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Im Klosterfrieden.

1.

So still ringsum … wie traumverloren plaudert
Im Hof der Brunnen nur gedämpften Schall's
Und seiner Wasser Silberfülle zaudert,
Als fürchte sie den Klang des Niederfall's.

Ein eng Gevierte nur: schmucklose Räume,
Im Kreuzgang des zerfleischten Heiland's Bild –
Geschloss'ne Pforten – keusch umhegte Träume –
Und Stille rings, so wonnig, süß und mild.

Im Garten duften die Orangenblüthen
Und dichter Epheu überspannt die Wand,
Als woll' er diesen heil'gen Frieden hüten
Vor Stürmen und des Lebens Sonnenbrand.

Zuweilen flattert nur ein Nonnenschleier
Im Wind auf, oder girrt ein Taubenpaar –
Der Himmel strahlt herein in blauer Feier,
So eng begrenzt – doch ach! wie mild, wie klar …

2.

Ja, könnt' ich mich in deinen Frieden schmiegen,
Du Port, der mir nun winkt zu kurzer Rast!
Was in mir tobt und wühlt und gährt besiegen:
Des Lebens ganze, glüh'nde Fieberhast –

Mir wäre wohl vielleicht – ich kann nicht sagen
Gewiß – denn trüb und unstät ist mein Sinn,
Nicht blieb ich, die ich war in früh'ren Tagen,
Wie könnt' ich bleiben, die ich heute bin?

Du scheinst so träumend und weltabgeschieden
Zu ruhen – fern' dem wüsten Lebensstrom,
Und doch – umbraust nicht ringsum deinen Frieden
Die Stadt der schlimmsten, tollsten Kämpfe – Rom?!

Der Nam' allein – läßt er dich nicht erschauern?
Weißt du wie Viel und Was er in sich faßt?
Ach, ahntest du's! Nicht stünden deine Mauern,
Noch böt' dein Friede mir solch' traute Rast!

Denn siehe: Rom begreift in sich das Leben
Mit allen Schrecken, denen du entfloh'n,
Mit jeder Wonne, der du dich begeben,
Mit seinem schwülen Glück und eis'gen Hohn.

Da siehe! ringsum seiner Kämpfe Reste:
Zerbroch'ne Scepter, moderndes Gebein,
Verlass'ne Tempel, bröckelnde Paläste,
Zerstörter Foren Marmor-Wüstenei'n!

Und Schlimm'res noch: besudelte Altäre,
Zertret'ne Götterleiber hier und dort,
Zerstampft von den Kothurnen wüster Heere,
Befleckt von ihren Freveln jeder Ort!

Und dennoch – diese Frevel, sie bedeuten
Des Lebens tiefsten, innersten Gehalt:
Ja schaud're! blutig müssen uns're Beuten
Und heilig sein, das kitzelt die Gewalt;

Das spornt nicht nur Erob'rer und Empörer
Zum Kampf, das wühlt uns Allen toll im Hirn
Und schreibt als Brandmal Kain's das Wort: »Zerstörer!«
In tiefen Furchen früh auf uns're Stirn …

Ob ich's gefühlt? Ob ich auch dies empfunden?
Ob ich ihn theile, diesen frevlen Ruhm?
Gewiß! er schlug die tiefste meiner Wunden,
So herb als süß war sein Mysterium!

Wie Rom liegt in Ruinen nun mein Leben
Und alle Träume, alle Götter drin,
Doch über ihre Grüfte hinzuschweben,
Das reizt und spornt so wonnig meinen Sinn,

Das drängt so stolz der Wehmuth fromme Thränen
In's heiße Kämpferauge mir zurück,
Daß ich empfind': in diesem glühnden Sehnen
Allein ruh' meines Ich's geheimstes Glück!

Wie du in Rom – so steht in meinem Leben
Der Friede: nur zu kurzer Rast gesucht,
Um dann auf's Neue wild hinauszustreben
Auf's off'ne Lebensmeer aus sich'rer Bucht –

Hinweg! hinweg! schon glühen meine Wangen,
Erröthend, daß dein Zauber mich bethört –
Er hielt in mir den schlimmsten Feind gefangen,
Denn lieben kann ich nur, was ich zerstört …


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