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Über die Wechselwirkung der Naturkräfte und die darauf bezüglichen neuesten Ermittlungen der Physik

Die Physik hat in neuester Zeit eine neue Errungenschaft von sehr allgemeinem Interesse gemacht, von der ich mich bemühen will, im folgenden eine Vorstellung zu geben. Es handelt sich dabei um ein neues allgemeines Naturgesetz, welches das Wirken sämtlicher Naturkräfte in ihren gegenseitigen Beziehungen zueinander beherrscht und eine ebenso große Bedeutung für unsere theoretischen Vorstellungen von den Naturprozessen hat, als es für die technische Anwendung derselben von Wichtigkeit ist.

Als von der Grenzscheide des Mittelalters und der neueren Zeit ab die Naturwissenschaften ihre schnelle Entwicklung begannen, machte unter den praktischen Künsten, welche sich daran anschließen, auch die der technischen Mechanik, unterstützt durch die gleichnamige mathematische Wissenschaft, rüstige Fortschritte. Der Charakter der genannten Kunst war aber natürlich in jenen Zeiten von dem heutigen sehr verschieden, überrascht und berauscht von ihren eigenen Erfolgen, verzweifelte sie in jugendlichem Übermut an der Lösung keiner Aufgabe mehr, sondern machte sich zum Teil sogleich an die schwersten und verwickeltsten. So versuchte man denn auch sehr bald mit vielem Eifer lebende Tiere und Menschen in der Form sogenannter Automaten nachzubauen. Das Staunen des vorigen Jahrhunderts waren Vaucansons Ente, welche fraß und verdaute, desselben Meisters Flötenspieler, der alle Finger richtig bewegte, der schreibende Knabe des älteren und die Klavierspielerin des jüngeren Droz, welche letztere auch beim Spiele gleichzeitig ihren Händen mit den Augen folgte und nach beendeter Kunstleistung aufstand, um der Gesellschaft eine höfliche Verbeugung zu machen. Es würde unbegreiflich sein, daß Männer, wie die genannten, deren Talent sich mit den erfindungsreichsten Köpfen unseres Jahrhunderts messen kann, eine so ungeheure Zeit und Mühe, einen solchen Aufwand von Scharfsinn an die Ausführung dieser Automaten hätten wenden können, die uns nur noch als eine äußerst kindliche Spielerei erscheinen, wenn sie nicht gehofft hätten, dieselbe Aufgabe auch in wirklichem Ernste lösen zu können. Der schreibende Knabe des älteren Droz wurde noch vor einigen Jahren in Deutschland öffentlich gezeigt. Sein Räderwerk ist so verwickelt, daß kein ganz gemeiner Kopf dazu gehören möchte, auch nur dessen Wirkungsweise zu enträtseln. Wenn uns aber erzählt wird, daß dieser Knabe und sein Erbauer, der schwarzen Kunst verdächtig, eine Zeitlang in den Kerkern der spanischen Inquisition geschmachtet haben sollen und nur mit Mühe ihre Lossprechung erlangten, so geht daraus hervor, daß die Menschenähnlichkeit selbst dieser Spielwerke in jenen Zeiten groß genug erschien, um sogar ihren natürlichen Ursprung verdächtig zu machen. Und wenn jene Mechaniker auch vielleicht nicht die Hoffnung hegten, den Geschöpfen ihres Scharfsinns eine Seele mit moralischen Vollkommenheiten einzublasen, so würde doch mancher die moralischen Vollkommenheiten seiner Diener gern entbehren, wenn dabei ihre moralischen Unvollkommenheiten gleichzeitig beseitigt werden könnten und außerdem die Regelmäßigkeit einer Maschine sowie die Dauerhaftigkeit von Messing und Stahl statt der Vergänglichkeit von Fleisch und Bein gewonnen würde. Das Ziel also, welches sich die erfinderischen Köpfe der vergangenen Jahrhunderte, wir können nicht zweifeln, mit vollem Ernste und nicht etwa als einen hübschen Tand vorsteckten, war kühn gewählt und wurde mit einem Aufwand von Scharfsinn verfolgt, der nicht wenig zur Bereicherung der mechanischen Hilfsmittel beigetragen hat, mit deren Hilfe die spätere Zeit einen fruchtbringenden Weg zu verfolgen verstand. Wir suchen jetzt nicht mehr Maschinen zu bauen, welche die tausend verschiedenen Dienstleistungen eines Menschen vollziehen, sondern verlangen im Gegenteil, daß eine Maschine eine Dienstleistung, aber an Stelle von tausend Menschen verrichte.

Uns diesem Streben, lebende Geschöpfe nachzumachen, scheint sich zunächst–auch wieder durch ein Mißverständnis–eine andere Idee entwickelt zu haben, welche gleichsam der neue Stein der Weisen des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts wurde. Es handelte sich darum, ein Perpetuum mobile herzustellen. Darunter verstand man eine Maschine, welche, ohne daß sie aufgezogen würde, ohne daß man, um sie zu treiben, fallendes Wasser, Wind oder andere Naturkräfte anzuwenden brauchte, von selbst fortdauernd in Bewegung bliebe, indem sie sich ihre Triebkraft unaufhörlich aus sich selbst erzeugte. Tiere und Menschen schienen im wesentlichen der Idee eines solchen Apparates zu entsprechen, denn sie bewegten sich kräftig und anhaltend, solange sie lebten, niemand zog sie auf oder stieß sie an. Einen Zusammenhang zwischen der Nahrungsaufnahme und der Kraftentwicklung wußte man sich nicht zurecht zu machen. Die Nahrung schien nur nötig, um gleichsam die Räder der tierischen Maschine zu schmieren, das Abgenutzte zu ersetzen, das Altgewordene zu erneuern. Krafterzeugung aus sich selbst schien die wesentlichste Eigentümlichkeit, die rechte Quintessenz des organischen Lebens zu sein. Wollte man also Menschen nachmachen, so mußte zuerst das Perpetuum mobile gefunden werden.

Daneben scheint eine andere Hoffnung die zweite Stelle eingenommen zu haben, welche in unserem klügeren Zeitalter jedenfalls auf den ersten Rang in den Köpfen der Menschen Anspruch gemacht haben würde. Das Perpetuum mobile sollte nämlich unerschöpfliche Arbeitskraft ohne entsprechenden Verbrauch, also aus nichts erschaffen. Aber Arbeit ist Geld. Hier winkte also die goldene Lösung der großen praktischen Aufgabe, der die schlauen Leute aller Jahrhunderte auf den verschiedensten Wegen nachgegangen sind, nämlich: Geld aus nichts zu machen. Die Ähnlichkeit mit dem Stein der Weisen, den die alten Alchimisten suchten, war vollständig; auch jener sollte die Quintessenz des organischen Lebens enthalten und sollte fähig sein, Gold zu machen.

Der Sporn, der zum Suchen antrieb, war scharf, und das Talent derjenigen, welche suchten, dürfen wir zum Teil nicht gering anschlagen. Die Art der Aufgabe war ganz geeignet, um grüblerische Köpfe gefangen zu nehmen, jahrelang im Kreise herumzuführen, durch die scheinbar immer näher rückende Hoffnung immer wieder zu täuschen und endlich bis zum Blödsinn zu verwirren. Das Phantom wollte sich nicht greifen lassen. Es würde unmöglich sein, eine Geschichte dieser Bestrebungen zu entwerfen, da die besseren Köpfe, unter denen auch der ältere Droz genannt wird, sich selbst von der Erfolglosigkeit ihrer Versuche überzeugten und natürlich nicht geneigt waren, viel davon zu sprechen. Verwirrtere Köpfe aber verkündeten oft genug, daß ihnen der große Fund gelungen sei, und da sich die Unrichtigkeit ihres Vorgebens immer bald erwies, kam die Sache in Verruf; es befestigte sich allmählich die Meinung, die Aufgabe sei nicht zu lösen, auch bezwang die mathematische Mechanik eines der hierher gehörigen Probleme nach dem anderen und gelangte endlich dahin, streng und allgemein nachzuweisen, daß wenigstens durch Benutzung rein mechanischer Kräfte kein Perpetuum mobile erzeugt werden könne.

Wir sind hier auf den Begriff der Triebkraft oder Arbeitskraft von Maschinen gekommen und werden damit auch weiter sehr viel zu tun haben. Ich muß deshalb eine Erklärung davon geben. Der Begriff der Arbeit ist auf Maschinen offenbar übertragen worden, indem man ihre Verrichtungen mit denen der Menschen und Tiere verglich, zu deren Ersatz sie bestimmt waren. Noch heute berechnet man die Arbeit der Dampfmaschinen nach Pferdekräften. Der Wert der menschlichen Arbeit bestimmt sich nun zum Teil nach dem Kraftaufwand, der damit verbunden ist (ein stärkerer Arbeiter wird höher geschätzt), zum Teil aber auch nach der Geschicklichkeit, welche erfordert wird. Geschickte Arbeiter sind nicht augenblicklich in beliebiger Menge zu schaffen; sie müssen Talent und Unterricht haben, ihre Ausbildung erfordert Zeit und Mühe. Eine Maschine dagegen, die irgendeine Arbeit gut ausführt, kann zu jeder Zeit in beliebig vielen Exemplaren hergestellt werden; deshalb hat ihre Geschicklichkeit nicht den überwiegenden Wert, den menschliche Geschicklichkeit in solchen Feldern hat, wo sie durch Maschinen nicht ersetzt werden kann. Man hat deshalb den Begriff der Arbeitsgröße bei Maschinen eingeschränkt auf die Betrachtung des Kraftaufwandes, was um so wichtiger war, da in der Tat die meisten Maschinen dazu bestimmt sind, gerade durch die Gewalt ihrer Wirkungen Menschen und Tiere zu übertreffen. Deshalb ist im mechanischen Sinne der Begriff der Arbeit gleich dem des Kraftaufwandes geworden, und ich werde ihn auch im Folgenden nur so anwenden.

Wie kann dieser Kraftaufwand nun gemessen und bei verschiedenen Maschinen mit einander verglichen werden?

Ich muß Sie hier ein Stückchen Weges–es soll so kurz als möglich werden–durch das wenig anmutige Feld mathematisch-mechanischer Begriffe hinführen, um Sie nach einem Standpunkt zu bringen, von wo sich eine lohnendere Aussicht eröffnen wird; und wenn das Beispiel, welches ich zugrunde lege, eine Wassermühle mit Eisenhammer, noch leidlich romantisch aussieht, so muß ich leider das dunkle Waldtal, den schäumenden Bach, die funkensprühende Esse und die schwarzen Zyklopengestalten unberücksichtigt lassen und einen Augenblick um Aufmerksamkeit für die weniger poetischen Seiten des Maschinenwerks bitten. Dieses wird durch ein Wasserrad getrieben, welches die herabstürzenden Wassermassen in Bewegung setzen. Die Achse des Wasserrades hat an einzelnen Stellen kleine Vorsprünge, Daumen, welche während der Umdrehung die Stiele der schweren Hämmer fassen, um sie zu heben und dann wieder fallen zu lassen. Der fallende Hammer bearbeitet die Metallmasse, welche ihm untergeschoben wird. Die Arbeit, welche die Maschine verrichtet, besteht also in diesem Falle darin, daß sie die Masse des Hammers hebt, zu welchem Ende sie die Schwere dieser Masse überwinden muß. Ihr Kraftaufwand wird also zunächst unter übrigens gleichen Umständen dem Gewicht des Hammers proportional sein, wird also z. B. verdoppelt werden müssen, wenn jenes Gewicht verdoppelt wird. Aber die Leistung des Hammers hängt nicht bloß von seinem Gewicht, sondern auch von der Höhe ab, aus der er fällt. Wenn er zwei Fuß herabfällt, wird er eine größere Wirkung tun, als wenn er nur einen Fuß fiele. Nun ist aber klar, daß wenn die Maschine mit einem gewissen Kraftaufwand den Hammer erst um einen Fuß gehoben hat, sie denselben Kraftaufwand noch einmal wird anwenden müssen, um ihn einen zweiten Fuß weiter zu heben. Die Arbeit wird also nicht nur verdoppelt, wenn das Gewicht des Hammers verdoppelt wird, sondern auch, wenn die Fallhöhe verdoppelt wird. Daraus ist leicht ersichtlich, daß wir die Arbeit zu messen haben durch das Produkt des gehobenen Gewichtes, multipliziert mit dem Fallraum. Und so mißt die Mechanik in der Tat; sie nennt ihr Maß der Arbeit ein Fußpfund, d. h. ein Pfund Gewicht, gehoben um einen Fuß.

Während nun die Arbeit unseres Eisenhammers darin besteht, daß er die schweren Hammerköpfe in die Höhe hebt, wird die Triebkraft, welche ihn in Bewegung setzt, dadurch erzeugt, daß Wassermassen herunterfallen. Das Wasser braucht allerdings nicht immer senkrecht herabzufallen, es kann auch in einem mäßig geneigten Bett herabfließen, aber es muß sich doch immer, wo es Wassermühlen treiben soll, von einem höheren Ort zu einem tieferen begeben. Erfahrung und Theorie lehren nun übereinstimmend, daß wenn ein Hammer von einem Zentner Gewicht um einen Fuß gehoben werden soll, dazu mindestens ein Zentner Wasser um einen Fuß fallen muß oder, was dem äquivalent ist, zwei Zentner um einen halben Fuß oder vier Zentner um einen viertel Fuß usw. Kurz, wenn wir das Gewicht der fallenden Wassermassen ebenso mit der Höhe des Falls multiplizieren und als Maß ihrer Arbeit betrachten, wie wir es bei dem Hammer gemacht haben, so kann die Arbeit, welche die Maschine durch Hebung eines Hammers leistet, ausgedrückt in Fußpfunden, im günstigsten Falle nur ebenso groß sein wie die Zahl der Fußpfunde des in derselben Zeit stürzenden Wassers. In Wirklichkeit wird sogar das Verhältnis gar nicht erreicht, sondern es geht ein großer Teil der Arbeit des stürzenden Wassers ungenutzt verloren, weil man gern von der Kraft etwas opfert, um eine größere Schnelligkeit zu erzielen.

Ich bemerke noch, daß dieses Verhältnis ungeändert bleibt, man mag nun die Hämmer unmittelbar von der Welle des Wasserrades treiben lassen, oder man mag die Bewegung des Rades durch zwischengeschobene gezahnte Räder, unendliche Schrauben, Rollen und Seile auf die Hämmer übertragen. Man kann durch solche Mittel allerdings bewirken, daß das Wasserwerk, welches bei der ersten einfachen Einrichtung nur einen Hammer von einem Zentner Gewicht heben konnte, in den Stand gesetzt wird, einen solchen von zehn Zentnern zu heben, aber entweder wird es diesen schwereren Hammer nur auf den zehnten Teil der Höhe heben, oder es wird zehnmal solange Zeit dazu gebrauchen, so daß es schließlich, wie sehr wir auch durch Maschinenwerk die Intensität der wirkenden Kraft abändern mögen, doch in einer bestimmten Zeit, während welcher uns der Bach eine bestimmte Wassermasse liefert, immer nur eine bestimmte Arbeit leisten kann.

Unser Maschinenwerk hat also zunächst weiter nichts getan, als die Schwerkraft fallenden Wassers benutzt, um die Schwerkraft seiner Hämmer zu überwinden und diese zu heben. Wenn es einen Hammer so weit als nötig gehoben hat, läßt es ihn wieder los; er stürzt auf die Metallmassen herab, die ihm untergeschoben sind, und bearbeitet diese. Warum übt nun der stürzende Hammer eine größere Gewalt aus, als wenn man ihn einfach durch sein Gewicht auf die Metallmasse, welche er bearbeiten soll, drücken läßt? Warum ist seine Gewalt desto größer, je höher er gefallen ist und je größer daher seine Fallgeschwindigkeit ist? Wir finden hier, daß die Arbeitsgröße des Hammers durch seine Geschwindigkeit bedingt ist. Auch bei anderen Gelegenheiten ist die Geschwindigkeit bewegter Massen ein Mittel, große Wirkungen hervorzubringen. Ich erinnere an die zerstörenden Wirkungen abgeschossener Büchsenkugeln, welche in ruhendem Zustand die unschuldigsten Dinge von der Welt sind; ich erinnere an die Windmühlen, welche ihre Triebkraft von der bewegten Luft entnehmen. Es mag uns überraschen, daß die Bewegung, die uns als eine so unwesentliche und vergängliche Beigabe der materiellen Körper erscheint, so mächtige Wirkungen ausüben könne. Aber in der Tat erscheint uns die Bewegung in gewöhnlichen Verhältnissen nur deshalb so vergänglich, weil den Bewegungen aller irdischen Körper fortdauernd widerstehende Kräfte, Reibung, Luftwiderstand usw. entgegenwirken, so daß sie fortdauernd geschwächt und endlich aufgehoben werden. Ein Körper aber, dem sich keine widerstehenden Kräfte entgegensetzen, wenn er einmal in Bewegung gesetzt ist, bewegt sich fort mit unverminderter Geschwindigkeit in alle Ewigkeit. So wissen wir, daß die Planeten den freien Weltraum seit Jahrtausenden in unveränderter Weise durcheilen. Nur durch widerstehende Kräfte kann Bewegung verlangsamt und vernichtet werden. Ein bewegter Körper, wie der schlagende Hammer oder die abgeschossene Kugel, wenn er gegen einen anderen stößt, preßt diesen zusammen oder dringt in ihn ein, bis die Summe der Widerstandskräfte, welche der getroffene Körper seiner Kompression oder der Trennung seiner Teilchen entgegensetzt, groß genug geworden ist, um die Bewegung des Hammers oder der Kugel zu vernichten. Man nennt die Bewegung einer Masse, insofern sie Arbeitskraft vertritt, die lebendige Kraft der Masse. Das Wort lebendig bezieht sich hier natürlich in keiner Weise auf lebende Wesen, sondern soll die Kraft der Bewegung nur unterscheiden von dem ruhigen Zustand unveränderten Bestehens, in dem sich z. B. die Schwerkraft eines ruhenden Körpers befindet, welche zwar einen fortdauernden Druck gegen seine Unterlage unterhält, aber keine Veränderung hervorbringt.

 

In unserem Eisenhammer hatten wir also zuerst Arbeitskraft in Form einer fallenden Wassermasse, dann in Form eines gehobenen Hammers, drittens in Form der lebendigen Kraft des gefallenen Hammers. Wir würden nun die dritte Form in die zweite zurückverwandeln können, wenn wir z. B. den Hammer auf einen höchst elastischen Stahlbalken fallen lassen, der stark genug wäre, um ihm zu widerstehen. Er würde zurückspringen, und zwar im günstigsten Falle so hoch zurückspringen können, als er herabgefallen ist, aber niemals höher. Dabei würde seine Masse also wieder emporsteigen und uns in dem Augenblicke, wo sie ihren höchsten Punkt erreicht hat, wieder dieselbe Menge gehobener Fußpfunde darstellen können, wie vor dem Falle, niemals aber eine größere, das heißt also: lebendige Kraft kann eine ebenso große Menge Arbeit wiedererzeugen wie die, aus der sie entstanden war. Sie ist also dieser Arbeitsgröße äquivalent.

Unsere Wanduhren treiben wir durch sinkende Gewichte, die Taschenuhren durch gespannte Federn. Ein Gewicht, welches am Boden liegt, eine elastische Feder, welche erschlafft ist, kann keine Wirkungen hervorbringen; wir müssen, um solche zu erhalten, das Gewicht erst erheben, die Feder spannen. Das geschieht beim Aufziehen der Uhr. Der Mensch, welcher die Uhr aufzieht, teilt ihrem Gewicht oder ihrer Feder ein Gewisses an Arbeitskraft mit, und genau so viel, als ihr mitgeteilt ist, gibt sie in den nächsten vierundzwanzig Stunden allmählich wieder aus, indem sie es langsam verbraucht, um die Reibung der Räder, den Luftwiderstand des Pendels zu überwinden. Das Räderwerk der Uhr bringt also keine Arbeitskraft hervor, die ihm nicht mitgeteilt wäre, sondern verteilt nur die mitgeteilte gleichmäßig auf eine längere Zeit.

In den Kolben einer Windbüchse treiben wir mittels einer Luftverdichtungspumpe eine große Menge Luft ein. Wenn wir nachher den Hahn des Kolbens öffnen und die verdichtete Luft in den Lauf der Büchse treten lassen, so treibt sie die eingeladene Kugel mit ähnlicher Gewalt wie entzündetes Pulver heraus. Nun können wir die Arbeit bestimmen, welche wir beim Einpumpen der Luft aufgewendet haben, und die lebendige Kraft, welche beim Abschießen den Kugeln mitgeteilt ist; aber wir werden letztere nie größer finden als erstere. Die komprimierte Luft hat keine Arbeitskraft erzeugt sondern nur die ihr mitgeteilte an die abgeschossenen Kugeln abgegeben. Und während wir vielleicht eine Viertelstunde gepumpt haben, um die Büchse zu laden, ist die Kraft in den wenigen Sekunden des Abschießens verbraucht worden, hat aber, weil ihre Tätigkeit auf so kurze Zeit zusammengedrängt war, der Kugel auch eine viel größere Geschwindigkeit mitgeteilt, als unser Arm durch eine einfache kurze Wurfbewegung gekonnt hätte.

Aus diesen Beispielen sehen Sie, und die mathematische Theorie hat es für alle Wirkungen rein mechanischer d. h. reiner Bewegungskräfte bestätigt, daß alle unsere Maschinen und Apparate keine Triebkraft erzeugen, sondern nur die Arbeitskraft, welche ihnen allgemeine Naturkräfte, fallendes Wasser und bewegter Wind oder die Muskelkraft der Menschen und Tiere mitgeteilt haben, in anderer Form wieder ausgeben. Nachdem dieses Gesetz durch die großen Mathematiker des vorigen Jahrhunderts allgemein festgestellt war, konnte ein Perpetuum mobile, welches nur rein mechanische Kräfte, als da sind Schwere, Elastizität, Druck der Flüssigkeiten und Gase benutzen wollte, nur noch von verwirrten und schlecht unterrichteten Köpfen gesucht werden. Aber es gibt allerdings noch ein weites Gebiet von Naturkräften, welche nicht zu den reinen Bewegungskräften gerechnet werden, Wärme, Elektrizität, Magnetismus, Licht, chemische Verwandtschaftskräfte, und welche doch alle in den mannigfaltigsten Beziehungen zu den mechanischen Vorgängen stehen. Es gibt kaum einen Naturprozeß irgendwelcher Art, bei dem nicht mechanische Wirkungen mit vorkämen und durch den nicht mechanische Arbeit gewonnen werden könnte. Hier war aber die Frage nach einem Perpetuum mobile noch offen, und gerade die Entscheidung dieser Frage ist der Fortschritt der neueren Physik, über den ich zu berichten versprochen habe.

Bei der Windbüchse hatte der menschliche Arm, welcher die Luft einpumpte, die Arbeit hergegeben, welche beim Losschießen zu leisten war. In den gewöhnlichen Feuergewehren entsteht dagegen die verdichtete Gasmasse, welche die Kugel austreibt, auf einem ganz anderen Wege, nämlich durch Verbrennung des Pulvers. Schießpulver verwandelt sich nämlich bei seiner Verbrennung größtenteils in luftartige Verbrennungsprodukte, welche einen viel größeren Raum einzunehmen streben, als das Volumen des Pulvers vorher betrug. Sie sehen also, daß uns der Gebrauch von Schießpulver die Arbeit erspart, welche bei der Windbüchse der menschliche Arm ausführen mußte.

Auch in den mächtigsten unserer Maschinen, den Dampfmaschinen, sind es stark komprimierte luftförmige Körper, die Wasserdämpfe, welche durch ihr Bestreben, sich auszudehnen, die Maschine in Bewegung setzen. Auch hier verdichten wir die Dämpfe nicht durch eine äußere mechanische Kraft, sondern indem wir Wärme zu einer Wassermasse in einem verschlossenen Kessel leiten, verwandeln wir dieses Wasser in Dampf, der wegen des engen Raumes sogleich unter starker Pressung entsteht. Es ist also die zugeleitete Wärme, welche hier mechanische Kraft erzeugt. Diese zur Heizung der Maschine nötige Wärme würden wir nun auf mancherlei Weise gewinnen können; die gewöhnliche Methode ist, sie durch Verbrennung von Kohle zu erhalten.

Die Verbrennung ist ein chemischer Prozeß. Ein besonderer Bestandteil unserer Atmosphäre, das Sauerstoffgas, besitzt eine mächtige Anziehungskraft oder, wie es die Chemie nennt, eine starke Verwandtschaft zu den Bestandteilen der brennbaren Körper, welche aber meist erst in höherer Temperatur in Wirksamkeit treten kann. Sobald ein Teil des brennbaren Körpers, z. B. der Kohle, hinreichend erhitzt wird, vereinigt sich der Kohlenstoff mit großer Heftigkeit mit dem Sauerstoff der Atmosphäre zu einer eigentümlichen Gasart, der Kohlensäure, derselben, welche aus schäumendem Bier und Champagner entweicht. Bei dieser Verbindung entsteht Wärme und Licht, wie denn überhaupt bei jeder chemischen Vereinigung zweier Körper von starker Verwandtschaft Wärme entsteht, und wenn die Wärme bis zum Glühen geht, Licht. Schließlich sind es also in der Dampfmaschine chemische Prozesse und chemische Kräfte, welche die staunenswerten Arbeitsgrößen dieser Maschinen liefern. Ebenso ist die Verbrennung des Schießpulvers ein chemischer Prozeß, der im Feuergewehr der Kugel ihre lebendige Kraft gibt.

Während uns die Dampfmaschine aus Wärme mechanische Arbeit entwickelt, können wir durch mechanische Kräfte auch Wärme erzeugen. Jeder Stoß, jede Reibung tut es. Ein geschickter Schmied kann einen eisernen Keil durch bloßes Hämmern glühend machen; die Achsen unserer Wagenräder müssen durch sorgfältiges Schmieren vor der Entzündung durch Reibung geschützt werden. Ja, man hat sogar neuerdings dies in größerem Maßstabe benutzt. In einigen Fabriken, wo überflüssige Wasserkraft vorhanden war, verwendete man diese, um zwei große eiserne Platten, deren eine schnell um ihre Achse lief, aufeinander reiben zu lassen, so daß sie sich stark erhitzten. Die gewonnene Wärme heizte das Zimmer, und man hatte einen Ofen ohne Brennmaterial. Könnte nun nicht vielleicht die von den Platten erzeugte Wärme hinreichen, um eine kleine Dampfmaschine zu heizen, welche wiederum imstande wäre, die Platten in Bewegung zu halten? Da wäre das Perpetuum mobile ja gefunden. Diese Frage konnte gestellt werden und war durch die älteren mathematisch-mechanischen Untersuchungen nicht zu entscheiden. Ich bemerke gleich voraus, daß das allgemeine Gesetz, welches ich ihnen darlegen will, sie mit Nein beantworten wird.

Durch einen ähnlichen Plan setzte vor nicht langer Zeit ein spekulativer Amerikaner die industrielle Welt Europas in Aufregung. Dem Publikum sind die magnetelektrischen Maschinen mehrfach als Mittel zur Behandlung der rheumatischen Krankheiten und Lähmungen bekanntgeworden. Indem man den Magneten einer solchen Maschine in schnelle Umdrehung versetzt, erhält man kräftige Ströme von Elektrizität. Leitet man diese durch Wasser, so zersetzen sie das Wasser in seine beiden Bestandteile: Wasserstoffgas und Sauerstoffgas. Durch Verbrennung des Wasserstoffs entsteht wieder Wasser. Geschieht diese Verbrennung nicht in atmosphärischer Luft, von der das Sauerstoffgas nur den fünften Teil ausmacht, sondern in reinem Sauerstoffgas, und bringt man in die Flamme ein Stückchen Kreide, so wird dieses weißglühend und gibt das sonnenähnliche Drummondsche Kalklicht. Gleichzeitig entwickelt die Flamme eine sehr bedeutende Wärmemenge. Unser Amerikaner wollte nun die durch elektrische Zersetzung des Wassers gewonnenen Gasarten in dieser Weise verwerten und behauptete, bei ihrer Verbrennung hinreichende Wärme erhalten zu haben, um eine kleine Dampfmaschine damit zu heizen, welche ihm wiederum seine magnetische Maschine trieb, das Wasser zersetzte und sich so ihr eigenes Brennmaterial fortdauernd selbst bereitete. Dies wäre allerdings die herrlichste Erfindung der Welt gewesen, ein Perpetuum mobile, welches neben der Triebkraft auch noch sonnenähnliches Licht erzeugte und die Zimmer erwärmte. Ausgesonnen war die Sache nicht übel. Jeder einzelne Schritt in dem angegebenen Verfahren war als möglich bekannt, aber diejenigen, welche damals mit den physikalischen Arbeiten, die sich auf unser heutiges Thema beziehen, schon bekannt waren, konnten gleich bei den ersten Berichten behaupten: daß die Sache in die Zahl der vielen Märchen des fabelreichen Amerika gehöre; und in der Tat blieb sie ein Märchen.

Es ist unnötig, noch mehr Beispiele zu häufen. Sie entnehmen aus den gegebenen schon, in wie enger Verbindung Wärme, Elektrizität, Magnetismus, Licht, chemische Verwandtschaften mit den mechanischen Kräften stehen.

Von jeder dieser verschiedenen Erscheinungsweisen der Naturkräfte aus kann man jede andere in Bewegung setzen, meistens nicht bloß auf einem, sondern auf mannigfach verschiedenen Wegen. Es ist damit wie mit dem Webermeisterstück,

Wo ein Tritt tausend Fäden regt,
Die Schifflein herüber, hinüber schießen,
Die Fäden ungesehen fließen,
Ein Schlag tausend Verbindungen schlägt.

Nun ist es klar, daß, wenn es auf irgendeinem Wege gelänge, in dem Sinne, wie jener Amerikaner getan zu haben vorgab, durch mechanische Kräfte chemische, elektrische oder andere Naturprozesse hervorzurufen, welche auf irgendeinem Umweg, aber ohne die in der Maschine tätigen Massen bleibend zu verändern, wieder mechanische Kräfte, und zwar in größerer Menge, erzeugten, als zuerst angewendet waren, man einen Teil der gewonnenen Kraft anwenden könnte, um die Maschine in Gang zu halten, und den Rest der Arbeit zu beliebigen anderen Zwecken benutzen. Es kam nur darauf an, in dem verwickelten Netz von Wechselwirkungen der Naturkräfte, von mechanischen Prozessen ausgehend, irgendeinen Zirkelweg durch chemische, elektrische, magnetische, thermische Prozesse wieder zu mechanischen zurückzufinden, der mit endlichem Gewinn von mechanischer Arbeit zurückzulegen wäre, so war das Perpetuum mobile gefunden.

Aber gewarnt durch die Erfolglosigkeit früherer Versuche, war man klüger geworden. Es wurde im ganzen nicht viel nach Kombinationen gesucht, welche das Perpetuum mobile zu liefern versprachen, sondern man kehrte die Frage um. Man fragte nicht mehr: Wie kann ich die bekannten und unbekannten Beziehungen zwischen den Naturkräften benutzen, um ein Perpetuum mobile zu konstruieren? sondern man fragte: Wenn ein Perpetuum mobile unmöglich sein soll, welche Beziehungen müssen dann zwischen den Naturkräften bestehen? Mit dieser Umkehr der Frage war alles gewonnen. Man konnte die Beziehungen der Naturkräfte zueinander, welche durch die genannte Annahme gefordert werden, leicht vollständig hinstellen; man fand, daß sämtliche bekannten Beziehungen der Kräfte sich den Folgerungen jener Annahme fügen, und man fand gleichzeitig eine Reihe noch unbekannter Beziehungen, deren tatsächliche Nichtigkeit zu prüfen war. Erwies sich eine einzige als unrichtig, so gab es ein Perpetuum mobile.

Der erste, welcher diesen Weg zu betreten suchte, war ein Franzose, S. Carnot, im Jahre 1824. Trotz einer zu beschränkten Auffassung seines Gegenstandes und einer falschen Ansicht von der Natur der Wärme, welche ihn zu einigen irrtümlichen Schlüssen verführte, mißglückte sein Versuch nicht ganz. Er fand ein Gesetz, welches jetzt seinen Namen trägt und auf welches ich noch zurückkommen werde.

Seine Arbeit blieb lange Zeit so gut wie unberücksichtigt, und erst achtzehn Jahre später, von 1842 an, faßten verschiedene Forscher in verschiedenen Ländern unabhängig von Carnot denselben Gedanken. Der erste, welcher das allgemeine Naturgesetz, um welches es sich hier handelt, richtig auffaßte und aussprach, war ein deutscher Arzt, J. R. Mayer in Heilbronn, im Jahre 1842. Wenig später, 1843, übergab ein Däne, Colding, der Akademie von Kopenhagen eine Abhandlung, welche dasselbe Gesetz aussprach und auch einige Versuchsreihen zu seiner weiteren Begründung enthielt. In England hatte Joule um dieselbe Zeit angefangen, Versuchsreihen aufzustellen, welche sich auf denselben Gegenstand bezogen. Wir finden es häufig bei Fragen, zu deren Bearbeitung der zeitige Entwicklungsgang der Wissenschaft hindrängt, daß mehrere Köpfe ganz unabhängig voneinander eine genau übereinstimmende neue Gedankenreihe erzeugen.

Ich selbst hatte, ohne von Mayer und Colding etwas zu wissen und mit Joules Versuchen erst am Ende meiner Arbeit bekanntgeworden, denselben Weg betreten; ich bemühte mich namentlich, alle Beziehungen zwischen den verschiedenen Naturprozessen aufzusuchen, welche aus der angegebenen Betrachtungsweise zu folgern waren, und veröffentlichte meine Untersuchungen 1847 in einer kleinen Schrift unter dem Titel: »Über die Erhaltung der Kraft.«

Seitdem ist im wissenschaftlichen Publikum das Interesse an diesem Gegenstand allmählich gewachsen, namentlich in England, wie ich mich bei einem Aufenthalt daselbst im letzten Sommer zu überzeugen Gelegenheit hatte. Eine große Zahl der wesentlichen Folgerungen jener Betrachtungsweise, deren experimenteller Beweis zur Zeit der ersten theoretischen Arbeiten noch fehlte, ist durch Versuche bestätigt worden, namentlich durch die von Joule, und im letzten Jahre hat auch der bedeutendste der französischen Physiker, Regnault, die neue Anschauungsweise angenommen und durch neue Untersuchungen über die spezifische Wärme der Gasarten wesentlich zu ihrer Stütze beigetragen. Noch fehlt für einige wichtige Folgerungen der experimentelle Beweis, aber die Zahl der Bestätigungen ist so überwiegend, daß ich es nicht für verfrüht halte, auch ein nicht wissenschaftliches Publikum von diesem Gegenstande zu unterhalten.

Wie die Entscheidung der angeregten Frage ausgefallen ist, können Sie sich nach dem Vorausgeschickten nun schon denken. Es gibt durch die ganze Reihe der Naturprozesse keinen Zirkelweg, um ohne entsprechenden Verbrauch mechanische Kraft zu gewinnen. Das Perpetuum mobile bleibt unmöglich. Dadurch gewinnen aber unsere Betrachtungen ein höheres Interesse.

Wir haben bisher die Kraftentwicklung durch Naturprozesse nur in ihrem Verhältnis zum Nutzen des Menschen betrachtet, als Arbeitskraft in Maschinen. Jetzt sehen wir, daß wir auf ein allgemeines Naturgesetz gekommen sind, welches stattfindet ganz unabhängig von der Anwendung, die der Mensch den Naturkräften gibt, wir müssen deshalb auch den Ausdruck des Gesetzes dieser allgemeinen Bedeutung anpassen. Zunächst ist es klar, daß wir Arbeit, welche durch irgendeinen Naturprozeß in einer Maschine unter günstigen Bedingungen erzeugt werden und die in der früher angegebenen Weise auch gemessen werden kann, als ein allen gemeinsames Maß der Kraft benutzen können. Ferner entsteht die wichtige Frage, wenn die Menge der Arbeitskraft ohne entsprechenden Verbrauch nicht vermehrt werden kann, kann sie vermindert werden oder verlorengehen? Für die Zwecke unserer Maschinen allerdings, wenn wir die Gelegenheit verabsäumen, aus den Naturprozessen Nutzen zu ziehen, aber, wie die Untersuchung weiter ergeben hat, nicht für das Naturganze.

Beim Stoß und der Reibung zweier Körper gegeneinander nahm die ältere Mechanik an, daß lebendige Kraft einfach verlorengehe. Aber ich habe schon angeführt, daß jeder Stoß und jede Reibung Wärme erzeugt, und zwar hat Joule das wichtige Gesetz durch Versuche erwiesen, daß für jedes Fußpfund Arbeit, was verlorengeht, immer eine genau bestimmte Menge Wärme entsteht, und daß, wenn durch Wärme Arbeit gewonnen wird, für jedes Fußpfund gewonnener Arbeit wiederum jene Menge Wärme verschwindet. Die Wärmemenge, welche nötig ist, um die Temperatur eines Pfundes Wasser um einen Grad des hundertteiligen Thermometers zu erhöhen, entspricht einer Arbeitskraft, wodurch ein Pfund auf vierhundertfünfundzwanzig Meter gehoben wird; man nennt diese Größe das mechanische Äquivalent der Wärme. Ich bitte zu bemerken, wie diese Tatsachen notwendig zu dem Schlusse führen, daß die Wärme nicht, wie früher ziemlich allgemein angenommen wurde, ein feiner unwägbarer Stoff, daß sie vielmehr, ähnlich dem Licht und Schall, eine besondere Form zitternder Bewegung der kleinsten Körperteile sei. Bei Reibung und Stoß geht nach dieser Vorstellungsweise die scheinbar verlorene Bewegung der ganzen Massen nur in eine Bewegung ihrer kleinsten Teile über, und bei der Erzeugung von Triebkraft durch Wärme geht umgekehrt die Bewegung der kleinsten Teile wieder in eine solche der ganzen Massen über.

Chemische Verbindungen erzeugen Wärme, und zwar ist deren Menge durchaus unabhängig von der Zeitdauer und den Zwischenstufen, in denen die Verbindung vor sich gegangen ist, vorausgesetzt, daß nicht noch andere Wirkungen dabei hervorgebracht werden. Wird aber auch gleichzeitig, wie in der Dampfmaschine, mechanische Arbeit erzeugt, so erhalten wir soviel Wärme weniger als dieser Arbeit äquivalent ist. Die Arbeitsgröße der chemischen Kräfte ist übrigens im allgemeinen sehr groß. Ein Pfund reinste Kohle gibt z. B. verbrannt soviel Wärme, um achttausendsechsundachtzig Pfund Wasser um einen Grad des hundertteiligen Thermometers zu erwärmen; daraus berechnen wir, daß die Größe der chemischen Anziehungskraft zwischen den kleinsten Teilchen von einem Pfund Kohle und dem dazugehörigen Sauerstoff fähig ist, hundert Pfund auf viereinhalb Meilen Höhe zu heben. Leider sind wir in unseren Dampfmaschinen bisher nur imstande, den kleinsten Teil dieser Arbeit wirklich zu gewinnen, das meiste geht in der Form von Wärme unbenutzt verloren. Die besten Expansionsdampfmaschinen geben nur achtzehn Prozent der durch das Brennmaterial erzeugten Wärme als mechanische Arbeit.

Aus einer ähnlichen Untersuchung aller übrigen bekannten physikalischen und chemischen Prozesse geht nun hervor, daß das Naturganze einen Vorrat wirkungsfähiger Kraft besitzt, welcher in keiner Weise weder vermehrt noch vermindert werden kann, daß also die Quantität der wirkungsfähigen Kraft in der unorganischen Natur eben so ewig und unveränderlich ist, wie die Quantität der Materie. In dieser Form ausgesprochen, habe ich das allgemeine Gesetz das Prinzip von der Erhaltung der Kraft genannt.

Wir Menschen können für menschliche Zwecke keine Arbeitskraft erschaffen, sondern wir können sie uns nur aus dem allgemeinen Vorrat der Natur aneignen. Der Waldbach und der Wind, die unsere Mühlen treiben, der Forst und das Steinkohlenlager, welche unsere Dampfmaschinen versehen und unsere Zimmer heizen, sind uns nur Träger eines Teiles des großen Kraftvorrates der Natur, den wir für unsere Zwecke auszubeuten und dessen Wirkungen wir nach unserem Willen zu lenken suchen. Der Mühlenbesitzer spricht die Schwere des herabfließenden Wassers oder die lebendige Kraft des vorbeistreichenden Windes als sein Eigentum an. Diese Teile des allgemeinen Kraftvorrates sind es, die seinem Besitztum den Hauptwert geben.

Daraus übrigens, daß kein Teilchen Arbeitskraft absolut verlorengeht, folgt noch nicht, daß es nicht für menschliche Zwecke unanwendbar werden könne. In dieser Beziehung sind die Folgerungen wichtig, welche W. Thomson aus dem schon erwähnten Gesetz von Carnot gezogen hat. Dieses Gesetz, welches Carnot allerdings fand, indem er sich bemühte, die Beziehungen zwischen Wärme und Arbeit aufzusuchen, welches aber keineswegs zu den notwendigen Folgerungen der Erhaltung der Kraft gehört und durch Clausius erst in dem Sinn abgeändert ist, daß es jenem allgemeinen Naturgesetz nicht mehr widerspricht, gibt einen gewissen Zusammenhang an zwischen der Zusammendrückbarkeit, Wärmekapazität und Ausdehnung durch Wärme für alle Körper. Es ist noch nicht als vollständig tatsächlich erwiesen zu betrachten, hat aber durch einige merkwürdige Tatsachen, die man aus ihm vorausgesagt und später durch Versuche bestätigt hat, eine große Wahrscheinlichkeit bekommen. Man kann ihm außer der von Carnot zuerst aufgestellten mathematischen Form auch folgenden allgemeineren Ausdruck geben: »Nur wenn Wärme von einem wärmeren zu einem kälteren Körper übergeht, kann sie, und auch dann nur teilweise, in mechanische Arbeit verwandelt werden.«

Die Wärme eines Körpers, den wir nicht weiter abkühlen können, können wir auch nicht in eine andere Wirkungsform, in mechanische, elektrische oder chemische Kräfte zurückführen. So verwandeln wir in unseren Dampfmaschinen einen Teil der Wärme der glühenden Kohlen in Arbeit, indem wir sie an das weniger warme Wasser des Kessels übergehen lassen; wenn aber sämtliche Körper der Natur eine und dieselbe Temperatur hätten, würde es unmöglich sein, irgendeinen Teil ihrer Wärme wieder in Arbeit zu verwandeln. Demgemäß können wir den gesamten Kraftvorrat des Weltganzen in zwei Teile teilen: der eine davon ist Wärme und muß Wärme bleiben, der andere, zu dem ein Teil der Wärme der heißeren Körper und der ganze Vorrat chemischer, mechanischer, elektrischer und magnetischer Kräfte gehört, ist der mannigfachsten Formveränderung fähig und unterhält den ganzen Reichtum wechselnder Veränderungen in der Natur.

Aber die Wärme heißer Körper strebt fortdauernd durch Leitung und Strahlung auf die weniger warmen überzugehen und Temperaturgleichgewicht hervorzubringen. Bei jeder Bewegung irdischer Körper geht durch Reibung oder Stoß ein Teil mechanischer Kraft in Wärme über, von der nur ein Teil wieder zurückverwandelt werden kann; dasselbe ist in der Regel bei jedem chemischen und elektrischen Prozeß der Fall. Daraus folgt also, daß der erste Teil des Kraftvorrats, die unveränderliche Wärme, bei jedem Naturprozeß fortdauernd zunimmt, der zweite, der der mechanischen, elektrischen, chemischen Kräfte, fortdauernd abnimmt; und wenn das Weltall ungestört dem Ablauf seiner physikalischen Prozesse überlassen wird, wird endlich aller Kraftvorrat in Wärme übergehen und alle Wärme in das Gleichgewicht der Temperatur kommen. Dann ist jede Möglichkeit einer weiteren Veränderung erschöpft, dann muß vollständiger Stillstand aller Naturprozesse von jeder nur möglichen Art eintreten. Auch das Leben der Pflanzen, Menschen und Tiere kann natürlich nicht weiter bestehen, wenn die Sonne ihre höhere Temperatur und damit ihr Licht verloren hat, wenn sämtliche Bestandteile der Erdoberfläche die chemischen Verbindungen geschlossen haben werden, welche ihre Verwandtschaftskräfte fordern. Kurz das Weltall wird von da an zu ewiger Ruhe verurteilt sein.

Diese Folgerung des Gesetzes von Carnot ist natürlich nur dann bindend, wenn sich das Gesetz bei fortgesetzter Prüfung als allgemeingültig erweist. Indessen scheint wenig Aussicht zu sein, daß es nicht so sein sollte. Jedenfalls müssen wir Thomsons Scharfsinn bewundern, der zwischen den Buchstaben einer schon länger bekannten kurzen mathematischen Gleichung, welche nur von Wärme, Volumen und Druck der Körper spricht, Folgerungen zu lesen verstand, die dem Weltall, aber freilich erst nach unendlich langer Zeit, mit ewigem Tode drohen.

Ich habe Ihnen vorher angekündigt, daß uns unser Weg durch eine dornenvolle und unerquickliche Strecke mathematisch-mechanischer Begriffsentwicklungen führen würde. Jetzt haben wir diesen Teil des Weges zurückgelegt. Das allgemeine Prinzip, welches ich Ihnen darzulegen versucht habe, hat uns auf einen Standpunkt mit weitumfassenden Aussichten gebracht, und wir können mit seiner Hilfe jetzt nach Belieben diese oder jene Seite der umliegenden Welt betrachten, wie sie uns gerade am meisten interessiert. Die Blicke in die engen Laboratorien der Physiker mit ihren kleinlichen Verhältnissen und verwickelten Abstraktionen werden nicht so anziehend sein als der Blick auf den weiten Himmel über uns, Wolken, Flüsse, Wälder und lebende Geschöpfe um uns. Wenn ich dabei Gesetze, welche zunächst nur von den physikalischen Prozessen zwischen irdischen Körpern hergeleitet sind, auch für andere Himmelskörper als gültig betrachte, so erinnere ich daran, daß dieselbe Kraft, welche wir auf der Erde Schwere nennen, in den Welträumen als Gravitation wirkt und auch in den Bewegungen unermeßlich ferner Doppelsterne als wirksam wiederzuerkennen und genau denselben Gesetzen unterworfen ist wie zwischen Erde und Mond; daß Licht und Wärme irdischer Körper in keiner Beziehung wesentlich von dem der Sonne und der fernsten Fixsterne unterschieden sind; daß die Meteorsteine, die aus den Welträumen zuweilen auf die Erde stürzen, ganz dieselben chemisch-einfachen Stoffe enthalten wie die irdischen Körper. Wir werden deshalb nicht anzustehen brauchen, allgemeine Gesetze, welchen sämtliche irdischen Naturprozesse unterworfen sind, auch für andere Weltkörper als gültig zu betrachten. Wir wollen uns also mit unserem Gesetz daran machen, den Haushalt des Weltalls in Bezug auf die Vorräte wirkungsfähiger Kraft ein wenig zu überschauen.

Eine Menge von auffallenden Eigentümlichkeiten in dem Bau unseres Planetensystems deuten darauf hin, daß es einst eine zusammenhängende Masse mit einer gemeinsamen Rotationsbewegung gewesen sei. Ohne eine solche Annahme würde sich nämlich durchaus nicht erklären lassen, warum alle Planeten in derselben Richtung um die Sonne laufen, warum sich alle auch in derselben Richtung um ihre Achse drehen, warum die Ebenen ihrer Bahnen und die ihrer Trabanten und Ringe alle nahehin zusammenfallen, warum ihre Bahnen alle wenig von Kreisen unterschieden sind und manches andere. Aus diesen zurückgebliebenen Andeutungen eines früheren Zustandes haben sich die Astronomen eine Hypothese über die Entstehung unseres Planetensystems gebildet, welche, obgleich sie der Natur der Sache nach immer eine Hypothese bleiben wird, doch in ihren einzelnen Zügen durch Analogien so gut begründet ist, daß sie wohl unsere Aufmerksamkeit verdient, um so mehr, da diese Ansicht auf unserem heimischen Boden, innerhalb der Mauern dieser Stadt, zuerst entstand. Kant war es, der, sehr interessiert für die physische Beschreibung der Erde und des Weltgebäudes, sich dem mühsamen Studium der Werke Newtons unterzogen hatte und als Zeugnis dafür, wie tief er in dessen Grundideen eingedrungen war, den genialen Gedanken faßte, daß dieselbe Anziehungskraft aller wägbaren Materie, welche jetzt den Lauf der Planeten unterhält, auch einst imstande gewesen sein müsse, das Planetensystem aus locker im Weltraum verstreuter Materie zu bilden. Später fand unabhängig von ihm auch Laplace, der große Verfasser der »Mécanique céleste«, denselben Gedanken und bürgerte ihn bei den Astronomen ein.

Den Anfang unseres Planetensystems mit seiner Sonne haben wir uns danach als eine ungeheure nebelartige Masse vorzustellen, die den Teil des Weltraums ausfüllte, wo jetzt unser System sich befindet, bis weit über die Grenzen der Bahn des äußersten Planeten, des Neptun, hinaus. Noch jetzt erblicken wir in fernen Gegenden des Firmaments Nebelflecken, deren Licht, wie die Spektralanalyse lehrt, das Licht glühender Gase ist, in deren Spektrum sich namentlich diejenigen hellen Linien zeigen, welche glühender Wasserstoff und glühender Stickstoff erzeugen. Und auch innerhalb der Räume unseres eigenen Sonnensystems zeigen die Kometen, die Schwärme der Sternschnuppen, das Zodiakallicht deutliche Spuren staubförmig verstreuter Substanz, die aber nach dem Gesetz der Schwere sich bewegt und, zum Teil wenigstens, allmählich von den größeren Körpern zurückgehalten und einverleibt wird. Letzteres geschieht in der Tat mit den Sternschnuppen und Meteormassen, welche in die Atmosphäre unserer Erde geraten.

Berechnet man die Dichtigkeit der Masse unseres Planetensystems nach der gemachten Annahme für die Zeit, wo es ein Nebelball war, der bis an die Bahnen der äußersten Planeten reichte, so findet sich, daß viele Millionen Kubikmeilen erst einen Gran wägbarer Materie enthielten.

Die allgemeine Anziehungskraft aller Materie zueinander mußte aber diese Massen antreiben, sich einander zu nähern und sich zu verdichten, so daß sich der Nebelball immer mehr und mehr verkleinerte, wobei nach mechanischen Gesetzen eine ursprünglich langsame Rotationsbewegung, deren Dasein man voraussetzen muß, allmählich immer schneller und schneller wurde. Durch die Schwungkraft, die in der Nähe des Äquators des Nebelballs am stärksten wirken mußte, konnten von Zeit zu Zeit Massen losgerissen werden, welche dann getrennt von dem Ganzen ihre Bahn fortsetzten und sich zu einzelnen Planeten oder ähnlich dem großen Balle zu Planeten mit Trabantensystemen und Ringen umformten, bis endlich die Hauptmasse zum Sonnenkörper sich verdichtete. Über den Ursprung von Wärme und Licht gab uns jene Ansicht noch keinen Aufschluß.

Als sich jenes Nebelchaos zuerst von anderen Fixsternmassen getrennt hatte, mußte es nicht nur schon sämtliche Materie enthalten, aus der das künftige Planetensystem zusammenzusetzen war, sondern unserem neuen Gesetz gemäß auch den ganzen Vorrat von Arbeitskraft, der einst darin seinen Reichtum von Wirkungen entfalten sollte. In der Tat war ihm eine ungeheuer große Mitgift in dieser Beziehung schon allein in Form der allgemeinen Anziehungskraft aller seiner Teile zueinander mitgegeben. Diese Kraft, welche auf der Erde sich als Schwerkraft äußert, wird in Bezug auf ihre Wirksamkeit in den Weltenräumen die himmlische Schwere oder Gravitation genannt. Wie die irdische Schwere, wenn sie ein Gewicht zur Erde niederzieht, eine Arbeit verrichtet und lebendige Kraft erzeugt, so tut es auch jene himmlische, wenn sie zwei Massenteilchen aus entfernten Gegenden des Weltraums zueinander führt.

Auch die chemischen Kräfte mußten schon vorhanden sein, bereit zu wirken; aber da diese Kräfte erst bei der innigsten Berührung der verschiedenartigen Massen in Wirksamkeit treten können, mußte erst Verdichtung eingetreten sein, ehe ihr Spiel beginnen konnte.

Ob noch ein weiterer Kraftvorrat in Gestalt von Wärme im Uranfang vorhanden war, wissen wir nicht. Jedenfalls finden wir mit Hilfe des Gesetzes der Äquivalenz von Wärme und Arbeit in den mechanischen Kräften jenes Urzustandes eine so reiche Quelle von Wärme und Licht, daß wir gar keine Veranlassung haben, zu einer anderen ursprünglich bestehenden unsere Zuflucht zu nehmen. Wenn nämlich bei der Verdichtung der Massen ihre Teilchen aufeinander stießen und aneinander hafteten, so wurde die lebendige Kraft ihrer Bewegung dadurch vernichtet und mußte zu Wärme werden. Schon in älteren Theorien hat man dessen Rechnung getragen, daß das Zusammenstoßen kosmischer Massen Wärme erzeugen mußte, aber man war weit entfernt davon, auch nur ungefähr beurteilen zu können, wie hoch diese Wärme zu veranschlagen sein möchte. Heut können wir mit Sicherheit bestimmte Zahlenwerte angeben.

Schließen wir uns also der Voraussetzung an, daß am Anfang die Dichtigkeit der nebelartig verteilten Materie verschwindend klein gewesen sei gegen die jetzige Dichtigkeit der Sonne und der Planeten, so können wir berechnen, wieviel Arbeit bei der Verdichtung geleistet worden ist; wir können ferner berechnen, wieviel von dieser Arbeit noch jetzt in Form mechanischer Kraftgrößen besteht als Anziehung der Planeten zur Sonne und als lebendige Kraft ihrer Bewegung, und finden daraus, wieviel in Wärme verwandelt worden ist.

Das Ergebnis dieser Rechnung ist, daß nur noch etwa der vierhundertdreiundvierzigste Teil der ursprünglichen mechanischen Kraft als solche besteht, daß das übrige, in Wärme verwandelt, hinreicht, um eine der Masse der Sonne und Planeten zusammengenommen gleiche Wassermasse um nicht weniger als achtundzwanzig Millionen Grade des hundertteiligen Thermometers zu erhitzen. Zur Vergleichung führe ich an, daß die höchste Temperatur, welche wir im Sauerstoffgebläse hervorbringen können, bei welcher selbst Platina schmilzt und verdampft und nur sehr wenige bekannte Stoffe fest bleiben, auf etwa zweitausend Grad geschätzt wird. Welche Wirkungen wir einer Temperatur von achtundzwanzig Millionen Graden zuschreiben sollen, darüber können wir uns gar keine Idee machen. Wenn die Masse unseres ganzen Systems reine Kohle wäre und das Ganze verbrannt würde, so würde dadurch erst der dreitausendfünfhundertste Teil jener Wärmemenge erzeugt werden. Soviel ist übrigens klar, daß eine so große Wärmeentwicklung selbst das größte Hindernis für eine schnelle Vereinigung der Massen gewesen sein muß, und daß wohl erst der größte Teil davon durch Strahlung in den Weltraum hinein sich verlieren mußte, ehe die Massen so dichte Körper bilden konnten, wie Planeten und Sonne gegenwärtig sind; und als sie sich bildeten, konnten ihre Bestandteile nur in feurigem Flusse sein, was sich übrigens für die Erde noch besonders durch geologische Phänomene bestätigt, während auch bei allen anderen Körpern unseres Systems die abgeplattete Kugelform, welche die Gleichgewichtsform einer rotierenden flüssigen Masse ist, auf einen ursprünglich flüssigen Zustand hindeutet. Wenn ich eine ungeheure Wärmequantität unserem System verlorengehen ließ ohne Ersatz, so ist das kein Widerspruch gegen das Prinzip von der Erhaltung der Kraft. Sie ist wohl unserem Planetensystem verlorengegangen, nicht aber dem Weltall. Sie ist hinausgegangen und geht noch täglich hinaus in die unendlichen Räume, und wir wissen nicht, ob das Mittel, welches die Licht- und Wärmeschwingungen fortleitet, irgendwo Grenzen hat, wo die Strahlen umkehren müssen, oder ob sie für immer ihre Reise in die Unendlichkeit hinein fortsetzen.

Übrigens ist auch noch der gegenwärtig vorhandene Vorrat von mechanischer Kraft in unserem Planetensystem ungeheuren Wärmemengen äquivalent. Könnte unsere Erde durch einen Stoß plötzlich in ihrer Bewegung um die Sonne zum Stillstand gebracht werden–was bei der bestehenden Einrichtung des Planetensystems übrigens nicht zu fürchten ist–, so würde durch diesen Stoß soviel Wärme erzeugt werden, als die Verbrennung von vierzehn Erden aus reiner Kohle zu erzeugen imstande wäre. Ihre Masse würde, auch wenn wir die ungünstigste Annahme über ihre Wärmekapazität machten, sie nämlich der des Wassers gleichsetzen, doch um hundertzwölftausend Grade erwärmt, also ganz geschmolzen und zum größten Teil verdampft werden. Fiele die Erde dann aber, wie es der Fall sein würde, wenn sie zum Stillstand käme, in die Sonne hinein, so würde die durch einen solchen Stoß entwickelte Wärme noch vierhundertmal größer sein.

Noch jetzt wiederholt sich von Zeit zu Zeit ein solcher Prozeß in kleinem Maßstabe. Es kann kaum mehr einem Zweifel unterworfen sein, daß die Sternschnuppen, Feuerkugeln und Meteorsteine Massen sind, welche dem Weltenraum angehören, und ehe sie in das Bereich unserer Erde kamen, nach Art der Planeten sich um die Sonne bewegten. Nur wenn sie in unsere Atmosphäre eindringen, werden sie uns sichtbar und stürzen zuweilen herab. Um zu erklären, daß sie dabei leuchtend werden, und daß die herabgestürzten Stücke im ersten Augenblick sehr heiß sind, hat man schon längst an die Reibung gedacht, die sie in der Luft erleiden. Jetzt können wir berechnen, daß eine Geschwindigkeit von dreitausend Fuß in der Sekunde, wenn die Reibungswärme ganz an die feste Masse überginge, hinreichte, ein Stück Meteoreisen beim Fall auf tausend Grad zu erhitzen, also in lebhaftes Glühen zu versetzen. Nun scheint aber die mittlere Geschwindigkeit der Sternschnuppen dreißig- bis fünfzigmal größer zu sein, nämlich vier bis sechs Meilen in der Sekunde zu betragen. Dafür verbleibt aber jedenfalls auch der beträchtlichste Teil der erzeugten Wärme der verdichteten Luftmasse, welche das Meteor vor sich hertreibt. Bekannt ist, daß helle Sternschnuppen gewöhnlich eine lichte Spur hinter sich lassen, wahrscheinlich glühend losgestoßene Teile ihrer Oberfläche. Meteormassen, welche herabstürzen, zerspringen oft mit heftigen Explosionen, was als eine Wirkung der schnellen Erhitzung anzusehen sein möchte. Die frisch gefallenen Stücke hat man meist heiß, aber nicht glühend gefunden, was sich wohl daraus erklärt, daß während der kurzen Zeit, in der das Meteor die Atmosphäre durcheilte, nur eine dünne Schicht der Oberfläche zum Glühen erhitzt, in das Innere der Masse aber noch wenig Wärme eingedrungen war. Deshalb kann das Glühen auch schnell wieder verschwinden.

So hat uns der Meteorsteinfall, als ein winziger Rest von Vorgängen, welche einst die bedeutendste Rolle in der Bildung der Himmelskörper gespielt zu haben scheinen, in die jetzige Zeit geführt, wo wir aus dem Dunkel hypothetischer Vorstellungen in die Helle des Wissens übergehen. Hypothetisch ist übrigens in dem bisher Vorgetragenen nur die Annahme von Kant und Laplace, daß die Massen unseres Systems anfangs nebelartig im Raum verteilt waren.

Wegen der Seltenheit des Falles wollen wir doch noch bemerken, in wie enger Übereinstimmung sich hier die Wissenschaft einmal mit den alten Sagen der Menschheit und den Ahnungen dichterischer Phantasie befindet. Die Kosmogonien der alten Völker beginnen meist alle mit dem Chaos und der Finsternis, wie denn auch Mephistopheles von sich selbst sagt:

Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs Alles war,
Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar,
Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
Den alten Rang, den Raum, ihr streitig macht.

Auch die mosaische Sage weicht nicht sehr ab, namentlich wenn wir berücksichtigen, daß das, was Moses im Anfang Himmel nennt, von der Veste, dem blauen Himmelsgewölbe, unterschieden ist, also dem Weltraum entspricht, und daß die ungeformte Erde und die Wasser der Tiefe, welche erst später in die über der Veste und die unter der Veste geschieden werden, dem chaotischen Weltstoff gleichen:

»Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, und die Erde war ohne Form und leer, und Finsternis war auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: es werde Licht. Und es ward Licht.«

Aber wie in dem leuchtend gewordenen Nebelball und auf der jungen feurig flüssigen Erde der modernen Kosmogonie war das Licht noch nicht in Sonne und Sterne, die Zeit noch nicht in Tag und Nacht geschieden, wie es erst nach der Erkaltung der Erde geschah.

»Da schied Gott das Licht von der Finsternis, und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.«

Nun erst, und nachdem sich das Wasser im Meer gesammelt und die Erde trockengelegt hatte, konnten Pflanzen und Tiere entstehen, denn für sie:

Taugt einzig Tag und Nacht.

Unsere Erde trägt noch die unverkennbaren Spuren ihres alten feurig flüssigen Zustandes an sich. Die granitene Grundlage ihrer Gebirge zeigt eine Struktur, welche nur durch das kristallinische Erstarren geschmolzener Massen entstanden sein kann. Noch jetzt zeigen die Untersuchungen der Temperatur in Bergwerken und Bohrlöchern an, daß die Wärme in der Tiefe zunimmt, und wenn diese Zunahme gleichmäßig ist, so findet sich schon in der Tiefe von zehn Meilen eine Hitze, bei der alle unsere Gebirgsarten schmelzen. Noch jetzt fördern unsere Vulkane von Zeit zu Zeit mächtige Massen geschmolzenen Gesteins aus dem Innern hervor, als Zeugen von der Glut, die dort herrscht. Aber schon ist die abgekühlte Kruste der Erde so dick geworden, daß, wie die Berechnung ihrer Wärmeleitungsfähigkeit ergiebt, die von innen hervordringende Wärme, verglichen mit der von der Sonne gesendeten, außerordentlich klein ist, und die Temperatur der Oberfläche nur etwa um ein Dreißigstel Grad vermehren kann, so daß der Rest des alten Kraftvorrats, welcher als Wärme im Innern des Erdkörpers aufgespeichert ist, fast nur noch in den vulkanischen Erscheinungen auf die Vorgänge der Oberfläche von Einfluß ist. Diese Vorgänge gewinnen ihre Triebkraft vielmehr fast ganz aus der Einwirkung anderer Himmelskörper, namentlich aus dem Licht und der Wärme der Sonne, teilweise auch – nämlich Ebbe und Flut–aus der Anziehungskraft der Sonne und des Mondes.

Am reichsten ist das Gebiet der Veränderungen, welche wir der Wärme und dem Licht der Sonne verdanken. Die Sonne erwärmt unseren Luftkreis ungleichmäßig, die wärmere verdünnte Luft steigt empor, während von den Seiten neue kühlere hinzufließt; so entstehen die Winde. Am mächtigsten wirkt diese Ursache am Äquator ein, dessen wärmere Luft in den höheren Schichten der Atmosphäre fortdauernd nach den Polen zu abfließt, während ebenso anhaltend am Erdboden selbst die Passatwinde neue kühlere Luft nach dem Äquator zurückführen. Ohne Sonnenwärme würden alle Winde notwendig aufhören. Ähnliche Strömungen entstehen aus dem gleichen Grunde im Meereswasser. Von ihrer Mächtigkeit zeugt namentlich der Einfluß, den sie auf das Klima mancher Gegenden haben. Durch sie wird das warme Wasser des Antillenmeeres zu den britischen Inseln herübergeführt und bringt diesen eine milde, gleichmäßige Wärme und reichliche Feuchtigkeit, während durch eben solche das Treibeis des Nordpols bis in die Gegend von Neufundland geführt, rauhe Kälte verbreitet. Ferner wird durch die Sonnenwärme ein Teil des Wassers verdampft, steigt in die oberen Schichten der Atmosphäre, wird zu Nebeln verdichtet und bildet Wolken oder fällt als Regen und Schnee wieder auf den Erdboden und seine Berge zurück, sammelt sich in Form von Quellen, Bächen und Flüssen, um endlich in das Meer zurückzukehren, nachdem es die Felsen zernagt, lockeres Erdreich weggeschwemmt und so das seinige an der geologischen Veränderung der Erde getan, vielleicht auch noch unterwegs unsere Wassermühlen getrieben hat. Nehmen wir die Sonnenwärme weg, so kann auf der Erde nur eine einzige Bewegung des Wassers noch übrigbleiben, nämlich Ebbe und Flut, welche durch die Anziehung der Sonne und des Mondes hervorgerufen werden.

Wie ist es nun mit den Bewegungen und der Arbeit der organischen Wesen? Jenen Erbauern der Automaten des vorigen Jahrhunderts erschienen Menschen und Tiere als Uhrwerke, welche nie aufgezogen würden und sich ihre Triebkraft aus nichts schafften; sie wußten die aufgenommene Nahrung noch nicht in Verbindung zu setzen mit der Krafterzeugung. Seitdem wir aber an der Dampfmaschine diesen Ursprung von Arbeitskraft kennengelernt haben, müssen wir fragen: Verhält es sich beim Menschen ähnlich? In der Tat ist die Fortdauer des Lebens an die fortdauernde Aufnahme von Nahrungsmitteln gebunden, diese sind verbrennliche Substanzen, welche denn auch wirklich, nachdem sie nach vollendeter Verdauung in die Blutmasse übergegangen sind, in den Lungen einer langsamen Verbrennung unterworfen werden und schließlich fast ganz in dieselben Verbindungen mit dem Sauerstoff der Luft übergehen, welche bei einer Verbrennung in offenem Feuer entstehen würden. Da die Quantität der durch Verbrennung erzeugten Wärme unabhängig ist von der Dauer der Verbrennung und den Zwischenstufen, in denen sie erfolgt, so können wir auch aus der Masse des verbrauchten Materials berechnen, wieviel Wärme oder dieser äquivalente Arbeit von einem Tierkörper dadurch erzeugt werden kann. Leider sind die Schwierigkeiten der Versuche noch sehr groß; innerhalb derjenigen Grenzen der Genauigkeit aber, welche dabei bis jetzt erreicht werden konnten, zeigen sie, daß die im Tierkörper wirklich erzeugte Wärme der durch die chemischen Prozesse zu liefernden entspricht. Der Tierkörper unterscheidet sich also durch die Art, wie er Wärme und Kraft gewinnt, nicht von der Dampfmaschine, wohl aber durch die Zwecke und die Weise, zu welchen und in welcher er die gewonnene Kraft weiter benutzt. Er ist außerdem in der Wahl seines Brennmaterials beschränkter als die Dampfmaschine. Letztere würde mit Zucker, Stärkemehl und Butter ebensogut geheizt werden können, wie mit Steinkohlen und Holz; der Tierkörper muß sein Brennmaterial künstlich auflösen und durch seinen Organismus verteilen, er muß ferner fortdauernd das leicht abnutzbare Material seiner Organe erneuern, und da er die dazu nötigen Stoffe nicht selbst bilden kann, sie von außen aufnehmen. Liebig hat zuerst auf diese wesentlich verschiedenen Bestimmungen der aufgenommenen Nahrung aufmerksam gemacht. Als Bildungsmaterial für den fortwährenden Neubau des Körpers können, wie es scheint, ganz allein bestimmte eiweißartige Stoffe benutzt werden, welche in den Pflanzen vorkommen und die Hauptmasse des Tierkörpers bilden. Sie bilden nur einen kleinen Teil der täglichen Nahrungsmasse, die übrigen Nahrungsstoffe, Zucker, Stärkemehl, Fett, sind in der Tat nur Heizungsmaterial und können vielleicht nur deshalb nicht durch Steinkohlen ersetzt werden, weil diese sich nicht auflösen lassen.

Wenn sich die Prozesse des Tierkörpers in dieser Beziehung nicht von den unorganischen unterscheiden, so entsteht die Frage: wo kommen die Nahrungsmittel her, welche für ihn die Quelle der Kraft sind? Die Antwort ist: aus dem Pflanzenreich. Denn nur Pflanzenstoffe oder das Fleisch pflanzenfressender Tiere können als Nahrungsmittel verbraucht werden. Die pflanzenfressenden Tiere bilden nur eine Zwischenstufe, welche den Fleischfressern, denen wir hier auch den Menschen beigesellen müssen, Nahrung aus solchen Pflanzenstoffen zubereitet, die jene nicht selbst unmittelbar als Nahrung gebrauchen können. Im Heu und Gras sind im wesentlichen dieselben nährenden Substanzen enthalten wie im Getreidemehl, nur in geringerer Quantität. Da aber die Verdauungsorgane des Menschen nicht imstande sind, die geringe Menge des Brauchbaren aus dem großen Überschuß des Unlöslichen auszuziehen, so unterwerfen wir diese Stoffe zunächst den mächtigen Verdauungsorganen des Rindes, lassen die Nahrung in dessen Körper aufspeichern, um sie schließlich in angenehmerer und brauchbarerer Form für uns zu gewinnen. Wir werden also mit unserer Frage auf das Pflanzenreich zurückgewiesen. Wenn man nun die Einnahme und Ausgabe der Pflanzen untersucht, so findet man, daß ihre Haupteinnahme in den Verbrennungsprodukten besteht, welche das Tier erzeugt. Sie nehmen den bei der Atmung verbrannten Kohlenstoff, die Kohlensäure, aus der Luft auf, den verbrannten Wasserstoff als Wasser, den Stickstoff ebenfalls in seiner einfachsten und engen Verbindung als Ammoniak, und erzeugen aus diesen Stoffen mit Beihilfe weniger Bestandteile, die sie aus dem Boden aufnehmen, von neuem die zusammengesetzten verbrennlichen Substanzen, Eiweiß, Zucker, Öl, von denen das Tier lebt. Hier scheint also ein Zirkel zu sein, der eine ewige Kraftquelle ist. Die Pflanzen bereiten Brennmaterial und Nährstoffe, die Tiere nehmen diese auf, verbrennen sie langsam in ihren Lungen, von den Verbrennungsprodukten leben wieder die Pflanzen. Diese sind eine ewige Quelle chemischer, jene mechanischer Kraftgrößen. Sollte die Verbindung beider organischen Reiche das Perpetuum mobile herstellen? Wir dürfen nicht so schnell schließen; weitere Untersuchung ergibt, daß die Pflanzen verbrennliche Substanz nur unter dem Einfluß des Sonnenlichtes zu bereiten vermögen. Ein Teil der Sonnenstrahlen zeichnet sich durch merkwürdige Beziehungen zu den chemischen Kräften aus, er kann chemische Verbindungen schließen und lösen; man nennt diese Strahlen, welche meist von blauer oder violetter Farbe sind, deshalb chemische Strahlen. Wir benutzen ihre Wirksamkeit namentlich bei der Anfertigung von Lichtbildern. Hier sind es Verbindungen des Silbers, die an den Stellen, wo sie von den Lichtstrahlen getroffen werden, sich zersetzen. Dieselben Sonnenstrahlen trennen in den grünen Pflanzenblättern die mächtige chemische Verwandtschaft des Kohlenstoffs der Kohlensäure zum Sauerstoff, geben letzteren frei der Atmosphäre zurück und häufen ersteren mit anderen Stoffen verbunden als Holzfaser, Stärkemehl, Öl oder Harz in der Pflanze an. Diese chemisch wirkenden Strahlen des Sonnenlichtes verschwinden vollständig, sobald sie grüne Pflanzenteile treffen; daher erscheinen denn auch die grünen Pflanzenblätter auf Photographien so gleichmäßig schwarz, da das von ihnen kommende Licht, dem die chemischen Strahlen fehlen, auch auf Silberverbindungen nicht mehr wirkt. Außer den blauen und violetten Strahlen spielen übrigens auch die gelben eine hervorragende Rolle bei dem Wachstum der Pflanzen. Auch sie werden durch Pflanzenblätter verhältnismäßig stark absorbiert.

Es verschwindet also wirkungsfähige Kraft des Sonnenlichtes, während verbrennliche Stoffe in den Pflanzen erzeugt und aufgehäuft werden, und wir können als sehr wahrscheinlich vermuten, daß das erstere der Grund des zweiten ist. Allerdings, muß ich bemerken, besitzen wir noch keine Versuche, aus denen sich bestimmen ließe, ob die lebendige Kraft der verschwundenen Sonnenstrahlen auch dem während derselben Zeit angehäuften chemischen Kraftvorrat entspricht, und solange diese fehlen, können wir die angegebene Beziehung noch nicht als Gewißheit betrachten. Wenn sich diese Ansicht bestätigt, so ergibt sich daraus für uns das schmeichelhafte Resultat, daß alle Kraft, vermöge deren unser Körper lebt und sich bewegt, ihren Ursprung direkt aus dem reinsten Sonnenlichte herzieht und wir alle also an Adel der Abstammung dem großen Monarchen des Chinesischen Reiches, der sich sonst allein Sohn der Sonne nennt, nicht nachstehen. Aber freilich teilen diesen ätherischen Ursprung auch alle unsere niederen Mitgeschöpfe, die Kröte und der Blutegel, die ganze Pflanzenwelt und selbst das Brennmaterial, urweltliches wie jüngst gewachsenes, was wir unseren Öfen und Maschinen zuführen.

So sehen Sie denn, daß der ungeheure Reichtum von immer neu wechselnden meteorologischen, klimatischen, geologischen und organischen Vorgängen unserer Erde fast allein durch die leuchtenden und wärmenden Strahlen der Sonne im Gange erhalten wird, und Sie haben daran gleich ein auffallendes Beispiel, wie proteusartig die Wirkungen einer Ursache in der Natur unter abgeänderten äußeren Bedingungen wechseln können. Außerdem erleidet die Erde noch eine andere Art der Einwirkung von ihrem Zentralgestirn, sowie von ihrem Trabanten, dem Mond, welche sich in den merkwürdigen Phänomen der Ebbe und Flut des Meeres zu erkennen gibt.

Jedes dieser Gestirne erregt durch seine Anziehung auf das Meereswasser zwei riesige Wellen, welche in derselben Richtung um die Erde laufen, wie es scheinbar die Gestirne tun; die beiden Wellen des Mondes sind wegen seiner größeren Nähe etwa dreieinhalbmal so groß als die von der Sonne erregten. Die eine dieser Wellen hat ihren Höhepunkt auf dem Viertel der Erdoberfläche, welches dem Monde zugekehrt ist, die andere auf dem gerade entgegengesetzten. Diese beiden Viertel haben dann Flut, die dazwischenliegenden Ebbe. Obgleich im offenen Meere die Höhe der Flut nur etwa drei Fuß beträgt und sie sich nur in einzelnen engen Kanälen, wo sich das bewegte Wasser zusammendrängt, bis gegen dreißig Fuß steigert, so geht doch die Mächtigkeit des Phänomens aus der Berechnung von Bessel hervor, wonach ein vom Meere bedecktes Viertel der Erdoberfläche während seiner Flutzeit etwa zweihundert Kubikmeilen Wasser mehr besitzt, als während der Ebbe, und daß also eine solche Wassermasse während sechseinviertel Stunden von einem Erdviertel zum andern fließen muß.

Das Phänomen der Ebbe und Flut steht, wie schon Mayer erkannt hat, verbunden mit dem Gesetz von der Erhaltung der Kraft, in einer merkwürdigen Beziehung zu der Frage über die Beständigkeit unseres Planetensystems. Die von Newton gefundene mechanische Theorie der Planetenbewegungen lehrt, daß wenn ein fester Körper im absolut leeren Raum, von der Sonne angezogen, sich in der Weise der Planeten um diese bewegt, seine Bewegung unverändert weiterbestehen wird bis in alle Ewigkeit.

Nun haben wir in Wirklichkeit nicht einen, sondern viele Planeten, welche sich um die Sonne bewegen und durch ihre gegenseitige Anziehung kleine Veränderungen und Störungen in ihren Bahnen hervorbringen. Indessen hat Laplace in seinem großen Werke, der Mécanique céleste, nachgewiesen, daß in unserem Planetensystem alle diese Störungen periodisch zu- und abnehmen und nie gewisse Grenzen überschreiten können, so daß also auch dadurch für alle Ewigkeit das Bestehen des Planetensystems nicht gefährdet werde.

Aber ich habe schon zwei Voraussetzungen genannt, welche gemacht werden mußten, erstens, daß der Weltraum absolut leer sei, zweitens, daß die Sonne und Planeten feste Körper seien. Das erstere ist wenigstens insofern der Fall, als man, so weit die astronomischen Beobachtungen zurückreichen, noch keine solche Veränderung in der Bewegung der Planeten hat entdecken können, wie sie ein widerstehendes Mittel hervorbringen würde. Aber an einem kleineren Himmelskörper von geringer Masse, dem Enkeschen Kometen, finden sich Veränderungen solcher Art; er beschreibt immer enger werdende Ellipsen um die Sonne. Wenn diese Art der Bewegung, die allerdings der in einem widerstehenden Mittel entspricht, wirklich von einem solchen herrührt, so wird eine Zeit kommen, wo er in die Sonne stürzt; und auch den Planeten droht endlich ein solcher Untergang, wenn auch erst nach Zeiträumen, von deren Länge wir uns keinen Begriff machen können. Wenn uns aber auch die Existenz eines widerstrebenden Mittels zweifelhaft erscheinen könnte, so ist es nicht zweifelhaft, daß die Planeten nicht ganz aus festen und unbeweglich verbundenen Massen bestehen. Zeichen von vorhandenen Atmosphären sind an der Sonne, der Venus, dem Mars, Jupiter und Saturn gefunden, Zeichen von Wasser und Eis auf dem Mars, und unsere Erde hat unzweifelhaft einen flüssigen Teil an ihrer Oberfläche, und vielleicht einen noch größeren in ihrem Innern. Die Bewegungen der Ebbe und Flut in den Meeren wie in den Atmosphären geschehen aber mit Reibung; jede Reibung vernichtet lebendige Kraft, der Verlust kann in diesem Falle nur die lebendige Kraft der Planetenbewegungen treffen. Wir kommen dadurch zu dem unvermeidlichen Schluß, daß jede Ebbe und Flut fortdauernd und, wenn auch unendlich langsam, doch sicher, den Vorrat mechanischer Kraft des Systems verringert, wobei sich die Achsendrehung der betreffenden Planeten verlangsamen muß. In der Tat ist eine solche Verzögerung für die Erde durch die neueren sorgfältigen Untersuchungen der Mondbewegung von Hansen, Adams und Delaunay nachgewiesen worden. Nach ersterem hat seit Hipparch die Dauer jedes Sterntages um eine einundachtzigstel Sekunde, die Dauer eines Jahrhunderts um eine halbe Viertelstunde zugenommen; nach Adams und W. Thomson wäre die Zunahme fast doppelt so groß. Eine Uhr, die zu Anfang eines Jahrhunderts richtig ginge, würde der Erde zu Ende des Jahrhunderts zweiundzwanzig Sekunden vorausgeeilt sein. Laplac hatte die Existenz einer solchen Verzögerung der Umdrehung der Erde geleugnet; um ihren Betrag zu finden, mußte die Theorie der Mondbewegung erst viel genauer entwickelt werden, als das zu seiner Zeit möglich war. Der endliche Erfolg dieser Verzögerung des Erdumlaufes wird sein, aber erst nach Millionen von Jahren, wenn inzwischen das Meer nicht eingefroren ist, daß sich eine Seite der Erde konstant der Sonne zukehren und ewigen Tag, die entgegengesetzte dagegen ewige Nacht haben würde. Eine solche Stellung finden wir an unserem Monde in bezug auf die Erde und auch an anderen Trabanten in bezug auf ihre Planeten; sie ist vielleicht die Wirkung der gewaltigen Ebbe und Flut, denen diese Körper einst zur Zeit ihres feurig-flüssigen Zustandes unterworfen gewesen sind.

Ich würde diese Schlüsse, welche uns wieder in die fernste Ferne zukünftiger Zeit hinausführen, nicht beigebracht haben, wenn sie nicht eben unvermeidlich wären. Physikalisch-mechanische Gesetze sind wie Teleskope unseres geistigen Auges, welche in die fernste Nacht der Vergangenheit und Zukunft eindringen.

Eine andere wesentliche Frage für die Zukunft unseres Planetensystems ist die über die künftige Temperatur und Erleuchtung. Da die innere Wärme des Erdballs wenig Einfluß auf die Temperatur der Erdoberfläche hat, so kommt es hier wesentlich nur auf die von der Sonne ausströmende Wärme an. Es kann gemessen werden, wieviel Sonnenwärme hier auf der Erde in einer gegebenen Zeit eine gegebene Fläche trifft, und daraus kann berechnet werden, wieviel in einer gewissen Zeit von der Sonne ausgeht. Dergleichen Messungen sind von dem französischen Physiker Pouillet ausgeführt worden und haben ergeben, daß die Sonne soviel Wärme abgibt, daß an ihrer ganzen Oberfläche stündlich eine Schicht dichtesten Kohlenstoffs von etwa zehn Fuß Mächtigkeit abbrennen müßte, um sie durch Verbrennung zu erzeugen, in einem Jahre also etwa eine Schicht von dreieinhalb Meilen. Würde diese Wärme aber dem ganzen Sonnenkörper gleichmäßig entzogen, so würde seine Temperatur doch jährlich nur um eineinviertel Grad erniedrigt werden, wenn wir seine Wärmekapazität der des Wassers gleichsetzen. Diese Angaben können uns wohl die Größe der Ausgabe im Verhältnis zur Oberfläche und dem Inhalt der Sonne anschaulich machen; sie können uns aber keinen Aufschluß darüber geben, ob die Sonne nur als glühender Körper die Wärme ausstrahlt, die seit ihrer Entstehung in ihr angehäuft ist, oder ob fortdauernd eine Neuerzeugung vermöge chemischer Prozesse an ihrer Oberfläche stattfindet. Jedenfalls lehrt uns unser Gesetz von der Erhaltung der Kraft, daß kein Prozeß, der den auf der Erde bekannten analog ist, in der Sonne die Wärme- und Lichtausstrahlung für ewige Zeiten unerschöpflich unterhalten kann. Aber dasselbe Gesetz lehrt uns auch, daß die vorhandenen Kraftvorräte, welche als Wärme schon existieren oder einst zu Wärme werden können, noch für unermeßlich lange Zeiten ausreichen. Über die Vorräte chemischer Kraft in der Sonne können wir nichts mutmaßen, die in ihr aufgehäuften Wärmevorräte nur durch sehr unsichere Schätzungen bestimmen. Wenn wir aber der sehr wahrscheinlichen Ansicht folgen, daß die von den Astronomen gefundene, für ein Gestirn von so großer Masse auffallend geringe Dichtigkeit durch die hohe Temperatur bedingt sei und mit der Zeit größer werden könne, so läßt sich berechnen, daß, wenn der Durchmesser der Sonne sich nur um den zehntausendsten Teil seiner jetzigen Größe verringerte, dadurch hinreichend viel Wärme erzeugt würde, um die ganze Ausgabe für zweitausendeinhundert Jahre zu decken. Eine so geringe Veränderung des Durchmessers würde übrigens durch die feinsten astronomischen Beobachtungen nur mit Mühe erkannt werden können.

In der Tat hat sich seit der Zeit, von der wir historische Nachrichten haben, also seit etwa viertausend Jahren, die Temperatur der Erdoberfläche nicht merklich verringert. Wir haben aus so alter Zeit allerdings keine Thermometerbeobachtungen; aber wir haben Angaben über die Verbreitung einiger Kulturpflanzen, des Weinstocks, Ölbaums, welche gegen Änderungen der mittleren Jahrestemperatur sehr empfindlich sind, und finden, daß diese Pflanzen noch jetzt genau dieselbe Verbreitungsgrenze haben wie zu den Zeiten des Abraham und Homer, woraus denn rückwärts auf die Beständigkeit des Klimas zu schließen ist.

Als Gegengrund gegen diese Behauptung hatte man sich auf den Umstand berufen, daß ehemals die deutschen Ritter hier in Preußen Wein gebaut, gekeltert und getrunken hätten, was jetzt nicht mehr möglich sei. Man wollte daraus schließen, daß die Wärme unseres Klimas seit jener Zeit abgenommen habe. Dagegen hat schon Dove Berichte alter Chronisten zitiert, wonach in einigen besonders heißen Jahren das Erzeugnis der preußischen Reben etwas weniger von seiner gewöhnlichen Säure gehabt habe. Diese Tatsache spricht also nicht für die Wärme des Klimas, sondern nur für die Kehlen der deutschen Herren.

Aber wenn auch die Kraftvorräte unseres Planetensystems so ungeheuer groß sind, daß sie durch die fortdauernden Ausgaben innerhalb der Dauer unserer Menschheitsgeschichte nicht merklich verringert werden konnten, wenn sich auch die Länge der Zeiträume noch gar nicht ermessen läßt, welche vorbeigehen müssen, ehe merkliche Veränderungen in dem Zustande des Planetensystems eintreten können: so weisen doch unerbittliche mechanische Gesetze darauf hin, daß diese Kraftvorräte, welche nur Verlust, keinen Gewinn erleiden können, endlich erschöpft werden müssen. Sollen wir darüber erschrecken? Die Menschen pflegen die Größe und Weisheit des Weltalls danach abzumessen, wieviel Dauer und Vorteil es ihrem eigenen Geschlecht verspricht; aber schon die vergangene Geschichte des Erdballs zeigt, einen wie winzigen Augenblick in seiner Dauer die Existenz des Menschengeschlechts ausgemacht hat. Ein wendisches Tongefäß, ein römisches Schwert, was wir im Boden finden, erregt in uns die Vorstellung grauen Altertums; was uns die Museen Europas von den Überbleibseln Ägyptens und Syriens zeigen, sehen wir mit schweigendem Staunen an und verzweifeln, uns zu der Vorstellung einer so weit zurückliegenden Zeitperiode aufzuschwingen; und doch mußte das Menschengeschlecht offenbar schon Jahrtausende bestanden und sich vermehrt haben, ehe die Pyramiden und Ninive gebaut werden konnten. Wir schätzen die Menschengeschichte auf sechstausend Jahre; aber so unermeßlich uns dieser Zeitraum auch erscheinen mag, wo bleibt sie gegen die Zeiträume, während welcher die Erde schon eine lange Reihenfolge jetzt ausgestorbener, einst üppiger und reicher Tier- und Pflanzengeschlechter, aber keine Menschen trug, während welcher in unserer Gegend der Bernsteinbaum grünte und sein kostbares Harz in die Erde und das Meer träufelte, wo in Sibirien, Europa und dem Norden Amerikas tropische Palmenhaine wuchsen, Rieseneidechsen und später Elefanten hausten, deren mächtige Reste wir noch im Erdboden begraben finden? Verschiedene Geologen haben nach verschiedenen Anhaltspunkten die Dauer jener Schöpfungsperiode zu schätzen gesucht und schwanken zwischen ein und neun Millionen von Jahren. Und wiederum war die Zeit, wo die Erde organische Wesen erzeugte, nur klein gegen die, wo sie ein Ball geschmolzenen Gesteins gewesen ist. Für die Dauer ihrer Abkühlung von zweitausend bis zweihundert Grad ergeben sich nach Versuchen von Bischof über die Erkaltung geschmolzenen Basalts etwa dreihundertfünfzig Millionen Jahre. Und über die Zeit, wo sich der Ball des Urnebels zum Planetensystem verdichtete, müssen unsere kühnsten Vermutungen schweigen. Die bisherige Menschengeschichte war also nur eine kurze Welle in dem Ozean der Zeiten; für viel längere Reihen von Jahrtausenden, als unser Geschlecht bisher erlebt hat, scheint der jetzige seinem Bestehen günstige Zustand der unorganischen Natur gesichert zu sein, so daß wir für uns und lange, lange Reihen von Generationen nach uns nicht zu fürchten haben. Aber noch arbeiten dieselben Kräfte der Luft, des Wassers und des vulkanischen Innern an der Erdrinde weiter, welche frühere geologische Revolutionen verursacht und eine Reihe von Lebensformen nach der anderen begraben haben. Sie werden wohl eher den Jüngsten Tag des Menschengeschlechts herbeiführen, als jene weit entlegenen kosmischen Veränderungen, die wir früher besprachen, und uns zwingen, vielleicht neuen vollkommeneren Lebensformen Platz zu machen, wie uns und unseren jetzt lebenden Mitgeschöpfen einst die Rieseneidechsen und Mammuts Platz gemacht haben.

So hat uns der Faden, den diejenigen, welche dem Traume des Perpetuum mobile nachfolgten, in Dunkelheit angesponnen haben, zu einem allgemeinen Grundgesetz der Natur geführt, welches Lichtstrahlen in die fernen Nächte des Anfangs und des Endes der Geschichte des Weltalls aussendet. Auch unserem eigenen Geschlecht will es wohl ein langes, aber kein ewiges Bestehen zulassen; es droht ihm mit einem Tage des Gerichts, dessen Eintrittszeit es glücklicherweise noch verhüllt. Wie der einzelne den Gedanken seines Todes ertragen muß, muß es auch das Geschlecht; aber es hat vor anderen untergegangenen Lebensformen höhere sittliche Aufgaben voraus, deren Träger es ist und mit deren Vollendung es seine Bestimmung erfüllt.

Hermann von Helmholtz


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