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Vom kleinen Beamten

Es war einmal ein möbliertes Zimmer. Das war nicht groß, das war nicht klein, das war auch nicht gerade schön – – – ja: eigentlich war es häßlich; aber es war billig; doch fast immer noch zu teuer für den kleinen Beamten.

Denn die monatliche Miete forderte ein Drittel seines Gehalts, das er jeden Ersten seiner Wirtin, der Witwe eines anderen kleinen Beamten, auf den Tisch zählte. Und er zählte sehr genau und ebenso genau zählte es wieder die gute Frau. Dann zählten es beide noch genauer so ungefähr zehn–zwanzigmal, obwohl es noch niemals geschah, daß auch nur ein lumpiger Pfennig gefehlt hätte; denn der kleine Beamte war von Grund auf ein genauer Mann, jedoch die Witwe ward noch genauer, da sie sparen mußte, mehr noch, wie er: denn dies Geld war nur die Hälfte ihres Einkommens; die andere Hälfte bestritt ihre Pension und die war gerade um zwei Drittel geringer, wie der ehemalige Gehalt ihres verstorbenen Mannes. Aber sie rauchte ja keine Pfeife und schnupfte auch nicht und trank nie Bier, nur Wasser: das war ihr Trost. Wenn auch nur ein schwacher. Aber irgendeinen Trost muß man doch haben! – Dies spürte auch der kleine Beamte und da er keinen hatte, so suchte er einen und saß nun alle Abend in der Küche bei ihr am selben Tisch.

Sie stopfte seine Strümpfe und er sah zu. Und sprach nur selten, denn sie sprach fast immer: von der Milch und dem Wetter, der Regierung und dem Herd und ihrem seligen Manne. Der war ein braver Mann, es war eine glückliche Ehe, aber sie würde trotzdem nie mehr heiraten, nie mehr – – –

Und der kleine Beamte dachte: »Jaja, es ist schon so – –« – – obwohl er eigentlich anderer Meinung war.


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