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Nur noch ein Wort, ehe ich zu meiner Erzählung zurückkehre. Auf allen meinen Reisen durch die Finsternis zu meinen anderen Existenzen bin ich nie imstande gewesen, die Reise nach meinem Wunsch zu lenken. So erlebte ich viele neue Erfahrungen früherer Existenzen, ehe ich das Glück hatte, zum Knaben Jesse in Nephi zurückzukehren. Vielleicht Dutzende von Malen habe ich meine Abenteuer als Jesse fortgeführt. Zuweilen lebte ich sein Leben als kleiner Knabe in Arkansas, und mindestens ein dutzendmal habe ich sein Leben weitergeführt bis zu dem Augenblick, da ich ihn in Nephi verließ. Es wäre Zeitvergeudung, das alles auszuführen, und deshalb will ich vieles, das vage und vielleicht Wiederholung ist, überspringen und nur wiedergeben, was ich aus den verschiedenen Malen, da ich es wiedererlebte, zusammengestellt habe.

Lange, ehe der Tag anbrach, war man im Lager bei Nephi schon bei der Arbeit. Das Vieh wurde auf die Weide und an die Tränke getrieben. Während die Männer die Ketten von den Wagen nahmen und sie voneinander lösten, bereiteten die Frauen das Frühstück. Die Kinder sammelten sich in dem kühlen Morgen um die Feuer mit der letzten Schicht der Nachtwache, die schläfrig auf den Kaffee wartete.

Es nimmt seine Zeit, einen so großen Zug für die Abfahrt bereit zu machen, so daß die Sonne schon hoch am Himmel stand, als wir aus Nephi hinausrollten und über die Sandfelder fuhren. Keiner von den Bewohnern des Ortes sah uns fortziehen. Alle blieben in den Häusern und machten unsern Abmarsch daher ebenso unheilschwanger wie unsere Ankunft.

Wieder gab es lange Stunden, brennende Hitze, beißenden Staub, Salbeigebüsch, keinen Weg, keine Markscheide; wir fanden den ganzen Tag keine Spur von Menschen, gegen Abend machten wir an einem leeren Flußbett halt, und die Wagenburg wurde in dem feuchten Sand aufgestellt, in den wir viele Löcher gruben, die sich langsam mit hineinsickerndem Wasser füllten.

Von den folgenden Teilen unserer Reise habe ich keine zusammenhängende Erinnerung. So oft schlugen wir unser Lager auf, immer die Wagen im Kreise, daß es meinem Kindergehirn erschien, als reisten wir eine undenkbare Zeit, seit wir Nephi verlassen hatten. Aber immer, unabwendbar hatten wir das Gefühl, daß wir unserm sicheren Schicksal entgegentrieben.

Wir machten durchschnittlich fünfzehn Meilen täglich. Ich weiß es, denn mein Vater hatte meiner Mutter gesagt, daß es 60 Meilen bis Fillmore, der nächsten Mormonenansiedlung, wären, und wir schlugen dreimal unterwegs das Lager auf. Das bedeutet vier Tagereisen. Von Nephi bis zum letzten Lager müssen wir, wenn ich mich recht entsinne, etwa vierzehn Tage unterwegs gewesen sein.

In Fillmore waren die Einwohner feindselig wie überall seit Salt Lake City. Als wir Nahrungsmittel kaufen wollten, lachten sie uns aus und nannten uns immer »die aus Missouri«.

Als wir in das Kirchspiel kamen, sahen wir zwei staubige, schweißige Pferde vor dem ersten Haus angebunden stehen. Der alte Mann, von dem ich früher gesprochen habe – der mit dem von der Sonne gebleichten Haar, ritt zu meinem Vater hin und zeigte auf die beiden völlig erschöpften Reitpferde.

»Die schonen ihre Pferde nicht, Kapitän«, sagte er leise. »Ich möchte wissen, wem in aller Welt sie so schnell nachreiten, wenn wir es nicht zufällig sein sollten?«

Aber mein Vater hatte es schon bemerkt, und ich hatte sein Gesicht beobachtet. Ich konnte zwei und zwei addieren und wußte, daß diese zwei Pferde das Unheilverkündende der Situation noch vermehrten.

»Ich denke, sie beobachten uns, Laban«, lautete die einzige Bemerkung meines Vaters. In Fillmore war's, daß ich einen Mann sah, den ich später wiedersehen sollte. Es war ein hochgewachsener, breitschultriger Mann in mittleren Jahren – kräftig nicht nur an Körper, sondern auch an Willen. Im Gegensatz zu den meisten Männern, die ich gewöhnlich sah, war er glatt rasiert. Ein mehrtägiger Bartwuchs zeigte, daß er schon stark ergraute. Sein Mund war ungewöhnlich groß, mit dünnen Lippen, die er fest zusammenpreßte, als fehlten ihm viele Schneidezähne. Seine Nase war groß und dick, sein Gesicht breit mit schwerer Kinnlade und breiter, intelligenter Stirn. Und seine ziemlich kleinen, eng beieinander stehenden Augen waren so blau, wie ich es sonst nie gesehen habe.

Bei der Mühle in Fillmore sah ich ihn das erstemal. Ohne daß meine Mutter es bemerkt hatte, war ich meinem Vater gefolgt, der versuchen wollte, Mehl zu kaufen.

»Haben Sie den alten Burschen mit dem glatten Gesicht bemerkt«, fragte Laban auf dem Rückwege nach dem Lager. Mein Vater nickte.

»Ja, das ist Lee«, fuhr Laban fort. »Ich habe ihn in Salt City gesehen. Er ist ein Satan. Neunzehn Frauen und fünfzig Kinder hat er, sagt man. Und mit seiner Religion ist er ganz durchdreht. Ich möchte wissen, warum er uns in diesem gottverlassenen Land folgt?«

Unsere traurige, unheilverkündende Wanderung ging weiter. Die kleinen Ansiedlungen, wo wir Wasser und Hilfe finden konnten, lagen zwanzig bis fünfzig Meilen auseinander. Dazwischen erstreckte sich die nackte, trockene, kahle Wüste. Und überall versuchten wir vergebens, Proviant zu kaufen. Sie verweigerten ihn uns mit Drohungen und fragten, wer von uns wohl etwas verkauft hätte, als wir sie aus Missouri verjagten. Es war ganz zwecklos, ihnen zu erzählen, daß wir gar nicht aus Missouri, sondern aus Arkansas kamen. Sie glaubten uns nicht!

Bei Beaver, fünf Tagereisen südlich von Fillmore, sahen wir Lee wieder. Und wieder standen schaumbedeckte Pferde vor den Häusern angebunden. Aber in Parowan sahen wir Lee nicht.

Die nächste Ansiedlung war Cedar City. Laban, der vorausgeritten war, kam zurück und stattete meinem Vater Bericht ab. Die Neuigkeiten, die er brachte, waren bezeichnend.

»Jetzt habe ich diesen Lee wiedergesehen, er jagte zur Stadt hinaus, als ich gerade hineinritt, und ich habe in Cedar City mehr Männer und Pferde gesehen, als zu der Größe der Stadt stimmen.«

Man belästigte uns indessen nicht in der Stadt. Natürlich weigerte man sich, uns etwas zu verkaufen, im übrigen kümmerte man sich nicht um uns. Frauen und Kinder blieben in den Häusern, und die Männer kamen nicht wie früher in unser Lager, um uns zu verspotten.

In Cedar City starb Wainwrights kleines Kind. Ich weiß noch, wie Frau Wainwright weinte und Laban bat, doch zu versuchen, ihr ein bißchen Kuhmilch zu verschaffen. »Das rettet vielleicht ihr Leben«, sagte sie, »und sie haben hier ja Kuhmilch. Ich habe selbst die Kühe weiden sehen, gehen Sie hin, Laban, ein Versuch kann doch nichts schaden. Die Leute können doch nicht mehr als nein sagen. Sagen Sie, daß es ein ganz kleines Kind ist. Mormonenfrauen sind doch auch Mütter. Sie können einem kleinen Kind nicht ein Schälchen Milch verweigern.«

Und Laban versuchte es. Aber wie er meinem Vater nachher erzählte, kam er gar nicht dazu, mit den Mormonenfrauen zu sprechen. Die Männer jagten ihn fort.

Es war die letzte Mormonenkolonie. Dahinter lag die Wüste – und weit dahinter das Märchenland – unser gelobtes Land Kalifornien.

Als unsere Wagen in früher Morgenstunde zur Stadt hinausrollten, sah ich, wie Laban seinen zurückgepreßten Gefühlen Luft machte. Wir waren wohl eine Viertelmeile weit gefahren und kamen gerade über einen niedrigen Hügelkamm, hinter dem Cedar City sich vor unseren Augen verbarg, als Laban sein Pferd wandte, halt machte und sich in den Steigbügeln aufrichtete. An der Stelle, wo er hielt, befand sich ein frisches Grab – und darin lag Wainwrights Kind. Ach, es war nicht das erste Grab, seit wir über die Wasatchberge zogen.

Laban sah merkwürdig aus. Alt und mager, mit hohlen Wangen, mit ungekämmtem, von der Sonne gebleichten Haar, das ihm bis auf die Schultern herabfiel und mit einem Gesicht, das von Haß und ohnmächtiger Wut verzerrt war. In der Hand, die die Zügel führte, hielt er eine lange Büchse, mit der anderen drohte er Cedar City. »Gott sende seinen Fluch auf euch herab!« rief er, »und euren Kindern und Kindeskindern möge die Dürre ihre Ernte versengen! Mögt ihr gezwungen werden, Sand zu fressen, der mit Schlangengift gewürzt ist. Möge sich das süße Wasser in eurer Quelle in bitteres Salz verwandeln! Möge ...«

Mehr hörten wir nicht, denn der Wagen rollte weiter, aber er war noch nicht fertig. Und ich sah mich immer wieder nach ihm um, wie er, dicht beim Grabe des Kindes, in den Steigbügeln stand. Wahrlich, er war merkwürdig anzusehen, seine langen Haare, seine Mokassins, seine gefransten Hosen. Ich erinnere mich, daß an seinem Gürtel einige schmutzige Haarbüschel hingen, die nach jedem Regenschauer blank und schwarz wurden. Ich wußte, daß es Indianerskalps waren, und es war meine Lust, sie anzusehen. »Das wird ihm gut tun«, sagte mein Vater eher zu sich selber als zu mir. Ich dachte mir schon, daß er sich Luft machen mußte.

»Wenn er nur zurückreiten und sich ein paar Skalps holen könnte«, meinte ich.

Vater sah mich an. »Du liebst die Mormonen wohl nicht?« Ich schüttelte den Kopf und fühlte gleichsam, wie ich vor Haß schwoll. »Wenn ich groß werde«, sagte ich, »dann komme ich wieder und schieße sie tot!«

»Willst du still sein, Jesse«, erklang Mutters Stimme aus dem Wagen, und zu Vater sagte sie: »Schämst du dich nicht, daß du den Jungen so reden läßt?«

Zwei Tagereisen brachten uns nach Mountain Meadows, und hier bauten wir zum ersten Male keine Wagenburg. Wir hatten den Mormonendistrikt hinter uns. Die Wagen standen zwar im Kreise, aber es gab viele Öffnungen zwischen ihnen, und die Räder waren nicht zusammengekettet. Wir trafen Vorbereitungen, eine Woche lang hier zu bleiben. Das Vieh brauchte ja Ruhe, ehe wir in die richtige Wüste kamen, wenn es hier auch schon wüstenhaft genug aussah. Die gleichen niedrigen Sandhügel umgaben uns von allen Seiten, spärlich mit kleinen störrischen Pflanzen bewachsen. Auch das Tal war sandig, aber hier wuchs doch mehr Gras, als wir seit vielen Tagen gesehen hatten. Nur hundert Fuß vom Lager entfernt war eine Quelle, die kaum so viel Wasser gab, wie wir Menschen brauchten. Aber etwas weiter fort, auf den Hügelhängen, gab es mehrere Quellen, und dort wurde das Vieh getränkt.

Wir schlugen schon früh am Tage das Lager auf, und da wir ja gedachten, eine ganze Woche hier zu bleiben, trafen die Frauen große Vorbereitungen, um am nächsten Morgen zu waschen. Wir arbeiteten alle, bis die Dunkelheit einbrach. Ich sah sogar den alten Laban dasitzen und ein paar neue Mokassins nähen. Er war der einzige in der ganzen Karawane, der Mokassins und Lederzeug trug, und ich hatte das Gefühl, daß er unserer Gesellschaft bei ihrem Aufbruch aus Arkansas nicht angehört hatte. Er hatte auch weder Frau, noch Familie, noch einen Wagen. Alles, was er besaß, war ein Pferd, eine Büchse, die Kleider, die er auf dem Leibe trug, und ein paar wollene Decken.

Am nächsten Morgen war es, daß unser Schicksal besiegelt wurde. Da wir ja zwei Tagereisen von der letzten Mormonensiedlung entfernt waren und nichts davon gehört hatten, daß Indianer in der Nähe sein sollten, hatten wir zum erstenmal weder unsere Wagen zusammengekettet noch Posten ausgestellt.

Mein Erwachen war wie ein Alpdruck. Im ersten Augenblick verstand ich nichts. Ich hörte zwar Büchsenschüsse nah und fern und hörte Männer rufen und Frauen schreien. Dann bemerkte ich auch das hohle Geräusch der Kugeln, die in das Holz der Räder schlugen. Wer es auch sein mochte, der schoß, so zielte er jedenfalls zu niedrig.

Als ich aufspringen wollte, drückte meine Mutter mich mit der Hand wieder zu Boden. Vater, der schon draußen gewesen war, kam in eben diesem Augenblick.

»Kommt heraus!« rief er. »Schnell herunter!« Es war keine Zeit zu verlieren. In aller Eile hatte er uns direkt aus dem Wagen geworfen. »Hier, Jesse«, rief Vater und ich sprang hinzu, um ihm zu helfen im Schutz eines Wagenrades Sand aufzuwerfen. Wir taten es mit bloßen Händen. Auch Mutter half. »Immer weiter, Jesse, grab tiefer«, befahl Vater und lief dann weiter, nach allen Seiten Befehle erteilend.

»Alle niederlegen!« hörte ich ihn rufen. »Legt euch hinter die Wagenräder und grabt euch in den Sand ein. Holt Frauen und Kinder aus den Wagen! Laßt das Schießen! Spart das Pulver, bis sie auf uns losstürmen! Alle unverheirateten Männer kommen zu mir – alle rechts folgen Laban – alle links Cochrance! Keiner darf aufstehen oder aufrecht gehen. Kriecht hierher.«

Aber es kam kein Sturm. Eine Viertelstunde dauerte das unregelmäßige Schießen an. Der Schaden, den wir erlitten, erfolgte im ersten Augenblick der Überraschung, als ein Teil unserer Männer im Schein der Lagerfeuer, die sie gerade anzündeten, dastanden. Die Indianer, denn Laban erklärte, daß es Indianer waren, hatten uns von der Ebene aus angegriffen; sie lagen jetzt in Deckung und feuerten. Als es heller geworden war, machte Vater alles für ihren Empfang bereit. Er lag ganz nahe bei mir, so daß ich ihn hörte, als er rief: »Jetzt! Alle Mann: Feuer!«

Rechts und links und in der Mitte gingen die Büchsen gleichzeitig los. Ich hatte den Kopf gehoben, um besser zu sehen, und ich erblickte mehr als einen Indianer, der getroffen wurde. Sie stellten gleich das Schießen ein, und ich konnte sehen, wie sie zurückkrochen und ihre Toten und Verwundeten mitschleppten.

Bei uns war alles sofort geschäftig. Die Wagen wurden aneinandergekettet. Ich sah Frauen und Kinder aus Leibeskräften sich an den Radspeichen abmühen, und dann überblickten wir die erlittenen Verluste. Das Schlimmste war, daß unser Vieh fortgelaufen war. Dann – am Lagerfeuer lagen sieben von unseren Leuten. Vier tot, drei verwundet. Unsere Verwundeten wurden von ihren Frauen gepflegt. Der kleine Rish Hardacre war von einer Kugel in den Arm getroffen. Er war erst sechs Jahre alt, und ich weiß noch, daß ich mit offenem Munde dabeistand, während ihn seine Mutter auf dem Schoß hielt und sein Vater ihm einen Verband anlegte. Der kleine Rish weinte nicht mehr. Ich sah die Tränen auf seinen Backen, während er erstaunt ein Knochenstück anstarrte, das aus seinem Unterarm herausstak.

Großmutter White wurde tot im Wagen von Foxwell gefunden. Sie war eine dicke, unbeholfene alte Frau, die nie etwas anderes tat, als Pfeife rauchen. Sie war die Mutter von Abby Foxwell. Und Frau Grant war tot. Ihr Mann saß neben ihrer Leiche. Sehr ruhig – ohne Tränen. Er saß da, hielt die Büchse über den Knien, und keiner störte ihn.

Unter Leitung meines Vaters arbeiteten alle so fleißig wie die Biber; die Männer hoben eine große Wehr mitten im Lager auf, wobei sie den Sand zu einem Wall aufwarfen. Hier hinein schleppten die Frauen unseren Proviant, Bettzeug und alles, was sie brauchten. Die Kinder halfen. Keiner jammerte, und alle waren ruhig. Es gab Arbeit zu verrichten, und wir waren alles Leute, die zur Arbeit geboren waren.

Die große Wehr war für Kinder und Frauen berechnet. Unter den Wagen, ganz im Kreise, war ein Schützengraben mit einer Brustwehr aus Sand gegraben. Dieser war für die Männer bestimmt.

Laban kehrte von einer Rekognoszierung zurück. Er meldete, daß die Indianer sich eine halbe Meile zurückgezogen hatten und jetzt berieten. Er hatte sie auch sechs der Ihren fortschleppen sehen, von denen drei tödlich verwundet waren.

Von Zeit zu Zeit sahen wir am Morgen des ersten Tages Staubwolken aufsteigen. Sie zeigten an, daß größere Scharen von Berittenen um uns waren. Die Staubwolken näherten sich, versperrten uns alle Wege. Aber wir sahen keine lebende Seele. Nur eine einzige Staubwolke bewegte sich von uns fort, unser Vieh, das von uns fortgetrieben wurde. Und vierzig große Wagen, die über die Felsenberge und über den halben Kontinent gerollten Wagen, standen jetzt hier in einem hilflosen Kreise, ohne die Ochsen ging es nicht weiter.

Am Nachmittag kam Laban von einer weiteren Rekognoszierung zurück. Er hatte eine neue Schar Indianer von Süden kommen sehen, was zeigte, daß wir umzingelt waren. Eben zu diesem Zeitpunkt sahen wir an zwanzig weiße Männer auf dem Gipfel einer niedrigen Anhöhe im Osten, wo sie haltmachten und auf uns herabsahen.

»Die Sache ist klar«, sagte Laban zu meinem Vater. »Die Indianer sind auf uns losgelassen.«

»Wie, es sind Weiße wie wir?« hörte ich Abby Foxwell zu meiner Mutter sagen. »Warum kommen sie denn nicht zu uns herüber?«

»Es sind keine Weißen«, sagte ich, wobei ich auf die Hand meiner Mutter achtete für den Fall, daß sie mir eine Ohrfeige geben wollte, »es sind nur Mormonen.«

Als es am Abend dunkel geworden war, schlichen sich drei unserer jungen Leute zum Lager hinaus. Ich sah sie fortgehen. Es waren Will Aden, Abel Milliken und Timothy Grant.

»Sie gehen nach Cedar City, um Hilfe zu holen«, sagte Vater zu Mutter, während er hastig einen Bissen Brot zum Abend aß.

»Aber es gibt doch gute und schlechte Mormonen ...«, begann Vater.

»Nur, daß wir die Guten noch nicht gefunden haben«, unterbrach sie ihn.

Erst am Morgen hörte ich, daß Abel Milliken und Timothy Grant wiedergekommen waren. Das ganze Lager war infolge der von ihnen gebrachten Nachrichten niedergeschlagen. Die drei Leute waren nur wenige Meilen gegangen, als sie von Weißen angerufen wurden. Will Aden war im selben Augenblick, als sie erzählten, daß sie zu Kapitän Fanchers Karawane gehörten und nach Cedar City wollten, um Hilfe zu holen, niedergeschossen worden. Milliken und Grant entkamen, und was sie erzählten, machte jeder Hoffnung ein Ende. Die Weißen waren im Einverständnis mit den Indianern, und unser Schicksal war besiegelt.

Als unsere Männer an diesem Morgen hinausgingen, um Wasser zu holen, wurde auf sie geschossen. Die Quelle befand sich nur hundert Fuß außerhalb des Kreises, aber der Weg wurde von den Indianern beherrscht, die jetzt auf dem kleinen Hügel im Osten lagen. Glücklicherweise waren sie keine guten Schützen, denn obwohl die Entfernung nur ein paar hundert Schritt betrug, kamen unsere Leute doch unbeschädigt mit dem Wasser wieder. Abgesehen von einzelnen Schüssen, die ins Lager trafen, verging der Morgen recht friedlich. Wir waren in der Deckung und fühlten uns ganz angenehm. Natürlich war es schlimm für die Familien, die einen Gefallenen zu beklagen hatten, und dazu mußte man die Verwundeten pflegen. Ich hatte keine anderen Gedanken, als mich von meiner Mutter fortzuschleichen und in meiner unersättlichen Neugier alles zu sehen. In der Wagenburg, südlich von der tiefen Wehr hoben die Männer ein Grab für die sieben Männer und Frauen aus. Nur Frau Hastings, die ihren Mann verloren hatte, machte ihnen Mühe. Sie weinte und schrie, und die drei Frauen brauchten lange, um sie zu beruhigen. Auf dem niedrigen Höhenzug im Osten machten die Indianer einen schrecklichen Lärm. Aber sonst geschah nichts, außer daß hin und wieder ein Schuß unschädlich über uns hinwegsauste.

»Was ist denn mit der schwatzenden Affenherde los«, fragte Laban ungeduldig. »Ob sie sich nicht bald einig werden, was sie machen wollen?«

Es war ein schwüler Nachmittag. Die Sonne glühte an dem wolkenfreien Himmel, und kein Lüftchen regte sich. Die Männer, die mit ihren Büchsen im Schützengraben unter den Wagen lagen, befanden sich teilweise im Schatten, aber die große Wehr, in der sich über hundert Frauen und Kinder aufhielten, war der Sonne voll ausgesetzt. Hier lagen auch die Verwundeten, über denen wir Zelte aus Decken errichtet hatten. Es war erstickend heiß mit all den vielen Menschen, und für mich war es eine Erholung, mich hin und wieder zur Schützenlinie zu schleichen, unter dem Vorwand, Vater einen Bescheid zu bringen.

Unser großer Fehler war, daß wir die Quelle nicht in unser Lager einbezogen hatten. Das hatten wir in der Überraschung des ersten Angriffs versäumt, als wir nicht wußten, wie bald der nächste folgen würde. Und jetzt war es zu spät. So nahe den Indianern wagten wir nicht, die Ketten, die die Wagen verbanden, zu lösen. In der Wagenburg – südlich von den Gräbern – legten wir eine Latrine an, und ein paar Männer erhielten von Vater den Auftrag, in der Mitte nördlich von der Wehr einen Brunnen zu graben.

Im Laufe des Nachmittags sahen wir Lee wieder. Er ging zu Fuß nach Nordwesten durch das Tal, eben außer Schußweite. Vater hißte eines von Mutters Laken an einer langen Stange. Das war unsere weiße Flagge. Aber Lee tat, als sähe er nichts.

Laban hätte gern versucht, auf ihn zu schießen, aber Vater hielt ihn zurück und sagte, daß die Weißen sich offenbar nicht ganz klar darüber wären, was sie mit uns machen wollten, und daß ein Schuß, der Lee träfe, vielleicht dazu beitragen könne, daß sie sich gegen uns entschieden.

»Komm, Jesse«, sagte Vater zu mir, riß einen Streifen von dem Laken ab und band ihn an einen Ochsentreiberstock, »nimm das hier, geh hin und versuch mit dem Mann zu reden. Erzähl ihm aber nichts von dem, was uns geschehen ist. Versuch nur, ihn dazu zu bringen, daß er herkommt und mit uns redet.«

Als ich mich auf den Weg machte, war ich ungeheuer stolz auf meinen Auftrag, und Jed Dunham sagte, daß er mich gern begleiten wollte. Er war ungefähr in meinem Alter.

»Hör«, sagte mein Vater zu Dunham: »Hast du etwas dagegen, daß dein Junge Jesse begleitet? Zwei sind ja besser als einer. Sie können auf einander achtgeben.«

So zogen wir denn unter der Deckung der weißen Flagge fort, um mit dem Führer unserer Feinde zu sprechen. Aber Lee wollte nicht mit uns reden. Als er uns kommen sah, versteckte er sich. Er mußte sich hinter einen Strauch versteckt haben, denn wir erblickten ihn nicht mehr und wußten doch, daß er nicht weit fort sein könnte.

Jed und ich suchten nach ihm. Man hatte uns nicht gesagt, wie lange wir fortbleiben sollten, und da die Indianer nicht auf uns schossen, gingen wir weiter. Wir blieben mehr als zwei Stunden fort, obwohl wir sicher in einer Viertelstunde wiedergekommen sein würden, wenn wir jeder für sich gewesen wären. Aber Jed wollte mich natürlich übertrumpfen und ich ihn.

Unser Leichtsinn hatte jedoch sein Gutes. Wir marschierten tapfer mit unserer weißen Flagge weiter und sahen auch, wie vollkommen unser Lager eingeschlossen war. Südlich vom Lager – nur eine Meile entfernt – befand sich ein großes Indianerlager. Dahinter konnten wir die Indianerjungen sehen, die sich damit belustigten, über die Wiesen zu reiten.

Dazu kam die Stellung der Indianer auf dem Hügel im Osten. Es glückte uns, so hoch herauf zu gelangen, daß wir in die Stellung hineingucken konnten. Eine halbe Stunde verbrachten wir damit, sie zu zählen – es waren wenigstens zweihundert, und wir sahen auch weiße Männer, die unter ihnen herumgingen und mit ihnen sprachen.

Nordöstlich von der Wagenburg – nur vierhundert Schritt davon entfernt – entdeckten wir ein großes Lager mit weißen Männern hinter einem niedrigen Hügel. Dahinter sahen wir fünfzig bis sechzig Pferde weiden. Und etwa eine Meile weiter nach Norden sahen wir eine kleine Staubwolke sich nähern. Jed und ich warteten, bis wir einen einzelnen Mann in gestrecktem Galopp in das Lager der Weißen einreiten sahen.

Das erste, was ich erhielt, als wir wieder in unsere Wagenburg kamen, war eine Ohrfeige von Mutter, weil ich solange fortgeblieben war. Aber Vater lobte uns, als wir Bericht erstatteten.

»Jetzt wird wohl ein Angriff kommen«, sagte Aaron Cochrance. »Der Mann, den die Jungen sahen, hatte wohl einen Grund, sich so zu beeilen. Die Weißen halten die Indianer nur solange zurück, bis sie Order von höherer Seite erhalten. Vielleicht hat der Mann irgendeinen Bescheid überbracht. Sicher ist, daß sie ihre Pferde nicht schonen.«

Eine halbe Stunde nach unserer Rückkehr versuchte Laban eine Rekognoszierung unter der weißen Flagge.

Aber er war noch keine zwanzig Schritt weit gekommen, als die Indianer schon das Feuer auf ihn eröffneten, so daß er schleunigst umkehren mußte.

Kurz vor Sonnenuntergang saß ich in der Wehr mit Schwesterchen im Arm, während Mutter aus den Decken ein Bett bereitete. Wir waren so viele, daß wir wie die Heringe im Faß lagen. Mehrere Frauen hatten beständig im Sitzen schlafen müssen. Dicht neben mir, so nahe, daß er mich berührte, wenn er die Arme ausstreckte, lag Silas Dunlap in den letzten Zügen. Er war beim ersten Angriff von einer Kugel in den Kopf getroffen, und den ganzen Tag über war er von Sinnen gewesen und hatte gesungen, bis Mutter ganz wahnsinnig vor Nervosität war.

Ich saß gerade neben ihm, als der Angriff kam. Die Dämmerung war hereingebrochen, und ich starrte wie hypnotisiert auf Silas Dunlap, mit dem es jetzt zu Ende ging. Sarah, seine Frau, hielt ihm die Hand auf die Stirn – sie und ihre Tante Martha weinten ganz still. Und da kam es plötzlich: Knall auf Knall und Kugeln aus Hunderten von Büchsen. Von allen Seiten sprühten sie Blei gegen uns. Wir legten uns alle flach nieder. Viele von den kleinen Kindern schrien und weinten. Anfangs schrien auch einige von den Frauen, aber nicht viele.

Tausende von Schüssen müssen in den nächsten paar Minuten auf uns herabgeprasselt sein. Ach, wie, ich wünschte, in den Schützengraben kriechen zu dürfen, wo die Männer lagen und ruhig, aber unregelmäßig schossen. Jeder feuerte, sobald er einen Mann in Schußweite hatte. Aber meine Mutter traute mir keinen Augenblick und paßte genau auf.

Ich saß neben Silas Dunlap und beobachtete ihn – sein Körper zuckte noch – als Castletons Kindchen getötet wurde. Dorothy Castleton, die etwa zehn Jahre alt war, hatte es gerade auf dem Arm, als der Schuß kam. Sie wurde nicht getroffen. Ich hörte sie darüber reden und meinte, daß die Kugel oben an einem der Wagen abgeprallt sein mußte, so daß sie in einer neuen Richtung in die Deckung flog. Aber abgesehen von solchen Zufällen waren wir ganz sicher.

Als ich dann wieder auf Silas Dunlap sah, war er tot. Ich war direkt enttäuscht, daß ich nicht Zeuge dieses seltenen Ereignisses gewesen war. Ich hatte noch nie das Glück gehabt, einen Mann sterben zu sehen.

Dorothy Castleton bekam über alles, was sie gesehen hatte, einen hysterischen Anfall. Sie heulte und schrie eine Zeitlang, bis Frau Hastings es ebenso machte. Gemeinsam machten sie einen solchen Lärm, daß Vater Watt Cummings hinschickte, um zu fragen, was los sei.

Noch eine Weile nach Eintritt der Dämmerung fielen die Schüsse, wenn auch spärlicher, und die ganze Nacht hindurch fiel ab und zu ein Schuß. Zwei von unseren Leuten wurden bei diesem zweiten Angriff verwundet. Man trug sie in unsere Deckung. Bill Tyler wurde von einer Kugel getroffen und war beinahe sofort tot, und da begruben sie ihn, Silas Dunlap und den kleinen Castleton bei den anderen.

Die ganze Nacht hindurch lösten die Männer einander beim Brunnengraben ab, aber das einzige Anzeichen von Wasser, das sie trafen, war feuchter Sand. Einige holten auch ein paar Eimer Wasser von der Quelle, aber man schoß auf sie, und da gaben sie es auf, nachdem Jeremy Hopkins die linke Hand am Gelenk abgeschossen worden war. Am nächsten Morgen – es war der dritte Tag – war es heißer und trockener denn je. Wir wachten durstig auf, und man konnte nicht kochen. Unser Schlund war so trocken, daß wir nicht essen konnten. Ich versuchte es mit einem Stück Brot, das Mutter mir gab, mußte es aber aufgeben. Das Feuer, das der Feind gegen uns eröffnete, war sehr unregelmäßig. Manchmal fielen Hunderte von Schüssen in das Lager. Zuweilen gab es lange Pausen zwischen den einzelnen Schüssen. Vater warnte immer wieder davor, das Pulver zu verschwenden. Wir hatte ja nicht viel davon.

Und unterdessen gruben die Männer an dem Brunnen. Der war jetzt so tief, daß der Sand in Eimern hochgewunden wurde. Die, welche sie hochwanden, waren dem Feuer ausgesetzt, und einer wurde an der Schulter verwundet. Es war Peter Bromley, der den Bloodgoodschen Wagen kutschierte und mit Jane Bloodgood verlobt war. Sie sprang aus der Deckung auf, lief zu ihm, während die Kugeln ihr um die Ohren pfiffen, und führte ihn dann in die Deckung zurück. Gegen Mittag stürzte der Brunnen ein, und es war eine schwere Arbeit, die zwei Männer, die unten im Sande begraben waren, zu befreien. Von jetzt an wurde der Brunnen durch Holzwerk – Bodenbretter und Deichseln von den Wagen – abgestützt und dann das Graben fortgesetzt. Aber alles, was sie erzielten – und sie waren doch zwanzig Fuß tief – war feuchter Sandboden. Das Wasser kam nicht zum Vorschein.

Unterdessen war es in der Deckung entsetzlich geworden. Die Kinder baten immerfort um Wasser, und die Kleinen schrien. Robert Carr, der auch verwundet war, lag zehn Fuß von Mutter und mir. Er war bewußtlos, schlug mit den Armen um sich und brüllte nach Wasser. Mehreren von den Frauen ging es ebenso schlimm – sie wüteten gegen Mormonen und Indianer. Einige von ihnen beteten. Die drei erwachsenen Schwestern Demdikes sangen mit ihrer Mutter Kirchenlieder. Andere holten etwas von dem feuchten Sand aus dem Brunnen und legten die Kleinen mit bloßen Körpern darauf, um sie abzukühlen.

Die zwei Brüder Fairfax konnten es nicht mehr aushalten: Mit Eimern in der Hand krochen sie unter einem Wagen hindurch und versuchten zur Quelle zu gelangen. Giles brach auf halbem Wege zusammen. Roger erreichte die Quelle und kam wieder, ohne getroffen zu werden. Zwei halbvolle Eimer brachte er mit. Giles kroch zurück, und als sie ihm in die Deckung geholfen hatten, lag er da und spie Blut.

Die zwei halbvollen Eimer Wasser reichten jedoch nicht weit. Nur die ganz kleinen Kinder bekamen etwas zu trinken. Ich erhielt nicht soviel wie einen Schluck, aber Mutter tauchte ein Stück Leinen in die paar Löffel Wasser, die sie für das Kleine bekam und wischte mir damit den Mund. Sie selbst bekam nicht einmal soviel, denn sie ließ mir das Leinen, um darauf zu kauen.

Noch schlimmer wurde die Situation am Nachmittag. Die Sonne durchglühte die stille Luft und machte unser Sandloch zu einem Backofen. Und rings hörten wir die Büchsenschüsse und das Geheul der Indianer. Nur einmal erlaubte Vater, daß aus unserm Schützengraben ein Schuß abgefeuert wurde, und da waren es nur unsere allerbesten Schützen, wie Laban oder Timothy Grant, die schießen durften. Aber beständig prasselte das Blei in unsere Stellung. Viel Schaden richteten die Schüsse jedoch nicht an; nur vier von den Unsrigen wurden verwundet, und nur einer von ihnen schwer.

Als das Schießen einen Augenblick nachließ, kam Vater zu uns. Ein paar Minuten saß er schweigend neben Mutter und mir. Es war, als lauschte er auf das Seufzen und das Jammern nach Wasser. Einmal kletterte er aus der Deckung heraus und ging, um den Brunnen zu inspizieren. Er brachte nur feuchten Sand mit zurück, und den legte er als Umschlag auf Robert Carrs Brust und Schulter. Dann ging er zu Jed Dunham und seiner Mutter und schickte zu Jeds Vater, daß er aus dem Schützengraben kommen sollte. Wir waren so dicht zusammengedrängt, daß man, wenn man eine andere Stellung einnehmen wollte, vorsichtig über die Körper der Liegenden hinwegklettern mußte.

Nach einer Weile kam Vater zu uns gekrochen.

»Jesse«, sagte er, »fürchtest du dich vor den Indianern?« Ich schüttelte eifrig den Kopf. Ich dachte mir schon, daß ich mit einem wichtigen Auftrage fortgeschickt werden sollte. »Fürchtest du dich vor den verfluchten Mormonen?«

Es machte mir eine reine Freude, in meiner Antwort unsern Feinden fluchen zu können, ohne Mutters strafende Hand fürchten zu müssen.

Ich bemerkte das Lächeln, das um seine müden Lippen spielte, als er meine Antwort hörte. »Gut, Jesse«, sagte er: »Willst du mit Jed nach der Quelle gehen und Wasser holen?«

Ich war Feuer und Flamme.

»Wir wollen euch als Mädchen verkleiden«, fuhr er fort, »dann werden sie vielleicht nicht auf euch schießen.«

Ich bestand darauf, in unserer eigenen Kleidung mit Hosen als richtige Jungen zu gehen, gab aber bald nach, als Vater meinte, er könne sehr leicht einen anderen Jungen finden, der sich verkleiden und mit Jed gehen könnte, So zog man uns denn Mädchenkleider an, und Mutter war so ängstlich, daß sie das Kleine bei Sarah Sunlap ließ und mich bis an den Schützengraben begleitete. Dort – unter einem Wagen hinter der niedrigen Brustwehr aus Sand – erhielten Jed und ich unsere letzten Instruktionen. Dann krochen wir hinaus und standen auf freiem Felde. Wir waren ganz gleich gekleidet: weiße Strümpfe, weiße Kleider mit blauer Schärpe – wir trugen die Kleider der kleinen Zwillingsschwestern Chattox. Wir hielten uns an der Hand, in der anderen Hand trugen wir jeder zwei, kleine Eimer.

»Bleibt nur ruhig«, ermahnte Vater uns, als wir uns auf den Weg machten, »geht langsam und wie kleine Mädchen!«

Nicht ein Schuß fiel. Wir kamen unversehrt zur Quelle, füllten unsere Eimer und tranken selbst einen tüchtigen Schluck. Mit einem vollen Eimer in jeder Hand machten wir uns dann auf den Rückweg, und noch immer fiel kein Schuß.

Ich weiß nicht, wie oft wir gingen. Fünfzehn- oder zwanzigmal. Wir gingen langsam, Hand in Hand auf dem Hinwege und mit allen vier vollen Eimern auf dem Heimwege. Es war erstaunlich, wie durstig wir waren. Wir legten uns mehrmals nieder und tranken tüchtig.

Zuletzt wurde es unsern Feinden doch des Guten zuviel. Ich kann mir nicht denken, daß die Indianer, wenn wir auch Mädchen waren, solange mit Schießen gewartet hätten, würden sie nicht von den Weißen, die bei ihnen waren, Instruktion erhalten haben. Da fiel plötzlich, als Jed und ich gerade fortgehen wollten, ein Schuß vom Indianerhügel und dann noch einer.

»Kommt zurück«, rief Mutter.

Ich sah Jed an, und er mich. Ich wußte, daß er eigensinnig war und beschlossen hatte, der letzte zu sein, der zurücklief. So ging ich denn weiter, und im selben Augenblick kam er mit.

»Jesse!« rief Mutter – und in ihrer Stimme war etwas, das nicht Zorn war.

Jed reichte mir die Hand, aber ich schüttelte den Kopf.

»Wir müssen lieber jeder für sich laufen«, sagte ich. Und während wir über den Sand liefen, war es, als würden alle Büchsen auf der Indianerhöhe auf uns abgeschossen. Ich gelangte zuerst zur Quelle, so daß Jed etwas warten mußte, bis ich meine Eimer gefüllt hatte.

»Lauf du nur«, sagte er, und aus der Langsamkeit, womit er seine eigenen Eimer zu füllen begann, ersah ich, daß er entschlossen war, als Letzter zu bleiben.

Da setzte ich mich hin und wartete, während ich die kleinen Staubwolken betrachtete, die die Kugeln hochwarfen, wenn sie in den Sand schlugen. Dann begannen wir zu laufen.

»Nicht so schnell«, warnte ich ihn, »du vergießt ja das halbe Wasser!«

Das half, und er ging langsamer. Unterwegs stolperte ich und fiel der Länge nach hin. Eine Kugel, die gerade vor mir einschlug, füllte meine Augen mit Sand. Im Augenblick glaubte ich, getroffen zu sein.

»Das hast du absichtlich getan«, verspottete Jed mich, als ich aufgestanden war. Er hatte auf mich gewartet.

Mir wurde gleich klar, was er dachte. Er glaubte, ich hätte mich nur fallen lassen, um mein Wasser zu vergießen, damit ich zurückgehen und den Eimer wieder füllen könnte. Diese Rivalität zwischen uns war etwas Großes und Wichtiges. So wichtig, daß ich sofort tat, wessen er mich verdächtigt hatte und zur Quelle zurückeilte. Und Jed Dunlap, der sich einen Dreck um die Kugeln kümmerte, die ihn umflogen, stand aufrecht da und wartete auf mich. Wir kamen zurück Seite an Seite – mit gleichgroßer Ehre in unserer Jungen-Tollkühnheit. Als wir aber das Wasser ablieferten, hatte Jed nur einen Eimer voll. Eine Kugel hatte den andern dicht über dem Boden durchlöchert.

Mutter hielt mir einen Vortrag über meinen Ungehorsam. Ihr muß klar gewesen sein, daß Vater ihr nicht erlaubt haben würde, mich jetzt zu verprügeln, denn während sie mich ermahnte, blinzelte Vater, der hinter ihr stand, mir zu. Es war das erste Mal, daß er mir zublinzelte.

In der Deckung waren Jed und ich die reinen Helden. Die Frauen weinten, segneten uns. Ich muß gestehen, daß ich auf das alles stolz war, wenn ich auch wie Jed tat, als gefiele mir diese Übertreibung nicht. Aber Jeremy Hopkins – der mit dem großen Verband um den Armstumpf – sagte, wir wären von der Art, aus der man weiße Männer und Frauen machte, Männer wie Daniel Boone, Kit Carson und Davy Crockett. Das machte mich stolzer als alles andere.

Den Rest des Tages störte mich der Schmerz in meinem rechten Auge. Es war der Sand, den die Kugel mir hineingeschleudert hatte. Das Auge sei blutunterlaufen, sagte Mutter. Mir schien, es schmerzte gleicherweise, ob ich es geschlossen oder offen hielt. Ich versuchte beides.

Jetzt, da alle Wasser bekommen hatten, ging es in der Deckung ruhiger zu, wenn auch die große Frage bestand, wie es das nächste Mal gehen würde. Und auch Munition hatten wir kaum noch. Fünf Pfund Pulver war alles, was mein Vater bei der Untersuchung der Wagen gefunden hatte. Etwas mehr befand sich noch, in den Pulverhörnern der Männer. Ich erinnerte mich, daß der Angriff am vorigen Tage bei Sonnenuntergang gekommen war – und, um sicher zu sein, alles zu sehen, kroch ich diesmal, ehe die Sonne unterging, zum Schützengraben vor. Ich kam neben Laban zu liegen. Er lag da, kaute seinen Priem und bemerkte mich nicht. Ich blieb ein Weilchen still liegen und guckte ihn an. Ich fürchtete, daß er mich, wenn er mich entdeckte, wieder zurückgehen heißen würde. Er starrte eine Zeitlang zwischen den Wagenrädern hindurch, dann kaute er auf seinem Priem und spuckte sorgsam in eine kleine Vertiefung, die er im Sand gemacht hatte.

»Wie steht's?« fragte ich schließlich. Das war die Art, wie er immer zu mir sprach.

»Fein«, antwortete er. »Mächtig fein, Jesse, jetzt, da ich wieder priemen kann. Mein Mund war so trocken, daß ich es nicht konnte, vor Sonnenaufgang, bis du mit dem Wasser kamst.«

In diesem Augenblick zeigte ein Mann Kopf und Schultern über dem Gipfel der kleinen Anhöhe im Nordosten, dort, wo die Weißen sich befanden. Laban zielte eine Minute lang. Dann aber schüttelte er den Kopf.

»Dreihundert Schritt! Das riskiere ich nicht. Vielleicht treffe ich ihm vielleicht auch nicht, und dein Vater ist sehr besorgt um das Pulver.«

»Was, meinst du, wird daraus?« fragte ich – seit meinem Wasserholen fühlte ich mich als ein Mann.

Laban bedachte sich, dann antwortete er: »Jesse, ich leugne nicht, daß es uns dreckig geht, aber wir kommen durch, darauf kannst du Gift nehmen.«

»Einige von uns doch wohl nicht«, wandte ich ein.

»Wer zum Beispiel?« fragte er.

»Ach, Bill Tyler, Frau Grant und Silas Dunlap und all die übrigen.«

»Unsinn, Jesse, die sind ja schon in der Erde. Weißt du nicht, daß wir alle unsere Toten begraben müssen? So ist es Jahrtausende gegangen, denke ich, und es leben noch immer so viel, wie gelebt haben. Weißt du, Jesse, Leben und Tod gehen Hand in Hand. Die Leute werden ebenso schnell geboren, wie sie sterben. Sogar schneller, glaube ich, denn sie vermehren sich ja. Du, zum Beispiel, du hättest heute nachmittag gut totgeschossen werden können, aber nun sitzt du doch hier und plauderst mit mir und wirst vermutlich eines schönen Tages als Vater einer großen Familie in Kalifornien leben. Man sagt ja, daß in Kalifornien alles wächst und gedeiht.«

Diese hoffnungsvolle Anschauungsweise ermutigte mich, mit etwas herauszukommen, woran ich solange im stillen gedacht hatte.

»Sag mal, Laban, wenn du nun hier totgeschossen würdest?«

»Wer? – Ich?« rief er.

»Ja, ich meine nur«, erklärte ich.

»Na, also schön! Was dann?«

»Willst du mir dann deine Skalpe schenken?«

»Du kriegst ja nur Dresche von deiner Mutter, wenn sie dich sie tragen sieht.«

»Ich will sie ja gar nicht tragen, daß sie es sieht. Aber wenn du nun totgeschossen wirst, Laban, so muß doch einer deine Skalpe kriegen, warum sollte ich das nicht sein?«

»Ja, warum nicht«, wiederholte er, »das ist schon richtig, warum nicht? – Na, ja meinetwegen, Jesse, ich hab' dich und deinen Vater gern. In der Minute, wenn ich totgeschossen werde, gehören dir die Skalpe und das Skalpmesser auch. Darauf wollen wir Timothy Grant zum Zeugen nehmen. Hast du gehört, Timothy?«

Timothy antwortete, daß er es gehört hätte. Da lag ich nun fast überwältigt von meinem großen Glück, zu überwältigt, um ein Wort des Dankes sagen zu können.

Ich bekam meinen Lohn dafür, daß ich so vorausschauend gewesen war, in den Schützengraben zu gehen. Bei Sonnenuntergang fand ein zweiter allgemeiner Angriff statt, und Tausende von Schüssen wurden gegen uns abgefeuert. Keiner von den Unsrigen wurde getroffen. Dagegen sah ich, wie Laban und Timothy Grant, obwohl wir nur dreißig Schuß abgaben, je einen Indianer trafen. Laban erzählte mir, daß es von Anfang an nur Indianer gewesen waren, die auf uns geschossen hatten. Nicht einer von den Weißen drüben hatte einen Schuß abgegeben. Das wunderte ihn sehr. Die Weißen halfen uns weder, noch griffen sie uns an, und doch waren sie bei den Indianern, die auf uns schossen.

Am nächsten Morgen war der Durst schlimm. Ich war beim ersten Tagesgrauen draußen. Es war viel Tau gefallen, und Männer, Frauen und Kinder leckten ihn von den Deichseln, Speichen und allem übrigen ab.

Es wurde erzählt, daß Laban von seiner Rekognoszierung vor Tagesanbruch zurückgekehrt sei – er wäre bis an das Lager der Weißen gekrochen, wo er sie eine Gebetsversammlung hätte abhalten sehen. Die Gebete – das habe er aus den wenigen Worten, die er gehört, verstanden – hätten sich darum gedreht, was mit uns geschehen sollte.

»Möge Gott ihnen das Licht senden«, hörte ich eine von den Schwestern Demdikes zu Abby Foxwell sagen.«

»Und das ein bißchen schnell«, antwortete Abby Foxwell, »denn ich weiß nicht, was wir einen ganzen Tag ohne Wasser und beinahe ohne Pulver machen sollen.«

Es geschah nichts am Morgen. Nicht ein Schuß fiel. Nur die Sohne durchglühte die stille Luft. Unser Durst wuchs, und bald begannen die Kleinen zu weinen, und die etwas größeren Kinder klagten sehr. Gleich nachmittags nahm Will Hamilton zwei große Eimer und wollte nach der Quelle gehen. Ehe er aber das Lager verlassen hatte, lief Anne Demdike zu ihm, umschlang ihn mit dem Arm und versuchte, ihn zurückzuhalten.

Aber er sagte etwas zu ihr, küßte sie und ging. Kein Schuß fiel, und doch ging er immer wieder hinaus und holte Wasser.

»Gott sei gelobt«, sagte Frau Demdike, »das ist ein gutes Zeichen, sie haben bereut, was sie getan haben.«

Und das war die Ansicht vieler Frauen.

Gegen zwei, als wir gegessen hatten und uns ein wenig besser fühlten, kam ein weißer Mann mit einer weißen Flagge. Will Hamilton ging hinaus und sprach mit ihm. Kam dann wieder und sprach mit meinem Vater und den übrigen. Dann gingen sie wieder zu dem Fremden hinaus. Etwas weiter fort konnten wir einen andern Mann sehen, der dastand und zusah, und in dem wir Lee erkannten.

Wir befanden uns alle in großer Erregung. Frauen weinten und küßten einander, und die alte Frau Demdike und einige andere sangen Halleluja und priesen Gott. Der Vorschlag, der von unsern Männern angenommen war, bestand darin, daß wir uns den Mormonen ergeben, uns unter ihren Schutz stellen sollten, um so vor den Indianern sicher zu sein. »Wir mußten es tun«, hörte ich Vater zu Mutter sagen. Er saß niedergeschlagen und gebeugt auf einer Wagendeichsel.

»Wenn sie Verrat im Schilde führen?« fragte Mutter.

Er zuckte die Achseln. »Wir müssen die Chance wahrnehmen, die sich uns bietet. Unsere Munition ist verbraucht.«

Jetzt ketteten einige von unsern Männern einen von den Wagen los und rollten ihn beiseite. Ich lief hinzu, um zu sehen, was geschah. Herein kam Lee, gefolgt von zwei Wagen, die je von einem Mann gezogen wurden. Alle scharten sich um Lee. Er erzählte, daß er große Schwierigkeiten gehabt hätte, die Indianer von uns fernzuhalten, und daß Major Higbee mit fünfzig Mann Mormonenmiliz bereit sei, uns unter seinen Schutz zu nehmen.

Was jedoch Vater, Laban und mehrere andere mißtrauisch machte, waren Lees Worte, daß wir alle unsere Büchsen in den einen Wagen legen sollten, um die Indianer nicht von neuem zu reizen. Dann würde es aussehen, als seien wir Gefangene der Mormonenmiliz.

Vater reckte sich und wollte nein sagen, als er Laban ansah, der ihm zuflüsterte: »Die Gewehre können ebensogut im Wagen liegen wie in unsern Händen, wir haben ja doch kein Pulver mehr für sie.«

Zwei von unsern Verwundeten, die nicht gehen konnten, wurden in die Wagen gelegt, und alle kleinen Kinder ebenfalls.

Lee ließ sich die zeigen, welche über acht Jahre, und welche darunter waren. Jed und ich waren beide groß für unser Alter, und wir waren im übrigen auch schon neun Jahre alt, so daß Lee uns den Großen folgen ließ. Wir mußten mit den Frauen zu Fuß gehen.

Als er Mutter das Kleine fortnahm und in den Wagen legte, wollte sie Einspruch erheben, dann aber sah ich sie mit einem Seufzer nachgeben. In ihrem Blick lag eine seltsame Angst. Während Lee alles zum Abmarsch ordnete, trat Laban zu mir. Lee sagte, Frauen und Kinder müßten ganz vorn, gleich hinter den beiden Wagen gehen. Dann sollten die Männer im Gänsemarsch folgen. Als Laban das hörte, kam er zu mir, löste sich die Skalpe vom Gürtel und band sie mir um den Leib.

»Aber sie haben dich doch nicht totgeschlagen«, protestierte ich.

»Nein, darauf kannst, du Gift nehmen«, antwortete er, »aber ich habe mich anders besonnen, das ist alles. Skalpe tragen ist eine unnötige heidnische Angewohnheit.« Er hielt einen Augenblick inne, als hätte er etwas vergessen, dann machte er kehrt, um die andern Männer einzuholen, und sagte zu mir nur: »Also dann leb wohl, Jesse!«

Ich wunderte mich, daß er mir Lebewohl sagte, als ich einen Weißen ins Lager reiten sah. Er sagte, Major Higbee hätte ihn geschickt, um uns anzutreiben, da die Indianer jeden Augenblick über uns herfallen könnten.

Dann begann der Marsch, die beiden Wagen voran. Lee ging neben den Frauen und den Kindern, die zu Fuß waren. Hinter uns – in einer Entfernung von ein paar hundert Fuß – kamen die Männer. Als wir zur Wagenburg hinausgelangten, sahen wir in einiger Entfernung die Miliz. Die Leute standen in einer langen Reihe da und stützten sich auf ihre Gewehre. Im Vorbeigehen fiel mir auf, wie ernst sie aussahen. Sie glichen einer Leichengarde. Das sahen unsere Frauen auch, und einige von ihnen begannen zu weinen.

Ich ging dicht hinter Mutter. Ich tat das, damit sie meine Skalpe nicht sähe. Hinter mir kamen die drei Schwestern Demdike, von denen zwei ihre alte Mutter stützten. Fortwährend hörte ich Lee den Männern, die die Wagen führten, zurufen, daß sie nicht so schnell gehen sollten. Ein Mann, der nach Aussage der Schwestern Demdike Major Higbee sein mußte, saß zu Pferd und betrachtete uns. Kein Indianer ließ sich sehen.

Als unsere Männer gerade bei der Miliz angelangt waren – ich hatte mich gerade nach Jed Dunham umgesehen – geschah es! Ich hörte Major Higbee mit lauter Stimme rufen: »Tut eure Pflicht!« Und im selben Augenblick knallten die Schüsse als eine Salve, und unsere Männer sanken im Sand zusammen. Alle Schwestern Demdike fielen auf einmal. Ich sah nach Mutter – auch sie war gefallen. Aus dem Gebüsch stürzten jetzt Hunderte von Indianern, die alle auf uns schossen.

Ich sah die zwei Schwestern Demdike über den Sand laufen und folgte ihnen, denn Weiße sowohl wie Indianer töteten, wen sie erwischen konnten. Im Laufen sah ich den Kutscher des einen Wagens die Verwundeten erschießen. Die Pferde vor dem anderen Wagen stiegen und sprangen, während der Kutscher sie zu halten versuchte.

Während der kleine Knabe, der ich war, den beiden Mädchen nachlief, senkte sich das Dunkel über ihn. Hier hört alle Erinnerung auf, denn hier endigte Jesse Fanchers Geschichte für immer.

 

Hier in Folsom ist ein Lebenslänglicher, Matthew Davies, einer von den alten kalifornischen Pionieren, ein betagter Mann, dessen Familie zu denen gehörte, die in alten Tagen über die Prärie wanderten. Ich habe mit ihm gesprochen, und er kennt das Massaker, bei dem Jesse Fancher getötet wurde. Als dieser alte Gefangene noch ein Kind war, wurde in der Familie oft von dem Massaker bei Mountain Meadows gesprochen. Die Kinder in den Wagen wären nicht getötet worden, erzählte er, weil sie zu klein waren, um aus der Schule zu schwatzen.

Alles das können ja andere untersuchen und feststellen. Ich habe in meinem Leben als Darrell Standing nie eine Zeile über die Fancher-Karawane, die bei Mountain Meadows umkam, gelesen oder ein Wort darüber gehört, und doch erfuhr ich alles, während ich in der Zwangsjacke im Zuchthaus von San Quentin lag. Ich habe doch dieses Wissen nicht aus dem Nichts heraus schaffen können, ebensowenig, wie ich mir Dynamit aus dem Nichts heraus schaffen konnte.

Ehe ich dieses Kapitel schließe, möchte ich mitteilen, daß Matthew Davies mir auch erzählte, daß Lee einige Jahre nach dem Massaker von Regierungsbeamten nach Mountain Meadows gebracht und an der Stelle, wo unser altes Lager stand, hingerichtet wurde.

 


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