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Vorwort

Friedrich Wilhelm Hackländer

1816-1877

In seiner ersten Jugend hat unser Dichter, der Sohn eines armen Schulmeisters in Burtscheid bei Aachen, sich wohl kaum träumen lassen, daß er einmal an Fürstenhöfen leben und die Welt nach allen Seiten durchstreifen, daß er Krieg und Frieden, den Kaufmanns- wie den Soldatenstand, das Hofleben und das der Völker, Europa und den Orient kennen lernen und als einer der beliebtesten Romanschreiber seines Volkes beschreiben werde. – Aber früh (mit zwölf Jahren war er Waise) auf eigene Füße gestellt, fand er schnell Geschmack am Umherstreifen, und niemandem für sein Tun verantwortlich, versuchte er, es bald hier, bald dort zu etwas zu bringen. Zunächst trat er als Lehrling in ein Seidenwarengeschäft. Doch schon nach zwei Jahren vertauschte er den Kaufmannsberuf mit dem des Soldaten, der ihm natürlich mit seinen vierzehn Jahren als der verlockendste erschien. Er trat in ein preußisches Artillerieregiment ein. Doch der Eifer, mit dem er sich jedem neuen Erlebnis hingab, genügte doch nicht für den großen ersehnten Erfolg. Das Avancement ging ihm nicht schnell genug, dabei mangelte es ihm an der sogenannten gediegenen Schulbildung. Mit seiner Phantasie allein war es hier nicht getan. Innere Unrast und die Neugierde der Jugend trieben ihn, es noch einmal als Kaufmann zu versuchen. An Neuem sollte es ihm nicht fehlen. Drei Geschäfte, in denen er nacheinander tätig war, fallierten. Da trieb es den dreiundzwanzigjährigen Jünglings seine reichen Erinnerungen aufzuschreiben. Zu allererst reizten ihn die aus seiner Militärzeit, und sogleich fand sich auch eine Zeitung, das Stuttgarter Morgenblatt, die sich durch die frische Schreibweise des jungen Mannes bestimmen ließ, sie unter dem Titel »Bilder aus dem Soldatenleben« zu veröffentlichen. Der Erfolg war über alles Erwarten. Eine Buchausgabe folgte, und damit war Hackländer zunächst in Stuttgart einer der bekanntesten Autoren. Einem so frischen, eindrucksfähigen Auge müsse man die Welt zeigen, sagte sich der Baron von Taubenheim. Er ließ sich den jungen Autor vorstellen und nahm ihn als Reisebegleiter mit auf seine Orientreise. Die Früchte dieser Reise (1840-1842) sind die » Daguerreotypen« (Reise in den Orient) und » Der Pilgerzug nach Mekka«, in dem Hackländer orientalische Märchenstoffe verarbeitete.

Kaum ist er wieder in Stuttgart, so wird er auch schon auf Empfehlung des Grafen von Neipperg dem König von Württemberg empfohlen und zum Sekretär und Reisebegleiter des Kronprinzen mit dem Titel Hofrat ernannt. In dieser Stellung bereiste der junge Dichter Italien, Belgien und Deutschland und nahm an der glänzenden Vermählungsfeier des Kronprinzen in Petersburg im Jahre 1846 teil. Doch bald darauf sollte er auch die Schattenseite des Hoflebens kennen lernen, die Intrige. Dieser Macht war der offene Charakter Hackländers nicht gewachsen. 1849 verließ er seine Stellung, in Anerkennung seiner Tüchtigkeit, mit vollem Gehalt.

Noch im selben Jahre schickte ihn Baron von Cotta als Berichterstatter der »Allgemeinen Zeitung« nach Italien, wo er im Gefolge Radetzkys den Feldzug gegen Piemont mitmachte, und später nach Baden, wo er im Hauptquartier des Prinzen Wilhelm von Preußen, des späteren Kaiser Wilhelm I., an der Okkupation des Landes teilnahm. Den Friedensbildern aus dem Soldatenleben und den » Wachtstubenabenteuern« folgten die » Bilder aus dem Soldatenleben im Kriege«. Seine äußere Lage hatte sich durch diese Veröffentlichungen so glücklich gestaltet, daß er nun daran denken konnte, sich zu verheiraten. Er vermählte sich mit Karoline Opitz, einer Nachkommin des berühmten schlesischen Dichters Opitz, und widmete sich vorerst ganz der Romanschreiberei. In dem zweibändigen humoristischen Roman » Handel und Wandel« (1850) schrieb er seine ergötzlichen Erinnerungen aus dem Kaufmannsleben nieder. Es folgte ein zweiter humoristischer dreibändiger Roman » Eugen Stilfried« und eine Reihe Lustspiele, von denen » Der geheime Agent« in der von Heinrich Laube ausgeschriebenen Lustspielkonkurrenz den Preis erhielt und dann über alle Bühnen Deutschlands ging. Auch seine Reisen konnte Hackländer jetzt auf eigene Faust unternehmen. Im Jahre 1855 erschien » Ein Winter in Spanien« in zwei Bänden, der Ertrag eines längeren Aufenthaltes im Lande der Stierkämpfe. 1859 machte ihn König Wilhelm von Württemberg zum Direktor der Gärten und öffentlichen Bauten. Im selben Jahre berief ihn Kaiser Franz Joseph ins österreichische Hauptquartier nach Italien, wo er bis zur Schlacht von Solferino 1861 blieb. Da der Feldzug aber unglücklich für Österreich ausging, unterließ es Hackländer, wie verabredet, eine Geschichte dieses Feldzuges zu schreiben. Er erhielt vom Kaiser von Österreich für sich und seine Nachkommen den österreichischen Adel. Dafür verlor er durch den Thronwechsel in Württemberg im Jahre 1865 von neuem seine Stellung als württembergischer Beamter und beschloß nun für immer einzig seiner schriftstellerischen Aufgabe zu leben. Er baute sich in Leoni am Starnberger See eine Villa und lebte abwechselnd dort und in seinem Hause in Stuttgart. In seinen zahlreichen folgenden Romanen (seine gesammelten Werke umfaßten später sechzig Bände) schildert er in bunter Folge das Leben in den Prunksälen der Fürsten, in den Dienerstuben, im Marstall, in der Dachkammer der Armut, in der Werkstatt des Handwerkers, bald humoristisch, bald ernst. Mit Edmund Höfer zusammen begründete er eine Familienschrift, »Hausblätter«, und später die noch heute verbreitete Zeitschrift »Über Land und Meer«. Die bekanntesten unter seinen späteren Romanen sind » Europäisches Sklavenleben« (1854), » Der neue Don Quixote« (1858), » Tannhäuser« (1860), » Geschichten im Zick-Zack« (1871), » Nullen« (1873).

W. M.


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