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Traumideal

Reiche Fülle aller Formen
Nahm gefangen ich und bilde
Draus ein Ganzes ohnegleichen,
Eine Jungfrau frisch und schön,
Lilienweiße Wärme goß ich
In das Wachstum meiner Schlanken,
Strahlengold der Sonne leuchte
In des Haares reichem Strom.
Tiefes Himmelsblau versenkte
Ich ins schöne, große Auge,
Barg des Mondes Licht, das milde,
In das Lächeln um den Mund,
In ihr Herz verpflanzt ich Rosen,
Laß sie wachsen, laß sie sprießen,
Knospen auf die Wangen setzen
Und auf ihrem Mund erblühn.

Aller reinen Töne Wohllaut
Sollen ihr im Busen wohnen
Und von ihren Lippen klingen
Als harmonisch schöner Strom;
Wogengang und Vogelschweben,
Und die leichte Flucht des Rehs,
Korngewoge vor dem Winde
Haben sich in ihr vereint.

Meiner Kindheit reinste Freude,
Meines Wesens tiefsten Ton
Gab der Holden ich zu eigen,
Herrlich stand sie vor mir da.
Ihr nur galten meine Träume,
Schlief ich oder war ich wach;
Meine Leier ließ sie klingen,
Sehnsucht goß sie mir ins Herz:

Sehnsucht nach lebendgem Wesen,
Keinem Traumweib, doch ihr gleich;
Meine Sehnsucht sich verwirrte.
Stieg empor zu wilder Gier,
Hab im Traume sie umfangen,
Sie an meiner Brust erstickt,
Sitze jetzt allein und träume,
Gab mir Trug auch nur der Traum.

67 oder 68. Gut. Hat ein Teil von einem Pygmalion verschlungen, den ich schreiben wollte, aber nicht schreibe, da Paludan Müller das Thema ungefähr auf gleiche Weise behandelt haben soll. Sich selbst umfangen: – Gut.


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