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Auf des Felsens grünen Fluren,
Auf den Klippen weit und breit
Findest Zeichen du und Spuren
Längst verklung'ner Sagenzeit.
Schon in den Berichten der Chronisten über die erste bekannte geschichtliche Zeit auf Helgoland liest man manche ergötzliche Notiz. So war der friesische König Ratbod, der, nachdem er im Jahre 689 vom Frankenkönig Pipin bei Dorsted geschlagen war, auf Helgoland residierte, endlich zur Taufe durch den Missionar Wolfram bereit und hatte schon einen Fuß in das Wasser der Sapskuhle auf Helgoland gesetzt. Da fiel ihm ein, den Missionar zu fragen, »wohin denn, wenn ihm nun der Himmel offen stände, seine Vorfahren gekommen wären?« Als jener antwortete: »in die Hölle«, zog Ratbod schnell seinen Fuß zurück mit dem Bemerken, »dann wolle er auch lieber mit ihnen in der Hölle sein«. –
In den »Briefen von Kempner aus Helgoland« wird berichtet: »In Helgoland soll die Residenz des mächtigen friesischen Königs Ratbod gewesen sein; da sei der heilige Willibrord von Brittanien herüber gekommen, habe die Einwohner zu Christen bekehrt und in seinem heiligen Grimme gegen die Heiden ließ er alle Bäume auf der Insel herunter hauen und wirklich seit dieser Zeit gibt es hier keine Bäume mehr. Auch soll hier die berühmte Bartholomäusnacht der 11 000 Jungfrauen stattgefunden haben, woher auch angeblich die so gepriesene Keuschheit der Helgoländer sich herschreiben soll.« Kempner: Briefe aus Helgoland, Seite 12, Breslau 1900.
Auch der Erklärung des Untergangs von Felspfeilern hat sich die Sage bemächtigt. Am bekanntesten ist die sich auf einen Felsblock an der Südspitze beziehende »Mönchssage«. »Im Jahre 1530 kam – nach Müllenhoff – ein Mönch nach Helgoland, dort die neue Lehre Luthers zu verkündigen. Die Helgoländer verspotteten den frommen Mann und stürzten ihn endlich vom Felsen herunter, an der Stelle, wo vor einigen Jahren noch eine Klippe aus dem Wasser hervorragte, die deutlich wie ein Mönch aussah und auch so genannt ward. Doch in der ersten Nacht nach seinem traurigen Ende zeigte sich der Geist des Bekehrers auf dieser Klippe und predigte von neuem mit einer Donnerstimme die neue Lehre, daß viele sich gleich vom Papsttum abwandten, und bald auch die übrigen, da der Geist nicht eher zur Ruhe kam, als bis alle bekehrt waren. Man hat auch später oft seine drohende Stimme gehört, besonders, wenn ein böser Mensch auf der Insel eine böse Tat auszuführen im Begriffe stand.« s. Oetker: Helgoland, Schilderungen und Erörterungen, Seite 193/194. Im Jahre 1838 stürzte der »Mönch« ein; sein Name ging auf einen anderen Felspfeiler über, dessen Spitze im Kriege abgetragen und darauf ein Kreuz errichtet wurde.
An der Nordspitze befand sich ein Felspfeiler »Hengst« mit Namen, der aussah wie ein Pferd mit Beinen und im Jahre 1856 unterging. Bei einem Felsabsturz graste auf dem Felsen an der Westseite ein Schaf. Besorgt fuhren die Schiffer um die Südspitze herum, es noch zu retten. Wie sie ankamen, graste es auf dem abgestürzten Felsblock unten ruhig weiter. Später war es – mit einer Medaille um den Hals als das »historische Schaf«, – grasend auf der Klippe zu sehen.
Helgoland wurde am 31. Dezember 1720 nach Durchbruch des Steinwalls von der bis dahin mit ihr verbundenen Düne für immer getrennt. Ueber die Vorgänge, die auf der Insel zu dieser verhängnisvollen Katastrophe geführt haben, enthält die Bolzendahlsche Chronik folgende Notizen:
1707. 21. Febr. »War ein Sturm aus dem WSW, der brachte hoch Wasser, daß es überm Steinwall zusammenspülete.«
1711. 1. Nov. »Nachmittags um 3 ist das letzte Ueberbleibsel von der weißen Klippe, so bey 12 Jahren noch als ein Heuschober gestanden, durch eine hohe Flut bey NW-Wind vollends umgeworfen und absorbieret worden.«
– Diese weiße Klippe, sog. Wittklipp, schützte den Steinwall gegen die andringenden Wellen –.
1714. 2. März. »Starker Sturm aus Nordwest; das Wasser ging den ganzen Tag über den Steinwall, so hoch, daß ein mittelmäßig Schiff wohl darüber hätte fahren können.«
1715. 3. März. »Des Abends 10 Uhr war es nicht allein ein überaus harter Sturm, sondern auch ein sehr hohes Wasser, daß die grausamen Wellen über den Steinwall sich ergossen und die Spülung bis an Rickmer Knabe und Michel Bohns Bude vom Südland anreicheten. In solchem Sturm und Flut verlor Claus Mohr sein bey Norden dem Lande stehendes Haus. Der Wind war ungefähr vom WNW.«
1716. 5. Dez. »Nachm. von 2–5 Uhr ging das ganze Bollwerk (am Steinwall) durch einen starken WNW und NW-Sturm weg. In der darauffolgenden Nacht spülte das Wasser verschiedene Buden von 3–6 Uhr unter die Füße.«
1720. 31. Dezember. »Am Neujahrsabend und dem darauffolgenden Neujahrstag war es um 2 Uhr ein rechter Haupt-Sturm und hieselbst ein so ungemein hohes Wasser mit so grausamen Wellen, daß einige Häuser und Buden bey Norden dem Lande wegspületen. Der Steinwall zwischen dem Lande und der Sand-Düne riß durch und war beynahe ein ganzes Jahr ein Loch darin, daß man allemal mit halber Flut mit Giollen und Schaluppen durchfahren konnte.«
Die Chronik s. Lindemann, das deutsche Helgoland, Seite 214, Vita Verlag, Stuttgart. erwähnt im Jahre
692 post Christum wurde der Missionar Willibrord nach Fositesland (Helgoland), verschlagen. Das über ihn verhängte Losordal rettete ihn vom Tode.
1356 legte der dänische Ritter Waldemar Zappi auf Helgoland eine befestigte Schanze an, worüber Hamburg sich bei König Waldemar II. beschwerte. Die Dänen zuerst im Besitz Helgolands.
1587. 25. 1. »Confirmirete die Herrschaft die Landesbeliebungen. Dieselben waren unterzeichnet »Landvogt Rickquart Erichsen«. Bis dahin richteten die Heiligelanders sich mehrenteils nach ihrem sogenannten Willkühr.«
Im 16. Jahrhundert waren – nach friesischen Gesetzen – die Gestrandeten Sklaven.
1615 wurden verkauft 36 900 Hummer, 100 Stück zu 11 Mk.
1708. 29. 8. war Wachtmeister Osterbind ein Uhr nachts aus Eilhard Sückstorfs Haus heraufgeholt worden. Zur Strafe mußte er »auffen Esel« – (aus Holz).
1714 wanderte Andreas Matten nach Neumühlen aus, weil die onera Ehrenämter) auf'm Lande abzuhalten, ihm zu schwer fiel. –
Zwei Bemerkungen in der Bolzendahlschen Chronik geben zu denken über das damalige Leben auf Helgoland.
1615. Itzige Zeit haben die Frau Capitain und Pastorin Pfauen Feddern auf'm Haupt getragen, worüber die Frauen sowohl, als die Männer wegen den Vorzug in großen Streit gerathen.
1700. 8. Jan. Dulcinea lapidata est (!) (Die Dulcinea ist gesteinigt worden.)
Am 5. 9. 1807 verlangten die englischen Admirale Falkland und Russel die Uebergabe der Insel. Der Kommandant ließ die dänische Bürgerwehr am Falm antreten und fragte sie: »Wollt Ihr die Insel mannhaft gegen die feindliche Uebermacht verteidigen?« Als ein allgemeines: »Nee, Herr Commandant« erscholl, sah er sich zur Uebergabe genötigt. Später hieß zuerst das Unterland »Falkland« und das Oberland »Mount Russel«.
Während des deutsch-französischen Krieges im Jahre 1870 lagen acht französische Kriegsschiffe 3 Seemeilen von Helgoland entfernt. Zur Lunchzeit erschienen beim Gouverneur Maxse französische Offiziere mit der Bitte, daß ihnen die Verproviantierung ihrer Schiffe erlaubt werden möge. Se. Exzellenz entgegnete: »Da England im Kriege neutral ist, so kann ich Ihnen leider Ihre Bitte nicht gewähren, aber wenn Sie sich bei mir verproviantieren wollen, so sollen Sie mir als Gäste beim Lunch sehr willkommen sein.«
Am 9. Aug. 1890 übergab nachm. gegen 3 Uhr Gouverneur Barkly vor dem Gouvernement die Insel feierlichst an Se. Exzellenz Bötticher, wobei zum ersten Male neben der englischen die deutsche Fahne emporgehißt wurde. Nach der Uebergabe fand im Konversationshause für den scheidenden Gouverneur ein Abschieds-Diner statt, wobei Bötticher zuerst ein Hoch auf die englische Königin ausbrachte, das Barkly mit einem Hoch auf unsern Kaiser erwiderte. Hierauf sagte der Badedirektor Michels: »Unser jetziger Herrscher wird es uns nicht verübeln, wenn wir trauernden Herzens Abschied nehmen von der englischen Königin, die uns so milde regiert hat. Wir haben aber noch einen Trost. Die Königin von England ist auch die Großmutter unseres jetzigen Herrschers und so – bleiben wir ja in der Familie.« –