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Hamburg

Hamburg

Aus ärmlichen Fischerhütten ist die herrliche Stadt hervorgegangen, welche am Ausflusse der Alster in die Elbe daherprangt. Am Harn, dem waldbekrönten Anger, baute Karl der Grosse eine Burg zum Schutze gegen die Wenden, und unter deren Schirm eine aus Eichstämmen gezimmerte Kirche. Die wendischen Wilsen zerstörten zwar schon im Jahre 810 die Burg, sie ward jedoch bald hergestellt. Nur der heutige Berg, die Schmiedestrasse, der Fischmarkt, der Domplatz machten damals das Gebiet der Burgstadt aus; südwärts war das Land an der Elbe unbedeicht, im Norden die Alster, im Westen und Osten wilder Wald. Wo Karl der Grosse seine Burg hatte bauen lassen, errichtete (1037) der Erzbischof Bezelin die Wiedeburg, an der Nordseite des heutigen Fischmarktes; zu gleicher Zeit baute Herzog Bernhard ein anderes Schloss, später die alte Burg benannt, zum Unterschied von der neuen Burg, die dessen Sohn Ordulf erbaute. Zwei andere Schlösser wurden in König Waldemar's II. Zeit errichtet, die eine im heutigen Eichholze, die andere unweit des Dorfes Schiffbeck. Der erzbischöfliche Sitz ward 1223 für beständig von Hamburg nach Bremen verlegt, das Domcapitel aber ist erst im Jahre 1802 aufgehoben und der Dom mit Zubehör von dem Landesherrn des Herzogthums Bremen an Hamburg abgetreten.

Hamburg, in Stormarn belegen, theilte durch Jahrhunderte die Schicksale Nordalbingiens, die Ueberfälle der Wenden, die Unruhen zur Zeit Heinrich des Löwen und die Bewegungen, welche die Könige Knud und Waldemar herbeiführten. Vom Grafen Albrecht von Orlamünde erkaufte die Stadt (1223) ihre Freiheit; an die Stelle des fürstlichen Vogts und seiner Schöffen trat ein eigner Rath der Bürger, in späterer Zeit der hochedle, hochweise Senat genannt. Er besteht aus 4 Bürgermeistern und 24 Senatoren; drei der ersteren müssen Doctoren, eilf der letzteren Gelehrte sein. Dem Senate zugeordnet sind 4 Syndici, welche dem Bürgermeister (der Magnificenz genannt wird) im Range folgen, und bei den Verhandlungen eine berathende Stimme führen. Die Verwaltung der Stadtgelder ist 1563 dem Senate entzogen und einem Ausschüsse von Bürgern ( Kämmereibürgern) übertragen. Seit dem Recesse von 1410 ist der erbgesessenen Bürgerschaft Antheil an Regierung der Stadt zugesichert. Die Veranlassung dazu gaben die Händel, welche ein Bürger, Hein Brand, erregte. Dieser Mann, an dessen Namen noch eine Gasse, die Brandtwiese, erinnert, hatte den Herzog von Sachsen-Lauenburg, welcher mit sicherm Geleite nach Hamburg gekommen war, wegen einer Geldforderung mit vielem Ungestüm gemahnt. Der Herzog klagte und der Rath liess Hein Brand in's Gefängniss nach dem Wieserthurm bringen. Der Verhaftete glaubte sich nur seines Rechts bedient zu haben; die Bürger schrien über Gewaltschritte, befreiten Hein Brand aus dem Gefängnisse, und schickten aus den verschiedenen Kirchspielen sechzig erbgesessene Bürger, welche bei den weitem Verhandlungen gegenwärtig sein sollten. Bei dieser Veranlassung bedungen sie sich besondere Rechte aus, namentlich, dass ohne Zustimmung der erbgesessenen Bürgerschaft nichts Wichtiges unternommen, auch keine neue Abgabe auferlegt werden darf. An der Spitze dieses Collegiums der Sechziger und der später hinzugekommenen Hundert Achtziger stehen 15 Oberalle, drei aus jedem Kirchspiel gewählt.

Die Grafen von Holstein aus dem Schauenburger Hause zeigten sich der Stadt stets sehr freundlich. Sie betrachteten sie nicht als ihre Landstadt; Adolf IV. stiftete ein Dominikanerkloster und das Franziskanerkloster St. Maria Magdalena. Was sie nicht dem Wohlwollen der Grafen dankten, erhielten sie oft durch deren Schwäche. Der Graf Adolf V., welcher zu Zeiten in Pinneberg residirte, pflegte gar fleissig zur Stadt einzureiten, und sich bei gefüllten Humpen im Rathskeller gütlich zu thun. Eines Abends hatte er sich beim Zechen verspätet, und musste, da die Thore bereits verschlossen waren, innerhalb der Stadtmauern übernachten. Da soll ihn ein in der Nähe des Kellers wohnender Rathmann eingeladen haben, den Spätabend bei ihm zu verbringen; bei köstlicher Tafel fand sich auch ein Bürgermeister, nebst noch einigen Rathsherren ein. Dem weinbeschwerten Grafen ward die Bitte vorgetragen, das kleine Bäumlein, welches sich vom Millernthor bis zu dem Bache, der sich bei Altona in die Elbe ergiesst, befindet, der Stadt zu schenken; der trunkene Graf fand dabei kein Bedenken, mit dem Pokal in der Linken, drückte er mit der Rechten das an seinem Schwert befindliche Siegel auf die Schenkungsacte, die sofort angefertigt war. So kam der Hamburger Berg, das jetzige Kirchspiel St. Pauli, an die Stadt. Mehr geschichtlich begründet ist der Verkauf, durch welchen die Stadt von Graf Adolf VI. (1283) die Waldgegend, wo jetzt die freundliche Kette der Dörfer Ham und Horn liegt, erstand. Dreizehn Jahre später wurde für diesen Bezirk eine Kirche des Hospitals St. Georg erbaut, welches Gasthaus zur Aufnahme aussätziger Kreuz- und Seefahrer errichtet war. Bald nachher überliessen die Grafen die Dörfer Eilbeck, Barmbeck und die Alster den Hamburgern. Als räuberische Edelleute von Lienau und Stegen das Alsterwasser durch einen Damm hemmten, so dass der Fluss weder befahren werden, noch Mühlen treiben konnte, zogen die Städter gegen die Raubschlösser und zerstörten sie. Nach Erwerbung der Alster ward das Gebiet der Stadt bald sehr erweitert. Es entstand eine Neustadt auf höherem, trocknem Grunde. Die Katharineninsel, der Brook und der Wandbereiterbrook, im vierzehnten Jahrhundert noch theils von der Elbströmung überschwemmt, theils morastig, wurden bewohnbar gemacht. Der Gewalt der Wellen wurden Dämme entgegengesetzt, so entstanden die Kayen und die Deichstrasse. Ein grosser Uebelstand aber ist es fortwährend geblieben, dass der niedere Stadttheil nicht durch Sicherheitsdämme geschützt werden kann, so dass Häuser und Keller bei ungewöhnlichem Stande der Elbe stets der Gefahr, überschwemmt zu werden, ausgesetzt sind. Befestigungen der Stadt aus dem dreizehnten Jahrhundert haben der Strasse des »alten Walles« den Namen gegeben, nachdem 1549 die Befestigungen weiter hinaus, bis zum »neuen Wall«, ausgedehnt sind.

Im Jahre 1342 wurde das lieblich belegene Pfarrdorf » Eppendorf« vom Grafen Adolf VII. verkauft. Derselbe Graf überliess Hamburg den ganzen Billwerder und Ochsenwerder. Den benachbarten Moorwerder erkauften die Hamburger 1311 von den Herzogen von Braunschweig-Lüneburg, und legten hier ein Schloss, die Moorburg, an. Kostbare, schwer zu erhaltende Dämme schützen Moor-, Bill- und Ochsenwerder gegen die Gewalt der strömenden Elbe; der Name des lieblichen Dorfes Allermöhe deutet darauf hin, mit welcher Mühe man die blühenden Saatfelder, die fruchtbeladenen Baumgruppen, die üppigen Wiesen und lachenden Triften aus Moor und Sumpf geschaffen hat. Am wichtigsten waren zwei Erweiterungen des Stadtgebietes 1393 und 1420. Den Rittern von Lappe wurde im erstgenannten Jahre das Schloss Ritzebüttel nebst Umgegend abgekauft, und hier ein städtisches Amt gebildet. Im gemeinschaftlichen Kampfe mit Lübeck ward 1420 das Städtchen Bergedorf mit den sogenannten Vier-Landen (Corslak, Altengamm, Neuengamm und Kirchwerder) erworben. Diese Gegend gehörte sonst den Herzogen von Lauenburg.

Hamburgs Handel und Schifffahrt ging von geringen Anfängen aus. Der erste Ursprung war die Fischerei; die Innung der Fischer ist die älteste der Stadt, der Fischmarkt der älteste Markt. Durch die Kreuzzüge wurden diejenigen Städte bereichert, welche am Ufer eines schiffbaren Stromes oder am Seegestade lagen. Hamburg brachte früh auf eignen Schiffen seine Leinewand nach Italien, auch Barchent, gewebte Wollenzeuge und Tücher wurden ausgeführt; und Hamburgisches Bier war weit berühmt. Seit der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts bildete sich die deutsche Hansa. In einem Vertrage mit Lübeck, den See- und Landräubereien mit vereinten Kräften zu wehren, über beider Städte Handel und Flor gemeinschaftlich Rath zu pflegen, und sich gegen jeglichen Feind zu schützen und zu vertheidigen, werden schon sechsundfunfzig Städte dieser Verbindung genannt. Nachtheilig auf den Seehandel wirkten zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Vitalienbrüder. In den Kriegen, welche der Calmarischen Union vorhergingen, hatten sich in Mecklenburg Freiwillige gebildet, welche Stockholm zur See mit Lebensmitteln (Victualien) versehen wollten. Von der dänischen Macht versprengt, legten sie sich seitdem auf Seeraub und trieben diesen in der Nordsee besonders von Helgoland aus. Kauffahrer, die dem Raubgeschwader in die Hände fielen, mussten sich mit schwerem Gelde lösen oder die schrecklichsten Misshandlungen erdulden. Endlich gelang es einer Flotte, welche die Hamburgischen Rathsherren Simon von Uetrecht und Nicolaus Schock anführten, bei Helgoland die Schiffe der Vitalienbrüder zu verbrennen. Ihr Anführer, der Wismarer Claus Störtebecker, wurde mit Einhundert und funfzig seiner Räuber gefangen nach Hamburg geführt, wo Alle auf dem Grasbrook enthauptet wurden (1402).

Im Innern der Stadt bildete sich die Verfassung, von der es zweifelhaft blieb, ob sie eigentlich aristokratisch oder demokratisch sei, immer weiter aus, grösstentheils Veränderungen in Folge von Unruhen erleidend, wie namentlich bei den Händeln, die Heinrich von Loh erregte. Der Versuch einiger ritterlichen Geschlechter, die nach Hamburg gezogen waren, wie die van Bargen, von Buxtehude, de Witte, von Lüneburg, ein Patriziat, wie solches in Lübeck bestand, zu bilden, misslang. Die Einführung der Reformation veranlasste zwar einige Unruhen, war jedoch schon 1529 beendet und in einem eigenen Recesse angenommen. Von den Kirchen Hamburgs ist die grosse Michaeliskirche, mit einem Thurm von 456 Fuss Höhe, erst hundert Jahre nach der Reformation erbaut, vom Baumeister Sonnin im vorigen Jahrhundert, als ein Blitzstrahl die Kirche zerstört hatte, wieder hergestellt.

Der dreissigjährige Krieg berührte Hamburg nicht unmittelbar. Kurz vor Ausbruch desselben schreckte ein Meerungeheuer, welches sich in der Elbe bei der Teufelsbrücke zeigte. – Die am Strande versammelte Menge sah aus der Elbe ein Wesen auftauchen, gestaltet wie ein Pferd mit einem Schweinekopfe; aus dem weitgeöffneten Rachen sah man vier ungeheure Fangzähne hervorragen, der stiere Blick des Ungeheuers soll kaum zu ertragen gewesen sein. Kugeln, die man auf das Unthier abschoss, prallten, ohne Schaden zu thun, von dem Panzerfelle ab, und das Wesen versank wieder unverletzt in die Fluthen. Um die nämliche Zeit zeigte sich auch der ewige Jude in Hamburg, wie auch in Holstein und Schleswig. Er hielt eine öffentliche Unterredung mit dem Dr. Paul von Eitzen. Interessant würde es sein, die verschiedenen Nachrichten der Chroniken über den Betrüger zu sammeln, welcher diese Rolle angenommen hatte. In Hamburg war er der Erste seines Glaubens, welcher dort verweilte; kein Jude hatte bis dahin noch die Erlaubniss gehabt, in der Stadt zu übernachten. Bald aber nach Ahasverus zogen sie ein, zuerst portugiesische Juden, die aus ihrem Vaterlande vertrieben waren und nach manchen Schwierigkeiten die Erlaubniss erhielten, sich in Hamburg niederzulassen. Man hatte sogar bei auswärtigen Universitäten angefragt, ob man mit gutem Gewissen Juden in einer Stadt aufnehmen könne, wo die reine evangelische Lehre im Schwange sei. Der Verfall der Hansa wirkte eher vortheilhaft, als nachtheilig auf Hamburgs Wohlstand, indem nun manche schädliche Zunftfesseln fielen. Mit weisem und umsichtigem Sinne sorgte man für Erweiterung und Verschönerung Hamburgs. Schleusen, Brücken, neue Thore, ganze Strassen wurden angelegt. Die Benennungen der Gassen haben sich oft sonderbar in der platten niederdeutschen Mundart gebildet. So ward aus der Kathedralstrasse ein Katrepel, aus St. Petersort ein Speersort, von den Sammtbereitern, den » Caffamachern«, die dort wohnten, ist die Caffemacherreihe benannt.

Als Holstein aus dem Besitze der schwachen Grafen von Schauenburg an die Könige von Dänemark übergegangen war, suchten diese mit mehr Nachdruck die Hoheit über Hamburg aufrecht zu erhalten. Besonders heftig waren die Händel in Christian's IV. Zeit. Das Reichsgericht hatte 1618 Hamburg entschieden für reichsfrei erklärt. Zur Störung des Handels erbaute der König die Vestung Glückstadt. In Christian's V. Zeit suchten zwei Hamburger, Jastram und Snitger, ihre Vaterstadt vom Reiche abzusondern und eine für sich bestehende, unabhängige Republik zu gründen. Die Dänen wollten diese Plane zu ihrem Nutzen wenden, und Hamburg unterwerfen. Sie belagerten die Stadt, allein Braunschweig, Brandenburg und Schweden nöthigten zum Rückzuge und die beiden Volksführer endeten auf dem Richtplatze (1686). Seit 1768 wurden die Streitigkeiten mit Dänemark und Gottorp wegen Ausübung des reichsstädtischen Stimmrechts völlig gehoben. Im Frühjahre 1801 erfolgte auf kurze Zeit eine Besetzung der Stadt durch die Dänen; 1803 geschah ein Grenztausch mit Dänemark; 1806 nahmen die Franzosen Hamburg in Besitz; 1810 ward die Stadt dem französischen Reiche einverleibt. Unerträglich war der Druck, unnennbar waren die Leiden der Stadt; als die Fremdherrschaft dem völligen Zerfall nahe war, ward noch die Umgebung der Stadt zur Einöde, um Eckmühls militairische Plane zu fördern. Ein Rath- und Bürgerschluss vom 27. Mai 1814 stellte die alte Verfassung wieder her, und im folgenden Jahre ward Hamburg für eine der vier freien Städte des deutschen Bundes erklärt.

Hamburg

Bei dem vorherrschenden kaufmännischen Interesse ist Hamburg nie ein Sitz der Musen geworden. Als berühmt galt um die Mitte des vorigen Jahrhunderts der Dichter Friedrich von Hagedorn, als Gelehrter um die nämliche Zeit der Professor des Gymnasiums Richey. Eine üble Berühmtheit erlangte der Prediger Melchior Götze (um 1770), als orthodoxer Zelot und als Eiferer gegen Thaliens Tempel, welche 1741 in Hamburg zuerst durch Schönemann eröffnet waren und seit 1786 durch Schröder allgemeines und dauerndes Interesse in Hamburg gewannen. Als Schriftsteller haben im Auslande einen Namen gewonnen: Busch, Reimarus, Baron Vogth, Gurlitt, Zimmermann, Domherr Meyer, der jetzige Bürgermeister Bartels, Präzel, Bärmann, Töpfer besonders als Lustspieldichter, und Lebrun. Gegenwärtig lebt Gutzkow, einer unserer geistvollsten Schriftsteller, in Hamburg. – Der bekannte Veit Weber, eigentlich Leonhard Wächter, verstarb hier vor einigen Jahren. Otto Speckter ist durch seine geistvollen Zeichnungen bekannt.

Hamburg liegt im 53° 52' 51" nördlicher Breite und 27° 33' 2" östlicher Länge. Die Alster scheidet den südwestlichen Theil der Stadt von dem nordöstlichen; über sie führen 11 Brücken. Der grössere nordwestliche Stadttheil stösst mit den 3000 Fuss langen Vorsetzen vom Baumhause bis zum Stintfang an den Hauptarm der Norderelbe, wo der Rummelhafen und Niederbaum, oder der Hafen für Seeschiffe, zur Zeit der Ebbe 8, 12, an einigen Stellen 30 Fuss tief belegen ist; er ist von einem Pfahlwerke umgeben und wird zur Nachtzeit von einem schwimmenden Flosse umschlossen. Die Stadt ist von Fleethen (Kanälen) durchschnitten, über welche 84 Brücken führen. Namentlich im Sommer verpestet ein abscheulicher Gestank nicht selten die Luft, indessen wird das Klima Hamburgs von den Aerzten als gesund geschildert, viele Leute erreichen hier ein hohes Alter, wenn gleich die allgemein vorherrschende bleiche Gesichtsfarbe der Einwohner das Gegentheil erwarten lässt. –

Hamburgs Bevölkerung betrug im Jahre 1817 111,729 Köpfe, worunter etwa 3000 Katholiken, 4000 Reformirte, 6000 Juden, 500 Mennoniten und Herrnhuther und der Rest Lutheraner oder zu andern geringern Sekten gehörig. Die Einwohnerzahl beträgt jetzt schon mehr als 130,000. Eine grosse Verminderung erlitt sie in der französischen Zeit, wo Davoust Alle, welche sich bei der bevorstehenden Belagerung nicht verproviantiren konnten, mehr als zehntausend, aus der Stadt trieb. Eine so freundliche Aufnahme den Flüchtlingen auch allenthalben, und namentlich im Holsteinischen, widerfuhr, so fanden die meisten der Vertriebenen doch in der Fremde ihren Tod, und sahen das befreite Hamburg nicht wieder.

Es ist nicht schwer, in Hamburg das Bürgerrecht zu bekommen, Keiner wird hier um Meinungen verfolgt. Die Polizei in Hamburg ist musterhaft, kein noch so verschmitzter Gauner vor ihr sicher, während der ehrliche Mann, unangefochten von Spionen und Auflauerern, ein freies Wort, soweit es namentlich die Hamburgischen Verhältnisse selbst betrifft, nicht zu scheuen hat. – Vor allen Dingen verdienen die Löschanstalten, und der Eifer, womit solche betrieben werden, ein unbedingtes Lob. Nur dadurch gelingt es gemeiniglich, dem Feuer, selbst wenn es in den fast allen Spritzen unzugänglichen Twieten (Zwischenstrassen), deren Hamburg 24 zählt, ausbricht, gar bald Einhalt zu thun. Furchtlos und geschickt fliegen die Brandofficianten auf die Dächer, über welche sie mit grosser Gewandtheit die Spritzenschläuche leiten. Nicht selten werden die Braven ein Opfer ihrer Menschenliebe, von denen hier vor Allen ihr Chef, Johann Georg Repsold, genannt werden mag, dessen Name jetzt ein Ehrendenkmal bei der Sternwarte und die darauf befindlichen Worte verherrlichen:

»Bekämpfend die Feuersbrunst, von Trümmern zerschlagen.«

Die Stadt Hamburg mit ihrem Gebiete bildet durch den Grundvertrag des deutschen Bundes ein Mitglied desselben mit völliger Souveränetät; sie hat in der engern Versammlung gemeinschaftlich mit den übrigen drei freien Städten die 17te Stimme, im Plenum eine eigne, und wird daselbst durch einen ihrer Syndiken repräsentirt. Zugleich mit den übrigen freien Städten besitzt sie ein gemeinschaftliches Oberappellationsgericht, steht mit den Städten Lübeck und Bremen noch in den alten Verbindungen der Hansa, unterhält theils für sich allein, theils mit den andern Hansestädten gemeinschaftlich Gesandte und Consuln an 27 Orten, wogegen fast alle europäische Mächte Minister und Geschäftsträger zu Hamburg haben. Als Bundescontingent stellt Hamburg 1100 Mann Infanterie und gegen 200 Mann Kavallerie. Die Artillerie hat Oldenburg gegen Entschädigung zu liefern übernommen. Mit den freien Städten Bremen und Lübeck, dann mit Oldenburg bildet es die 3te Brigade der 2ten Division des zehnten Armeecorps, welche, zufolge einer seit acht Jahren bestehenden Convention, von einem gemeinschaftlich ernannten General befehligt werden. Der Ersatz des Offiziercorps geschieht durch junge Leute, welche auf der Militairschule zu Oldenburg gebildet sind, wo sich stets 4 Hamburgische Fähndrichs, behuf ihrer Vorstudien aufhalten. Die Bürgergarde, 12,000 bis 15,000 Mann stark, besteht aus dem Generalstabe, 2 Compagnien Artillerie, 8 Bataillonen Fussvolk, einem Jägerbataillon und einer Escadron Reiter; Alles auf das Beste uniformirt, einexercirt und bewaffnet. Ausserdem besteht eine vollständig uniformirte und bewaffnete Nachtwache, unter Aufsicht von zwei Senatoren, zwei Oberalten und zwei Kämmereibürgern; sie ist 500 Mann stark und unter zwei Compagnien vertheilt. Auch die Spritzenleute werden regelmässig besoldet. – In früheren Zeiten war der General der Hamburger immer ein Ausländer mit dem Titel: »Excellenz«.

Das Wappen ist ein mit drei Thürmen von Silber versehenes offenes Thor mit einem Fallgatter, in Roth, auf der Flagge stehen die drei rothen Thürme in Weiss.

Nach dem ersten Artikel des Hauptrecesses von 1712, der Grundlage der Hamburger Verfassung, ist das höchste Recht und die höchste Gewalt beim Rathe und bei der erbgesessenen Bürgerschaft, beide unzertrennlich verbunden. Es ist demnach ein bürgerlicher Freistaat, auf den aber keins der Prädikate oligarchisch, aristokratisch oder demokratisch passt, obgleich auch hier die Elemente eines jeden bald stärker, bald schwächer hervortreten, wie dies von jeder menschlichen Einrichtung wohl unzertrennlich ist. Es giebt zu Hamburg keine privilegirten Familien oder Stände, keine erblichen Würden, durchaus keinen Adel; jeder christliche Bürger, gleichviel, welcher Secte er angehöre (die Juden, die übrigens völligen Schutz geniessen, sind von den Staatswürden und der erbgesessenen Bürgerschaft ausgeschlossen), kann gegen Entrichtung von 40 bis 150 Mark Courant für den Fremden, und nur 20 Mark für den Sohn eines Bürgers, Bürger, und wenn er Kaufmann oder graduirter Rechtsgelehrter ist und die erforderlichen Eigenschaften besitzt, auch Mitglied des Senats werden. Die Volksklasse, die kein Grundeigenthum, mithin keinen Antheil an der Gesetzgebung hat, besitzt übrigens völlig gleiche Rechte mit den Erbgesessenen. Der Staatsschatz oder die Kämmerei ist sowohl von der gesetzgebenden, als vollziehenden Gewalt völlig unabhängig. Zwar bewilligt die erbgesessene Bürgerschaft, was gezahlt, der Senat oder die vollziehende Gewalt verordnet, wie das Gezahlte verwendet werden soll, aber keine beider Gewalten bekommt davon einen Pfennig in die Hände, sondern Ausgabe und Einnahme fliesst in den Kämmereischatz, der die Einzahlung erhebt und mit Argusaugen darüber wacht, dass jeder verwilligte Pfennig auch richtig verwendet werde, wie vorgeschrieben ist.

Der edle, hochedle, hochweise Rath besteht in zweierlei Gliedern: in senatu et de senatu. In senatu sind, wie bereits oben erwähnt, 4 Bürgermeister (3 graduirt und 1 Kaufmann) und 24 Senatoren oder Rathsherren (11 graduirt, 13 Kaufleute). Die Rathsglieder de senatu bestehen aus 4 Syndiken, welche eine berathende Stimme bei den Verhandlungen führen, und dem Range nach, wenn sie im Amte sind, gleich nach den Bürgermeistern eintreten, aus dem Protonotar, dem Archivar und den beiden Sekretären, welche 4 letztere Glieder ohne alle Stimmen sind, aber sämmtlich graduirt sein müssen. Ueberhaupt gilt der Doctortitel in Hamburg viel, der gemeine Mann kennt keinen höhern, ja selbst der mittlere Bürger würde im Zweifel einen fremden Minister mit der Anrede: »Herr Doctor!« hinlänglich geehrt zu haben glauben.

Ursprünglich zur Bedienung des Senats, besonders aber der Bürgermeister bestimmt, formiren die Reitendiener eine aus sechszehn Mitgliedern bestehende privilegirte Brüderschaft. Gegen eine nicht geringe Vergütung überliefern sie die Todten der Erde, worauf sie, bei dem schweren Ankauf der Brüderschaft, von 12, 16 bis 20,000 Mark, von der Stadtkämmerei angewiesen sind, und gegen einen Theil der Bürger hierin, wie bei der Hochzeitsaufwartung, ein gewisses Zwangsrecht üben. – Der Reitendiener ist, in seinen zwölffältigen Funktionen, ein wahrer Proteus, von sich immer umwandelnder Gestalt und Form. An zwei Tagen des alten Herkommens, wo ein feierlicher Umritt gehalten wird, – ferner als Eilboten des Raths zum Rapport bei Vorfällen in der Stadt, – als Eskorte von Rathsdeputationen ausser derselben, – als Begleiter eines Verbrechers zum Tode, sieht man ihn als Kavallerist, daher sein Name, reitender Diener, – von martialischem Ansehen, im ledernen Koller, mit Karabiner, Pistolen und Degen bewaffnet. Am Rathhaus erscheint er zur Aufwartung des Raths, und als Trabant der Bürgermeister, in einem langen blauen, reich mit Silber galonirten Mantel, den Degen an der Seite. Als Hochzeitsbitter, Die Kosten der Begräbnisse in Hamburg sind enorm hoch; man erinnert sich selbst aus den neuern Zeiten, dass die Bestattung eines Bürgermeisters und seiner Frau, die Beide bald hintereinander starben, 26,000 Mark gekostet haben soll. Vorschneider und Aufwärter dabei, trägt er ein nicht minder reich verbrämtes Kleid. Als Leichenbitter und Trauermann beim Leichenzuge tritt er ihm voran, wohl frisirt, Chapeaubás, im langen schwarzen Mantel. Als Leichenträger endlich, sieht man ihn mit seinen Collegen dem Leichenwagen paarweise folgend, in einer Stutzperücke, mit einem schwarzen tuchenen breitgeründeten Hut, breitem krausgefaltetem weissem Halskragen, sehr kurzem faltigen schwarzen Mantel, weiten schlotternden Hosen und umgürtetem Degen.

Hamburg

Der Charakter der Hamburger ist im Allgemeinen liebenswürdig zu nennen; sowohl unter den Reichen, wie beim Mittelstande und dem Pöbel ist eine gewisse bonhomie, wie ein Trieb zur Thätigkeit vorherrschend; selten belästigt hier den Fremden ein Bettler. Die Stadt hat musterhafte Armenanstalten und Wohlthätigkeitsvereine in Menge. Ungerechter Weise hat man den niedern Volksklassen Grobheit vorgeworfen, während man sie höchstens einer gewissen Derbheit bezüchtigen kann. Der geringste Karrenschieber antwortet höflich und belehrend auf eine freundliche Frage, wie ein Pariser; dahingegen kennt der Pöbel nicht leicht Maass und Ziel, wenn er einmal aufgeregt ist, wie dies sich neuerdings noch in den Angriffen gegen den Mässigkeitsverein ausgesprochen hat, zu welchen freilich einige, Begünstiger des letztern durch mehre unüberlegte Schritte Veranlassung gegeben haben sollen. Nirgend herrscht mehr Gastfreiheit als in Hamburg, wenn man gleich das Genossene durch die bettelhafte Einrichtung hoher Trinkgelder an die Domestiken bezahlen muss. Die Mittagstafel wird gewöhnlich nach der Börse gehalten. Dem Diner folgt häufig eine Partie Whist, und dieser nicht seilen eine wohlbesetzte Abendtafel. Die Elbe liefert Lachse, die Nordsee Austern und Hummer, die Ostsee Dorsche, Holstein Rindfleisch und Karpfen, die einem einzigen Gutsbesitzer jährlich 6000 Thaler einbringen sollen, Lüneburg Wildpret, Westphalen Schinken. Dem Seehandel verdankt der Tisch russischen Kaviar, westindische Schildkröten, köstliche Südfrüchte und die besten Weine Portugals und Frankreichs. Das Hamburger Rauchfleisch ist berühmt; es kommt grösstentheils von den kleinen jütschen Ochsen, welche bei einer Schwere von nur 4 bis 500 Pfund das zarteste Fleisch liefern. Die Gasthöfe sind theuer, wo sie eine schöne Aussicht, wie am Jungfernstieg, darbieten. Mit Vorsicht bediene man sich der Lohndiener beim Ankauf von Waaren, da diese über die Verkäufer gewöhnlich ein Zwangsrecht auf Herausgabe einer Quote der Kaufsumme ausüben. Streit am Jungfernstieg scheint der König der Gastwirthe geworden zu sein. Er hat gewaltige Hinterhäuser angebaut, und wird einen glanzvollen Speisesaal eröffnen. Seine Bedienung soll aber auch musterhaft sein und die Rechnungen möglichst billig. Der Mann verfolgt das richtige Princip, nicht auf einmal reich werden zu wollen. Unter den Kaffeehäusern zeichnen sich vor allen die beiden Pavillons des Herrn Durst am Jungfernstieg aus, auch macht Herr Eisfeld in der Restauration des Theaters so viel Glück, dass er zu gleichem Zweck ein Haus in der Dammthorstrasse eröffnet hat, wo auch geschlossene Gesellschaften gegeben werden können. Dem Theater gegenüber befindet sich die Restauration des Herrn Schindler, dessen interessante Frau im In- und Auslande einst unter dem Namen der » schönen Mariane« weit und breit bekannt war.

Seit einigen Jahren sind in Hamburg Omnibusfahrten eingerichtet, welche für den geringen Preis von vier Schillingen alle Viertelstunden bis zur Palmaille in Altona und in den Sommermonaten bis zu Rainville's Garten fahren. An den meisten öffentlichen Plätzen stehen Droschken, jeder Kutscher derselben muss die Verordnung wegen der Preise stets bei sich und an einem sichtbaren Orte in der Droschke angeheftet haben. Hat Jemand Anlass zu Beschwerden über den Droschken-Kutscher, so bemerke man sich die Nummer der Droschke, und mache die behufige Anzeige auf dem Stadthause, wo die Beschwerde untersucht und nach den Umständen die angedrohte Strafe verfügt werden wird. Die Preise betragen:

für eine Stunde in der Stadt   1 Mark 4 Schll.
für eine halbe Stunde do.   10 Schll.
für einen Weg in der Stadt   8 Schll.

Es kann in diesen wenigen Blättern keine vollständige Topographie Hamburgs geliefert werden, wir müssen uns daher darauf beschränken, dem Leser einige der vorzüglichsten Merkwürdigkeiten der dritten Stadt Deutschlands, mit besonderer Berücksichtigung der anliegenden Zeichnungen, aufzuzählen.

Schön und erhaben ist der Anblick, den Hamburg demjenigen bietet, der sich ihm von der Hannoverschen Küste naht. Altona fliesst mit der Königin der Hanse in Eins zusammen, und nimmt sich noch majestätischer wegen seiner höhern Lage, als Hamburg aus. Die Elbe ist mit grünen Inseln übersäet, Thürme und Schiffsmasten starren hervor. Die nach dem Hannoverschen zurückkehrenden Milchever sind bald im Rücken verschwunden, immer näher kommt man dem grossen Edelstein Norddeutschlands. Ueberall Leben und Thätigkeit, oder, wie an Feiertagen eine heilige Sabbatruhe, wo die Schilfe aller Nationen in ruhiger Eintracht zur Ehre des Höchsten flaggen, und man im ganzen Hafen fast kein Geräusch vernimmt. – Desto verschiedeneres Getöne durchzittert die Luft an den Werkeltagen, wo sich aus den Sprachen und Flüchen aller Seevölker ein unsichtbarer Babylonischer Thurm bildet. Ueberall Lebendigkeit; hier beschämt der Mensch durch sie den Bienenkorb, wie den Ameisenhaufen.

Die Dampfschiffe landen bei dem Hamburger Berge, die übrigen Fahrzeuge passiren den Baum beim Blockhause und betreten Hamburg, nachdem sie eine Treppe erstiegen haben, welche dicht vor dem Baumhause Mehrere Notizen über die Localiläten Hamburgs sind der besten Quelle, dem Address-Buch von 1841, entnommen. mündet. Dieses, ein Gebäude im holländischen Style, von Hans Hamelau erbaut, verdient wegen der herrlichen Aussicht auf den Hafen, die Elbe und die Elbinseln, welche dem Auge auf den Altanen sich darbietet, von allen Fremden, gesehen zu werden. Es wird von einem Wirthe bewohnt und ist der vielbesuchte Versammlungsplatz von Geschäftsleuten, Schiffskapitainen aller Nationen u. d. m. Für den Beobachter ist es ungemein interessant, die vielen Ankommenden und Scheidenden hier zu betrachten. Wiedersehn und Abschied sieht man hier im ewigen Wechsel, bald fliessen Wonnethränen der Freude, bald bittere Zähren des Abschiedes. Unvergesslich bleibt mir der Anblick eines neunzigjährigen Greises, der hier einen grossen Theil seiner, jenseits der Elbe domicilirten Nachkommenschaft, wahrscheinlich das letzte Mal in seinem Leben, segnend entliess.

Die schönste Ansicht, welche Hamburg aufzuweisen hat, bietet ohne Frage der Jungfernstieg, welcher in den alten und neuen eingeteilt wird. Den letzteren Beinamen empfing dieser, besonders von allen ausländischen Reisenden gepriesene und mit Recht berühmte, inmitten der Stadt, an dem fast seeähnlichen doppelten Alster-Bassin gelegene Spaziergang durch seine Verlängerung längs der linken Alsterseite bis zur neuen Esplanade und dem trefflichen Wallgarten. Verschönert noch durch die Reihe neuer, in gutem Geschmack errichteten Häuser, gewinnt der neue Jungfernstieg wegen der freien und luftigeren Lage den Vorrang vor dem alten; daher man ihn auch an allen Tageszeiten von den Spaziergängern am Meisten besucht findet. Würde er einst auch auf der rechten Seite, wie schon früher der Plan war, – nach Wegräumung und Versetzung des Werk- und Armenhauses (Zuchthauses) an einen schicklicheren Platz, – bis zu dem Wallgarten verlängert, so würde dieser schöne städtische Spaziergang unstreitig als einzig in seiner Art genannt zu werden verdienen. Im Sommer liegen auf dem Alsterbassin stets bedeckte Fahrzeuge bereit für Diejenigen, welche die Alster beschiffen, oder das schöne Harvstehude, dessen herrliche Baumpartien 1813 glücklich der Zerstörung entgangen sind, besuchen wollen. – Die Farbe des Alsterbassins, als ob es von Veilchen gefärbt sei, oder, als ob der Himmel beim Abspiegeln sein Blau darin zurückgelassen habe, erinnert lebhaft an den Bodensee. Eine Badeanstalt ladet Sommer und Winter zur Erfrischung der Glieder ein; den angenehmsten Anblick gewährt eine Anzahl Schwäne, welche, wenn ich nicht irre, in Folge eines Legats, das eine alte Dame ausgesetzt hat, hier gehegt werden, im Sommer das Bassin in stiller Majestät durchrudern, aber selbst zur Winterzeit durch ihren kräftigen Flügelschlag sich so viel Terrain, wie sie bedürfen, frei vom Ehr zu erhalten wissen.

Von den ältern Strassen sind, den Neuenwall, die Admiralitätsstrasse und den Steinweg ausgenommen, die meisten enge, finster, krumm und schmutzig zu nennen; unter den neuen zeichnet sich vorzüglich die Esplanade aus. Diese ist die neue, schnurgerade, regelmässige und ungemein heitere Gasse auf dem vorigen Terrain des abgetragenen Walles zwischen dem Dammthore und der grossen Alsterbrücke (Lombardsbrücke genannt), welche man in allem Betracht, den berühmten Gassen, »Bellevue« in Cassel und »schöne Aussicht« in Frankfurt am Main, wenn auch nicht gleich, doch zunächst stellen darf. Die Strasse ist 870 Fuss lang und 165 Fuss breit. In der Mitte läuft ein dreifacher Spaziergang mit vier Reihen Ulmen bepflanzt, zwischen zwei parallelen Fahrgassen hin. Die Häuser sind in gutem und meistens gleichförmigem Style erbaut und haben aus den Hinterfaçaden und ihren zierlichen Gärtchen über den öffentlichen Spaziergang hinaus eine treffliche ländliche und zugleich belebte Aussicht auf die Umgegend des Dammthores und den kleinen See der Aussenalster.

Die neue Börse wird im Laufe dieses Jahres, in Folge des Raths- und Bürgerbeschlusses vom 27. October 1836, nach dem auf dem Adolphsplatze neu erbauten Local verlegt werden. Sie nimmt einen Flächenraum von 249 Fuss Länge und 178 Fuss Breite ein. Die Fronte derselben ist gegen den Adolphsplatz gekehrt. An allen vier Seiten finden sich geräumige Eingänge zu dem für das Börsenpublikum bestimmten Raum, welcher sich nur 2 Fuss 6 Zoll über das Niveau der Gasse erhebt. – Nach Art der Pariser hat diese einen 127 Fuss 5 Zoll langen, 69 Fuss 9 Zoll breiten und 76 Fuss hohen Raum, in der Mitte des Gebäudes belegen, welcher durch grosse, aufrecht stehende Fenster von oben erleuchtet ist, und an welchen sich, von allen vier Seiten, 25 Fuss hohe Bogengänge anschliessen. Der auf diese Weise für das Börsenpublikum gebildete freie Raum enthält im Ganzen 28,000 Quadratfuss. An den Seiten dieses Raums befinden sich, mit demselben in Verbindung stehend, 20 Makler-Comptoire und Geschäftszimmer, von welchen 12: 102 Quadratfuss, 6: 200 Quadratfuss und 2: 500 Quadratfuss gross sind. Zwei Haupttreppen und zwei Nebentreppen führen nach der zweiten Etage über den Arcaden. Ein 14 Fuss breiter, gegen den grossen Saal offener Corridor übergiebt denselben hier auf allen vier Seiten, und neben demselben befinden sich die Commerzbibliothek, sechs Säle und Zimmer für den Gebrauch der Commerz-Deputation, ein grosser Saal von 70 Fuss Länge und 41 Fuss Breite und ausserdem 14 kleinere Säle und Zimmer, bestimmt zu Versammlungen der Kaufmannschaft in speciellen Zwecken, zu Conferenzen, zu Auctionen von Actien u. s. w., zur Lektüre und Conversation von Abonnenten. Für die Bequemlichkeit und Annehmlichkeit ist mit möglichster Berücksichtigung gesorgt; es liegt im Plane, das Gebäude im Winter zu erwärmen, und des Abends zweckmässig zu erleuchten. Die Zugänge sind so eingerichtet, dass kein Zugwind Statt finden kann.

Eine Aufmerksamkeit von Seiten des Fremden dürfte ferner verdienen das Waisenhaus, eines der vorzüglichsten, grössten und schönsten Gebäude der Stadt, mit einer Kirche, belegen in der Admiralitätsstrasse. Die Anstalt unterhält jetzt etwa 500 Kinder, von denen die jüngsten unter sieben bis acht Jahren auf dem Lande in der Kost sich befinden; das Rathhaus, ein grosses, sehr altes, massives Gebäude, mit dem jedoch wiederholt verschiedene Veränderungen vorgenommen, und dessen ehemals gothisch gewölbten Säle im Jahre 1814 moderner gestaltet wurden; das allgemeine Krankenhaus, bei der Lohmühle, in der Vorstadt. Diese grosse, ursprünglich für tausend Kranke bestimmte, jetzt aber mit einer grössern Anzahl derselben belegte Anstalt, bildet ein längliches Viereck, dessen längere Seite 702 Fuss 8 Zoll, die kurze 330  Fuss beträgt. – Es ist dies Institut eine der grössten Zierden Hamburgs. Reinlichkeit, gewissenhafte Pflege der Kranken, billige Preise für Unbemittelte, so wie die bewährte Geschicklichkeit seiner Aerzte, stellen dieses Hospital den besten Europas, nach dem Urtheil aller Kunstverständigen, gleich.

Als die schönsten Gebäude Hamburgs dürften übrigens diejenigen anzusehen sein, welche für Hamburgs öffentliche Bildungsanstalten auf dem Domplatze errichtet sind. Diese Gebäude nehmen einen Flächenraum von 215 Fuss Breite und 313 Fuss Tiefe ein. Die Hauptfronte ist dem Speersort zugekehrt. Von hier aus betrachtet, liegt zur linken Seite die Gelehrtenschule, zur rechten die Realschule; beide Gebäude sind durch Arcaden verbunden. Den Hintergrund des Schulhofes bildet das Bibliothekgebäude, in welchem sich zugleich die Hörsäle des Gymnasiums befinden; es ist auf beiden Seiten des Hofes durch Arcaden mit den beiden Schulgebäuden vereinigt; diese haben jedes am Speersort eine Breite von 44 Fuss und eine Länge von 173 Fuss, sind mit gewölbten Kellern versehen und über denselben zwei Stockwerke hoch. – Der gegenwärtige Bestand der Bibliothek beträgt 140,000 Bände gedruckter Bücher und 5000 Handschriften. Es sind viele Incunabeln vorhanden, ausserdem sind Literaturgeschichte, Geschichte, Archäologie, Philologie und die Naturwissenschaft ziemlich gut besetzt.

Den Besuch des Fremden verdient vor allen Dingen das Museum für Gegenstände der Natur und Kunst des Oberalten Röding, bei dem Deichthorwall. Dieses Cabinet vereinigt die schönsten und seltensten Gegenstände aus allen Reichen der Natur (über 200 Säugethiere, gegen 800 Vögel, 228 Amphibien, 300 Fische, über 10,000 Conchylien u. s. w.). die in systematischer Ordnung, mit eben so viel Geschmack, als Zweckmässigkeit, in einem grossen Saale (von 100 Fuss Länge und 27 Fuss Breite) aufgestellt sind. In einem zweiten Zimmer (von gleicher Grösse) befindet sich eine Sammlung von Kunstgegenständen verschiedener Art, von Alterthümern, Waffen, Münzen, namentlich vaterstädtischen u. dgl., eine Sammlung von Kupferstichen, vorzüglich alter Meister aller Schulen, besonders der alten Deutschen, und eine naturhistorische Bibliothek. Das Museum ist jeden Sonntag, Dienstag und Sonnabend (während der Monate Juli, August und September täglich) von 10 bis 1 Uhr geöffnet. In den Monaten December, Januar und Februar ist es geschlossen. Die Erklärung der mannichfachen Gegenstände nimmt eine halbe Stunde nach der Eröffnung ihren Anfang und dauert bis zum Schluss. Cuvier, Alexander von Humboldt, Tilesius, Lichtenstein, v. Martius, Oken und andere grosse Naturforscher haben eingestanden, dass dies Privatmuseum zu den ersten Europas gehöre.

Das Cabinet optischer Panoramen des liebenswürdigen Herrn Professor Suhr enthält eine bedeutende Anzahl von demselben, oder dessen Brüdern mittelst kostspieliger Reisen an Ort und Stelle nach der Natur aufgenommener, mit dem grössten Fleiss und vorzüglicher Kunst aufgeführter, Panoramen der schönsten Gegenden der Welt und merkwürdiger Werke der Baukunst, welche ungeteilten Beifall gefunden haben. Die Ausstellung ist an den Winterabenden von 6 bis 9 Uhr, Königsstrasse No. 34.

Das neue Schauspielhaus in der Dammthorstrasse ist im Jahre 1827 von einer Gesellschaft Actionisten erbaut. Das Gebäude hat die Tiefe von 196 Fuss und ist 135 Fuss breit; der Zuschauerraum, in Kreisform gebildet, hat im Durchmesser 72 Fuss und die Höhe desselben beträgt, von der Mitte aus gerechnet, 60 Fuss. Drei Bogenreihen erheben sich über einander und die Gallerie ist mit einer flachen, auf 16 Säulen ruhenden Kuppel geschlossen. Der Zuschauerraum möchte, wenn das Haus mässig gefüllt ist, 2200 Personen fassen, und als höchste Norm eine Anzahl von 2500 Personen anzunehmen sein. Ueberall tritt dem Beobachter Freundlichkeit und Eleganz entgegen, doch soll das Haus an einigen akustischen Mängeln leiden. Nachdem sowohl der geniale Lebrun und jetzt auch der verdienstvolle Schmidt von der Direction abgetreten sind, ist dieselbe den Herren Mühling und Cornet anvertraut worden. Schon seit mehreren Jahren thut ein zweites Theater in der Steinstrasse, woselbst in den Wintermonaten Vorstellungen Statt finden, dem ersten einen nicht unbedeutenden Abbruch. Der Director, Herr Maurice, ein Franzose, muss jedenfalls seine Leute zu halten wissen, denn sie verlassen ihn selten, kommen, wenn sie abgehen, auch wohl wieder. Die Direction hat sich zur Regel gemacht, nur Lustspiele, Vaudevilles, Operetten und Localstücke zur Aufführung zu bringen; in diesem Wirkungskreis befriedigt sie die Gesellschaft vollkommen, und hat, namentlich im Niedrig-Komischen, manche vorzügliche Künstler aufzuweisen. Parodien und Localpossen werden vor einem zahlreichen Publikum mit grossem Beifall aufgeführt, und erleben beliebte Stücke nicht selten in Einem Winter 40 bis 50 Wiederholungen. Es ist nur zu bedauern, dass der Zuschauer- wie der Bühnenraum so sehr beschränkt ist, so dass auf den meisten Komödienzetteln angekündigt werden muss, dass alle Logen bereits vermiethet sind. Bei der immer mehr zunehmenden Theilnahme für dieses Theater wird daher bald eine Verlegung oder Vergrösserung des Schauspielhauses nothwendig werden. Im Sommer spielt die Gesellschaft vor dem Steinthor in St. Georg, in einem Local, das »Tivoli« heisst, und auch Eigenthum des Herrn Maurice ist. Die Vorstellungen werden hier im Freien, in einem anmuthigen Garten, über welchem sich auch eine Rutschbahn befindet, gegeben. Um Einförmigkeiten zu vermeiden, ist auch für mancherlei andere Vergnügen gesorgt: interessante und ergötzende Darstellungen von Seiltänzern, Jongleurs und dergleichen Künstlern wechseln mit den dramatischen zweckmässig ab. Im Winter wird in Tivoli ein Gewächshaus, nebst Orangerie dem Publikum eröffnet, und erfreut sich fortwährend einer grossen Frequenz. Das eine sehr bedeutende Anzahl von Pflanzen aller Art und aller Länder enthaltende Gewächshaus ist ungefähr 70 Fuss breit und 36  Fuss tief; die Orangerie aber, geschmückt mit prächtigen Orangen- und Citronenbäumen, ungefähr 80 Fuss lang und 40 Fuss breit. Ausser diesen Tempeln Thaliens befinden sich noch mehrere in den Vorstädten. Liebhabertheater, die auch Eintrittspreise nehmen, Sterne, nicht erster Grösse, zeigen sich hie und da am künstlerischen Horizont, verschwinden aber wieder, so schnell, wie sie entstanden. Ich entsinne mich aus meiner Schülerzeit eines Theaters auf dem Pferdemarkt, das auf einem niedrigen Boden erbaut war, wo ein Dilettant auf dem Klavier das ganze Orchester ergänzte. Hier wurden nur Tragödien und Ritterschauspiele gegeben, bei deren Katastrophen fast kein Auge der Zuschauer thränenleer blieb. Die Gesellschaft, aus Professionisten bestehend, spielte nur am Sonntag, aber dann auch gewiss, und das tragische Schicksal der beiden besten Actricen, welche am Montage verbrannten, verhinderte nicht die Aufführung der » Maria Stuart« am nächsten Sonntage, wenn gleich der Kassirer den Billets kaufenden Zuschauern, wegen des Statt gehabten Unglücks, eine billige Nachsicht gegen die noch nicht routinirten Ersatzdamen empfahl. Ein anderes Theater war im Bäckerbreitengang, der Eintritt kostete nur zwei Schillinge, halb so viel, wie bei dem obenerwähnten. Man gelangte in das Heiligthum vermittelst einer Leiter, durch eine Luke, auf welche sich beim Anfang der Vorstellung der an 400 Pfund schwere Kassirer stellte, so dass bis zum Fallen des Vorhangs Keiner weder aus- noch einpassiren konnte.

Wasserkünste, welche das Wasser durch alle Gassen der Altstadt treiben, giebt es drei. Zwei sind beim Jungfernstieg am Oberdamm, und die dritte ist beim Graskeller am Niederdamm. Seit mehreren Jahren besteht eine höchst gemeinnützige Anstalt, welche die Bewohner der Neustadt mit schönem Wasser versorgt. Dies ist das Verdienst des Oberalten Georg Ehlert Bieber. Als eine der vorzüglichsten Zierden Hamburgs ist noch der botanische Garten, vor dem Dammthore, welcher unter besonderer Leitung des Professors Lehmann steht, anzuführen. Es werden zum Behuf der Saamen- und Pflanzen- Mittheilung ausgedehnte Verbindungen im Auslande unterhalten, und die für den Verkehr nach allen Gegenden der Welt so günstige Lage der Stadt macht es möglich, den Garten mit seltenen Gewächsen aller Art zu bereichern, wovon die Doubletten zu sehr billigen Preisen, zum Besten der Anstalt durch den botanischen Gärtner, Herrn Inspector Ohlendorff, verkauft werden. Der Garten hat besonders in den letzten Jahren einen ungemein beträchtlichen Zuwachs von schönblühenden und interessanten Gewächsformen erhalten, worunter selbst viele ganz neue Gattungen und Arten sich befinden.

Seitdem durch Rath- und Bürgerschluss die Entfestigung verordnet worden, hat sich der vormalige Festungswall mehr und mehr bis zu der jetzigen vortrefflich vollendeten Ausbildung einer der anmuthigsten und gemütlichsten Garten-Anlagen gestaltet. Sowohl durch den Wechsel seiner innern malerischen Punkte, als auch durch die Aus- und Uebersichten der jenseits des Stadtgrabens sich bildenden ländlichen Partien, stellt sich nun der vormalige unfreundliche Festungswall als ein anziehender Volksgarten heraus. –

Die alten Aussenwerke des Glacis sind geebnet, und überall mit Alleen, Baumgruppen u. s. w. bepflanzt. Diese Anlagen, vereint mit den freundlichen Hainen der Friedhöfe und dem üppig herangewachsenen botanischen Garten, bilden, vom Wallgarten abgesehen, die köstlichsten malerischen Land-Ansichten. – Der vormalige Stadtgraben ist seiner Breite nach halb ausgedämmt, und erscheint jetzt gleich einem sich friedlich dahinschlängelnden Strom; die vormaligen eckigen Bastionen sind abgetragen, gerundet, und, sowie der Unterwall mit Fusspfaden durchzogen, mit Baum- und blühenden Gesträuch-Gruppen und anderen malerischen und duftenden Pflanzungen, wie auch mit Schattengängen und Sitzen besetzt. Von allen diesen Anlagen am Unterwall zeichnet sich diejenige unweit des Millernthores aus, wo der Pfad mit roth und weiss blühenden Akazien so dicht besetzt ist, dass er gleichsam eine fortlaufend schattige und duftige Laube bildet. Viele dieser treulichen Partien des Wallgartens bieten dem Landschaftsmaler die zu Landschaftsgemälden vollkommen geeigneten Ansichten. Die auf diese Weise trefflich vollendete Elbhöhe des vormaligen Walles am Millernthore liefert eine Muster-Partie, nach welcher das grosse Ganze dieser Stadt-Umfassung seit dem Jahre 1815 gestaltet, nunmehr, in ihrem anziehenden Reize erscheinend, vollendet worden. Im Auftrage der Bau-Commission hatte der nun verstorbene, geschickte Kunstgärtner Herr Altmann, aus Bremen, damals die Plane zu dem Wallgarten entworfen und nach der Genehmigung sie, von Jahr zu Jahr mit der Anlage fortschreitend, ausgeführt. Vor allen bleibt die obenbenannte Elbhöhe der schönste Punkt derselben. Was Kunst und Geschmack, was Kenntniss des Malerischen und des dem Oertlichen Angemessenen, bei solchen Natur-Anlagen, Schönes, Gefälliges, Anziehendes und Vollendetes anzuordnen und auszuführen vermag, ist hier, so weit die Lokalität es zuliess, geschehen. Dies Alles wirkt mit der Lage dieses Garten-Hügels am Elbstrome, mit der Aussicht auf seine Inseln und auf das gegenseitige Ufer, dann mit der Umsicht gegen Altona und in die weiten Landgegenden umher, zusammen, um diese sehenswerthe, grossartige und malerische Anlage an schönen Tagen zu einem Sammelplatze aller Klassen des hamburgischen Publikums zu eignen. Eine ähnliche schöne Partie ist die auf der Wallhöhe am Dammthore, wo sich dem Blick eine überaus freundliche Stadt- und Land-Ansicht der beliebten Umgegend dieses Thores, der Esplanade, der Spaziergänge, Pflanzungen, Gärten u. s. w. bis an den See der Aussen-Alster eröffnet. Einen nicht weniger schönen Blick auf diese Gegend der Stadt, der Vorstadt St. Georg und der beiden Alster-Bassins liefern die mit malerischen Pflanzungen besetzten und mit Schlangengängen durchzogenen vormaligen Bastionen zu beiden Seiten der neuen grossen Alsterbrücke (Lombardsbrücke), und noch vorzüglicher der folgende Wallhügel, sonst Vincent, jetzt Alsterhöhe benannt, dem sich, nach der Steinthorgegend, längs dem sich dort bildenden südlichen Thale, eine Obstbaum-Pflanzung anschliesst, deren geschützte Lage ein fröhliches Gedeihen verspricht. An dem Fahrwege längs dem Alster-Bassin, und weiterhin, erheben sich in doppelten Reihen die schönen Pyramidal-Formen italienischer Pappeln, eine grüne, den Fahr- und Fussweg beschattende Laubwand in der Perspective bildend. Der höchste Punkt des Wallgartens ist die Höhe jenseits des Steinthores. Sie erhebt sich bedeutend über alle vorgenannten Hügel, und beherrscht daher eine am weitesten ausgedehnte Umsicht; doch sind die Ansichten von jenen Höhen abwechselnder, gemütlicher, malerischer. Ein sehr glücklicher Gedanke war es, dass die Stadtbehörde die vorhin bemerkten Wallhöhen von ihren veralteten Bastionen-Namen befreit, und ihnen neue eigenthümlich passende Local-Namen gegeben hat, nämlich: Elbhöhe (statt des keinen Sinn habenden Namens Stintfang), Alsterhöhe (statt Vincent) und Altmannshöhe (statt Sebastianus). Man gab der letztern diesen Namen zum Gedächtniss des bereits erwähnten, verstorbenen, um den Wallgarten sehr verdienten Kunstgärtners, Herrn Altmann. Die neuen Benennungen sind auf kleinen ehernen Tafeln auf diesen Höhen bemerkt.

Auf dem Platze der abgetragenen und geebneten Bastion David, unweit der grossen Alsterbrücke, steht Büsch's Ehrendenkmal, ein Obelisk, woran das Profilbildniss Büsch's und ein allegorisches Basrelief von Bronze befindlich sind. Die Inschriften der Vorder- und der Rückseite sprechen die einfach schönen Worte aus: »Dem Freunde des Vaterlandes, Johann Georg Büsch« – » Von seinen dankbaren Mitbürgern«. Die beiden Seitentafeln deuten das Geburts- und Sterbejahr des Verewigten an. Das Basrelief stellt eine Opferhandlung dar. Auf einem mit den Genien des Todes und der Unsterblichkeit dekorirten Altar giesst die Bürgerliebe die Opferschale aus. Sie ist als ein jugendliches Weib gestaltet, das die als Maurerkrone geformten Burgthürme des Hamburger Wappens auf dem Haupte trägt. Ihr gegenüber steht, als Sinnbild der aufgewachsenen Generation, ein Knabe mit dem Opfergefäss. Im Gefolge der Opfernden sind zwei allegorische Figuren, die der Staatswirthschaft und Handlung, und die der, besonders den mathematischen Wissenschaften verwandten Gewerbe. Beide tragen Opfergeräthe, und, zur Bekränzung des Altars, Laubgehänge. – Die übrigen Verzierungen sind von carrarischem Marmor; Sockel und Postament aus den schönsten inländischen Granitblöcken geformt. Der Obelisk selbst ist von röthlichem Sandsteine. Die ganze Höhe beträgt zwanzig Fuss und sieben Zoll. –

Zwischen Hamburg und Altona erhebt sich, ausserhalb des Millern- (Altonaer-) Thores, mit einer Kirche und einer Armenschule, die Vorstadt St. Pauli, früher der »Hamburger Berg« genannt. Alle diese Gebäude sind erst nach der französischen Zeit, die keinen Stein auf dem andern liess, neu erbaut. Sehenswerth sind hier: das Wirthshaus des Herrn Harten, Joachimsthal genannt; ferner, die Elberholung und Elbhalle. Im Sommer besonders gewähren die hier befindlichen Marionetten-Theater, Kunstreiter und Seiltänzer, Wachsfiguren-Cabinette, Menagerien, Caroussel u. s. w. dem grössern Publikum eine viel benutzte angenehme Unterhaltung.

Sehr zweckmässig ist es, dass unter dem Patronate des Senator Dammert die Buden auf dem Hamburger Berg niedergerissen werden, und jedes Genre ein stehendes Local bekommt, nach einem vorgezeichneten Plane. Das St. Pauli-Theater steht schon unter Dach, und soll allerliebst sein.

An den Elbufern sind eine Menge Tanzsäle errichtet, wo sich das Schiffsvolk von allen Nationen einfindet. Der Anblick eines solchen wilden Festes hat einen jungen Oldenburger Dichter, Herrn Heinrich Lambrecht, zu einer lebhaften poetischen Schilderung desselben begeistert, welche ich hiermit den von mir redigirten, wenn gleich von den meisten Zeitschriften bestohlen werdenden, wenig verbreiteten humoristischen Blättern entnehme:

Es rauscht Musik; die Geige klingt,
Es tönt die Klarinette,
Hell durch die sanftern Klänge dringt
Das Schmettern der Trompete.

Es schwenken sich in raschem Tanz.
In ihren weiten Hosen,
Im offnen Saal, beim Lichterglanz,
wildlärmende Matrosen.

Matrosen sind's von Engeland,
Von Portugal, von Spanien,
Von Frankreich, von dem dän'schen Strand.
Von Russland, von Italien;

Die hocherglüht von Tanz und Wein
In wilder Freude springen,
Und um die Dirnen, schlank und fein,
Kühn ihre Arme schlingen.

Hier tanzt der Jack, der wilde Tom,
Der schöne Alessandro;
Der Iwan dort, der Guillaume.
Der feurige Fernando.

Und jeder spricht nach seiner Art,
Und lässt sich sorglos gehen;
Erzählt von mancher lust'gen Fahrt,
Was er gethan, gesehen.

Der eine hat manch' wilde Jagd
Geführt mit den Bukanern,
Der andre manchen Strauss gewagt
Mit wilden Indianern.

Der schlug mit Negern sich herum,
Der küsste eine Wilde,
Der fing den Strauss, so schön wie dumm,
Auf glühendem Gefilde.

Der war auf Java, Sumatra,
Der sah den Ganges fluthen,
Der in dem heissen Afrika
Ein Menschenopfer bluten.

Doch Alles schwand im raschen Flug.
Wie luft'ge Traumgebilde,
Bald wieder fort ihr Schiff sie trug,
Wo laut die Woge brüllte.

Und ungewiss ihr Fahrzeug treibt
Auf sturmgepeitschten Wellen,
Und ob es unzertrümmert bleibt,
Ob Klippen es zerschellen,

Sie wissen's nicht, doch sehn sie kühn
Dem Schicksal in die Augen;
Wo Stürme brausen, Blitze sprühn,
Da kann die Furcht nicht taugen.

Sie ringen kühn mit Sturm und Fluth,
Nichts kann ihr Herz erschüttern,
Nichts brechen ihren festen Muth;
Der Seemann darf nicht zittern.

Doch weil ihr Leben stets bedroht,
Nur wie am Faden hänget;
Aus jedem Wellensturz der Tod
Sich lüstern an sie dränget; –

So trinken sie, wo's möglich ist,
Die Lust in vollen Zügen,
Wer weiss, ob sie nach kurzer Frist
Nicht schon im Meergrund liegen.

Wer weiss, ob nicht der gier'ge Hai
Schon wetzt für sie die Zähne,
Ob nicht die feuchte Wasserfei
Nach ihrer Lieb' sich sehne.

Drum eh' die Woge sie zurück
Treibt von dem sichern Strande,
Erhaschen sie das flieh'nde Glück
Am flatternden Gewande.

Wie springt der Jack, wie jauchzt der Tom,
Wie froh singt Alessandro,
Wie jubeln Iwan und Guillaume,
Wie feurig küsst Fernando!

Es eilt die Nacht bei Becherklang,
Bei Spiel und wilden Küssen,
Bei tollem Jubel und Gesang
Dahin auf flücht'gen Füssen.

Der Morgen dämmert in die Höh' –
Da eilen fort sie schnelle:
Denn »Frau Elisa« sticht in See,
Und »Jungfrau Isabelle«.

Ausser der täglichen Verbindung mit Harburg unterhält Hamburg eine regelmässige Dampfschifffahrt mit Helgoland, Itzehoe und Magdeburg. Eine Londoner Compagnie lässt zwischen Hamburg und London das ganze Jahr hindurch jeden Mittwoch und Sonnabend Morgens früh eines von Hamburg und eines von London abgehen, und führt zugleich die reguläre Briefpost. – Die beiden niederländischen Dampfschiffe, » Willem de Eerste«, 800 Tonnen gross und 160 Pferde-Kraft, und » de Beurs van Amsterdam«, 600 Tonnen gross mit Maschinen von 120 Pferde-Kraft, beide niedrigen Drucks, fahren zwischen Amsterdam und Hamburg. Diese Dampfschiffe gehen von primo März bis primo November, den 5ten, 10ten, 15ten, 20sten, 25sten und 30sten jeden Monats von Amsterdam und von Hamburg ab, nehmen auch zugleich Passagiere nach Cuxhaven mit und wieder zurück, sind auf das Eleganteste und Bequemste für 60 Passagiere eingerichtet, und hat man alle mögliche Sorgfalt angewandt, denselben die Ueberfahrt (welche in der Regel in 30 bis 36 Stunden geschieht) so angenehm als möglich zu machen.

Nach Magdeburg gehen bis jetzt drei Dampfschiffe: Leipzig, Hamburg und der englische Courier genannt.

Die beiden ersten derselben, an Form und Grösse einander gleich, sind jedes mit Niederdruck-Maschinen von 60 Pferde-Kraft versehen, und enthalten einen schöngeschmückten Salon (worin Fortepiano und andere Musik-Instrumente, Notensammlung, kleine Bibliothek, Zeitungen und Spiele), reich decorirte Privat-Cabinette, diverse Cajüten, sowie abgesonderte Schlafgemächer mit einer grossen Anzahl guter Betten und alle nur mögliche Bequemlichkeiten für Passagiere. Ein Gleiches findet bei dem mit Niederdruck-Maschinen von 70 Pferde-Kraft versehenen, in England ganz von Eisen erbauten dritten Dampfschiffe, »der englische Courier«, Statt, und ist dasselbe durchgängig so prachtvoll eingerichtet, dass es in jeder Hinsicht die ausgedehntesten Wünsche aller Reisenden vollkommen befriedigt. Vorstehende schnellfahrende Dampfschiffe legen die Tour stromaufwärts von hier nach Magdeburg im Sommer gewöhnlich binnen 1½ und 2 Tagen, und stromabwärts von da hierher in einem Tage, mit Inbegriff des Aufenthalts, zurück, und befördern dabei zugleich Personen nach, wie von allen unterwegs belegenen Elbstädten, so wie auch Pferde und Wagen mitgenommen werden.

Zahllose und geschmackvolle Villen mit den reizendsten Gärten umgeben Hamburg von allen Seiten. Wer nur irgend so viel Mittel aufzubringen vermag, acquirirt oder miethet zu der städtischen eine ländliche Wohnung, um dort den Samstagnachmittag und den Sonntag mit seiner Familie zuzubringen. Unter den lieblichsten Gegenden auf Hamburgischem Gebiet sind vor allen das ländlichste Harvstehude, ein Lieblingsort Hagedorns, das freundliche Eppendorf, das romantische Wohldorf, das imposante Eimsbüttel, und in weiterer Entfernung die Vierlande, berühmt durch ihre Milch und Erdbeerenfelder, so wie ausgezeichnet durch ihre Tracht, namentlich durch die weibliche. Oberkleid, Rock und Strümpfe der Vierlanderinnen sind meist violett oder braun mit dunklern Bändern, das Mieder roth und grün, – unter ihrem Strohhute fallen reiche Haarzöpfe herab, und das Gesichtchen voll Farbe und Gesundheit sieht naiv und unschuldig drein. Von den dänischen benachbarten nicht an der Elbe liegenden Dörfern ist das freundliche Wandsbeck, wo alljährig ein Pferderennen, und Poppenbüttel mit seinen Eichen zu merken.


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