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Das Feuerschiff

Auf glatter, grauer Woge ruht das feuerrote Feuerschiff,
Es rührt sich nicht; der Anker hält es fest im Meeressande;
Fahrwasser weist sein Feuerschein durch Sandbank und durch Felsenriff
Den Fischern in der Nebelnacht und leitet sie zum Strande.

Matrosen, grau und lendenlahm, Erleber mancher wilden Fahrt,
Die halten hier das Feuer wach bei Nacht in Wind und Wetter;
Dem wurde grau in Tropenglut das Blondhaar und der rote Bart,
Den trugen bis nach Grönland hin die stahlbeschlagenen Bretter.

Der wusch im Fieber gelbes Gold aus Kaliforniens rotem Sand,
Der hat auf jedem Fleck der Welt das Handelsschiff gelandet,
Der küßte eines Häuptlings Weib an einem weißen Palmenstrand;
Sie alle sind nach Schluß der Fahrt auf diesem Schiff gestrandet.

Von Ehrgeiz, Habsucht, Liebe, Haß, von Hoffnung und von Furcht ist leer
Die Brust, das Wrack liegt morsch und mürb, verfaulend in dem Hafen;
Und was sie fünfzig Jahre hetzte, spornte, peitschte hin und her,
Ist stumm, verloschen, ausgebrannt und endlich eingeschlafen.

Und ist das Herz auch kalt und tot; sie starren gierig in die Flut
Schon stundenlang; kein Fischlein will an ihren Angeln beißen;
Manch halbvergeßner Fluch erschallt voll Ungeduld und wilder Wut,
Das Meer ist geizig und es läßt sich heute nichts entreißen.

Und ist auch lange abgeräumt des Lebens reichgedeckter Tisch,
Und kalt das Herz, dem Freuden, Schmerzen, Angst und Hoffnung mangeln,
So bleibt als heiß ersehntes Ziel ein spannenlanger Fisch,
Nach dem sie stieren Auges täglich angeln, angeln, angeln.


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