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Achtes Kapitel

Es war zur Zeit der Weinlese, und wie sich von selbst versteht, das mit Rebenhügeln bedeckte Etschland voller eitel Lust und Fröhlichkeit, als eines Tages ein bestaubter Reiter in der Herberge zum ›Mondschein‹ in Bozen eintritt.

Er musste bekannt im Hause sein, denn er sprang vom Pferde, stieg rasch über die gewundenen Treppen hinan und trat, das von Verehrern des süßen ›Neuen‹ (Weines) vollgepfropfte und mit heidnischem Getös erfüllte Schankzimmer vermeidend, in das Hinterstübchen, in das wir schon einmal bei Gelegenheit des kühnen Depeschenraubes durch den brotlosen Probsteischreiber von Gries einen kurzen Blick geworfen.

Dieser Fremde – eine kurze, aufgedunsene und trotz des verstaubten Reiseanzuges geckisch gekleidete Gestalt mit feinem, verschmitztem Gesichte – bei Gott! Er ist es ja selber, der ehrenwerte Herr Hanns Küeppacher, um viel verdrießlicher und grämlicher, aber um nichts weniger umständlich geworden als zu der Zeit, wo wir ihn zum ersten Male sahen.

Davon zeugte der kurze gemessene Ton und die geheimnisvolle, wichtige Miene, mit denen er der herbeigesprungenen Schänkmagd den Befehl erteilte, ihm den Leutgeb stracklich zur Stelle zu schaffen zu heimlich vertraulichem Zwiesprach. –

»Gott stärke meine Augen! Ihr zu Bozen Hanns?« rief der runde Schänk verwundert aus, als er in das Stübchen trat. »Ei die Freude, der Bader ist drüben im Sitz Sitz – das allgemeine Schank-Sitzzimmer, der wird schauen! – Ich darf ihn doch herein rufen?«

Der Küeppacher senkte den Kopf zu gnädiger Genehmigung dieses Vorschlages, und nachdem die ersten Begrüßungen vorüber waren samt den allerwärts gebräuchlichen, stehenden Fragen um gegenseitiges Befinden, saßen die Drei bald wieder wie damals vor den vollen Humpen und im warmen Gespräche beisammen.

»Nun erzählt, Hanns!« forderte diesen der Schänk mit neugierig blitzenden Augen auf, »erzählt, Ihr müsst ja Neuigkeiten in Hülle und Fülle mitbringen vom Kaiserhofe, an dem Ihr, wie uns fahrende Kaufherren erzählt, in gutem Amt und hohen Ehren stehet!«

»Gestanden bin, mein guter Schänk! Gestanden bin!« sagte Hanns mit einem tiefen Seufzer.

»Ho, woso?« riefen seine Freunde.

»'s ist alles aus! Um Euch das begreiflich zu machen«, erklärte jener, »muss ich weit ausholen. Dass und wie ich mir einiges Verdienst um die Gräfin erworben, wisst Ihr, und wäre meinem Rate damals Gehör gegeben worden, so hätte der Böhme geschaut, wie er aus dem Lande gekommen wäre, statt dessen Regiment mit kecker Hand aufzunehmen. Nun, die Gräfin hat' zu büßen – ich leider selber mit, denn ich musst' davon – meines Lebens nicht sicher – in heller Flucht; das war mein Lohn!«

»Ja wohl, statt mir, wie Ihr Euch damals vermaßt, den ›Mondschein‹ abzukaufen!« warf der Leutgeb hämisch ein.

»So viel hatt' ich aber weg«, fuhr der Küeppacher ruhig, und ohne diese Einrede zu beachten, fort, »dass ich nur einen Weg einschlagen könne, um meinen Leib zu salvieren samt meinen gerechten Ansprüchen – den nach Baiern, zum Kaiser, von dessen Unterhandlungen mit unserer Gräfin ich aufs Genaueste instruiert war. – Ich tat's, ward gut aufgenommen und meinen Bemühungen gelang es – ich wusste auf den Entschluss Frau Margarethens: sich vorderhand zu fügen, den gehörigen Nachdruck zu legen – die Unterhandlungen trotz aller Aufsicht des mährischen Markgrafen im Laufe zu erhalten, brachte es endlich sogar dahin, dass der junge Herr Ludwig sich bereit erklärte, die Hand der Gräfin zu nehmen, wenn es ihr gelänge, die kirchliche Trennung ihres unfruchtbaren Ehebündnisses beim Heiligen Vater auszuwirken. Soweit ging alles gut, und dieweil sich hier und herum das Volk in Bedauern und Bewundern der Gräfin erschöpfte, die urplötzlich und trotz ihrer förmlichen Haft der Sage nach zur treuen, demütigen Hausfrau umgeschlagen, studierte und spintisierte ein Heer gelehrter Mönche unter des Bischofs von Freising, Leuthold von Schaumburg, Anleitung in alten Pergamenten und neuen Gesetzen einen Scheidungs-Rechtsgrund nach dem andern heraus. – Da führte der Satan – was glaubt Ihr, wen? – wie hergeschneit daher: den Michele, den alten Hofnarren der Gräfin und seinen verrückten Sohn, den Jakob!«

»Ho, den Michele? Den glaubt ich längst verdorben und gestorben!« rief der Bader verwundert.

»Ja, das ist er auch, der Alte; in München um Mitsommerszeit!« sagte Hanns, »aber der Junge, der Jakob, den Gott verdammen möge!«

»Ei warum, war ja immer ein guter Narr, bis auf die Mucke, dass die Gräfin ihn zu ihrem Manne machen sollt' für die kleine Kurzweil, die sie mit ihm getrieben!«

»Ein guter Narr? Schön Dank! – Wisst, dass er – weiß Gott durch welche Teufelskünste er sich in die Gunst des schwachherzigen Prinzen eingeschlichen – kurz: er kam als Schildknapp, von Narrheit keine Spur, in den Dienst des Prinzen Ludwig, und von Stund an erklärte dieser, um keinen Preis mehr eine Verbindung mit Margarethe eingehen zu wollen!«

»Alle Hagel! Und daran soll der Jakob schuld sein?«

»Kein anderer, ich weiß es gewiss! – Doch deshalb hatt' es keine Not mit dem Fortgang der Sache, die schon zu weit gediehen, als dass die Parteien, eine wie die andere, mehr zurück könnten. Aber – die Gräfin, die Gräfin! O diese Weiber!« mit diesem jammernden Ausrufe schien der ehemalige Probsteischreiber seine Erzählung beschließen zu wollen, denn er legte seine Arme gekreuzt auf den Tisch, seinen Kopf darauf und versank in tiefes, gedankenvolles Schweigen.

Seine beiden Freunde sahen einander verdutzt und verwundert an. »Ja, was meint Ihr denn, Herr Hanns!« nahm endlich der Bader das Wort, »was soll es mit der Gräfin und Eurer Bekümmernis?«

Der Schreiber erhob langsam den Kopf und sann eine gute Weile nach, ehe er statt einer Antwort die Frage erhob: »Und was wisst Ihr von den Verhältnissen hier zu Lande? Sagt an, vielleicht könnt Ihr mir Ersprießliches verraten.«

Der Wirt glotzte ihn achselzuckend an und warf dann einen winkenden Blick auf den Bader, der diese stumme Aufforderung, das Wort zu nehmen, verstand und ihr sofort also nachkam: »Was wir wissen, ist blutwenig und beschränkt sich auf das Allgemeinste, das für gewöhnlich die Runde macht durch die Täler.

»Die Sachen gingen den gewöhnlichen Gang, in dem solche rasche Umänderungen betrieben werden; ganz wie es war, als die Gräfin ihren Eheherrn verjagte und das Regiment in die Hand nahm, nur dass die, so damals fielen, stiegen, wie damals die gestiegen, die heute in Ungnade leben. Meist sind sie geflohen, die Herren, die zur Gräfin gehalten. Die Aufensteine in ihre Heimat in Kärnten, der von Vilanders in die Schweiz, glaub' ich gehört zu haben…«

»Herr Engelmar? Der war mit mir an dem Kaiserhofe!« berichtigte der Küeppacher, »und herbergt heut wie ich in Bozen!«

»Alle Hagel!« rief der Bader verwundert, »und was hier?«

»Er ist ja eben von dem Kaiser mit der Betreibung der bewussten Angelegenheit betraut!« war die Antwort.

Der Bader stieß eine helle Lache aus und rief lustig: »Das nenn' ich treuen Dienst! O du Liebe Gottes! Der Kebsmann der Gräfin wirbt ihr den zweiten Mann!«

Der Schreiber unterbrach die Herzensergießung des Bürgers mit einem unwilligen: »Macht weiter! Erzählt, was Ihr wisst!«

Der Bader fuhr sich mit der flachen Hand über das schmunzelnde Gesicht, um es zu erforderlichem Ernst zu glätten und fuhr fort:

»Was weiter? – Nun, kurze Zeit nach dem Umschlage der Dinge musste der Herr Tutor, der gar gestreng zu wirtschaften angefangen im Lande, eilends davon, ich denke zu seiner Schwester, der Herzogin in Niederbaiern, nach Burghausen. Er kam nicht mehr wieder, und seitdem heißt es, haust das gräfliche Ehepaar in Fried' und Eintracht auf Tirol. Verlautet nichts, dass die unbändige Gräfin ihr altes Spiel wieder aufgenommen – nun, Graf Johann ist auch indes ein gar stattlicher Herr geworden!«

»Ja was habt Ihr denn, was ist Euch denn?« fragten seine Gefährten teilnehmend.

»So wisst denn, was mich quält«, flüsterte Hanns, »alles wäre in Ordnung, der Brandenburger muss, weil der Kaiser will, und nun, will die Gräfin nicht.«

Der Schänk schrie verwundert auf, und der Bader rief sein ständiges: »Alle Hagel!«

»Ja, ja, meine Freunde!« bestätigte der Küeppacher, »dies Weibsvolk! Unsteter als Aprilwetter und leichter als Spreu vorm Winde! Sie will nichts hören mehr von Trennung und die Treuen stehen fortan zu ihrem Ehegemahl!«

»Hm! – Wenn sie nur wüsste, was ich weiß!« sagte der Bader mit geheimnisvoller Miene.

Der Schreiber zuckte bei diesen Worten, wie vom Blitze getroffen, zusammen und rief mit bebenden Lippen und starrenden Augen: »Was, was wisst Ihr?«

»Ihr habt wohl noch nicht gehört von der schönen Welschen, des blinden Bergmanns Eheweib, die der Graf auf seinem Hofe hält nächst Vilpian!« wiederholte er.

»Nun ja! Ihr müsst ja die Geschichte kennen; sie kam am selben Tag auf Maultasch aus, wo der Bergmann gefangen saß!«

»Ich weiß kein Wort, an welchem selben Tag?«

»Nun an dem Tage, wo der Tutor dort einzog; der alte Enzo von Weinegg hatt' die Hand im Spiel gehabt, und der hätte der Gräfin böslich zugesetzt, wenn sie an dem Unglück des Bergmanns schuld gewesen wäre. So aber stellte es sich heraus, dass ihn die Knappen von Terlan und Sankt Jakob eigenwillig geblendet, weil er ihnen die reichen Erzgänge, die der entdeckt, nicht verraten wollte!«

»Kein Wort, wie gesagt!« rief der Schreiber. »Ich habe an eben demselben Tage das Tal verlassen, da ich sah, dass die Gräfin keine Macht mehr habe, mich zu schützen vor – Ihr wisst ja, wie härtlich mir der böhmische Eber im Sitz drinnen mitgespielt! – Doch was hat es mit dem Bergmann für eine Verwandtnis zu dem Grafen?«

»Ei, mit ihm nicht das geringste, außer dass er höflich genug war, zu gehöriger Zeit zu erblinden; aber mit seinem Weibe, der jungen Welschen, von deren Schönheit die wunderbarsten Sagen gehen…«, gab der Bader zur Auskunft. »Ich erzählte Euch die Geschichte, wie ich sie eben aus der Leute Mund her habe: der Graf hat die junge Frau irgendwo im Sarntale getroffen und von dem Unglücke oder von ihrer Schönheit gerührt – sie begrub gerade ihr einziges Kind – auf ihre Klage versprochen, ihr Recht zu schaffen vor der Gräfin, die ihren Mann unrechten Erzbaues wegen, gefangen halte auf dem Maultasch. Das hat mir ein Bauer aus Ried, der dabei war, als der Graf sie traf, damals selber erzählt. – Nun Recht wurde der Frau wohl, ihr Mann ward sogleich freigelassen, aber er war blind; die wilden Knappen hatten ihn geblendet. – Da hat der Graf dem blinden Manne und seinem schönen Weibe den Herrnhof zu Vilpian in Nutz gelassen, und der böhmische Maier, der dort schafft, nennt sie die Frau – es heißt, dass selten ein Tag vergeht, ohne dass der Graf durch Gargazon reite im heißen Trab dem Hof zu außer Vilpian!«

Soweit erzählte des Baders Mund, aber was seine kleinen, zwinkernden Augen dazu sagten, war ungleich mehr, und der Schreiber war der Mann, diese Sprache zu verstehen. »Freund, Herzensbader, lasst Euch umarmen für diese Kunde, die mit Gold nicht aufzuwiegen ist!« rief er, den Bader in seine stürmische Umarmung ziehend: »Etwas ist jedenfalls daran – und ist es auch nur ein winziges Titelchen, ich will daraus einen Pfahl schneiden und ihn spaltend für alle Zeit treiben zwischen sie und den Lecker von Luxemburg! – Doch wie sollte sie denn nicht erfahren haben, was in aller Leute Mäulern ist?« fragte er, sich plötzlich aus seinem Freudenrausche ernüchternd.

»Das wär' mir selber unbegreiflich, es wäre denn, dass sie es nicht glauben wollte!« meinte der Schänk, der sich auch einmal berufen fühlte, seine Meinung abzugeben.

Der Schreiber sah ihn überrascht an und rief erstaunt: »Bei meiner armen Seele, Leutgeb, Du hast recht! Sag mir um des Himmels willen, wo hat Dein faules Gehirn, dies goldene Gedankenei ausgebrütet? Du hast recht, es ist so und nicht anders: sie will's nicht glauben, entweder, weil ihr Stolz sich dagegen bäumt, zum ersten Male einem erdgeborenen Weibe nachstehen zu sollen, oder weil sie des Grafen fortgesetzte Abneigung den Einflüssen seiner jugendlichen Erfahrungen in puncto ihrer Liebe zuschreibt – alleins! Sie will nicht? Sie soll und wird wollen! – Heda, Ihr wackeren Gäuche!« rief er plötzlich laut aufjohlend aus, »Ihr habt mich heut zu ersten Male an Vernunft überboten und meinen lahmen Witz jämmerlich erschlagen! Auf denn, und lasst uns aber versuchen, wer den Preis erringt ich der Lösung der Frage: Wie ist die Gräfin zu überzeugen, dass ihr Tugendspiegel von Ehegemahl auch seine trüben Flecke hat?«

Ein kurzes, allgemeines Stillschweigen, während dem hundert Gedanken sich unter den glatt gespannten Stirnen der drei Männer blitzschnell kreuzten, folgte dieser Aufforderung. Der Bader, als der, wie es schien, am besten mit der Sachlage Vertraute brach es zuerst mit den schüchternen Worten: »Ich hätt' wohl einen Gedanken…«

»Auch ich!« fiel der Schänk stolz ein.

»Ei, dann hab' ich es Rat, mir meinen Kopf zu zerbrechen, denn das hieße hart gefrevelt an Tiroler Schützenehre, anzunehmen, zwei scharf gezielte Bolzen könnten ins Blaue gehen!« rief der Schreiber mit vergnüglichem Lächeln. »So lasst mal hören! Du als Hauspatron zuerst nach Gebühr, lass los, Herr Schänk vom Mondschein!«

Der Schänk ward über und über rot, ehe er ›losließ‹, wie der Schreiber sagte; dem schien aber sein ›Gedanke‹ nicht zweimal zu behagen, denn er zuckte missmutig die Achseln und sah schweigend nach dem Bader herüber, als der Leutgeb sagte: »Ich denke, wenn man es aus dem Bergmanne nicht herausbringt – so was wird man auch blind gewahr – so wäre der alte Böhme zu packen, auf ein oder die andere Art!«

»Und ich denke, dass es am besten sein wird, wenn man der Gräfin den Glauben in die Hand gibt, wie man zu sagen pflegt; und dazu wüsst' ich ein Mittel!« sprach der Bader mit schlauem Lächeln.

»Remaeu tetigisti!« rief der studierte Küeppacher, dem Quacksalber abermals an den Hals stürzend, »Du hast' getroffen! Das ist das Wahre! – Heraus denn, heraus mit dem Mittel, das Du weißt, goldener Bader, und wenn es hilft, will ich Dir mehr danken, als wenn Du mir Weib und Kind vom Tode errettet hättest…«

»Das glaub' ich ihm aufs Wort!« murmelte der Leugeb mit einem hämischen Blick auf den Schreiber, der den pfiffigen Bader herzte und drückte und würgte, bis dieser endlich sein ›Mittel‹ von sich gab: »Ich hab' in Vilpian einen Kunden, der sich um keinen Preis der Erde von einem andern Bader im Lande zur Ader schlagen ließe als von mir; er tut dies alle vier Wochen, regelmäßig bei zunehmendem Mond – Ihr kennt ihn vielleicht, den Wallram Huber auf dem Selzerhöfel…«

»Zur Sache, das Mittel, das Mittel!« rief der Schreiber, ungeduldig auf den Boden stampfend.

»Nun, lasst einen doch ausreden – ohne den Mann hilft selbst das Mittel nichts«, sagte der Bader unwirsch, »denn wisst, sein Gehöft stoßt hart an den Garten und das Weinland, so zu dem böhmischen Hof, wie sie das Herrenstift in Vilpian nennen, angehörig sind. – Nun der Wallram Huber hält große Stücke auf mich – Ihr schüttelt den Kopf? Wiss und wahrhaftig! Er hält…«

»Nun weiter, ich glaube es ja vom Herzen gern!«

»Nun also kurz und gut: ich denke, der Wallram wird mir gern zu Willen sein, wenn ich ihn bitt', einmal sein Oberstübchen, aus dem man schnurgerade in den Garten und Hofraum, vielleicht gar in die Gelasse sieht, auf ein Stündchen für eine bekannte Frau, die die Fremde gern sehen und beobachten möchte aus Neugier, freizulassen…«

»Herrlich, unübertroffen!« jubelte der Schreiber, sich die Hände reibend, »so geht es gewiss, und…?«

»Und?« fragte der Bader verwundert, »was wollt Ihr denn mehr? Da kann die Gräfin sehen, was an dem ist, was die Leute längst nicht mehr munkeln – reden, laut erzählen; sie müsste natürlich eine Stunde wählen, wo der Graf zu Vilpian weilt – das heißt, wenn sie sich überzeugen will!«

»Ob sie will, dafür lass mich sorgen!« rief der Schreiber, das Auge leuchtend im Vorgefühle seines Triumphes. »Sie wird wollen, sie wird hingehen, sie wird sehen – wird ihn hassen, wird in unsere Plane willigen, wird – jetzt sie – klagen über harten Druck, häuslich Ungemach, Untreu des Grafen – das Land, das sie jetzt bemitleidet, wird aufstehen, sie zu schützen und zu rächen, die Edlen – die halten's mit dem, der recht hat! Viktoria! Eh' das Traubenblut in den Gebünden gärt, ist unser Werk gelungen, und der Luxemburger aber und zum letzten Male auf Nimmerkomm aus dem Lande!«

»Amen, so geschehe es!« sprach eine tiefe Stimme von der Türe her.

Die kleinen Verschwörer sprangen entsetzt auf und drehten sich dem ernsten Schalle zu.

Die Türe ging auf und ließ eine hochgewachsene, in adelig Gewaffen gehüllte Gestalt ein.

»Ah, Herr Engelmar!« stöhnte der Schreiber aufatmend, und sein Herzblut, das bei dem ernsten Amen des Unbekannten zu gerinnen drohte, wallte lustig wieder seiner Wege.

»Ein Glück, dass ich es bin, sonst hätte sich Dein Viktoriaschrei leichtlich in einen Wehruf umwandeln können!« sagte Herr Engelmar von Vilanders mit strafendem Blicke; »wie unvorsichtig, was wäre mir und unserer Sendung geworden, wenn ein anderer statt mir dort an der Tür gelauscht hätte!«

»Ihr habt gehört…« stammelte der Küeppacher.

»Alles! Und stimme vollkommen mit Euch überein, Meister Schreiber!« gab der Ritter zur Antwort, »Ihr guter Mann! Besorgt also Euer Anbot in Betreff des Stübchens bei dem…«

»Wallram Huber in Vilpian, zu Befehl, gnädiger Herr!« ergänzte der Bader mit einem Bücklinge.

»Aber hört: morgenden Tages schon, damit es frei steht zu erforderlicher Stunde – und reinen Mund gehalten, Ihr Herren! Merkt Euch, mein Gebieter ist ein Kaiser und kaiserlich seine Munifizienz! Gehabt Euch wohl, folgt mir, Hanns!« Damit verließ Herr Engelmar, von dem Schreiber gefolgt, den Mondschein.

Des anderen Tages in aller Früh trottete der Bader vom alten Wangertore gar eifrig über Siebeneich hinaus gen Vilpian zu.


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