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Schluß

Es ist verhältnismäßig leicht, eine Reihe von Bildern und Eindrücken in zwangloser Form wiederzugeben. Aber es fällt sehr schwer, solche Erfahrungen zu sammeln, sichten und das Fazit zu ziehen.

Der Durchschnittseuropäer, der das Leben in Australien kennen gelernt hat, wird sein Urteil in einem einzigen bezeichnenden Worte zusammenfassen, das ich aus einem langsam mir zurückkehrenden Feingefühl zu übersetzen unterlasse; nämlich »Damn!«, mit einem sehr großen D ausgesprochen.

Ich gebe zu – das Land ist häßlich, alt, einsam. Ich habe es schon oft zugegeben. Der Novellist Marcus Clarke sagt: »Was ist der Grundton der australischen Szenerie? Unheimliche Melancholie. Die australischen Bergwälder sind toternst, verschwiegen, hart. Ihre Einsamkeit ist Verlassenheit. In ihren schwarzen Abgründen scheinen sie Geschichten zu verbergen von stumpfer Verzweiflung. Kein zartes Gefühl lebt in ihren Schatten. In anderen Ländern wird das sterbende Jahr betrauert, und die fallenden Blätter sinken leise auf seine Totenbahre nieder. In den australischen Wäldern fallen keine Blätter. Die heißen winde stöhnen zwischen den Felsklüften. von den melancholischen Gummibäumen hängen weiße Rindenstreifen herab und rascheln. Das Tierleben sogar auf jenen finsteren Hügeln ist grotesk und geisterhaft. Große, graue Känguruhs Hüpfen geräuschlos über das grobe Gras. Züge weißer Kakadus fliegen daher, kreischend wie böse Geister. Die Sonne sinkt plötzlich, die Nachtvögel brechen aus in schrecklichen Salven menschenähnlichen Gelächters. Die Eingeborenen erzählen, daß, wenn die Nacht kommt, von der bodenlosen Tiefe der Lagunen der Bunyip steigt und in schaudererregender Gestalt seine grausigen Gliedmaßen aus dem schlammigen Chaos wälzt. Aus einem verborgenen Winkel der schweigenden Forstes schallt unheimlicher Gesang, und um ein Lagerfeuer tanzen Schwarze, wie Gerippe bemalt. Alles ist furchterregend und düster. Keine freundlichen Bilder sind verbunden mit den Erinnerungen an diese Berge, hoffnungslose Forschungsreisende haben sie nach ihren Leiden benannt – Berg des Elends, Berg des Grausens, Berg der Verzweiflung« – –

Und ebenso paßt Clarkes Beschreibung auf die trostlose Verlassenheit der Ebene, vieles, sehr vieles wird nie anders werden. Aber die Einsamkeit wird doch mit der Zeit verschwinden. In der schrecklichen Freiheit des Todes wird menschliches Leben feine lieblichen Gefängnisse bauen. Die Stimmen des Waldes werden übertönt werden von heiterem Kinderlachen. Aber bis jetzt – noch nicht!!

Noch ist Australien tot. Denn es hat nicht einmal eine Vergangenheit. Und Geschichte ist die Seele einer Landschaft. In Europa windet sich um jeden See eine Legende, Knüpft sich an jeden Berg, an jeden absonderlich geformten Stein eine wundersame Sage. Durch die Felder weht uns eine schmeichelnde Luft an, die in uns das Gefühl häuslichen Friedens, ruhiger Wohlfahrt erweckt. In den Städten stehen neben den Palästen der Neuzeit alte, graue Häuser, die Jahrhunderte lang ein und dieselbe Familie geschützt haben, die eine eigene traute Geschichte besitzen. Über Wäldern und Gebirgen liegt ein träumerischer Schleier lieblicher Romantik, und auf den Wiesen und Auen spielen sich die Märchen ab, denen wir mit glänzenden Rügen und offenem Munde als Kinder gelauscht.

Aber in Australien – Nichts!

Australien bietet kein verführerisches Dasein dem Einwanderer, der sich im inneren Lande niederlassen will. Das Leben ist hart – aber es kräftigt den, der kämpfen kann. Die Schwachen, die Weichlinge gehen zu Grunde. Aber die Starken werden die Natur überwinden, und ein tüchtiges, gestähltes Volk wird heranwachsen, wenn erst einmal die Innenbevölkerung die Küstenbewohner an Zahl übertrifft, dann müssen auch die Bedenken fallen, die heutzutage noch von vielen Kennern des Landes und der Leute in bezug auf die Zukunft ausgesprochen werden.

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