melanie auf ihn warf, und sagte dann:

Vor einigen Wochen kam eine lustige Geschichte auf dem Kap vor. Im Casino wetteten ein paar Freunde, wer von ihnen den schwärzesten und blänksten Neger besäße. Der eine hatte einen Burschen gekauft, von dem Jeder, der ihn sah, behauptete, es sei niemals ein dunkleres, stattlicheres Geschöpf auf den Markt gekommen. Es galt eine hohe Summe, Schiedsrichter wurden ernannt, man hielt den anderen für verloren. Was that der verschmitzte Patron? Er machte einen echten Kreolenstreich. Ein Engländer hatte eine neue Art Glanzlack aus Jamaica herübergebracht. Damit ließ er den Burschen von oben bis unten wichsen und anstreichen, und so brachte er ihn den nächsten Tag blank wie einen Baustiefel vor die Richter, die ihm unter lautem Gelächter, das durch die ganze Insel nachschallte, den Preis zuerkannten.

Eine Antwort wurde Melanie erspart, denn jetzt hatten die Sklaven erfahren, daß ihr Massa bei ihnen sei. Die Musik hörte auf, und plötzlich lagen die Tänzer auf ihren Knieen, streckten die gefalteten Hände zu ihm empor und schrieen ihm ihren Dank entgegen.

Erlauben Sie ihnen noch eine Stunde zu tanzen, sagte der Intendant, denn wenn es länger währt, fügte er leiser hinzu, wird aus der Arbeit morgen nicht viel werden.

Ich glaube, erwiderte Lariviere fröhlich, die Arbeit drängt zur Zeit nicht allzusehr. Tanzt also heut, meine guten Freunde, so lange ihr Lust habt und laßt es euch schmecken, so viel ihr immer könnt.

Eine solche Erlaubniß wurde auch von den Negern sofort verstanden und mit einem Freudengeheul beantwortet. Der gute junge Massa war, wie sie sich zuriefen, ein Engel, den der weiße Gott ihnen geschickt hatte, und als nun gar ein Feuerwerk abgebrannt wurde, das höchste Entzücken jeder schwarzen Haut, als Raketen aufstiegen und Feuerräder sich blitzschnell drehten, war die äußerste Spitze ihrer Glückseligkeit erreicht.

Ich fürchte, mein lieber Ardon, sagte Delville lachend, diese schwarzen Schufte werden Ihnen bald mehr zu schaffen machen, wie je vorher. Lariviere weiß sie nicht zu behandeln.

Der junge Herr wird einsehen, antwortete der Intendant, daß eine vernünftige Strenge nothwendig ist.

Sprechen Sie mit ihm, von der Leber fort ohne Umstände, wenn es sein muß, ich werde Sie unterstützen, fuhr Delville fort, und lassen Sie sich die jungen Damen nicht etwa über den Kopf wachsen. Doch dafür, fügte er leiser hinzu, haben Sie einen guten Bundesgenossen an Dama Lätitia; die wird sie zustutzen und ihnen Sitte lehren.

 

Nach einigen Stunden war endlich Lariviere allein mit seiner jungen Frau. Die Gäste waren fort, das Haus geschlossen, die Lichter gelöscht, Alles zur Ruhe. Er stand mit ihr am Fenster hinter den feinen, weichen Gaceschleiern, und eben trat der Mond über die schwarzen Mornen der Sanct Juankette und leuchtete groß und hell auf den Spiegel des Sees.

So bist Du denn in Deiner neuen Heimath, geliebte Eugenie, sagte er, und sollst ein neues, fremdes Leben beginnen. Wirst Du es ertragen? Wirst Du glücklich sein?

Alles mit Dir, mein Simon, flüsterte sie, Alles mit Deiner Liebe.

Da beugte er sich nieder auf ihre Hände, zog diese an seine Lippen und sagte zärtlich:

Liebe mich; man muß hier lieben, um glücklich zu sein, und das ist ja das Einzige, was ich vom Leben will und sehnsüchtig hoffe. Die ganze Welt ist mir nichts gegen Deine Liebe, und wenn ich Alles missen sollte, Alles verlöre und behielte Dich allein, so würde ich nichts verloren haben.

Er hielt sie in seinen Armen und küßte sie leidenschaftlich. Dann sah er zu ihr auf; der Mond schien in sein erregtes Gesicht und in seine funkelnden Augen.



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