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An Marie Antoinette

Geboren 1755, wird sie mit fünfzehn Jahren, 1770, dem sechzehnjährigen Dauphin von Frankreich vermählt, um in Paris die Interessen der österreichischen Politik zu vertreten. Mit neunzehn Jahren, 1774, wird sie Königin des zerrütteten Landes. 1789 steht sie, durch jugendliche Unbesonnenheit bloßgestellt, durch französische Leichtfertigkeit verdorben, mit ihrem Gemahl, Ludwig XVI., den sie geistig überragte und beherrschte, ratlos vor der Empörung des Volkes; versucht, 1791 zu entfliehen, wird 1792 abgesetzt und eingekerkert, Januar 1793 von ihrem Sohne, ihrer Tochter und ihrem Gatten getrennt, dem sie als Landesverräterin, als »Österreicherin« am 16. Oktober desselben Jahres in würdiger Haltung auf das Schafott folgt. – Diesen unheilvollen Lebenslauf hat Maria Theresia nur bis 1780 begleiten können, aber nirgends offenbart sich ihr mütterlicher Scharfblick und ihre weibliche Intuition so deutlich, wie in ihren Briefen nach Versailles und Paris, in denen sich die Sorge allmählich bis zur bestimmten Ahnung einer düsteren Zukunft steigert. Den Briefen an die Tochter gehen parallel solche an den Grafen Mercy d'Argenteau, Maria Theresias Vertrauensmann in Paris, der über Marie Antoinettes Betragen genauestens zu berichten und Verhaltungsmaßregeln an sie weiterzugeben hatte. Er wird im folgenden mehrfach erwähnt.

*

Schönbrunn, den 1. November 1770.

Meine liebe Frau Tochter! Dieser ewige Kurier ist gestern endlich um 9 Uhr abends angekommen und hat mir Ihre lieben Nachrichten gebracht. Gott sei Dank, daß nach Aussage Ihres Kuriers, der sich in Ihrem Gefolge befand, Ihre Gesundheit standhält, er findet Sie größer und stärker geworden. Hätten Sie mir nicht versichert, daß Sie jetzt ein Korsett tragen, so wäre ich durch diesen Umstand beunruhigt worden, aus Furcht, daß Sie, wie man deutsch sagt, »auseinandergehen, schon die Taille wie eine Frau, ohne es zu seyn«. Ich bitte Sie, vernachlässigen Sie sich nicht, in Ihrem Alter gehört sich das nicht, in Ihrer Stellung noch weniger, das zieht Unsauberkeit, Nachlässigkeit und sogar Gleichgültigkeit in allen anderen Verrichtungen nach sich, und das wäre zu Ihrem Schaden; aus diesem Grunde quäle ich Sie so, und ich kann gar nicht genug tun, um den geringsten Umständen vorzubeugen, die Sie in Fehler verfallen lassen könnten, an denen die ganze königliche Familie von Frankreich seit langen Jahren leidet: sie sind gut, für sich selbst tugendhaft, aber nicht dazu gemacht, sich sehen zu lassen, den Ton anzugeben, oder sich auf anständige Weise zu amüsieren, was die gewöhnliche Ursache der Verirrungen ihrer Oberhäupter gewesen ist, die, weil sie keine Duelle für ihre Zerstreuungen in ihrem Hause fanden, glaubten, diese außerhalb und anderswo suchen zu müssen. Man kann tugendhaft und doch zugleich lustig und gesellig sein; schließt man sich aber so ab, daß man nur wenige Menschen um sich hat, passiert es (ich muß es Ihnen zu meinem größten Bedauern sagen, daß Sie so etwas hier in letzter Zeit bei uns sehen konnten), daß Unzufriedenheit, Eifersucht, Neid und Klatsch entsteht. Wenn man aber in einem großen Kreise lebt, wie es hier vor fünfzehn oder zwanzig Jahren der Fall war, so vermeidet man alle diese Unzuträglichkeiten und fühlt sich an Leib und Seele wohl. Man wird hier für die kleinen Unannehmlichkeiten, denen man ausgesetzt ist, durch die Zufriedenheit und die gute Laune, die ein solches Benehmen hervorruft, reichlich belohnt. Ich bitte Sie also als Freundin und als Ihre zärtlich liebende Mutter, die aus Erfahrung spricht, vernachlässigen Sie sich weder in ihrer Erscheinung, noch in der Repräsentation, Sie werden es sonst, wenn es zu spät ist, bedauern, meine Ratschläge mißachtet zu haben. Folgen Sie in diesem einzigen Punkte weder dem Beispiel noch den Lehren der Familie, Ihnen kommt es zu, in Versailles den Ton anzugeben, Sie haben den besten Erfolg gehabt, Gott hat Sie mit so viel Grazie, Sanftmut, und Geschmeidigkeit bedacht, daß jedermann Sie lieben muß: das ist eine Gabe Gottes, Sie müssen sie sich erhalten; Sie brauchen sich nicht damit zu brüsten, aber Sie müssen sie pflegen zu Ihrem eigenen Glücke und dem aller, die zu Ihnen gehören.

Ich bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie mich genau über Ihre Gebetbücher und Ihre geistliche Lektüre unterrichtet haben. Bossu Bossuet, 1627-1704, der große französische Kanzelredner und religiöse Schriftsteller. ist herrlich, ich bin sehr zufrieden damit, aber Sie sagen, daß Sie in dem kleinen Buche lesen, das ich Ihnen gegeben habe; ist es das Stundenbuch von Noailles oder das kleine Buch: das geistliche Jahr? Verzeihen Sie mir diese Einzelheit, aber wenn man jemanden lieb hat, interessiert alles, und ich möchte mich mit Ihnen gemeinsam mit den geistlichen Übungen befassen, um meinen Eifer wieder zu erwecken, der nur zu sehr erlahmt, wenn man älter wird.

Ich würde mich auch sehr freuen, wenn ich über Ihre sonstige Lektüre mit dem Abbé unterrichtet würde, das könnte sogar hier oder in Toskana nützlich sein; zukünftig könnten Sie mir das Vergnügen machen, sie mir jeden Monat zu schicken, und um Ihnen die Mühe des Aufschreibens zu ersparen, könnte sie der Abbé auf ein besonderes Blatt schreiben, das Sie Ihrem Brief beilegen, oder wenn es Ihnen recht ist, könnte sie der Abbé auch Mercy übergeben, wie ich es mit diesem Tagebuch mache. Wenn Sie das umständlich und abgeschmackt finden, brauchen Sie es mir nur zu sagen und ich höre damit auf; aber da ich Ihre Anhänglichkeit an Ihr Vaterland und Ihre Familie kenne, fahre ich so lange damit fort, bis Sie mir sagen, daß Sie es nicht mehr wollen.

Marianne Die älteste damals am Leben befindliche Tochter Maria Theresias, geboren 1738, gestorben 1789. hat sich vollständig von ihrem Fieber erholt und es geht ihr besser als vorher. Sie nimmt an allen Jagden und Ausflügen teil, nur geht sie nicht ins Theater. Die Windischgrätz, die hier glücklich, aber recht abgespannt angekommen ist, hat mir bestätigt, wie liebenswürdig und hinreißend Sie sein können, wenn Sie wollen. Sie sagte mir, daß sie nicht ungezwungen mit Ihnen sprechen konnte, und daß Sie allen Grund hätten zufrieden zu sein. Aber, da sie auf die Dauer meinen Fragen eine wahrheitsgetreue Antwort nicht vorenthalten konnte, hat sie mir eingestanden, daß Sie sich sehr vernachlässigen und sogar Ihre Zähne nicht sauber halten. Das ist ein Hauptpunkt, ebenso wie die Figur, die sie auch verschlechtert fand. Sie sind jetzt in dem Alter, in dem sich die Formen bilden, und das ist die kritischste Zeit; sie hat auch hinzugefügt, daß Sie sich schlecht anziehen und sie es gewagt hat, es Ihren Damen zu sagen. Sie schreiben mir, daß Sie zuweilen Kleider aus Ihrer Ausstattung tragen: welche davon haben Sie denn behalten? Ich habe daran gedacht, Ihnen hier Mieder oder Korsetts machen zu lassen, wenn Sie mir Ihr richtiges Maß einschicken wollen. Man sagt, daß die aus Paris zu fest sind; ich werde sie Ihnen durch Kurier schicken.

Ich bin entzückt von Ihrer Aufmerksamkeit, daß Sie mir das Vergnügen gemacht haben, mir den Brief der Königin Die Königin Karoline von Neapel, Marie Antoinettes ältere Schwester. zu schicken, der ihr ähnlich sieht: alles ist Herz bei ihr und sicher aufrichtig. Ich sende ihn zurück, denn er verdient aufbewahrt zu werden. Ich erkenne mein eigenes Blut in dem Kompliment wieder, das sie Ihnen für den König aufgetragen hat, und das Sie ausgerichtet haben.

Sie werden durch diesen Kurier das Geschenk empfangen, das Marianne für Sie bestimmt hat, und in einiger Zeit sende ich Ihnen den Tisch Maries Marie Antoinettes Schwester Marie Christine, Gemahlin des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen., der sehr gut gelungen ist. Ich hoffe, daß eine gewisse Büste angekommen sein wird; es ist mir schwer geworden, sie herzugeben, aber ich hoffe, daß man mir dafür ein gutes Porträt, und besonders von der Hand Liotards Jeanne Etienne Liotard, ein berühmter Miniaturmaler, der sich lange Zeit in Wien aufhielt. schicken wird, der deshalb nur nach Paris geht, um mir ein solches zu senden. Ich bitte Sie, ihm genügend Zeit zu schenken, damit er es gut ausführen kann.

Meine liebe Tochter! Morgen wird ein sehr trostreicher Tag für mich sein Marie Antoinettes Namensfest., der mir seit fünfzehn Jahren nur Freuden verschafft hat. Möge Gott Sie noch lange Jahre zu Ihrem eigenen Glück und dem Ihrer Familien und Völker erhalten. Mercy teilt mir mit, daß Sie den Morgen des Fünfzehnten mit Andachtsübungen verbracht haben Marie Antoinettes Namensfest. und fügt hinzu, daß Sie geglaubt haben, den Tag nicht auf bessere Weise feiern zu können. Stellen Sie sich vor, wie diese zarte Aufmerksamkeit mich gerührt hat, Sie sind solcher Züge fähig, aber Sie haben in Ihrem letzten Schreiben nichts darüber bemerkt; ich umarme Sie zärtlich, meine liebe Tochter, und gebe Ihnen meinen Segen. Ich verbleibe stets Ihre treue Mutter.

P. S. Frau von Paar Maria Theresias Oberhofmeisterin. legt sich Ihnen zu Füßen, sie ist entzückt, daß Sie Ihrer gedachten, ebenso freut sie sich über die Tische; sie hat Sie sehr lieb.

*

Wien, den 2. Dezember 1770.

Man ist noch immer sehr mit Ihnen zufrieden, was für glückliche Augenblicke verschaffen Sie mir, mein liebes Kind! Die öffentliche Anerkennung würde mich nicht völlig beruhigen, aber der Herzog und die Herzogin von Aremberg können mir nicht genug Gutes über Sie berichten, jedoch besonders freut mich das Zeugnis Mercys, der zufrieden mit Ihnen ist.

Jetzt gelange ich zu dem Punkt, den Sie von mir erwähnt zu hören sicher schon sehr begierig sind: nämlich das Reiten. Sie haben Recht, wenn Sie glauben, daß ich es Ihnen mit fünfzehn Jahren nie zugestanden hätte; Ihre Tanten Die unverheirateten Töchter des Königs Ludwig XV., die Sie mir als Zeugen nennen, fingen erst mit dreißig an. Sie waren die Töchter des verstorbenen Königs und nicht die Kronprinzessin; ich weiß ihnen wenig Dank dafür, daß sie Sie durch ihr Beispiel und ihr Entgegenkommen angereizt haben; aber Sie sagen, daß der König es billigt, ebenso der Kronprinz, damit ist für mich alles gesagt: sie haben Ihnen zu befehlen, in ihre Hände habe ich meine niedliche Antoinette gegeben: das Reiten verdirbt den Teint, und mit der Zeit wird Ihre Figur es spüren und noch mehr hervortreten. Ich gestehe, wenn Sie im Herrensitz reiten, woran ich nicht zweifle, finde ich es sogar gefährlich und schlecht, um Kinder zu bekommen, und dazu sind Sie berufen; dadurch wird Ihr Glück bestätigt werden. Wenn Sie wie ich im Damensattel reiten würden, hätte es weniger zu sagen: Unglücksfälle kann man freilich nicht vorhersehen: der der Königin von Portugal und mehrerer anderer, die seitdem keine Kinder mehr bekommen haben, beruhigen gerade nicht.

Nachdem ich Ihnen alles vorgestellt habe, werde ich nichts mehr darüber bemerken und es zu vergessen suchen, vorausgesetzt, daß die Zeitungen uns nicht von den Ritten der Kronprinzessin erzählen, was in jeder Weise unpassend wäre; aber ich nehme Sie beim Wort, und das darf eine große Fürstin nicht brechen; Sie schreiben mir dieselben Worte und versprechen mir: ich werde nie eine Jagd zu Pferde mitmachen. Das von Ihnen gemachte Anerbieten nehme ich an, und nur in Hinblick darauf will ich versuchen, mich zu beruhigen; aber keine Entschuldigungen und Ausflüchte mehr über diesen Punkt. Ich will nur hinzufügen, daß häufige lange Ausritte, selbst wenn Sie nur Schritt reiten, schon wegen des Sitzens im Herrensattel schädlich sind; eine Stunde Spazierenreiten ist reichlich genug, und ich ersah aus einem Brief, daß Sie Anfang November mehrere Tage zwei bis drei Stunden ausgeritten sind; das ist zuviel. Eines Tages werden Sie es einsehen, aber dann wird es zu spät sein. Welchen Grund sollte ich haben, Sie einer Sache zu berauben, die Ihnen Vergnügen macht, wenn ich die Folgen davon nicht kennen würde? Sie müssen mir die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß ich jederzeit meinen Kindern die volle Freiheit und jedes mögliche Vergnügen verschafft habe, und sollte ich anfangen, es Ihnen zu trüben, Ihnen, die mir soviel Trost bringt? Aber erwarten Sie nicht, daß ich Ihnen noch fernerhin davon spreche, ich habe Ihnen alle meine Gründe dargelegt, die aus einem zärtlichen Mutterherzen kommen. Ich haben Ihnen die Unzuträglichkeiten gezeigt, Sie sind durch die Zustimmung des Königs gerechtfertigt, und alles ist für mich damit gesagt, ich werde Ihnen nichts mehr darüber sagen. Versuchen Sie, sich zu mäßigen, und folgen Sie meinen Ratschlägen, die nicht überflüssig sind, und ich halte mich an Ihr Wort, nie auf die Jagd zu reiten.

Ich erwarte das Bild von Liotard mit großer Sehnsucht, aber lassen Sie sich in Ihrem Staatskleid malen und nicht im Negligé oder in Männerkleidung, denn ich sehe Sie gern auf dem Platz, der Ihnen zukommt. Ich umarme Sie.

*

den 10. Februar 1771.

Meine liebe Frau Tochter! Da der Kurier erst vorgestern angekommen ist, wird dieser auch später kommen, besonders in dieser schlechten Jahreszeit. Sie waren glücklicher als wir und haben Schnee gehabt. Erst morgen werden wir eine Schlittenfahrt machen, und ich vermute, daß sie einen Tag später nicht mehr möglich sein würde, denn der Schnee beginnt schon zu schmelzen. Ich sende Ihnen die Liste der Teilnehmer; Sie finden Herrn von Palm als Kammerherrn darauf; um es zu werden, hat er für die Soldatenkinder 200 000 Gulden gegeben; das ist anständig. Die Palms sind gar nicht von geringem Adel, aber sie haben bürgerliche Frauen gehabt außer ihrer Mutter, die eine Plettenberg war.

Ich bin entzückt, daß Sie meinen Absichten in dem ziemlich delikaten Fall der Verbannung der Choiseuls zuvorgekommen sind; fahren Sie nur so fort und verleugnen Sie Ihren mildtätigen Charakter nicht. Lassen Sie sich nicht durch entgegengesetzte Beispiele verleiten, nehmen Sie den französischen Leichtsinn nicht an, bleiben Sie eine gute Deutsche, machen Sie sich eine Ehre daraus, es zu sein, und bleiben Sie die Freundin Ihrer Freunde.

Ich mache Ihnen mein Kompliment, daß Sie endlich Mut faßten, mit dem König von dem Auftrag zu sprechen, den ich Ihnen wegen Durfort Marquis de Durfort, von 1766-1770 französischer Botschafter in Wien, derselbe, der für den Dauphin um die Hand Marie Antoinettes warb und sie nach Frankreich begleitete. gab, ich wußte gar nicht mehr, welcher Ursache ich diese lange Verzögerung zuschreiben sollte! Wenn Sie ihn sehen, können Sie ihm sagen, daß ich mich des Balkons noch erinnere, von dem aus wir die kleine Frau im Schlitten fahren sahen, und der Kälte, die ich ihn unwillkürlich erleiden ließ, weil sie mich nicht belästigt. Ingenhouse Johann Ingenhouse, kaiserlicher Leibarzt. sagt mir, daß er Sie sehr gut aussehend und gewachsen fand, daß er die ganze Familie gesehen hat und sie alle gesund fand, aber gerade in einem Augenblick, wo er sich Ihnen aus Gründen der Etikette nicht nähern konnte, und daß ihm erst der Botschafter die Möglichkeit verschaffte, Sie zu sprechen. Ich kann es nicht glauben, daß ein Mann von unserem Hofe nicht Zutritt bei Ihnen haben sollte; Sie haben sich über so viel andere Vorschriften der Etikette hinweggesetzt, daß Sie diese nicht bestehen lassen werden.

Ich erwarte Ihr Porträt sehr begierig. Ich fürchte sehr, daß der Karneval und das Reiten, das Sie, wie alle Zeitungen berichten, auch in der Kälte in der Reitbahn fortsetzen, es verzögert haben. Ich fürchte, daß Ihr Teint und selbst Ihre Figur darunter leiden, wenn Sie sich diesem Sport zu sehr hingeben. Ich bitte Sie, mir ehrlich zu sagen, ob Sie jetzt besser als hier tanzen, besonders die Kontertänze, man erzählt unendlich viel Schönes von diesen Bällen und, was mir am meisten Vergnügen macht, auch inbetreff des Kronprinzen, und man schreibt Ihnen diese Veränderung zu; wie glücklich sind Sie doch!

Es fängt mir an unangenehm zu sein, daß Sie nicht wirklich Kronprinzessin sind. Ich fürchte, daß die zukünftige Gräfin von Provence Schwägerin Marie Antoinettes, Gemahlin des jüngeren Bruders des Dauphins, des späteren Ludwig XVIII. Ihnen zuvorkommen wird; man sagt unendlich viel Gutes von ihr, von ihrem ausgezeichneten Charakter und ihrer Sanftmut; ohne schön zu sein, hat sie ein ausdrucksvolles Gesicht und eine sehr gute Figur.

Ungeduldig erwarte ich die Rückkehr dieses Kuriers, um etwas über Ihre Lektüre und Ihre Beschäftigungen zu hören; besonders in Ihrem Alter ist es erlaubt, sich zu amüsieren; wenn Sie sich aber mit nichts anderem beschäftigen, nichts Ordentliches und Nützliches tun und die Zeit mit Promenaden und Visiten totschlagen, werden Sie eines Tages bemerken, wie öde das alles ist, und sehr bedauern, Ihre Zeit nicht besser angewandt zu haben. Ich muß Ihnen auch gestehen, daß die Handschrift Ihrer Briefe alle Tage schlechter und weniger korrekt wird: in den zehn Monaten hätten Sie sich vervollkommnen müssen. Ich war ein wenig beschämt, als ich die Briefe, die Sie den Damen hier geschrieben haben, durch mehrere Hände gehen sah; Sie müssen mit dem Abbé oder irgendeinem üben, damit Ihre Hand sich besser ausbildet und Sie eine gleichmäßige Schrift bekommen.

Ich bin recht beruhigt durch das, was Sie mir von der Fortdauer der Aufmerksamkeit und Güte des Königs für Sie sagen: bemühen Sie sich, sie weiter zu verdienen, und glauben Sie, daß ich stets die Ihre bin.

*

Schönbrunn, den 17. August 1771.

Dieses Mal geht der Kurier ein wenig spät ab: ich habe eine Menge Verhinderungen gehabt, und ich fange an schrecklich alt zu werden, selbst zum Arbeiten brauche ich die doppelte Zeit, die ich früher nötig halte. Ich habe Ihr sehr ähnliches Porträt im Pastell erhalten; es ist meine Freude und die der ganzen Familie; es hängt in meinem Arbeitszimmer und das andere in meinem Schlafzimmer, wo ich abends arbeite, so habe ich Sie stets bei mir und vor Augen: tief in meinem Herzen sind Sie immer.

Ungeduldig erwarte ich Ihre Antwort aus das, was ihnen Mercy von mir übermittelt hat, aber ich habe gesehen, daß Sie diese Unterhaltung bis nach der Abreise des Kuriers hinausgeschoben haben; aber, was mich etwas beruhigt, ist, daß Mercy mir mitteilt, daß Sie auf seinen Rat hin schon damit begonnen haben, die herrschende Partei höflich zu behandeln und sogar einige nebensächliche Redensarten an sie gerichtet haben, was eine herrliche Wirkung hervorgebracht hat. Ich verbreite mich nicht weiter über diesen Punkt, Mercy ist beauftragt, deutlich mit Ihnen zu sprechen. Aber ich bin entzückt, daß Sie so schnell auf seinen Rat eingegangen sind. Ich bin immer des Erfolges sicher, wenn Sie etwas unternehmen. Der liebe Gott hat Sie mit einer hübschen Erscheinung und so vielen Vorzügen ausgestattet, zu denen noch Ihre Güte hinzukommt, daß alle Herzen Ihnen gehören, wenn Sie etwas unternehmen und handeln; aber ich kann Ihnen doch meine Empfindlichkeit nicht verhehlen, da ich von allen Seiten und zu oft höre, daß Sie in der Höflichkeit und Aufmerksamkeit, jedem etwas Angenehmes und Passendes zu sagen und einen Unterschied zwischen den Personen zu machen, nachgelassen haben. Man sagt, daß Sie sich in dieser Beziehung sehr vernachlässigen, und schreibt es Megdames zu, die es nie verstanden haben, sich Achtung und Vertrauen zu erwerben; aber schlimmer als alles übrige ist die Behauptung, daß Sie anfangen, die Leute zu verspotten und ihnen ins Gesicht lachen: das würde Ihnen unendlich nachteilig sein, und zwar mit Recht, denn man würde an Ihrer Herzensgüte zweifeln; um fünf oder sechs jungen Damen oder Kavalieren zu gefallen, würden Sie es mit allen übrigen verderben. Dieser Fehler an einer Fürstin, meine liebe Tochter, ist nicht leicht zu nehmen; er hat zur Folge, daß alle Höflinge, die gewöhnlich Müssiggänger und die wenigst achtungswerten Leute des Staats sind, einem den Hof machen, und die rechtschaffenen Leute fern bleiben, weil sie sich nicht lächerlich machen und ärgern lassen wollen, und schließlich bleibt einem nur diese schlechte Gesellschaft, die nach und nach zu allen Lastern verführt. Man wiederholt überall, daß Sie die Deutschen nicht auszeichnen: lassen Sie dem wahren Verdienst dieser Nation Gerechtigkeit widerfahren. Wenn Sie von einigen Lächerlichkeiten im Äußern oder der Aussprache, oder ihrer Art sich zu frisieren absehen, werden Sie im Gegenteil viel wahres Talent und Verdienst bei ihnen finden, von denen alle Ausländer soviel Aufhebens machen.

Ich kann mir Ihre Verlegenheit vorstellen, als Sie Broglie Victor François, Duc de Broglie, Marschall von Frankreich, der tüchtigste französische Feldherr im Siebenjährigen Kriege. seiner Frau wegen abweisen mußten: ich kann nicht leugnen, daß ich ihn achte, denn er hat in der kritischsten Situation meines Lebens, in der ich mich nach der Schlacht bei Prag befand, viel Eifer für mich gezeigt. Sie können ihm bei Gelegenheit mitteilen, daß ich mich dessen immer erinnere. Ich war entzückt, daß Durfort Zutritt bei Ihnen hatte, er verdient es durch seine wirklichen guten Eigenschaften, und weil er das Glück hatte, unsere Verbindung durch ihre Heirat zu bestätigen.

Alles, was ich über die Art höre, wie Ihr vier jungen Leute zusammen seid, macht mir viel Vergnügen; Ihre Schwägerin gefährdet Sie nicht und ist, hinsichtlich der äußeren Erscheinung, keine Konkurrenz für Sie, aber sie hat einen festeren Charakter und mehr Kenntnisse, und Sie können, wenn Sie sich an sie anschließen, nur gewinnen, und nach dem Lauf der Dinge werden Sie lange Jahre miteinander zu verbringen haben. Also schließen Sie sich aneinander an und ziehen Sie Nutzen für sich selbst wie für den Staat daraus. Solange Sie sich gut vertragen, wird es wenig Leute geben, die zu intrigieren wagen, aber die geringste Abkühlung würde ihnen freie Bahn dazu geben, und Sie würden die Unannehmlichkeiten für Ihre Ruhe und Ihr Behagen dann recht sehr empfinden.

Mercy teilt mir mit, daß Ihnen das kleine Schreibzeug, das ich Ihnen schickte, viel Freude gemacht hat, daß Sie sogleich meine Fenster gesucht haben und die niedlichsten und rührendsten Dinge gesagt haben. Stellen Sie sich vor, welchen Eindruck das auf mich gemacht hat, verderben Sie nicht diesen Fonds von Zärtlichkeit und Güte, den Sie haben, und ahmen Sie jene Originale nicht nach, die nie in der Öffentlichkeit Erfolg gehabt haben, trotz ihres wirklichen Verdienstes: was man diese nie lehren und wofür Sie nie Beispiele hatten, um sich bilden zu können, ist Ihnen natürlich, und Sie haben herrliche Wirkungen davon gesehen. Ich hoffe, daß meine häufigen Wiederholungen Sie weniger langweilen, als Sie überzeugen, daß sie nur von meiner Zärtlichkeit diktiert werden, ich, die Sie glücklich zu sehen wünscht und die Klippen, an denen die Jugend scheitert, entfernen möchte.

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Schönbrunn, den 30. September 1771.

Meine liebe Frau Tochter! Ich habe Viquermont und Mercy gesehen: alle beide haben mich recht getröstet, indem sie mir versicherten, daß Sie bei guter Gesundheit sind, sehr vergnügt, zufrieden und geliebt. Der Letztere hat mir gesagt, daß er Sie zweimal vertraulich und ziemlich lange gesehen hat. Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie meinen Wünschen entsprochen haben und diejenigen, die von hier kommen, zwangloser bei sich sehen; aber er hat mir das, was alle Nachrichten sagen, bestätigt, daß Sie ganz nach dem Willen Ihrer Tanten handeln. Wenn Sie meine Belehrungen lesen wollen, werden Sie sehen, was ich Ihnen über diesen Punkt bemerkte. Ich schätze und liebe Ihre Tanten, aber sie haben es nie verstanden, sich weder bei Ihrer Familie, noch beim Volk Liebe und Achtung zu erwerben, und Sie wollen nun denselben Weg einschlagen! Diese Furcht und Verlegenheit, mit dem Könige zu sprechen, dem besten aller Väter, und mit den Leuten, mit denen man Ihnen zu sprechen rät! Sagen Sie mir, weshalb Sie verlegen werden und Angst haben, nur wenn Sie guten Tag sagen sollen? Ein Wort über ein Kleid, irgendeine Nichtigkeit kostet Sie so viele Grimassen, reine Grimassen und noch Ärgeres! Sie haben sich in eine solche Sklaverei ziehen lassen, daß die Vernunft und sogar die Pflicht nicht mehr die Kraft haben, Sie zu überzeugen. Ich kann nicht mehr schweigen, nachdem Mercy mit Ihnen gesprochen hat und Ihnen gesagt hat, was der König wünscht und was Ihre Pflicht verlangt und Sie es wagten, sich dagegen aufzulehnen. Welch guten Grund haben Sie dagegen einzuwenden? Gar keinen. Sie haben die Du Barry weder anders zu kennen, noch sie anders anzusehen als eine Dame, die bei Hofe und in die Gesellschaft des Königs zugelassen ist. Sie sind seine erste Untertanin, Sie schulden ihm Gehorsam und Unterwerfung. Sie sollten dem Hof, den Höflingen das Beispiel geben, daß der Wille Ihres Gebieters geschieht. Forderte man von Ihnen Erniedrigungen, Vertraulichkeiten, so würden weder ich noch irgend jemand Ihnen dazu raten, aber ein gleichgültiges Wort, gewisse Rücksichten, nicht für die Dame, aber für Ihren Großvater, Ihren Herrn, Ihren Wohltäter kann man verlangen! Und bei der ersten Gelegenheit, bei der Sie sich ihm verpflichten und ihm Ihre Anhänglichkeit beweisen könnten, widersetzen Sie sich ihm so offenkundig, und diese Gelegenheit wird sich nicht so bald wieder bieten. Machen Sie sich einmal klar, für wen Sie das tun? Sie tun es aus einer schimpflichen Gefälligkeit, für Leute, die Sie unterjocht haben, indem sie Sie wie ein Kind behandelten und ihnen Ausflüge zu Pferde und auf Eseln in Gesellschaft von Kindern und Hunden verschafften. Das sind die wichtigen Ursachen, die Sie veranlassen, diese Leute Ihrem Herrn vorzuziehen, die Sie mit der Zeit lächerlich machen werden, aber weder beliebt noch geachtet. Sie haben so gut begonnen; Ihr Wesen, Ihr Urteil ist, wenn es nicht von anderen geleitet wird, immer wahr und das beste. Lassen Sie sich von Mercy leiten, was haben er und ich wohl für ein anderes Interesse, als nur Ihr Glück und das Wohl des Staates. Machen Sie sich von diesen gegenteiligen Beispielen los, Ihnen kommt es zu, nach dem König den Ton anzugeben und sich nicht wie ein Kind leiten zu lassen, wenn Sie sprechen wollen. Sie fürchten sich, mit dem König zu sprechen, aber Sie haben keine Angst, ihm ungehorsam zu sein oder ihn sich zu entfremden. Für kurze Zeit will ich Ihnen gestatten, mündliche Auseinandersetzungen mit ihm zu vermeiden, aber ich verlange, daß Sie ihn durch alle Ihre Handlungen von Ihrem Respekt und Ihrer Zärtlichkeit überzeugen, indem Sie bei jeder Gelegenheit daran denken, was ihm gefallen könnte, so daß ihm in dieser Beziehung nichts zu wünschen übrig bleibt und kein Beispiel oder gegenteilige Rede Sie umstimmt. Und wenn Sie sich deshalb mit allen anderen entzweien müßten, ich kann Sie nicht davon lossprechen. Sie haben nur ein Ziel, das ist zu gefallen und den Willen des Königs zu tun; wenn Sie so handeln, will ich Ihnen für einige Zeit mündliche Auseinandersetzungen mit dem König erlassen.

Sie sagen mir, daß Sie aus Liebe zu mir die Broglies gut behandeln wollen, obgleich sie persönlich gegen Sie gefehlt haben. Das ist wieder so eine Wunderlichkeit, die aus derselben Quelle kommt. Ist es möglich, daß so ein kleiner Broglie fehlen kann gegen Sie? Ich verstehe das nicht, nie hat jemand gegen mich, oder gegen Ihre zehn Geschwister gefehlt; wenn er irgend Jemandem aus Ihrem Gefolge mißfallen hat, dürfen Sie das gar nicht bemerken, aber noch weniger es auf sich beziehen. Wieder hat es Ihnen zu genügen, daß die Broglies vom König geschätzt werden, und Sie haben weder auf andere zu hören noch anders zu handeln, und sogar nicht anders zu denken. Wenn Sie Ihre Ruhe und Ihre Zukunft lieben, handeln Sie so und nicht anders.

Ich habe den Kurier am ersten des Monats zurückbehalten, um wieder in die richtige Ordnung zu kommen, und ich kann Ihnen nicht verhehlen, daß ich von allem, was er mir brachte, so niedergedrückt war, daß ich Zeit brauchte, um mich zu erholen. Die Abreise Ihres Bruders hat meine Empfindlichkeit und meine Arbeit noch vermehrt. Aus dem Tagebuch werden Sie ersehen, was alles geschehen ist; fassen Sie das, was ich Ihnen mitteile, nicht als schlechte Laune oder Schelte auf, nehmen Sie es als größtes Zeichen meiner Zärtlichkeit und des Interesses auf, das ich für Sie hege, daß ich alles das mit so viel Nachdruck betone; aber ich sehe Sie in einer großen Abhängigkeit, aus der Sie so schnell wie möglich und mit Gewalt herausgezogen werden müssen, wenn man noch auf Besserung hoffen soll. Meine Ratschläge, die des Abbés, von dem ich nie mehr sprechen höre, auch die von Mercy haben nichts gefruchtet und konnten Sie nicht vor Unzuträglichkeiten bewahren; urteilen Sie, wie sehr mich das mitnehmen mußte, und wie ich auf Kosten meines Lebens Ihnen nützlich sein möchte und Sie aus der Abhängigkeit, in die Sie geraten sind, befreien möchte. Es ist nicht erstaunlich, daß Sie hineingeraten sind, aber nachdem ich Ihnen die Unzuträglichkeiten gezeigt und Ihnen sogar ein Mittel angegeben habe, um wieder herauszukommen, sind Sie unentschuldbar, wenn Sie sich nicht davon losmachen könnten. Ich fordere nicht von Ihnen, daß Sie den Verkehr, der Ihnen zur Gewohnheit geworden, abbrechen, Gott bewahre mich davor! Aber ich will, daß Sie Mercys Ratschläge denen Ihrer Tanten vorziehen, daß Sie ihn häufiger sehen und daß Sie mit ihm von allem sprechen und Sie den andern nicht wiedererzählen, was er Ihnen gesagt hat: daß Sie anfangen, selbständiger zu werden. Übertriebene Gefälligkeiten sind Niedrigkeiten oder Schwächen. Man muß seine Rolle zu spielen wissen, wenn man geachtet sein will; Sie können es, wenn Sie sich ein wenig zusammennehmen und das befolgen, was man Ihnen rät; wenn Sie sich gehen lassen, sehe ich großes Unglück für Sie voraus. Sie werden immer in Klatsch und kleinliche Ränke verwickelt sein, die Ihnen unglückliche Tage schaffen werden. Ich möchte diesem vorbeugen, und ich beschwöre Sie, sich den Ansichten einer Mutter unterzuordnen, welche die Welt kennt und die ihre Kinder vergöttert und ihre traurigen Tage dazu verwendet, ihnen nützlich zu sein. Ich umarme Sie zärtlich, glauben Sie nicht, daß ich böse bin, nur aufgeregt und um Ihr Glück besorgt.

*

Wien, am letzten Tage des Jahres 1772.

Was Sie zu Ihrer Entschuldigung anführen, weil Sie Ihr Wort, keine Jagd zu Pferde mitzumachen, nicht gehalten haben, hätte Geltung gehabt, wenn Sie es mir vor einem Jahr oder noch früher gesagt hätten, als Sie es zum ersten Male taten. – Ihre Offenherzigkeit, Ihre Zärtlichkeit hätten den kleinen Wortbruch weniger schwerwiegend gemacht, aber daß ich es durch die Zeitungen erfahren mußte, hat mich, offen gestanden, sehr unangenehm berührt und wirft auch künftig einen Schatten auf Ihr Vertrauen mir gegenüber. Eine solche Vergeßlichkeit kann nicht als Entschuldigung dienen, denn gerade über Vergeßlichkeit beklage ich mich. Warum sollte ich Sie eines so unschuldigen Vergnügens berauben? Ich würde mein Leben dafür hingeben, Ihnen ein Vergnügen zu verschaffen, wenn ich nicht die Folgen fürchten müßte. Die Jugend versteht nie in ihren Vergnügungen Maß zu halten. Ich sah also voraus, daß Sie es ebenso machen würden. Es bleibt mir nichts mehr zu sagen übrig, seitdem der König und der Kronprinz Ihnen das Reiten gestatteten; Sie werden kein Wort mehr von mir darüber hören, was mich aber verletzt, ist Ihr Stillschweigen.

Auch die Verlegenheit Esterhazy gegenüber ist etwas, was ich Ihnen nicht durchgehen lassen kann. Wie, die Antoinette von elf und dreizehn Jahren verstand es reizend, die Leute zu empfangen, und wußte jedem etwas Höfliches und Liebenswürdiges zu sagen? Diese Tatsache haben ganz Wien, das ganze Reich, Lothringen und Frankreich erlebt, und jetzt kommt die Kronprinzessin einem einfachen Privatmann gegenüber in Verlegenheit? Gewöhnen Sie sich nicht an so leichtfertige Entschuldigungen wie Verlegenheit, Furcht, Schüchternheit; das sind Einbildungen. Es ist nur die schlechte Gewohnheit, sich ohne Überlegung gehen zu lassen und sich in nichts Zwang aufzuerlegen, wenn man diese Ausreden gebraucht. Sie wissen, wie sehr Ihre Leutseligkeit Ihnen die Herzen gewonnen hat, täglich sehen Sie den Gegensatz, und doch lassen Sie sich so gehen und vernachlässigen diesen wichtigen Punkt?

Ich schließe mit dem alten Jahr meine Predigten; Sie täten mir Unrecht, wenn Sie sie nicht als größtes Zeichen meiner Zärtlichkeit und des lebhaften Interesses, das ich an Ihrem künftigen Glücke nehme, auffassen wollten; ein Glück, mit dem ich beständig beschäftigt bin. Ich erwarte vom Neujahrstag, daß die Lehren, die ich Ihnen für Ihr Benehmen der Favoritin gegenüber gab, wirksam werden. In diesem Punkt kann ich Sie nicht davon freisprechen, daß Sie sich nur damit begnügt haben, sich an dem Klatsch über sie nicht zu beteiligen. Ich möchte aber, daß Sie meinen Ratschlägen folgen und sie mit Höflichkeit behandeln und zu ihr wie zu jeder anderen Dame, die bei Hofe empfangen wird, sprechen. Sie sind das dem König und mir schuldig, kein anderer hat das Recht auf Ihre Gefälligkeit. Wenn man seine Pflicht erfüllt, soll man sich nicht darum kümmern, was die Leute sagen, und Sie haben nur sich Rechenschaft über Ihre Handlungen zu geben. Ich möchte nicht, daß Sie sich von anderen herabsetzen oder beherrschen lassen! Hüten Sie sich. Wenn dieses Gleichgewicht einmal verloren ist, ist es nur mit großer Mühe, wiederzufinden, und ich glaube, dazu sind Sie nicht sehr geneigt, weil Sie Ihre Behaglichkeit zu sehr lieben.

Ich bin sehr zufrieden, daß die Heimkehr der beiden Prinzen eine Brücke zur vollständigen Versöhnung geschlagen hat, denn die Güte des Königs ist sehr groß, so daß ich ihn immer so ruhig und zufrieden wünschen möchte, wie er es verdienen würde. Denn im vorgerückten Alter braucht man Zufriedenheit und Ruhe und sucht sie.

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Wien, den 31. Januar 1773.

Meine liebe Tochter! Ich bin sehr zufrieden, daß Ihr Karneval so angenehm verläuft, und ich höre nur immer von Ihrem Aussehen sprechen, und wie Sie dieses Jahr tanzen. Jedermann findet eine große Veränderung, und Stormond meint, daß sie zu Ihren Gunsten ist, und war mit Ihrem Empfang sehr zufrieden. Fahren Sie so fort, das kann Ihnen nicht schwer fallen; Sie brauchen sich nur in diesem Punkt nicht zu vernachlässigen und die Übung, die Sie darin haben, zu pflegen, dann wird es mit der Zeit zur zweiten Natur. Besonders empfehle ich Ihnen, die Ausländer auszuzeichnen und das Wort an sie zu richten und an Leute eines gewissen Alters und Ranges, die kommen, Ihnen ihre Aufwartung zu machen. Sie können sich gar nicht vorstellen, was ein Blick, ein Gruß, ein Wort von Ihnen bei solchen Leuten für Eindruck macht. Dad verbreitet sich durch das ganze Reich. Diese guten Leute sind daran gewöhnt, daß man sich oft nur mit ihnen beschäftigt, um sie vor jungen Leuten und Höflingen lächerlich zu machen. Ich bin auch sehr erfreut über die 1000 Taler gewesen, die Sie für das Hotel Dieu Krankenhaus in Paris. gespendet haben. Sie sagen sehr richtig, daß Sie böse darüber waren, weil man mit Ihnen darüber gesprochen hat; von solchen Handlungen sollte nur Gott wissen, und ich bin ganz sicher, daß Sie es so beabsichtigten, aber die andern haben auch ihre guten Gründe, es der Öffentlichkeit bekanntzugeben, wie Sie selbst sagen, des Beispiels wegen. Meine liebe Kleine! Wir sind verpflichtet, solche Beispiele zu geben, und das ist ein wesentlicher und delikater Punkt in unserem Stande. Je häufiger Sie großmütige und wohltätige Handlungen ausüben können, desto besser wird es sein, und was bei einer andern Prahlerei und Verschwendung wäre, ist geziemend und notwendig bei uns. Wir haben keine andern Hilfsquellen als Wohltaten und Güte, besonders als Kronprinzessin oder Gemahlin eines Herrschers; ich habe diesen Vorzug nie gehabt.

Ich bin mit dem Verlauf des Neujahrstages nicht zufrieden; Sie haben sich zu sehr vorbereitet, das müssen Sie bei der ersten Gelegenheit wieder in Ordnung bringen, der Februar ist dazu ebenso gut wie der Januar. Ich verlange nicht zu viel, wenn ich fordere, daß Sie vier- oder fünfmal im Jahr ohne Künstelei das Wort an die Favoritin richten, und Sie können Herrn von Aiguillon durch nichts mehr in Verwirrung setzen, als wenn Sie ihm in dieser Beziehung keinen Angriffspunkt bieten. Ich behaupte sogar mehr: Ihre Haltung dem König gegenüber wird ungezwungener, vertraulicher sein, wenn Sie sich in diesem Punkte nichts vorzuwerfen haben, wenn nach dem, was alle sagen, bezeugt Ihnen der König mehr Herzlichkeit, als Sie ihm. Man merkt Ihnen einen gewissen Zwang an, der Ihren Handlungen jedes Verdienst nimmt, und dieser gute Vater verdient es so sehr!

Meine liebe Tochter! Diese vier Punkte empfehle ich Ihnen mit aller Herzlichkeit, derer Sie mich fähig wissen. Sagen Sie nicht, daß ich schelte, daß ich predige, sondern sagen Sie: Mama hat mich sehr lieb und kümmert sich beständig um mich und mein Glück; ich muß ihr glauben und sie trösten, indem ich ihren guten Ratschlägen folge. Sie werden sich dabei wohl befinden, und jeder Schatten, der Ihnen so sehr mißfallen hat, wird künftig aus meinem Vertrauen verbannt werden. Ich sage Ihnen nichts mehr über diesen Gegenstand, ich habe Ihnen alles, was darüber nötig war, das letzte Mal gesagt, ich bin nicht nachtragend noch trage ich »Verschmach«; wenn ich diese Dinge gesagt habe, genügt es mir; ich bin aufrichtig und fordere große Genauigkeit und Offenheit mir gegenüber; da ich selbst nicht anspruchsvoll bin, sondern sehr duldsam, kann ich sie fordern.

In Florenz ist keine Rede von Spanien, aber sie Die Großherzogin von Toskana. ist seit drei Monaten wieder schwanger; wenn diese Reise nach Spanien einmal stattfinden sollte, wird sie zu Schiff gemacht werden. Ich wünschte, daß sie Sie aus dem Rückweg besuchen könnte; sie ist eine Fürstin von großer Tugend und großem Verdienst und sehr verliebt in ihren Mann. Während alles auf dem Maskenball ist, und ich sogar alle meine Frauen weggeschickt habe, verbringe ich köstliche Augenblicke mit meinem geliebten Kinde, und indem ich Sie zärtlich umarme, bin ich ...

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Laxenburg, den 18. Mai 1774.

Gestern Abend um 10 Uhr ist der Kurier mit der traurigen Nachricht, die wir seit dem 10. erwarteten, eingetroffen. Mein ganzes Leben lang werde ich um diesen Fürsten und Freund, Ihren guten zärtlichen Schwiegervater trauern. Ich bewundere gleichzeitig Gottes Gnade, mit der er den König im rechten Moment seine göttliche Barmherzigkeit anrufen ließ, und die Worte des Großalmosenier, die der König nachgesprochen, kann man nicht lesen, ohne in Tränen zu zerfließen und auf seine ewige Seligkeit zu hoffen. Wir haben sogleich jedes Schauspiel hier untersagt und bekanntgegeben, daß wir vor dem 24. niemand empfangen, wo man die tiefe Trauer anlegen wird, die ich bis an mein Lebensende tragen werde. Ich beglückwünsche Sie nicht zu Ihrer neuen Würde, die sehr teuer erkauft ist, und es noch mehr werden wird, wenn Sie nicht mehr dasselbe ruhige und unschuldige Leben führen können, das Sie drei Jahre durch die Güte und Milde dieses guten Vaters führen konnten, und das Ihnen die Anerkennung und die Liebe Ihrer Völker einbrachte, ein großer Vorteil für Ihre gegenwärtige Stellung, aber Sie müssen sie sich auch zu bewahren und zum Wohl des Königs und des Staates zu gebrauchen wissen. Sie sind alle beide sehr jung, und die Last ist schwer, ich bin deswegen in schwerer Sorge. Wenn Ihr anbetungswürdiger Vater mich nicht in dem ähnlichen Fall, in dem ich mich befand, aufrechterhalten hätte, hätte ich mich nie herausfinden können, und ich war doch älter als Sie beide. Alles, was ich Ihnen sagen und wünschen kann, ist, daß Sie sich alle Beide nicht überstürzen: sehen Sie mit eigenen Augen, ändern Sie nichts, lassen Sie alles, so wie es war, sonst werden die Verwirrung und die Intrigen unlösbar, und Sie, liebe Kinder, werden so wirr werden, daß Sie sich nicht mehr herausfinden. Ich kann aus Erfahrung darüber sprechen, welch anderes Interesse könnte ich wohl haben, Ihnen anzuraten, besonders die Vorschläge Mercys anzuhören. Er kennt den Hof und die Stadt, ist vorsichtig und Ihnen völlig ergeben. In diesem Augenblick betrachten Sie ihn ebensogut als Ihren wie meinen Minister, das läßt sich sehr gut vereinigen. Das Interesse unserer beiden Staaten erfordert, daß wir so eng verbunden sind, als wenn wir eine Familie wären. Ihr Ruhm, Ihr Glück liegt mir ebenso am Herzen wie das unsere. Jene unglücklichen Zeiten der Eifersucht zwischen unseren Staaten und Interessen existieren nicht mehr; aber unsere heilige Religion und das Wohl unserer Staaten erfordern, daß wir in unsern Herzen und Plänen eng verbunden sind und die Welt von der Festigkeit dieses Bundes überzeugt sei. Ich werde meinerseits nichts vernachlässigen, und meine alten Tage können nur dann ruhig verlaufen, wenn ich Euch Beide, meine lieben Kinder, glücklich sehe. Darum bete ich und werde inständigst beten lassen. Indem ich Euch meinen Segen gebe, bin ich stets ...

P. S. Ich hoffe, daß von der unglücklichen Barry nicht mehr die Rede sein wird, für die ich immer nur so viel übrig hatte, wie der Respekt es für Ihren Vater und Herrscher erforderte. Ich hoffe, ihren Namen nicht mehr zu hören, außer in dem Zusammenhange, daß der König sie mit Großmut behandelt hat, indem er sie mit ihrem Gatten weit vom Hofe verbannt und ihr Los, soweit es schicklich ist und die Menschlichkeit verlangt, mildert.

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Wien, den 15. März 1775.

Meine liebe Frau Tochter. Ihr Brief vom 18., der mitten aus Ihren beständigen Karnevalsvergnügungen und der Freude geschrieben ist, die Ihnen die Ankunft Ihres Bruders Des Erzherzogs Maximilian verursachte, war recht tröstlich für mich. Alles, was Sie mir Rührendes über Ihre Familie und mich sagten, hat mich ebenso ergriffen, wie Sie es bei der Begegnung mit Ihrem Bruder waren. Sie erhalten dieses Gefühl bei jeder Gelegenheit so gut aufrecht, daß ich gerührt und stolz zugleich bin und wünsche, daß nichts es jemals einschränken könnte. Ihr Bruder und Rosenberg können gar nicht genug ihre Genugtuung und ihr Erstaunen über Ihre Stellung und Ihr Benehmen ausdrücken, und ich erwarte, daß ich mich in drei Wochen noch mehr damit beschäftigen kann. Wieviel glückliche Augenblicke werde ich dabei haben? Ich danke Ihnen für alles, was Sie für ihn getan haben, und ich bitte Sie, auch dem König in meinem Namen zu danken. Ich bin sehr gerührt über die Freundschaft, die er Ihrem Bruder bezeugte, und für alle seine Beweise der Güte für den Grafen von Burgau. Jetzt wird er schon abgereist sein; es wird ihm wie ein Traum vorkommen. Ich danke Ihnen sehr für den Plan der Königssalbung, aber ich finde, daß er nicht ausführbar ist; aber er wird ein andermal, wenn Sie es wünschen, das Glück haben, Sie wiederzusehen. Gott sei Dank! Dieser ewige Karneval ist nun zu Ende! Sie finden mich dieses Ausrufs wegen gewiß sehr alt, aber ich gestehe, die Ermüdungen dieser durchwachten Nächte wurden mir zuviel. Ich zitterte für die Gesundheit und für die Ordnung des gewöhnlichen Lebens bei Hofe; es ist eine Hauptsache, sie zu erhalten. Jede Lektüre, jede andere Beschäftigung sind zwei Monate lang unterbrochen. Die Zeit ist kostbar, und es gibt keinen wirklichen und unwiederbringlichen Verlust als diesen. Ist man jung, denkt man nicht daran; wenn man älter wird, erkennt man es, aber dann machen uns andere Schwächen fehlerhaft. Ebenso kann ich mich nicht zurückhalten, mit Ihnen über einen anderen Punkt zu sprechen, den die Zeitungen mir zu oft wiederholen: es handelt sich um Ihren Kopfputz, man sagt, daß die Frisur von den Haarwurzeln 36 Zoll in die Höhe geht und mit einer Menge Federn und Bändern geschmückt sei, die das alles heben! Sie wissen, daß ich immer der Meinung war, die Moden mit Mäßigung mitzumachen, sie aber nie zu übertreiben. Eine junge hübsche Königin, so voller Anmut, hat alle solche Tollheiten nicht nötig; im Gegenteil, die Einfachheit des Putzes hebt die Erscheinung und paßt besser zum Rang der Königin; sie muß den Ton angeben, und alles wird sich beeilen, sogar ihre kleinen Wunderlichkeiten anzunehmen; aber ich, die ich meine kleine Königin liebe und ihr bei jedem Schritt folge, ich kann nicht anders, als sie vor diesen kleinen Übertreibungen zu warnen, die ich doch sonst so viel Grund habe, mit allem was Sie tun, zufrieden und selbst stolz zu sein.

Sie werden einen Brief des Kaisers bekommen, der mir viel Vergnügen gemacht hat. Ich sehe, daß er ernstlich daran denkt, Sie zu besuchen, und er teilt Ihnen seine Bedingungen mit. Breteuil finde ich recht gealtert, aber er wird dasselbe von mir sagen; er hat mir das Schönste und meinem Herzen Teuerste überbracht: Ihre sehr gut gearbeitete Büste und zwei entzückende Bilder; meine Ringe, besonders den aus Ihren Haaren, trage ich immer und werden allen andern vorgezogen. Ich danke Ihnen für alle diese lieben und schönen Geschenke und bitte Sie zu glauben, daß ich stets Ihre treueste Mutter und Freundin bin.

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Schönbrunn, den 2. Juni 1775.

Ich war entzückt von allem, was Sie mir über die Haltung des Königs und seine Befehle an das Parlament gelegentlich dieses unglücklichen Aufstandes sagen. Wie Sie, glaube ich auch, daß irgend etwas dahinter steckt. Dieselbe Sprache, von der Sie berichten, haben auch unsere Leute jetzt in Böhmen geführt, nur handelt es sich bei den Ihren um die Brotteuerung, bei den unseren um die Frondienste. Sie haben auch eine Verfügung verlangt, die sie abschafft. Im allgemeinen beginnt dieser Geist des Aufruhrs überall einzudringen, das ist die Folge unseres aufgeklärten Jahrhunderts. Ich stöhne oft darüber, aber die Sittenverderbnis, diese Gleichgültigkeit gegen alles, was mit unserer heiligen Religion zusammenhängt, diese fortgesetzte Abbröckelung sind die Ursachen aller dieser Übel. Ich gestehe Ihnen, daß ich mit großem Kummer in den gedruckten Blättern sah, daß Sie sich mehr denn je auf allerlei Ausflüge ins Bois de Boulogne vor den Toren von Paris mit dem Grafen von Artois Der jüngste Bruder Ludwigs XVI., der spätere König Karl X. einlassen, ohne daß der König dabei ist. Sie müßten besser wissen als ich, daß dieser Prinz keineswegs geachtet ist, und daß Sie auf diese Weise an seinen Fehlern teilnehmen. Er ist so jung, so unbesonnen; bei einem Prinzen nimmt man es noch hin; aber bei einer Königin, die älter ist, und von der man eine ganz andere Meinung hatte, werden diese Fehler viel größer. Verlieren Sie dieses schätzenswerte Gut nicht, das Sie so vollkommen besaßen. Eine Fürstin muß in ihren geringsten Handlungen achtungswert sein und nicht eine flotte Dame in ihrem Anzuge und in ihren Vergnügungen werden. Man zaust uns zu sehr, als daß wir nicht immer auf unserer Hut sein müßten.

Jetzt kommt noch ein viel traurigerer Punkt für mich: alle Briefe aus Paris besagen, daß Sie getrennt von dem König schlafen, und daß Sie an seinem Vertrauen wenig Anteil haben. Ich gestehe, daß mich dieses um so mehr erschreckt, da Sie am Tage schon genug Zerstreuungen haben und ohne den König sind. Diese Freundschaft, diese Gewohnheit, immer zusammen zu sein, wird bald von selbst enden, und ich sehe nur Unglück und Kummer für Sie voraus, trotz der glänzenden Stellung, von der mir Rosenberg versichert hat, daß es nur von Ihnen abhängt, sie sich zu erhalten, da der König Sie liebt und schätzt. Ihre einzige Aufgabe muß sein, sich soviel wie möglich am Tage bei ihm aufzuhalten, ihm Gesellschaft zu leisten, seine beste Freundin und Vertraute zu sein, zu versuchen, in allen Dingen Bescheid zu wissen, um sich mit ihm zu besprechen und ihn erleichtern zu können, damit er sich nie wo anders behaglicher und sicherer als in Ihrer Gesellschaft fühlt. Wir sind in dieser Welt, um anderen Gutes zu tun, Ihre Aufgabe ist eine der größten, wir sind nicht für uns selbst da und um uns zu amüsieren, sondern um den Himmel zu erwerben, worauf alles abzielt, und der fällt einem nicht umsonst zu, es heißt, ihn sich verdienen. Verzeihen Sie diese Predigt, aber ich gestehe Ihnen, daß die getrennten Schlafzimmer, diese Ausflüge mit dem Grafen von Artois meine Seele mit um so größerem Kummer erfüllt haben, da ich die Folge kenne, die ich Ihnen nicht klar genug machen kann, um Sie vor dem Abgrund zu retten, in den Sie sich stürzen. Schreiben Sie meiner Zärtlichkeit diese Besorgnis zu, aber halten Sie sie nicht für überflüssig.

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Schönbrunn, den 2. September 1776.

Meine liebe Frau Tochter! Ihr kurzer Brief durch den Kurier, in dem ich sogar in der Schrift eine Veränderung gefunden habe, hat mich beunruhigt, da Sie mir sagten, daß Sie Migräne haben; aber der von Mercy vom 21. hat mir zwei Tage später gemeldet, daß Sie einen Anfall von Wechselfieber gehabt haben, Ihr Arzt aber darüber nicht beunruhigt ist, und wenn die Anfälle sich nicht steigern, er Sie noch einige durchmachen läßt, um die Säfte, von denen Sie zuweilen geplagt werden, zu zerstören; trotz dieser sehr richtigen Beurteilung, die der unseres großen van Swieten gleicht und der auch Störk zustimmt, möchte ich Sie lieber ganz davon befreit wissen, und ich fürchte, Sie schonen sich nicht genug und besonders im Herbst nicht.

Ich schulde Ihnen eine Antwort für den Prinzen von Ligne wegen der Anstellung seines zweiten Sohnes in Frankreich. Ich bin immer glücklich, wenn ich denen, die Sie protegieren, Vergnügen machen kann, aber er muß durch die Vermittlung der Regierung in Brüssel und den Fürsten Kaunitz Wenzel, Fürst von Kaunitz, der bekannte Staatskanzler und wichtigste Berater Maria Theresias in Angelegenheiten der auswärtigen Politik, 1711-1794. um meine Genehmigung bitten, ehe ich etwas bestimmen kann, wie der Herzog von Aremberg es gemacht hat. Ich möchte Sie nur benachrichtigen, daß der Prinz von Ligne wohl Geist und Vorzüge hat, aber sein Charakter und sein Leichtsinn nicht damit übereinstimmen, und daß er mit seiner letzten Reise nach Paris sehr geprahlt hat.

Alle Nachrichten aus Paris melden, daß Sie sich Armbänder für 250 000 Pfund gekauft haben und deshalb Ihre Finanzen in Unordnung gebracht und sich in Schulden gestürzt haben, und daß Sie, um dem abzuhelfen, einige von Ihren Diamanten für einen sehr niedrigen Preis hergegeben haben. Man schließt daraus, daß Sie den König zu so viel überflüssiger Verschwendung verleiten, die seit einiger Zeit wieder zunimmt und den Staat in den trostlosen Zustand bringt, in dem er sich befindet. Ich halte diese Sache für übertrieben, aber ich habe es für notwendig erachtet, Sie über die umlaufenden Gerüchte zu unterrichten, denn ich liebe Sie so zärtlich. Solche Geschichten zerreißen mir das Herz, besonders der Zukunft wegen; aber zwei andere Umstände haben mir dafür recht viel Trost gegeben. Man schreibt Ihnen das gute Verhalten des Grafen von Artois seiner Frau gegenüber zu, und man kann nicht genug erzählen, wie gut Sie sich zu ihr benehmen. Daran erkenne ich meine gütige, liebevolle Tochter, ebenso in der Geschichte von der guten Großmama, deren Enkelkind Sie zu sich nehmen: alle diese Erzählungen lassen mich wieder aufleben, aber die Diamantengeschichte hat mich niedergebeugt. Dieser französische Leichtsinn mit all den extravaganten Schmucksachen! Meine Tochter, meine liebe Tochter, die erste aller Königinnen, sollte auch so werden! Dieser Gedanke ist mir unerträglich! ...

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Wien, den 31. Oktober 1776.

Meine liebe Frau Tochter! Ich hoffe, daß dieser Kurier, wie Sie es wünschen, vor dem Zehnten ankommen wird, damit Sie die Zeit haben, ihn vor Ihrer Rückkehr nach Fontainebleau wieder zu expedieren, sonst hätte ich einen ganzen Monat versäumt, und ich gestehe, daß ich immer mit sehr zärtlichem Eifer die Ankunft dieser Kuriere erwarte. Ihre Entschuldigungen wegen des Vergessens meines Namenstages habe ich ohne Groll angenommen; aber meine liebe Tochter, ich wünsche, daß Sie nicht nur einmal im Jahre an mich denken, sondern alle Monate, Wochen und Tage, und daß Sie nicht meine Zärtlichkeit, meine Ratschläge und mein Beispiel vergessen.

Ich gestehe, daß man solch ein beständig aus Zerstreuungen bestehendes Leben, mit Promenaden und Ausflügen, noch niemals bei anderen Königinnen gesehen hat, die, wenn sie auch jung, doch älter als Sie und immer von ihrem Gemahl begleitet waren; nichts aber macht mir mehr Kummer, als daß alles dieses ohne den König geschieht nur infolge Ihres eigenen Beliebens und seiner großen Nachsicht, die einmal aufhören könnte, besonders wenn außergewöhnliche Ausgaben dazu kommen. Bei diesen Gelegenheiten möchte ich, daß Sie an mich denken, und ich bin sicher und kenne Ihr Herz, wenn es nicht vollständig durch die Schmeicheleien und Leichtfertigkeiten verändert ist, daß allein der Gedanke, daß mir diese Unbesonnenheiten Kummer bereiten, Sie davon zurückhalten könnte. Es wird von selbst anders werden, aber vielleicht zu spät für Ihr Glück und Ihre Ehre, das ist meine beständige Besorgnis und wird sie bleiben, so lange ich lebe.

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Wien, den 30. November 1776.

Meine liebe Frau Tochter! Ich bin sehr froh, Sie zurück und ruhiger für den Winter zu wissen. Mit der Zeit wird Ihre Gesundheit allen diesen Ritten und Nachtwachen nicht widerstehen können; geschähe es noch in Gesellschaft des Königs, so würde ich schweigen, aber immer ohne ihn und mit allem, was es in Paris Schlimmes und Junges gibt, so daß die Königin, diese reizende Königin, fast die Älteste der ganzen Gesellschaft ist! Diese Zeitungen, diese Blätter, welche das Vergnügen meines Lebens waren und von den guten Taten und großmütigen Zügen meiner Tochter berichteten, sind verändert; ich fand nur noch Berichte über Pferderennen, Glücksspiele und durchwachte Nächte darin, so daß ich sie nicht mehr sehen wollte, doch kann ich nicht hindern, daß man davon spricht, denn alle Leute, die meine Zärtlichkeit für meine Kinder kennen, sprechen und erzählen mir von ihnen. Ich vermeide es häufig, Gesellschaft um mich zu haben, damit ich diese betrübenden Dinge nicht höre; aber eine sehr tröstliche Nachricht: wenn nichts die Ausführung hindert, rechnet der Kaiser darauf, nach Frankreich zu reisen. Ich kann mir vorstellen, welcher Trost das für Sie sein wird, und wie Sie die Zeit, die er mit Ihnen verbringen wird, ebenso wie seine Ratschläge nutzen werden. Er ist sehr befähigt dazu, und seine Freundschaft für Sie wird Ihnen nichts zu wünschen übrig lassen.

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Schloßhof, den 29. Juni 1777.

Meine liebe Frau Tochter! Ich muß Sie benachrichtigen, daß ich einen Tag früher schreibe, damit der Kurier am 1. abreisen kann. Ich habe zwei von Ihren lieben und interessanten Briefen vom 14. Und 16. zu beantworten. Ich habe die Erschütterung vorausgesehen, die Ihnen der Abschied Von ihrem Bruder, dem Kaiser Joseph II., der Marie Antoinette in Paris besucht hatte. verursacht hat, und ich war sehr in Sorge darüber; wirklich meldet man mir, daß Ihre Nerven darunter gelitten haben. Ich hoffe, daß es keine Folgen gehabt haben wird, da weder Sie noch Mercy nichts mehr davon schreiben. Der allgemeine Beifall, den dieser liebe Sohn gefunden hat, ist sehr schmeichelhaft und tröstend für mich. Ich hatte ein wenig Angst, daß seine strenge Philosophie und Einfachheit nicht gefallen würden und auch er diese Nation nicht nach seinem Geschmack finden möchte, aber ich habe den Trost, das Gegenteil zu sehen. Das ist alles, was ich wünschen konnte; nun bin ich zufrieden. Was aber das Maß vollmacht, ist, was Sie mir von der Freundschaft und von dem gegenseitigen Vertrauen der beiden Schwäger mitteilen. Gott gebe, daß es während ihrer ganzen Regierung so sei zum Wohl der Staaten und unserer Familien, die ich seit langem als ein und dieselbe betrachte. Sie können am meisten zu diesem glücklichen Anfang beitragen, indem Sie den Ratschlägen Ihres Bruders folgen, mit denen Sie mir so zufrieden und einverstanden scheinen, und alles, was Sie mir darüber sagen, ebenso über die Aufzeichnungen, die er Ihnen hinterlassen, hat mich bis zu Tränen gerührt. Bewahren Sie sich diesen guten Willen sorgfältig, lassen Sie ihn nicht versiegen. Der Kaiser war gerührt, Sie zu genießen; er fand eine große Freude in der freundschaftlichen Unterhaltung mit Ihnen. Ich verrate ihn nicht, wenn ich seine eigenen Worte hierhersetze, die ich niemals so gut wiedergeben könnte:

»Mit Kummer habe ich Versailles verlassen, weil ich meiner Schwester wirklich zugetan bin; ich habe dort jene freundlich-stille Lebensweise gefunden, auf die ich verzichtet hatte, aber ich sehe, daß ich den Geschmack daran nicht verloren habe. Sie ist liebenswürdig und reizend. Ich habe Stunden und Stunden mit ihr verbracht, ohne zu merken, wie sie dahinschwanden; ihre Ergriffenheit bei der Abreise war groß, ihre Haltung gut. Ich mußte meine ganze Kraft zusammennehmen, um mich loszureißen.«

Urteilen Sie, was diese Erzählung Tröstendes und Rührendes für eine Mutter hat, die ihre Kinder so zärtlich liebt. Ich erwarte die glücklichsten Folgen davon, sogar für Ihren Ehestand, für den der Kaiser mich wieder hoffen läßt. Alles weitere verschiebt er auf den mündlichen Bericht bei seiner Rückkehr. Ich gestehe, daß es mich ein wenig in schlechte Stimmung bringt, denn es ist das Allerwichtigste für Sie, Nachkommenschaft zu haben, und ich finde die Art, wie Sie über die Schwangerschaft Ihrer Schwägerin denken, sehr richtig. Verzeihen Sie mir meine Zudringlichkeit wegen Ihres großen Porträts, Mercy empfängt heute die Maße dafür; das erste ist für mein Arbeitszimmer, wo es mit dem des Königs zusammen hängen soll, aber dieses große ist für einen Saal bestimmt, wo große Porträts der ganzen Familie hängen. Und da sollte diese reizende Königin nicht dabei sein? Die Mutter allein sollte ihre liebe Tochter entbehren müssen? Ich möchte Ihre Gestalt in der Hoftracht haben, selbst wenn das Gesicht nicht sehr ähnlich sein sollte. Um Sie nicht zu sehr zu belästigen, genügt es mir, daß ich die Figur und die Haltung habe, die ich nicht kenne und mit der alle Leute so zufrieden sind. Da ich meine liebe Tochter schon, als sie noch sehr klein und Kind war, hergeben mußte, wird dieser Wunsch sie kennen zu lernen, wie sie sich entwickelt hat, meine Zudringlichkeit entschuldigen, die einer sehr lebhaften mütterlichen Zärtlichkeit entspringt.

Der Kaiser ist sehr zufrieden mit der Nation gewesen, und das vermehrt meine Zufriedenheit noch. Er hat eine Menge Vorurteile, mit denen man ihn gegen Sie eingenommen hatte, abgestreift. Aber er ist ganz mit Bedauern darüber erfüllt, daß er Sie verlassen mußte, und zufrieden mit der Freundschaft und dem Vertrauen des Königs. Alles, was Sie mir noch über den König sagen, wie er bei dieser Gelegenheit zärtlich besorgt um Sie war, ist ganz außerordentlich, und Sie haben sehr recht zu sagen, daß Sie es nie vergessen werden. Fahren Sie fort, die Ratschläge Ihres Freundes und Bruders auszuführen, und Sie werden in kurzer Zeit die Wirkung sehen, und Ihr befestigtes Glück wird die Folge sein. Ich umarme Sie zärtlich und getröstet und bin, so lange ich lebe ...

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Wien, den 5. Dezember 1777.

Meine liebe Frau Tochter! Mit jedem Kurier erwartete ich tröstliche Nachrichten, aber sie bleiben zu lange aus. Ich wünsche abscheuliches Wetter, damit der König nicht auf die Jagd geht und sich ermüdet, und die Königin nicht abends und sogar bis in die Nacht hinein spielt. Das ist schlecht für Ihre Gesundheit und Schönheit, sehr schlecht, weil es Sie vom König trennt und sehr schlecht für die Gegenwart und Zukunft; Sie erfüllen Ihre Pflicht, sich nach Ihrem Gemahl zu richten, nicht. Es ist keine Entschuldigung für Sie, daß er zu gut ist, es macht Ihr Unrecht nur noch größer, und ich zittere für Ihre Zukunft. Geben Sie sich keiner Täuschung hin, das Spiel zieht sehr schlechte Gesellschaft und Handlungen in allen Ländern der Welt herbei; das ist anerkannt. Es fesselt zu sehr durch die Lust zu gewinnen, und schließlich ist man immer geschädigt. Berechnet man es sich, so kann man auf die Dauer nicht gewinnen, wenn man ehrlich spielt. Also, meine Tochter, ich bitte Sie, keine Zugeständnisse! Sie müssen dieser Leidenschaft mit einem Schlage entsagen, niemand kann Ihnen da einen besseren Rat als ich geben, weil ich einmal in derselben Lage war. Kann ich bei Ihnen nichts erreichen, muß ich mich eines Tages an den König selbst wenden, um Sie vor größeren Unannehmlichkeiten zu bewahren. Ich kenne die Folgen zu gut, und Sie verlieren zu sehr in der Öffentlichkeit, aber besonders im Ausland, was mich sehr peinlich berührt, weil ich Sie so zärtlich liebe.

Ihr Bruder Erzherzog Ferdinand. wird Ihnen von einer Idee berichten, die er hat: nämlich über Frankreich nach Hause zu kommen. Das ist ein ganz unvernünftiger Gedanke, denn seine Gesundheit, wie sie augenblicklich ist, gestattet ihm nicht, daran zu denken. Auch wäre noch anderes zu erwägen, wenn Ihnen sein Besuch passen würde, zu welcher Zeit er kommen könnte (er hat seine Frau bei sich) und wie man ihn behandeln würde. Es ist noch nichts entschieden, im Gegenteil, aber ich wollte es ihm nicht ganz abschlagen und ihm unterdes das Vergnügen, das er bei dem Gedanken mit vollem Recht hat, lassen. Ich umarme Sie.

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Schönbrunn, den 2. Mai 1778.

Meine liebe Frau Tochter! Der Kurier vom 19. des vorigen Monats hat mir viel Erfreuliches gebracht, dessen ich in den gegenwärtigen Umständen sehr nötig hatte. Die Wirkung davon ist gewesen, daß ich mich hier in Schönbrunn eingerichtet habe; meine Übersiedlung war mit Schwierigkeiten verknüpft, weil es mir so schlecht ging.

Sie kündigen mir eine große, eine nicht erwartete Neuigkeit an. Gott sei dafür gelobt, und meine teuerste Antoinette möge in ihrer glänzenden Situation noch befestigt werden, indem sie Frankreich Erben schenkt! Keine Vorsicht ist zuviel; ich bin entzückt, daß Sie nicht mehr in Paris die Nächte totschlagen und sogar das Billardspiel gelassen haben. Daraus ersehe ich, daß Sie nichts vernachlässigen und sogar Ihre harmlosesten Vergnügungen opfern: Aber ich bitte Sie, meine liebe Tochter, zwei Monate sind nicht genug, um sicher zu sein, besonders bei einer ersten Schwangerschaft, man muß volle dreizehn Wochen warten. Setzen Sie also noch die fehlenden fünf Wochen dieselben Schonungsmaßregeln fort. Ich meine, wenn die Schwangerschaft fortschreitet und Sie Ihr Kind spüren, sollten Sie nicht zuviel sitzen oder auf der Chaiselongue liegen, außer natürlich bei einem Unfall, wovor und Gott bewahre. Dann werden Sie blindlings die Anweisungen von Lassone befolgen, der sich mit gutem Rechte mein Vertrauen erworben hat. Ich hoffe, daß die Wahl des Geburtshelfers von ihm vorgenommen werden wird, und daß dieser ein erfahrener und christlicher Mann sein wird. Ich möchte nicht den Ihrer Schwägerin und daß die Hofintrigen (von Männern und von Frauen) dabei keine Rolle spielen. Jeder will sich eindrängen und einen Schützling unterbringen. Ich habe immer die Wahl denjenigen gelassen, die ihre Wissenschaft am besten kennen und die Verantwortung dafür fragen können, und habe mich sehr gut dabei befunden. Alle andern Empfehlungen auf dem Gebiete der Wissenschaft sind verdächtig, und um Ordnung und Ruhe aufrechtzuerhalten, muß man sich an einen Einzigen halfen, durch dessen Hände alles gehen muß, und glauben, daß das Glück davon abhängt.

Wenn Sie die Freude sähen, die hier über die große Neuigkeit herrscht! In Paris kann sie nicht größer sein. Man wird sie dort vielleicht mehr zeigen können, als es unsere guten Deutschen tun, aber im Grunde des Herzens nehmen wir es mit den Parisern auf. Die Nachricht war fünf oder sechs Tage vor Ankunft des Kuriers durchgesickert, und ich bin Ihnen sehr verbunden für Ihr Bedauern, mir nicht früher davon geschrieben zu haben. Daran, daß Sie mir nicht vergebliche Freude machen wollten, erkenne ich Ihre Anhänglichkeit und Aufmerksamkeit. Dennoch bitte ich Sie, mich ein andermal, wenn Sie etwas betrifft, nicht zu schonen. Alles liegt mir unendlich am Herzen, ich gebe mich nicht zu schnell der Freude hin und bin seit dreißig Jahren an den Kummer gewöhnt, er ist mir zur zweiten Natur geworden. Ein Augenblick des Vergnügens also ist für mich ein großes Gut ...

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Schönbrunn, den 1. Juni 1778.

Meine liebe Frau Tochter! Dieses hier wird um den 13. dieses Monats bei Ihnen ankommen: ein Tag, der mir so teuer ist und der mich mehr denn je interessiert. Der Heilige Marie Antoinettes Namensheiliger, Antonius von Padua. wird für Sie mit Bitten bestürmt werden. Sie können sich nicht denken, wie alles mit Ihnen beschäftigt ist, man könnte es nicht mehr sein, als wenn der Kaiser verheiratet wäre! Welche Freude, geliebt zu werden, aber mehr noch, es zu verdienen; das ist die einzige Belohnung für uns Fürsten. Gott behüte Sie und Ihr liebes Kind und schenke Ihnen einen Sohn und wenn nicht, eine Tochter, die Ihnen in allem gleich und ein ebensolcher Trost ist, wie Sie für mich! Mit der Wahl des Geburtshelfers bin ich außerordentlich zufrieden, sein Name nimmt mich für ihn ein und ist mir ein gutes Zeichen, aber besonders beruhigt mich die Zustimmung von Lassone, der mit vollem Recht mein ganzes Vertrauen besitzt, und ich bin ganz ohne Sorge, da ich Sie in so guten Händen sehe und Sie sich so willig allen Verhaltungsmaßregeln fügen. Nichts ist zuviel, besonders bei einer ersten Schwangerschaft. Die Wahl der Leute, die dieses kostbare Kind zu pflegen haben werden, ist ein anderer Gegenstand Ihrer Aufmerksamkeit und meiner Sorge. Mit zuviel Pflege kann man Schlimmes anrichten, und ich wünschte, die Frauen hätten gar nichts anzuordnen, sondern nur den Anweisungen des Arztes zu folgen, wie es bei uns ist und wobei ich mich so gut befunden habe. Ich fürchte nur die Ränke und Empfehlungen, und bei den Kindern hängt alles, besonders im ersten Jahre, von der Pflege ab, die man ihnen gibt. Ich meine damit eine vernünftige Pflege, die der Natur entspricht, sie sollen nicht zu fest in die Windeln gepackt, nicht zu warm gehalten werden, der Magen soll ihnen nicht mit Kindsbrei oder Mehlpappen überladen werden, die Hauptsache aber ist eine gute, gesunde Amme, wofür man in Paris keine Sicherheit hat; aber bei den Leuten vom Lande ist es bei dieser Sittenverderbnis auch nicht besser.

Ich bin entzückt über das Almosen, das Sie vom König verlangt haben, ebenso wie von den Gefühlen des Königs für uns, die Sie so lebhaft wiedergeben, was Ihre Anhänglichkeit an ihn und an uns beweist. Unsere Lage ist noch die gleiche, Mercy wird Ihnen alles berichten, was sich seitdem zugetragen hat. Man hat angefangen, sich zu besprechen Es handelt sich um den Abschluß des Bayrischen Erbfolgekrieges 1778., und Sie werden von neuem sehen, daß der König von Preußen auch bei dieser Gelegenheit sich als der gleiche zeigt, und ihm, der gern ein Bündnis mit Frankreich und Rußland machen will, wird Gehör geschenkt. Er will allen Schwierigkeiten zuvorkommen und uns die Spitze bieten und rechnet darauf, daß, wenn der Friede geschlossen wird (was ich noch immer heiß ersehne und wozu beizutragen ich Ihnen nicht genug empfehlen kann), er nicht lange bestehen wird. Um uns zu hemmen und zu erdrücken, schmeichelt er Euch anderen und will sich mit Euch verbinden. Er schmeichelt auf alle Weise und macht alle möglichen Avancen, das kennt man bei ihm schon, wenn er seinen Zweck erreichen will. Hat er ihn aber erreicht, so vergißt er alles und tut sogar von allem das Gegenteil, denn er hält nie sein Wort. Frankreich hat darin schon einige Erfahrung, und außer Rußland, das er fürchtet, auch alle anderen Fürsten Europas. Über Rußland soll man sich auch nichts einreden, es folgt denselben Prinzipien wie der König, und der Nachfolger ist noch preußischer, als es sein sogenannter Vater war, und auch seine Mutter, die zwar ein wenig davon zurückgekommen ist, aber doch nicht genug, als daß man von dort etwas gegen den König von Preußen erwarten könnte, nicht einmal Demonstrationen: sehr großmütig in schönen Worten, die nichts sagen, nach griechischer Unzuverlässigkeit: graeca fides.

Das sind die beiden Mächte, die man an Stelle von uns guten, anständigen Deutschen setzen möchte. Wir haben dieselben Interessen in unseren Familien und unseren Staaten. Wir werden uns in Zukunft besser verständigen, wenn man eine Veränderung vornehmen wollte. Die unglückliche Erwerbung Galiziens In der ersten Teilung Polens, die Österreich gemeinsam mit Preußen und Rußland vornahm. hat uns ein wenig vom rechten Wege abgebracht, weil wir sie so leicht gemacht haben, aber sie ist uns eine gute Lehre gewesen, und wir werden schwerlich so fortfahren. Die ungeheuren Kosten, die Beunruhigungen, der Verlust des Vertrauens überall sind keine Kleinigkeiten, um nicht für lange eine traurige Erinnerung an den übereilten Schritt zurückzulassen, den wir gemacht haben. Daß unsere Freunde uns verlassen haben, trägt auch ein wenig dazu bei, aber unsere Herzen entschuldigen sie, wenn wir in Zukunft nicht mehr daran erinnert werden. Die Schwäche und der schlechte Wille der Minister und des größten Teiles der Nation, der sich nur zu deutlich kundgab, wollen wir nicht anrechnen und er soll sogar vergessen werden. Wir zählen ganz auf das Herz des Königs und seiner liebenswürdigen Königin und auf die vertraute Herzlichkeit, die wir für sie haben, und sehen ihren Ruhm und ihr Interesse als das unsere an. Mehr denn je können sie darauf zählen, daß wir sie niemals verleiten werden, etwas zu tun, was sie auch nur in Verlegenheit bringen könnte. Wir sind ihnen nützlich, so daß sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Marine, ihre Kolonien und den Handel richten können, worum wir sie nie beneiden werden. Aber wir verlangen auch etwas dagegen, und wir möchten das Glück dieser Eintracht genießen, die allein, wenn sie befestigt ist, Europa für immer die Ruhe wiedergeben kann.

Es wäre sehr schlimm, wenn diese Ruhe von zwei Mächten Preußen und Rußland. abhinge, die durch ihre Grundsätze und ihre Prinzipien so bekannt sind, mit denen sie selbst ihre eigenen Untertanen regieren. Unsere heilige Religion bekäme dadurch ihren letzten Stoß, und gute Sitten und den guten Glauben müßte man bei den Barbaren suchen gehen. Nach dieser nicht übertriebenen Darstellung stellen Sie sich meinen Schmerz vor, wenn ich Frankreich oder sogar uns selbst auf der andern Seite sähe. Denn ich muß gestehen, daß wir uns schließlich unserer eigenen Sicherheit wegen oder um auch ein Stück vom Kuchen zu haben, zur andern Partei schlagen müßten. Es wäre nicht schwer, sie zu trennen, wenn man sie mehr Übereinstimmung sehen ließe, so wie es im Kriege 1741 gehandhabt wurde.

Meine liebe Tochter! In dem, was ich Ihnen mitteile, habe ich Ihnen nicht zuviel gesagt. Noch ist es Zeit, alles in Ordnung zu bringen und sich im guten zu verständigen; aber läßt man diese Gelegenheit vorbei, ist es zu spät. Profitieren Sie von meinem alten grauen Kopf, um meine liebevollsten Ratschläge zum Wohle unserer Königreiche, Familien und meiner teuren Kinder anzunehmen, die ich liebe und zärtlich umarme.

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Wien, den 1. April 1779.

... Was Sie mir über Ihre liebe Tochter sagen, macht mir viel Vergnügen, besonders aber die Zärtlichkeit des Königs. Aber ich gestehe, ich bin unersättlich; sie muß einen Gefährten bekommen, und er soll nicht zu lange auf sich warten lassen Meine liebe Tochter, vernachlässigen Sie nichts, was von Ihnen abhängt, und reiten Sie besonders jetzt in der schönen Jahreszeit nicht zuviel; das ist absolut unseren Wünschen entgegen, ebenso denen eines jeden guten Franzosen und Österreichers, und glauben Sie, daß ich immer bin Ihre gute Mama und Freundin.

P. S. Ihr großes Porträt ist mein Entzücken! Ligne hat es ähnlich gefunden, aber es genügt mir, daß es Ihre Figur darstellt, mit der ich sehr zufrieden bin.

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Wien, den 1. Februar 1780.

Meine liebe Frau Tochter! Ich bin ganz beruhigt über Ihre Gesundheit. Die Erkältungen in Frankreich müssen schlimmer als bei uns sein. Gott sei Dank!, daß Sie und Ihre reizende Kleine sie in drei Tagen Überstanden hatten. Ich fürchte, daß durch den Karneval noch Rückfälle entstehen werden, da das Wetter abscheulich ist und die Wege zerstört; die Rückfahrt von Paris nach Versailles mißfällt mir gründlich. Es scheint mir, daß Laffone Recht hat, wenn er Ihnen Eisen verordnet, das bei der Königin von Neapel Wunder getan hat, und ein Aderlaß wird Ihnen nicht schaden. Ich konnte darauf rechnen, schwanger zu werden, sobald man mir zu Ader gelassen hatte. Ich bin also mit all diesen Anordnungen sehr zufrieden und erwarte in einigen Monaten die so sehr erwünschten Wirkungen davon, die so wichtig für Sie sind. Übrigens bestätigen die geschriebenen oder gedruckten Nachrichten von allen Seiten, daß zwischen Ihnen beiden vollkommene Einigkeit herrscht: man sagt, daß der König Ihnen bei jeder Gelegenheit so viel Zuneigung und Aufmerksamkeit zeigt, daß es reizend ist! aber es gibt auch manche, die wagen, seine Güte zu mißbrauchen. Man sagt, daß die Polignac mit dem einzigen Recht, weil sie bei Ihnen in Gunst steht, die Grafschaft Bitsch verlangt hat, die zum Herzogtum erhoben werden soll. Das Publikum war über eine solche Forderung erstaunt, die mehr Habsucht als Anhänglichkeit zeigt. Man sagt jetzt, daß Sie ihr noch Millionen geben lassen wollen. Ich messe diesen Gerüchten keinen Wert bei, weil ich sie für unwahrscheinlich halte, aber ich finde es notwendig und nützlich, Sie davon zu unterrichten, besonders unter diesen Umständen, wo der Staat soviel Lasten zu tragen hat.


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