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Fortsetzung der Geschichte von Abugosch dem Polizeimeister

Ihr könnt euch leicht vorstellen, in welch schrecklicher Verzweiflung der verwandelte Polizeimeister allein auf dem Diebsplatze zurückblieb, nachdem die Geister verschwunden waren. Anfänglich hielt er alles für einen bösen Traum, aus dem er sich durch allerhand seltsame Bewegungen zu erwecken suchte. Doch vergebens wälzte er sich am Boden umher, vergebens rannte er mit dem Kopf gegen den Sarkophag und die umstehenden Häuser an, er war und blieb in einen Esel verwandelt. Er wollte seine Stimme zu einem inbrünstigen Gebete an den Propheten erheben, aber er konnte kein Wort hervorbringen. So oft er ansetzte, um den Anfang eines Gebets zu beginnen, so oft schloß er auch den Mund gleich wieder, indem er weiter keinen Ton von sich geben konnte, als das gewöhnliche Geschrei eines Esels, welches ihm früher nie so entsetzlich geklungen hatte wie heute morgen. Der Ärmste war nahe daran, den Verstand zu verlieren. Bald schaute er mit einer wahren Jammermiene dem aufsteigenden Tag entgegen, bald drehte er sich wie rasend im Kreise umher, bis er erschöpft auf den Boden niederfiel.

Hier blieb er eine Zeitlang in halber Besinnungslosigkeit liegen, und wurde erst wieder erweckt durch das Geräusch nahender Schritte. Da er sich einbildete, man sehe ihm deutlich den verwandelten Polizeimeister an, so überkam ihn eine gewaltige Scham; er sprang auf und lief geradezu, um sich in irgendeinen Winkel des Platzes vor allen menschlichen Blicken zu verbergen. Doch da eben diese lächerliche Furcht, erkannt zu werden, ihm fast alle Vernunft raubte, so schloß er die Augen, indem er wie der Vogel Strauß dachte, daß, wenn er niemand sehe, ihn andere auch nicht sehen könnten.

So rannte er über den Platz hin, bis er sich plötzlich unter lautem Gelächter an einem Ohre gefaßt fühlte und so angehalten wurde. Jetzt riß er bestürzt seine Augen auf und sah sich von vier Kerlen umgeben, deren Anblick jedem rechtgläubigen Muselmann, und besonders dem Polizeimeister den größten Abscheu einflößen mußte; denn daß es schlimme Gesellen, Diebe oder Räuber waren, deren einer den Abugosch beim Ohr festhielt, war leicht zu erkennen. Ihre Gesichter waren von Narben zerrissen und mit schwarzen ungekämmten Bärten bedeckt. Sie trugen weite grobe Hosen von rotem Zeug, dunkelfarbige, abgerissene Jacken und jeder hatte im Gürtel eine Unzahl von Waffenstücken. Obendrein trug der eine in seiner Hand ein Brecheisen, der andere hatte einen langen Strick unter dem Arm und der, welcher das Ohr des armen Esels gefaßt hatte, hielt ihm spottend eine Papierlaterne vor die Augen, in welcher ein Strahl des Lichtes in den letzten Zügen flatterte. »Holla ho, guter Freund,« schrie dieser und riß unsanft an seinem Ohr, »wem bist du entlaufen und wo kommst du her? Was treibst du dich in der Frühe allein auf dem Platze herum, alter Bastonnadenblock? He!«

Bei diesen letzten Worten riß der Dieb den Polizeimeister stärker am Ohr, worauf dieser, den eine solche Behandlung und obendrein von einem Spitzbuben, sehr empörte, den Versuch machte, denjenigen in den Arm zu beißen, der ihn am Kopf festhielt. Doch hatte der unglückliche Abugosch nicht so bald diesen Versuch gemacht, als die beiden andern ihn kräftig in die Rippen traten, und ihm der eine noch obendrein das Brecheisen um die Hinterbeine spielen ließ, so daß der Unglückliche vor Wut und Schmerz in ein lautes Geheul ausbrach. »Willst du das Maul halten, ungläubiger Hund,« schrie der mit der Laterne und riß einen langen scharfen Yatagan aus seinem Gürtel. »Willst du dein Geheul einstellen, oder ich schneide dir augenblicklich den Hals ab! Verfluchtes Vieh!« welch letztere zarte Benennung von dem andern mit dem Brecheisen durch einen neuen Fußstoß erklärt wurde.

»Hört,« sagte der dritte, der den Strick trug, »zu unserer großen Unternehmung auf morgen nacht scheint mir dies hergelaufene Vieh wie ein Wink des Propheten zu sein, daß wir uns seiner bedienen sollen, um die Schätze auf seinem Rücken besser fortzubringen. Deshalb wollen wir ihn gleich mitnehmen!«

Auf diese Aussicht hin, den Spitzbuben als Lastträger bei einem verbrecherischen Unternehmen dienen zu sollen, machte der unglückliche Polizeimeister einen schwachen vergeblichen Versuch, seinen Peinigern zu entfliehen. Doch der eine hatte aus dem Strick eine Schlinge gemacht, die er ihm um den Hals warf, und so mußte er folgen. Denn wenn er einen Augenblick widerstrebend stehen blieb, so zerrte der vorne an dem Strick und schnürte ihm fast die Gurgel zu, wobei noch obendrein die andern ihn mit Fußstößen und dem Brecheisen vorwärtstrieben.

Ich weiß nicht genau zu sagen, ob ein Esel wirklich weinen kann, aber wenn dies der Fall ist, so weinte Abugosch an dem heutigen Morgen blutige Tränen.

Sie hatten jetzt den Platz verlassen und bogen in belebtere Straßen ein. Die Basare waren schon alle geöffnet und voll betriebsamer Menschen, die an ihre verschiedenen Geschäfte gingen. Wohl versuchte es der arme Polizeimeister hier noch einige Male, den Widerspenstigen zu spielen, indem er dachte, durch sein klägliches Geheul einige Leute aufmerksam zu machen und zu seiner Rettung herbeizuziehen. Doch weit gefehlt. Bei diesem häßlichen unharmonischen Geschrei blickten alle, bei denen er vorbeikam, mit Zorn und Verachtung auf ihn, und anstatt auch nur eine Miene zu machen, um ihm zu helfen, ermunterte vielmehr alles die drei Spitzbuben, doch diesem garstigen Vieh das Schreien zu vertreiben; worauf diese es denn auch an Prügeln und Fußtritten nicht fehlen ließen.

Voller Betrübnis ließ Abugosch die Ohren hängen und geriet fast in Verzweiflung, als er nun bei seinem Palaste vorbeikam und den größten Teil seiner Diener und Sklaven vor dem Tore in Gruppen beisammenstehen sah. Alle schienen sich in Mutmaßungen zu erschöpfen, wo denn wohl ihr Herr geblieben sei, der in der Nacht nicht nach Hause gekommen war. Ach, dachte der Polizeimeister bei sich, wenn ich nur jetzt diesen drei Spitzbuben entlaufen und in mein Haus flüchten könnte! Wer weiß, ob mich nicht der alte Hassan verstehen würde, wenn ich ihm pantomimisch meine Leidensgeschichte erzählte! Wer weiß, ob er nicht einen Magier auffinden könnte, der mich entzauberte. Diese Gedanken an eine Befreiung, die vielleicht doch noch möglich sei, übermannten den unglücklichen Esel, und er sprang in der Verzweiflung mit solcher Kraft auf die Seite, daß der eine der Spitzbuben, welcher den Strick hielt, auf den Boden stürzte und die Schlinge fahren ließ. Abugosch benützte dies augenblicklich und sprang an das Tor seines Hauses, gerade als der alte Hassan, auf den er seine Hoffnung gesetzt hatte, heraustrat. Doch, o weh! So vielsagend auch die Bewegungen waren, die er mit dem Kopf und den langen Ohren machte, und so sehr verständlich für einen Esel auch das Geheul sein mochte, das er dabei ausstieß, so war doch alles vergebens, denn der alte Hassan schien auch nicht die entfernteste Ahnung zu haben, daß dieser Esel ein und dieselbe Person mit seinem Herrn, dem Polizeimeister, sei. Vielmehr geriet er in einen heftigen Zorn über den unverschämten Esel, so daß er eine lange Pfeife, aus welcher er rauchte, und die seinem Herrn gehörte, diesem selbst um die Ohren schlug. Auch hatten sich die drei Spitzbuben alsbald wieder bei ihm eingefunden und ihr könnt mir glauben, daß ein Esel nie solche Prügel und Fußtritte erduldet hat, wie Abugosch von seinem Palaste an bis zu einem entlegenen Stadtviertel, wo die Diebe in einem kleinen Hause wohnten.

Hier wurde der Esel in einer schmutzigen Stube angebunden, und nachdem ihm ein paar Handvoll Maiskörner vorgeworfen waren, legten sich die drei Spitzbuben hin und begannen die Müdigkeit, die sie sich wahrscheinlich in vergangener Nacht bei Ausübung ihres Handwerks geholt, zu verschlafen.

Nachdem sie so fast bis zum Mittag liegengeblieben waren, erhoben sie sich, und einer ging fort, um in dem Basar die nötigen Lebensmittel für alle drei zu holen. Dieser kehrte nach einer halben Stunde mit Lebensmitteln aller Art, sowie mit einer großen Flasche Dattelbranntwein versehen, zurück und schien sehr vergnügt zu sein.

»Beim Propheten!« schrie er, indem er seinen Kopf auf den Boden warf, »es ist doch gerade, als wenn uns Gott bei unserm Unternehmen heute nacht alle mögliche Hilfe angedeihen ließ. Denkt euch nur, was ich eben erfahren habe! Abugosch, der Polizeimeister, Gott möge ihn zehntausendmal verdammen, hat sich gestern beim Einbruch der Nacht von seinem Hause entfernt und ist nicht zurückgekommen. Der Kalif, der wohl weiß, in welchem Schrecken und welcher Furcht alle ehrlichen Leute, wie wir, vor ihm sind, ist über sein Verschwinden sehr in Sorge, und hat auf allen Straßen den Befehl erlassen, ihm augenblicklich anzuzeigen, sobald man nur eine Spur von dem Verlorenen auffände.«

»Ja, ja,« meinte ein andrer von den drei Dieben, »das ist alles sehr schön und gut; aber wer steht uns dafür, daß sich der verfluchte Spürhund nicht absichtlich versteckt hält, um uns zu belauern; denn wer kann wissen, ob er nicht schon einen Wink von unserm Unternehmen, das kaiserliche Schatzgewölbe zu bestehlen, bekommen hat?«

»Ich meine auch, es ist schlimmer,« setzte der dritte hinzu, »daß man nicht weiß, wo er ist, als wenn er den ganzen Tag vor unsern Augen in der Stadt herumgelaufen wäre und man ihn genau hätte beobachten können.«

»Verflucht!« erwiderte jetzt der erste, nachdem er einen Schluck aus einer Flasche getan, »hätten wir nicht heute morgen ebensogut auf den Polizeimeister stoßen können, als auf diesen erbärmlichen Esel!«

Bei diesen letzten Worten gab er dem armen Vieh, das mit gespitzten Ohren zuhorchte, einen überaus kräftigen Fußtritt.

»Ja,« sagte der andere und faßte ein Ohr des Esels, während er fürchterlich mit den Zähnen knirschte, »wenn ich mir so denke, daß Abugosch heute morgen so gegen mich angerannt wäre, wie dies Vieh, da hättet ihr meinen Yatagan sollen spielen sehen!«

Als der verwandelte Polizeimeister von diesen Mordanschlägen auf seine Person hörte, dachte er das erstemal seit seiner Verwandlung, daß es auch in der Tat besser sei, wenn er jetzt als Esel einige Fußtritte auszuhalten habe, als wenn er heute morgen in Person diesen fürchterlichen Kerls begegnet wäre. Ich versichere euch, er befand sich in einer wahrhaft schrecklichen Lage, und neben dem Gefühl, in ein Vieh verwandelt zu sein, mußte er mit anhören, wie die Diebe ganz ausführlich erzählten, auf welche Weise sie heute nacht das Schatzgewölbe des Sultans auszuleeren gedachten. Doch er konnte gegen diesen Anschlag nichts ausrichten. Wenn er hörte, wie genau und sicher alles angelegt war, so konnte er kaum begreifen, daß er als Polizeimeister nichts davon bemerkt habe.

Da hatte man die äußern und innern Wachen bestochen, und die Mauer zu dem Turme, in welchem die Schätze verwahrt lagen, war schon seit einiger Zeit durchbrochen und die Steine nur lose wieder hineingesetzt, so daß man sie ohne viele Mühe wieder herausnehmen konnte.

Unterdes sich die drei Spitzbuben mit Speise und Trank labten, schwand der Tag dahin, und als es dunkel geworden war, wurde dreimal leise an der Tür geklopft, worauf die innen ein Zeichen gaben, und alsbald traten noch fünf bis sechs andere dieses Gelichters ein, und alle blieben ungefähr bis gegen die Mitte der Nacht im Dunkeln beisammen, während sie sich die Zeit durch Erzählung von allerlei Spitzbubenstreichen vertrieben. Dann erhoben sie sich, steckten in ihre Gürtel so viele Dolche, Pistolen und Messer, als dieselben nur fassen konnten, und einige nahmen Stricke, andere Brecheisen zur Hand. Einer der drei Spitzbuben, die heute morgen den Esel mitgenommen hatten, nahm einen starken Strick, den er dem Polizeimeister so fest um das Maul wand, daß es diesem unmöglich war, nur einen Laut von sich zu geben.

Darauf wurde der Rücken des Tieres mit großen Haufen Säcke beladen, und alle verließen das Haus.

Auf der Straße wandten sie sich, um kein Aufsehen zu erregen, nach verschiedenen Richtungen, so daß jedesmal nur zwei zusammen gingen. Man hatte dem Esel eine Schlinge um den Hals getan, und während ihn einer eilig nach sich zog, ging der andere mit einem scharfen Messer hintendrein und prickelte ihm mit der Spitze immer auf den Rücken, so oft er eine Miene machte, stehen zu bleiben.

So zogen sie durch einen großen Teil der Stadt, durch eine Menge Straßen, die öd und still waren, denn alles lag schon im tiefen Schlaf begraben. Bald erreichten sie den Nil und gingen an seinen Ufern dahin, worauf sie endlich den Palast des Kalifen vor sich liegen sahen.

Auch hier schien alles wie ausgestorben zu sein, und selbst die alten festen Türme und Ringmauern schienen zu schlafen. Denn keines ihrer vielen Augen, nämlich kein einziges Fenster war erleuchtet. Vor einem kleinen Türchen, das sich in der Mauer befand, hielten die beiden Spitzbuben mit dem Esel still, und während der eine die Schlinge um den Hals des Tieres an einen eisernen Ring festband, knüpfte ihm der andere auch noch die Füße zusammen, damit er ja nicht entlaufen könne.

In kurzer Zeit fanden sich auch die übrigen Spitzbuben wieder ein; nun wurde mit einer Leichtigkeit, die den Polizeimeister in Erstaunen setzte, das Türchen erbrochen, und alle bis auf einen, der bei dem Esel zurückblieb, schlichen leise und vorsichtig, jeder mit einem Sack auf dem Rücken, durch das Pförtchen in das Innere des Palastes.

Wohl hatte der Polizeimeister in diesem wichtigen Augenblick große Lust, ein lautes Geschrei zu erheben und so die Wachen aufmerksam zu machen und herbeizuziehen. Doch schien der Spitzbube, den man bei ihm gelassen hatte, so etwas zu fürchten und hatte deshalb zur Vorsicht noch seine Hand in den Strick gesteckt, den man dem Esel um das Maul gelegt, Wie sehr aber Abugosch zu Gott und dem Propheten flehte, er möge doch das Werk dieser schändlichen Spitzbuben zunichte werden lassen, er möge doch nur einer einzigen Wache die gehörige Aufmerksamkeit schenken, damit die Arbeit der Diebe unterbrochen würde, es war umsonst. Es war, als liege ein tiefer Zauberschlaf auf allen Bewohnern des Kalifenpalastes; denn obgleich das Herausnehmen der Steine sowie das Erbrechen der Kisten mit einigem Lärm verknüpft war, so drang er doch zu keinem menschlichen Ohr.

Armer Abugosch! Schon kehrten die Diebe mit ihren gefüllten Säcken zurück und luden sie auf den Rücken des Polizeimeisters, der auf diese Art gezwungen wurde, die Schätze seines Herrn, die doch mittelbar ebenfalls seiner Obhut anvertraut waren, für diese Spitzbuben fortzutragen. Ach, er hatte doppelt zu leiden, denn je größer die Last war, die sie auf ihn luden, und die seinen Rücken fast niederdrückte, um so schwerer belastete sie auch sein Gewissen.

Die Diebe machten nun eilig die Stricke los, womit der Esel an die Mauer befestigt war, und schlugen von allen Seiten auf ihn los, um seinen Gang zu beschleunigen. Einigemal kam ihm hierbei der Gedanke, ob es nicht besser sei, wenn er sich zur Erde niederwürfe und keinen Schritt weiter vorwärtsgehe; doch war er alsdann überzeugt, daß sie ihn augenblicklich totstechen würden und dann jeder mit seinem Sack voll Kostbarkeiten davonginge, weshalb er sein Schicksal ertrug und in stummer Verzweiflung einherschritt.

Bald gelangten sie an eine Reihe kleiner, erbärmlicher Häuser, die halb verfallen waren und meistens leer standen oder von armen Schiffleuten bewohnt wurden, welche, da diese Häuser mit ihren hinteren Seiten dicht an die Ufer des Nils stießen, hier die Nacht verbrachten. Vor einer dieser Hütten hielten die Diebe still, luden die Säcke ab und trugen sie hinein. Gar zu gern wäre Abugosch ihnen gefolgt, um zu sehen, wo sie denn eigentlich diese unermeßlichen Schätze aufbewahrten. Doch blieb derselbe Dieb, der ihn auch vorhin bewacht hatte, wieder bei ihm stehen, wobei er ihm wieder wie vorhin das Maul zuhielt.

Nachdem die Diebe eine gute halbe Stunde in dem Hause geblieben waren, kehrten sie alle ohne die Säcke wieder zurück, nahmen den Esel in die Mitte und beratschlagten, ob sie nicht nochmals in das Schatzgewölbe zurückkehren und eine neue Ladung holen sollten – eine unverschämte Habsucht, die der Esel, trotz dem langjährigen Umgang, den er als Polizeimeister mit diesem Gesindel gepflogen, sich nicht hätte träumen lassen. Nein, dachte er bei sich selbst, ehe ich mich dazu hergebe, noch einmal diesen Halunken die Schätze meines Herrn stehlen zu helfen, lieber will ich sterben! Und mit diesem lobenswerten Vorsatz blieb er auf der Stelle stehen und ging trotz Messerstichen und Fußtritten keinen Schritt vorwärts.

»Seht doch,« sagte leise einer der Diebe, »dieses abscheuliche Tier; es wird uns durch seine Widerspenstigkeit gewiß noch verraten!«

»Ja,« setzte ein anderer hinzu, »er hat wahrscheinlich heute noch nichts zu fressen gekriegt,« worauf einer der drei Spitzbuben, die ihn eingefangen, erwiderte, er verbäte sich dergleichen Anspielungen, er sei vielmehr auf das Beste abgefüttert und gepflegt worden.

»Nun, das ist eigentlich ganz gleich,« meinte ein anderer, »ihr seht aber, daß er nicht von der Stelle will, was fangen wir nun mit dem Tiere an?«

»Laß ihn laufen,« sagte ein dritter.

»Nein, nein,« schrie dagegen einer der drei in vollem Zorn, »so soll er uns nicht entwischen! hat uns dies boshafte Tier doch schon genug geärgert durch seine Faulheit und Widerspenstigkeit, und wenn er nicht mehr von der Stelle will, so soll mich nichts davon abhalten, ihm sogleich den Hals abzuschneiden.«

Aber auch trotz dieser Äußerungen, nach welchen es aller Wahrscheinlichkeit nach auf sein Leben abgesehen war, blieb Abugosch halsstarrig und ging eher zurück als vorwärts.

»Ruhig, ruhig!« riefen jetzt plötzlich einige der Spitzbuben, »dort hinten sehe ich eine der nächtlichen Wachen des Sultans vorbeigehen. Seid still und gebt keinen Laut von euch, damit wir uns nicht verraten.«

Die Diebe wandten sich eiligst in den dunkelsten Schatten der Häuser, und da sie den Esel hastig nach sich zogen, so rutschte ihm bei dieser Gelegenheit der Strick vom Maule herunter, und er konnte dasselbe wieder weit aufmachen, was er denn auch alsbald tat, indem er ein weithinschallendes Geschrei vernehmen ließ. Doch konnte er nicht viele Töne seines Liedes singen, denn die Spitzbuben warfen sich in Wut und Verzweiflung, daß er sie vielleicht verraten hätte, über ihn her, wobei ihm einige trotz seines wütenden Umsichbeißens das Maul zuhielten und andere ihn mit ihren Dolchen und Säbeln auf das grausamste verletzten. Es war leider um ihn geschehen, denn der eine Dieb, der schon vorher für seinen Tod gestimmt, hieb ihm mit seinem scharfen Yatagan so in den Hals, daß das Blut stromweise herausschoß. Dabei wurde es ihm ganz schwach auf den Beinen, er sank auf die Erde, und der Tod zog ihm langsam seinen siebenfachen Schleier über das Gesicht; die Spitzbuben aber flohen eilig nach allen Richtungen hin.

Hier schwieg der alte Mann und klopfte ruhig die Asche aus seiner Pfeife, um sich eine neue zu stopfen, während seine Zuhörer über das tragische Ende des Polizeimeisters sehr betreten waren und eine feierliche Stille beobachteten.

»Ja, ja,« sagte der Emir el Hadsch, »so kann es einem gehen, wenn man das Gebot der heiligen Nächte übertritt und zu vorwitzig ist, das geheimnisvolle Treiben der Geister schauen zu wollen. Es ist überhaupt ein Fehler der Polizei, daß sie sich oftmals in Sachen mischt, die sie nichts angehen. Ich erinnere mich ebenfalls dunkel, etwas von der Geschichte des Abugosch gehört zu haben; doch erzählte man damals seinen Tod minder tragisch und anders. Ich weiß nicht, ob eure Geschichte schon zu Ende ist; wenn dies aber nicht der Fall ist, so wünschen wir alle gerne den ferneren Verlauf derselben zu hören.«

»Ja,« sprach einer der jungen Leute, die um das Feuer lagen, »ich muß euch versichern, es wäre mir lieb, wenn die Erzählung vom Polizeimeister noch nicht zu Ende wäre; denn wenn er sich auch viel hat zuschulden kommen lassen, so ist doch ein solches Ende, ein solches Unglück, als Esel zu sterben, gar zu traurig;« worauf auch die andern jungen Leute versicherten, daß es ihnen wirklich leid tun würde, wenn Abugosch in der Tat schon tot und gestorben wäre.

Der alte Mann hatte sich eine neue Pfeife angesteckt und schien mit vielem Vergnügen zu hören, daß seine Erzählung allgemein gefallen hatte, weshalb er sich denn auch freundlich lachend seinen Bart strich und auf alle diese Fragen den Bescheid gab, daß die Erzählung von dem Polizeimeister Abugosch noch nicht geendigt sei, sondern daß der Prophet sie vielmehr zu einem glücklichen Ende geführt habe.

Als sämtliche Zuhörende auf diese Erklärung hin unzweideutige Zeichen ihrer Zufriedenheit an den Tag oder besser gesagt, da es dunkel war, an die Nacht legten, so fuhr der Alte wie folgt zu erzählen fort:

Wie lange der verwandelte Polizeimeister hier in seinem Blute gelegen, ist nicht genau anzugeben, doch soviel wissen wir, daß, als er erwachte, der Tag im Osten schwach aufzudämmern begann. Er blickte verwundert um sich, und da er sich der Vorgänge der vergangenen Nacht nur dunkel zu erinnern vermochte, so kam ihm das ganze wie ein Traum vor, der in der Tat seltsam genug war. War es ihm doch gewesen, als sei er in einen Esel verwandelt worden!

Ganz richtig, er wußte noch genau, wie es ihm zumute gewesen war. Er griff an seinen Kopf, und an der Stelle, wo sich jetzt ein Turban befand, hatten gestern allmächtig lange Ohren gewackelt. Seltsam, dachte Abugosch, wie der Mensch doch träumen kann! Er blickte um sich und war sehr erfreut, daß das Dunkel der Nacht noch alle Gegenstände undeutlich machte; denn er befand sich in einer Lage, die sich für den Polizeimeister des Kalifen Mustapha nicht schicken wollte. Vor sich sah er den Nil mit einer Reihe kleiner, erbärmlicher Häuser und konnte unmöglich begreifen, wie er hierhergekommen sei. War es doch gerade, als sei er gestern abend auf den Diebsplatz gegangen und habe sich auf den alten Sarkophag niedergesetzt, der sich dort befand. Jetzt lag er hier am Ufer des Stromes mitten auf der Straße, und dabei fühlte er sich wie an allen Gliedern zerschlagen.

Langsam und mit Mühe raffte er sich auf und konnte kaum auf seinen Beinen stehen; sein ganzer Körper war gelähmt, und als er sich so von oben bis unten betrachtete und betastete, sah er zu seinem größten Schrecken, daß er einen dicken Strick um den Hals trug, dessen Ende er neben sich am Boden herschleppte. Eilig warf er diese Schlinge herab und hinkte dann in die Stadt hinein, um sich nach seinem Palast zu begeben. Dort angekommen, öffnete er mit einem geheimen Schlüssel ein kleines Hinterpförtchen und schlüpfte ungesehen in sein innerstes Gemach, wo er sich auf den Diwan warf und alsbald in einen tiefen Schlaf verfiel.

Der Beherrscher der Gläubigen, Kalif Mustapha, Beschützer aller Künste und Wissenschaften, hatte in dieser denkwürdigen Nacht ebenso wie sein unglücklicher Polizeimeister einen seltsamen Traum gehabt, der ebenfalls leider sehr an die Wahrheit streifte. Ihm träumte nämlich, er spaziere im vollen kaiserlichen Staat an den Ufern des Nils, als er sich plötzlich von einer Schar schwarzer Raben umringt sah, welche sich mit beispielloser Frechheit auf ihn herabließen und ihn Stück für Stück seines Schmuckes beraubten. Der eine hakte ihm die Agraffe des Turbans los, der andere nahm ihm den faustdicken Diamant, der seinen Mantel zusammenhielt, ein Dritter die kolossale Perle an seinem Säbelgriff, kurz, alle plünderten ihn dergestalt, daß der Kalif in kurzer Seit nichts Kostbares mehr an sich hatte und so wertlos war, daß kein Jude einen Para für ihn gegeben hätte. Bei alledem mußte er noch obendrein seinen Polizeimeister sehen, der, ohne ihm zu helfen, seltsam lachend um ihn herumsprang und dabei ganz die Gestalt eines Esels hatte, welch letzterer Umstand dem Kalifen gerade nicht auffallend gewesen wäre, denn er hatte schon selbst in wachendem Zustand bisweilen eine Ähnlichkeit zwischen Abugosch und einem solchen Tiere zu bemerken geglaubt. Auch beunruhigte es ihn weit mehr, daß man ihn seiner Schätze beraubt hatte, und als er deshalb am Morgen erwachte, ließ er sogleich seinen ersten Arzt rufen, dem er den Befehl erteilte, ihm diesen Traum auszulegen.

»Beherrscher der Gläubigen,« sprach der Hakim, »da es dem Lauf der Dinge nach unmöglich ist, daß deine kaiserliche Allerhöchstheit etwas anderes zu träumen imstande ist, als was sich auf das Vergnügen und die Ehre deiner großherrlichen Gnade bezieht, so wage ich es, vor deinem erhabenen Angesicht der Meinung zu sein, daß dir der Prophet durch diesen Traum habe kund und zu wissen tun wollen, daß, wenn auch aller falscher Glanz von Perlen und Edelsteinen von dir entfernt würde, du selbst als der Inbegriff alles Glanzes, aller Tugend und aller Ehre nur desto allerhöchst glänzender strahlen würdest.«

Der Kalif, dein diese Auslegung ungemein gefiel, strich sich schmunzelnd seinen Bart und erwähnte darauf der seltsamen Gestalt, unter welcher er seinen Polizeimeister gesehen.

»Beherrscher der Gläubigen,« sprach darauf der Hakim mit innerlichem Vergnügen weiter, denn es freute ihn, seinem guten Freunde, auf den er neidisch war, da er bei dem Kalifen in großer Gunst stand, einen Hieb geben zu können, »da ich ferner meine alleruntertänigste Meinung dahin auszusprechen wage, daß deine hellsehenden Augen selbst im Traume eine andere Person nur in ihrem wahren Lichte zu sehen imstande sind, so vermute ich, daß der Chef deiner Polizei, Abugosch –«

»Ich verstehe,« sprach der Kalif lustig und lachte dabei so, daß ihm der Bauch wackelte. »Es ist wenigstens eine große Dummheit von meinem Polizeimeister, daß er so spurlos verschwunden ist, ohne mich vorher davon benachrichtigt zu haben.«

Der Hakim beugte sich tief zur Erde und küßte den untersten Zipfel des großherrlichen Mantels.

»Ja, ja,« fuhr der Kalif fort, »deine Auslegung meines Traumes gefällt mir sehr, denn ich hatte schon den sonderbaren Gedanken, daß mir der Prophet durch dies Gesicht anzeigen wolle, daß es vielleicht einigen unsauberen Händen gefallen möge, meinen Schatz zu berauben; doch wäre eine solche Frechheit nicht denkbar. Ich bin ganz mit dir zufrieden und erlaube dir, den Schatzmeister aufzusuchen, damit er dir eine kaiserliche Belohnung, bestehend in einem Beutel voll Piastern, auszahle«

Der Hakim verbeugte sich abermals so tief wie möglich und schwor bei dem Lichte seiner Augen, er wolle augenblicklich hingehen und den Schatzmeister aufsuchen, als plötzlich der Eintritt dieses Mannes selbst ihm diese Mühe ersparte.

Der Schatzmeister erschien unter der Tür der Gemachs mit verschobenem Turban, schreckensbleichem Gesicht, wobei er der Hofetikette ganz zuwider die Hände hoch über seinem Haupte emporhielt. Der Mann war in der allergrößten Verwirrung und offenbar durch eine unangenehme Nachricht in dem wichtigen Geschäft gestört worden, seinen Körper herauszuputzen; denn abgesehen davon, daß er an seinem linken Fuß einen gelben und an seinem rechten Fuß einen roten Pantoffel trug, war auch sein Bart an der einen Seite glattgekämmt und gesalbt, während auf der andern Seite das Haar lose umherflatterte.

»Beherrscher der Gläubigen,« stöhnte der Schatzmeister und warf sich auf den Teppich des Gemachs dem Kalifen zu Füßen. Allergroßmächtigster Herr!« schrie er. »Bei dem Barte meines Vaters und dem Schleier meiner Mutter! Dein Sklave ist unschuldig!«

Man kann sich leicht denken, daß bei dieser sonderbaren Anrede der Kalif aus seiner behaglichen Ruhe emporfuhr und sich mit funkelnden Augen hastig nach diesem seltsamen Benehmen erkundigte.

»Herr,« fuhr der Schatzmeister fort, »Herr, wende deine Gnade nicht von mir, und vernimm die Schreckensbotschaft, daß in der heutigen Nacht dein Schatz entsetzlich bestohlen wurde! Ja, großmächtigster Kalif, er wurde bestohlen, aber nicht durch die Nachlässigkeit deines Sklaven, der, wie immer, so auch gestern nacht, wie das seine Schuldigkeit ist, alles aufs sorgfältigste verschloß. O Herr, man hat die Mauern des Turmes untergraben und auf diese Art deinen Sklaven unglücklich gemacht.«

Der Kalif, der mit weit geöffnetem Munde und starren Rügen diese Nachricht anhörte, schien ein wenig den Verstand verloren zu haben, denn anstatt, wie er sonst wohl getan hätte, eine seiner Pistolen auf den Schatzmeister abzuschießen, faßte er plötzlich seinen ersten Hakim am Bart, der vor Schrecken erstarrt neben ihm stand und schrie unter einem erschrecklichen Lachen: »Siehst du, Freund Hakim, trefflicher Traumausleger! Die Raben, ja, die Raben, und sie haben doch meine Schätze gestohlen!« Doch dieser letzte Gedanke brachte ihn plötzlich wieder zu sich. Er lehnte sich einen Augenblick wie nachdenkend in die Kissen zurück und dann befahl er, daß man dem Hakim auf der Stelle seine Belohnung auszahle. Doch ach, es war eine ganz ganz andere, als wovon er früher gesprochen. Es erschienen nämlich zwei Sklaven, welche ihn auf den Rücken legten und ihm fünfhundert wohlgezielte Hiebe auf die Fußsohlen verabreichten.

Während der Kalif bei diesem Akt der Gerechtigkeit etwas ruhiger zu werden schien, und sichtlich einen Trost darin fand, seine Wut an einem eigentlich ganz Unschuldigen auslassen zu können, dankte der Schatzmeister, noch immer am Boden liegend, in einem inbrünstigen Gebete dem Propheten für dieses Zwischenspiel, da er mit Gewißheit glaubte, daß durch diese ärztliche Hilfe sich doch wenigstens nicht der ganze Zorn des Kalifen über ihn ergießen würde. Über er hatte sich dennoch geirrt; denn als Mustapha ruhiger geworden war, befahl er, seinen Schatzmeister in ein tiefes, sumpfiges Kerkerloch zu werfen, wo er so lange bleiben solle, bis man den Dieb entdeckt habe. Umsonst mochte der Unglückliche seine Unschuld versichern, ja, bei dem Barte des Propheten und bei seinen Augen schwören, es half ihm alles nichts; er wurde abgeführt und in einen unheimlichen Kerker gesteckt.

Nachdem man den Beherrscher der Gläubigen allein gelassen hatte, quälte er sich in Gedanken über den großen Verlust ab, der ihn betroffen, wobei er sehr nach seinem Polizeimeister Abugosch seufzte, den, wie er selbst glaubte, die Diebe aus dem Wege geräumt hätten, ehe sie es gewagt, den kaiserlichen Palast zu bestehlen. »Ja,« murmelte er vor sich hin, »wenn Abugosch dagewesen wäre, hätten es die Diebe gewiß nicht gewagt, ihre verbrecherischen Finger nach meinem Gute auszustrecken. Ich bin ein recht geschlagener Mann, der zugleich mit einem kostbaren Schatz auch den treuesten seiner Diener verlieren mußte.«

So sprach der Kalif zu sich selber, als der Oberaufseher seines Harems, ein feister, boshafter Neger, auf den Fußspitzen ins Gemach schlich und sich in der Ecke niederkauerte, bis es seinem Herrn und Gebieter gefallen würde, einen Blick auf ihn zu werfen.

»Ja, Hassan,« sprach der Kalif zu dem Eingetretenen, »es ist ein rechtes Unglück. Ich werde darauf bedacht sein müssen, einen neuen Polizeimeister zu ernennen, weißt du mir vielleicht jemand Taugliches dazu vorzuschlagen?«

Der Neger brach, statt aller Antwort, in ein leises Lachen aus, so daß seine weißen Zähne blendend hervorschimmerten, doch ohne daß es der Kalif bemerkte, denn dieser fuhr fort: »Ich weiß wohl, Hassan, daß du und der Polizeimeister nie besondere Freunde waren; aber trotz alledem mußt du doch zugeben, daß der Verlust desselben für mich, besonders im jetzigen Augenblick, unersetzlich ist.«

Statt aller Antwort grinste der Neger noch häßlicher als zuvor, so daß es der Kalif bemerken mußte, und denn auch sogleich fragte, was dieses Lachen zu bedeuten habe? Jetzt neigte sich der Schwarze mit seinem Kopf bis auf den Teppich und entgegnete: »Beherrscher der Gläubigen, du siehst deinen Sklaven verwundert ob der Rede, die allerniedrigst derselbe soeben aus allerhöchst deinem Munde vernommen hat. Sprach mein Gebieter nicht soeben von dem Verschwinden des Polizeimeisters? – ein Umstand, von dem es mich sehr befremdet, daß höchst dein Mund Erwähnung davon tut; denn es käme deiner Weisheit wohl zu, vor allen Dingen nur die reinste Wahrheit zu wissen!«

Der Kalif sah den Sprecher an, ohne im Augenblick zu wissen, was dieser mit seiner Rede eigentlich sagen wollte.

»Großmächtigster Kalif,« fuhr der Schwarze fort, »wer möchte denn wohl vor dir allen Ernstes zu behaupten wagen, daß dein Polizeimeister Abugosch nicht zu finden wäre? Ich versichere dich dagegen, daß er sich ruhig in seinem Palaste befindet – ruhig,« setzte Hassan hinzu, »wenn ihm sein Gewissen dies zuläßt.«

Nach diesen Worten schaute der Kalif aufmerksam den Neger an und erkundigte sich mit strengen Worten, was dies Gerede zu bedeuten habe.

»Ja, Herr,« fuhr Hassan fort, »man hat dir schon gestern hinterbracht, daß dein Polizeimeister nirgends zu finden sei, und das ist allerdings vollkommen wahr, denn er ist weder in der vorletzten Nacht, noch gestern, noch auch in der heutigen Nacht zu Hause gewesen, verstehst du mich, Kalif? Auch nicht in der heutigen Nacht, wo der Diebstahl an deinem Schatz begangen wurde; doch man hat ihn heute morgen von der Seite des Nils herschleichen sehen, ja ich sage von der Seite deines Palastes, wo der Einbruch geschehen; und darauf hat er sich in aller Stille und Heimlichkeit in seinen Palast begeben, ohne jedoch, wie es sich für einen treuen Beamten deiner Hoheit geziemt, schon in der Frühe hierherzueilen, um gleich die geeigneten Maßregeln zu treffen, die verbrecherischen Diebe einzufangen.«

So sehr auch der Kalif vor wenigen Augenblicken auf die Treue seines Polizeimeisters gebaut hatte, so war doch sein Gemüt von Natur viel zu argwöhnisch, als daß die giftigen Reden, die Hassan eben geführt, nicht sogleich Wurzel geschlagen hätten und rasch zu einer bösen Frucht gereift wären. Auch war der Schmerz um den Verlust seiner Schätze so groß, daß er in diesem Augenblicke in der Hoffnung, dieselben wieder zu erlangen, alles glaubte, was man ihm hierüber sagte. Er zog seine Augenbrauen finster zusammen und ließ sich die ganze Aussage des Negers nochmals wiederholen, worauf er eine kurze Zeit nachdenklich dasaß und dann zwei seiner vertrautesten Mameluken mit dem Auftrag fortsandte, sich heimlich in den Palast des Polizeimeisters zu begeben und ihn stehenden Fußes hierherzubringen.

Während dieser Zeit lag Abugosch in festem Schlaf auf seinem Diwan und freute sich sogar im Traum darüber, daß er kein Esel geblieben, sondern wieder zum Menschen geworden war, als er plötzlich von einem Geräusch, welches er neben sich zu hören glaubte, erwachte.

Er blickte um sich; doch jetzt war wieder alles still und niemand außer ihm im Gemach.

Abugosch rieb sich die Augen, und während er über die jüngst vergangene Zeit nachdachte, begann ihm die verflossene Nacht mit ihrer schrecklichen Begebenheit in einzelnen Bildern vor sein Inneres zu treten. Er sprang eilig von seinem Diwan auf in der Absicht, sich sogleich in den großherrlichen Palast zu begeben und dem Kalifen Mustapha seine ganze sonderbare Geschichte zu erzählen. Indem er sich so eilig erhob, fiel etwas, das sich in den dichten Haaren seines Bartes verborgen hatte, auf die Erde; und als er es aufhob, fand er, daß es einer jener kleinen, goldenen Ringe sei, die mit einem unschätzbaren Talisman verziert von dem Kalifen am Finger getragen wurden, und deren sich im Schatze des Sultans mehrere befanden. Jetzt begann er zu ahnen, daß die Geschichte, die er in der heutigen Nacht erlebt, in ihrer ganzen schrecklichen Ausdehnung wahr sein könne. Er hatte als Esel die Schätze getragen, und es konnte wohl möglich sein, daß einer dieser Ringe aus dem Sacke gefallen und an ihm hängen geblieben war; genug, er hielt den Ring in seiner Hand und betrachtete ihn eben aufmerksam, als er dasselbe Geräusch, das ihn vorhin aus dem Schlaf erweckt, jetzt zum zweiten Male und deutlicher hinter einem der Türvorhänge seines Gemaches hörte. Rasch wandte er seine Augen dahin, und wer beschreibt sein Erstaunen und seinen Schrecken, als plötzlich zwei Leibmameluken des Kalifen in das Gemach traten und ihm befahlen, augenblicklich zu folgen.

Abugosch hatte den Ring rasch in seinen Gürtel gesteckt; aber diese Bewegung hatte einer der Mameluken bemerkt und nahm ihm das Kleinod triumphierend ab. Umsonst bat der Polizeimeister, man möge ihm erlauben, doch wenigstens andere Kleider anzuziehen; denn in der Tat, sein jetziger Anzug befand sich sehr in Unordnung: der Turban war zerfetzt, der Kaftan beschmutzt und zerrissen, kurz, alles war in gar schlechtem Zustande. Doch die Mameluken taten ihre Pflicht, setzten den Gefangenen vor dem Hause in eine Tragsänfte und brachten ihn nach dem kaiserlichen Palast.

Mustapha sah mit Ungeduld ihrer Rückkehr entgegen und ließ den Polizeimeister sogleich vor sich bringen. Abugosch trat in das Gemach, und ein Blick auf den Kalifen reichte hin, um ihm zu sagen, daß dieser sich in einer sehr schlechten Laune befinde. Mit der einen Hand griff er in seinen vollen Bart und mit der andern spielte er mit dem Säbelgriff.

»Dank sei dem Propheten,« sprach Mustapha finster, »daß er uns einen solch' treuen Diener, wie du bist, wiedergeschenkt hat. Sprich, mein Sohn Abugosch, wo warst du in der Zeit, die du fern von meinem Palaste, sowie fern von deinem Hause zugebracht hast? Warum warst du nicht bei der Hand, als man meinen Schatz bestohlen, oder,« fuhr der Kalif fort, indem er den Gefangenen mit durchbohrendem Blick ansah, »warst du vielleicht bei diesem Einbruch zugegen? Wenigstens spricht dieser Ring dafür, den ich hier in meiner Hand halte!«

Diese Anrede und das hohnlächelnde Gesicht des Negers Hassan, der hinter seinem Herrn hervorsah, machten dem Polizeimeister sogleich klar, wie die Sache hier für ihn stände. Doch da er sich keines Verbrechens bewußt war, so schaute er dem Kalifen ernst ins Gesicht und sagte nach der üblichen Verbeugung: »Beherrscher der Gläubigen, deine Weisheit hat geruht, einen schweren, niederdrückenden Verdacht auf deinen Sklaven zu werfen. Möge es mir aber dagegen erlaubt sein, dir die wunderbare und seltsame Geschichte zu erzählen, die mit mir vorgegangen, während ich nicht das Glück hatte, dein hohes Antlitz zu schauen.«

Als Mustapha hierzu seine Erlaubnis erteilt, begann Abugosch und erzählte die Vorfälle auf dem Diebsplatz, wie er in einen Esel verwandelt worden, und wie es ihm darauf ergangen war; dann die Geschichte des Einbruchs in den kaiserlichen Schatz, alles so genau wie möglich.

Der Kalif hatte aufmerksam gelauscht, und wenn auch in jenen Zeiten die Genien und Kobolde öfters sichtbar ihr Spiel trieben, so war sein Herr doch zu sehr zum Argwohn geneigt, als daß er diesem seltsam klingenden Märchen seinen vollen Glauben hätte schenken können. Deshalb schüttelte er sein Haupt und entgegnete: »Höre, Abugosch, ich bin von deiner Klugheit zu sehr überzeugt, und das, was du mir eben erzählst, klingt viel zu unwahrscheinlich, als daß ich nicht glauben sollte, du habest es erfunden, um einen schweren Verdacht von dir abzuwälzen. Doch es sei ferne von mir, dich zu verdammen, ohne dir Gelegenheit zu geben, deine Unschuld zu beweisen. Du sahst also in der verflossenen Nacht deutlich, in welches jener kleinen Häuser die Diebe meine Schätze getragen! Begieb dich daher sogleich mit einer zahlreichen Wache dorthin und suche die Säcke. Wenn du sie alle wiederbringst, so will ich dir Glauben schenken, und es soll dir eine große Belohnung nicht entgehen. Im anderen Falle aber werde ich der Welt zeigen, wie man einen Diener bestraft, der seinen Herrn bestiehlt.«

Was konnte der unglückliche Abugosch tun? So wie er seinen Herrn kannte, war er noch herzlich froh, daß ihm dieser nicht ohne weiteres den Kopf vom Rumpfe hatte schneiden lassen, sondern ihm vielmehr einen Weg zeigte, auf dem er allen Ernstes glaubte, seine Unschuld beweisen zu können. Er neigte seinen Kopf zur Erde und begab sich mit einer zahlreichen Wache an das Ufer des Nils, wo die kleinen Häuser standen. Hier fand er auch nach einigem Herumsuchen bald die Hütte, in welche die Spitzbuben die Säcke getragen hatten. Er stellte sich davor hin, besah sie von allen Seiten, um sich nicht zu irren, war aber bald fest überzeugt, daß in dieser und keiner andern die Schätze sein müßten. Nun ließ er das Haus sorgfältig von allen Seiten mit Wachen umstellen und umging es zuerst selbst, um nachzusehen, ob die Spitzbuben die Säcke nicht hinten irgendwo hätten hinaustragen können. Doch war das unmöglich; denn an der andern Seite der Hütte floß der Nil dicht vorbei, und wenn sich auch da eine Hintertür befand, so führte dieselbe nur auf einen kleinen, grabenartigen Einschnitt, den der Strom ins Haus machte, und in welchem die armen Schiffer zur Nachtzeit ihre Kähne hineinzuziehen pflegten.

Nachdem die Wachen von allen Seiten das Haus umstellt hatten, begannen sie langsam einzutreten. Abugosch eilte rasch durch die Vordertür ein paar Stufen hinab in ein ärmliches Gemach, wo sich aber nichts weniger als Säcke voll Schätze befanden. Hier war alles leer und zerfallen. Jetzt drang man weiter ins Haus hinein und hatte es bald von oben bis unten auf das Genaueste durchsucht, ohne das Geringste gefunden zu haben. Man kann sich leicht die Verzweiflung des armen Polizeimeisters denken, als er einsah, daß die Diebe wahrscheinlich schon am frühen Morgen hier gewesen seien und die Schätze fortgeholt hätten.

Freilich eine unerhörte Frechheit! Denn der Raub in der Schatzkammer während dieser Nacht war schon am frühen Morgen überall bekannt geworden, und die Spitzbuben mußten doch fürchten, mit ihren Säcken angehalten und festgenommen zu werden. Aber was half es, daß Abugosch darüber nachgrübelte; die Säcke waren fort und nirgends zu finden.

In seiner Verzweiflung sah er einen schrecklichen Tod vor sich und klammerte sich deshalb an alles fest, was ihm vielleicht noch Rettung geben konnte. »Vielleicht habe ich mich getäuscht,« dachte er bei sich selbst, »und es ist das nebenstehende Haus gewesen!« – Eine Idee, die er sich so wahrscheinlich machte, daß er befahl, auch dieses alsbald zu durchsuchen; was denn auch geschah, aber ohne leider mehr zu entdecken, als in der ersten Hütte.

Von Zeit zu Zeit schickte der Kalif einen Mameluken ab, um sich nach dem Erfolg dieser Haussuchungen zu erkundigen, und jeder dieser Boten trieb dem armen Abugosch des Angstschweißes mehr auf die Stirne.

Jetzt durchsuchte man auf gleiche Weise auch auf der andern Seite das angrenzende Haus, dann das zweite, dritte: alles vergeblich! Und obgleich Abugosch auf diese Art sämtliche Häuser der ganzen Reihe durchstöbern ließ, so sah er doch, so oft er bei dem ersten Hause, das man untersuchte, vorbeikam, daß dieses und kein anderes das rechte sei.

So war es nachmittag geworden, und die Sonne senkte sich schon stark gegen den Horizont, den Nil und die alte Kalifenstadt mit rotem, feurigem Glanz bedeckend. Abugosch hatte noch einmal das erste Haus von oben bis unten durchsucht und stand an einer Hintertür, die auf den Nil führte, in trübe, quälende Gedanken versunken. Vor ihm lag der herrliche, breite Strom, mit kleinen und großen Booten bedeckt, in welchen fröhliche Menschen saßen, die sich des schönen Abends freuten. Ach, sein schön bemalter und vergoldeter Nachen schaukelte leer und unbenützt vor der Terrasse seiner schönen Villa, die dort unten am Ufer des Stromes lag, und deren glänzende Dächer er im Abendstrahl funkeln sah. Dort lag sein schöner Orangengarten mit Blumenfeldern und kleinen Wäldchen von dunkeln Zypressen, sein Lieblingsaufenthalt, den er nie mehr betreten sollte. Er kannte seinen Herrn, den Kalifen Mustapha, zu gut, und wußte, daß die Nacht, die sich heute auf den Nil herabsenkte, für ihn zu einer ewigen werden und daß er die Spitzen der Pyramiden drüben nie mehr in der Morgensonne glänzen sehen würde.

Die Schätze waren, wie schon gesagt, nicht zu finden, und der Beherrscher der Gläubigen war viel zu sehr über den Verlust seiner Kostbarkeiten empört, als daß er nicht sein Wort halten und ihn eines schimpflichen Todes sterben lassen sollte. Dieser letzte Gedanke, als gemeiner Dieb öffentlich hingerichtet zu werden, war dem Polizeimeister, der sich seiner Unschuld bewußt war, noch schrecklicher als der Tod selbst, und als er den tiefen Fluß so schön zu seinen Füßen sah, kam ihm plötzlich der Gedanke, ob es nicht besser sei, sich da hinabzustürzen und seinem Leben freiwillig ein Ende zu machen, als in die Hand des Henkers zu fallen. Gedacht, getan! Der arme Polizeimeister warf noch einen schmerzlichen Blick auf die Gegend ringsum, befahl seine Seele dem Propheten und sprang in den Nil, wo er auch alsbald untersank.

Ihr könnt euch leicht denken, daß auf dies Geplätscher im Wasser die Wachen mit aller Hast herbeistürzten, denn sie erkannten mit Schrecken die Absicht ihres hohen Gefangenen, und fürchteten, wenn sie ihn nicht lebendig überbrächten, für ihre eigenen Köpfe.

Man schrie nach Nachen, nach Leitern und Stricken; und einige der Soldaten, die gut schwimmen konnten, machten schon Anstalt, sich dem Polizeimeister nachzustürzen, als dieser plötzlich wieder auf der Oberfläche des Wassers erschien, und seinem Entschlusse, sich selbst das Leben zu nehmen, sehr entgegen, den Umstehenden laut zurief, sie sollten ihm einen Strick zuwerfen, was denn auch augenblicklich geschah.

Kaum hatte Abugosch das feste Land wieder betreten, als sich die Wachen augenblicklich seiner bemächtigen wollten; doch wehrte er sich mit Händen und Füßen, wobei er aber in die freudigen Worte ausbrach: »Da unten im Wasser liegen die Säcke!«

Gerade in diesem Augenblicke kam der Kalif zu Pferde an das Ufer des Nils geritten, um sich mit eigenen Augen zu überzeugen, ob man auch bei der Durchsuchung der Häuser mit der gehörigen Sorgfalt zu Werke gegangen sei. Er sah die Bewegung am Ufer, und als er dicht herangekommen war, zog man gerade den ersten der Säcke, mit Gold und Edelsteinen angefüllt, aus dem Wasser, worüber Abugosch so entzückt und voll Freude war, daß er sich in seinen nassen Kleidern dem Kalifen zu Füßen warf und inbrünstig einen Zipfel der lang herabhängenden Schabracke küßte. Danach erstattete er in kurzen Worten dem Kalifen einen Bericht ab und verschwieg nicht, daß er sich, seiner Unschuld bewußt, lieber selbst das Leben habe nehmen wollen, als von der Hand des Henkers sterben, und daß er auf diese Art entdeckt, wie die listigen Diebe die Säcke sorgsam auf den Grund des Nils hinabgelassen.

Mustapha, sehr erfreut, seine Kostbarkeiten wiederzuhaben, sprach den Polizeimeister augenblicklich von allem Verdachte frei und kehrte mit ihm in den Palast zurück. Hier ließ er ihm einen kostbaren Ehrensäbel überreichen, und Abugosch stand nach diesem Vorfalle bis ans Ende seiner Tage in höchster Macht und Ansehen.

So schloß der alte Mann diese wahrhaft denkwürdige Geschichte, die dem Polizeimeister Abugosch begegnete.

»Und die mich außerordentlich ergötzt hat,« setzte der Emir el Hadsch hinzu.

»Und mich,« sagte einer der jungen Männer.

»Nur möchte ich wissen,« entgegnete ein dritter, »ob man von den Dieben nichts mehr gehört hat.«

»Nicht das geringste,« sagte der alte Mann, »und so große Mühe sich auch Abugosch von der Zeit an gab, eine Spur von ihnen zu erhalten, so ist ihm das nie gelungen. Später hat er sich über diesen Vorfall mit weisen Männern beraten, welche sämtlich der Meinung waren, daß jene Geister, die ihn verwandelten, später, um seine Strafe zu schärfen, ebenfalls die Rolle der Diebe übernommen, alsdann aber, nachdem er genug gebüßt, ihm den Entschluß in die Seele gelegt hätten, sich in den Nil zu stürzen, um ihm auf diese Art wieder zu helfen.«

»Ja, ja,« sagte der Emir el Hadsch, »mir scheint dies am allerwahrscheinlichsten; denn man hat selten gehört, daß ein rechtgläubiger Muselmann aus freiem Antrieb den Vorsatz gefaßt hätte, sich selbst das Leben zu nehmen; ich würde mich lieber zehnmal köpfen lassen. Und dann,« setzte der ehemalige Oberschatzmeister hinzu, »so verstockte böse Menschen es auch gibt, so ist das Verbrechen, den kaiserlichen Schatz zu bestehlen, doch unerhört und kommt wohl nie vor. Es muß Zauberei mit im Spiel gewesen sein.«

Bei diesen Erzählungen und Gesprächen war es indessen spät geworden, und ein leiser Wind, der über die Fläche dahinstrich, erinnerte die Gesellschaft daran, daß es Zeit sei, sich noch einige Stunden zur Ruhe zu legen.

Den folgenden Tag hatte die Karawane einen längeren Marsch gemacht als gestern und es war deshalb schon spät geworden, bis das Lager aufgeschlagen war und sich Menschen und Pferde zur Ruhe begeben konnten. Der Emir el Hadsch lag sehr ermüdet auf seinem Diwan, und so sehr ihn auch gestern die Erzählungen des alten Mannes belustigt hatten, so zog er es doch heute vor, in seinem Zelte zu bleiben und sich früher zur Ruhe zu legen. Auch hatte sich seine Tochter Zemire die Erlaubnis ausgebeten, ihn besuchen zu dürfen, und kaum war die Nacht ganz hereingebrochen, und die Sklaven, welche die goldenen Lampen im Zelte des Emirs angesteckt, hatten sich zurückgezogen, als durch den bedeckten Gang, der die beiden großen Zelte vereinigte, die schöne, niedliche Türkin hereinschlüpfte und sich zu dem Vater auf den Diwan lagerte. Nachdem sie sich nach seinem Befinden erkundigt, begann sie von den Eindrücken zu erzählen, welche die Reise und die Karawane in den vergangenen Tagen auf ihr frisches Herz gemacht, und das wußte sie alles so natürlich und lebendig vorzutragen, daß der alte Herr über die geringfügigsten Sachen laut lachen mußte. Auch hatte sie ihre Laute mitgebracht, und als sie nichts mehr zu erzählen wußte, griff sie in die Saiten und sang eines jener arabischen Lieder, die mit ihren glühenden, lebhaften Worten und der dazu passenden Sprache einen unwiderstehlichen Zauber auf das Menschenherz ausüben.

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