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Fünfte Predigt.
Noch weiter ins Blaue

Der erste Teil unserer Reise ins Blaue ist hinter uns. Ich freue mich von Herzen, daß Sie alle sich freundlich beteiligt haben und keine an einer Haltestelle ausgestiegen ist, wie es mit so großem Erfolge meine Geschlechtsgenossen gethan haben. Ich weiß es ja, daß es gar viele weibliche Wesen giebt, die, jedem Ernste abhold, nur in den Tag hineinleben. Das Gute, das auch in ihnen vorhanden war, ist durch thörichte Eltern, vornehmlich Mütter, erstickt worden. Sie gehen auf in den Nichtigkeiten der Gesellschaftelei, sie begehren Glanz, Lärm, Erregung und meiden die edle, echte Geselligkeit, die nicht den Sinnen schmeichelt, aber Geist und Gemüt erquickt. Und aus ausgehöhlten Mädchen werden fast immer auch hohle Frauen.

Aber in der Mehrheit der deutschen Frauenwelt lebt, obwohl nicht selten unter Vorurteilen halb begraben, ein gesunder Geist, der für die Zukunft unseres Volkes noch größere Bedeutung gewinnen wird, als man denkt. Und selbst wenn es Hunderte weiblicher Ärzte bei uns gebe, wenn Frauen als Verteidiger vor Gericht ständen oder als Hochschullehrer wirkten, wäre für den echten Geistesfortschritt des deutschen Volkes nichts gewonnen. Denn zu diesem gehört unbedingt die Gemütsgesittung – das Wissen aber als solches hat auf sie sehr geringen Einfluß. Es kann Zeiten geben, in denen die Wissenschaft und die Künste blühen, Reichtum sich bei den Völkern aufstapelt, das äußere Leben scheinbaren Glanz zeigt, wo aber dennoch Millionen Herzen innerlich vergiftet sind, die Ichsucht überall herrscht und die Gemüter hungern. Hätte das Wissen uns erlösen können, so wäre es in diesem Jahrhundert geschehen, in dem der Verstand, die Forschung, die Erfindungsgabe Erstaunliches geleistet haben. Trotzdem aber – zum Teil deshalb – ist die Wirrnis in den Geistern nur gewachsen, und eine Friedlosigkeit ohne gleichen in der Geschichte der Menschheit herrscht in breiten Schichten des Volkes. Und wäre die Kenntnis der sinnlich faßbaren Natur hundertmal größer und damit die Herrschaft über sie, nicht einen Deut gewinnt dabei unser inneres Dasein. Es fordert Nahrung aus anderen Quellen als aus denen, die der Verstand uns erschließen kann. Alles Wissen ist äußerlich, wenn in ihm kein Herz pocht, und unsere moderne Wissenschaft ist herzlos.

Darum haben wir nötig, daß neue Quellen erschürft werden, und eine davon liegt im Frauengemüt. Es war keine Schmeichelei, wenn unsere Urväter im Wesen des Weibes etwas Heiliges und Ahnungsvolles ehrten, sondern nur die Folge eines durchaus richtigen Gefühls. Es geschah nicht aus bloßer »Galanterie«, denn dieser Begriff war, wie das Wort, unseren Ahnen unbekannt.

Jeder Mann, auch der bedeutende, hat dem Weibe, von der Mutter ganz abgesehen, viel zu danken. Aber läßt er die Bilder der Frauen, denen er im Leben nahe getreten ist, an sich vorüberziehen, so treten die nur gelehrten oder geistreichen fast ganz zurück. Denn diese boten ihm, was er selbst oft in reicherem Maße besaß. Jene aber, in denen sich das weibliche Gemüt in seiner Reinheit, Stärke, Opferfähigkeit besonders kräftig entfaltet hatte, denen weiß er sich mit herzlicher Dankbarkeit tief verpflichtet. Sie gaben ihm manches, was er als Mann nicht besaß, und wirkten durch ihre Gefühlsauffassung des Lebens veredelnd auf ihn ein, um so tiefer, je natürlicher sie sich aus dem tiefsten Wesen weiblicher Eigenart entwickelt hatten. Und diese entfaltet sich am edelsten in wirklicher oder verhüllter Mütterlichkeit. Aus dieser ist, wie ich gezeigt habe, die Gemütsgesittung der Menschheit hervorgegangen, und in Mütterlichkeit gipfelt das Frauengemüt. Diese kann auch in einer Unverheirateten die edelsten Gefühle entbinden, wo nicht aus Ichsucht Verbitterung hervorgeht. Dann entblüht dem Herzen jene Thatenfreudigkeit, die den Menschen aus warmer Empfindung heraus dienen will und zugleich das Selbst von dem engen Ich loslöst. Es wird ein heiteres Pflichtgefühl geboren; heiter, weil es der Neigung des Herzens entspricht und nicht als »verdammte Pflicht und Schuldigkeit« empfunden wird, sondern als freie sittliche That, in der Gottes Geist lebendig wirkt.

Und nun lassen Sie uns, meine lieben Hörerinnen, wieder in das Traumland reisen.

Um das Wesen des Weibes zu festigen und zu stählen, in jedem Mädchen das Bewußtsein zu wecken, daß es auch Glied der Gesamtheit und eine Tochter des Vaterlandes sei, ist der einjährige Dienst für das weibliche Geschlecht eingeführt worden, für alle, ohne Unterschied des Standes, mit Ausnahme der Kranken oder solcher, die mit einem hindernden Mangel behaftet sind.

Zwischen dem 18. und 21. Jahre stellt sich jedes Mädchen dem jährlich zusammentretenden Ausschusse vor. Es wird vorerst darauf gesehen, die Mädchen an jenem Orte zu verwenden, wo Eltern oder andere Angehörige wohnen. Die Mädchen der wohlhabenden und reichen Stände beköstigen und kleiden sich selbst, denen der unteren wird, wo es nötig, durch Gemeinde und Staat die Verpflegung zu Teil, in den größeren und großen Städten in bestimmten Wohnhäusern.

Die Mädchen dienen je nach Neigung und Fähigkeit als Krankenpflegerinnen, Hilfslehrerinnen; sie werden allen wohlthätigen Vereinen nach deren Bedarf zugeteilt; sie helfen bei dem Aufsuchen der Bedürftigen, bei der Verteilung der Gaben; sie stellen in Blinderschrift Bücher für die Armen her, die des Augenlichts beraubt sind, sind thätig in Blinden- und Taubstummen-Anstalten, in den Häusern, wo elternlose arme Kinder unterrichtet und gepflegt werden, in Kinderkrankenhäusern u. s. w. Andere arbeiten in den Volksküchen und ähnlichen Anstalten, führen deren Bücher, helfen die Einkäufe besorgen u. s. w. Sie werden in Familien geschickt, wo die Mütter krank oder siech sind, um für die kleinen Kinder zu sorgen, die Mutter zu pflegen. Alle diese Arbeiten werden in den größeren und kleineren Städten durch bestimmte von Frauen mitverwaltete Ämter geleitet, die für die richtige Verteilung der Freiwilligen sorgen und dabei so viel als möglich die Begabung und Neigung der Einzelnen berücksichtigen.

Im 19. und 20. Jahrhundert noch wäre den meisten Mädchen der mittleren und höheren Schichten eine solche Thätigkeit als unfein und unwürdig erschienen. Aber die neue Schule hat das weibliche Geschlecht – nicht etwa umgeändert, sondern zum echt weiblichen Wesen zurückgeführt. Es fühlt sich jetzt im Innern verbunden mit dem ganzen Volke, mit dessen Leiden und Freuden und es erfüllt seine Aufgabe mit aufrichtiger Hingabe und gewinnt dabei klaren Blick für das Leben, und eine Tiefe und Wärme des Gemüts, die das ganze Innenwesen durchstrahlt und den Mädchen Würde giebt, ohne die jugendliche Lebensfreudigkeit und Anmut zu schädigen.

So werden die Mädchen mit geringen Ausnahmen zu Charakteren, während sie früher so oft nur Zierblumen im Garten der Menschheit waren. Die hohle Eitelkeit, die nur auf Kleider und Schmuck bedacht ist, die Vergnügungssucht, die Freude an oft boshaftem, lieblosem Klatsch – früher als fast nur weibliche Eigenschaften angesehen – sind heute selten geworden, und das beweist, daß sie durchaus nicht dem Geschlechte als solchem eigen waren, sondern nur als Folgen einer unvernünftigen, oberflächlichen Erziehung und Bildung auftraten. Unsere Frauen und Mädchen sind äußerlich schlichter und natürlicher, auch die der höchsten Schichten, aber ihr Verstand ist klarer, trotzdem ihr Gemüt mehr durchgebildet ist, als das der meisten Genossinnen früherer Zeiten. Da in der That die neue Schule, ohne die heitere Kindlichkeit und die Jugendlust zu vernichten, den Ernst des Lebens und die Vertiefung in das Selbst im Auge behält, hat sie in einem Jahrhundert ein Frauengeschlecht hervorgebracht, das es nun auch versteht, die Kinder im Hause wahrhaft zu erziehen. Darum sind auch Mädchen, die nur genießen wollen und Freude am Tand haben, so selten geworden. Mit ganzem Herzen lebt das Weib als Gattin und Mutter den ihrigen, aber ihr Entwickelungsgang hat sie gelehrt, für das Ganze, für Volk und Vaterland zu empfinden. So ist sie sich bewußt, daß sie Töchter und Söhne für Volk und Vaterland zu erziehen habe. Sie hat es ins Gemüt aufgenommen, daß es des Menschen höchstes Ziel sei, in Gott den Selbstand der freien Persönlichkeit zu erreichen, so weit es auf Erden möglich ist, und darum weist sie auch die Kinder auf das hohe Ziel. So ist sie tatsächlich zur Mitträgerin und Mitpflegerin des sittlichreligiösen Geistes Deutschlands geworden.

Der deutsche Mann und Jüngling aber haben durch Gattin, Mutter und Schwestern wieder jene Ehrfurcht vor dem Geheimnisvollen im Frauengemüt kennen gelernt, die einst die Ahnen im Herzen trugen. Und aus ihr entstand die Heilighaltung des Weibes. Und so hat sich vermindert und vermindert sich immer mehr die Zahl jener Männer, die, Knechte des Lasters, Weiber dem Moloch der Unkeuschheit hinopfern. Nicht mehr gilt als »interessant«, wem der Ruf des Verführers vorangeht; nicht mehr darf in der Gesellschaft ein Weib herrschen, das mit seinen Reizen Wucher treibt. Durch diese innere Reinigung der Geschlechter, durch das natürlichere, schlichtere Leben, ist das Volk gesünder geworden. Jene Krankheit, die man aus Verlegenheit im 19. Jahrhundert »Nervosität« genannt hat, ist fast verschwunden; nicht mehr leiden die Frauen und Mädchen an Blutleere, Hysterie und anderen Leiden, nicht mehr bevölkern sie wie damals zu Tausenden Krankenanstalten für sogenannte »Gemütsleiden«; nicht mehr giebt es in den oberen und reicheren Schichten unzählige Frauen, deren ganzes Leben ausgefüllt ist durch zeitraubende Nichtigkeiten, durch »eleganten« Müßiggang.

Weil die Frau nun so ganz anders dasteht als einst, nimmt sie auch den Gesetzen gegenüber eine andere Stellung ein. Sie kann Vormund sein ihrer Kinder, verfügt frei über ihr Vermögen. In allen Angelegenheiten, die das weibliche Geschlecht betreffen, werden Frauen, besonders unverheiratete, auch zu Staatsämtern herangezogen. Die Erziehungs- und Bildungsanstalten für Mädchen werden von Frauen geleitet, auch wenn für bestimmte Fächer, so z. B. für Geschichte, auf den höheren Schulen Männer als Lehrer angestellt sind; die Wohlthätigkeitsstiftungen für das weibliche Geschlecht haben weibliche Leiter und Beamte; die Arbeitsstätten, wo Mädchen thätig sind, werden durch weibliche, staatlich besoldete Aufseher beaufsichtigt.

Die verminderte Zahl der Unverheirateten findet ein weites Feld der Thätigkeit, die dem weiblichen Wesen zusagt.

Je natürlicher sich die Verhältnisse gestaltet haben, desto männlicher sind wieder die Männer, desto weiblicher die Frauen geworden. Damit ist der krankhaft erregte Ehrgeiz geschwunden, der im 19. und 20. Jahrhundert so viele Frauen zum Wettbewerb mit den Männern getrieben hat.

So steht heute das Weib als Gattin, Hausfrau, Mutter, oder als Unverheiratete hochgeachtet da; gebunden durch Liebe und Pflicht, aber freier, gesunder und glücklicher als Millionen der Schwestern früherer Zeiten. Sie entfaltet sich aus dem Kerne ihres Wesens zum – nach menschlichem Maß – vollendeten Weibe und besitzt auch in bescheidener Stellung jene Bildung, die der Natur, der Gemeinschaft und dem Selbst genug thut. Sie hat zugleich durch Haus und Schule es gelernt, sich Bürgerin des Staates zu fühlen. Aber sie bethätigt dieses Gefühl nicht, indem sie in Versammlungen Reden hält und in Politik »macht«. Sie weiß nun, daß sie, wenn als Gattin, Mutter, Hausfrau und auf den ihr zugewiesenen Gebieten des öffentlichen Lebens mit Hingabe thätig, dem Staate, dem Volke und der Menschheit viel Höheres zu leisten vermag, als wenn sie nach sogenannter Gleichberechtigung strebt.

Unter dem Einfluß des neuen Geistes ist auch das deutsche Haus wieder die unerschütterliche Grundlage des wahrhaft einigen deutschen Staates geworden. Aus ihm strömt wieder eine sich stetig erneuende Flut des Segens in das öffentliche Leben. Und so stehen Mann und Weib, jedes an seiner Stelle als Schützer, Befestiger und Mehrer des Vaterlandes und seiner Geistes- und Gemütsgüter da. Und dieser ehrlichen Arbeit ist es zu danken, daß jene Gesellschaftskrankheiten und sozialen Kämpfe, die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gewütet haben, heute lange verschwunden sind – und zwar unter Beihilfe der deutschen Frau. –

Damit endet unser Ausflug in das Traumland. Spotten Sie meiner nicht – doch nein, Sie werden es auch nicht thun, denn ich weiß, daß gar viele Frauen, und es sind nicht die alltäglichen, in ihrem Herzen ähnliche Träume hegen. Wenn wir in der Gegenwart mit so mancher Erscheinung unzufrieden sind, so ist es begreiflich, wenn wir Leitbilder aufstellen, von deren Erfüllung wir Gutes hoffen. Aber ich weiß genau, daß mein Leitbild manchen in engeren Kreisen gehegten Anschauungen widerspricht. Es giebt Mädchen und Frauen, die von modernen Glitzergedanken eingenommen, sich heute auf die Seite der Sozialdemokraten oder Anarchisten stellen. Im ersten Falle ahnen sie nicht, daß die Führer der Zukunftsgesellschaft das Weib nur für ihre Zwecke ausnutzen wollen, um es dann mehr zu knechten, als es je geknechtet war.

In dem Zukunftstaate, wie ihn z. B. ein Bebel zeichnet, würden in wenigen Geschlechtern alle Gemütskräfte des Weibes vernichtet sein. Die Begriffe Gattin, Mutter und Hausfrau wären ausgetilgt und mit ihnen alle jene Gefühle, die sich aus diesen Thätigkeiten ergeben. Und selbst wenn dieser widervernünftige Staat an sich bestehen könnte, er ginge zu Grunde an der Gemütsverarmung seiner Mitglieder. Ausgelöscht wären für immer Liebe, Treue, Dankbarkeit; alles Thun sänke zur nur »bürgerlichen Leistung«, zur Arbeit hinunter, die man ohne inneren Anteil vollzieht.

Und ebenso in jener staatlosen Gesellschaft, von der einige gutmütige Schwärmer und träumende Dichter sich das Paradies auf Erden versprechen: in der »idealen Anarchie«, in der jeder Mensch sein eigener Herr ist. Diese Gesellschaft wäre nur Vorbereitung für die Zwangherrschaft der Starken, das Weib aber sänke von Stufe zu Stufe bis hinab zum – Weibchen.

Gewiß lassen sich die Zustände dieser Zukunftsgesellschaften in wunderbarer Beleuchtung darstellen. Die Einbildungskraft, beflügelt vom Wunsch, kann ja fessellos vorwärtsstürmen und weit hinaus über die Grenzen der Vernunft. Und dann taucht sie den Pinsel in das Rot des Morgens und malt nun auf die graue undurchdringliche Riesenwand der Zukunft ihre Gebilde. Und wenn sie fertig ist, wendet sie sich an die Menschen der Gegenwart, an die Leidenden, Unzufriedenen, an die maßlos Begehrlichen und spricht: »Seht, das ist das kommende Reich, das Reich des Glücks, der unbedingten Freiheit, das Jenseits von Gut und Böse, die Welt der Übermenschen.« Und alles weiß sie den Aufhorchenden so schön zu schildern, daß ihnen, besonders der ungestümen Jugend, das Herz vor Verlangen glüht. Ach ja es ist schön – aber diese gemalte Landschaft hat keine Luft, die man atmen, kein Wasser, das den Durst löschen, keine Frucht, die den Hunger sättigen könnte. Aber die leidenschaftlich erregten Gemüter so vieler Menschen der Gegenwart, – auch vieler Mädchen und Frauen – können ja nicht mehr denken; das vermag Leidenschaft überhaupt nicht, sie fühlt nur und hält für sicher, was sie verlangt.

Nun werden Sie mir vielleicht entgegnen: »Du hast uns doch auch in das Blaue geführt – wie kannst Du nur andere verdammen, die das Gleiche thun: die träumen, wenn auch anderes, als Du.« Gewiß, ich habe geträumt. Aber alles, was ich Ihnen vom Jahre irgendwann erzählt habe, baute sich auf der wirklichen Welt von heute und rechnete mit wirklichen Menschen. Ich schwärmte nicht von einem Paradiese, ich ließ darin nicht Engel wandeln, sondern mangelhafte Wesen, die mit sich und der Welt zu kämpfen haben und in einer Welt leben, die weder von Sünde, noch von Leid frei ist. Aber ihr Kämpfen wird ein leichteres sein, da sie für diesen sittlichen Kampf erzogen sind und ihn unter gesunderen Verhältnissen ausfechten, weil in ihren Seelen wieder die Gottesfreude lebendig geworden ist, die heute Hunderttausende als ein blödes Märchen aus Kindertagen belächeln. Vor allem aber jene Schwarmgeister, die alles ausrotten möchten, was der Mensch an Ahnungen einer höheren Welt noch in sich trägt. Der Rest alten Knechtsinns soll es sein, wenn das Gemüt eine allwaltende Macht anerkennt und sich voll kindlichem Vertrauen vor ihr beugt; als Selbsttäuschung gilt es ihnen, wenn die Vernunft jene Macht als notwendig fordert, als Wahnsinn, wenn man von Unsterblichkeit und von der Fortentwickelung des Einzelngeistes spricht.

Und mit diesem Spott möchten diese, nur zum Teil ehrlichen Schwärmer und Schwärmerinnen auch aus dem weiblichen Herzen die Sehnsucht nach dem »Vater« reißen. Und oft genug gelingt es ihnen. Aber ich weiß es: sie werden doch scheitern mit ihrem Gotteshaß. Denn das Gemüt der deutschen Frau wird sich wieder öffnen, um den Samen in sich aufzunehmen, den der niesterbende Christus immer und immer wieder in den Sturm der Zeiten wirft. Und liebevoll werden sie ihn hegen, daß er Wurzel fasse, blühe und Frucht trage.

In den Kämpfen der kommenden Tage wird das deutsche Weib sich an die Seite der echten Gottesstreiter stellen und wird in stiller Arbeit jene Sehnsucht schüren, die in sich den Keim der Erfüllung trägt. Der Geist der Mütterlichkeit wird lebendig werden; er wird die Urweisheit lehren: Vergiß das Ich, lebe dem Selbst und dadurch Gott und der weltversöhnenden Liebe!


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