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8.
Gebet, einfach zu sein

Die Schmetterlinge schwanken, jedem Lufthauch hingegeben,
Wie Blumenblättchen, die bei Prozessionen
Die kleinen sanften Kinder nach dir streun.
Mein Gott, 's ist früher Morgen, und schon will sich mein Gebet
Mit den erblühten Schmetterlingen zu dir heben,
Dem Hahnenschrei und Schlag der Steinarbeiter.
Unter Platanen, deren grüne Palmenwedel leuchten,
In diesem Julimond, wo rings die Erde aufbricht,
Hört man – und sieht sie nicht – die Grillen surren:
Sie singen deine Allmacht ohne Ende.
Die Amsel, ruhelos im schwarzen Laub der Wasser,
Pfeift nur in kurzen Sätzen. Länger wagt sie's nicht.
Sie weiß nicht, was sie ängstet. Läßt sich hin
Und flattert jählings auf und schnellt in einem Schwung
Platt übern Boden weg zur Seite hin, wo niemand ist.

Mein Gott, ganz sachte hebt auch heute morgen wieder
Das Leben an, wie gestern, wie so viele Male.
Gleich diesen Schmetterlingen, diesen Steinarbeitern,
Den Grillen gleich, die sich von Sonne nähren,
Und gleich den Amseln, die im kühlen Schwarz des Laubs sich bergen,
Laß mich, mein Gott, mein Leben weiterführen
So schlicht und einfach wie ich es vermag.


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