Ernst Hardt
Tantris der Narr
Ernst Hardt

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Fünfte Szene

Denovalin. ruhig und schlicht
Bin ich ein Geierfalke, daß Ihr schweigt,
So ich in Eurem Käfig bleib, Frau Isot?

Isolde. Herzog Denovalin!
    Ausbrechend               Wie dürft Ihr Euch
Vermessen, Euer Angesicht in diesem
Leben noch einmal frech vor meine Augen
Zu tragen!

Denovalin.     Hart sprecht Ihr zu mir, Frau Isot!

Isolde. Ich will den König bitten, daß er Euch
Geschlossenes Visier befiehlt auf eine
Meile rings um das Schloß.

Denovalin.                                 Herr Marke, Euer
Gemahl, ist nicht mein Herr, ich bin kein Lehnsmann!

Isolde. So sag ich Euch, daß Euer Antlitz mir
Verhaßter ist, denn Pest und Aussatz. Geht!

Denovalin. . . . Ihr solltet Maß in Euren Worten suchen!
    Erregt
Ich kam um deinetwillen, Königin.

Isolde leidenschaftlich.
Als Ihr das letzte Mal so vor mir standet,
Da war ich nackt, Herr Herzog! Hinter mir
Die Knechte schürten schon das Holzgerüst,
Drauf meinem jungen Leib durch Eure Ränke
Der Tod bestimmt. Ihr standet vor mir, und
In Eurem Antlitz zuckte keine Fiber
Ob Eures Werks! Vergaßt Ihr dies?

Denovalin.                                             Der Tristan
Stand neben Euch. So tat er auch, als ich
Euch angeklagt; und wo der Tristan steht
In Eurer Nähe, Frau Isolde, seh ich
Nur Blut und Rauch. Euch sah ich nicht, sonst wär ich
Vor Leid verdorben, Frau Isolde!

Isolde.                                                 Ihr!
Ihr! Ihr! Die Steine möchten eher schmelzen,
Als Ihr mitleidig sein, Denovalin!

Denovalin. Ihr denkt sehr hart von mir, Frau Isot. Seht:
Da Ihr als Braut Herrn Markes Euren Fuß
Vom Rand des Schiffes hin auf Kurnwal setztet
Und ich Euch sah, bei Gott, da schwur ich heiß
Auf Euer blondes Haar den Treueeid,
Denn Ihr wart wunderbar zu schauen, Frau!

Isolde. Und ich, was tat ich Euch?

Denovalin.                                     Ihr liebt den Tristan.

Isolde. Denovalin, nachdem mich Gottes Wunder
Vom Feuertod bewahrt, den Ihr mir schürtet,
Nachdem ich vor Gericht mit diesen schmalen
Händen ein glühend Eisen unversehrt
Getragen und mit heiligem Eid geschworen
Habe, erkühnt Ihr Euch, ans Gottesurteil
Zu tasten, böser Liebe mich aufs neue
Zum Neffen meines Herrn zu zeihn! Des will ich
Klage vor meinen Bürgen führen, Herzog!

Denovalin. ruhig
Ihr möget Gott betrügen, Frau Isolde,
Doch ich und Ihr, wir wollen voreinander
Ehrlich wie Feinde sein.

Isolde.                                   Du bist ein Werwolf!

Denovalin. Einst hört auch ich die Vögel singen im
Frühling! Das Duften Eures blonden Haares,
Das ich um Herren Tristans weiße Finger
Sich ringeln sah, hat mich so rauh gemacht,
Wie Tiere sind! – Ich lebe wahrlich wie
Ein Wolf auf meiner Burg und schlafe tags
Und reite in der Nacht, daß meine Pferde
Mit klaffendem Gebiß und wunden Weichen
Für tot daliegen morgens. Meine Hunde
Sterben schon unterwegs. Doch mag es sein,
Daß ich einmal vor jedem Hahnenschrei
Den Namen, den Ihr tragt, wie einer rufe,
Der wild in seinem eignen Blut ertrinkt.
Bedenket dies! Ja, Frau Isolde, wäret
An meiner Seite einmal Ihr geritten,
Eh's Abend wird, ich haßte das Lebendige
Nicht so! Bedenkt auch dies bei allem, was
Noch kommen wird vor Abend. Abend aber
Kommt, Frau Isolde, Euch und mir – und allen!
Dann habet ein Verständnis des Geschehens
Und richtet recht. – Dies ist der Friede, den
Ich will mit Euch!

Isolde.                         Ich fürchte mich . . . vor Euch!

Denovalin. Ihr solltet Euch nicht fürchten, Frau Isolde,
Vor Worten, die so scheinbar ohne Sinn!
    Umschlagend
Ich ritt im Morgengrauen heut durchs Morois!

Isolde. Dies ist der Weg von Eurer Burg zum Schloß . . .

Denovalin. Doch sah ich da ein seltnes Wild im Morois!
Soll ich Euchs fangen, Frau Isolde? Sagt!

Isolde in starrer Angst.
Ich will kein Pelzwerk, Herr Denovalin,
Von Eurer Hand . . .

Denovalin.                   Ich glaubs Euch, Frau! Doch Marke
Will es! . . .
    Heiß und gepreßt ausbrechend
                  Es könnte sein, daß Ihr noch einmal
Den Tod im Nacken fühltet, heiß und rot,
Und wär kein Ort für Euch in Kurnwal sicher
Denn meine Burg, und wär kein Mann in Kurnwal,
Euer Blondhaar vorm Henker zu bewahren,
Denn ich, was tätet Ihr, so ich Euch sagte:
Kommt!

Isolde in höchster Angst und Verzweiflung
              Gott von Bethlehem, ich schlänge meine
Arme dem Tod um seinen heißen Hals
Und drängte mich an ihn und spie nach Euch,
Denovalin! Die steilen Falten rechts
Und links von Eurem Mund sind mir zuwider.
Geht nun. Ich hasse Euch!

Denovalin. Ich gehe, denn Ihr habt gewählt, Isolde.
Vergeßt das nicht und auch den Frieden nicht,
Den meine Seele schloß mit Eurer Seele.
Lebt wohl. Inzwischen will ich Euch den Dinas
Zum Schachspiel schicken. Spielet schnell, denn Eure
Partie wird kurz sein, Frau Isolde . . .

 


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