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Viertes Kapitel.
Die Wiedergefundenen

Doktor Wolf Mangolf wirkte im Auswärtigen Amt als Privatsekretär des Staatssekretärs Grafen Lannas. Jung, gelehrig und gelenkig, jeder Repräsentation schauspielerisch gewachsen, zugleich leicht und feurig, schmeichelte er den Augen des reifen Diplomaten nicht weniger als seinem Geist. Er hatte zu gefallen, ehe er nützte und lange bevor man ihn ernst nahm. So warb er noch eifriger um die Mitglieder des Hauses, als um amtliche Geltung. Der Genießer Lannas dankte dem launig beflissenen Neuling an seinem Tisch die gehobene Stimmung der Damen, seiner Freundin Altgott, des Fräuleins Knack, sogar seiner Tochter, – obwohl der junge Mann hier sichtlich einem Vorurteil begegnete. Dafür verfügte sein Sohn Erwin in dem Privatsekretär über einen Gefährten von untergebener Stellung, der ihm geistig nützte, ihn aus seinem Halbschlaf rüttelte und in Bewegung setzte.

Ach! der Privatsekretär hatte nicht nur den Sohn Erwin auszuführen, in kostspieligen Lokalen ihm teure Frauen vorzustellen, nur damit der junge Graf am Ende ihre Handtasche oder ihren Schuh, ohne den Fuß, in sein Notizbuch zeichnete, – und für dies alles das Geld zu beschaffen. Kein weibliches Wesen durfte im Haus sein, das von Mangolf nicht entzückt war: angefangen mit der Gräfin Altgott, dieser ehemaligen Opernsängerin und Reliquie aus dem Leben des Staatssekretärs, die unbegrenzten Zutritt zu seiner Tochter hatte. In ihrem Schwanken zwischen Lust nach einem Abenteuer und der Sorge um ihre Stellung, war sie dem am gefährlichsten, der hier geradeso abhing wie sie. Die Tochter selbst, ein Widerstand aus Spott und Mißtrauen, war tagtäglich wieder zu entwaffnen und, ob sie wollte oder nicht, mit dunkler Verehrung zu umgeben. Bellona Knack, die Erbin des Schwerindustriellen, erleichterte ihm ihre Behandlung, kein Zweifel, sie war selbst in ihn verliebt, welche Hoffnung! – aber auch vor ihr stand ein Wächter, Herr von Tolleben, adelig und zur großen Karriere berufen ... Blieb es auch nur bei den Damen? Lisa, die Jungfer der Komtesse Alice, mußte nicht weniger gewonnen werden. Sogar ein Windspiel, das beim Eintritt des Privatsekretärs nicht freudig gewedelt hätte, wäre zur Gefahr geworden. Da galt es vor allem mit dem persönlichen Diener des Grafen Lannas gut zu stehen, ihm in gelegener Stunde die Zigarettentasche hinzuhalten und, bot jener eine Zigarre von noch so verdächtiger Herkunft dafür an, sie zu nehmen. Am Abend auf seinem stillen Zimmer beobachtete der Privatsekretär an sich die verurteilte und ausgebrannte Miene eines Sträflings, der seit dem Morgen Sand karrt in Unehren. Schon beim Auskleiden stöhnte er wie in bösen Träumen auf, neuerfüllt von Enttäuschung durch Bellona, Demütigung durch die Tochter des Hauses. Er erlebte es nochmals, wie der Tolleben ihn zu flüchtig grüßte, und fühlte sich wieder auf die Schulter geklopft von jenem Knack, der doch herkam, um Millionen zu holen, nicht ohne den Einfluß Mangolfs.

Sein von allen vorausgesetzter Einfluß auf den Chef war das einzige, das ihn hier zum Menschen erhob, bei jedem Wort, jeder Handlung ging es ihm um diesen Einfluß. Er schob dem Tolleben gute Gedanken unter; ein Feind, der auf seine Kosten vor dem Minister glänzen durfte, verzichtete vielleicht darauf, Mangolf bei ihm zu verlästern. Er befürwortete die Geschäfte Knacks, in der Hoffnung, daß Lannas von solch einer Kraft sein Lob hören werde ... Er befürwortete sie aus noch direkteren Gründen. Die vor Jahresfrist abgelehnte Heeresvorlage alsbald durch ein neues Wehrgesetz abzulösen, wohl gar zugunsten der geplanten Flotte: es schien so kühn, was einem Staatsmann eingeflüstert wurde, daß es ihn mit der Person seines Sekretärs zum mindesten beschäftigte, ihn an sie gewöhnte. Nie war dies zu erreichen mit den zarten Mitteln der Gesittung. Mangolf hatte, in der Erinnerung an die erste Stunde seiner Bekanntschaft mit dem Gebieter, sich seiner Nächte beraubt, um italienisch zu lernen, was ganz ohne Eindruck blieb. Es wäre daher ganz gegen den Vorteil des Sekretärs gewesen, hätte er die Argumente des Gebildeten, menschlich Gesinnten offen vorgebracht. Geboten schien es dagegen, sie auf unscheinbare Art dem Staatsmann nahezulegen, der sie gern einmal aufgriff und im Gespräch hin und her wendete, wie einen Bleistift oder sein Monokel. Dreißig Minuten Kulturvortrag des Ministers, dann war es Zeit für den Sekretär, an härter Gegebenes zu mahnen, worauf Graf Lannas, lieber als vorher, mit dem Kenner seiner Bedürfnisse übereinkam, es sei notwendig, weiterzurüsten. Für die verständnisvolle Behandlung, die er durch seinen Sekretär erfuhr, und damit das besondere Geschöpf seiner Gunst mit eigenem Gewicht vor die Welt trete, machte er ihn nach überstandener Probezeit zum Geheimrat.

Dies hatte zur Folge, daß nicht mehr der Diener Rettich, sondern nur noch Knack ihm Zigarren anbot. Auch wuchs das Staunen der fremden Unterhändler, wenn der den Staatssekretär vertretende Knabe seinen Titel nannte. Für Mangolf freilich bestand die bittere Gewißheit, daß jede seiner Erhöhungen an die Person seines Gönners gebunden blieb. Er galt, solange jener galt, und auch dies war mehr Schein als Gehalt. Denn Lannas liebte die Arbeit nicht, und geheime Kräfte gab es in den Hintergründen des Auswärtigen Amtes, die der Vordergrundsfigur des Staatssekretärs erst ihre Richtung wiesen, ja, gegebenenfalls auch gegen sie sich würden gehalten haben ... Dem Privatsekretär blieb nur übrig, aus seiner vorläufigen Ergebung eine Pose zu machen, die eine Eifersucht wie Tollebens, zur Not besänftigte. Tolleben bekundete durch eine Art furchtbarer Gedämpftheit seiner mächtigen Person, daß er den grünen Jungen pflichtgemäß sich gleichstelle, aber Mangolf wehrte ab, wo es ging. »Wir begegnen uns nur ganz äußerlich auf derselben Rangstufe, verehrter Baron! Für Sie ist sie ein Übergang, ich bin schon am Ende.« Oder: »Meinesgleichen, mit begrenztem Fortkommen, hat leicht urteilen. Sie dagegen tragen, im Hinblick auf Ihre Zukunft, ein Stück Verantwortung mit.« Er ging so weit, in Bewunderung nach den Gesichtszügen des Riesen aufzuschauen. »Ihre Ähnlichkeit mit dem größten Staatsmann behält ihre Bedeutung.«

Hierbei ertappte ihn die Tochter des Hauses. Mit einem Lächeln ihrer schmalen Augen, das durch dunkle Wimpern blitzte und nichts Gutes verhieß, bemächtigte sie sich Mangolfs. Sie wartete, bis Tolleben den Salon verließ, jetzt hielt sie ihren Feind für sich allein. »Danke«, sagte sie. »Soeben sahen Sie den guten Tolleben gerade so schwärmerisch traurig an, wie sonst mich.« Er zuckte die Achseln, er sagte sich, er müsse Tolleben fallen lassen. »Habe ich nicht die Wahrheit gesprochen? Der Herr, der dort abgeht, wird alles nur seinem Gesicht verdanken.«

Sie verzog die Lippe. »Man muß Sie nur verstehen.« Er fuhr fort, als hörte er nicht. »Ich komme von unten und muß Talent haben. Was reicht für einen Tolleben aus? Die Geste.« – »Die vielleicht seltener ist als Talent«, sagte die junge Dame.

»Bliebe er nur im Stil!« sagte Mangolf und sah sie an. »Aber er ist ein armes Aktengeschöpf, schon verzwergt in den Provinzämtern, aus denen Seine Exzellenz ihn hervorholte.«

»Als unseren Vetter«, ergänzte die Komtesse Lannas. Er gab zurück: »Damit Sie meine Aufrichtigkeit sehen. So einer schlägt mit der Faust auf den Tisch wie ein toller Junker, aber da fliegt der Staub seiner Mühsale auf. Seine Exzellenz kennt die Zweideutigkeit der Erscheinung und benutzt sie. Warum wollen Sie es mir vorwerfen, daß auch ich sie kenne?«

Sie unterbrach. »Hatten Sie nicht einen Freund? In München waren Sie doch zwei?«

»Komtesse meinen den auffallenden jungen Menschen –«

»Von dem Sie nie sprechen.«

»Ich sagte schon, daß ich von unten komme. Meiner alten Freunde rühme ich mich nicht.«

Unter seinem Blick fürchtete sie zu erröten. Sie lachte wie toll, jetzt durfte sie Farbe haben. Er faltete mißbilligend die Brauen, mit den Augen suchte er zu entkommen. Plötzlich begann er weich, ja leidend: »Ich habe ihn sehr geliebt. Einst war er mein Vorbild, mein Gewissen. Sein Geist ist steil, nicht biegsam wie meiner.«

»Er berechnet nicht?« fragte sie dazwischen.

»Und geht darum unter,« sagte Mangolf, schwermütig und bescheiden. »Es sind vielleicht die höchsten Menschen, die nicht anerkennen wollen, daß mit der Welt zu rechnen sei. Was ist aber die Folge? Sie verfallen der Halbwelt.«

»Das heißt?« fragte sie, so bleich, daß die Wimpern wie Speere drohten.

»Er hat sich, rätselhafterweise, in unehrenhafte Geschäfte eingemischt, sein Name steht im Zusammenhang mit dem Skandal einer Berliner Schwindelagentur.«

»Er ist hier!« Sie wandte sich heftig fort, der in die Wand gelassene Spiegel zeigte im klaren Profil dies aufgerissene dunkle Auge, und an dem gestrafften mageren Arm eine kleine gespreizte Hand. Mangolf sagte leise und schonend:

»Was ihn nicht abhält, seine alten Abenteuer zu pflegen. Die vernünftelnden Naturen neigen zu einer ganz vernunftwidrigen Lüsternheit, ich erwähne es der Seltsamkeit wegen.«

»Klatsch ist immer spannend«, sagte sie schnell und trat vor. »Wie steht es mit Ihnen und meiner Freundin Bella Knack? Ich will sie Ihnen verraten, sie liebt Sie. Aber die ist weltklug. Ihr Gatte darf nur der führende Staatsmann von morgen sein. Sie verstehen, derselbe, der die Geschütze baut, muß auch die Macht haben, den Krieg zu erklären. Überlegen Sie sich den Fall«, rief sie triumphierend und sah nun ihn erbleichen.

Er zitterte, vor der jähen Enthüllung des Tiefsten, Geheimsten, wovon er träumte. Mit äußerster Anstrengung machte er seine Stimme müde und löschte seine Miene aus. »Wenn Sie den verbotenen Traum ahnen könnten«, er sah auf ihren Mund, um ihre Augen zu vermeiden, »dem ich mich in Stunden ohne Selbstachtung irren Herzens überlasse: ach, Komtesse, ein Wort wie Ehrgeiz rührt nicht einmal an die Tür meines letzten Geheimnisses«, und er hob, mit ungeheuchelter Befangenheit, die Augen zu den ihren auf. Die ihren waren schmal und blitzend, vielleicht lockten sie, aus dem nach oben gewendeten Gesicht. Das Fräulein sagte klar: »Sie sind zu stolz. Man kniet hin.«

Seine Knie zuckten, steiften sich wieder, zuckten – so schnell wie seine Gedanken widerstanden und nachgaben. »Eine Falle? Nicht vielmehr Eifersucht? Aber sie haßt mich. Gleichwohl will sie zur Macht; wer fühlt das, wenn nicht ich. Sie fürchtet mich, wegen der Macht, die ich im Bunde mit Knack erobern könnte. Ich muß sie täuschen. Ein Kniefall, dann komme was will!« Da brachen die Knie schon ein, er lag am Boden. Sogleich sprang sie vom Spiegel fort. Den Finger hingereckt: »Nun sehen Sie sich an!« – und lief tanzend davon, wie ein Schulmädel. Ein Zimmer weiter noch lachte sie.

Mangolf kniete vor sich selbst, mit der Maske kalter Verzückung und nüchtern wie je. Er prüfte: dort vor ihm, die breite, gelbliche Stirn, die rechnete und litt, die Augen, vertieft durch die Kränkung. Aufstehend sagte er sich, sie sei gesandt, ihn zu stärken. In seinem Zimmer freilich weinte er. Wie leidenschaftlich ergab sich das verwundete Haupt einem kühlen Kissen und dem immer bereiten Tröster Schlaf.

 

Kurz darauf, es war bald Weihnacht, saß Mangolf allein in seinem Büro, als mit einem Beamten, der die Tür öffnete, ungebeten ein Besucher eintrat. Mangolf fiel, totenbleich, in seinem Sessel rückwärts, er sah Terra. Der Beamte wollte den Fremden hinausdrängen, Terra aber trat dafür zu vertraut und klangvoll auf. »Mein armer Freund!« rief er. »Finde ich Dich doch noch hier? Man wollte wissen, Du seiest schon in Ungnade gefallen.«

Ein Blick des Privatsekretärs, und der Beamte verschwand, wenn auch zögernd. »Eine empörende Rücksichtslosigkeit!« Mangolf fuhr auf. Terra setzte sich, er betrachtete gelassen den Freund, bevor er äußerte: »Genau das Wort mußtest Du sprechen.«

Mangolf stieß seinen Sessel mit dem Fuß fort. »Das ist Verfolgung! Schon in München hast Du mich verfolgt.«

»Noch heute werfe ich es mir als unverzeihlichen Leichtsinn vor, daß ich Dich bei Deinem jetzigen Chef einführen durfte.« Terra sprach würdevoll. »Sämtliches Unheil, das Du im Staate jemals anrichten solltest, kommt auf mein Haupt.« »Laß Deine schlechten Scherze! Man horcht an der Tür.« Mangolf trat nahe vor Terra hin, er verdeckte ihn. »Reden wir offen! Was willst Du? Ich sage Dir gleich, daß meine Stellung wohl auszeichnend, aber darum auch bedroht ist. Neue Erschwerungen verträgt sie nicht, und Du wärest mehr als erschwerend. Du bist vernichtend.«

»Du überschätzest mich.« Terra lehnte mit der Hand schlicht ab.

»Du würdest hier nicht weit kommen. Ich würde über Dich fallen und Dich nachziehen. Aber erscheinst Du überhaupt mit Ambitionen? Wie ich Dich kenne, weit eher, um mir in den Weg zu treten.«

»Du überschätzest jetzt Dich«, welches höfliche Bedauern den Freund außer sich brachte. »Nochmals, was willst Du? Soll ich Dir einen Teil meines Gehaltes anbieten, wenn Du mich verschonst? Dich wird es nicht beleidigen.« – »Nicht einmal berühren.« Darauf maßen sie einander.

Terra begann wieder. »Wir sind alte Freunde. Ich kenne Deine Schwäche wie Deine Stärke. Unsere Freundschaft wird ganz gewiß bis zu unserer letzten Stunde währen. Du selbst hast gegen mich recht behalten, als Du es voraussagtest. Es war bei einer Gelegenheit, die wieder mir unerwünscht kam.«

Mangolf zeigte eine dunkel vertiefte Miene. Er sah die ewige Wiederkehr des Gewesenen und eine vorausbestimmte Spur bis an das Ende. »Dein Geld würde ich nehmen, wenn ich es brauchte«, hörte er den andern sagen. »Ich bin ein durchschnittlicher Student, wohlgesinnt und arbeitsam.«

»Leider bist Du es nicht schon seit Beginn Deines hiesigen Aufenthaltes«, wandte Mangolf ein, aber da wuchs Terra von seinem Sitz auf.

»Du scheinst falsch unterrichtet über die segensreiche Wirksamkeit, mit der ich mich in Berlin einführte. Ich habe den Weg zum schlichten Handeln wieder gefunden. Mein ganzes Selbstgefühl schöpfe ich seither aus der Arbeit.«

Der Privatsekretär fragte sich schon, ob er aufatmen dürfe. Nur noch die Frage: »Was führt Dich her?«

»Außer unserer Freundschaft,« setzte Terra gehoben an, »nichts anderes, als meine wahre Verehrung für Seine Exzellenz Deinen hohen Chef, – wenn ich seine Tochter, die junge Gräfin, denn unerwähnt lassen soll,« schloß er beziehungsvoll.

Da ließ Mangolf sich als tote Masse in seinen Schreibsessel fallen. »Du bist also wahnsinnig genug, verliebt zu sein in –. Das ist die Katastrophe!« – wobei er sich in die Haare griff. »Aber ich weigere mich, zu Deiner Einführung auch nur einen Schritt zu tun.« Er sprang auf, er lief durch das Zimmer. »Das einfache Gesetz der Selbsterhaltung gibt mir das Recht, Dich zu verleugnen. Ich verleugne Dich!« preßte er hervor, indes Terra, die Zunge im offenen Mund bewegend, ihm eifrig nachsah. Da ging eine Seitentür auf. Jemand kam rückwärts über die Schwelle und drüben war deutlich Graf Lannas zu bemerken, sein durch die Mitte gezogener Scheitel, sein Grübchen. Die Blicke Lannas' und Terras begegneten sogar einander.

Der Eintretende wandte sich her: Tolleben. Beim Anblick Terras zuckte er schon zurück und verfinsterte sich, – statt dessen plötzlich ausgestreckte Hand und »da sind Sie ja«, sozusagen kameradschaftlich. Eine Art verdächtigen Einverständnisses lag in dem Wort, Terra überlegte es sich, bevor er die Hand nahm. Aber schließlich wußten sie gleich viel von einander, – wenn nicht die Frau von drüben das Gleichgewicht verschoben und trotz allen Schwüren ihn vollends diesem Menschen verraten hatte, das Geld, das er nahm ... Terra erschauderte.

Mangolf staunte über nichts mehr. »Die Herren kennen sich«, sagte er mit Ironie. »Ja wie denn nicht«, machte Tolleben. »Immer fidel seitdem?« Terra ließ es sich gesagt sein. »Wir waren aber beide sternhagelvoll« – mit burschikosem Gelächter, und versuchsweise schlug er den einflußreichen Mann auf den Arm. Tolleben rührte sich nicht.

Hier ging wieder die Tür auf. Graf Lannas selbst bewegte sich freundlich herein, warf ein Papier auf den Tisch seines Sekretärs, dann aber, als wäre das Papier nur ein Anlaß gewesen, wandte er sich Terra zu und sagte »lieber Terra«. Tolleben machte vor Schrecken Front, Mangolf tat beschäftigt.

»Lieber Herr Terra, Sie haben mir etwas zu sagen«, stellte der Staatssekretär fest, ohne erst zu fragen. »Kommen Sie mit hinein«, – wobei er schon voranging. Hinter seinem ungeheuren Tisch, worauf jeder Stoß Akten von einem Band Goethe beschwert war, ließ der Staatssekretär sich nieder. »Ihnen biete ich keinen Sitz an,« sagte er, »weil ich Sie bitten will, mir wieder den Ariost vorzusprechen. Sie wissen sicher vieles auswendig. Fahren Sie fort, wo wir aufhörten!« Schon nahm er die weiche Haltung ein, in der er lauschen wollte. Die Lider sanken, der Scheitel glänzte mild und fett.

Als Terra aufhörte: »Wenn Sie wüßten, was für eine Wohltat Sie mir bringen! Seit zwei Stunden nehme ich Vorträge entgegen.« Er holte eigenhändig einen bequemen Stuhl für Terra herbei. »Übrigens sprechen Sie noch immer nicht musikalisch genug. Der Reiz des Erlebnisses ist le divin imprévu, mit dem Wort eines meiner Lieblingsschriftsteller.« Dann kamen Fragen nach dem Studium, und dann die Aufforderung, zum Frühstück zu bleiben. »Ich muß hier noch eine oder zwei Nummern über mich ergehen lassen. Gehen Sie einstweilen hinauf zu den Damen.« Er rieb sich die Hände vor Vergnügen über die eigene Vorurteilslosigkeit. Als auf sein Glockenzeichen ein Diener erschien, stand der Staatssekretär in vornehmer Haltung da. »Führen Sie Herrn Terra zu den Damen.«

 

Terra blieb in dem Garten, durch den er geführt wurde, ein Stück hinter seinem Führer zurück; als jener auf eine Villa zuging, dachte er daran, sich zu drücken. Ihm war es heiß und kalt, zu wem ging er? Das Mädchen, das er auf der Münchner Festwiese im Arm gehalten hatte, war vergangen mit dem nie mehr zu erweckenden Abenteuer einer Traumnacht. Er brachte Grauen mit, wenn er sie erinnerte, und hatte der fremden jungen Dame dort oben doch nichts zu sagen ... Da er stehenbleibend hinaufsah an der romantischen Villa in ihrem dünnen Umhang beschneiten letzten Laubes, glaubte der Diener, ihn unterrichten zu sollen. »Hier ist die Wohnung Seiner Exzellenz des Herrn Staatssekretärs. Mit dem Auswärtigen Amt meinen die Herrschaften meistens diese Villa. Seine Majestät besuchten hier den Fürsten Bismarck.«

»Ich störe hoffentlich nicht?« fragte Terra, der schlecht zuhörte. Im Winkel neben dem Hause bemerkte er eine Pforte, dahinter war die Straße. Das Entkommen ganz nahe! Aber der Diener erklärte: »Sie kommen von der Wilhelmstraße, mein Herr; durch den Garten sind Sie bis nach der Königgrätzerstraße gelangt. Dort in der Mauer ist die Tür, wenn Sie nachher fortgehen.«

Nachher! Er trat festeren Schrittes in das Haus, er kam, weil sie ihn verleugnet hatte! Kam aus Pflichtgefühl gegen sich selbst! Wären nur nicht Monate vergangen seitdem, ein Zeitraum voll von Hindernissen, mit Arbeit unter Entbehrungen, denn das Geld der Frau von drüben ging ein und blieb aus, je nach ihrem eigenen Auftauchen und Verschwinden; mit erbärmlichem Broterwerb, einem Leben in Kellerkneipen und mit Arbeit. Jetzt war seine Gönnerin wieder bei Kasse, Terra trug gute Kleider und trat den Gang an, den er sich schuldete. Aber die nachwirkende Pflicht wog schwer.

Drinnen ward er einem zweiten Diener übergeben. Es war Zeit, daß er Atem schöpfte, sein Herz setzte aus. Zu ebener Erde in einem Zimmer mit Täfelung und Ledertapete saß sie müßig da, bewacht von einer Alten. Terra verharrte neben der Tür in tiefer Verbeugung. Er erwartete Aufspringen, Ohnmacht, Flucht. Statt dessen nur kurze Atempause und dann ein Ausruf, völlig heiter. »Ach! ein alter Bekannter. Gräfin Altgott, dies ist Herr Terra, ich erzählte Ihnen.« Die Aufseherin schien befangener als ihr Schützling, sie wechselte die Farbe und nickte, alles bewilligend. Terra wandte sich an sie. »Dann ist es gnädigster Frau Gräfin auch bekannt, daß ich von Seiner Exzellenz den ehrenvollen Auftrag habe, die allergnädigste Komtesse im Italienischen zu vervollkommnen.« Die Altgott stutzte, sie bediente sich ihres Lorgnons. Schließlich fand sie nichts einzuwenden.

»Beginnen wir!« sagte die junge Gräfin schon italienisch; und er: »Die erste hier, die von mir weiter kein Aufhebens macht, sind Sie. Dabei haben Sie mich eines Abends stehen gelassen wie einen Regenschirm.«

»Soll ich Sie unter die Traufe halten? Ich wußte recht gut, daß Sie dastanden und daß ich Sie nur zu übersehen brauchte, damit Sie bestimmt hierher kämen.«

»Falsch«, sagte Terra deutsch und in höflich belehrendem Ton. Die Altgott senkte beruhigt das Lorgnon, nahm es aber wieder auf, um insgeheim den jungen Mann zu mustern. Dieser, italienisch: »Sie sind nur kokett, nicht tapfer.«

Sie wiederholte, wie etwas Gelerntes: »Ich bin kokett, nicht tapfer.« – »Versteht jene Alte nun eigentlich?« fragte er darauf. »Kein Wort«, entschied sie. »Obwohl sie Sängerin war. Aber sie ist nicht alt, und Sie gefallen ihr. Sagen Sie ihr eine Aufmerksamkeit!«

Terra verneigte sich auf seinem Stuhl vor der Altgott. »Gräfin, das waren Zeiten, als Sie die Welt mit Ihrer Kunst beglückten!«

»Der Meister hielt doch von keiner Ortrud so viel wie von der meinen,« versetzte sie mit dunkler Stimme, nicht ohne Schwermut. Er starrte sie an. Sie hatte eine glanzlos weiße Haut ohne Falten und in dem braunen Haar Spuren von Kupferrot. Die Biegung der Nase und auch ihre Stimme wirkten süddeutsch. »Sehen Sie, daß sie jetzt auch Ihnen gefällt«, sagte seine Schülerin in der anderen Sprache. Die Sängerin lächelte erhaben. »Unser Wagner hat es mir erspart, italienisch zu lernen.«

Plötzlich parlierte die Komtesse Lannas so fließend wie noch nie. »Sie ist eine alte Freundin meines Vaters – oh, nicht wie Sie denken. Längst harmlos. Aber sie hat Zutritt hier, und jede ihrer Regungen dient dem einzigen Zweck, ihn sich zu erhalten. Ja, auf eine sogenannte Frau von freien Sitten, die würdig altern will, kann ein Vater sich verlassen.«

»Man traut Ihnen nicht?« sagte er undurchdringlich. »Wüßte man, wie gut Sie sich auf gefährliche Situationen verstehen!«

»Eine Anspielung?« Sie behielt ihre klare Stimme. Die Nase drückte Spott aus, die Augen erstrahlten. Deutsch: »Manche Leute fordern leidenschaftlich gern eine Situation heraus, die sie dann nicht durchhalten können.« Und italienisch, fast wehmütig: »Darin verstehen wir uns. Ich werde es Ihnen nicht verdenken, sollten Sie heute das erste und letzte Mal zum Unterricht gekommen sein.«

»Birichina, kleiner Schelm«, sagte er trocken und suchte mit prüfenden Augen festzustellen, daß ihr blondes Haar tatsächlich, wie sie geprahlt hatte, damals auf dem Karussell, gefärbt sei. Nein, es war zu gleichmäßig warm, zu lebend; dies gab ihm süße Genugtuung, als müßte darum auch ihr Sinn echt sein.

Glücklicherweise ward die Altgott abgelenkt von der neuen Wendung des Unterrichts, Fräulein Knack trat auf. Sie selbst rief es durch die offene Tür des großen Salons, von wo sie kam: »Bella Knack tritt auf!« – »Das gilt Ihnen«, erklärte Alice Lannas noch schnell ihrem Besucher, dann eilte sie der Freundin entgegen. Überrascht sah er ihr nach. Sie betrat den Teppich des Salons wie eine Bühne und sie hob flugartig beide Arme, wobei die Ärmel weit und durchsichtig um ihre kindlich dünnen Arme hingen. Sie schien ihm größer als damals, auch schlanker, selbst melodischer; und dieser kühn gestreckte Hals, dies Federn der feinen Hüften, langen Schenkel, ihre Bewegungen, ihre Formen samt den hell blühenden Farben von Haut und Haaren, so nahe dem tiefen Schatten der Brauen: alles schloß sich erst jetzt wieder zum Bild, sprang ihm in die Augen, ergriff ihn derart heftig, daß er bis in den entgegengesetzten Winkel zurückwich. Es schoß ihm heiß in die Lider, erst jetzt sah er das Wesen wieder, das einst ihm den Wert des Lebens eröffnete, dem er bis hierher gefolgt war, um das sein Kampf ging. Wie denn, er hatte glauben können, er käme zu einer Dame, Gräfin und reich, die ihn hatte stehen lassen? Er kam zu dem Mädchen seines Herzens, einem hohen und gütigen Geschöpf, das nur Menschlichkeit im Sinn gehabt hatte alle die Zeit, in der er trachtete, sie zu strafen. Plötzlich erkannte er, daß sie ihm heute so vertraut begegnet war, als hätten sie sich erst gestern getrennt.

»Du hast einen Verehrer da«, bemerkte Fräulein Knack recht laut und näherte sich schlenkernd, da stürzte Terra hervor und beugte sich über die Hand des Fräuleins voll redlicher Ergebenheit.

»Wir plaudern«, sagte die Komtesse Alice schnell. »Herr Terra macht unserer Altgott ein wenig den Hof.« Italienisch: »Ihr darf man nicht sagen, daß Sie sich als Lehrer eingeführt haben. Bei ihr zu Hause wird man dann, glaube ich, nicht für voll genommen«, – wobei sie ganz leicht die Hand erhob, genug, um ihm zu sagen: »Ich bin eifersüchtig, küsse auch die meine!« – »Bewundern Sie das Fräulein!« sagte sie dennoch. Fräulein Knack fragte soeben: »Ist es feierlich bei Euch, heute Mittag? Ich will nur gleich meine Strümpfe anziehen.« Dabei holte sie lange Handschuhe hervor und ließ den einen fallen. Terra hob ihn nicht nur auf, er wollte ihn dem Fräulein auch anlegen. »Jurist?« fragte sie, – wohingegen er ihren festen Arm pries. Sie zählte sofort die Sports auf, die sie trieb, und begann, ihm einen neuen Tanz vorzuführen.

»Kennt Herr von Tolleben ihn?« unterbrach die Gräfin Altgott mit Betonung. Fräulein Knack dagegen: »Tolleben? Wo hat er seine Uniform?« – und sie schlug sich gebieterisch auf den Schenkel.

»Oh! er ist natürlich Reserveoffizier«, versicherte Alice Lannas. Fräulein Knack erwiderte: »Schon der Anfang vom Ende.«

»Aber die Künstler«, wandte die Altgott ein. »Putzige Kruke!« rief Fräulein Knack, hell wie Glas.

Sie hatte krause Stirnhaare und erwies sich auch sonst als ein Kraushaar, wippend und kitzelnd. Sobald sie still war, fiel ihr kleiner Mund ein wenig ein. Zweiter Eindruck: nicht nur ihre Stimme, sie selbst hatte etwas Gläsernes, heiß gemacht wäre sie zersprungen. »Macht Knack«, dachte Terra bei dem Lachen der frischen und wohlgestalteten Jungfrau.

Der Diener erschien, Seine Exzellenz habe sich angesagt. Die Tochter des Hauses ließ das dritte Zimmer öffnen und bat ihre Gäste hinein. Als die Gräfin Altgott mit Fräulein Knack schon drinnen war, hielt Terra seine Dame noch Aug' in Auge fest, lange genug, um ihr zu sagen: »Wie je.« Sie hörte es und ging an seiner Seite weiter.

 

Im Speisezimmer warteten schon vier Personen. Tolleben stellte den Damen einen fremden Diplomaten vor, einen Vierziger mit langen Wangenflächen und schwarzem Bärtchen. Der Vater des Fräuleins Knack wurde von ihr mit einem Schlag auf die Schulter begrüßt und äußerte seine Ehrfurcht noch mehr vor der Altgott als gegen die Komtesse Lannas. Terra seinesteils ging ohne Umstände und mit ausgestreckter Hand auf den jungen Lannas zu. Der Bruder seiner Dame, ein vorzüglicher Mensch, dem er abzubitten hatte! »Ich schulde Ihnen Genugtuung«, sagte er gehoben und zitternd. »Meine unglückliche Neigung zur Mystifikation! Aber mein Herz, ich kann es schwören, war rein.« Worauf der junge Lannas nur gerade seine Hand streifte. Er zog die Schultern nach vorn, als friere es ihn, seine Augen behielten den undurchsichtigen Glanz von Halbedelsteinen, er äußerte nur: »Schon gut«, unnahbar mehr noch aus Vergeßlichkeit als aus Hochmut.

Abgeblitzt stand Terra da und mußte sich darauf beschränken, dem Schwerindustriellen Knack zuzusehen, wie er sich bewegte, wie er sein Wesen auslebte und den Raum damit füllte. Denn Knack ergriff abwechselnd von allem Besitz, was hier atmete, und hinterließ, wo er nur gewesen, eine von ihm schwangere Luft, so daß er tatsächlich überall war. Dies viereckig abgehackte Gesicht mit roten Blüten, spitzem Giebel und rechtwinkligem Schnurrbart konnte ein Kommis haben. Rötliche, ergraute Borsten wuchsen planlos hier und dort in eine fettige Durchschnittsstirn. Lange Finger, lange Beine, der Bauch ein bescheidenes Kügelchen, aber so mächtig ausladend das Gesäß, daß der langgeschwänzte Rock leer um die Beine stand. Ungewöhnlich wirkte nur sein Treiben. Niemand veränderte Haltung und Ausdruck so pünktlich und sicher von einer Person zur anderen. Vor den Damen schien er, mit gebücktem Rücken, Waren auszubreiten und die Gräfin Altgott, hoffnungsvoll lächelnd, bis auf die Straße zu begleiten. Mit dem fremden Diplomaten hatte er, dem Aussehen nach, Geschäfte von Mann zu Mann, der andere durfte froh sein, wenn er sie machte. Eigentümlich süßlich begegnete er dem jungen Lannas, er bekam ein Sümmchen und unternahm es, über Kunst zu reden. Zu Terra sagte er, ein Auge zugekniffen, eine Hand auf der Hüfte: »Nun? geben hier Unterricht?« Auch dies hatte er schon herausgebracht! Während aber Terra sich noch diese Bildsäule eines Herrn ansah, verlor sie plötzlich alle ihre Größe, Knack ward klein, man konnte denken verwachsen, seine Miene zeigte schuftigen Diensteifer. Der Staatssekretär war eingetreten.

Graf Lannas nahm von der Schwelle her einen kurzen Überblick. Terra von seinem Standpunkt sah hinter ihm Mangolf und wie verbittert sein Ausdruck war. Kaum aber betrat er im Gefolge seines Chefs die Gesellschaft, erschien Mangolf nur noch ernst und gewinnend. Der Staatssekretär entledigte sich schnell und mit großem Formensinn der Begrüßung, schon führte er die Gräfin Altgott zu Tisch und bat an seine Linke den fremden Diplomaten. Knack beeilte sich, die andere Seite des Fremden zu besetzen. »Ein peinliches Schneelicht«, sagte Lannas, nach den Fenstern blinzelnd. Sofort zogen Diener die Vorhänge, sie entzündeten einen Gaslüster, der nur den runden Tisch erhellte. »Nicht alle besitzen wir wie Sie, Gräfin, das Geheimnis, in jeder Beleuchtung jung zu bleiben.« Von der Jugend der Altgott ging er schroff zu dem hohen Alter des Kanzlers über. Hohenlohe war so alt, daß der Alte im Sachsenwald neben ihm zum Jüngling ward. Um so rühmenswerter die geistige Frische des Greises. Seine Furcht vor Konflikten war vielleicht übertrieben. »Nicht immer wird das Deutsche Reich von pessimistischen Greisen geleitet werden,« sagte Lannas französisch zu dem Diplomaten, und Knack unterstützte ihn mit einer huldigenden Verneinung. »Unser Kaiser«, sagte Lannas, »ist jung und kein Philister, Sie werden gut tun, mon cher ministre, damit zu rechnen, daß er eines Tages den ihm von Natur und Geschichte bestimmten Kanzler findet. Dann werden weltpolitische Entscheidungen eintreten, zu denen Stellung zu nehmen schon heute sich jedem empfiehlt.« Der Schwerindustrielle äußerte entschlossen: »Ich sage es dem Kaiser, so oft ich ihn sehe, wer als Kanzler allein in Betracht kommt.« Der Staatssekretär trank ihm zu – nannte dann aber andere Namen, und dies war das Zeichen zu einer starken Belebung des Gespräches. Welchen Rang unter den auserwählten Familien behauptete die des Mitbewerbers? Gefiel er dem Kaiser, war er alter Herr seines Korps? Und sein Rang als Offizier? Tolleben wußte alles, die Gräfin Altgott, die sich erwärmte, kannte die Geschichte der Frauen und den Grad ihres Einflusses, Knack den Stand der Vermögen. Zum Erstaunen Terras sprach auch die Komtesse Alice mit. Lannas aber verlor bei diesem Gegenstand sowohl seine Grübchen wie seine galante Leichtigkeit. Dies mußte dem fremden Diplomaten wohl auffallen, vergeblich versuchte er, den entfesselten Geistern zu folgen. In einem gewissen Augenblick gab er es auf, und sein Blick begegnete dem Terras, der genau so verblüfft war. Einander unbekannt, verständigten beide sich stumm, daß dies eine verblüffende Welt sei.

Hatte die Altgott es bemerkt? Sie brachte ein schwärmerisches Wort für den Kaiser an, was den allgemeinen Ton sofort herabstimmte und Zärtlichkeit hineinlegte. Auch der Fremde versicherte lächelnd seine Bewunderung. »Um Seine Majestät beneidet ihr uns doch nur alle!« rief die Altgott, worauf der Fremde noch höflicher lächelte und den Sang an Ägir rühmte. Mangolf, links von Knack, betonte die leidenschaftlich moderne Erfindung der Komposition. »Das geht die Jugend an«, behauptete er. Von seinen Nachbarn nickte Knack energisch, indes Terra den Freund mit einem fassungslosen Blick streifte.

Der Sang an Ägir war kürzlich erschienen, Bellona Knack übte ihn noch. Da ihr Vater nach ihren Fortschritten fragte, mußte sie ihre Beschäftigung mit dem jungen Lannas unterbrechen. Er ward mit seiner Suppe nicht fertig, sie warf ihm Pfeffer hinein und jauchzte verhalten, wenn er hustete. Die Gräfin Altgott suchte ihn durch sanftes Handauflegen aus seiner Träumerei zu reißen. »Unser Wildfang«, sagte sie, bezüglich des Fräuleins Knack, zu Tolleben hinüber.

Der junge Lannas wurde von seinem Vater übersehen, was seinen Mentor Mangolf mit Sorge erfüllte. Was war geschehen? Seine Schwester sagte dem jungen Lannas, an Fräulein Knack vorbei: »Erwin, Deinen neuesten Streich kannst Du hier wohl nicht erzählen?« Sie sagte es mit herablassender Zärtlichkeit, wie zu einem Einfältigen, für den sie verantwortlich wäre. Fräulein Knack wollte durchaus erfahren, welch ein Streich; Mangolf scherzte, tief beunruhigt; aber die Geschwister Lannas schwiegen, der junge Erwin sah aus, als habe er alles vergessen. »Fragen Sie meine Schwester! Sie weiß in allem mehr als ich; was sie sagt, ist richtig, was sie will, ist gut, wen sie liebt, den liebe ich« – sagte er langsam, man wußte nicht, ob nur müde, oder feierlich.

Fräulein Knack rief aus: »So sollte mein künftiger Mann sein!« – und ihren anderen Nachbarn, Tolleben, ließ sie es entgelten, daß er nicht so war. Obwohl er sich ihrer in bester Gardemanier annehmen wollte, antwortete »unser Wildfang« ihm nur mit »Buh! Buh!« Auch an der Dame zu seiner Rechten hatte Tolleben keine Stütze, denn die Komtesse Lannas ließ sich nichts von den Gesprächen ihres Vaters entgehen, und äußerte ihre Ansichten nur zu Terra gewendet. Sie belehrte ihn, unhörbar für die nächste Umgebung. »Was mein Vater jetzt spricht, soll in das Ausland. Jetzt gilt es der Industrie. Auch Sie kommen daran, warten Sie nur! Wir wollen wissen, wie wir auf die unabhängige Intelligenz wirken.« Mit ihren geistreichen Augen, zwei Räder aus Strahlen; – Terra fühlte: »Geschöpf, das ich liebe! Es wäre dringend angezeigt, Dich Deiner verhängnisvollen Welt beizeiten zu entziehen. Ich werde kämpfen! Zweifle eher am Tod, als an meinem Sieg!« – wobei er sich straffte und kühne schwarze Blicke auf die junge Dame schleuderte. Drüben die Gräfin Altgott verfolgte es mit eifersüchtigem Entzücken, dem fremden Diplomaten, der sich um sie bemühte, antwortete sie, ohne hinzuhören. Auf Anstiften seiner Nachbarin benutzte Terra einen unbewachten Augenblick, um der Altgott zuzutrinken.

Tolleben, von seinen Nachbarinnen vernachlässigt, mußte über den Tisch sprechen, noch dazu französisch, denn der Staatssekretär unterhielt den fremden Diplomaten französisch. Der Präsident Carnot war ermordet worden von einem jener aufgehetzten Arbeiter, die auch wir zu gut kannten; der Fremde durfte versichert sein, wir teilten den Abscheu. »Besonders die Kaiserin«, rief Tolleben aus, » surtout l'Empereuse«, – wofür Knack, auf Grund seiner besseren Sprachkenntnisse, ihn schallend auslachte. Mangolf durfte hier mit seinem Chef einen Blick tauschen, der sowohl über Tolleben wie über Knack etwas aussagte, aber dies blieb vorerst seine einzige Genugtuung. Mangolf litt. Er, der sonst sich entschlossen damit abfand, zu dienen, zu lügen, gefällig zu sein, hielt es für ertötend schwer, nun Terra dasaß. Terra, der hier niemand unter noch über sich hatte, konnte ohne Folgen für sein Wohl sich aufführen, wie es ihm gut schien, konnte den Mund offen behalten, übertrieben zustimmen oder vor gemachter Demut stottern. Er konnte vor allem die Komtesse Lannas zum Lachen bringen. Über Mangolf, für den es Pflicht war, lachte sie nicht mehr, – und Mangold dessen Augen gelb wurden, konnte sich einzig an Fräulein Knack rächen. Fräulein Knack richtete, inmitten ihrer Schelmereien, plötzlich eine Miene scheuer Anbetung auf das dunkel angespannte Gesicht Mangolfs. Nur in Mangolf ersehnte der Wildfang die Tiefen des Lebens, seinen Schmerz. »Herr Privatsekretär,« scherzte sie schüchtern, »bereiten Sie eine Rede auf die Damen vor?« Er fragte dagegen: »Wenn den Damen mit Reden gedient ist?« – plump anzüglich, wie vielleicht Terra antworten konnte. Der arme Wildfang biß sich auf die Lippe. Terra aber fügte soeben zu der Altgott hinüber: »Gräfin, Sie sangen in Paris die Ortrud, da stand einst eine zweibeinige Verlegenheit vor Ihrer Tür und ist, mitsamt ihren Orchideen, wieder umgekehrt.« Worauf zu seiner Überraschung die Damen Altgott und Lannas einander ins Auge faßten. Er hätte der Geliebten gestehen wollen, daß sein Mitleid mit jener Alternden ihm von ihr selbst komme, daß sie ihn weich stimme, – es ihr gestehen wollen, wie das Letzte.

Wie konnte Mangolf Abstand schaffen zwischen sich und Terra? Er war Knack zu Diensten, er unterstützte seine Ansichten. Knack rief aus: »Natürlich hat Bismarck ganz recht gehabt, als er die Kinder-, Frauen- und Sonntagsarbeit nicht einschränken lassen wollte, denn wo bliebe die Selbstbestimmung.« Da durfte Mangolf von seinem Besuch bei Bismarck sprechen. Er bezeugte, daß auch der Altreichskanzler das neue Sozialistengesetz empfahl, das Knack verlangte. Mangolf war in Friedrichsruhe empfangen worden, er kam aus eigenen Absichten, um sich noch besser einzufühlen in die von Bismarck erschaffene Welt, und auch statt seines Chefs; denn Lannas beanspruchte die Rolle eines bescheidenen, aber tiefblickenden Vermittlers zwischen den feindlichen Großmächten, Reichsgründer und Kaiser. Die Stirn in gewichtigen Falten und immer essend, erklärte Lannas, daß er, ohne Seine Majestät jemals im Stich zu lassen, an die Politik Bismarcks anzuknüpfen denke, keine Herausforderung von außen oder aus dem Innern werde ihn nachgiebig finden – und seine Drohung merkte er mit der Faust an, die das Messer hielt. Wilhelm der Zweite und sein großer erster Ratgeber, beide in einem machten, Lannas zufolge, erst den Deutschen aus. Der Deutsche war Realist und Romantiker, ebenso sehr Gemeinsamkeitsmensch wie auf seine Persönlichkeit bedacht, staatsbewußt und im Verantwortungsgefühl doch locker: wozu der Staatssekretär Äußerungen mehrerer Parteiführer anführte, die die Partei über das Ganze stellten. Er war witzig auf Kosten des Reichstages, man lachte. »Die Welt kennt uns nicht«, schloß er umso ernster, zu dem Fremden gewandt. Der Fremde lächelte höflich. »Das gilt auch für uns«, bemerkte er leichthin. »Alle die Widersprüche, die Sie aufzählen, machen den Menschen aus.«

»Widersprüche«, Knack bemächtigte sich des Wortes, aus den Konflikten im Menschen folgerte er jene zwischen den Völkern. Der Panamaskandal führe bekanntlich die französische Republik in Versuchung, ihre schmutzige Wäsche mit Blut zu waschen; – und über den Unterhändler gebeugt, versenkte er sich in sein Rüstungsgeschäft. »Der Krieg war noch nie wahrscheinlicher«, sagte er vertraulich, mit einem Wink an den Staatssekretär, der nur hinwarf »Ein kritisches Jahr«, und, als sei damit für die deutsche Industrie genug geschehen, die Damen ins Gespräch zog. Er eröffnete ihnen, er habe sich dennoch freimachen können, Weihnacht werde er mit seinen Kindern in Liebwalde verbringen. »Und mit Ihnen, Gräfin, wie ich hoffe«, – was von ihm galant betont, von der Altgott still entgegengenommen ward mit der Miene derer, die ausgekämpft hat. Aber gleich nachher suchte sie den Blick Terras. Fräulein Knack kannte Liebwalde noch nicht, auch sie war eingeladen – »mit den Herren Mangolf und von Tolleben«, scherzte Lannas. Das Landhaus lag am Fluß, vor einem Halbkreis von Wäldern. Der Staatssekretär nahm sich vor, zu jagen und, was er mehr liebte, zu angeln. Von den Geschäften aufatmen! Aus allen seinen Grübchen lachte er seine Tochter an. »Papa, Du wirst weder angeln noch jagen. Du wirst mit mir im Park bummeln, wer uns sieht, hält uns für ein Brautpaar.« Heiter schmeichelnd – und doch auch hier ein Unterton von Nachsicht, als dächte sie bei ihren Worten: »Armer Papa, der Anstrengungen gern ausweicht und doch für sich und mich so ehrgeizig ist!« Der Vater hing an ihren strahlenden Augen, seinem Trost für die leblosen des Sohnes.

Aber Knack bearbeitete mit steigender Wucht das Ausland. »Das Ausland«, rief er dem Diplomaten zu, »möge den neuen Geist, der durch Deutschland weht, nicht zu spät erkennen.« Der Alldeutsche Verband war begründet! Nicht länger sollte England allein das Meer beherrschen, der Kaiser schuf die deutsche Flotte, wie seine Ahnen das Heer. »Und damit neue Feinde«, ergänzte das Ausland, und es nickte warnend. Knack, umso überzeugter und mit Augenrollen: der Alldeutsche Verband, den jeder leistungsfähige nationale Mann opferwilligst unterstütze – Schlag auf die Brust – werde ein Versagen des nationalen Gewissens, wie die vorjährige Ablehnung der Militärvorlage, künftig zu verhindern wissen. Die Sozialdemokratie habe lange genug triumphiert. Hier griff Tolleben ein. Kein Sozialistengesetz konnte mehr helfen, Tolleben ging weiter. Er sah das Heil einzig und allein noch in der Abschaffung des allgemeinen Wahlrechts, im Staatsstreich. Er bestand auf dem Staatsstreich so herausfordernd laut, daß der Wille einer ganzen Klasse, aus ihm hervorbrechend, sich aufdrängte. Lannas konnte nicht umhin, seinem Untergebenen Rede zu stehen. Er tat es, indem er scherzend Terra fragte, was man sagen würde.

»Auf Sie kommt es an«, sagte die Komtesse Alice, da er zögerte. Man horchte auf; der junge Lannas richtete seine undurchsichtigen Augen auf seine Schwester und ihren rätselhaften Nachbarn.

Terra würgte noch eine Weile an der vorlauten Kundgebung, die von ihm verlangt wurde; dann, die Brauen erhoben, mit Begeisterung: »Man würde seine helle Freude an der hohen Regierung haben. Ein schöner Sprung in den Abgrund befriedigt ästhetisch, wie wenig anderes auf der Welt.« Mit Begeisterung und Unterordnung zugleich, nichts weiter ließ sich dem Sprecher nachweisen; aber die Hörer stutzten und schwiegen. Tolleben gab seinem Stuhl einen Ruck des Grauens, von Terra fort. Zur Überraschung aller ließ der junge Lannas sich vernehmen. »Ganz Ihrer Meinung.« Er trank Terra zu, der kunstgerecht nachkam.

Der Staatssekretär übersah den Sohn, er setzte sich streng und entschlossen zurecht. Er hatte viel und hastig gegessen, die aufrechte Haltung tat ihm wohl. Fett sagte er: »Ich bin entschlossen, lieber alles hinzuwerfen,« – und er warf den Dessertlöffel hin – »als Seiner Majestät den Staatsstreich zu empfehlen.« Er mußte Atem schöpfen. »Im Gegenteil«, sagte er weiter. »Wer Europa kennt, und wir Diplomaten kennen es, gibt sich keiner Täuschung darüber hin, daß gewisse, hier noch unerfüllte Ansprüche des demokratischen Zeitgeistes nun einmal unumgänglich sind und daß auch wir ihnen nicht entgehen werden.«

Tolleben erstarrte. Die Gräfin Altgott winkte in der allgemeinen Stille den Dienern, mit dem Kaffee noch zu warten und sich zu verziehen. Die Komtesse Lannas sah, ein schwaches erfrorenes Lächeln um den Mund, ihrem Vater so fest in die Augen, als warnte sie ihn. Er jonglierte mit dem Obstmesser und überlegte. In diesem Augenblick enthüllte die knapp geöffnete Tür im halbdunkeln Hintergrund eine Gestalt. Es war ein schmaler Mann in Schwarz, mit großem, weißbehaartem Kopf, glattrasiert, scharfe Nase, gepreßter Mund, und die rechte Hand stak im Brustaufschlag, wobei die Schulter hinaufgezogen ward, oder war der Greis bucklig? Ganz langsam glitt der Türflügel fort, der Ankömmling beugte sich herein, zögernd, mißbilligend. Mit Augen wie bei Nachtvögeln, blinzelte er in den Lichtkreis des Tisches, neigte sich tiefer, klappte nochmals die Lider und trat zurück, über ihm schloß sich die Tür.

Hatte Graf Lannas seine Gegenwart gefühlt? Er änderte die Tonart. »Ich denke nicht daran,« sagte er mit voller Festigkeit, »das wohltätig Bestehende auch nur irgendwie einzuschränken.« Er beruhigte die Hörer vollends. »Ich weiß mich stark genug, die Dinge in der Hand zu behalten.«

»Nicht wahr, die Offiziere bleiben der erste Stand?« fragte Fräulein Knack, zur Sicherheit.

»Auch ich möchte ergebenst darum einkommen«, sagte ihr Vater.

»Das sind die Herren, auf die ich mich verlassen kann. Dies Wort Seiner Majestät entscheidet die Frage«, sagte der Staatssekretär ernst. »Andrerseits« – Übergang zur Plauderei: »Mein Gott, sollte es nicht möglich und erlaubt sein, unser starkes, aber rauhes Regime der modern denkenden Welt mundgerecht zu machen? Wir könnten es neuzeitlich handhaben lernen, es in humaner Form vor der Welt vertreten, sie würde es uns danken.«

»Eine Umwälzung des Geschmacks«, bemerkte der fremde Diplomat fein lächelnd. Auch Lannas zeigte sich gut gelaunt. »Doch nicht. Es handelt sich einfach um –«

»Um die Aufmachung«, ergänzte der Industrielle Knack. Lannas runzelte die Stirn, er kannte das Wort noch nicht, aber er merkte es sich. »Das wäre zu wenig«, erklärte er zu Terra hinüber. »Die Kulturmenschen unter uns dürfen mehr erwarten.«

»Die sogenannten Kulturmenschen«, setzte Tolleben an, und nach dem Ton war ein endgültiges Wort zu fürchten, aber Lannas brach es ab. » – zu denen ich mich zähle«, schloß er scharf. Wieder an Terra gewendet: »Wir plaudern noch über mein System, das Urteil der gebildeten Jugend ist mir immer wertvoll gewesen. Vielleicht in Liebwalde?« setzte er nach kurzem Bedenken hinzu. Terra verneigte sich.

»Sie sind eingeladen«, erklärte seine Nachbarin ihm noch ausdrücklich. Da fühlte Terra sich bewegt, nahe bis zu Tränen, weil hier Wohlwollen waltete und Arme sich zu öffnen schienen. Dem ungewohnten Ereignis gegenüber mußte er sich zusammennehmen, um scharf, formelhaft und doppelsinnig wie sonst zu antworten. Er sagte etwas über das ungeahnte Glück, das in Deutschland dem Geist zustoße, wenn er, dank Seiner Exzellenz, ausnahmsweise einmal mit den bestehenden Tatsachen in Einklang gebracht werden sollte. Der Geist werde sich erkenntlich zeigen und das Bestehende loben. »Ein Name sagt alles: Nietzsche.«

Der Name sagte nichts, niemand kannte ihn; aber Lannas merkte ihn sich. Abwartend wiederholte Terra: »Nietzsche.«

»Ich quietsche«, reimte Tolleben, und das war die Erlösung, man lachte. Fräulein Knack klatschte dabei in die Hände, warm lachte die Altgott, Tolleben mit hohem, bösem Stimmchen, Knack wiehernd, der Fremde nur aus Höflichkeit, – aber mit Feuer, Kunst und Bravour erlustigte sich Mangolf. Er hielt seinen Magen, vergoß Tränen und blühte dergestalt empor, jung, liebenswert und zum Mittun aneifernd, daß kein Mensch auf den Gedanken verfallen wäre, ihm Verrat an seinem Freunde vorzuwerfen. Selbst Terra kam nicht darauf, er hörte nur dies ansteckende Jubeln, in das humorvoll auch Lannas und jetzt, warum denn nicht, sogar seine Tochter einstimmte. Terra schwamm in einem Meer von Gelächter; um nicht unterzugehen, schnappte er nach Luft; und plötzlich brüllte auch er, stärker als alle. »Nun also«, sagte Lannas, erstickt aber befriedigt, und hob die Tafel auf.

Türen gingen auf, die launige Unterhaltung verlor sich gruppenweise in die Salons. Tolleben und Knack trafen zusammen. »Rauchen Sie das Kraut hier nicht«, sagte der Reiche gönnerhaft. »Meine ist besser. Wenn Sie nett zu mir sind, haben Sie sie alle Tage.« Der Beamte feixte. »Ich kann es mir erlauben, Ihre Zigarren zu nehmen.« – »Sogar mein Geld«, ergänzte Knack. »Sie bleiben immer ein Mann der alten Schule, gut konservativ bis in die Knochen. Was sagen Sie aber zu Ihrem Chef?« Tolleben bekam einen roten Kopf. »Die Anspielung auf geliehenes Geld –«. »Psst!« machte Knack, mit einem Wink der Schulter nach Mangolf hin, der auftauchte; und Tolleben mußte den Hals einziehen.

»Ihr Chef macht Seitensprünge«, fing der Industrielle wieder an. »Ob sie ihm gut bekommen werden?«

»Seine Demokratie!« Tolleben verdrehte vielsagend die Augen.

»Er sieht weiter als ihr, die Demokratie hat ihre berechtigten Seiten«, behauptete Knack. »Leute wie ich, müssen endlich hoffähig werden, da können die alten Familien sich auf den Kopf stellen.« Knack geriet in Feuer. »Und die Orden! Sollt Ihr ewig höhere tragen als wir?«

Seine Tochter hörte ihn. Mangolf hatte es erreicht, sie hinter einen Wandschirm zu lenken, er nahm sie rücksichtslos in Angriff, er war zielsicherer vom Tisch aufgestanden, als er sich gesetzt hatte. Der innere Zug Fräulein Knacks kam ihm nur zu willig entgegen; sie fürchtete etwas Unwiderrufliches. Hals über Kopf stürzte sie hervor. »Das bitte ich mir aus, Papa. Meinem Zukünftigen muß der Piepmatz unbedingt zum Hals heraushängen!« Hopsend und dalbernd übergab sich der Wildfang dem väterlichen Schutz.

Mangolf mußte aus seinem Wandschirm zusehen, wie Knack sie, im väterlichen Arm, dem Tolleben entgegenhielt, als wollte er ihm Mut machen. Knack, der dem armen Privatsekretär so viel an geheimer Nachhilfe verdankte wie Lannas, verriet und verließ ihn, wie auch Lannas es immer tun würde, im entscheidenden Augenblick. Bella Knack entzog sich ihm, gleich Alice Lannas. Gegen den Eindringling, der nur sein Genie hatte, stand unerschütterlich die Mauer aller Mitverschworenen, Mitinhaber der Macht. Kein kühner Anlauf trägt Dich hinüber, langfristiger Dienst schmuggelt unmerklich Dich ein. Du siegst nicht. Du wirst geduldet! Mangolf hatte Galle im Mund, er sann einzig noch auf einen annehmbaren Abgang aus seinem Wandschirm, da bat ihn ein Diener zu Seiner Exzellenz.

Die Gräfin Altgott beherrschte den Winkel des Salons, der dem getäfelten Zimmer am nächsten lag. Sie hatte den fremden Diplomaten ein wenig zu nahe an ihren Knieen, aber nicht deshalb war sie so peinlich überrascht, als der vorübergehende Mangolf hinter die Palmen sah, die sie schützten. Mangolf, dem es bitter zu Sinn war, begriff auch die Altgott. Sie gab sich den Anschein, als bewachte sie die Konferenz des Staatssekretärs und verhinderte den Fremden, einzutreten. Vor allem aber hatte sie durch die Palmen einen Ausblick auf Terra und die Komtesse Lannas. Sie litt, o, Mangolf begriff sie, litt alles, was Berechnung, die nichts wagt, beim Anblick eines freien und halsbrecherischen Gefühles leiden kann. Das junge Wesen, das ihr Schützling und täglicher Vergleich war, hatte kühne und unwahrscheinliche Beziehungen zu einem Fremden, Weithergelockten. Sie aber bewachte eine Konferenz. Ganz so wie die Altgott zu ihrer jungen Freundin, stand Mangolf zu Terra, genau in dieser Verfassung drängte das Schicksal ihn an Terra. Selbst als den Älteren fühlte er sich, obwohl an Jahren nicht einmal ganz so alt wie jener; aber wäre Seinesgleichen fähig gewesen, unbefangen wie der da, mit Gesichtern eines schwelgenden Kindes, dem unverdient hereingebrochenen Glück zu fröhnen? Terra wandte kein Auge fort, er ward sich der Vorgänge um ihn her so wenig bewußt wie der geöffneten Türen. Er bemerkte auch Mangolf nicht: nur seine Freundin sah scharf. Noch auf seinem Rücken, wie er in das Konferenzzimmer trat, empfand Mangolf ihren Blick, der einen Feind durchleuchtete. »Die Altgott muß mir helfen«, dachte er, und nahm mit Verbeugung seinen Platz abseits der Herren ein. »Wir sind Verbündete, sie ist nicht schlechtrassig, sie fühlt es. Hat sie nicht ihre Intrige schon fertig? Was ihr abgeht, ist Mut, ich werde ihn ihr machen. Diesmal darf sie ihren Passionen folgen, für ihren Platz im Hause muß sie nicht zittern, weit entfernt. Sie versichert sich bei dem Vater, wenn sie der Tochter ein gefährliches Abenteuer aus der Hand schlägt und den Liebhaber selbst nimmt. Sie kann nur gewinnen, wie ich, wir sind Verbündete.«

Die junge Gräfin ließ Terra noch mehr seiner glühenden Bekenntnisse hervorbringen, jene nicht verschmerzte Demütigung hatte ihn leidenschaftlich mit sich erfüllt; – gleichwohl fand sie ihn immer unmöglicher, wie er nichts sah und hörte, außer sich und ihr. Sie machte ablenkende Bewegungen nach allen offenen Türen; in der Diele ging Knack vorbei. Da es nichts nützte, ward sie plötzlich im Gegenteil sehr aufmerksam, ihr Lächeln verging, sie bemerkte, daß mancher mit ihr geflirtet hatte, aber noch keiner, der sich auf der ganzen Welt mit ihr allein glaubte. Wenn es nicht Flirt war, was dann? Sie sagte, tiefer ergriffen: »Meinen Sie denn, ich wisse über Sie nichts? Wozu wären Ihre Freunde da, einer hat mich unterrichtet.«

Nachdem sie in seinen Augen gesehen hatte, er kenne den Freund: »Wenn ich alle seine Umschweife beiseite lasse, sind Sie, ihm zufolge, ein verbummeltes Genie, in Geldsachen verdächtig und –« ihr Blick hielt ihn fest – »nehmen es auch mit den Frauen nicht genau.« Nachlässiger: »Jetzt sind Sie in einer Art Schwindelagentur engagiert.«

»Das ist aus« – er machte die sicherste Handbewegung, aber an sein Herz griff Kälte. Das Geld der Frau von drüben! »Hat der Schuft ihr auch das verraten? Kein Zweifel, warum risse sie mich sonst aus meinen Himmeln! Ich bin in ihrer Hand.« Er ließ die Augen wild umhergehen, er machte, die Wangen aufblasend und einziehend, mehrere scharfe Wendungen gegen Angreifer von vorn und von hinten. »Wollen Gräfin mir glauben,« sagte er wieder nasal und scharf, »daß ich von den Gefahren des Lebens überzeugt bin.«

»Gott sei Dank, Sie sehen wieder die offenen Türen.«

Er sah: sie nahmen die freie Mitte ein, nur auf sie fielen Augen von allen Seiten. Er staunte sogar, daß die Gräfin Alice sich wohl fühlen konnte auf dieser Bühne! Sie wechselte mit ihren schlanken Bewegungen unablässig den Platz, stützte die Arme rückwärts auf eine Tischplatte, was die Büste vordrängte; kauerte auf einer Lehne, die Füße in den Sitz gezogen, so daß die jungen Schenkel sich wölbten. Er konnte nur folgen, bewundern und sich hüten. Durch jene Tür funkelte Fräulein Knack und glotzte Tolleben. Die Gräfin Altgott hielt unweigerlich ein Ohr geneigt, der Diplomat mochte sich noch so sehr ausgeben. Heilige Not, aus jenem Vorhang drohte kein anderer als Mangolf! »Gräfin!« Er drehte sich um sich selbst »Wir stören eine Staatsaktion. Ich möchte nicht vermessen scheinen.«

Sie zog die Füße vom Sitz, nahm eine ernste Haltung an. »Nun sind Sie einmal da. Ich muß es verantworten, wenn Sie zufällig die tiefsten Geheimnisse Europas mit anhören« – ernst nickend.

»Ich bin von meinem Unwert durchdrungen«, wiederholte er, und im Konferenzzimmer sah er Mangolf Notizen machen. Mangolf saß im Abstand des Untergebenen von den Konferierenden. Aber selbst dem Knack erging es nicht besser. Lannas, eine winzige Tasse auf dem Schenkel, rührte um und lauschte. Wer sprach, war der korrekte Intrigant von vorhin, jene kurze, aber vielsagende Erscheinung. Er hielt sich auch jetzt geheim, stellte die Tischlampe fort und zog sich derart ein, daß er es fertig brachte, seinen weggewendeten Sessel nirgends zu überragen und mit dem Schatten eins zu sein. Nur in Augenblicken leidenschaftlichen Spieles griff eine verkrümmte Hand in das Licht, Schrecken ausdrückend, Mißtrauen, List. Einmal auch trat das Profil hervor, machte schneidend seinen Weg, mit Hakennase und Hakenkinn. Dann erst, ruckweise, drehte das ganze Gesicht sich in den Schein, ein Beamtengesicht im korrekten Scheitel, aber hinter dem Schatten des Nasenhöckers waren die wimperlosen Augen bleich wie von dünnen, scharfen Visionen, – und welch eine Bodenlosigkeit der Gedanken hinterließ all' diese gepreßten Falten?

Terra fühlte: »Alle Wetter, es gibt Mächte, wer wäre da nicht erkannt und abgetan;« – und er horchte. Der Greis zischte stark durch seine wenigen Zähne; je mehr er sich anstrengte, sein Flüstern zu dämpfen, umso weiter trug es. »Ich bin ihnen auf der Spur«, zischte er. »Ihr vergifteter Pfeil in der ›Lokalpresse‹ soll sie selbst treffen.« In seine Miene traten Eifersucht, äußerstes Mißtrauen und Triumph. »Die hinterhältigen Andeutungen von einer kaiserlichen Oper, womit man Petersburg beunruhigt, an ihnen erkenn' ich unsere antirussische Partei. Zivilisatorisches Genie Seiner Majestät, auf solch ein Wort verfällt nur die Perfidie Englands!« Er zog den Kopf in die Schultern, kniff den Mund ein, und seine Blicke durchbohrten Lannas, der in der Tasse zu rühren aufhörte. Terra begegnete den Augen Mangolfs, was wußten sie? Gebannt, hörte er es noch zischen: »Drei Monate, daß ich mit dem Teufelswerkzeug zu Bett gehe und wieder aufstehe. Jedes Wort ist mir ins Hirn gebrannt, und ich will als Pfuscher in den Ruhestand abfahren, finde ich nicht doch noch das entscheidende, den Schlüssel und letzten Sinn, die Handhabe für meine Gegenminen ... Schützen Sie mich einzig nur vor allerhöchsten Plötzlichkeiten!« schloß das Zischen.

»Und Tolleben«, sagte Lannas wägend, »möchte mir einreden, es handle sich um die Reklame einer inzwischen eingegangenen Agentur.«

Suchte nicht auch er mit den Augen Terra? Terra wich rückwärts bis in die Diele, dort machte er kehrt und wollte von dannen. Er stieß aber auf einen leeren Sessel und fiel, halb gegen seine Absicht, hinein.

 

Sein Gewissen sagte ihm, daß er im nächsten Augenblick als politischer Brunnenvergifter, eine Art Hochverräter, könne festgenommen werden. Die Einladung des Staatssekretärs war möglichenfalls eine Falle, den Gönner spielte er, um Terra sicherer zu verderben! Die junge Gräfin war ihm gefolgt, neugierig kauerte sie sich in den anderen Stuhl. »Was haben Sie?«

Ihre Haltung gab ihm Mißtrauen auch gegen sie ein. »Wer ist der Intrigant im Leibrock?« fragte er scharf.

»Der Wirkliche Geheime Legationsrat von Gubitz. Hat er Sie erschreckt?«

Er sah sie lächeln. Der schmale, kohlschwarze Blitz zwischen den zusammengezogenen Lidern machte ihn wehrlos durch seine Ironie, wie in der Minute, als er ihr zuerst begegnet war, und wie je. Er hätte sich verhaften lassen, wenn sie so lächelte. »Was haben Sie verbrochen?« fragte sie. Er wischte sich die Stirn.

»Vor einem übermenschlichen Scharfblick wie diesem, darf wohl auch der harmloseste Sterbliche unangemeldet in den Boden versinken.«

»Er ist der Hüter unserer tiefsten Geheimnisse. Er weiß alles. Selbst Papa weiß Vieles nicht«, – sie warf beleidigt den Kopf in den Nacken. »Was sagen Sie zu der Enthüllung, die wir belauscht haben.«

»Ich sage, daß wir hier sicherer sitzen, falls wir zu viel sehen und hören sollten«, bemerkte er vorsichtig. Durch den Salon entfernte sich die Altgott allein. »Die gute Altgott geht sonst nicht ohne Abschied von mir. Sie muß mit irgend etwas unzufrieden sein«, murmelte die Komtesse Lannas, Ironie zwischen den Lidern. Dann schnell: »Sehen Sie doch drinnen, die Zwei!« Denn sie sahen von hier auch in das Speisezimmer. Knack hatte dort seine Tochter mit ihrem Bewerber allein gelassen. Sein eigenes Organ hörte man aus dem Konferenzzimmer, wo er auf den Diplomaten einredete.

Die Gräfin Alice sagte in der Richtung des Speisezimmers: »Der Bismarck gewinnt sichtlich die Oberhand«, – was Terra nicht sogleich begriff. Dann lachte er auf. »Auch Sie nennen ihn den Bismarck?« – brach aber ab, denn sie sagte: »Wenn Sie Bella Knack gesehen hätten!« – so bitter, daß er erschrak. »Kein hübscher Leutnant, der nicht Aussichten bei ihr gehabt hätte, da war sie auf der Höhe.«

»Ein Reich an einen Prinzgemahl zu vergeben haben! Und sie heißt Bellona.«

»Scherzen Sie einmal nicht! Jetzt sehen Sie, was aus ihr wird.«

Die mächtige Männlichkeit Tollebens verbreitete sich, Schneid atmend, um den schon halb bezähmten Wildfang. Tolleben stand hier kraft väterlicher Vollmacht, das gesamte Spiel der sozialen Kräfte ergab sein Recht, er war unvermeidlich und gottgewollt. Fräulein Knack erkannte es nur zu gut, sie blinzelte zwischen Lachen und Weinen. Plötzlich schob sie einen Tisch fort und wollte ausbrechen. Aber Tolleben vertrat ihr den Weg.

Aus dem Konferenzzimmer, in das Terra keinen Einblick mehr hatte, erscholl die Stimme Knacks. »Die internationale Lage läßt Ihnen keine Wahl, Herr Gesandter. Nur bei uns bekommen Sie Ihre Kanonen, und auch nur, wenn Sie den politischen Vertrag schließen, den Seine Exzellenz Ihnen vorlegt.«

Die junge Gräfin murmelte: »Sogleich wird die arme Bella ihren Bankrott ansagen.«

»Was können Gräfin für sich selbst fürchten«, fragte er aufmerksam. Sie faßte ihn ins Auge; er wollte es nicht glauben, wie bitter er sie sah.

»Haben Sie noch nicht bemerkt, daß ich ehrgeizig bin?« antwortete sie, eine Falte zwischen den Brauen.

»Das ist nicht wahr«, sagte er, aus dem Tiefsten. »Sie kommen rein aus Gottes Hand.«

Den Ernst der letzten Fragen in ihren beiden Gesichtern, hingen sie an einander. Bald spottend, bald bewegt, war solange jeder um den andern hergegangen, ohne ihm zu begegnen. Dies war die Begegnung.

»Es ist so«, sagte die Gräfin, immer in seine Augen. »Ich will, daß mein Vater an die Spitze gelangt, und will es auch für meinen Gatten.«

»Ich darf Sie in aller Demut daran erinnern, daß Sie auch dann noch nicht die erste Dame dieses Reiches wären. Wozu also?«

»Ich will nur abhängen, wo ich mich selbst noch achten kann.« Von oben herab. Mit Entsetzen verstand er eine Anspielung auf die Art, wie er und sie sich kennengelernt hatten. Dem Entsetzen folgte Empörung, er preßte zwischen seinen Knien die verschränkten Finger, daß sie plump und rot wurden, und brachte, die Stirn zum Stoß gesenkt, lauernd hervor: »Woher sahen sich Gräfin bemüßigt, mich zu empfangen?«

Da sie nun sehr bleich wurde, bewegte er erschreckt die Hand, als sei nichts gesagt. Vor ihr aber stand dennoch, plötzlich und unentrinnbar, die nächtliche Minute, als sie aneinander gedrängt wie flüchtige Verbrecher, sich über die immer zunehmende Blutlache der Erschlagenen beugten. Sie hing von Dem ab, der sie damals in den Armen hielt!

»Hassen Sie mich nicht!« flüsterte er, wie verscheucht. Sie sagte, starr und fremd: »Im Gegenteil. Ich bin wie mein Vater, ich habe eine gewisse Vorliebe für fragwürdige Existenzen.«

Er hörte es, ohne zu zucken. Erst als er die Pause fühlte, stand er auf und verbeugte sich. Sie rief ihn aber zurück. »Es ist zwecklos, daß Sie fortlaufen« – sie hatte schon wieder den Ton einer spottenden Freundin. »Sie würden wiederkommen.«

»Und Sie würden mich sehen wollen? Ohne Nebengedanken, einfach mich sehen wollen?«

Statt zu antworten, führte sie ihn die Treppe hinauf. Ein großes Arbeitszimmer öffnete sich droben; sie schloß es hinter ihnen beiden, als wären die Drohungen, die jeden in die Hand des anderen gaben, nun ausgeschlossen. Aus den weiten Gärten hinter den Fenstern kam das letzte Tageslicht. Bis an eines der Fenster führte sie ihn, dort standen sie allein vor den Gärten, so allein wie einst auf jener Wiese des Nachts. Dann sagte sie, leise und ganz eindringlich: »Gerade Sie sind es, der die Gefährlichkeit des Lebens nie vergißt.«

»Außer bei Ihnen«, flüsterte er hilflos. »Wie war mir soeben? Ich hatte doch hier ein hohes und gütiges Geschöpf gefunden, das nur Menschlichkeit im Sinn gehabt hat alle die Zeit.«

»Wenigstens sollte es so sein.« Weich wie dies, sagte sie noch: »Und doch werden wir uns hassen.«

»Sogar wir?«

»Wie soeben. Werden viel mit einander kämpfen.«

Er hörte nur, daß er sie also nicht verlieren werde. Beklommen vor Freude, bekannte er: »Ihnen leben helfen, ist alles, was ich mir wünsche.«

»Haben Sie nicht eine Schwester?« Ihre Augen waren so voll Teilnahme, daß er beschämt die seinen niederschlug. »Was war ich meiner Schwester?« fühlte er. »Habe ich denn ihr geholfen zu leben?«.. Aber es war genug der geheimen und leisen Bekenntnisse. Sie machte eine schnelle Wendung in das Zimmer hinein. »Ich habe einen Bruder«, sagte sie hell; und »hier ist er«, antwortete der Bruder ihr, aus dem Hintergrund tretend.

Er stand auf den Stufen, die in einen tiefer gelegenen Teil des Zimmers führten. Hinter ihm war Dunkelheit; er hatte dort unten auf seine Schwester gewartet und hatte niemand kommen gehört. Mit ihr sprach er ohne den Abstand, der ihn von allen sonst zu trennen schien. Seine Miene ward heller und erregte Teilnahme. Schleier fielen von dieser Figur. Seine Schwester legte ihm schützend die Hand auf die Schulter. »Wußtest Du auch, ich würde mit Herrn Terra kommen?« Gehorsam wandte sich der Bruder an Terra. »Er ist mein Freund«, sagte sie noch; da streckte er rückhaltlos die Hand hin. »Herr Terra, verzeihen Sie mir! Ich hätte mich Ihrer besser erinnern sollen, ich habe Sie heute vielleicht gekränkt?«

Die Schwester zündete eine kleine Lampe an, sie sagte: »Ich wette, Herr Terra hält Dich schon längst für seinen erklärten Feind. Er neigt dazu.«

»Verzeihen auch Sie es mir«, sagte Terra, durchdrungen. »Ich finde zumeist nur Gegner, und es stört mich nicht. Sie als Feind aber hätten mich gestört.«

»Warum?« fragte die Schwester. Terra sah den Bruder an.

»Weil Sie doch ein Mensch für sich sind. Gerade Sie nicht mein Freund, das hätte mich beschämt.« Da lachte die Schwester, ihre geistreichen Augen liebkosten das zögernde Gesicht des Bruders. »Ein Mensch für sich«, wiederholt sie, heiter nachsichtig. »Nur ohne Gedächtnis. Geht jeden Tag auf die Straße, als hätte die Stadt gestern noch nicht gestanden. Es muß schön sein. Ich bin gegen ihn alt.« Lachend, und leicht, leicht beide Arme hinanwerfend, als schwebte sie.

»Ich weiß aber,« sagte der junge Erwin bedächtig, »daß Herr Terra einen Bart hatte, einen geteilten, zur Seite gestrichenen Bart. Er hat ihn sich abnehmen lassen«, schloß er bestimmt.

»Er hat ihn sich abnehmen lassen, aber weißt Du auch, für wen?« Die Schwester lachte in vollem Übermut, und Terra lachte mit, lachte sich selbst aus, lachte ihr zu Ehren, und weil er glücklich war. Der Bruder teilte lautlos ihre Freude, die Augen aller drei suchten sich voll Wohlwollen. Plötzlich ergriff die Gräfin Alice die Arme der beiden Männer und schwenkte sie um sich her.

Noch atemlos, sprachen alle gleichzeitig. »Das hat mir hier im Hause gefehlt!« rief Terra. »Wir sind jünger als wir dachten!« die Gräfin. »Ich freue mich, daß wir beisammen sind«, sagte Graf Erwin.

Seine Schwester hob die kleine Lampe so hoch sie konnte. »Und gerade hier,« rief sie, »wo der Kaiser zu Bismarck kam! Auch das letzte, verhängnisvolle Gespräch war hier!«

»War es denn hier?« fragte Erwin. »Es kann auch drunten im getäfelten Zimmer gewesen sein. Man weiß es schon nicht mehr.«

»Welch ein Trost für uns!« rief Alice. »Unser unbedeutendes Treiben ist nicht vergänglicher, als das schicksalsschwerste.« Leicht flog sie auf die flachen Stufen, die das Zimmer teilten, sie kauerte sich hin. »Hierher! – und Du erzählst Deinen neuesten Streich, Erwin, den, wofür Papa Dich heute andauernd übersieht.«

»Es ist kein Streich,« versicherte er. »Es ist ein Mißverständnis, jedem kann es zustoßen. Herr Terra wird urteilen.«

Die Schwester hielt sich die Wangen, schon als er begann. »Du gingest also auf die Straße und trafest jemanden, den Du begleitetest«, begann sie selbst.

»Nicht auf der Straße, erst im Kaffeehaus. Ich war einer Dame nachgegangen, oder eigentlich ihrem Hündchen, das ich Lust hatte zu zeichnen.«

»Sie glauben es nicht, Herr Terra? Es ist aber wahr«, erklärte die Schwester. Terra meinte: »Die Dame hatte natürlich nichts Eiligeres zu tun, als sich für Malerei zu interessieren.«

»O nein. Sie wurde erwartet. Aber ein Herr setzte sich neben mich. Es war ein Herr wie alle, vielleicht taktvoller als der Durchschnitt, jedenfalls las er den Figaro.«

Terra war im Begriff eine Bemerkung zu machen, die junge Gräfin hielt ihn durch Blick davon ab. Der junge Erwin drehte langsam eine Zigarette in den Fingern, seine Augen mit ihrem undurchsichtigen Glanz schienen blicklos, und er erzählte eintönig, mit Stockungen, wie aus der Ferne und wie von etwas Geträumtem.

»Meine Zeichnung fiel herab, ihm vor die Füße. Er nahm sie in die Hand und sagte etwas Treffendes. Ich schenkte ihm das Blatt, wofür er mich zum Abendessen einlud. Dann kam noch eine Dame, wir verabredeten etwas mit ihr. Später gingen wir aber lieber in ein Varieté, dort wartete ich längere Zeit auf ihn und die Dame, die er holen wollte. Es gefiel mir ganz gut, aber ich kehrte doch auf die Straße zurück, da kam er vorüber. Ich war im Grunde froh, daß er die Dame nicht mit hatte. Er sagte, jetzt habe er keine Zeit mehr. Bald verlor ich ihn wieder im Gedränge, aber wie ich vor dem Feenpalast ankam, stand er beim Eingang. Er entschuldigte sich höflich, daß er verabredet sei. Ich sagte ihm, ich wäre ohnedies nicht mitgegangen, weil nie ein freier Tisch da sei, nicht zum Sitzen, sondern zum Zeichnen, ein Tisch mit Flaschen und weggeworfenen Servietten, den ich zu zeichnen wünschte. Er sagte, er könne ihn mir verschaffen, so folgte ich ihm. Ich bekam einen Platz, und mir gegenüber war ein Tisch frei. Es war sehr voll, die Damen in der Mitte tanzten in großer Gala, auch die unsere aus dem Kaffeehause war wieder da. Mehrmals wollte eine Gesellschaft den freien Tisch nehmen, es hieß aber stets, er sei bestellt. Ich zeichnete die Flaschen und Servietten. Die Dame kam und lachte, ich weiß nicht warum, vielleicht weil ich nur Schnäpse trank. Ich sagte ihr, sie könne Sekt trinken, packte dann aber zusammen, weil ich fertig war, und rief nach dem Kellner. Er kam und rechnete mir sehr viel auf, alles, was an dem freien Tisch, wenn er besetzt gewesen wäre, hätte verzehrt werden müssen. Ich sah ihn an, es war der Herr, mein Bekannter. Ich hatte kein Geld bei mir, aber er hatte ja meine Karte. Heute früh war er bei Papa.«

Er war still, als hätte er nie angefangen. Seine Schwester hatte zwischen ihren weißen Händen rote Wangen bekommen, in ihren fast geschlossenen Lidern schimmerte ihr Lächeln feucht. »Jedem könne das zustoßen, sagtest Du?« Der junge Erwin sah fragend auf Terra. »Mir – vielleicht«, sagte Terra und stand auf. »Wem noch, weiß ich nicht.«

»Auf Wiedersehen in Liebwalde«, sagte die Gräfin; und Graf Erwin: »Ich würde Sie begleiten.«

»Ich weiß selbst nicht, wohin ich gehe«, sagte Terra und verschwand schnell. Er fürchtete zu erwachen aus dieser unbeschwerten Stunde, mit einem Fluch auf den Lippen; darum floh er. Er hatte keinen Boden zum Daraufstampfen, er erkannte die Welt nicht wieder. In der vollen Gewißheit, dies Schweben sei ohne Ziel und könne nicht lang dauern, wollte er beim Fallen allein sein. Nie zuvor hatte er so geliebt. Was immer geschah, bestärkte sein Gefühl und erfüllte es. Sie mußte diesen Bruder haben, der am Leben hinträumte, über das sie herrschte. Terra liebte das Leben, um dieser Geschwister willen.

 

Aus dem getäfelten Zimmer kam die Stimme Knacks. Terra wollte ausweichen, aber Mangolf fing ihn ab. Er trennte sich von Knack und Tolleben, um Aufklärung zu suchen, woher das beseelte Antlitz seines Freundes stamme. Terra bestätigte ohne weiteres seinen Argwohn. »Ich komme aus dem Boudoir einer jugendlichen Gottheit: o Freund! das stand Dir nie in Sehweite. Die Glieder meiner Galathea, ach, ihrer das kleinste, ihre Zehen versprechen mehr Himmelsglück als ich bis an mein armes Lebensende verbrauchen kann. Sie hat einen Bruder, der mein Freund ist. Ermiß, was dies heißt!«

Mangolf ermaß es allerdings. Der Überschwang Terras brachte nur ihm selbst Gefahr, einzig sein Wort über den Bruder ging auch Mangolf an. »Achtung, hier ist vorzubauen, System Gubitz.« Er äußerte: »Graf Erwin wird immer unterschätzt. Er ist als Gegner so gefährlich, weil sogar die eigene Schwester ihn wie einen harmlosen Narren ansieht. Hat er Dich nicht begleiten wollen?«

Da Terra stutzte, zeigte Mangolf ein bedeutsames Lächeln. Terra aber warf nur den Kopf und trug auf der Stirn gleich wieder den Glanz. Er wies auf Knack und Tolleben. »Der hohe Chef ist nicht mehr zu Hause, da tanzen die Mäuse. Soll ich tatsächlich das abgekartete Spiel der beiden Halunken noch länger ausspionieren?« fragte er um einiges zu laut, mit fremdartig heller Stimme. Mangolf wollte ihn fortziehen, erstarrte aber selbst. Knack verhandelte mit Tolleben, ohne sich auch nur die Mühe verdeckter Worte zu machen, ein eigenartiges Geschäft. Der Bruder Tollebens, Brigadegeneral, ward Direktor bei Knack, aber erst, nachdem das neue Geschütz der Firma Knack in die Armee eingeführt sein würde. Knack stellte sogar eine Frist: »Bis zum Frühjahr muß die Sache gemacht sein, sonst trete ich vom Vertrag zurück.« Auf einen Einwand entgegnete er spitznäsig: »Mit Lannas wird ein Kind fertig. Sein politischer Affe muß Zucker haben. Wenn er nur im Geiste Bismarcks handelt!«

»Er tut es in diesem Fall mehr als je«, sagte Tolleben, die Stimme erhebend. Knack bestätigte es aus voller Brust. »Auf das Wohl des kommenden Mannes!« rief er, und beide Herren reckten die Likörgläser.

Als Terra und Mangolf in das Zimmer traten, erzählte der Industrielle harmlos von seinem Betrieb, und daß er die Kosten der Lebensmittel, die er seinen Arbeitern lieferte, aufteile zwischen diesen und den Kunden. Hiebei bearbeitete er seine Fingernägel mit einem Taschenmesser. Da stand Terra vor ihm.

»Mein Herr,« sagte Terra, »ich höre und sehe von Ihrem Unternehmen nur das Allergünstigste. Sie verkaufen Ihre menschenfreundlichen Erzeugnisse mit gleicher Bereitwilligkeit an fremde Diplomaten, wie an inländische Generale, und wenn Sie dereinst die ganze Welt, ohne Unterschied von Religion und Geldwährung, gleich furchtbar ausgerüstet haben werden, dann, mein Herr, oder niemals ist der Welt ihr Friede sicher. Ich trinke auf den ersten werktätigen Pazifisten.« Womit auch er ein Likörglas ergriff.

Knack in seinem tiefen Sessel betrachtete mit offenem Munde dies Phänomen, gesonnen, das Weitere abzuwarten. Terra sagte, hingepflanzt: »Sie bereiten sich auf einen langen Frieden vor, darum verfertigen Sie neben Ihren Kriegswerkzeugen auch metallene Bratenschüsseln, sowohl für Hotels wie zum Gebrauch der Hausfrau. Ja, den Werken des Friedens gehört Ihr bestes Herz, und Sie holen aus Ihrer linken Westentasche keine Kanone, sondern ein gleichfalls selbsterzeugtes Taschenmesser. Wollen Sie mir die ernstgemeinte Frage gestatten, wieviel es kostet?«

»Drei Mark,« sagte Knack, »aber Ihnen schenke ich es.«

»Ich bin zu meiner Beschämung nicht in der Lage, Ihnen Lieferungen zu verschaffen, ich zahle bar;« – und Terra zog Silbergeld aus der Hose. In die gehorsam hingehaltene Hand Knacks zählte er hinein: »Eine, zwei, drei Mark – und fünfzig Pfennig, für die Mehrkosten des Detailgeschäftes.«

Der Industrielle rollte nun dennoch drohende Augen. Da sah er die Herren Mangolf und von Tolleben mit einem Schmunzeln kämpfen, als erfreute sie ein Auftritt, den sie doch nicht billigen konnten; ja, als verschaffte er ihnen eine persönliche Genugtuung. »So ist die Welt«, fühlte Knack, und er zog es vor, anstatt in Wut, in brüllendes Gelächter auszubrechen. Terra grüßte feierlich und ging ab mit seinem Taschenmesser. Auf der Treppe in den Garten holte Mangolf, leichtbeschwingt, ihn ein. »Famos«, sagte er halblaut. »Ich gratuliere.« Terra sah ihn an; würde Mangolf ihm gratuliert haben, auch wenn Fräulein Knack sich befriedigender verhalten hätte? Mangolf sagte lustig: »Das Talent, mit solchen Schweinen fertig zu werden, gebe ich Dir zu. Hast Du aber auch die Gabe, Deinerseits manches einzustecken?«

»Ich bin nur ein Dilettant«, erwiderte Terra, nicht weniger gut gelaunt. »Du weißt es.« Mangolf erinnerte sich plötzlich eines alten Verdachtes.

»Was weiß ich denn? Du kommst pünktlich darüber zu, wie Knack und Tolleben ihre Geschäfte machen. Ihnen spielst Du den urkomischen Bendix vor, aber von Lannas bist Du nach Liebwalde bestellt.«

»Ich bin durchschaut«, sagte Terra betroffen.

»Es könnte so sein. Von Lannas wär's ein Geniestreich. Ein Spion im engsten Kreise! Auch über seinen Privatsekretär, wie? Ich werde mich hüten müssen.« Durch die Lustigkeit drang Schärfe.

»Im Vertrauen, unter Brüdern bin ich tatsächlich gesonnen. Deinem Chef meinen Schutz angedeihen zu lassen. Was ich sonst hier vorhabe, ist Vorwand.«

»Ah!«

»Er tut mir zu leid, wenn ich die Hände ansehe, in denen er ist. Ich meine nicht die Deinen.«

»Wäre er in meinen!« rief Mangolf, tief aufrichtig.

»Ich habe einst Menschen verloren,« Terra lächelte geheimnisvoll, »die ich hier wiederfinde. Niemand weiß besser als Du, daß ich Angestellter einer Art von Schwindelagentur war. Dort gab es einen Direktor, einen Mann von reinem Willen und herrlichen Gaben. Wäre es einzig auf ihn angekommen, er würde die Riesengewinne, um die er fortwährend mit aller Welt im Kampf lag, ganz gewiß dem Volk seiner Auftraggeber nutzbar gemacht haben, es war sein eigener Vorteil. Leider hatte er nicht allein zu bestimmen.«

»Er war in den Händen –«

»Er war, zufolge der Technik seines Betriebes, in den Händen eines gewissen Mohrchen, den ich mir, alles in allem, recht gut an der Spitze eines machtvollen Verbandes von Schwerindustriellen denken könnte. Mohrchen besaß die erforderliche Unbefangenheit, um das Gemeinwohl vollendet zu sehen, wenn es ihm selbst gut ging, und beherrschte die Kunst, es sich auf Kosten des Gemeinwohls gut ergehen zu lassen. Was immer der Direktor aufbieten mochte an Kraft und Geist, seine diplomatischen Zauberstücke, die gelungenen Griffe seiner Menschenbehandlung, seine Verführungen, Druckmittel und das Prestige, das er sich schuf, wer hatte von allem den greifbaren Nutzen? Das Geld für alle Rüstungen und Aktionen, das seine Wunderhand immer wieder aus dem undankbaren Fels schlug, wer fing es auf? Mohrchen, Mohrchen.«

»Das war eine Schwindelagentur.«

»Du sagst es. Lebewohl.«

Mangolf sprang nach, er raunte ihm ins Ohr: »Und Du glaubst nicht an den Krieg? Du hältst die Wirksamkeit Knack-Mohrchens für friedenbefördernd? Wo bleibt die Logik, auf die Du stolz bist?«

»Wo an ihrer Unvernunft alle sterben müßten – bis dorthin mag ich nicht logisch sein.«

Mangolf sprang nochmals nach. Lustig um jeden Preis, sagte er: »Ich verrate Dir ein Geheimnis. Du selbst – Du selbst wirst, mit allem was Du bist und kannst, dazu mitwirken, daß der Krieg kommt. Wie hat Deine Fürsorge für den Direktor geendet?«

»Er hat Selbstmord begangen«, sagte Terra und blieb stehen, den Mund offen. Mangolf sprang lachend wieder hinauf.

Plötzlich rief Terra mit starker Stimme: »Halt!« und nahm alle Stufen auf einmal, um jenem zu folgen. »Lea kommt her«, sagte er und spähte hin, wie Mangolf sich verfärbte. »Sie spielt in dem Stück von Hummel, es wird erhebliches Aufsehen machen. Du hast natürlich auch das schon gewußt.«

Mangolf verschwand droben, ohne die Lippen geöffnet zu haben. Terra schloß hinter sich die Gartenpforte mit der Empfindung, ein schwerer Fehler sei begangen.


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