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Detlev von Liliencron
Bunte Beute
Inhalt

Inhalt

  • Detlev von Liliencron
  • Aufschwung.
  • Schnell herannahender, anschwellender und ebenso schnell ersterbender Sturmstoß.
  • Der junge Held.
  • Spielerei.
  • An der Grenze.
  • Die zwei Sensen.
  • Durchs Telephon.
  • Der Zug zum finstern Stern.
  • Durch die Nacht.
  • Der Golem.
  • Der Feldblumenstrauß.
  • Stapellauf.
  • Sonne und Mond.
  • Das Gewehr im Baum.
  • Die alte Hure im Heimatsdorf.
  • Up de eensame Hallig.
  • Ballade in U-dur.
  • Mach es auch so.
  • Der Genius in Flammen.
  • Heimgang in der Frühe.
  • Die Zwillingsgeschwister.
  • Erscheinung.
  • Kasimir und Eulalia oder Jaromir und Rosaura.
  • Ist das Alles?
  • Lockung in die Ferne.
  • Aussicht vom Schlosse.
  • Armut, Einsamkeit und Freiheit.
  • Unvermutetes Zusammentreffen.
  • Nis van Bombell.
  • Martje Flors Trinkspruch.
  • Der Teufel in der Not.
  • Das Opfer.
  • Der Blitzzug.
  • Couplet.
  • Ei, das war ein Spaß.
  • Die Spinnerin von Sanct Peter.
  • Märztag.
  • Trennung.
  • Hafenlegende.
  • Ott Stissen Prahlhans.
  • Ein halb Schock Sicilianen.
  • Der lange Tanz.
  • Die süßen Kätzchen.
  • Mittagschläfchen.
  • Die Mörderin.
  • Rast im Hungrigen Wolf vor Sonnenaufgang.
  • Eine Drehorgel zieht vorüber.
  • Der Friedensengel.
  • Das verschüttete Dorf.
  • An Emanuel Reicher.
  • Novemberabend.
  • Die neue Sintflut.
  • Mächtige deutsche Pappel.
  • Die Falschmünzer.
  • Der Hunger und die Liebe.
  • Wie? Ein Ghasel?
  • Ein Tag aus dem Leben des kleinen Herrn Wulff.
  • Die nächtliche Trauung.
  • Kleine Legende.
  • Das Paradies.
  • Ein Bauerngrab.
  • Das Schlachtschiff Téméraire.   1796.
  • Des Großen Kurfürsten Reitermarsch.
  • Das Sühnopfer.
  • Spruch.
Detlev von Liliencron

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Der Zug zum finstern Stern.

(Sommer 1250)

1.
                  Nacht. Überm Walde brennt das Schloß,
König Erich berennt den Turm.
Es schwirrt der Pfeil, es stampft das Roß,
Die Leitern haken zum Sturm.

In Syrien fern der Burgherr trieb
Die Sarazenenbrut.
Sein Schild fing manchen Heidenhieb
In asiatischer Glut.

Palle Rosencrantz mit der Eisenschar
Ließ schützen er Wall und Weib.
Palle Rosencrantz tat, was möglich war,
Nun liegt zerstückt sein Leib.

Dem roten Hengst auf dem Sattelbug
Legt König Erich den Raub:
Der rote Hengst zwei Menschen trug
Durch Haidkraut und grünes Laub.

Noch fraß die Sonne nicht den Tau,
Die Wiesen rauchen im Tal.
Am Panzer des Königs die ohnmächtige Frau
Ist Lauges, des Burgherrn, Gemahl.

Sie beißt, sie kratzt, sie wehrt sich: Du Hund!
»Sachte, mein Täubchen, nur sacht.«
Und schon hängt sie girrend an seinem Mund,
Auch hier gewann Erich die Schlacht.

Ein Jagdhaus im Moor, von Erlen umstickt,
Ein Kolk mit Wildenten davor,
Wo die Wasserschwertlilie im Morgenwind nickt
Und die Ralle rötert im Rohr.

Da haben die beiden ein gutes Versteck,
Die Wache fällt drohend den Spieß,
Daß sich keiner erkühn und fürwitzig erkeck
Und eindring ins Paradies.

Was fährt der König aus Kurzweil und Traum
Und greift zur Axt in Hast?
Er sieht ein Schiff im Wellenschaum.
Ritter Lauge steht am Mast.

2.
Die Fischer werfen die Netze aus
Und hoffen auf reichen Gewinn.
Die Fischer ziehen die Netze heraus,
Ein König liegt darin.

Sie rudern rasch zum nahen Strand
Und lassen Dorsch und Lachs,
Und legen den König auf den Sand,
König Erich sieht aus wie Wachs.

Sie horchen, ob sein Herz noch klopft,
Doch steckt der Dolch zu tief.
Aus seinen Locken das Wasser tropft,
Und allzufest er schlief.

Und von Missunde rufen sie
Den Priester vom Altar,
Der sinkt bei der Leiche fromm aufs Knie
Und küßt das nasse Haar.

Noch sickert es vom blauen Samt
Des Königs in Rinn und Rill.
Stumm pro Defuncto hält das Amt
Der Mönch und betet still.

Die Fischer nennen noch heute den Tag
Den Zug zum finstern Stern,
Als ein König in ihren Netzen lag,
Als sie fanden den edeln Herrn.


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