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»Hervert Sperrings« Geschichte

Eines Abends wurde draußen bei M...s eine Geschichte von einem Mann erzählt, der, nachdem er ein Musikstück über Elfen gehört hatte, durch einen Wald nach Hause gegangen war und hier plötzlich alle die wilden Töne hatte wiederklingen hören und den Tanz der Elfen gesehen hatte und am nächsten Tage ohnmächtig im Walde gefunden war. – An einem andern Abend, im Frühling 1866, gegen zwei Uhr, ging ich durch die Lykkesholms-Allee nach dem Harsdorfsvej, wo ich wohnte (Nr. 5). Es duftete stark nach Ahornblüten ( Acer) und eben ausgeschlagenen Balsampappeln, was in Verbindung mit der wunderlichen Beleuchtung des Mondes eine gewisse bacchantische Stimmung in mir wachrief, in der die Erzählung von dem Waldtanz mir in »Geist und Wahrheit« aufging. Es sollte eine Romanze werden. – Es kam aber doch anders. – Die Romanze wollte nicht gelingen, weil die Voraussetzungen mir so inhaltreich erschienen, daß ich sie nicht auslassen wollte, und sie eigneten sich nun einmal nicht zur Romanzenform. So wurde denn die Form gewählt, in der die Dichtung vorliegt. Mein ganzes eigenes Traumleben sollte darin niedergelegt werden mit allen seinen Nuancen, mit all seiner Wonne und seinem Schmerz. So stand es im Jahre 66 oder zu Anfang 67. Zuerst hieß es »Sigurd, der Sänger« und lag im Mittelalter, jetzt liegt es in der Gegenwart ... oder im Mond.

1868.

Bester Erik!

Du hast meinen »Hervert« gelesen und willst nun hören, was ich mir selbst dabei gedacht habe und wie ich mit ihm und der Besprechung der Kritik über ihn zufrieden bin. Hier hast du eine Kritik über ihn:

Hervert Sperring

Lyrische Dichtung von J. P. Jacobsen, beurteilt von Jens Peter Jacobsen

Dieses kleine Buch zeugt mindestens von Talent, einige Einzelheiten vielleicht sogar von mehr ... Der Gang darin ist folgender: ein dichterisch begabter Jüngling, durch seine Mutter in die Poesie eingeführt, kann sich nicht im Leben zurechtfinden und flieht deshalb in das Reich der Träume; die Träume gewinnen Überhand und ziehen ihn zur Sinnlichkeit hinab; da sieht er ein junges Weib, schön wie Psyche, das ist ein Ziel, das sich des Kampfes verlohnt. Sie wird die Seine, aber er fühlt bald, daß das leere Traumleben sich rächt; er hat nicht Lebensinhalt genug, um die Liebe bei einer andern wach zu halten, wohl aber bei sich selber. Die Liebe verleiht ihm Kraft, von ihr weg zu ziehen und den Versuch zu machen, einen Lebensinhalt zu gewinnen. Er kehrt zurück. Sie gehört einem andern. Er stürzt sich in das Genußleben, kann sich selbst nicht übertäuben, wird der Grenze des Wahnsinns nahe gebracht. Eine Sommernacht, – seine Phantasie, alte Erinnerungen und sein krankhafter Zustand verschwören sich gegen ihn, die alten, vergessenen Träume steigen aus dem Grabe auf und nehmen ihn mit sich da hinab. Dies alles ist, mit Ausnahme des Todes, in den lyrischen Gedichten gesagt, aber das ist verkehrt, diese lyrischen Gedichte machen zuweilen den Eindruck, als seien sie Monologe. Man könnte auch sagen, daß Monologe Lyrik sind. Dies wäre vielleicht besser?


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