Friedrich Hebbel
Der Diamant
Friedrich Hebbel

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Dritter Akt.

Erste Szene.

Gerichtsstube. Richter Kilian. Jörg.

Kilian. Es bleibt dabei, Jörg. Ihr schickt Euren Jungen regelmäßig zur Schule, oder –

Jörg. Oder –

Kilian. Oder es gibt was!

Jörg. Ich tu' es aber doch nicht!

Kilian. Jörg, ich verwundre mich. Ihr seid in allen Dingen so folgsam, daß Ihr für einen durchs Feuer lauft, und Euch nicht einmal die Sohlen bezahlen laßt. Und gerade hierin so halsstarrig! Wenn Euer Junge Euch bei der Arbeit helfen könnte, so wollt' ich's noch begreifen und ein Auge zudrücken, aber den ganzen Tag liegt der Maulaff an der Landstraße, und neckt sich, da es an andern Spielkameraden fehlt, mit den Hunden, die vorüberlaufen. Es ist eine Schande!

Jörg. Herr Richter Kilian, es ist aber doch ein heimlicher Menschenverstand dabei!

Kilian. Den möcht' ich kennen lernen!

Jörg. Ei was! Der Junge soll nicht klüger werden, als sein Vater ist. Er ist mir schon jetzt zu klug. An keinem Bäcker- oder Schuhmacherschild kann ich mit ihm vorübergehen, er liest herunter, was darauf steht, als ob's nichts wäre, und macht mich schamrot. Lass' ich ihn noch weiter kommen, so verliert er zuletzt allen Respekt vor mir.

Kilian. Dummheit! Es bleibt bei dem, was ich sagte!

Jörg. Und auch bei dem, was ich sagte. Das Schulgeld bezahl' ich, nach wie vor, und esse nur alle vierzehn Tage Fleisch, um es zusammenzubringen. Aber haben will ich nichts dafür, dazu hab' ich den Jungen nicht gezeugt, daß ich mich vor ihm schämen will. (Ab.)

Zweite Szene.

Kilian (allein). Das ist nun das drittemal, daß ich den Menschen ermahne. Es hilft nichts, ich muß ihm anders kommen. Morgen mag's noch hingehen, denn er ist noch einen Tag für mich mit dem Heumachen beschäftigt, aber übermorgen schmeiß' ich ihn ins Loch. Es saß ohnehin schon lange keiner mehr darin, und die Ratzen werden gar zu übermütig, wenn man ihnen nicht dann und wann zeigt, daß das Gefängnis nicht für sie allein da ist. Der alte Kasten wird seinen Eigensinn bald brechen, es gibt keinen bessern in der Welt, man braucht die Missetäter nur hineinzusetzen, so bekennen sie alles, bloß um wieder herauszukommen, bevor er zusammenbricht und sie erschlägt. Man bringe mir Räuber, Mörder, die ärgsten Frevler: ich verbürge mich, daß sie in sich gehen werden, sobald der Wind aus Nordost bläst. Darum lass' ich auch nichts daran reparieren, keine Fuge zustreichen, keinen Dachziegel einhängen. (Er kramt unter Papieren.) Ei, ei, Kilian, du hast ja das neue Mandat noch nicht gelesen! (Er nimmt's und liest:) Königliche Majestät vermissen einen Diamant; wer ihn wieder liefert – – (Er wirft's fort.) Was quäl' ich meine alten ausgedienten Augen! Auf dem Lande gibt's keine Diamantendiebe, denn es gibt keine Diamantenkenner, mich ausgenommen, und ich bin niemals in der Königlichen Schatzkammer gewesen, also habe ich auch nichts daraus gestohlen. (Er sieht noch einmal ins Mandat.) Man soll forschen, passen – (Er wirft's wieder von sich.) Ich könnte höchstens die Elstern und Starmätze herunterschießen lassen, die etwa vorüberfliegen, die sollen ja zuweilen Edelsteine und Kleinodien im Schnabel bei sich führen.

Dritte Szene.

Schlüter (tritt ein). Herr Richter –

Kilian. Gibt's Buckel vor der Tür, die zu bläuen sind? Herein damit! Er soll mir darüber her, und so lange, bis es ihm reizender deucht, geprügelt zu werden, als zu prügeln!

(Schlüter ab.)

Kilian. Der liegt den ganzen Tag in meinem Hause herum, und um seine Faulheit zu verdecken, stellt er sich, als ob ihn der Dienst beschäftige. Mich soll der Teufel holen, wo ich nicht manchen Vagabunden durchwackeln ließ, bloß um ihm eine ungelegene Motion zu machen! Der Kerl sieht mir bei allem auf die Finger! Man kann keinen Mittagsschlaf halten, er weiß auf die Minute, wie lange er gedauert hat!

Vierte Szene.

Benjamin. Jakob. Dr. Pfeffer. Block und Schlüter treten ein.

Benjamin. Endlich bin ich am rechten Ort!

Dr. Pfeffer. Was fällt dem Juden ein?

Benjamin. Herr Richter, wem steht das erste Wort zu, dem Kläger oder dem Verklagten, dem Angeber oder dem Dieb?

Kilian. Dem Kläger, dem Angeber, wem sonst?

Benjamin. Nun, der bin ich!

Jakob. Du?

Benjamin. Ich, Bauer, ich! Hier fürchtet man sich nicht mehr vor gezogenen Messern, hier hat man Mut, denn man hat Schutz, hier wird man sprechen, wie man muß, ohne Furcht, ohne Ansehen der Person. Und also trete ich vor, ich, Benjamin, Salomons Sohn, und erkläre, daß dieser Bauer, den ich nicht zu nennen weiß, einen Diamanten gestohlen hat; er selbst wird am besten wissen, wem!

Jakob. Nun, Jude, dich soll –

Benjamin. Balle nur die Fäuste, Bauer – du siehst, hier duzt man wieder, wenn man geduzt wird – verdrehe die Augen und zeig' die Zähne! Die Unschuld lächelt und zupft sich (Er tut's.) die Manschetten zurecht, denn sie hat an nichts zu denken, keine Ränke zu spinnen, keine Lügen zu ersinnen, aber das böse Gewissen, man sieht's an dir, ist, wie ein spanisch Fliegenpflaster, das zu ziehen beginnt, es verzerrt die Gesichter.

Jakob. Herr Richter –

Benjamin. Bauer, laß mich sprechen! Ich weiß, was du sagen willst. Du willst sagen, ich habe dir den Diamanten gestohlen!

Jakob. Ja, Schuft!

Benjamin. Und das, Herr Richter, sagt der Mensch nicht ohne allen Grund. Aber ich frage, ob derjenige, der bei einem Bettler den reinsten Diamant antrifft, und diesen Diamant, bevor er beiseite gebracht, vergraben oder aus dem Lande geschafft wird, zu sich steckt, um damit aufs Gericht zu eilen, ich frage, ob ein solcher den Diamant stiehlt. Nein? Nun, dann hab' auch ich den Diamant nicht gestohlen, sondern eine Tat verrichtet, die um so edler ist, je leichter sie verkannt und gemißdeutet werden kann. (Zu Doktor Pfeffer.) Ich sprach zu Euch von einem Kiesel, nicht? Wenn Ihr Herr Richter Kilian wärt, so würde das ein arges Verbrechen sein! Aber nicht dem Unbekannten, den trotz seines Rocks der Schatz reizen und zu Mord und Todschlag verlocken konnte, nur der Obrigkeit bin ich Wahrheit schuldig. (Zu Jakob.) Ich sagte zu dir, ich hätte den Diamant verloren, nicht? Warum tat ich das wohl? Nur, um nicht vor der Zeit stumm gemacht, um nicht auf dem Wege zum Gericht erschlagen zu werden. Jetzt will ich's verkünden, wo ich den Diamant verborgen habe. Hier, in meinem innersten Eingeweide. Ja, Herr Richter, so weit ging ich in meinem Eifer fürs Recht. Ich fürchtete, der Dieb möchte mir nacheilen und mir den Stein wieder abjagen, darum verschlang ich ihn, denn ich wollte lieber sterben, als eine Tat unverrichtet lassen, die mir zur ewigen Ehre gereichen muß. Lohn begehre ich nicht, nur das Zeugnis, daß ich ein ehrlicher Mann bin, und noch etwas mehr.

Dr. Pfeffer. Bravo, Jude! So erfährst du's am schnellsten, ob der Richter ein Esel ist!

Kilian. Ein Diamant? (Er ergreift das Mandat.) Da kommt eine Sache, wie man sie gerade braucht, um Sinn und Verstand zu verlieren. (Zu Benjamin.) Was für ein Diamant? Ist er groß oder klein?

Jakob. Klein. Sehr klein.

Benjamin. Groß, sehr groß! Herr Richter, Ihr bemerkt doch, wie der Bauer lügt, alles verdreht? Der Diamant ist größer, als ein Taubenei, und er nennt ihn klein.

Jakob. Nun, ich denke, eine Taube ist noch sehr klein, dann kann ein Taubenei doch wohl nicht groß sein?

Kilian (sieht ins Mandat). Wie ein Taubenei. Da steht's. (Zu Jakob.) Bauer, wie bist du zu dem Diamant gekommen?

Jakob. Durch meine Barmherzigkeit! Nur durch meine Barmherzigkeit!

Kilian. Wie?

Jakob. Ich nahm einen alten, kranken Soldaten bei mir auf. Der starb, und in seiner Tasche fand sich der Stein!

Dr. Pfeffer. Du warfst den Diamant erst aus dem Fenster, nicht, weil es kein Taler war?

Jakob. Ich? Nein, meine Frau. So einfältig ist nur ein Weibsbild.

Dr. Pfeffer. Richtig. Dazu warst du viel zu gescheit. Aber du ließest den Juden mit deinem Stein allein und gingst nach dem Schoppen, um Eier zu suchen, wie?

Jakob. Jawohl, und es war ein Glück, daß ich's tat. Wäre das Huhn nicht dazwischengekommen, oder wäre der Jude bis zu meiner Zurückkunft geblieben und hätte auf den Diamant fort und fort, wie er schon zu tun anfing, verächtliche Blicke geworfen, so hätt' er das bißchen Vertrauen, das ich zu meinem Schatz gefaßt hatte, als er mir einen Taler dafür bot, in weniger als fünf Minuten wieder verloren, und dann hätt' er ihn gewiß für den Taler erhalten!

Benjamin. Ist das wahr? O ich –

Dr. Pfeffer (zu Kilian). Ich stellte die zwei Fragen nur, damit Ihr gleich erkennen mögt, welchen Menschen Ihr vor Euch habt. Ihr seht, er ist keiner Lüge fähig.

Jakob (gereizt). Keiner Lüge fähig? Dann wär' ich ja wohl rückwärts gewachsen, statt vorwärts! Schon als Kind konnt' ich so gut lügen, als ein anderer. (Nach einer Pause.) Es klopft jemand an die Tür! Nun? Klopft wirklich jemand? War's keine Lüge? Keiner Lüge fähig!

Dr. Pfeffer. (zu Kilian). Ihr hört, wie er sich verteidigt!

Kilian (für sich). Hier wär' nun die Gelegenheit, sich ein gnädiges Handschreiben des Königs zu verdienen, das einen wegen Diensteifers belobte, und das man im Visitenzimmer unter Glas und Rahmen aufhängen könnte. Dann hätte man allerhöchsten Orts einen Stein im Brett und brauchte sich nicht so vor Fehlern zu scheuen. (Laut.) Im Mandat steht ausdrücklich, daß man auf jeden Diamant aufmerksam sein und ihn einsenden soll. Ob's der rechte ist, oder nicht, kümmert mich gar nicht.

Benjamin. Herr Richter, wem wird geglaubt?

Kilian. Dir!

Benjamin (will ihm die Hand küssen). Im Namen der Wahrheit!

Kilian. Versteh' mich recht. Ich glaube dir, daß du dem Bauer den Diamant gestohlen hast. Weiter nichts. Aber nun fragt es sich, ob du ihn gutwillig wieder herausgeben willst, oder ob man Gewalt gebrauchen muß.

Benjamin. Ob ich will? Erst frage man, ob ich kann. Der Stein sitzt mir so fest im Eingeweide, wie das Eingeweide im Leib. Der Doktor mag verschreiben, was ihm beliebt, er wird nicht rücken, ich habe alles versucht. Ich soll doch wohl nicht den Bauer um sein Messer bitten und mir den Leib damit aufreißen?

Kilian. Wenn, wie du es selbst sagst, nichts anderes übrig bleibt, so werde ich dir dies allerdings gebieten!

Benjamin. Aber ich werde nicht gehorchen.

Kilian (zu Doktor Pfeffer). Für diesen Fall nimmt das Gericht im voraus Eure geschickte Hand in Anspruch.

Dr. Pfeffer (zieht Instrumente hervor). Ich bin bereit!

Jakob. Herr Richter, so große Eile hat's nicht. Freilich hab' ich nicht viel zu brocken und zu beißen, aber ich bin das Hungern gewohnt, und ob das ein paar Tage länger dauert, oder nicht, macht nicht viel aus. Hätt' ich den Spitzbuben nicht wieder getroffen, so hätt' ich ihn gewiß totgeschlagen, denn ich hatte es ihm geschworen, aber nun er wieder da ist, und mein Diamant mit ihm, nun möcht' ich doch nicht, daß er, wie der Hund der Edelfrau, der den Ring verschluckt hatte, geschlachtet würde.

Kilian. Bild' dir ein, daß man sich deinetwegen so in Schweiß setzt! Man tut's, weil man für seinen eignen Hals fürchten muß, wenn man säumt. (Zu Doktor Pfeffer.) Lest einmal! (Er reicht ihm das Mandat.)

Dr. Pfeffer (liest). Leben und Wohlfahrt allerhöchster Personen hängt davon ab, daß der vermißte Diamant aufs schnellste wieder herbeigeschafft werde. In wessen Händen er sich befinde, wer ihn einliefert, erhält eine halbe Million und ihm wird selbst für den Fall des erwiesenen offenbaren Betrugs oder Diebstahls völlige Amnestie zugesichert. (Er setzt ab.) Eine halbe Million! Ei, Jude, so viel schleppte wohl noch keiner im Bauche mit sich herum!

Jakob. Eine halbe Million? Daß dich! Mit Erlaubnis! (Er setzt seinen Hut auf.) Ich bin hier der erste Mann! Wenn mich so viel Geld nur nicht zum Narren macht! Ich will mir einen Vormund bestellen lassen, noch ehe ich's bekomme. Ja, und dem Vormund wieder einen Vormund, damit er mich nicht betrügt, und so fort. Aber einen geschickten Menschen will ich mir auch halten, der mich im vornehmen Leben unterweist. Was soll einer mit einer halben Million anfangen, der nur von Rindfleisch und gelben Rüben weiß, daß sie gut schmecken! Das sind Dummheiten, würde meine Frau sagen! Ich will mich setzen, als ob ich betrunken wäre. (Er setzt sich.)

Benjamin. Nimm den Hut nur wieder ab und verbeuge dich vor mir! Wie steht im Mandat? Wer ihn in Händen hat und ihn bringt, der erhält die halbe Million! Nun, der bin ich! Kann ich dir jetzt noch einen Gefallen damit erweisen, wenn ich's unverblümt bekenne, daß ich dir den Diamant stahl? Ich bin bereit dazu, seit ich weiß, daß dieser Diebstahl im voraus verziehen ist!

Kilian (für sich) Wer ihn liefert? Nun, wer wird ihn liefern, als ich? Aus meiner Hand geht der Diamant in des Königs Hand, aus des Königs Hand in die meine die halbe Million. Und weil ich doch einmal alt bin, so will ich den Bauer zu meinem Erben einsetzen. Damit, denk' ich, kann er zufrieden sein. Und mein Gewissen auch.

Dr. Pfeffer (zu Block) Wieviel bin ich Euch schuldig? Rechnet's zusammen und multipliziert die Summe mit zehn. Rechnungen, die nicht in die Tausende gehen, werde ich nicht weiter akzeptieren. Wer an mich zu fordern hat, gebe sich die Mühe, dem Posten eine oder zwei Nullen anzuhängen, wenn er nicht ignoriert werden will. (Leise.) Deinen Tabaksbeutel mit dem weißen Knopf hast du doch bei dir?

Block. Was soll der und was fällt Euch ein? (Zeigt den Beutel.)

Kilian (zu Doktor Pfeffer). Ihr last noch nicht alles. Weiter! Die Hauptsache kommt erst!

Jakob. Noch eine Hauptsache?

Dr. Pfeffer (liest). Allen obrigkeitlichen Personen des Reichs wird die genaueste Nachforschung zur Pflicht gemacht. Wer auch nur die geringste Spur des Diamanten entdeckt, hat darüber aufs schleunigste Bericht zu erstatten und sie eifrigst zu verfolgen. Und zwar bei Verlust seines Kopfs!

Kilian. Bei Verlust seines Kopfs? Steht das da? Dann muß man dem Juden gleich an den Leib!

Dr. Pfeffer. Allerdings. Ohne Umstände.

Kilian. Aber wird's der Jude überleben? Wer steht einem dafür ein?

Dr. Pfeffer. Ich nicht! (Für sich.) Er muß daran!

Benjamin. Ich stehe dafür ein, daß ich sterbe. Wer verantwortet den Mord?

Kilian. Wenn der Stein nun nicht der rechte wäre –

Benjamin. Der rechte? Der rechte ist's auf keinen Fall! Aber wenn's nun nicht einmal ein echter wäre? Wer bürgt Euch dafür? Ich nicht. Feierlich nehme ich alles zurück, was ich zugunsten des Steins gesagt habe. Ich habe ihn, wie der Bauer weiß, kaum eine Sekunde besehen. In so kurzer Zeit kann selbst der Kenner über einen so schwierigen Punkt keine Gewißheit erlangen. Mein Menschenleben ist aber auf jeden Fall ein echtes.

Kilian. Ob nicht erst gelindere Mittel –

Dr. Pfeffer. Der Jude hat selbst erklärt, daß sie bei ihm nicht anschlagen. Im übrigen: ich bin keine obrigkeitliche Person, mein Kopf ist außer dem Spiel.. Wär' ich jedoch in Eurer Stelle, so würde ich lieber tausend Übereilungs- als eine Unterlassungssünde begehen!

Kilian. Das ist wahr. Nun, dort steht der Jude! Schneidet! Grabt nach, aber nicht tiefer, als Ihr müßt!

Benjamin. Wird das Ernst? O verflucht und dreimal verflucht sei derjenige, der mir zuerst gesagt hat, daß der Diamant der kostbarste Edelstein ist. Gibt's denn kein Mittel mehr, mich zu retten? Ich will dem Doktor die Instrumente stehlen. In der linken Tasche sitzen sie! (Macht sich an Dr. Pfeffer.)

Dr. Pfeffer (zu Block). Löse den Knopf vom Tabaksbeutel ab und stecke mir ihn heimlich zu! Er ist ungefähr von der Größe und Gestalt des Diamanten, wie ich mir ihn vorstelle.

Block. Was sinnt Ihr?

Dr. Pfeffer. Den Knopf geb' ich später für den Stein aus, den ich aus des Juden Bauch herausgeschnitten habe. Dann geh' ich mit dem echten Diamant an den Hof, und die halbe Million ist mein. Du hast hier hoffentlich niemanden Tabak präsentiert!

Benjamin (mit den Instrumenten). Da sind sie. Aber wohin damit? Zum Verschlucken sind sie zu groß. Dort stehen des Richters Stiefel. In die hinein will ich sie stecken. Dann mag man bei mir suchen, solange man will.

Block (zu Dr. Pfeffer) Wird der Jude nicht widersprechen?

Dr. Pfeffer. Der Jude kriegt sein Teil!

Block. Habt Ihr denn gar kein Gewissen?

Dr. Pfeffer. O ja, das Gewissen ist mir statt eines Weibes, es redet mir in alles hinein, aber ich bin der Mann und tu', was ich will.

Block. Außer dem Juden ist der Bauer noch da!

Dr. Pfeffer. Zum Maulaufsperren! Übrigens hab' ich den Einfaltspinsel liebgewonnen, und wenn ich, wie ich es dann tun werde, mit meiner halben Million in prächtiger Equipage das Land verlasse, um meinen ersten Ausflug durch Europa anzutreten, so kann er, wenn er will, als Bedienter hinten aufstehen, während du, als mein Freund und Kutscher, auf dem Bock paradierst!

Block. Da werd' ich was zu sehen kriegen! Es ist doch gut, daß wir diese Reise gemacht haben!

Kilian (zu Benjamin). Ziehst du's vor, die Operation selbst zu übernehmen? Ein Messer steht zu Diensten!

Benjamin. Hu!

Kilian. Ich hab's dir offeriert. Nun, Doktor?

Dr. Pfeffer. Gleich. (Er greift in die Tasche.) Was ist das? Eben hatt' ich die Instrumente noch – nun sind sie fort? Gibt's hier Diebe? (Zu Benjamin.) Her damit, Schuft, du hast sie! (Er durchsucht ihn.)

Benjamin. So ist's recht. Verlangt von mir alles auf einmal: den Diamant, der gesucht wird, den Bauch, der aufzuschneiden ist, und sogar das Messer, womit das geschehen soll.

Dr. Pfeffer. Ich finde sie nicht. Und ich hab' sie doch diesmal ganz gewiß nicht versetzt. (Zu Block.) Du hast sie doch nicht aus nichtswürdigem Mitleid auf die Seite gebracht? – Nun, das wird eine Stunde Aufenthalt. Der Chirurg im nächsten Dorf wird mir schon aushelfen.

Jakob (zu Benjamin). In einer Stunde lassen sich viele Vaterunser beten!

Kilian (zu Schlüter). Führ' Er den Menschen ins Gefängnis ab! Und mit Kopf und Kragen – Er versteht!

Schlüter. Ich will ihn festhalten, wie ein Mädel den Liebsten. So. (Er umarmt Benjamin.)

(Alle ab.)


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