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Bilder und Gestalten.

Sant' Agnese.

(Von Guercino.)

Im weißen Jungfrau'n-Kleide,
Das Lämmchen an der Seite
Erwartet sie den Tod –
Es weh'n wie seid'ne Flocken
Die goldig-braunen Locken
Um ihrer Wangen Roth.

Im Aug' ein schüchtern' Fragen,
Halb Wonne und halb Zagen,
Als ging's zu einem Fest –
So kindlich und vertrauend,
So hold und arglos schauend,
Wie Unschuld schauen läßt!

Weich spielt die Hand im Felle
Des Lämmchens, das ihr helle
Und klug in's Antlitz blickt:
»Was wird's nun mit uns Beiden?
Giebt's Freuden oder Leiden?«
Ei, was uns Christus schickt!

Sta. Cecilia in Trastevere.

(Von Maderna.)

Vor deinem Bildnis bin ich hingesunken,
O Jungfrau, – Überwind'rin – Heldin du!
Und hab' verschmachtend tief in mich getrunken
Den Zauber deiner unentweihten Ruh'!

Dich hätt' der Tod mit seinen plumpen Qualen
Dahingestreckt? Begeist'rung war's allein:
Von ihrem Blitz seh' ich dein Antlitz strahlen,
In dir verklärt sie noch den todten Stein!

Asbest erhielt sie deine heil'gen Glieder
Wie sie geblüht; der Katakomben Nacht
Gab unberührt und unverwest sie wieder –
Zu rein warst du selbst für des Todes Macht!

Denn nur Begierd' entweiht den Leib zu Zunder
Und Fäulnis, drin des Wurmes Brut erwarmt –
Du aber blühtest, ein jungfräulich Wunder,
Noch aus dem Grab, wie dich dein Gott umarmt!

Beatrice Cenci.

(Von Guido Reni.)

Augen giebt's, die das Verhängnis
Rufen … Augen, wehdurchzuckt,
Drin wie ein Gespenst die Ahnung
Künftigen Entsetzens spukt;

Lippen, deren hellstes Lächeln
So von Müdigkeit umweht,
Wie im Mund des Hoffnungslosen
Ein verröchelndes: »Zu spät!«

Ach, und einer Schönheit Zauber,
Wie sie Grabgeweihte schmückt,
Eh' der Tod sein hehres Siegel
Auf die Stirn der Opfer drückt –

Aber daß du sie vernichtest
Und besudelst fürchterlich,
Diese Märtyrer der Schönheit, –
Dran, o Welt, erkenn' ich dich!

Apoll vom Belvedere.

Wie ich im Schaffenstaumel dich empfangen,
Wie dich mein Herz ersehnt, mein Geist genoß,
Sieht nun das Aug' dein Bild in Marmor prangen:
So hehr, so menschlich-schön als göttlich-groß!
Wie Trotz seh' ich's um deine Nüstern fliegen,
Noch bebt die Rechte, die den Pfeil entsandt –
Er traf, der goldig-klingende! Zu siegen
Ist dieses Aug' gewohnt und diese Hand!
Dein Herrscherblick – er flammt selbst aus dem Steine
Hervor und ach! ich kenn' ihn, diesen Blick,
Seit, Stolzer, ich für immerdar die Deine
Geknüpft an deinen Altar mein Geschick!
So grausam lohte er mir stets entgegen,
Wenn schwach und thöricht sich das Weib vergaß,
Der Priesterin nur floß sein gold'ner Segen,
Die weltentrückt zu deinen Füßen saß!
Hinstarb in deinem Dienst mein letztes Sehnen
Nach nied'rer Erdenlust – und schrie einmal
Dies Herz zu dir, entweiht von ird'schen Thränen –
Wie göttlich lächeltest du seiner Qual!
Nach deinen Siegen zählten meine Freuden,
Was mich bedrückt, ward deiner Pfeile Raub,
Ein Lindwurm-Tödter tratst du meine Leiden
Mit klingenden Kothurnen in den Staub!
O leih' mir, fern von niedrigem Geschicke
Und Weh', auch fürder deine sel'ge Ruh',
Damit dies Aug' dem Pfeil des Sieg's nachblicke,
So kühn, so stolz, so göttlich-frei wie du!

Zeus von Otricoli.

Leicht neigst du das Haupt und auf ernster Stirne
Thront gebietend dir der Vollendung Höchstes:
Edle Menschenanmuth mit Götterwürde
Machtvoll sich einend!

Seiendes verschmilzt so in deinem Wesen
Mit dem Götterdrang, der von Ewigkeit her
Mystisch sich dem Werdenden paart, das immer
Rein'rer Vollendung,

Immer höh'rer Form und Gestaltung zustrebt,
Und das Ur-Geheimnis des eig'nen Wesens
Über sich als schaffende Gottheit in die
Himmel emporhob!

Und solch' Traumbild hätt' nun die Welt für immer
Schnöd' vergessen, wie ach! im Buch der Zeiten
Ihrer Größten Namen sich bleich verwischen,
Spurlos verschwinden?!

Aber sieh! da gleitet ein Strahl der Sonne
Goldig-hell dir über das Haupt und zeigt mir
Deines Mundes Lächeln, das heit're, milde,
Göttlich erhab'ne –

Und ich fühl', daß heut' noch in allem Werden
Hehr und sonnengoldig dies Lächeln aufglänzt!
Nickst du Antwort mir? Die ambrosischen Locken
Wallen dir vorwärts!

Moses.

(Von Michel Angelo.)

Noch flammt die Stirne dir von Sinai's Wettern,
Noch weht um dich Jehovah's myst'scher Hauch –
Da horch! metall'ner Becken gelles Schmettern –
Da sieh! das gold'ne Kalb, den Opferrauch,
Der schnöd gefall'nen Menschlein wüsten Reigen
Um's Thier – ach, um ihr ewiges Symbol!
Zu ihnen wolltest du herniedersteigen,
Begeistert – weltentrückt – des Gottes voll?
Für sie hast du die schlummerlosen Nächte
Durchträumt? Für sie dein Antlitz bleich gehärmt?
Für diese Brut rangst du des Himmels Mächte
Hernieder? Für dies Aas hast du geschwärmt?
Ihm wolltest du Prophet sein und Erretter,
Ihm Weisheit bringen, die von Gott entstammt –
Ihm? – hörst du nicht der Becken Hohngeschmetter,
Den Schrei der Bestie, brünstig, wahnentflammt?
Und seine Kiefer knirschen – in die Mähne
Des Bartes wühlt sich die ergrimmte Hand,
Die blutgeschwellte Ader wird zur Sehne
Und Stein der Leib, den Wuth und Schmerz gebannt!
Die mächt'ge Brust allein scheint aufzuwogen,
Und diese Brust, sie ringt nach einem Schrei –
Ja, stoß ihn aus, Titan, den sie betrogen,
Die Zwerge dort, auf daß er dich befrei'!
Ein Sinai braus' hernieder in Gewittern
Und Gottes Tafeln – wirf sie unter sie!
Denn würd'ger ists, ein göttlich Werk zersplittern,
Als es beschmutzt, zertreten seh'n vom Vieh!


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