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An Gräfin Rosalie von Edling

Gräfin Rosalie Edling, Gattin des Grafen Johann Jakob Edling, war die vertrauteste Freundin Maria Theresias.

*

Undatiert (Jänner 1761).

Liebste Salerl. In meiner großen Betrübniß, einen so lieben Sohn, als wie der Karl war, verloren zu haben, habe keine andere Consolation, als meiner guten alten Freunde mich zu erinnern, wo Du eine der Ersten bist, und niemals genug Dir meine Erkenntlichkeit bezeigen kann für alles Gute, was ich Dir schuldig bin. Es ist hier ein sehr habiler Oculist, Wenzel genannt, der sehr Vielen völlig geholfen, auch die schon sehr in Jahren, als wie Feldmarschall Moltke, Frau von Menßhengen und Andere. Er operirt viel geschwinder, weniger schmerzlich, und kann der Staar niemals mehr zurückkommen, weil er ihn nicht sticht, sondern herausnimmt und die ganze Operation eine und eine halbe Minute dauert und nicht mehr Schmerzen als ein Aderlaß macht. Wenn Du Dich resolviren könntest, ihn zu sehen, so will Dir ihn schicken; Du dürftest Dich um nichts sorgen, da ich mich von Allem chargire; es soll Dir auch nichts kosten als das Logement. Ich erwarte also Deine Antwort und wäre wohl vergnügt, wenn ich Dir zu etwas nützlich sein könnte. Bete für mich, da ich es in Allem nöthig habe, denn Gott mir viel auferlegt. Ich verdiene es nur allzuwohl; verlange nichts Anderes als zu seiner Ehre und zum Nutzen der Länder und Heile meiner Kinder, so lang Gott es noch will, mein Leben anzuwenden, so traurig es auch jetzt und künftig noch zu sein scheint. Seine Gnade aber ist mir dazu höchst nöthig, denn ohne selbe ist der Mensch nichts, und ich noch weniger als ein Anderer.

Liebste Salerl, ich wünschte statt dieses (Briefes) mit Dir reden zu können, und bleibe allzeit Deine gewiß freue alte Freundin

Maria Theresia.

(Eigenhändiger Zusatz zu dem Kabinettschreiben der Kaiserin vom 26. Februar 1761.)

Ich schicke Dir, liebste Salerl, Deinen Brief zurück. Gott gebe, daß ich bald getröstet werde mit einem Frieden, nicht wegen mir, sondern wegen der armen Länder; dies ist jetzt, was ich am meisten wünsche. Was mich anbelangt, ist Alles Gott übergeben; ich verdiene nichts; sein heiliger Wille sei in Allem erfüllt an mir. Der Oculist, dem ich den Artikel Deines Briefes vorgelesen, will die Operation nicht unternehmen. Er meldet, weil Du noch einen Schein hast, schon bei Jahren bist und das vorige Jahr solche Rheumatismen ausgestanden hast, er sich nicht getraut. Nimm also meinen guten Willen für das Werk an, und sei versichert, daß ich oft bei Dir bin. Adieu.

Maria Theresia.

(Eigenhändiger Zusatz zu dem Kabinettschreiben der Kaiserin vom 9. Juli 1761.)

Ich rekommandiere Dir und Deinen Poverellen Der Dominikaner Pia stiftete in Farra bei Gradisca einen Verein frommer Frauen unter dem Namen: le Poverelle di S. Caterina di Siena. Die Poverelle genossen großes Ansehen im Lande und errichteten 1718 in Cormons eine Filiale. Beide Institute fanden bei der Klosteraushebung unter Kaiser Joseph ihr Ende. die jetzigen Kriegs- und Friedensumstände, daß letzterer bald zu Stande kommen könnte. Rekommandiere Dir auch besonders mein junges Ehepaar Ihr Sohn Joseph und seine erste Gattin, Isabella von Parma.; sie ist voller Tugend und Qualität; ich kann Gott nicht genug dafür danken

*

Den 21. Februar 1766.

Liebste, beste und älteste Freundin! Wer hätte es jemals gemeint, daß Du mich als Witwe sehen sollst! Gott hat dieses schwere Schicksal über mich verhängt; seine Gnade, sein Wille ist es allein, der mir helfen kann es zu ertragen. Den vollkommensten, den liebenswürdigsten Herrn habe ich verloren; seit dreiundvierzig Jahren war mein Herz ihm allein ganz zugethan; er war mein Trost in allem in meinem harten Lebenslaufe, jetzt ist nichts mehr für mich. Wie glücklich fände ich mich, wenn ich bei Dir, auch bei Deinen Poverellinen meine letzten traurigen Tage und in der Stille mein Seelenheil beschließen könnte! Auch diesen Trost habe ich nicht und (muß) wegen so vieler Kinder, die, vorhin mein Vergnügen, jetzt mir große Sorgen und Kummer machen, noch in dem Getümmel der Welt bleiben, welches mir schier unerträglich scheint.

Ich habe drei Männer, die mir in diesem Zustande sehr nöthig waren, verloren: den Haugwitz, Daun und Thurn bei meinem Sohne Leopold, Großherzog von Toskana. in Italien. Man findet jetzt wenig mehr solch' gute Christen und wahre Deutsche, wie diese waren. Bete für mich, liebste Salerl, daß Gott mich erleuchte und stärke, so lang ich noch in dieser Welt herumkugeln soll, und fei versichert von meiner wahren Freundschaft.

Maria Theresia.

Ich schicke Dir hier eine traurige Denkmünze, die aber jetzt mein einziger Trost ist.

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Den 12. März (1766).

Meine älteste, liebste Freundin! Heute empfange ich ein Schreiben von meinem lieben Sohne aus Florenz und lasse allsogleich den Auszug machen, um Dir ihn zu schicken, damit Du Deinem Eidam allsogleich die Freude machen kannst. Nicht einen Tag hätte ich es mögen verschieben, da ich mir seine Freude vorstellen kann, weil ich sein Verlangen gesehen und in dieser Welt nichts anderes ist, als andere vergnügt zu sehen, wenn man auch selbst die unglückseligste Person ist. Er kann also von nun all' seine Passus machen, auch mich zitieren, daß ich ihm die Resolution meines Sohnes zu wissen gemacht. Heute vor fünfundzwanzig Jahren um zwei Uhr in der Nacht war der glücklichste Tag, den ich in meinem Leben gehabt In der Nacht vom 12. zum 13. März 1741 war Joseph zur Welt gekommen., nach dem 12. Februar 1736. Diese Tage sind aber jetzt Tage der Tränen, und ich wende selbe in höchster Zurückgezogenheit ganz dazu an, um Gott zu danken für seine vergangenen großen Gnaden, und ihn für die Zukunft um ein glückseliges Ende zu bitten, welches ich von seiner Barmherzigkeit bald verhoffe. Bitte für mich, liebste Salerl, ich habe es nötig und bin allzeit Deine getreueste

Maria Theresia.

Meinen Gruß Deinem Herrn und dem Erzbischof. Deinen Eidam habe ich auf meinen Brief so lang warten lassen; habe es allzeit vergessen. Mein Kopf ist schwach, weil das Herz weg ist.

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Den 5. Oktober 1768.

Liebste Salerl! Durch Deinen frommen und gescheiten Sohn schicke ich Dir diese Zeilen; er sieht sehr viel einer seiner Schwestern gleich. Ich habe mich mit Freuden der Zeiten erinnert, wo ich Dich mit ihm gesehen. Gott sei gedankt, meine zwei Söhne und meine Enkelin sind ganz hergestellt; ich schreibe es viel dem eifrigen Gebet soviel guter, frommer und getreuer Leute zu. Dein Sohn hat selbe gesehen, wird Dir das noch mehr sagen können, wie auch unser Philipp, der beständig dabei war, und bin mit ihm recht wohl zufrieden, ausgenommen daß er kein Kind hat. Deinem Manne, Deiner Tochter, dem künftigen Weihbischofe vieles von mir, besonders aber mache meine Danksagung meinem Erzbischof und wahren Freunde wegen des Gebetes für die Kinder und mich. Ich habe es höchst nötig, da ich täglich älter und schwächer werde und weniger nutz, alles lau, matt verrichte, welches an meinem Platze eine große Verantwortung nach sich zieht.

Hab' mich allzeit ein wenig lieb; ich verbleibe allzeit Deine getreueste
Maria Theresia.

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Undatiert (Juli 1769).

Liebste Salerl! Wenn mich noch etwas hätte lüsten können, so wäre es gewesen, mich einzupacken mit meinem werten Erzbischof, um Dich noch einmal zu sehen, und die Freude des Vaters, seinen Sohn zu verehren, und ein wenig auch meinen Sohn Joseph eher wiederzusehen, der sehr viel gilt. Er hat viel von seinem Vater, ist aber weder so schön noch so vollkommen. Du hast, meine Liebe, diesen großen Herrn gekannt seit zehn Jahren; Du kannst Dir also vorstellen, was sein Verlust mich kostet. Der Wille Gottes allein muß alles übertragen machen; mich freut aber nichts mehr in der Welt, möchte gern daraus sein. Deine getreueste Freundin und Elevin

Maria Theresia

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Den 7. August (1769).

Liebste Salerl! Die zwei Patres Mayo schicke ich Dir wiederum zurück; sie werden Dir viel erzählen können, was sie hier und in Ungarn gesehen, aber niemals genug exprimieren können meine Freundschaft für Dich und wahre Hochschätzung. Meine äußerliche Gesundheit scheint zwar gut; ich bin sehr fett, mehr als meine hochseligste Frau Mutter, auch rot, besonders seit den Blattern, aber die Füße, Brust, Augen gehen zugrunde; erstere sind sehr geschwollen; ich erwarte täglich das Aufbrechen. Die Augen sind gar hinweg; das Übelste ist, daß ich kein Glas noch Brillen brauchen kann. Die Brust fühlt, glaube ich, einen guten Anfang von Dampf, denn mit dem Atmen, auch ebenen Fußes und sogar im Liegen es schwer geht. Ich kann mich nicht beklagen; der Mensch muß aufhören. Fünfzig Jahre war ich ganz gesund; es ist billig, daß ich doch auch etwas empfinde; es ist eine Barmherzigkeit Gottes.

Gottlob, meine Familie bringt ich recht hübsch voneinander. Der Kaiser hat mich nach so langer Abwesenheit wohl unerwartet erfreut. Er ist mager geworden; in einem halben Monat geht er wiederum in die Lager. Von sechzehn Kindern bleiben mir jetzt sechs im Hause; in ein paar Jahren nur drei, denn auf den Kaiser kann ich nicht Rechnung machen, weil er gern überall ist, nur nicht zu Hause; die Jahre werden das auch ändern. Vom Heiraten ist jedoch keine Hoffnung, welches mich sehr betrübt.

Mein jüngster Sohn wird noch heuer von meinem liebsten Schwager als Koadjutor des Deutschmeisters gewählt werden. Meine Enkelin, die kleine Therese Maria Theresia, Tochter Leopolds von Toskana., wird täglich angenehmer und schöner. Ich rekommandiere Dir all' meine Kinder, besonders die zwei verheirateten Töchter in Italien, in Dein und Deiner Landsleute Gebet. Ich schicke Dir hundert Dukaten, wo Du willst Almosen zu geben. Mit dem Lanthieri und Deinem Sohne bin ich wohl sehr gut zufrieden, auch mit Coronini. Du wirst drei Hofdamen von mir in Visite gehabt haben; bin ihnen schier neidisch, meine liebe Salerl gesehen zu haben. Ich verbleibe allzeit Deine beste Freundin und Dein altes Ziehkind

Maria Theresia.

Deinem Herrn und Deiner Tochter viel Gnädiges von mir.

Ich schicke Dir dieses Porträt, bin aber nicht so schön, viel röter. Die Tracht der Kaiserin Amalie soll Dich und alle täglich erinnern, für meinen liebsten, unvergleichlichen Gemahl zu beten. Wir befinden uns wirklich in dem unglücklichsten Monat.

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den 9. Oktober (1769).

Liebste Salerl! Ich habe Dein Schreiben und die Brillen bekommen, und ich danke Dir dafür, kann aber durch diese auch so wenig sehen als durch alle anderen. Nachdem mir meine Augen zweiundfünfzig Jahre gut gedient, kann ich weiter nichts mehr fordern, als daß alles geschehe, was Gott will. Dein Sohn Philipp wird Dir mehr von uns erzählen können. Heute früh ist ein Kurier aus Brüssel von meinem Schwager gekommen, daß mein jüngster Sohn Erzherzog Maximilian. Siehe Maria Theresias Instruktion für ihn. am 3. als Koadjutor vom deutschen Orden ist erwählt worden. Dieses Etablissement freut mich. Er wird bis fünfundzwanzig Jahre kein Gelübde ablegen, also nie ein Geistlicher werden, außer ein Karthäuser oder Kapuziner, ein rechter Geistlicher, kein Bischof oder Kurfürst.

Deinem Herrn Sohne Rudolph gäbe ich indessen eine Pension von sechshundert Gulden, bis ein konvenables Benefizium leer wird. Ich nehme allen Anteil an dem Vergnügen, die Familie beisammen zu haben, und bin allzeit Deine getreueste

Maria Theresia.

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Den 30. August (1776?).

Liebste Salerl! Nach der Gewohnheit von etlichen und fünfzig Jahren in fünf Tagen kommt Dein Ehrentag, den ich niemals vergesse bei der heiligen Messe. Unser wertester Erzbischof kommt wieder zu Dir. Ich bin ihm und Dir neidisch, denn gern und nötig für mein Seelenheil wäre, in Ruhe und Stille meine alten schweren Tage zu endigen.

Ich schicke Dir spanischen Tabak; wenn Du ihn gut findest oder Dein Herr, so kann ich Dich öfter bedienen, und schicke Dir eine Dose wie einen Stammbaum, wo der jetzige Kaiser und ich sind, der König und die Königin von Frankreich und Heinrich IV. oben. Sie ist mir aus Paris geschickt worden, eine rechte Kinderei. Deiner treuen Sekretärin Esther schicke ich die andere Kleinigkeit, und sei persuadiert von meiner alten Freundschaft, Liebe, Hochschätzung und Dankbarkeit.

Maria Theresia.

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Undatiert (Sommer 1778).

Liebste, beste, älteste gute Freundin! Die Castellini wird Dir diese meine Zeilen überbringen und Dich versichern, wie ich Dich allzeit liebe und verehre. Ich rekommandiere sie Dir nur ganz allgemein, nicht besonders. Ach Gott, in was für Umständen bin ich! Sie sind nicht zu beschreiben. Untröstlich und kummervoll an Seele und Leib, für meine wertesten treuen Länder, für meine Söhne. Das arme Böhmen! Ich kann nichts mehr sagen, als: Dein Wille geschehe! Schwer, bitter der Kelch, aber allzeit Deine getreueste

Maria Theresia.


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