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Erster Akt.

König Artus' Burg zu Karduel.

Weich geschmückter, glänzend erleuchteter Saal. – Im Hintergründe Musil und
das prunkende Gewimmel eines königlichen Festes; im Vordergründe ein Thronsitz
unter einem Baldachin.)

1. Auftritt.

(Prächtig gekleidete Diener und Edelknaben eilen mit goldenen Gefäßen und Trinkgeschirren über die Bühne; Ritter und Damen wogen in prunkvollen Gewändern hin und her; unter ihnen König Artus, der Seneschall, Tristan der Weise, Percival von Wales.)

(König Artus tritt mit dem Seneschall in den Vordergrund der Bühne.)

König Artus. Ich bin zufrieden, wackrer Seneschall!
Du stahlst der Nacht den Schimmer ihrer Sterne.
Dem feuchten Meer der Perlen Silberschein,
Dem Schoß der Erde des Karfunkels Strahlen,
Um dieses Fest mit Licht und Glanz zu schmücken;
Mir bleibt kein Wunsch zurück, ich bin zufrieden.

Seneschall. Ich dachte, Herr, nicht zieme mindrer Prunk
Dem königlichen Wirt, den edlen Gästen,
Dem Kern, der Blüte dieses Königreichs;
Denn sieh, nicht einer fehlt von deinen Rittern;
Selbst Percival, der Sohn des rauhen Waldes,
Verließ auf deinen Ruf den Schoß der Wälder,
Und brüstet sich im Hause seines Königs,
Das zott'ge Fell des Bären auf der Schulter,
Mit seines Büffelwamses rohem Schmuck.

König Artus. Was liegt am Kleid! Ihn schmücken seine Narben,
Und hell wie Sterne strahlt sein Schlachtenruhm.
Drei Jahre blieb er fern von meinem Hofe:
Er ist willkommen auch im Bärenfell.
Doch nun hinweg, die Gäste harren unser!
Beschwing der Diener Schritt, laß nimmermehr
Hinsterben der Musik melod'sche Seufzer,
Noch Durstige des Bechers Goldgrund schauen.
Und dieses Festes frohen Taumel ende
Erst Morgendämmerung.

Seneschall. Sei des gewiß!
Erst mit dem Tag veröden diese Säle.

(König Artus und der Seneschall gehen nach dem Hintergrund der Bühne, wo sie sich unter den Gästen verlieren. Percival und Tristan sind indes in den Vordergrund der Bühne getreten.)

Percival. Kennt Ihr die Dame dort an Kenneths Arm,
Die mit des Sammtkleids Saum den Estrich fegt
Und mit dem stolzen Reiherschmuck des Hauptes
Bis an des Saales Goldgetäfel reicht?

Tristan. Frau Ellinor, des Kenneths Hausfrau ist's,
Aus Fingals altem Königsstamm entsprossen.
Und unumschränkt, wie Fingal über Erin,
Soll sie in Kenneths Haus das Zepter führen.

Percival. Und er, der arme Tropf, läßt sich's gefallen?
Trüg' er ein Schleppkleid doch statt seines Wamses! –
Und jene dort mit Zauberstab und Gürtel,
Die schweigend, fremd dem wogenden Gewimmel,
In dumpfem Sinnen brütet? Sprecht, wer ist's?

Tristan. Es ist Morgane, Herr, des Königs Schwester,
Weltwunder zubenannt, um ihre Kunde
Und tiefe Einsicht in verborgne Dinge;
Man spricht sogar, sie treibe schwarze Kunst.

Percival. Es wär' ihr besser, wenn sie Kochkunst triebe!
Vom Weib verlang' ich schweigenden Gehorsam,
Ergebung in des Mannes Machtgebot:
Denn Weisheit, sowie Kraft, ist unser Erbteil,
Und nur ein Spielzeug in des Weibes Hand.

Tristan. Nur Spielzeug, Percival?

Percival. Ja, Tristan, ja!
Wollt Ihr das Weib recht nach dem Leben malen,
Wie uns zum Labsal es der Herr erschuf,
Ans Spinnrad setzt es, richtet seine Blicke
Andächtig fromm empor zum blauen Himmel.
Und legt ein Kind an seine volle Brust,
Was drüber ist, das ist vom Überfluß.
Was ist es an der Zeit?

Tristan. Bald Mitternacht.

Percival. Mich langweilt dieses Fest, wär's doch vorüber!

Tristan. Wie, Percival, der Schimmer dieser Säle,
Der frühen Gäste rauschendes Gewühl
Vergnügt Euch nicht? Umwehen Euch vergebens
Der Wohlgerüche Duft und der Musik
Sirenensang? Sonnt Ihr Euch unerfreut
Im Mittagsstrahle königlicher Pracht?

Percival. So tu' ich, Herr! Zu Pendennys daheim
Auf meiner Burg, da schimmern auch Gemächer,
Und Gäste kommen auch, wenn ich sie lade,
Und staunen gaffend meinen Reichtum an
Und machen mir den Hof! Was soll ich hier?
Die Kniee beugen und den Rücken krümmen,
Wo König ich in meinem Hause bin?

Tristan. Ich seh' wohl, Percival, Ihr sehnt Euch heim
Zu Eurem trauten Weib, zu Eurem Kinde.

Percival. Was sagt Ihr? Wie?

Tristan. Ich mein', Ihr säßet lieber
Zu Pendennys bei Weib und Kind daheim!

Percival. Wie! Schlug ich Cathmor nicht, und Swen den Dänen?
Bin ich nicht Percival? Schallt weithin nicht
Mein Name ruhmvoll durch dies grüne Eiland,
Das preisend mich den Riesentöter nennt?

Tristan. Fürwahr, so nennt es Euch.

Percival. Und Ihr, Herr Tristan,
Ihr meint, ich sei ein Weiberknecht geworden,
Der an der Wiege sitzt und Fliegen abwehrt,
Und seinem Kind den Pickelhering macht?
Sankt David, Herr! Ich hab' ein Weib genommen,
Nicht mich ein Weib! –

Tristan. Was also fehlt Euch nur,
Daß Ihr die Stirn in krause Falten legt,
Und Eure Brauen wie Gewitterwolken
Zusammenzieht?

Percival. Weiß ich's doch selber nicht! –
Mich widert's an, daß ich zufrieden bin;
Die immer gleiche Süßigkeit der Tage
Macht mich nach Galle lüstern; mein Gemüt,
Wie nach Gewürzen der verwöhnte Gaumen,
Begehrt nach Reiz, die Stumpfheit abzuschütteln! –

Tristan. Ei, Percival, Ihr wißt nicht, was Ihr wünscht!

Percival. Mag sein; ich wünsch' es doch! – In unserm Wales
Gibt's einen Strom, wir nennen ihn den Trent;
Hoch im Gebirg' entspringen seine Fluten,
Und rauschen weithin flimmernd durch das Land.
Nun seht, so lang' sein schäumendes Gewässer
Sich mühsam windet durch der Täler Kluft,
Und über Felsen stürzt, durch Berge bricht,
Und tosend rüttelt an der Wucht der Dämme;
So lang' ist's klar wie flüssiger Kristall,
Von junger Kraft und ungebrochner Stärke;
Goldkörner trägt es hin, und die Forelle
Spielt wohlgemut in seinem kühlen Grund.
Doch tritt es aus dem Mutterschoß der Berge
Ins Saatgefild hinaus, wo schrankenlos
Sich seine Flut zum weiten Meer verbreitet,
Dann schleicht es trüb' und träg' im sumpf'gen Bette
Kaum murmelnd hin, beugt sich dem Brückenjoch,
Gehorcht dem Ruder, treibt der Mühle Rad,
Und Kröt' und Unke haust in seinem Schlamme!

Tristan. So meint Ihr denn –

Percival. Bei meinem Eid, ich meine,
Daß ich Verwandtschaft fühle mit dem Trent,
Und nicht geboren bin, um träg' versumpfend
Das Räderwerk der Häuslichkeit zu treiben,
Und wär' mein Weib noch treuer, tugendreicher –
Und glaubt mir, Herr, es ist ein treues Weib –
Doch trüg' es Engelsschwingen an den Schultern,
Ein Weib, ein Kind füllt diese Brust nicht aus! –
Doch kommt, Herr Tristan; noch den Abschiedstrunk,
Dann zieh' ich heim –

Tristan. So früh schon, Percival?

Percival. Wenn nicht sogleich, doch sicher vor dem Morgen!

(Beide ab.)

2. Auftritt.

(Rauschende Musik im Hintergrunde: dann tritt Königin Ginevra, vom Tanze erhitzt, aus: Lancelot begleitet sie. Beiden folgen in einiger Entfernung Oriane, Mercia, Gawin und andere Ritter und Damen: im Hintergründe Kenneth und Ellinor.

Lancelot. Ginevra, quäl' mich nicht! – Du machst mich rasen;
Wie Sonnenbrand die grüne Flur versengt,
Entflammt dein Blick mit Wahnsinn mein Gehirn,
Und dürr und welk vertrocknen die Gedanken.
O, wer ertrüge deinen Unbestand?
Dein Lächeln lügt und deine Tränen trügen;
Dein Zorn ist Huld, und deine Gunst ist Haß;
Wer faßt dich je, wer hat dich je erfaßt?
O, wüßtest du, welch einen Schatz von Liebe
Mein Busen birgt!

Ginevra. Sprecht leiser, Lancelot!

Gawin (im Gespräch mit Mercia).
Bei Euren Sternenaugen, Mercia,
Sprecht, haßt Ihr mich?

Mercia. Ach nein!

Gawin. So liebt Ihr mich?

Mercia. Ach nein!

Gawin. Habt Ihr kein mildres Wort für mich?
Sprach niemals denn in Eures Busens Tiefen
Ein süßes Sehnen, ein geheimer Wunsch?

Mercia. Ach ja!

Gawin. Wohlan, so leiht ihm Wort und Klang!
Sprecht, Mercia, enthüllt mir Eure Seele!

Mercia. Heiraten möcht' ich, Herr!

Gawin (halblaut). Du lieber Himmel!
Was doch die Mädchen offenherzig sind!

Ginevra (die indes halbleise aber sehr eifrig mit Lancelot gesprochen).
Ihr täuscht mich nicht! Wohl holde Bilder führt
Der flücht'ge Traum an unsern Geist vorüber,
Doch sie verwehen mit dem Morgenhauch!
Im Haß ist Wahrheit, in der Liebe nicht.

Lancelot. Du wirfst das Bahrtuch über alles Leben,
Und nimmst dem Herzen seinen Blütenmai,
Wenn fühllos du der Liebe Macht verleugnest.

(Er fährt fort, leise mit Ginevra zu sprechen, während Frau Ellinor und Kenneth in den Vordergrund der Bühne treten.)

Ellinor. Nicht hofft, Herr Kenneth! mich zu hintergehen!
Gesteht, was sprächet Ihr mit Frau Morganen
Im Fensterbogen, abseits vom Gedränge?

Kenneth. Ich, Ellinor?

Ellinor. Ja, Ihr! Wollt Ihr es leugnen?

Kenneth. Ich, leugnen? Nein! Gewiß, ich will nicht leugnen!
Sie schwätzte mir von Zauberkünsten vor,
Von Sternenlauf und von Planetenwandel,
Bis mir Geduld und ihr der Faden riß. –
Ich wollt', sie säß' auf einem ihrer Sterne.

Ellinor. Unwürdiger! Und diesem Kindermärchen,
So tölpisch plumper Lüge sollt' ich glauben?
Sind wir nur erst daheim, sollt Ihr's entgelten!

Gawin. Was habt Ihr, Kenneth? Seid Ihr unwohl? Sprecht!
Ihr schüttelt Euch, als hättet Ihr das Fieber.

Kenneth. Nichts! Nichts! ein wenig Ohrensausen, Herr!

Ginevra (zu Lancelot).
Nicht weiter, Lancelot! Es schlummert Gift,
Es brütet Tod im Honig Eurer Worte!
Ich will nicht hören mehr! Ich bin ermüdet,
Und sehne mich, zu ruhn.

Lancelot. Gebieterin!
Hier prangt ein Thronsitz, würdig ausgeschmückt,
Die Königin der Schönheit zu empfangen.

Lancelot führt die Königin zum Thronsitz hinan, um welchen sich allmählich die anwesenden Ritter und Damen in einer malerischen Gruppe versammeln.

Ginevra. Nein, tretet nicht zurück, Herr Lancelot!
Ihr seid mein Ritter, sitzt zu meinen Füßen!
Nun, edle Damen, kampfberühmte Herrn,
Heran! Heran! Laßt diese Ruhezeit
Uns würzen mit erfreulichem Gespräch!
Vor allem kündet mir, wer von euch kennt
Den Ritter dort, am Schenktisch hingelagert,
Den sonngebräunten, schwarzgelockten Ritter?

Oriane (sehr geläufig). Meint Ihr den Walladmor, der seiner Liebsten
Botschaften trug an seine Nebenbuhler?
Wie, oder gar den schlanken Lionel,
Der seinen Lenz an Signes Winter knüpfte,
Und trunken huldigt ihrem welken Reiz?

Ginevra. Nicht doch!

Oriane. So meint Ihr wohl den Ethelreich,
Der sieben Jahre um die Mildred freite,
Bis sie im achten den Westmoreland nahm;
An seiner Seite sitzt Herr Joscelin;
Und rechnet nach, wie viele Hufen Landes
Sein Weibchen diesmal in den Locken trägt;
Gleich nach ihm kommt –

Ginevra. Ganz recht, du böse Zunge,
Gleich nach ihm kommt im Bärenfell ein Ritter,
Der schmucklos dieses Festes Schimmer höhnt!

Oriane. O, das ist Percival, Frau Königin!
Den sie im Land den Riesentöter nennen.

Gawin (zu Ginevra). Kennt Ihr ihn nicht, den kampfberühmten Mann?

Ginevra. Sein Name nicht, sein Antlitz war mir fremd.

Oriane. Und wie auch, Herrin, solltet Ihr es kennen?
Drei Jahre fern dem Hofe seines Königs,
In düsterm Waldesdunkel lebt er hin.
Seitdem er sich die Hausfrau heimgeführt.

Kenneth. Er nahm ein Weib?

Lancelot. Wie, Percival vermählt?
Der stolzer noch, als mächtig und berühmt,
Nicht eine Dame seiner würdig fand,
An König Artus' Hof?

Oriane. Ganz recht, derselbe.

Ellinor. Dem königliches Blut zu wässrig dünkte,
Es mit der Flut des seinigen zu mischen?

Oriane. Derselbe, ganz derselbe Percival!

Ginevra. Und wessen Stammes, sprich, ist die Erwählte?

Oriane. Noch kein Gerücht erscholl aus Wales Bergen
Von seiner Hausfrau Namen und Geschlecht.

Ginevra. Da kommt er uns heran, ob ich ihn frage?

Oriane. Ich, Königin, gewiß, ich fragte ihn!

3. Auftritt.

Percival, Tristan, die Vorigen.

Percival. Beim Himmel! Nie durchströmte meine Kehle
Mit mildrem Feuer duft'ger Firnewein!
Mein Antlitz glüht, es fliegen meine Pulse,
Und leicht geflügelt auf den Lippen schwebt
Mir jegliches Geheimnis meiner Seele.
Was aber soll ich hier im Troß der Schranzen,
Der vornehm sich in Prunkgewändern bläht,
Um Ansehn buhlt und schöne Worte dreht! –
Ich denk', wir brechen auf!

Tristan. Ei, Percival,
Noch schwarzes Dunkel brütet in den Tälern,
Nicht vor dem Morgen dürft Ihr heimwärts ziehn.

Ginevra. Herr Percival!

Percival. Wer ruft?

Tristan. Es ist Ginevra,
Die Königin. Sie winkt Euch; tretet näher!

Ginevra. Herr Percival! Wollt Ihr uns nicht bekennen,
Wer Euch, den Unbezwinglichen, bezwang?

Percival. Was meint Ihr, Königin?

Ginevra. Ihr seid vermählt?

Percival. Wer sagt das?

Ginevra. Seid Ihr's nicht?

Percival. Ich! – Allerdings!
Ihr meint, ich schäm' mich dessen? Nimmermehr!
Griseldis, mein Gemahl, sollt' ich verleugnen?
Kein schönres Weib sah je die Erde prangen,
Und doch ist Schönheit ihr geringster Reiz;
Denn sie ist fromm, demütig wie ein Veilchen,
Geduldig wie ein Lamm, voll Huld und Treue,
Einfältig, schlicht, und doch voll klaren Geistes;
Ich sah viel Frauen, eine bessre nicht! –
Was liegt daran, ob sie ein Köhler zeugte,
Ob adlig Blut in ihren Adern rinnt?

Ginevra ( halblaut zu ihrer Umgebung, wie alles zunächst Folgende).
Ist's möglich?

Oriane. Unerhört!

Gawin. Ein Köhlerkind! –

Ellinor. Mir schwinden die Gedanken! Welcher Greuel!
Uralten Adel also zu entweihen?

Ginevra. Herr Gawin, nehmt an Percival ein Beispiel;
So endet Weiberhaß!

Gawin. O, haßt' ich erst,
Gebieterin, bald würd' ich lieben lernen;
Doch die Erfahrung panzert meinen Sinn,
Und eine Heirat ist ein ernstes Ding!
Nicht, schöne Mercia?

Mercia. Ach ja!

Gawin. Gewiß!
Ihr nähmet keinen schwarzberußten Köhler?

Mercia. Ach nein!

Percival ( zu Tristan). Was haben jene dort Geheimes?
Was lächeln sie? Was flüstern sie zusammen?
Sankt David! Gilt das mir?

Tristan. Ei, Percival!
Ihr kennt ja Weiberart! Saht Ihr sie nie
Geheim und wichtig leeren Tand verhandeln?
Laßt sie gewähren! Was verschlägt es Euch?

Ginevra ( zu ihrer Umgebung).
Ihr wünscht es? Wohl, so will ich es versuchen! –
Herr Percival, ermesset unsre Kränkung,
Griseldis, dieses Musterbild der Frauen,
Nicht hier vor unserm Angesicht zu schauen!
Warum versagtet Ihr uns ihren Anblick?

Percival. Nicht mein Geheiß, ihr Wunsch hielt sie zurück;
Sie blieb daheim und hütet ihren Knaben.

Ginevra. O zarter Muttersinn, der ihrer Tugend
Die letzte Weihe der Vollendung gibt!
Doch weil wir ihre Gegenwart vermissen,
So kündet uns, welch freundliches Geschick
So reichen Schatz in Eure Hand gegeben.

Percival. Frau Königin, wenn Ihr's zu wissen wünscht,
Ich schäm' mich nicht, es treulich zu erzählen;
Was sollt ich auch? Ich bin ein freier Mann.

Ginevra. Beginnt, Herr Percival!

Percival. Frau Königin,
Drei Jahre sind's, daß meine Mannen alle
Mit Bitten vielfach drängend mich bestürmt,
Mich zu vermählen, daß nicht meinem Stamme
Der Väter Erb' und Herrschaft sich entfremde.
Ich aber hatte hier am Hof des Königs
In Weiberherzen manchen Blick getan;
Ich sah sie tückisch, falsch und hinterlistig,
Unfügsam jeglichem Gebot, voll Trotz
Und Eitelkeit, doch ohne Kraft und Glauben,
Mißbrauchend frech des Mannes Zuversicht
Um zügelloser Lüste Sättigung;
Und keine würdig findend meiner Wahl,
Verlor ich Lieb' und Lust mich zu vermählen,
Und nicht bereu' ich, daß es also war.

Ellinor ( zu den Damen halblaut).
Sein Büffelwams ist zart gen seine Rede!

Oriane. Der Übermütige!

Ginevra. Er soll's entgelten!
( Zu Lancelot, der unmutig hervortritt.)
Nicht weiter, Lancelot! Herr Percival,
Fahrt fort!

Percival. Ich war an einem Sommerabend
Ins Waldesgrün zur Jagd hinausgezogen;
In finsterm Unmut hadernd mit mir selbst,
Die dumpfe Brust voll wogender Gedanken
Schritt ich dahin, und unbewacht vom Auge,
Trägt zögernd vorwärts mich der irre Fuß;
Doch eines Baches silberhelle Flut,
Die jene Wälder tränkt, hemmt meine Schritte!
Ich blick' empor, und sehe – Königin!
Ein Mädchen sah ich, überirdisch schön,
Und ihrer Schönheit doch so unbewußt.
Ein Mädchen, Königin! dem auf der Stirne
Geschrieben stand in goldner Sternenschrift,
Daß Gott im Himmel, als er sie erschaffen,
Mild lächelte und sprach: Du bist vollkommen!
Dies Mädchen, jetzt mein Weib, Frau Königin,
Stand heiter sinnend an des Baches Rand.

Ginevra ( halblaut zu ihrer Umgebung).
Gewiß, sie nahm ein Bad, hinwegzuspülen
Den garst'gen Ruß von ihres Vaters Meiler.

Oriane. Nicht doch, Gebieterin! Wenn eine Welle
Ihr nun die Inschrift von der Stirne löschte,
Daß Gott sie herrlich und vollkommen schuf?
Sie wagt' es nicht.

Percival ( zu Tristan). Wie sie die Nasen rümpfen
Und grinsend schlau nach uns herüberschielen!
Sankt David! Tristan, sie verhöhnen mich!

Tristan. Ihr denkt auch gleich das Schlimmste, Percival!
Laßt sie an schalen Späßen sich vergnügen;
Was kümmert's Euch?

Percival. Pest über Weiberzungen!

Ginevra ( zu ihrer Umgebung).
Zähmt euren Witz und bändigt eure Mienen,
Daß länger noch die Kurzweil uns ergötze! –
Nun, Percival, fahrt fort!

Percival. Was wollt' ich sagen?
Ganz recht! Sie stand am Bach, um ihren Nacken
In Wellenringen floß das dunkle Haar,
Und eine Taube saß auf ihren Schultern;
Recht heimlich saß sie, kaum die Flügel regend.
Jetzt plötzlich beugt sie sich – das Mädchen mein' ich –
Zur Quelle nieder, und die kleinen Füße
Senkt sie hinab in den Kristall der Fluten,
Sorgsam, was nicht die Welle birgt, bedeckend
Mit ihres kurzen Röckchens buntem Saum;
Ich aber, von des Busches Nacht umschattet,
Pries bei mir selber ihre Züchtigkeit.
Und wie sie saß und in die Wellen schaute,
Die plätschernd spielten um der Füße Schnee,
Da dacht' sie nicht daran, wie sonst die Weiber,
Verliebt dem eignen Antlitz zuzulächeln,
Der Fluten Widerschein als Spiegel brauchend
Für Putz und Haargeflechte: wie ein Kind
Blies sie die Backen auf und schnitt Gesichter,
Und jauchzte, wenn ein Zerrbild ihrer Reize
Der Bach ihr wiedergab; da sprach's in mir:
Auch eitel ist sie nicht.

Kenneth. Das liebe Kind!

Ellinor. Was kümmert Euch die Köhlerin! – Beim Himmel!
Ich will nicht hoffen, Herr, daß Ihr sie kennt.

Percival. Und fernher schallend aus der Berge Schoß
Vom Turm des Kirchleins tönt die Vesperglocke,
Und sie wird ernst und still, und schüttelt eilig
Die wirren Haare aus dem Angesicht,
Und aufwärts zu den abendroten Wolken
Erhebt sie sinnend ihren Engelsblick,
Indes die Lippen flüsternd sich bewegen,
Wie Rosenblätter in des Windes Hauch.
O, sie ist fromm, durchzuckt es meine Seele;
Sie aber, still bekreuzend ihre Stirne,
Erhebt das Antlitz, hell vom Abendrot,
Von Andachtsglut umstrahlt, und heil'ge Sehnsucht
Umflort mit feuchtem Nebelduft ihr Auge;
Ihr Täubchen nimmt sie an die volle Brust,
Und herzt und drückt's, und küßt sein Schneegefieder,
Und lächelt, wenn sein rosenroter Schnabel
Verlangend nach den frischen Lippen pickt.
Wie würde sie's erst herzen, dacht' ich mir,
Wär' es ihr Kind und ihrer Liebe Frucht! –
Und eine Stimme scholl aus den Gebüschen,
Und rief: Griseldis, rief es, komm, Griseldis!
Und sie, der fernen Stimme Klang vernehmend,
Springt rasch empor, und trocknet kaum die Füße,
Und blitzschnell über den betauten Rasen
Fliegt sie dahin, die Taube über ihr,
Bis in des Dickichts Nacht der letzte Saum
Des flatternden Gewandes mir entschwebt;
Gehorsam ist sie auch, sagt ich mir selber,
Und mancherlei erwägend kehrt' ich heim.

Ginevra. Beim Himmel! Ihr erzählt so wunderlieblich,
So warm und lebenstreu, daß sich dem Hörer
Des Wortes Schall verkörpert zur Gestalt.
Fürwahr, ich seh das allerliebste Kind
Am Bache sitzen und Gesichter schneiden,
Trotz Kohlenruß recht artige Gesichter;
Nicht wahr, Herr Percival?

Oriane ( halblaut zur Königin). Gebieterin!
Ich bitt' Euch, seht, wie ihm die Adern schwellen,
Und Purpurröte flammt auf seinen Wangen.

Ginevra ( zu Oriane). Gleichviel, er büße für sein Büffelwams!

Percival ( zu Tristan) O könnt' ich sie mit einem Blick vergiften!
Mir schwillt die Galle, mich verzehrt der Groll.

Tristan. Herr Percival, bezwingt Euch; laßt sie schwätzen,
Und nehmt nicht Rat vom ungestümen Blut.

Ginevra. Nun, guter Percival, laßt uns vernehmen,
Was ferner sich begab, und wie Ihr endlich
Eu'r zartes Liebchen bräutlich heimgeführt.

Percival ( für sich)
Ich wart' auf meine Zeit und sie wird kommen! –
Frau Königin! All meine Lehensleute
Beschicke ich tags darauf in meine Burg;
Und hoch zu Roß, im festlichen Gepränge,
Ritt ich hinaus, mit wehendem Panier
Und Hörnerschall den dunkeln Wald zu grüßen,
Die grüne Wiege von Griseldens Reiz.
Vor ihrer Hütte hielten meine Scharen,
Und ich betrat das ärmliche Gemach.
Sie aber saß in ihrer Eltern Mitte,
Die Stirne offen und das Auge klar;
Der blinde Vater streichelt ihre Wangen,
Die greise Mutter spielt mit ihrem Haar;
Ich sah wohl, daß sie ihnen alles war.
Und rasch entschieden trat ich vor sie hin:
Griseldis, frug ich sie, kannst du mich lieben? –
Sie sieht mich prüfend an mit klugen Augen,
Und tief errötend nickt sie mit dem Haupt.
Und wieder frug ich sie: Willst du, Griseldis,
Mir angeboren, deine Eltern lassen?
Und sie sprach: Ja! – Darauf frug ich sie wieder:
Willst du mir treu, gehorsam sein, Griseldis,
Als deinem Herrn? und sie sprach wieder: Ja! –
Da drückt' ich einen Kuß auf ihre Lippen.
Die greisen Eltern segneten ihr Kind,
Und ich, sie fassend mit den starken Armen,
Trug sie hinaus, wo meine Mannen harrten,
Seht eure Herrin, rief ich, meine Braut!
Da schmetterten die Hörner, Jubel scholl
Durch alle Reih'n; ich aber führt' sie heim,
Wo unsern Bund des Priesters Segen weihte:
Und so, Frau Königin, ward ich vermählt! –

Ginevra. Nehmt unsern Glückwunsch, Herr! und möge stets
Gleich Meilern flammen eurer Liebe Brand.

Ellinor. Darf man nicht fragen, guter Percival,
Wie viele Scheffel Kohlen Euch als Mitgift
Die Liebste zugebracht?

Oriane. Sie brachte nichts,
Als nur ihr liebevolles Herz ihm zu,
Doch dieses ganz verkohlt von heißer Sehnsucht!

Ellinor. Herr Percival, darf man Euch Rat erteilen:
So laßt zum Angedenken Eurer Wahl
Euch einen Schürbaum in das Banner malen.

Ginevra. Ei, sagt mir doch, ob Eure Hausfrau noch
Die Backen aufbläst und Gesichter schneidet?
Es muß ihr lieblich stehn! – Genug des Scherzes!
Herr Percival, lebt wohl, und kehrt Ihr heim,
So bringt der Köhlerin Ginevras Grüße!
(Will abgehen.)

Percival ( im vollen Ausbruch der Wut).
Eh' Gift und Dolch und Pest und eklen Aussatz,
Als deines Namens Klang!

Tristan. Ihr seid von Sinnen!

Lancelot. Das fordert Blut!

Percival. Und Blut sollst du vergießen!

(Beide ziehen.)

Ginevra. Mir schwindelt!

(Sie stützt sich auf Oriane; Tristan und andere Ritter treten zwischen Percival und Lancelot.)

Tristan. Trennt sie!

Gawin. Halt! die Waffen weg!

Percival. Zurück!

4. Auftritt.

Die Vorigen; der Seneschall tritt auf, bald nachher König Artus.

Seneschall. Gebt Raum, ihr Herrn und haltet Frieden!
Dies ist des Königs Haus! Zurück, ihr Herrn!

Percival ( der unterdessen die Ritter, die ihn zurückgehalten, abgeschüttelt).
Weg, alter Narr, mit deinem weißen Stabe!
Kommt an, Herr Lancelot!

König Artus ( der indes aufgetreten, Percival in den Arm fallend).
Halt! sag' ich, Halt! –
( Die Musik verstummt, die Gäste aus dem Hintergrunde der Bühne treten erstaunt vorwärts.)
Was trübt ihr mir des Festes heitern Schimmer,
Und übertäubt die Klänge der Musik
Mit Kampfgeschrei und wüstem Waffenlärm?
Was gab es, Lancelot? Sprecht, Percival!
Was war's?

Percival. Fragt jene dort, Ginevra fraget!

Ginevra. Mein Herr und König! Frecher Übermut,
Nicht achtend dieser Mauern heil'ges Recht,
Verletzte mich, mich, deine Königin,
Inmitten deiner Burg.

König Artus. Wie! Sprecht Ihr wahr?

Oriane. Gewiß, so kam es, Herr! Um flücht'ge Worte,
Und harmlos heitern Scherz in Grimm entbrennend,
Traf Percival mit frevlem Wort die Herrin,
Und so entspann sich wachsend dieser Streit.

König Artus. Ist dieses Wahrheit? Redet, Percival!

Percival. Fürwahr, ich traf sie, Herr, mit rauhem Wort;
Doch aufgereizt von Hohn, von Spott gestachelt,
Weil sie mein Weib um ihren Stand geschmäht,
Weil meines Kindes Mutter sie verhöhnt,
Und jede heil'ge Regung meiner Brust
Mit schalem Witz verachtend mir begeifert;
Drum tat ich's, Herr, und wieder so gekränkt,
Bei meines Vaters Bart, ich tat es wieder!

König Artus. Du hast die Räume dieser Burg entweiht;
In meiner Hausfrau hast du mich verletzt,
Den König, deinen Herrn; den Glanz der Krone
Hast du getrübt mit deines Mundes Hauch.

Percival. Sankt David! Herr, was schmähte sie mein Weib!
Wenn auch ein Köhlerkind, dem Wald entsprossen,
Ist sie doch züchtig, treu, voll zarter Liebe,
An jedem echten Schmuck der Seele reicher,
Als dessen sonst ein Weib sich rühmen mag;
Nicht eine von euch, hochgeborne Frauen,
Wärt ihr auch noch aus edlerm Holz geschnitzt,
Und noch mit buntern Lappen überhangen,
Nicht eine käm' dem Köhlerkinde gleich,
Bei meinem Eid, nicht eine, sag' ich euch!

Oriane. Verwegener, Ihr schmäht die Königin!

Tristan (zu Percival).
Ihr häuft das volle Maß; kommt zur Besinnung!

Percival ( zur Königin, die mühsam ihren Zorn verbirgt).
Was zürnst du, Königin? – Ich zittre nicht
Vor den Geschossen deines Herrscherblicks!
Ich nicht! Und frei vor allen sag' ich dir:
Ging's nach Verdienst und Recht auf dieser Erde,
So wäre, die du schmähtest, Königin,
Und du, du knietest vor dem Köhlerkind!

Ginevra (zu König Artus).
Und solche Schmähung nehmt Ihr schweigend hin,
Und dies soll ich ertragen?

König Artus. Schweigt, Ginevra!
Kein Wort mehr, Percival! – Bei meiner Krone!
Auf beiden Seiten wiegt das Unrecht gleich,
Und beide habt ihr nichts euch zu vergeben;
Nur das entweihte Königtum heischt Sühnung,
Und die verletzten Rechte dieser Burg!
Und dafür, Percival, mußt du mir büßen;
Doch mild und gnädig soll dein Urteil sein.
Wir wollen gern vergessen und vergeben:
Nur widerrufe! –

Percival. Widerrufen! Nein!
Ich nicht!

König Artus. Bei meinem Eid, du wiederrufst!

Percival. Bei meinem Eid, eh' stürzt der Himmel ein!

Ginevra (nachdem sie einige Augenblicke sinnend vor sich hingeblickt).
Vergönnet mir das Wort, mein Herr und König!
Den Knoten löse, wer ihn wirr verschlang!
Herr Percival, Ihr sollt nicht widerrufen,
Und ich will knien vor dem Köhlerkind.

Percival. Was sagt Ihr?

Lancelot. Unerhört!

Ellinor. Sie redet irre!

König Artus. Ginevra, treibt Ihr Scherz?

Ginevra. Laßt mich vollenden!
Ich knie, Ritter, vor dem Köhlerkind,
Wenn Ihr mir Proben gebt, daß Eure Hausfrau
So tugendreich und treu und lieb'voll ist,
Und Euch und Eurem Wohl so sehr ergeben,
Daß, ging's auf Erden nach Verdienst und Recht,
Sie Kön'gin wär' und Englands Krone trüge! –
Erprobt Ihr dies, so will ich vor ihr knien.

Percival. Ihr wolltet –

Ginevra. Ja, ich will!

König Artus. Wie, Percival,
Soll zweifelhafter Kampf den Streit entscheiden,
Den leicht und mild ein Wort der Reue löst?

Percival (rasch). Und welche Proben, Kön'gin, fordert Ihr?

Ginevra. Zuerst begehr' ich, daß Ihr Eurem Weibe,
Den Knaben abverlangt, den sie gebar,
Ihn auszuliefern Eurem Lehensherrn,
Der Eure Wahl und ihre Frucht verworfen,
Und wenn Ihr's weigert, mit dem Banne droht!

Percival. Sie liebt ihr Kind, und liebt's mit ganzer Seele,
Mich aber liebt sie mehr! – Sie gibt ihr Leben,
Sie gibt ihr Kind für mich! Und widerrufen? –
Nur weiter Königin!

Ginevra. Und weiter, Herr,
Begehr' ich, daß Ihr, Euer Weib verstoßend
Im offnen Saal vor Euren Lehensleuten,
Sie hilflos, arm und nackt von hinnen sendet,
Wie Ihr sie aufnahmt, hilflos, arm und nackt.

Percival. Und weiter, Königin!

Ginevra. Griseldis aber,
Wie Ihr auch tief die Seele ihr verletzt,
Soll gleiche Huld im Busen Euch bewahren.
Nicht ihrer Liebe Glut in Haß verkehren,
Noch zartes Dulden in Erbitterung;
Ja, wärmer soll an Euch im Leid sie hangen,
Als da zuerst ihr bräutlich sie umfangen.

Percival. Und dann?

Ginevra. Dann kniet Ginevra vor Griselden! –
Wenn aber nicht, wenn sie die Feuerprobe
Nicht zweifellos als echtes Gold bewährt,
Dann knie Percival zu meinen Füßen!

Percival. Eh' sollen sich der Erde Pole küssen!

König Artus. Herr Percival, beugt Euren stolzen Sinn!
Entehrt denn Widerruf, und schmerzt er tiefer,
Als dieser Proben grause Folterqual?

Ginevra. Was zaudert Ihr? Entscheidet, Percival!

Percival. Ihr meint vielleicht, mich schrecken Eure Proben?
Griseldis wird den schweren Kampf bestehen,
Ich weiß es so gewiß, als wär's geschehen! –
Seht, ihrem Vater, – Cedric heißt der Mann,
Ein armer Köhler, blind und hoch in Jahren,
Doch rauh, unbeugsam, störrischen Gemütes,
Selbst meiner Macht und Herrschaft widerstrebend –
Ergrimmend wies ich ihm des Hauses Schwelle,
Weil schuld'ge Ehrfurcht mir sein Trotz versagt.
Griseldis aber weinte, Königin!
Sie weinte, doch sie schwieg! – Wollt Ihr noch mehr? –
Ein Jahr mag's sein, daß ich daniederlag
An schweren Wunden und dem Tode nah'.
Zur selben Zeit erkrankt Griseldens Mutter
Und will sie segnen, eh' ihr Auge bricht;
Sie aber trostlos zwar, und tief bekümmert,
Nicht einen Fuß breit wich sie mir vom Lager,
Bis ich genas. – Die Alte starb indes,
Und sah ihr Kind nicht mehr! – Und ich soll zagen?
Frau Königin, ich darf den Kampf wohl wagen!
Ich bin ihr alles, und der Sieg ist mein!

Oriane. Erringt ihn erst, und dann mögt Ihr frohlocken!

Tristan. Griseldens Liebe hat die Tat bewährt;
Laßt nicht von Arglist Euren Sinn betören,
Tut's nicht, Herr Percival!

Percival ( halb vor sich). Wohl schneidend Weh
Und herber Schmerz wird ihre Brust durchdringen,
Wenn sie betritt der Prüfung Dornenbahn;
Doch mir zum Heile mag sie es vollbringen,
Und zeigen soll sie, was die Liebe kann.
Frau Königin, Ihr wollt, daß Kampf entscheide;
Nun denn, es sei! Entscheide denn der Kampf!

König Artus. Ihr geht es ein?

Tristan. Unseliger, fahr' hin!

König Artus. Erwägt, was Ihr beschließet, Percival!
Euch einen Tropfen Galle zu ersparen,
Reicht Ihr Griselden das gefüllte Maß!
Folgt besserm Rat, als dem des Augenblicks;
Wir wollen gern Bedenkzeit Euch gewähren!

Percival. Für alle Zeiten gilt mein Ritterwort!

Ginevra. Wohlan! Zwei Ritter wird der König wählen,
Euch nach der Heimat das Geleit zu geben,
Daß ungewarnt Griseldens Preis und Tugend
Im hellen Schimmer strahlend sich bewähre;
Und eher nicht soll jene Prüfung enden,
Und sich entwirren ihre Rätselnacht,
Bis ich, ich selbst den finstern Schleier hebe;
Gelobt Ihr dies?

Percival. So tu ich, Königin.

König Artus. So habt denn Euren Willen, Percival!
Gawin und Tristan mögen Euch begleiten!
Zieht hin in Frieden.

Percival. Herr, gehabt Euch wohl!
Wir brechen auf! Zu Roß! Zu Roß, Gefährten!
Der Morgen graut, und mit der Sterne Prangen
Soll Pendennys gastfreundlich uns umfangen.
( Ab mit Gawin und Tristan.)

König Artus. Ginevra kommt! Laßt uns dies Fest beschließen,
Das Groll und Zwietracht feindlich uns vergällt!
Doch mit dem Morgen eilt nach Pendennys,
Daß bald dies finstre Gaukelspiel sich ende;
Mich selber führt die Jagd in jene Täler;
Ich wünschte sehr, daß ich versöhnt euch fände:
Was Stolz verbrach, soll nicht die Liebe büßen!

Ginevra ( halblaut zu Oriane).
Im Staube soll er knien zu meinen Füßen!


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