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4

»Jetzt ist eine Saiten gesprungen, Diendl, jetzt ist's aus mit dem G'spiel,« rief munter die Hübschere von den beiden jungen Mädchen, die am folgenden Abend auf der Flintsbacher Wirthsalm am Mitterberg vor der Thüre der Sennhütte saßen. »Siehst, Gundel, der Dicke geht auch schon, weil die Musik aus ist.«

Da glitt die Zither über den Schooß der jungen Sennerin; denn die Mädchen wollten sich fast ausschütten vor Lachen, als sie dem großen schwarzen Stier nachschauten, der sie eben noch in nächster Nähe mit seinen blöden Augen unverwandt angeglotzt, nun aber, da das Concert zu Ende war, in tiefem Baß brummend und seinen Schweif wie einen Perpendikel bewegend, im Eilschritt den Rückweg zu seiner Heerde einschlug.

»Jetzt geht's mit dem Singen auch nimmer,« sagte Gundel, eine stämmige, große Dirne, als der Lachanfall überwunden war. »Ein G'sang ohne Zither ist wie ein Schmarrn Mehlspeise ohne Schmalz.«

»Wohl, wohl, thät der Tirolerwastl sagen,« erwiderte die Zitherspielerin und lehnte ihr Instrument an die Hüttenthüre.

»Ja, kennst denn du den auch?« fragte Gundel und sah ihr schalkhaft in's Gesicht.

»Warum denn nicht? Schleicht alleweil da heroben herum wie ein Fuchs um den Hennenstall. Ich glaub', er sucht wieder einen neuen Schlupfwinkel für sein Pascherg'schäft.«

»Vielleicht sucht er auch was anders,« warf Gundel hin und guckte ihre hübsche Kameradin mit lustigem Augenzwinkern von der Seite an.

»Wüßt' nicht was,« wich diese der schelmischen Anspielung leicht erröthend aus. »Der Lump treibt's so lang, bis ihm ein Grenzer einmal ein Loch hineinschießt in sei Gemslederne.« Dazu lachte das junge Mädchen wieder hell hinaus, und zwei Reihen der herrlichsten Zähne erglänzten zwischen den frischen Lippen.

Das war die Achmüller-Rosel, auf der Flintsbacher Alm als Sennerin im Dienst. Zu ihr war eine Nachbarin, um ein paar Stunden zu verplaudern, von der Regauer Alm in den Heimgarten auf Besuch gekommen.

Das Kind des Achmüllers war ein feines, blühendes Geschöpf, und wie sie nun das große weiße Tuch herabgezogen, das sie zum Schutze vor der Sonne lose um den Kopf geschlungen trug, enthüllte sie ein überraschend zartes, von rosigem Schimmer angehauchtes, wunderliebes Gesicht, in dem Herzensfrische und Heiterkeit aus jedem Zuge lachten. Zwei starke, dunkelblonde Zöpfe fielen schwer über die Schultern hinab, als sie den Kopf zurückbog und das fröhliche, hellbraune Auge zu der wundervollen Abendbeleuchtung erhob. Leicht und beweglich wie ein Reh, etwas klein und zierlich, dabei aber kräftig gebaut, bildete das junge Mädchen einen lebhaften Gegensatz zu ihrer derbern Gefährtin. Diesen reinen Linien, diesem blüthenweißen Halse, diesen runden, schön geformten Armen hatte alle Gluth der Sonne nichts anhaben können, während die Gundel, trotz des breitrandigen Strohhutes in dem vollen, frischen Gesichte von ihren Strahlen ganz unbarmherzig braun gebrannt, an der Seite der lichthaarigen Kameradin beinahe einer Zigeunerin glich.

Lange saßen die Mädchen schweigend neben einander. Obschon sie mit dem täglichen herrlichen Anblick der Umgebung vertraut waren, wirkte doch die Natur mit ihrem unwiderstehlichen Zauber auf sie.

»Da schau' hinunter, Rosel,« unterbrach Gundel plötzlich lebhaft das Schweigen, »auf den getretenen Weg hin, der von dem Baumschlag dort über die Wiesen führt. Der Bursch hat ja ganz einen Gang als wie der Martl.« Die Sennerin hatte sich von der Bank halb erhoben und zeigte mit ausgestrecktem Arme in die Richtung hinab.

»Ja, ich seh noch gar nicht recht hin,« sagte rasch aufspringend die Achmüller-Rosel. »Aber der ist's, Gundel, ich g'spür's!« Und das hoch aufglühende Mädchen fuhr mit der Hand nach dem Mieder, wie um das ungestüm klopfende Herz zur Ruhe zu bringen.

»Ja, wie, so juchez ihm nur grad zu!« drängte Gundel.

»Jetzt kann ich nicht gleich, wart nur ein wenig,« sagte Rosel mit vor Bewegung stockender Stimme.

In tiefen Zügen holte das freudig überraschte Mädchen erst noch Athem; dann tönte aus der jugendfrischen Brust ein langgezogener, glockenreiner, hellklingender Juhschrei so kräftig durch die Luft, daß er sich oftmals an den Bergwänden und Schluchten brach.

Nun horchten die Mädchen mit vorgeneigtem Kopfe gespannt hinab auf den üblichen Gegengruß. Drüben von der Regauer Alm hallte vernehmbar das letzte Echo herüber – aber sonst kam keine Antwort. Es folgte eine beklemmende Stille, die Sennerinnen sahen einander betroffen an.

»Geh, Rosel, du wirst ja so weiß wie dein Tüchel,« sagte die gutherzige Gundel. »Schau, vielleicht ist er's doch nicht gewesen.«

»O gewiß, er ist's, ich g'spür's da drinn', Gundel. Siehst, jetzt kommt er dort wieder aus dem Holz heraus. Aber ich kann ihm nimmer zuschreien, mir preßt's völlig den Hals zu. O mein lieber Herrgott, da muß ein Unglück geschehen sein!«

»Wird so arg nicht sein, Diendl! Behüt dich Gott! Ich merk's schon, da kann man ein Drittes nicht brauchen,« erklärte die in Liebessachen wohl erfahrene Gundel.

Mit den leise vor sich hin geflüsterten Worten: »Da ist's nicht sauber!« trat sie ohne Verzug den Heimweg auf die Regauer Alm an. Doch nach wenigen Schritten schon kehrte sie wieder um. »Wenn's gut aus'gangen ist, daß du mir in der Fruh gleich zujodelst!« rief sie zurück. »Wenn ich dich nicht hör', komm' ich auf die Nacht in' Heimgarten.«

Rosel nickte der wieder Forteilenden stumm nach. Hastig wand sie die glänzenden Flechten rund um den Kopf und befestigte sie mit den eingeflochtenen schwarzen Bändern. Von unbestimmter Angst erfüllt, lief sie dann über die grüne Matte, die sich vor ihrer Hütte ausbreitete, mitten durch die Heerde, welche in den warmen Sommernächten im Freien lagerte, bis auf den Bergrand hinaus, von wo sie den Martl schon die Leite heraufkommen sah.

Die Joppe über die Schulter geworfen, den Hut tief in's Gesicht gerückt, betrat der junge Bursche bald einen steil aufsteigenden, mit Prügeln belegten Fußpfad, der zur Flintsbacheralm führte. Er konnte die Sennerin auf ihrem freien Standpunkte schon lange sehen; aber er hatte heute weder einen Gruß noch ein Hutschwenken für sie. Flammende Röthe im Gesicht, lief Rosel über die Almweide zurück und ging ihm auf dem schmalen Steige, der ihn hinter der Sennhütte heraufführte, ein Stück weit entgegen.

»Grüß dich Gott, Martl!« rief sie ihm zu, und die innere Bewegung klang aus ihrer Stimme. Der Bursche aber nickte nicht einmal, selbst die so herzlich gereichten Hände ergriff er nicht und ließ es willenlos geschehen, daß sie, die Hand auf seine Schulter gelegt, schweigend neben ihm herschritt. Nach diesem seltsamen, wortlosen Empfang war es nun auch ihr unmöglich, ein Wort hervorzubringen; auf dem lieben, treuherzigen Gesichte aber stand die ganze Angst ihrer Seele geschrieben.

Tief aufathmend ließ sich Martl auf der Bank vor der Hütte nieder und hielt die starren Augen unverwandt auf einen Punkt gerichtet. Außer sich vor Beängstigung, kniete sie vor ihm auf dem Rasen nieder, und die aufquellenden Thränen zurückdrängend, bog sie den Kopf zur Seite und schaute ihm liebreich lächelnd unter den tief in die Stirne gedrückten Hut. Doch erschrocken wich sie vor dem finstern Ausdruck in seinen Zügen zurück. Da faßte sie ihn, von einem unsäglich bangen Gefühl durchzuckt, kräftig rüttelnd am Arme.

»Martl, ich bitt' dich um alles in der Welt,« beschwor sie ihn, »red' doch einmal, sag' nur ein einziges Wort … so halt' ich's nimmer aus! Sag', was ist für ein Unglück geschehen? Ist auf euerer Alm drüben das Vieh umgestanden? Hat der Mühlbach Wehr und Schleusen weggerissen? Oder hat am End' gar dein Vater den Proceß verspielt? So red' doch nur ein wenig, nur sagen thu mir, was es ist!«

Ein stummes Kopfschütteln war alle Erwiderung. Rathlos schaute sie ihn eine Weile an. Dann stützte sie ihre leicht in einander gefalteten Hände auf seine Schulter und schmiegte sich an ihn.

»Martl,« flehte sie mit leiser, zitternder Stimme, »Martl, bist denn heut grad heraufgestiegen, um mir das Herz recht schwer zu machen? Sonst bist nur herauf, um das deinige leichter zu machen. Hast allzeit gesagt, drunten bist grad, weil du drunten sein mußt, und deine ganze, deine rechte Welt ist da heroben … und jetzt kannst mich nicht anschauen! Kannst das deinem armen Diendl anthun, die sonst niemand hat als wie dich, der du ihr Reichthum und ihr Stolz bist, ihr Einzig's auf der ganzen Welt. Wär' mir freilich lieber, du wärst auch ein armer Bub, als der reiche Leitenmüller-Martl: ich mein', ich müßt dich noch lieber haben. Schau, Martl, schau die Blümeln auf der Wiese dort an: grad wenn sie die Sonn' anlacht, heben sie die Köpflein in die Höh'; und wenn du, mein Bub, mein Licht und mein Leben, dein Diendl nimmer anlachen kannst, wär's mir gleich lieber, es käm' der mit der Sensen und sie thäten mich hinunter tragen zum selbigen Kirchlein. Weißt nimmer, wie oft als wir gelacht haben über die reichen Leut' und die Proceßhanseln da drunten? Hast allemal gesagt: von mir aus nehmen sie mir alle Mühlen im ganzen Gebirg, wenn sie mir nur mein Diendl lassen. Bin ich's jetzt nimmer, deine Rosel, wegen der dir kein Weg zu weit, keine Stund' zu spät gewesen ist, damit du ihr hast in die Augen schauen können, die du deine Sternl'n genannt hast, weil sie dir so lieb und freundlich in's Herz hineinleuchten?«

Die Wehmuth drohte das arme Mädchen zu übermannen, doch standhaft kämpfte sie jeden Thränenausbruch zurück. Sie wußte es, sie hatte auch ihn in's Herz getroffen. Sie fühlte, wie es sich in heftigen Schlägen immer stürmischer regte in der bewegten Brust; sie unterschied, daß seine Athemzüge gingen wie mühsam verhaltenes Schluchzen, und mit leisem Drucke legte sie den Arm um seinen Hals.

»Wenn ich so allein da heroben bin,« sagte sie innig, »und ich denk' an dich … und an dich denk' ich Tag und Nacht … hab' ich einen Himmel voll Freud' in mir; die ganze Welt ist noch einmal so schön, und es ist mir grad, als wenn ich Flügel hätt'; und wie eine junge Lerch' möcht' ich singen die ganze Zeit … außer dir aber seh' ich nichts als lauter Elend. Mein Vater kümmert sich um mich nicht; an mei' Mutter darf ich nicht denken, ihr Jammer schneidet mir in's Herz … und helfen kann ich nicht! Ich bin das ärmste Diendl bei uns herinn', hab' gar nichts zu hoffen, muß oft meine paar ersparten Kreuzer auch noch hergeben … und doch, mein lieber Herrgott, wie reich bin ich mir vor einer Stund' noch vorkommen, weil ich gemeint hab, du hast mich gern. Und jetzt …«

Ein leiser Seufzer entrang sich der gepreßten Brust, doch plötzlich hielt sie den Athem an; es war ihr, als höre sie den Martl sprechen. Sie hatte sich nicht geirrt.

»Reich werden, ja, reich, bist am besten Weg dazu!« murmelte der Bursche, ohne aufzuschauen. »Eine gute Wirthschaft, einen großen Hof, ein seidenes Gewand … alles kriegst, wenn ihm der Martl nicht zuvor noch heimleuchtet mit seinem Stutzen.« Und er lachte so wild auf, daß ihn das Mädchen erschrocken losließ.

»Ja, Bub, was brummst denn da alles, bist denn krank, hast ein Fieber?« Aengstlich besorgt nahm sie ihm den Hut ab und legte ihre Hand an seine Stirne. »Richtig, der ganze Kopf ist heiß.«

»Wär' schon das rechte Fieber!« fuhr Martl auf und wandte sich jetzt mit heftigem Vorwurf im Tone an sie. »Daß du's nur weißt,« stieß er abgebrochen hervor, und seine Stimme klang rauh und heiser, »wenn's dir vielleicht noch was Neues ist … der Tirolerwastl hat um dich angehalten, und dein Vater hat dich ihm zugesagt. Du mußt den saubern Wastl heirathen und wirst eine reiche Frau … So, jetzt ist's heraus!« schloß er mit einem tiefen Athemzuge.

Ein helles Gelächter war Rosel's Antwort. »Wer hat dir denn das auf'bunden?« sagte sie, und es klang wie Spott aus ihrer Frage.

»Die Nandl hat's gehört, Wort für Wort, wie's die Achmüllerin selber meinem Vater verzählt hat!« lautete die trotzige Auskunft.

»Da müßt' ich doch auch was davon wissen, da müßt' ich auch gefragt werden!« sagte das junge Mädchen, in deren Seele Zorn und Kränkung kämpften. »Nein, verkuppeln laßt sich die Rosel nicht, so ein geringes Diendl als sie ist. O du armer Narr, also das hat dich so umeinander trieben, das hat dir den Kopf so heiß gemacht? … Den Verdruß hätt'st uns alle zwei ersparen können. Ich, dein Diendl, den Wastl heirathen … wo hast beim da hindenkt? Wenn du keinen bessern Glauben auf mich hast, ist's gefehlt; das hätt' ich von dir nicht gehofft!«

Damit wandte sie ihm kurz den Rücken. Auf ihrem lieblichen Gesichte lag es wie ein Schatten, und unendlich traurig klang es, als sie nach einer Pause sagte: »Hab' mir oft gewunschen, wenn nur da ein Thürl hineingehen thät in's Mieder und mein Bub könnt' mir hineinschauen in's Herz, nachher wüßt' er's gleich recht, wie lieb als ich ihn hab'. Und der kann so was denken von mir?« Ein Thränenstrom erstickte ihre Stimme, und mit dem Kopfe an den neben der Hütte aufgeschichteten Holzstoß gelehnt, schluchzte sie laut und bedeckte das Gesicht mit den Händen.

Jetzt erst erkannte der Leitenmüller-Martl, was er an seinem Mädchen verbrochen hatte; es packte ihn die Reue, daß er an so reiner Liebe zu zweifeln vermocht. Aller Argwohn war aus seiner Seele gewichen; was sein Herz in endlosen Zweifeln gefoltert, war zerronnen wie ein böser Traum. Er konnte jetzt nicht begreifen, warum er nicht felsenfest auf ihre Treue gebaut. Lange betrachtete er sein Diendl mit traurigem Blick und rückte unruhig auf der Bank, als ob er den rechten Ausdruck für sein Gefühl nicht finden könnte. Endlich kam er zögernd näher, besann sich wieder ein wenig, dann umfaßte er sie mit plötzlichem Entschluß und zog die sich Sträubende ungestüm an's Herz.

»Rosel, ich bitt' dich, hör doch das Weinen auf,« bat er ganz beweglich; »es ist ja nicht so gemeint gewesen. Gestern hab' ich nimmer herauf können, es ist was Nothwendig's auskommen; da hab' ich halt heut den ganzen langen Tag so fortgrübelt und nachsinnirt und hab' mich mit meinen Gedanken zu tiefst in's Unglück hinein gearbeit'. Das war ein böser Tag, und wie ein Stein ist's mir am Herzen gelegen. Aber hör mir dein Weinen auf, liebes Diendl; es ist ja alles wieder recht.« Und Martl, dessen lebensvolles, offenes Gesicht von Reue und Verlegenheit stark geröthet war. zog ihr, so sanft er es vermochte, die Hände herab und wischte ihr mit ihrer Schürze die nassen Augen. »Red nur was, Rosel,« fuhr er traulich fort; »ich bitt' dich gar schön drum!«

»Du z'widerer, stütziger Bub!« fuhr ihn Rosel, scheinbar noch schmollend, an und wandte sich rasch ab. Trotz der stärker hereinbrechenden Dämmerung ließ sich aber erkennen, daß es schon wieder wie ein Sonnenstrahl aus dem rosigen Gesichte lachte.

»Jetzt ist's recht, Diendl,« rief Martl ganz froh, »schimpf mir, schimpf dich recht aus; aber nachher mußt mir wieder gut sein. Denn schau, weil ich gefürchtet hab', ich müßt' dich verlieren, – jetzt weiß ich's erst, wie sakrisch gern ich dich hab'.«

Das unaussprechlich glückliche Lächeln des Mädchens, das den Kopf langsam wieder herumbog, verrieth es dem scharfblickenden Martl, wie unendlich wohl dieses Geständniß dem gekränkten Herzen that.

»Jetzt seh ich, du bist mir wieder gut,« rief der Bursche glückselig, »mein liebes, mein kleines, mein einziges Diendl!« Und aufspringend, nahm er in seiner stürmischen Freude das schlanke Mädchen um die Mitte und schwang es leicht wie einen Federball in die Höhe.

»Diendl, wir halten zusamm' wie Stahl und Eisen, uns bringt kein Mensch mehr auseinander!« jubelte er, legte den rechten Arm um ihre Schulter, ergriff mit der Linken ihre Hand und schritt so siegesstolz und liebesicher mit ihr vor der Hütte auf und nieder, als hätte er die Geliebte nach schwerem Kampf und Sturm auf's neue gewonnen.

»Ja, ja, Martl,« sagte Rosel, die zwischen Lachen und Weinen zu der kraftvollen, schmucken Gestalt aufschaute, »siehst, jetzt bist wieder ein Narr, aber ein lieber!«

Noch lange wanderte das glückliche Paar fest umschlungen über die thaufrische Almweide hin und gelobte in herzenswarmen Worten einander immer auf's neue wieder, wie muthig sie allen Hindernissen trotzen wollten, die sich bei der Zwietracht der Väter und Rosel's Armuth ihrer jungen Liebe fast unübersteiglich entgegenthürmten.

Die Sterne flimmerten am Himmel und wie neugierig schaute der Mond schon über das Kranzhorn herüber und warf seinen wundersamen Silberschein über die Landschaft, als Martl auf dem Heimwege durch das lichte Stangenholz schritt, das sich den Berghang hinaufzog. Auch das junge Mädchen stand wieder auf der Schneide draußen und horchte gespannt auf seine Tritte, bis sie allmälig verhallten. Schon wollte sie zur Ruhe gehen, da preßte sie unwillkürlich die Hände froh ergriffen auf die Brust – von der Leite drunten schallte deutlich durch die stille Nacht seine kräftige Stimme so voll Lust und Uebermuth wie sonst herauf:

Wie mehr als er laugn't leugnet.,
Um so schlechta der Dieb,
Wie länger sie pucht schmollt.,
Um so hoaßa brennt d'Lieb.

Je höcha der Kirchthurm,
Desto schöner is's G'läut,
Je weita zun' Dienei,
Desto größer is d'Freud.

»Gott segn' dich, mein lieber Bub!« flüsterte Rosel. Ueberglücklich suchte sie ihren Kreister Heubett der Sennerin. auf, und auf dem weichen, duftigen Lager umschwebten sie die lieblichsten Traumbilder.


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