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Im Osten, an der Schwelle von Europa und Asien, hatte das Römertum unterdess versucht, sein geistiges Wesen in einer Pflanzstätte griechischer Kultur zu retten; mit der Tradition der Weltherrschaft hoffte es, es diesem Schwesterstamm aufzupfropfen. Als nach der Entscheidungsschlacht gegen Maxentius Konstantin seine Residenz nach dem Bosporus verlegte und ihr den Namen Konstantinopolis verlieh, fand er dort das alte Byzanz als eine kleine blühende Stadt. Es hatte zwar nie eine selbständige Rolle gespielt, war aber um seiner glänzenden Lage und natürlichen Wohlstandsquellen willen ein oft begehrter Zankapfel streitender Mächte gewesen. Schon im Altertum stand Byzanz im Rufe einer heiligen Stadt mit einer großen Menge Tempel und Kultstätten; sowohl außerhalb wie innerhalb der Stadt lagen hier neben dem Poseidontempel Stadien, Gymnasien, Wettlaufplätze, welche Dion Dion v. Byzanz 10. Pauly-Wissowa III, S. 1123, s. v. Byzantion. die neuen nennt: ein griechisch-hellenistisches Stadtbild, wie wir es zur Genüge kennen gelernt haben. Konstantin steckte die Grenzen seiner Residenz gleich um ein gewaltiges größer ab und legte im Jahre 330 den Grundstein zu dem Kaiserpalaste, der sich in achthundertjähriger Baugeschichte zu mächtigem Umfange und einer Pracht entwickelte, die mittelalterliche Reisende noch in ihrem Verfall bewundern. Die literarischen Nachrichten J. P. Richter, Quellen zur Byzantinischen Kunstgeschichte, Wien 1897. Quellenschriften zur Kunstgeschichte d. Mittelalt. u. d. Neuzeit, Nr. VIII: Pauly-Wissowa, Art. Constantinopolis; Labarte, Le Palais Impérial de Constantinople, Paris 1861. Der beigefügte Plan ist ganz hypothetisch. sind leider noch durch keine Ausgrabungen unterstützt, und die Erwähnung von Gärten ist spärlich genug. Das Bild als ganzes zeigt auch hier, wie überall in byzantinischer Kultur, eine enge Verbindung griechisch-römischer und asiatischer Elemente. Wenn Grundriß und Anlage der Paläste, Höfe und Gärten sich nicht bedeutsam von uns bekannten römischen Palästen zu unterscheiden scheinen, so darf nicht vergessen werden, daß auch auf den römischen Villenbau zum mindesten der hellenistische einen großen Einfluß ausgeübt hat. Den byzantinischen Kaiserpalast darf man sich mannigfaltiger als den auf dem Palatin denken; schon die lange Baugeschichte und die Einbeziehung der Kirchen bedingte dies, dagegen war er geschlossener als die Hadrianvilla, was ebenso durch den beschränkteren städtischen Baugrund erzwungen wurde.
Der Palast erstreckte sich an einer Seite bis zum Meere und scheint auf der anderen Seite immer in dem schon von Kaiser Severus begründeten großen Hippodrom seine Grenze gefunden zu haben. Selbst aber ein so später Palast, wie der Trikonchos Theophanes, Gesch. Forts. III, 42/43 bei Richter N. 929/930., der in der ersten Hälfte des IX. Jahrhunderts von Kaiser Theophilos erbaut wurde, erinnert an ähnliche Anlagen der Hadrianvilla, wenn auch die eigentliche Ausschmückung wieder deutlich asiatischen Einfluß verrät: Der Trikonchos ist, wie der Name sagt, ein Dreimuschelsaal, das heißt er ist mit drei großen Nischen versehen; durch drei Türen gelangt man von hier in einen Vorraum, das Sigma, nach der Buchstabenform des Alphabets genannt, ein oblonger, vorne offener Raum; diese Vorderseite ist durch 15 Säulen getragen. Das Sigma war eine Art Zuschauerloge, von der man auf den tief gelegenen Hof herabschaute, auf dem feierliche Tänze und Spiele stattfanden. Die Kaiserloge mit dem Thron war ein besonderer, von vier Säulen getragener Baldachin. Stufen führten von hier in den Hof hinab, die wiederum als Schaubänke für das kaiserliche Gefolge dienten. Auf der Mitte der Treppe erhob sich eine säulengetragene Laube, wohl auch ein besonders bevorzugter Platz. In dieser Palasthoftreppe können wir vielleicht eine späte Entwicklung jener gewaltigen Schautreppen sehen, die in Palasthöfen zu Knossos und Phästos in Kreta den mächtigen Eindruck der Paläste bestimmen. Es läßt sich darin wohl die besondere Art der Entwicklung des Palasttheaters sehen, während sich das Theater der Polis zu eigener Form gestaltet hatte. Die Schautreppe der Sigma führt zu dem Hofe, der ein Peristyl war, herab. Dieser umschloß in der Mitte eine eherne Brunnenschale, deren Rand mit Silber eingefaßt war und die von einem goldenen Pinienzapfen gekrönt wurde. Dieses Becken wurde an bestimmten hohen Festtagen mit den jedesmal zeitigen Früchten, Pistazien, Mandeln und Piniennüssen gefüllt, während aus dem Pinienzapfen süßes Getränk floß. Man nannte diesen Brunnen den mystischen Brunnen des Trikonchos, ein Name, der noch nicht erklärt ist, wohl aber aus dem Festbrauch herzuleiten sein wird. An der Seite des Sigma gegen Osten waren zwei eherne Löwen aufgestellt, diese spieen Wasser aus und füllten den ganzen hohlen Raum des Sigma mit ihrem Strome an, »was nicht geringes Vergnügen gewährte«. Da auch der untere Raum, in dem sich eine geheimnisvolle Echohalle befand, Sigma genannt wird, so wird wohl von diesem auf gleicher Höhe mit dem Peristylhof liegenden hier die Rede sein. Auch eine Apsis oder ein Hemizyklium lag wahrscheinlich auf der anderen Seite des Peristyl. Von einer Bepflanzung dieses Hofes wird nicht gesprochen, doch ließ Theophilos, der diesen Bau sehr liebte, so daß er auch die gewöhnlichen Geschäfte und täglichen Spaziergänge dort vornahm, auch fünf Gärten ringsum im Stile des Palastes anlegen, was darunter zu verstehen ist, bleibt leider ungesagt Richter 346, dazu Labarte, p. 144 ff..
Daß alle anderen Paläste mit Gärten umgeben sind, versteht sich von selbst; von einigen wird ein schwaches ergänzungsbedürftiges Bild gegeben. So hören wir von dem Anadendradion der Magnaura, des eigentlichen Repräsentationspalastes. Wie der Name sagt, muß es ein baumreicher Garten gewesen sein, man konnte direkt aus dem Brautgemach hereinkommen, fließendes Wasser war darin, denn man schritt über eine Brücke, die über ein Bassin oder Kanal zum Bade herabführt, das sich am Ende des Gartens befindet. An Fest- und Empfangstagen richteten die Zimmerleute mit Hilfe von sidonischen Teppichen, die zur Seite aufgehängt wurden, den ganzen Garten zu einem großen Zelte her, zu beiden Seiten waren dann Bänke für die Parteien und Zuschauer aufgestellt Konstantinos Porphyrogenetos, De Ceremoniis I, 41, §7, p. 214: Richter N. 779, u. Constant. Porphyr. II, 15, p. 570: Richter N. 986.. Auch das Gerichtsgebäude, der Lausiakos, hatte einen Garten, Mesokepion genannt, wo Missetäter mit Rutenstreichen gezüchtigt wurden Theoph., Geschichte Forts. III, 14: Richter N. 890.. Sehr liebten die byzantinischen Kaiser ihre Söllergärten, von denen mehrfach die Rede ist. Ein Gedicht auf Justinian I. rühmt begeistert ein solches, dem Himmel offenes und doch vor allen Winden beschütztes Haus in einem Söllergarten mit seiner herrlichen Aussicht auf das Meer Richter N. 746, 771, 980 u. a.. Hochgelegene Terrassengärten zeichnen häufig die Miniaturen der Evangelien und Gebetbücher des XI. und XII. Jahrhunderts L. de Beylié, L'habitation Byzantine, Grenoble 1902–1903, p. 144/5. (Abb. 98).
Den bedeutendsten Garten dieses Palastes legte der kunstliebende Kaiser Basileios I., der Makedonier, neben der von ihm erbauten neuen Kirche an, das Mesokepion genannt: Auf der Ostseite wurde ein großer oblonger Platz von zwei Seiten mit Portikus umgeben, als ein Garten, ein sogenanntes Paradies, bepflanzt mit Bäumen und Blumen aller Art und von fließendem Wasser unaufhörlich berieselt. In den Galerien, die den Garten umschlossen, waren Bilder der Märtyrerkämpfe gemalt; die westliche Schmalseite nahm die Kirche ein, an der anderen aber hatte der Kaiser das neue Tsycannisterion errichtet, einen Spielplatz, auf dem das persische Polospiel, ein am Kaiserhofe schon zu Theodosios' Zeit beliebtes Ballspiel, geübt wurde: der Ball wird vom Pferde herab mit einer Art von langem Racket zwischen zwei Partien hin und her geworfen Kinnamos, Geschichte VI, 5: Richter 802..Um die eigentliche Anlage, von der die Quellen nicht sprechen Konstantin. Porphyr., Basiliken 55: Richter N. 957., zu verstehen, müssen wir die Kenntnis römischer Hippodrom- und Portikusgärten heranziehen: der ganzen Gestalt nach ein längliches Rechteck, das man noch heute klar erkennen kann, ist es ein römischer Portikusgarten, wie dieser von Säulenhallen umgeben; die mittelalterliche Klosteranlage wird später die Parallelerscheinung des Anschlusses an die Kirche zeigen. Weit besser sind wir über die Brunnenkunst der byzantinischen Anlagen unterrichtet, und hier ist der orientalische Einfluß greifbar im eigentlichen künstlerischen Schmuck nachzuweisen. Der hervorstechendste Zug ist die Pracht des Materials, hinter der das rein künstlerische Moment zurücktritt. Jener Pinienbrunnen im Hofe des Sigma war zwar seiner eigentlichen Bestimmung als Wasserbehältnis entkleidet, aber die kostbare Flüssigkeit, die er ausströmte, paßte gut in das Gefäß und gehörte zu der Freude an der Kostbarkeit des Materials. Auch auf der Westseite der neuen Kirche waren zwei Brunnen, bei denen Becher standen, in die von unten Wein hineinquoll. Auch die Wasserbrunnen waren aus kostbaren Steinen hergestellt, um den Rand des einen vor der Kirche aufgestellten hatte der Künstler Hähne, Böcke und Widder aus Erz gebildet, die von gewisser Höhe Ströme von Wasser ausgossen und gleichsam auf den Boden des Beckens ausspieen. Neben dem Material spricht aus der künstlerischen Nachbildung ein starker Naturalismus. Auch hier war der eigentliche Wasserspeier ein Pinienzapfen, in jener Zeit wohl das beliebteste Brunnenmotiv, dessen früheste Gestalt jener antike Pinienzapfen, der heute den giardino della pigna im Vatikan ziert, zeigt v. Reber, der Karolingische Palastbau: Abh. d. Bayr. Akad. d. Wiss., hist. Kl., 1891, 3. Abt. S. 715.. Ein anmutiges Gartenbild (Abb. 99), das nur in Symbolen andeutet, läßt einen hier klassisch einfachen Brunnen zwischen zwei ihn überschattenden Bäumen, die eine Allee darstellen wollen, sehen, ebenso wie der verschnittene Baum ein Boskett, die einzelne Blüte ein Beet vorstellen wollen.
Bedeutsamer ist der Brunnen auf dem Mosaik von Daphni (Abb. 100). Das Wasser fällt in zwei Schalen, von denen die untere aus buntem Marmor hergestellt ist, von hier fließt es weiter in ein verziertes Marmorbassin. Auch hier ist der Garten durch wenige Bäume angedeutet, zur Seite aber ist eine Laube durch Zusammenbinden der Baumwipfel schön geformt.
Zu allem diesen bieten die Liebesromane jener Zeit gute Beispiele. Sie knüpfen unmittelbar an die hellenistischen Vorbilder an, wie in allem andern weiß man der stereotypen Gartenhintergrundsschilderung wenig Neues hinzuzufügen. Nur zeigt auch hier die Kunst in der Freude an gleißendem Material und der Anhäufung der Motive, daß der Sinn für griechisches Maß in der orientalischen Glanz- und Prachtliebe verloren gegangen ist. Die Erzähler ergehen sich in der Schilderung der Fontänen und Bäder. Ein wahres Meisterstück bietet im XI. Jahrhundert die Erzählung des Eustathius: eine Säule von buntem Marmor steht in der Mitte einer Schale von thessalischem Stein, deren Grund mit schwarzem und weißem Marmor ausgelegt ist, so daß das herabfließende Wasser sich tausendfältig bricht. Auf der Säule sitzt ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln, als ob er sich in der Schale baden wollte, aus dem Schnabel speit er Wasser, dieses fließt an der Säule herab und erscheint durch ihre Buntheit hundertfarbig. Auf den Rand des kreisrunden Bassins stellt eine Ziege ihre Vorderfüße und trinkt Wasser, hinter ihr sitzt ein Hirte, der sie melkt; auch ein Hase stützt seine Vorderpfote auf den Rand, allerlei Vögel, Schwalben, Tauben, Hähne, Pfauen ergießen aus ihren Schnäbeln Wasser, das zugleich ein Geräusch macht, das ihre Stimmen nachahmt. Im Kreise umher stehen Marmorbänke und Fußschemel, und die Myrten, die ringsum stehen, sind zu einem grünen Dach darüber verschnitten Eustathius, , 4 u. 5.. Der Brunnen bei Kaiser Basileios' neuer Basilika zeigt, daß diese Dichter, so traditionell sie im ganzen arbeiten, im einzelnen doch nach den Vorbildern, die sie um sich sehen, schildern. Die naturalistische Nachbildung der Tiere bis zur mechanischen Nachahmung ihrer Stimmen dringt bis in den Ernst der Kaiserempfänge hinein. So schildert Bischof Luidprand Luidprand, Antapodosis VI, 5: Richter N. 796., der verschiedene Male als Gesandter Berengars und Ottos I. am Hofe von Konstantinopel war, den großen Thronsaal des Kaisers in der Magnaura: ein eherner, aber vergoldeter Baum stand vor dem Throne des Kaisers, auf dessen Zweigen ebenfalls eherne und vergoldete Vögel verschiedener Art saßen, welche, jeder nach seiner Art, ihre Stimmen ertönen ließen. Des Kaisers Thron aber war derart eingerichtet, daß er bald niedrig, bald höher, bald ganz erhaben erschien. Den Thron bewachten zwei Löwen von ungeheuerer Größe, ob eherne, oder hölzerne, läßt er zweifelhaft, aber mit Gold überzogen, welche in geeignetem Moment mit dem Schweif auf den Boden schlugen, mit offenem Rachen und beweglichen Zungen ein Gebrüll hervorstießen. Der Bischof ließ sich dadurch nicht imponieren, die Byzantiner aber, wie der gleichlautende Bericht im Zeremonienbuche des Konstantin Porphyrogenetos Konst. Porphyr. II, 15 p. 566: Richter N. 794. Über die früheste Erwähnung eines künstlichen Baumes oder Edelsteingartens siehe Gilgamesh-Epos: Kap. II Westasien im Altertum, Anm. 69 a. beweist, nahmen dies als einen ernsten Machtausdruck des Kaisers. Wir treffen hier wieder auf den metallenen Baum, von dem uns die Mahāwaṃsa zuerst berichtet hat. Der byzantinische Hof aber ahmte auch in diesem Schmuckstück nur den persischen Großkönig nach, dessen Thron eine goldene Platane beschattete. Seine arabische Verbreitung werden wir gleich kennen lernen.
Auch das Baummotiv hatte in den Schilderungen der Liebesromane Eingang gefunden. Eine dieser Erzählungen trägt zwar den klassischen Namen Achilleis, doch liegt ihr die klassische Hülle nur ganz lose auf, ihr entkleidet, erweist sie sich als ein echter höfischer Liebesroman mit »den üblichen Schilderungen von Turnieren, sittsamen Jungfrauen, Palästen und Gärten« Karl Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Literatur: Handbuch der klass. Altertums-Wissensch. IX, I², p. 849.. In einem dieser herrlichen Gärten Wilhelm Wagner, Trois poèmes grecs du moyen-âge, Berlin 1881, die leider immer nur zu herrlich sind, so daß dem Erzähler die Worte für die Schilderung fehlen, kehrt unsere goldene Platane wieder, Vögel sitzen darauf, die vom Winde bewegt mechanisch zu singen beginnen. Damals schon war dieser künstliche Baum seiner einstigen religiösen Bedeutung völlig entkleidet. Wir werden sehen, wie die Kreuzzüge die Kunde davon nach Europa bringen. Im Auftrage des großen Khan der Tataren weiß im XIII. Jahrhundert ein französischer Goldschmied ein schönes Zierstück zu verfertigen (Abb. 101), das sich noch erhalten hat Beylié, L'habitation Byzantine, p. 130.: es ist ein silbernes Bäumchen mit goldenen Blättern, im Baume schlängeln sich Drachenköpfe, die eine Flüssigkeit, wahrscheinlich Wein, in vier von Löwen bewachte Schalen speien. In einem anderen der byzantinischen Romane wird ein prächtiges Bad in einem Parke geschildert Kallimachos u. Chrysorroa, v. 82 ff., hier ist die Wölbung des Daches als Baum gestaltet mit Edelsteinen als Früchten, ein aus Gold gebildeter Weinstock klettert an der Wand in die Höhe und vermischt sich mit den Zweigen des Baumes. Ringsum aber sind Spiegel angebracht, die dem von außen Hereintretenden das Bild des Gartens noch einmal zeigen. So hatte einst der einfache Teichspiegel im Roman des Tatius das Bild des Gartens zurückgeworfen. Wahrscheinlich war auch diese Romanschilderung nach einem wirklichen Vorbilde gemacht. Von einem Spiegelbade im Kaiserpalaste zu Byzanz wird schon in früher Zeit gesprochen Richter, S. 363., und ein Raum im Palaste des Chrysotrikliniums war zu einem »blumenreichen Rosengarten gestaltet, in dem vielfarbige, zierlich verschiedenartige Steinchen die Gestalt frisch wachsender Bäume nachbildeten, die von Schlingpflanzen umschlossen waren und durch diese Zusammenfügung ganz unvergleichlich wirkten«. Eine silberne Einfassung, die einen Ring bildete, krönte das Ganze, das dem Beschauer ein unermeßliches Vergnügen gewährte Luidprand, Antapodosis 33: Richter 837.. Auch diese Gartenzimmer gehen auf römische und wahrscheinlich hellenistische, vielleicht ägyptische Vorbilder zurück. Von ihrer Wirkung in der italienischen Renaissance wird noch die Rede sein.
Sehr spärlich sind die Nachrichten von Gärten byzantinischer Villen außerhalb der Stadtmauer. Wohl haben sich Namen erhalten, die unsere Phantasie anregen, so die »Perle«, die Kaiser Theophilos sehr liebte, oder das Philopation, das später viel genannte. Die eigentlichen Hof- und Ziergärten werden sich von denen der Stadtpaläste wohl kaum unterschieden haben. Doch war bei den Byzantinern wie bei ihren östlichen Nachbarn die Jagd und die Unterhaltung großer Jagdparks ein bevorzugtes Vergnügen. Die Sommerresidenzen lagen meist in großen Jagdparks, häufig eine ganze Reihe in einem Parke. So schildert Odo de Diogilo, der im Jahre 1146 den französischen König Louis VII. nach Konstantinopel begleitete, den Park des Philopation: »es war vor der Stadt ein schönes geräumiges und ummauertes Gehege, das allerlei Jagd einschließt, auch Kanäle und Teiche enthält, darin waren auch Gräber und Schluchten, die anstatt der Wälder den Tieren Schlupfwinkel gewährten. Auf diesem anmutigen Platze glänzten einige Paläste, welche der Kaiser sich für die Sommerfrische gegründet hatte, mit übermäßigem Prunke« Odo de Diogilo, Reise König Ludwig VII. v. Frankreich III, 31: Richter N. 1044.. Das Philopation wurde bei dem deutschen Einfall zerstört, es lag tiefer als die Stadtpaläste, so daß man von dort die Zerstörung mit ansehen konnte.
Diese Schilderung klingt ähnlich genug jener des prächtigen Lustschlosses, das sich die Feinde der Byzantiner, die letzten sassanidischen Herrscher, mit vieler Kostbarkeit ausgestattet hatten. Dastagard, das Chosro Parwiz, unter dem die Macht der Perser ihrem Ende entgegenging, so liebte, daß er am liebsten dort wohnte, war »von zahlreichen Gehegen umgeben, in denen Strauße, Gazellen, wilde Esel, Tiere des Waldes, ja selbst Löwen und Tiger genährt wurden. Dort lebte der kunstsinnige Fürst, bis er von den Byzantinern besiegt und sein geliebtes Dastagard zerstört wurde« Ranke, Weltgeschichte III, S. 20. W. Jackson, Persia Past and Present 1906, S. 214 ff. schildert noch einen anderen mit dem Namen Cosroe Parviz (590–628) verbundenen Park, den Takh-i-Bostan, von dem noch heute einige Reste vorhanden sind.. Dies war nur ein Vorbote der letzten Vernichtung, die dem Perserreiche von einem neuen Feinde, dem aufwachsenden Volke der Araber, bereitet wurde. Chosro liebte es, mehr in seinen Lustschlössern zu leben als in seiner Residenz in Maidan, dem Ktesiphon der Griechen. Von dem gewaltigen Bau des Kaiserpalastes – noch heute zeugen einige Ruinen von ihm – gibt die Ausdehnung des Thronsaales eine Vorstellung: seine Länge war 300 Ellen, seine Breite 120, während seine Höhe auf 100 geschätzt wurde. Vielbewunderte Gärten umgaben diesen Palast, in denen die sassanidischen Herrscher ihre schwelgerischen Feste feierten. Nur wenn die rauhe Zeit des Winters sie zwang, sich in ihre Gemächer zurückzuziehen, verließen sie den Garten, den sie aber auch hier nicht ganz missen wollten. Dem Willen des Herrschers kam die Kunstfertigkeit seines Volkes entgegen.
Zur Zeit des ersten Chosro (531–579), dem bedeutendsten Herrscher der Sassaniden, wurde ein wunderbarer Teppich gewebt, 60 Ellen hatte er im Geviert. Aus kostbarstem Material war er gewoben, »der Fond des Teppichs stellte den eigentlichen, von Bächen durchrieselten und von Pfaden durchkreuzten Lustgarten dar, mit Bäumen und lieblichen Frühlingsblumen geschmückt. Die umfassende breite Bordüre zeigte bepflanzte Blumenbeete in buntfarbigem, durch blaue, rote, gelbe, weiße und grüne Steine dargestellten Blütenschmuck. Am Fond des Teppichs war die gelbliche Färbung des Erdbodens durch das Gold nachgeahmt. Streifen vertraten darin die Ränder der Bäche, dazwischen gaben kristallhelle Steine die Gewässer täuschend wieder. Die Kiespfade waren durch perlengroße Steinchen angedeutet. Stengel und Äste bestanden aus Gold und Silber; die Baum- und Blumenblätter wie das sonstige Pflanzenwerk war aus Seide, die Früchte aus buntem Gestein« Karabaceck, Die persische Nadelmalerei, Susandschird, 1881, S. 190. Wo die Heimat der Teppichweberei zu suchen ist, ist schwer zu bestimmen; doch müssen wohl schon die alten Assyrer eine Art von Teppichweberei gekannt haben, da sowohl in Khorseibad wie in Kujunkshid sich Steinfußböden gefunden haben, die deutlich Teppichmuster mit Tond und abgesetztem Rand zeigen. Layard, Monuments of Niniveh.. Das ist die älteste Schilderung eines persischen Teppichs, der der Winterteppich oder auch der Frühlingsgarten des Königs Chosro genannt wurde. Solcher Gartenteppiche sind aus späterer Zeit mehrere bis auf unsere Tage erhalten (Abb. 102), das immer gleiche ist die Regelmäßigkeit der Anlage, meist ein Bassin, in der Mitte von Wassertieren belebt, ringsumher Wege und schmale Kanäle, dazwischen die regelmäßigen Blumenbeete, sehr häufig ist auch der ganze Rand als Wasserkanal gedacht und mit Fischen belebt oder von einer Insel in der Mitte gehen Wasserarme aus (Abb. 103).
Die Häufigkeit einer solchen Darstellung in der Teppichweberei zeigt sich darin, daß im Arabischen noch heute dieser Rand sū = Wasser genannt wird Nach gütiger Mitteilung von Professor C. H. Becker (Hamburg)., während der Fond im Inneren sowohl im Arabischen wie im Altpersischen Erde bedeutet. Diese Ausdrücke, zusammengehalten mit jener frühesten Nachricht über einen persischen Teppich, machen es mehr als wahrscheinlich, daß solche Gartenteppiche der Urgedanke der ganzen Teppichdekoration überhaupt waren. Genau dem gleichen Zwecke wie die Gartenmalerei an den Wänden, dienten auch die Teppiche, das eigentliche persische Möbel überhaupt und nicht nur im Winter gebraucht, dazu, den vermißten und ersehnten Garten darzustellen. Und selbst das Material Silber, Gold und Steine, mit dem man die Malerei der Wände wie das Gewebe, auf dem man saß, belebte, war ein ähnliches. Der Teppich, auf dem der Perser mit verschränkten Beinen sitzt, muß ihm die Illusion des Gartens, dessen Wohlgeruch er sich durch künstliche Essenzen herstellte, besonders hervorgezaubert haben. Auf diesen Teppichen ist auch uns wenigstens ein schwaches Bild der eigentlichen Haus- und Ziergärten jener Zeit aufbewahrt Karabaceck, Die Persische Nadelmalerei, S. 25, Anm. 30, S. 190, Anm. 46.. Anderseits sehen häufig die Gartenbilder auf den Miniaturen wie Teppiche aus (Abb. 104). Auch die Liebe zu den Bäumen erbt bei dem Perser zu allen Zeiten fort. Wie im Altertum benutzt er gerne schöne alte Bäume zu Wohnzimmern, die er in den Zweigen errichtet, zu denen dann schöne und bequeme Treppen emporführen (Abb. 105). In den Ziergärten pflanzt man mit Vorliebe Zypressen und Blütenbäume, während die großen Tierparks weiter bestehen mit ihren langen Baumreihen, ihren Gehegen und Tierzwingern, den großen Spielplätzen für ihr nationales Polospiel, das die Nachbarvölker mit so großer Begeisterung von ihnen lernten. Jener riesige Teppich König Chosros, den die Sassaniden bis zum letzten ihrer Herrscher, Jazdegerd, benutzten, wurde mit den anderen unendlichen Schätzen von den siegend eindringenden Arabern im Jahre 637 erbeutet. Der Bewunderung ihrer Geschichtschreiber danken wir diese Schilderung. Vor diesem Feinde sank die Macht des Perserreiches wie die der Byzantiner in den Staub.
Es ist das ganz eigentümliche Schicksal der asiatischen Kultur, daß sie trotz der ungeheueren Völkerumwälzungen, die sie erlebte, stark genug blieb, sich immer aufs neue durchzusetzen. Die Völker wechselten, die Tradition der Kultur wurde jedoch niemals wesentlich unterbrochen. Ganz mit Recht sah im XIV. Jahrhundert der arabische Schriftsteller Ibn Chaldun darin die Überlegenheit des Orients über den Occident. »Im Orient«, sagte er, »hatten die Künste Zeit, tiefe Wurzeln zu schlagen, während einer langen Folge von Jahrhunderten unter der Herrschaft der Perser, Nabatäer, Kopten, Israeliten, Griechen, Römer und anderer Völker. Alle Gewohnheiten des seßhaften Lebens, Gewohnheiten, von denen die Künste nur einen Teil bilden, richteten sich in diesen Ländern so ein, daß sie unauslöschliche Spuren hinterließen« Ibn Khaldoun, Prolegomènes histor. Ar. par Slane, Paris 1865, II, p. 366: Sarre, Denkmäler persischer Baukunst, Textband, p. 4.. Unter allen seßhaften Künsten ist die Gartenkunst wohl die seßhafteste, sie erfuhr vornehmlich den heilvollen Einfluß solcher Tradition. Ein Volk trat auch hier unmittelbar in das Erbe des anderen, lernte von ihm und brachte hinzu, was es an Eigenart besaß. Die Liebe zu den Gärten ist, dies zeigt alle frühere Entwicklung der Orientalen, ihnen angeboren, ein großer Teil ihres Lebens spielt sich im Garten ab. Die ungeheueren Reichtümer, die in der Hand einzelner zusammenflossen, machten eine Befriedigung aller Wünsche durch Baumeister und Gartenkünstler möglich.
Alles dies lernten die wandernden Söhne der Wüste, die Araber, als sie zu dem Weltherrschervolke des Orients geworden waren, schnell von den Unterdrückten. Kaum je hat ein Volk mit solcher Anpassungsfähigkeit sich fremde Kulturen zu eigen gemacht und ihnen doch allen einen gemeinsamen Stempel aufgedrückt. Sie waren die unmittelbaren Schüler der byzantinischen Kunst in Damaskus, in Bagdad unterlagen sie persischem Einfluß, in Nordafrika und Spanien fanden sie den Späthellenismus und das Römertum als Lehrer, und überall wurden sie lernend schnell zu Herren und Meistern. Der Gartenkunst wandten sie von Anbeginn das größte Interesse zu. In den Residenzstädten, die jede neue Dynastie sich neu gründete und die mit staunenswerter Schnelligkeit emporblühten, war es die erste Sorge der Kalifen, durch ein großartiges Bewässerungssystem die Fruchtbarkeit des Bodens zu erhöhen, die Ländereien rings zu Gartenland umzuschaffen und dann ihre Großen darauf anzusiedeln.
Am deutlichsten können wir diese Art ihrer Tätigkeit in Samarrâ verfolgen, dieser Wunderstadt, deren ganze Erbauungszeit sich auf etwa 40 Jahre, von 836–76, beschränkt hat, die in dieser Zeit aus dem Nichts aufblühte und deren Ruinen im X. Jahrhundert durch ihre Ausdehnung die Besucher in Erstaunen setzten. Der Gründer Mu'taṣim, ein Sohn Harun-al-Rashids, sorgte zuerst dafür, daß Kanäle vom Tigris abgeleitet wurden. Er betraute jeden Präfekten mit der Kultivierung eines Landstriches. Dattelpalmen, Reben und viele andere Pflanzen wurden aus Basra und Bagdad importiert. Da viel Wasser vorhanden war, gedieh alles in diesem jungfräulichen Boden auf das herrlichste. Der Geograph Ja'kubi El Ja'kubi, der arabische Geograph, verfaßte sein Kapitel über Samarrâ im Jahre 889, 55 Jahre nach Gründung der Stadt. Vergl. Ernst Herzfeld, Samarrâ, 1907, S. 49., der über Samarrâ im Jahre 889 schreibt, erzählt: »Die Ländereien baute Mu'taṣim zu Herrensitzen Kasr, gewöhnlich Schloß, wird aber hier für den ganzen Besitz mit den Gärten und Ländern gebraucht. an. In jedem Garten ließ er eine Villa anlegen und darinnen Hallen, Teiche und Spielplätze zum Reiten und zum Ballspiel.« (Das persische Polospiel war den Arabern seit kurzem bekannt, aber damals schon durfte ein solcher Spielplatz auf keinem größeren Herrensitze fehlen.) Die Ländereien gediehen sehr schön, und die vornehmen Leute strebten danach, dort Grundstücke zu kaufen, so daß der Preis sehr stieg Herzfeld, Samarrâ, S. 68.. Eine Fülle von Palästen, denen eine Reihe prächtig ausgeschmückter Privathäuser an die Seite traten, erhoben sich hier, und um das Wunderbare, Märchenhafte dieser Stadt noch zu erhöhen, erbaute sich Mu'taṣims Sohn Mutawakkil im Norden eine zweite besondere Stadt, die in einem Jahre entstand, ein Jahr bewohnt wurde, um dann, nachdem der Kalif durch seinen Sohn ermordet war, völlig wieder verlassen zu werden; und doch ward hier ein Palast erbaut, dessen Areal etwa 1-1/3+qkm bedeckt, fast 35 mal so groß wie der Palast des Diokletian in Spalato F. Sarre u. E. Herzfeld, Archäol. Reise im Euphrat- und Tigrisgebiet, Berlin 1911, Kap. II, Samarrâ, S. 66, Anm. 6.. Solch ein Kalifenpalast umfaßt nun zunächst weite Eingangshöfe (Abb. 106), die zwar gepflastert sind, aber einer allgemein asiatischen Sitte zufolge mit blühenden Topfpflanzen geschmückt waren. Sie mußte man durchschreiten, ehe man zu den eigentlichen Prachtsälen und meist dann erst nach der Wohnung des Herrschers gelangte; zu beiden Seiten waren die Wohnungen der Hofleute, Magazine und häufig noch große weite Plätze, vielleicht als Baumgärten und Spielplätze zu denken. Der Hauptpalast schaute gewöhnlich nach der Flußseite, manchmal mit großen vorgelagerten Gärten: das ist das Bild des einzigen bisher zuverlässig ausgegrabenen Palastes des Thronfolgers im Süden der Stadt, des Balkuwara E. Herzfeld, Erster Vorbericht über die Ausgrabungen v. Samarrâ, Berlin 1912. (Herausg. v. d. Generalverwaltung d. Kgl. Museen, Kap. V, S. 32 f., Taf. X).. Der auffallendste Zug ist die strenge axiale Anordnung, die mit Benutzung der erhöhten Lage des Hauptpalastes Durchblicke nach allen Seiten gestattete. Der Garten nach der Flußseite ist von Mauern mit Pilastern umschlossen, die an dem Ufer in reich geschmückten Pavillons enden; dort liegt ein Bootshafen am Ende, eine Anordnung, die an den Palast von Tell-el-Amarna erinnert. In der Mitte des Gartens befindet sich ein Wasserbassin Herzfeld, Vorbericht, S. 34..
Die gleiche axiale Anordnung zeigt auch der im Mittelpunkt gelegene Palast des Kalifen, soweit die noch sehr oberflächlichen Grabungen urteilen lassen M. H. Viollet, Descriptions du Palais de Al-Moutasim à Samarrâ, Paris 1909, p. 15 ff., pl. XIV, Rekonstruktion der Gärten rein hypothetisch. Vgl. Herzfeld, Vorbericht, S. IX, Ann. 1. (Abb. 107). Auch hier erhebt sich der Palast mit seinen Höfen über dem hohen Flußufer, eine vorgeschobene Plattform, die vielleicht auch als Garten zu denken ist. Landeinwärts gelangte man durch ein monumentales Tor in den großen Ziergartenhof, der durch ein Mittelbassin und längslaufende Kanäle bewässert und geschmückt war. Am Ende ist eine Art Grottengebäude, mit Bassin davor, errichtet, dessen Bestimmung noch dunkel ist. Dahinter liegt quer zur Längsrichtung ein anderer umfriedeter Platz, vielleicht ein Ballspielplatz, eine Anordnung, die an das byzantinische Mesokepion erinnern könnte. Zur Seite des Gartens liegt eine große runde Bodenausschachtung, eine Arena, ein großes Bassin? – alle Bilder und Rekonstruktionsversuche, auch der hier abgebildete, sind natürlich vorerst rein hypothetisch zu fassen; erst Schilderungen anderer Gärten geben hier Farbe und Gestalt.
Aber auch wo die literarischen Quellen reicher fließen, wie für die Gärten der Hauptstadt Bagdad, ist es schwer, den Einfluß hellenistischer und sassanidischer Kunst zu trennen. Die großen Richtlinien in Plan und Anlage sind hier wie in Byzanz sehr ähnlich den abendländischen, der innere Schmuck in Bepflanzung, Wasserkünsten und Brunnenanlagen zeigt deutlich asiatischen Geist. Bagdad Bagdad, d. h. Gartenstadt, soll von dem zweiten Kalifen aus dem Hause der Abbassiden auf dem Gebiet eines ausgedehnten Parkes angelegt worden sein. Die ursprüngliche Stadt war kreisrund und hatte wie immer in der Mitte den festungsartig ummauerten Palast. Wüstenfeld, Jakuts Reisen d. morgenl. Gesellsch. 1869, S. 400. war mit Ausnahme der noch kein halbes Jahrhundert dauernden Episode von Samarrâ nahezu 500 Jahre die Residenz des Beherrschers aller Gläubigen. Seiner günstigen Lage halber hat es trotz der Zerstörung der Mongolen 1270 und mannigfacher späterer Schicksale bis heute seine Bedeutung nicht eingebüßt. Gerade nach der Rückverlegung der Residenz von Samarrâ nach Bagdad begann für die Stadt eine große Bauperiode. Damals entstand auf dem Ostufer des Flusses der Riesenkomplex der Kalifenpaläste, die mit ihren Gebäuden und Gärten, alle von einer gemeinsamen Mauer umschlossen, eine Stadt für sich ausmachten. Schon unter Harun-al-Rashid hatte ein Günstling, der dem Wein und den Liedern sehr ergeben war, hier in einiger Entfernung von der Stadt ein überaus prächtiges Landhaus angelegt, das er später dem Sohne des Kalifen schenkte, der hier einen Maidan und einen Park für wilde Tiere erbaute. Nach der Rückkehr der Kalifen aus Samarrâ wurde dieses Terrain gewaltig vergrößert und bebaut, so daß byzantinische Gesandte, die im Jahre 917 (305 a. H.) am Hofe von Bagdad empfangen wurden, die Zahl der Paläste auf 23 angewachsen vorfanden. Unter diesen ragte das Haus der Krone, Tajpalast genannt, der Palast des Paradieses, Firduz, und der älteste, die Hasanivilla, besonders hervor. Sie waren von einer gemeinsamen Mauer umgeben, während der Palast der Plejaden durch einen 3 km langen unterirdischen Gang mit dem Hauptpalaste verbunden war. Jeder einzelne Palast war dann für sich wieder von einer Mauer umschlossen. Es kam nicht selten vor, daß unbequeme nähere Verwandte in solch einen Palast, als in eine Art Staatsgefängnis, eingesperrt wurden. Sie durften dort alle Herrlichkeit des Ortes genießen, waren von zahlreicher Dienerschaft umgeben, durften aber bei Todesstrafe sich nicht jenseits der Mauern zeigen. So wurde eine Zeitlang der Palast des Baumes benutzt G. Le Strange, Bagdad under the Abbasid Caliphate 1900, p. 258 f.. Die Gärten der Paläste reichten hinab bis zum Tigris, von dessen anderer Seite die alte Weststadt mit ihren Kuppeln und Palästen herüberschaute. Die byzantinischen Gesandten staunten bei ihrem Besuch die Herrlichkeit dieser Paläste an. Zuerst kamen sie durch Marmorhallen und Portikus des sogenannten Reithauses, eines Palastes, neben dem ein großer Tierpark lag, mit besonderen Häusern; verschiedene wilde Tiere: Elephanten, Löwen, Giraffen und Leoparden wurden dort gehalten, die zum Teil zahm genug waren, aus der Hand der Besucher zu fressen. Einer der berühmtesten Paläste der Zeit war aber der von dem damals regierenden Herrscher Muk'tādōr erbaute, das Haus des Baumes genannt. Er lag inmitten schöner Gärten und trug den Namen von einem Baume aus Gold und Silber, der dort inmitten eines kreisrunden, großen Teiches, vor dem Saale des Palastes und zwischen den Bäumen seines Gartens stand. Dieser Baum hatte 18 Äste von Gold und Silber und zahlreiche Zweige, die mit allerlei Edelsteinen nach Art von Früchten besetzt waren. Auf den Zweigen saßen Vögel von Gold und Silber, und wenn die Luft hindurchstrich, ließen sie ein wunderbares Pfeifen und Seufzen hören. An der Seite des Palastes zur Rechten und Linken des Teiches standen Bildwerke von 15 Reitern auf 15 Pferden, sie waren gekleidet in verschiedene Seiden und Brokate und mit Schwertern umgürtet; in ihren Händen trugen sie Lanzen; sie konnten sich in einer Linie bewegen, so daß man glauben könnte, jeder wolle seinen Nebenmann treffen Jāqūt II, Geogr. Wörterbuch, ed. Wüstenfeld, II p. 520 f., nach einer Übersetzung von Herrn Professor C. H. Becker (Hamburg).. Folgerichtig hat sich hier die Neigung zu naturalistisch-mechanischer Nachbildung bis auf die menschlichen Figuren erstreckt. Der goldene Baum und seine singenden Vögel waren auch dem byzantinischen Gesandten nichts Neues mehr. Der Kalif folgte mit seinem kostbaren Schmuck nur einer allgemein verbreiteten asiatischen Sitte. Wo nur ein stolzer Hof gehalten wurde, da mußte ein solcher künstlicher Baum angebracht werden. Auch der sizilianische Dichter Ibn Hamdis schildert einen gleichen Baum aus edlem Metall mit mechanisch singenden Vögeln. Nach dem Palast des Baumes interessierte die byzantinischen Gäste am meisten der sogenannte neue oder moderne Kiosk. Dieses Wort: gausak, Kiosk, ist als ein Lustschloß mit seinen Gärten zu verstehen. Er kann unter Umständen so fest sein, daß sich die Kalifen bei Aufständen längere Zeit darin verteidigen konnten Herzfeld, Samarrâ, S. 79.. Dieser »neue Kiosk« war von kostbaren Gärten umgeben. In der Mitte lag ein Teich mit Zinn gefüllt, um den herum ein Kanal, ebenfalls mit Zinn gefüllt, das damals teuerer als Silber war, floß. Das Bassin war 30 Ellen lang und 20 breit, und an seiner Seite standen vier prächtige Gartenhäuser mit goldenen Sitzen verziert. Ringsum erstreckten sich die Gärten, in denen 700 Zwergpalmen, jede etwa 8 Fuß hoch, gepflanzt waren. Der Stamm der Bäume war ganz umgeben von geschnitztem Teckholz, das von vergoldeten Kupferringen zusammengehalten war. Diese Palmen trugen große Datteln und waren so gezogen, daß man zu allen Zeiten reife Früchte fand. In den Beeten wuchsen Melonen und andere Früchte. Die Palme gab allen diesen Gärten das Gepräge, dem Araber war sie der hochverehrte Baum aus seiner Stammesheimat, der Wüste, wo sich für ihn mit diesem alles verband, was Kühlung, Schatten, Ruhe und liebliche, vegetabilische Schönheit bedeutete. So brachte er die Palme überall hin und hat nicht wenig zu ihrer Verbreitung auch im Occident getan. Augenscheinlich galt der bloße Stamm des Baumes als häßlich, häufig hören wir, daß er in den Gärten der Reichen mit kostbarem Material verhüllt wurde.
Auch im Schloß der Tulmiden in Kairo wird ein ähnlicher Garten geschildert, den der Sultan Rhumarawaih auf einer Rennbahn (maidan) seines Vaters anlegte Makrîzî, Khitat I, p. 316, 20 ff. Nach einer mir gütigst zur Verfügung gestellten Übersetzung von Professor C. H. Becker (Hamburg).. Auch hier waren Zwergpalmen gepflanzt, deren Früchte man im Stehen pflücken, ja solche, die man sitzend erreichen konnte, vorzüglich Dattelpalmen. Auch hier waren die Stämme der Bäume verkleidet mit vergoldetem Kupferblech feinster Arbeit, und zwischen das Kupfer und die Stämme der Bäume hatte man Bleiröhren gelegt, in denen Wasser in die Höhe stieg. Dies verborgene Wasser schien nun direkt aus den Palmenzweigen niederzusprudeln, unten wurde es von kunstvollen Bassins aufgefangen und von dort in Kanälen durch den Garten geleitet. Hier findet sich wohl das Vorbild für die künstlichen Brunnenbäume, wie jenes oben geschilderte Bäumchen, die später in ganz Asien weit verbreitet waren. Wohlriechende Kräuter und allerlei Rosenarten gab es in diesem Garten, aber auch seltsam gepfropfte Bäume sah man dort. Der Araber liebte solche künstliche Zucht, verschiedenes Obst an einem Baume, verschiedene Trauben an einem Weinstock galten ihm als besonders kostbar, man suchte auch unnatürliche Farben, wie blaue Rosen, zu kultivieren oder Rosen auf Mandelbäume zu pfropfen. Alles dies wies der Tulmidengarten auf, auch Safran säte man und allerlei wohlriechende Kräuter in künstlichen Figuren und geschriebenen Schriften, die der Gärtner regelmäßig mit der Schere beschnitt, daß kein Blatt darüber hinausragte. Nicht zu denken der schönen ausländischen Pflanzen, die der Sultan hierher importierte. Weiter erbaute er darin einen Turm aus Teckholz in durchbrochener Arbeit, der als Vogelkäfig diente. Er malte ihn bunt aus, pflasterte seinen Boden und machte dazwischen liebliche Flüsse. Das Wasser, das den Garten, Pflanzen und Tiere tränkte, wurde durch Sapijen, die ägyptischen Radbrunnen, die wir schon aus den Gärten der Pharaonen kennen, herbeigeschafft. Die Vögel, die mit lieblichem Gesange dies Haus erfüllten, fanden nicht nur ihr Bad und ihre Nahrung, sondern auch ihre Nester in niedlichen Tontöpfen, die in die Wände eingelassen waren, bereitet. Außerdem liefen im Garten Pfauen, Hühner und ähnliches Getier in großer Menge frei umher. Neben dem prächtigen Vogelhause wird auch noch eines Wohnhauses, das Goldhaus genannt, gedacht. Die Wände waren vergoldet, mit Lapis lazuli ausgelegt, und seltsame Figuren, mit realistischen Kleidern und Schmuck angetan, darin aufgestellt. In diesen Wohnraum war ein Teich, entsprechend jenem mit Zinn gefüllten in Bagdad, mit dem noch kostbareren Quecksilber angefüllt, dessen schaukelnde Bewegung dem an Schlaflosigkeit leidenden Sultan, der in einem darüber aufgehängten Bette lag, Ruhe bringen sollte.
Ein anderer Garten Nordafrikas aus dem XVII. Jahrhundert, dessen Trümmer man bei Tunis gefunden, besaß ein gewaltiges viereckiges Bassin, in das das Wasser »wie eine Mauer herabfiel«. An jedem Ende stand ein kostbarer Pavillon, der auf Säulen von Marmor und Mosaik ruhte. Andere Bassins, Kioske und herrlich schattende Bäume machten diesen paradiesischen Aufenthalt dem Sultan lieb vor allen andern Saladin, Manuel, de l'Art Musulman I, p. 275..
In den arabischen Texten erhalten wir immer eine Fülle von Einzelschilderung: das Verweilen bei Seltsamkeiten, bei kostbarem Material gibt einen starken Phantasieeindruck, doch fehlt das anschauliche Erfassen des Gesamtbildes. Um Plan und Ordnung in die farbige Fülle zu bringen, die so wenig durch Bilder anschaulich gemacht werden kann, muß man sich doch an die Vorbilder früherer Entwicklung halten, an ägyptische Gartenbilder, die uns die regelmäßigen Palmenalleen, von Bassins und Pavillons unterbrochen, überliefern, an die Pliniusvillen mit ihrem Xystus, mit Figuren und Blumeninschriftbeeten und den Reihen der Zwergbäume, an persische mit Tieren belebte Parks, mit ihren kleinen Gartenpavillons, die sich im Wasser spiegeln, an byzantinische Wasserkunstgebilde, an pompejanische Hofgärten, aus allen diesen ist der arabische Garten herausgewachsen und auf alle diese wirft er rückwärts manch klärendes Licht. Der römisch-hellenistische Einfluß, der auch direkt immer wieder wirksam gewesen ist, zeigt sich in vereinzelten, halb vom Zufall aufbewahrten Nachrichten. In einer Erzählung aus Tausend und einer Nacht wird ein Garten, rings von einer Mauer umschlossen, geschildert, diese Mauer war mit allerlei Bildwerken bemalt, z. B. zwei sich bekriegenden Reitern, außerdem Fußgängern und Vögeln. Höchst wahrscheinlich war hier eine Landschaft mit Staffage gemalt, wie römische Gärten und Gartenzimmer sie häufig zeigen. Und daß das Märchen nichts Erfundenes erzählt, ja nicht einmal etwas Außergewöhnliches, bestätigen die neuesten Ausgrabungen in Samarrâ, wo man in den Privathäusern nicht selten Wandmalereien, figürliche sowohl, Menschen und Vögel, wie ornamentale gefunden hat E. Herzfeld, Vorbericht, S. VIII, Taf. XIII u. XIV.; der hellenistische Einfluß scheint hier ganz außer Frage zu sein, doch bleibt die Tatsache überraschend, daß der Islam nicht zu allen Zeiten bilderfeindlich gewesen ist.
Nach allem, was bisher durch Ausgrabungen bekannt ist, sind die völlig geschlossenen Hofgärten, die entweder ganz von Gebäuden oder gebäudenähnlichen hohen Mauern umgeben sind, die beliebte Bauform der Araber, nur bei den Kalifenpalästen bietet noch ein hoch über dem Flußufer gelegener Garten die Möglichkeit herrlicher Aussicht und Abgeschlossenheit zugleich. Und gerade von der verschwiegenen Schönheit ihrer abgeschlossenen Hofgärten ist die arabische Poesie ganz durchdrungen.
Auch die einfachste Form zeigt immer mindestens einen schönen Brunnen; die Wege sind sehr häufig mit kostbarem Marmor gepflastert oder von Weinlauben überschattet; oft ist auch der ganze Hof gepflastert, die Bäume sind dann in Kübeln aufgestellt oder in ausgesparten Vierecken in die Erde gepflanzt. Die Blumenbeete sind mit Stein eingefaßt, zur Seite der Wege steht stark duftendes Kraut, geschnittenes Strauchwerk, Salbei, Myrten- und Lorbeerhecken; Schlingpflanzen ziehen sich von Baum zu Baum v. Kremer, Kulturgeschichte des Orients II, S. 335.. Der Kalif Kahir hatte in einem Hof seines Schlosses, wahrscheinlich des Tajpalastes in Bagdad, einen Garten anlegen lassen. Dieser war nur ein Drittel Morgen groß, doch hatte er Orangenbäume aus Basrah, Omân und Indien kommen lassen. In diesen regelmäßig gepflanzten Bäumen erglänzten die roten und gelben Früchte im dunklen Laube wie Sterne am Himmel. Ringsumher waren alle Arten von Gebüsch, wohlriechende Blumen und Kräuter gepflanzt. Viele Vögel, Turteltauben, Amseln und Papageien, die aus fremden Ländern und fernen Städten hergebracht waren, hielt man dort, so daß dieser Garten »das schönste war, was man sehen konnte«. Der Kalif, sonst so grausam und blutdürstig, liebte ihn über alles, hier trank er seinen Wein und hielt seine Versammlungen ab. Als er dann abgesetzt und von seinem Neffen und Nachfolger geblendet war, wollte er ihm dieses letzte und liebste nicht gönnen; er ließ ihn lieber durch List zerstören, indem er vorgab, dort einen Schatz vergraben zu haben Le Strange, Bagdad, p. 258; v. Kremer, a. o. O., II, p. 93..
Auch den ungeheuren Verbrauch sowohl von Blumen für Feste und Schmuck wie den Luxus in wohlriechenden Ölen und Wassern hatten die Araber von der alten Welt gelernt. Bei Tische mußten sie von duftenden Blüten umgeben sein, Rosen- und Veilchenöl gehörten zu den unentbehrlichsten Toilettemitteln. Gewächshäuser für künstliche Blumenzucht waren auch den hellenistischen und römischen Gärten nicht mehr fremd. Von den arabischen Anlagen hören wir auch hier Wunderbares. Der Sohn des Leib-Augenarztes von Harun-al-Rashid, der ein jährliches Einkommen von 800+000 Fr. bezog, empfing seine Gäste im Winter in einem Gewächshause, das wie ein Garten angelegt war. Hinter dem Teppichstoff der Wände unterhielten Sklaven ein beständiges Feuer Kremer, a. o. O., II, S. 182.. Ähnlich wie wir es in der Villa des Hadrian kennen gelernt haben, liebte man es auch, die Zimmer wie einen Garten zu gestalten: Brunnen an den Wänden und Wasserbassins in der Mitte und durch die offenen Türen den Blick auf den blühenden Garten, wo Antilopen sich tummeln und in einem Vogelhaus Tauben hin- und herflogen, so wird das Empfangszimmer eines Privatmannes zur Zeit Harun-al-Rashids geschildert Kremer, a. o. O., II, 335..
Durch manche neuen Züge wird das Bild des arabischen Gartens belebt, wenn wir den Arabern nach ihren Reichen im Occident folgen. Die Poesie freilich, die so viel und unaufhörlich von Gärten spricht, liefert uns kaum etwas Neues. Sie drückt in erster Linie nur die Empfindungen aus, die die Herrlichkeit der Gärten in dem Sänger erweckt, die Gedichte sind zum großen Teil bestimmt, den Ruhm des Besitzers zu verkünden. Nicht selten wurden sie in den Hallen und Zimmern als Schmuck und Zierde aufgehängt. Noch heute finden wir in den Spruchbändern der Alhambra solche Lobgedichte. Nach Europa kamen die Araber nicht mehr nur als Lernende, hier brachten sie schon eine eigene erworbene Kultur mit, und doch fanden sie auch hier ein reiches Erbe der Römer und Westgoten. Der Begründer des Omajadenreiches in Spanien, Abdurrhaman I., suchte begreiflicherweise seine neue Residenz Kordova möglichst nach morgenländischer Weise zu schmücken. Eine Villa, die er nach dem Vorbilde einer solchen in Damaskus anlegte und Bussafa nannte, versuchte er sich so heimatlich wie möglich zu gestalten, indem er syrische Pflanzen in seine Gärten einführte, vor allem die geliebte Palme, die bis dahin im Westen ein Fremdling wie der vertriebene Herrscher selbst war. In einem schwermutvollen Gedichte an den geliebten Baum spricht er sein sehnendes Heimweh aus:
Du, o Palme, bist ein Fremdling
So wie ich in diesem Lande,
Bist ein Fremdling hier im Westen
Fern von deiner Heimat Strande
A. Fr. v. Schack, Poesie u. Kunst der Araber in Spanien, 1865, S. 47..
Eine verhältnismäßig ruhige Friedenszeit dieser ersten Omajadenherrschaft ließ Kordova und das ganze arabische südspanische Reich aufblühen. Unter Abdurrhaman III. sind die Ufer des Guadalquivir mit Villen ganz überdeckt. Eine Baugesinnung, wie sie später der italienischen Renaissance eigen ist, spricht dieser Herrscher in seinen Gedichten aus Schack, a. o. O., II, S. 202..
Ein Fürst, der Ruhm begehrt, muß Bauten gründen,
Die nach dem Tode noch sein Lob verkünden.
Du siehst aufrecht noch stehen die Pyramiden,
Und wieviel Könige sind dahingeschieden!
Ein großer Bau, auf festem Grund vollbracht
Gibt Kunde, daß sein Gründer groß gedacht.
Nach den authentischen Berichten über Samarrâ wird uns selbst die Entstehung einer Wunderstadt, wie die von Az-Zahra Schack, a. o. O., I, S. 302 ff., nicht mehr als ein Märchen erscheinen. Seiner Geliebten zu Ehren und nach ihrem Namen genannt, erbaute Abdurrhaman in der Nähe von Kordova eine Stadt, die eine großartig angelegte Hofhaltung war. Terrassenförmig stieg das Ganze empor, zu unterst lagen ausgedehnte Gärten, Fruchtgärten mit Vogelhäusern und Tierzwingern, alles wohl umgittert und eingezäunt, auf der mittleren Terrasse befanden sich die Wohnungen der Hofbeamten, die dritte oder vielleicht noch mehrere aufsteigende, nahm das Wunder der Welt, der Palast des Kalifen, ein. Die schöne Aussicht über die Gärten wird besonders gerühmt; am prächtigsten war die oberste Terrasse mit einem goldenen Saal und gewölbtem Pavillon; auch hier befand sich ein Quecksilberbassin. Daß es sonst an kunstvollen Teichen, Brunnenbecken in Gärten und Zimmern nicht fehlte, versteht sich von selbst. Besonders berühmt war das grüne Bassin im Schlafzimmer des Kalifen, das aus dem Orient hierher geschafft und mit goldenen Bildwerken geziert war; da sah man Löwen, Gazellen, Krokodile, Adler, Schlangen und eine Menge Vögel, aus deren Munde Wasser in das Becken strömte. Von Abdurrhaman wird ausdrücklich erwähnt, daß er byzantinische Werkmeister kommen ließ. Was Pracht und Ausschmückung seiner Gärten, Pavillons und Gemächer anbetrifft, so befand er sich gewiß in fortwährendem Wettstreit mit der orientalischen Bautätigkeit, die damals in Bagdad in höchster Blüte stand. Doch drängte die bergige Beschaffenheit Südspaniens die Araber weit stärker dazu, ihre Paläste und Lustschlösser auf der Höhe zu erbauen. Zweifellos wirkten hier noch direkt römische Vorbilder; wenn wir die sich auftürmenden Terrassen, die Aussicht, die das Lustschloß genießt, die Portikus, die Türme, die es schmücken, rühmen hören, so erinnert das unmittelbar an die Schilderungen eines Statius. Der große Wasserreichtum, der Höfe und Hallen durchrauscht, ist gewiß aus den Bedürfnissen des Orients ebenso herausgewachsen, wie ihn die Römer geliebt haben. Auch hier aber ist ein Bergterrain und Terrassenbau notwendig, damit das Wasser sich kaskadenförmig »wie die Milchstraße« herniedergießt. Andere Züge zeigen ihren morgenländischen Charakter deutlich genug; so spielen in der Poesie die kleinen Pavillons, die das Wasser überragen und schimmernd über den Fluten stehen, ein dem Asiaten unentbehrliches Schmuckstück In allen Schilderungen spielen diese Pavillons eine große Rolle, in Zahira, dem Lustschloß Almansors, in den sizilianischen Villen Al-Azira, Favara u. a.; Saladin, Manuel de l'Art Musulman, Architecture I, p. 413, p. 312. seines Gartens, eine große Rolle. Dort versammeln sich die Freunde mit dem Hausherrn, um sich am Weine zu erfreuen, und sich in der hochgepriesenen Kunst des Improvisierens von Versen zu üben.
Wunder werden von dem Pavillon des letzten Herrschers von Toledo berichtet. Er ließ ihn inmitten eines Teiches oder großen Bassins anlegen; durch eine kunstreiche Maschine wurde das Wasser so in die Höhe getrieben, daß es sich, niederfallend, nach allen Seiten um den Pavillon ergoß. So konnte der Kalif von Fluten rings umgeben im Kühlen, sogar bei Lampenschein sitzen. Auch in Favara in Sizilien sahen spätere Reisende einen solchen Pavillon.
Spanien aber hat wenigstens ein kostbares Vermächtnis arabischer Schloßanlage bewahrt: die Alhambra in Granada. So sehr durch Zerstörung, Vernachlässigung und Umbauten das Bild verdorben und übermalt erscheint, wirkt doch unbesieglich der Geist dieser untergegangenen Kultur lebendig fort, wenn es auch im Vergleich zu seiner einstigen Schönheit nur noch ein Schatten ist. Die Anlage umschloß ursprünglich wie in Az-Zahra eine ganze Hofhaltung, der Park füllte wohl auch hier immer die unterste Terrasse, d. h. das schmale Tal zwischen dem eigentlichen Alhambrahügel und dem Monte Mauror, der auch heute noch Almadeo dela Alhambra, d. h. Alhambrapark heißt. Die Ulmen, deren Schönheit ihn heute beschattet, sind allerdings wenig über hundert Jahre alt. Erst Wellington soll sie dorthin gebracht haben. Der Tradition nach sollen aber hier die nasridischen Königsgräber gelegen haben. Aufsteigend zogen sich nun Terrassengärten zum eigentlichen Alhambrahügel empor. Spuren haben sich davon noch in dem »Jardin de los arcades« erhalten. Sonst hat sich an ihre Stelle der Renaissancepalast Karls V. mit seinem Aufgang und Brunnenschmuck gesetzt. Das große maurische Schloß erhebt sich auf dem breiten Bergrücken, ein Bild des alten Zustandes finden wir nur noch im Innern und in einigen Höfen: der sogenannte Myrtenhof (Abb. 108) läßt die ursprüngliche Anlage noch klar erkennen, ein breites kanalartiges Bassin durchschneidet fast die ganze Länge des rings von Arkaden umgebenen Hofes. An den Schmalseiten endigt es je in einem Springbrunnen; zu beiden Seiten sind heute dichte Myrtenhecken gepflanzt, ursprünglich ist hier eine kostbare, üppige Vegetation von reich duftenden Blumen und Gesträuch zu ergänzen, die von seltenen Vögeln und anderem Getier belebt war.
Im Löwenhof (Abb. 109) fehlen heute die Pflanzen ganz; auch hier werden um den prächtigen Schalenbrunnen in den vier durch die Hauptwege umgrenzten Quadraten Pflanzen als Schmuck gestanden haben, entweder in großen Kübeln oder in einzelnen zwischen der Pflasterung ausgesparten Beeten. Die anderen Höfe sind in der Renaissance alle stark umgestaltet worden, höchstens gibt die Bepflanzung des kleinen Patio de Daraxa (Lindaraja) trotz des jüngeren Umbaues noch das alte Bild (Abb. 110).
Über dem Residenzschloß aber liegt fünfzig Meter höher als der Alhambrahügel das reizende kleine Lustschloß der Herrscher von Granada: Generalife. Sein Bau, wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts, gehört einer späten Zeit der arabischen Kultur an. Im Jahre 1526 besuchte es der edle Venetianer Navagero; damals war die arabische Herrlichkeit auch in ihrem letzten Bollwerk in Granada schon über ein Menschenalter zu Grabe getragen. Er sah Schloß und Gärten schon verfallen, aber nach den unbestimmten, in phantastischen Eindrücken und Empfindungen schwelgenden Berichten der Araber tritt uns hier ein mit italienischer Anschaulichkeit gefaßtes Bild entgegen. »Man verläßt«, berichtet Navagero Navagero, Opera, p. 365., »die Umfassungsmauern der Alhambra durch eine Hintertüre und tritt in den sehr schönen Garten eines höher gelegenen Lustschlosses. Dieses Schloß ist, wenn auch nicht sehr groß, doch ein vortrefflicher Bau mit wundervollen Gärten und Wasserwerken, das schönste, was ich in Spanien gesehen habe. Es hat mehrere Patios, alle reichlich mit Wasser versehen, vornehmlich aber einen, mit einem fließenden Kanal in der Mitte und voll herrlicher Orangen und Myrten. Dort ist eine Loggia, welche die Aussicht nach außen hin gewährt, unter der Myrten von einer Höhe emporragen, daß sie fast bis an den Balkon reichen. Diese sind so dicht belaubt und alle mit so gleich hohem Gipfel, daß sie wie eine grünende Flur erscheinen. Das Wasser fließt durch den ganzen Palast und wenn man will, auch durch die Zimmer, deren einige sich zu einem köstlichen Sommeraufenthalte eignen.« Ferner sieht er einen Hof, der »von Grün und wunderbaren Bäumen strotzt«, mit einer kunstvollen Wasserleitung; wenn einige Röhren dieses Aquäduktes geschlossen werden, so sieht derjenige, der auf dem grünen Rasen steht, plötzlich Wasser unter seinen Füßen aufsteigen, so daß bald alles überschwemmt wird, nachher kann es aber ebenso leicht und unvermerkt wieder abgelassen werden. »Noch ist ein merkwürdiger, nicht sehr großer Hof da, welchen üppiger Efeu so dicht umrankt, daß man die Mauern gar nicht sieht; er steht auf einem Felsen und hat mehrere Balkons, von denen man in die Tiefe, durch welche der Darro fließt, hinabschaut, ein entzückender und reizender Anblick. Inmitten dieses Hofes ist eine herrliche Fontäne mit einer sehr großen Schale, das Rohr in der Mitte wirft Strahlen mehr als zehn Klafter in die Höhe, die Wasserfülle ist erstaunlich, und nichts kann anmutiger sein als dem Fallen der Tropfen zuzuschauen. Auf dem höchstgelegenen Teile dieser Schloßanlage in einem der Gärten ist eine schöne breite Treppe, die zu einer kleinen Terrasse aufsteigt, und von letzterer kommt aus einem Felsen die ganze Wassermasse, welche sich durch den Palast verteilt. Dort wird das Wasser mit vielen Schrauben verschlossen, so daß man es zu jeder Zeit auf jede Art und in jeder beliebigen Menge herausströmen lassen kann. Nun ist die Treppe so gebaut, daß auf einige Stufen immer wieder eine breitere folgt, welche in ihrer Mitte eine Vertiefung hat, in der sich das Wasser ansammeln kann. Auch die Steine der Geländer zu beiden Seiten der Treppe haben oben Höhlungen wie Rinnen. Auf der Höhe aber sind für jede dieser Abteilungen Schrauben, so daß man nach Belieben das Wasser in die Rinnen der Geländer, in die Höhlungen der breiteren Stufen oder in beide zugleich leiten kann. Auch kann man das Wasser nach Belieben so anschwellen lassen, daß es aus den Leitungen austritt und alle Stufen überschwemmt, indem es jeden, der sich dort befindet, naß macht; so gibt es noch tausend Scherze, die mit ihm angestellt werden können.«
Trotz allen Verfalles, aller Restaurationen und Zubauten kann man sich auch heute mit Hilfe dieser Schilderung gut die alte Wirkung zurückzaubern. Noch zeigt der Haupthof seinen langen, die ganze Mitte durchschneidenden Kanal und wenn die Myrten auch nicht so hoch und gut gehalten sind, so bilden sie doch zu beiden Seiten die alte Bepflanzung, und von der Loggia an der Südseite schauen wir auf den kühlen Hof herab, aus dem man von der Nordseite durch ein doppeltes Säulentor – dem anmutigsten, was von der malerisch empfindenden arabischen Architektur an Durchblicken erhalten ist – in den Hauptgartensaal gelangt. Auf der anderen Seite liegt der efeubewachsene Aussichtshof auf dem Felsen nach dem Darrotal. Solche Aussichtsbalkons liegen auch nach Westen hin, während man östlich aus dem Kanalhof durch spätere Bauten des XVI. Jahrhunderts in einen köstlichen kleinen Hof gelangt, der ein wahres Wasserparterre bildet, zwischen dem Blumenbeete gepflanzt sind. An der Seite ragen als Rahmen dieses lieblichen Bildes uralte Zypressen empor (Abb. 111). Ob eine dieser, die Zypresse der Sultanin genannt, wirklich sechshundert Jahre alt sein kann, muß dahingestellt werden. Die vielen kleinen Strahlen, die hier noch mehr als in dem Kanalgarten überall an den Teichrändern und Wegen aufschießen, lassen vermuten, daß dies Navageros Vexierwasserhof ist (Abb. 112 u. 113). Durch die Ostmauern dieses Hofes führt ein Portal, das späterer Zeit angehört, in den östlich zur Höhe ansteigenden Terrassengarten, und zwar unmittelbar zu der von Navagero geschilderten Wassertreppe, die heute zu dem Belvedere, das im XIX. Jahrhundert erbaut wurde, emporsteigt. Die eigentlichen Terrassen liegen seitlich der Treppe und sind wohl immer mit Hecken und Blumenbeeten bepflanzt gewesen. Das Neue in dieser Anlage ist die Wassertreppe, die wir in arabischen Gärten noch nicht angetroffen haben. Da der römische Garten sie jedoch kannte, so ist es wahrscheinlich, daß die Araber sie spanisch-römischen Villen abgelernt haben. Ausgeschlossen ist es jedoch auch nicht, daß die hellenistischen Gärten, wie so vieles andere, auch diese Wassergestaltung dem byzantinischen als Tradition weitergegeben haben und die Araber sie auch im Orient gekannt haben. Eine seltsame Schilderung läßt an diesen Weg denken. Ein arabischer Geograph, der etwa gleichzeitig mit der Anlage der Gärten des Generalife im XIV. Jahrhundert lebte, schildert in seiner Geographie Ägyptens eine Wassertreppe als ein Werk grauen Altertums: Josef soll sie auf das Geheiß Gottes gegraben haben, zur Zeit des Schreibers war sie schon ganz verfallen. »Ein Teil des Gebietes von el-Menrah«, so erzählt der Verfasser einem älteren nach, »bildet den Park von Sahum. Er gehört zu den Wundern der Welt wegen eines äußerst künstlichen Wasserwerkes: zwischen zwei Türmen liegt eine Wassertreppe von sechzig Stufen, darin sind Wasserquellen oben, in der Mitte und unten, die oberste bewässert den obersten Teil, die mittlere den mittleren, die unterste den untersten mit einer bestimmt abgemessenen Wassermenge« Wüstenfeld, Die Geographie u. Verwaltung von Ägypten nach dem Arabischen des Abul Abbas Ahmed ben Ali el Calcashandi: Göttinger Gelehrte Anz. XXV, S. 23.. Auch den Wasserscherzen, die auf ein plötzliches, überraschendes Durchnässen des ahnungslosen Besuchers hinzwecken, begegnen wir hier zuerst in solcher Ausführlichkeit. Doch auch hierfür bietet der Römergarten schon Ansätze Vergleiche die Neuausgrabungen in Pompeji, Kap. IV, Röm. Reich, Anm. 133a., und wahrscheinlich werden wir auch den Anfang in der den Wasserkünsten so geneigten hellenistischen Kultur suchen müssen. Die Praxis in Generalife setzt schon eine ziemliche Verbreitung dieses Zeitvertreibs voraus, der seine tausendfache Ausgestaltung in dem westeuropäischen Garten finden sollte.
Das Generalife war übrigens nur eines der Lustschlösser, die sich das Naßridengeschlecht oberhalb seines Alkazar, der Alhambra, erbaut hat. Navagero erzählt, wie er von hier in die Gärten eines weiteren und noch eines weiteren Lustschlosses stieg, die aber schon zu seinen Zeiten in Trümmern lagen. Kein anderes Land unter den Reichen, die die Araber im Westen gründeten, hat so bedeutende Reste ihrer Kultur erhalten. In Sizilien ist sie gar gründlich zerstört worden. Selbst die Reisenden des XVI. Jahrhunderts, wie Leandro Alberti und Fazello, sahen nur noch schlechte Reste, während sie einst sich um die Stadt Palermo reihten, wie ein Halsband, das eine Schöne sich umgelegt hat. Noch steht die Villa La Zisa, die der erstere beschreibt, aber so stark umgebaut, daß man kaum den Hof mit dem von ihm gepriesenen schönen Brunnen finden kann Leandro Alberti, Descrizione di tutta Italia II, fol. 53.. Das ganze Haus ist von einem Quellbach durchflossen, über den sich der zweigeschossige kostbar verzierte Hauptsaal wölbt, vor dem Hause sah noch Alberti einen herrlichen Fischteich, in den sich der Brunnen aus der Halle ergoß, in der Mitte desselben stand ein schöner Kiosk, der durch eine Brücke mit dem Lande verbunden war v. Schack, a. o. O. II, S. 262; Saladin, Manuel de l'Art Musulman, Architecture I, p. 236 plan, p. 237, Brunnen des Hofes.. Eine andere arabische Villa, die auf dem Wege von Palermo nach Monreale lag, erregt das besondere Interesse, weil Boccaccio in der 6. Novelle des fünften Tages sie erwähnt und Cuba nennt, aus arabisch Kubba oder Kuppelpavillon. Spuren eines bedeutenden Fruchthaines, von etwa 2000 Schritt Umfang, haben sich erhalten. »Dort prangten«, so berichtet Fazello Th. Fazello, rer. Sic. scriptores 1579. schon nach älteren Quellen, »die anmutigsten Gärten mit allen möglichen Gattungen von Bäumen, mit nie versiegenden Gewässern, mit Gebüsch von Lorbeer und Myrten, darin erstreckte sich von Eingang bis Ausgang ein sehr langer Portikus mit vielen ringsum gewölbten Pavillons zur Ergötzung des Königs, deren einer noch heute vorhanden ist, In der Mitte des Gartens liegt ein großer Fischteich auf gewaltigen Quadern erbaut, daneben ragt das prachtvolle Lustschloß des Königs.«
Mit diesen späten Bauten arabischer Fürsten stehen wir schon unmittelbar vor der großen Kunstperiode Italiens, die man als Renaissance bezeichnet. Aber die westeuropäische Entwicklung bewegt sich, wenn sie auch hier und dort nicht unerheblich von der orientalischen beeinflußt wird, in einem so verschiedenen Tempo, hat so gänzlich verschiedene Richtlinien und Kurven, daß diese arabische Enklave in Westeuropa nur als ein Übergreifen der großen asiatischen Kultureinheit anzusehen ist. Dort knüpfen sich die Jahrhunderte zusammen, und die Kontinuität schließt eine so heftig sprungweise Entwicklung, wie der Okzident sie gesehen hat, aus. Allerdings müssen wir uns bescheiden mit dem wenigen, was hier und dort die Stürme des Mittelalters im westlichen Asien uns übriggelassen haben.
Kein anderes Land hat darunter so gelitten wie Persien. Welch eine wechselnde Reihe von Barbarenhorden sind nach den Arabern über dieses Land eingebrochen, deren »Barbarei beim ersten Ansturm stets schonungslos wütete, die jedoch dann milderen Sitten Platz machte und die Kultur der Besiegten nie ganz zugrunde gehen ließ« Sarre, Denkmäl. persisch. Baukunst 1910, Textband S. 55.. Das überraschendste ist, daß diese Stürme immer nur über die Gipfel hingebraust sind, unter ihrem Schutze aber, dem Sturme nicht bis zur Vernichtung erreichbar, blühte die Region weiter, in der die seßhaften Künste, von denen Ibn Chaldun im XIV. Jahrhundert spricht, wuchsen. Persisches Wesen dringt immer schnell wieder zur Oberfläche, selbst unter grausamen, halb mystischen Sekten, wie die der Assassinen. Marco Polo war, als er etwa 1260 durch Persien reiste, in das Geheimnis des »Alten vom Berge« nicht selbst eingedrungen. Er erzählt die wunderbare Geschichte von seinem Paradies, in das dieser schlafend seine Auserwählten tragen ließ, nur vom Hörensagen. Dies Paradies selbst aber ist ein Garten, wie wir ihn wohl kennen: in einem schönen, von zwei Bergen eingeschlossenen Tal hatte der Herrscher einen überaus prächtigen Garten angelegt, in welchem köstliche Früchte und die duftigsten Blumen, die man sich nur denken kann, wuchsen. Pavillons und Paläste von mannigfacher Größe und Form waren auf verschiedenen Terrassen übereinander gebaut, geschmückt mit Gold, Gemälden und verschiedenen Seidenstoffen. Man sah in diesen Gebäuden viele Springbrunnen mit klarem, frischem Wasser, an anderen Orten flossen ganze Bäche von Wein, Milch und Honig Marco Polo, ed. Yule I, p. 132 ff.. Maundeville fügt, selbstverständlich auch nur von Hörensagen, den echt asiatischen Zug dazu: »über dem Haupte des Priesters Johann – wie der Alte im Abendlande manchmal genannt war – wölbt sich, wenn er zu Tische sitzt, eine Laube mit Weinranken und Trauben, wo die weißen und roten Trauben von Edelsteinen und die Blätter von Gold sind Maundeville Iγ, cap. 4..« Als dann ein Jahrhundert später dem Welteroberer Timur ganz Westasien zufiel, da schlug sein Schwert wohl ganze Völker zu Boden, aber derselbe blutige Tyrann war ein großer Förderer der Künste, und jede glänzende Waffentat, jedes erfreuliche Ereignis, suchte er durch irgendein architektonisches Monument zu verewigen Vambéry, Geschichte Bocharas oder Transoxaniens, Stuttgart 1872, I, p. 222.. Sein Stammland Bochara und Samarkand gelangte unter ihm nochmals zu einer hohen Blüte. Bochara hatte schon einmal im IX. Jahrhundert unter dem Samaniden-Emir Ismael eine Zeit gehabt, wo es von einem Kranz von Villen und Palästen umgeben war, deren Obstgärten von arabischen Reisenden hoch gerühmt wurden Vambéry, a. o. O., I, p. XXIV u. p. 77, Note 2.. Elf große Kanäle hatte dieser Herrscher um die Stadt angelegt, und am Ufer eines einzigen dieser Kanäle sollen 2000 Lustschlösser existiert haben. Timur machte, ohne die anderen Städte zu vernachlässigen, Samarkand zu seiner Hauptstadt, 1½–2 Meilen erstreckten sich damals die Gärten um Samarkand. Im Osten erhob sich der Bagh-i-Dilkuscha, »der Garten, der das Gemüt erheitert«, den eine lange Allee mit der Stadt verband. Im Süden aber lag der Lieblingsplatz des Herrschers, den er seine Einsiedelei nannte, Bagh-i-Bihischt, »der Paradiesgarten«. Der Biograph Timurs, Scheref-ed-din, schildert ihn: Ganz aus weißem Trebriser Marmor, auf einer künstlichen Terrasse erbaut, sei er mit einem tiefen Graben umgeben gewesen, zwei Brücken führten herüber in die Gärten, auf einer Seite war ein Tierpark angelegt. Ein anderer Palast war durch seine stolzen Pappelalleen berühmt und trug davon auch den Namen Pappelgarten Vambéry: a. o. O., I, p. 225. Die Enkel Timurs eroberten anfangs des 16. Jahrhunderts Indien und haben dort als die Groß-Moghuls eine islamitische Kultur von höchster Blüte entwickelt. Die Bauentwicklung dieser höchst bedeutenden Herrscher ist auch für die Gartenkunst von größter Wichtigkeit, die Gartenliebe hatten sie von ihrem Ahnherrn ererbt. Vergleiche als Ergänzungskapitel hierzu Gothein, Indische Gärten, 2. Kapitel (Baukunst 1925)..
Keinem der vielen andern asiatischen Stämme, die damals in ewigem Ringen um die Weltherrschaft die Geschicke dieses Weltteils bestimmten, fehlt es an Einzelschilderungen von Gärten, wenn auch nur selten eine Individualität durch starke bestimmende Züge sich heraushebt. Auch die Türken erzählen viel von ihren Wundergärten. Von der hohen Kultur, die das Land unter dem großen Gegners Timurs, dem Sultan Bajezid II., genoß, zeugt die Erbauung eines Irrenhauses in Adrianopel: Inmitten eines paradiesischen Gartens, so berichtet der Geschichtschreiber, liegt ein hoher massiver, zum Himmel ragender Kuppelbau, dessen höchste Kuppel gleich wie der Ankleideraum eines Bades oben offen ist. Unter dieser Kuppel liegt ein großes Bassin, in dem Quellen und Fontänen plätschern. Ringsum liegen je acht Winter- und acht Sommerzimmer, die ersteren augenscheinlich oben. Diese haben Fenster je eins nach innen auf das Bassin, ein zweites, das auf den Garten schaut. Die Sommerzimmer sind offen und von drei Seiten von Marmorschranken umgeben. Der Garten hat lange Alleen mit Rosen und Weinanlagen und Obstbäumen, einer Fülle von Brunnen und im Frühling einen Überreichtum von Blumen: Jonquillen, Kamelhals, griechischer Moschus, Narzissen, Goldlack, Nelken, Basilienkraut, Tulpen, Hyazinthen u. a. werden aufgezählt. Diese Blumen vor allem sollen mit ihrem Wohlgeruch die Kranken heilen, unter denen die Liebeskranken besonders zahlreich sind Jacob, Quellenbeiträge z. Geschichte islam. Bauwerke. Eolijas Beschreibung d. Krankenhauses Bajezids II. (Der Islam, Zeitschrift f. Gesch. d. isl. Orients, III, 1912, p. 365 f.).
Für das eigentliche Persien kam dann nach mannigfachen Stürmen wieder eine Zeit hoher Blüte, als im XVI. Jahrhundert die Seffidendynastie unter ihrer glänzenden Herrschaft das ganze Perserreich einte. Wir kommen hier mit Persien endlich in eine Zeit, die uns nicht mehr mit vagen, wenn auch noch so überschwenglichen Schilderungen abzuspeisen braucht. Persien war damals ein vom Abendlande viel bewundertes und bereistes Land, seine prächtigen Bauwerke sind von den Reisenden nicht nur geschildert, sondern auch aufgenommen, und vieles ist dadurch der Anschauung gerettet, was jetzt dem Untergange preisgegeben ist. So darf denn auch für die Gartenkunst Westasiens diese Zeit letzter persischer Größe unsre Betrachtung abschließen. Der größte unter den Herrschern, Abbas der Große, der von 1587 bis 1629 regierte, verlegte seine Residenz nach Isphahan Fr. Sarre, Denkmäler pers. Baukunst, Textband S. 73 ff., dem ich in der ob. Schilderung folge. (Abb. 114). Er hat dieser Stadt ihre heute allerdings sehr vernachlässigte Gestalt aufgeprägt. Gleich der Hauptplatz der Stadt, um den sich alles gruppiert, ist Maidan genannt (A) und zeigt auch die wahrscheinlich von je festgelegte Anlage dieser Sportplätze, auch wo sie nicht zu städtischen Marktplätzen wurden. Es ist ein rechteckiger Platz, 386 m lang und 140 m breit, Baumalleen sind ringsum gepflanzt, und ihn umgibt eine fortlaufende Flucht zweistöckiger Arkaden. Die Untergeschosse dienten zu Läden, die oberen zu Tribünen, um von dort den Spielen und Festen auf dem Platze zuzuschauen Sarre, a. o. O., Textband S. 74.. Westlich von diesem Platz legte Abbas die große Prachtstraße an, der Tschehar-bagh, d. h. die Viergärtenstraße genannt (Abb. 114 N. 5 u. 115). Sie ist mehr als 3 km lang und in der Mitte von einer zweigeschossigen Brücke unterbrochen. Die Straße steigt in niedrigen breiten Terrassen auf und ist in der Mitte von einem Kanal durchflossen, der sich auf jeder Terrasse in ein Bassin verbreitert. Chardin, der französische Reisende des XVII. Jahrhunderts, schildert die ganze Anlage auf das eingehendste: Bassins und Kanal sind von breiten Steinplatten eingefaßt, so daß zwei Reiter darauf nebeneinander reiten können. Die Wasserbassins sind von verschiedener Größe und Gestalt, jedes aber hat einen Springbrunnen, und von Terrasse zu Terrasse fällt das Wasser in Kaskaden herab, was dem Heraufsteigenden immer eine herrliche Perspektive gibt. An beiden Enden der Allee sind zwei Pavillons quer über die Straße gebaut, um ihr einen Abschluß zu geben. Gleiche Pavillons dienen auch als Eingangstore zu den Gärten, die sich auf beiden Seiten dieser Straße hinziehen. Ein jeder dieser Gärten hatte noch einen zweiten Pavillon in der Mitte, fast alle diese kleinen Gartengebäude waren vergoldet und trotz wechselnder Gestaltung von einer Größe Voyage du Chevalier Chardin en Perse, éd. v. Langlès 1811, VIII, p. 21 ff. Die sehr ausführliche Schilderung verweilt bei jedem einzelnen Bassin, seiner Gestalt und Größe, sie sind bald vier-, bald achteckig oder kreisrund.. »Zwischen dem Maidan und dem Tschehar-bagh dehnt sich der weite quadratische Palastbezirk aus. Er umfaßt verschiedene, von Gärten umfriedete Pavillons, unter denen der der 40 Säulen ›Tschihil-sutun‹ der bemerkenswerteste ist« Sarre, a. o. O., Textb. S. 86. Den Palastbezirk auf der Höhe der Stadt fand Abbas schon vor, er hat ihn nur weiter ausgebaut und verschönt. (Abb. 116). Dieser ursprüngliche Bau Abbas des Großen ist nach einem Brande am Ende des XVII. Jahrhunderts wieder neu errichtet worden.
Der Garten aber war immer der gleiche, wie ihn der Grundplan zeigt Coste et Flandin, Voyages en Perse pendant les années 1840–41.: innerhalb eines Mauerrechtecks von 280 zu 180 m erhebt sich, fast die Mitte einnehmend, der Pavillon, an dessen vorderer Schmalseite eine Vorhalle sich befindet, wo ein schweres Holzdach auf drei Reihen von je sechs hohen Holzsäulen ruht. Der Pavillon ist ganz von einem schmalen Kanal umflossen, vorne und hinten durchschneidet, von der Gebäudeterrasse ausgehend, ein sehr breiter Kanal den ganzen Garten, der in regelmäßigen Blumenbeeten, von Alleen durchzogen, angelegt ist. Einer der Räume im Innern hat eine Nische mit Dekorationen versehen, die an das byzantinische Chrysotriklinium erinnern: »Über das ganze Ornamentfeld zieht sich eine ansteigende Bodenfläche, die durch festgewurzelte Bäume, an denen Blätter- und Blütenrosetten sitzen, festgelegt wird. In den Zweigen der Bäume sitzen buntschillernde phantastische Vögel Sarre, a. o. O., Textb. S. 87. Abb. 116. Auch die Vorhalle, die auf zwanzig schlanken Säulen ruht, die mit Spiegeln verziert sind, ist an der Hinterwand mit Kaschiarbeit verziert. D'Allemagne, Du Khorassan au Pays du Backhtiaris II, Taf., p. 40, gegenüber gibt eine schöne Abbildung einer Kachel.«.
Ähnlich sind wohl die meisten dieser Pavillongärten gewesen. Chardin schildert auch den Palastbezirk außerhalb der Stadt, Pavillons und eine Überfülle von Wasser weiß er hervorzuheben: »wenn alle Wasser in diesen köstlichen Palästen springen, glaubt man, an einem Zauberorte zu sein«. Die Gärten bestehen aus hohen Alleen und Beeten mit Blumen angefüllt. Ein achteckiger Pavillon von zwei Stockwerken fällt ihm besonders auf, wo das Wasser ringsum über die Terrasse herabfällt, so daß die Hand, die man zum Fenster hinausstreckt, sofort mit Wasser bedeckt wird« Chardin, a. o. O., p. 101 ff.. Jener Kalifenpavillon in Toledo inmitten seines Wassers war von gleicher Beschaffenheit.
Die großen rechteckigen Wasserbassins, auf deren leuchtenden Spiegel der Perser von seinem Pavillon so gerne hinausschaut, nennt er Deriatchéh, d. h. kleines Meer.
Glücklicherweise ist auch die Anlage einer wirklichen villa urbana, ferne der Stadt, in ihren Trümmern noch deutlich erkennbar, erhalten. Sie ist bei Aschraf, einige Kilometer südlich der Burg von Astrabad, an den Abhängen des Elbrusgebirges gelegen und stammt auch aus der Zeit Abbas des Großen. »Sieben völlig regelmäßige, einfach rechteckige Gärten sind, ohne nach einem Hauptplane einheitlich ineinander gearbeitet zu sein, einfach so aneinander und nebeneinander gelegt, wie sie in der Reihenfolge der Entstehung sich am besten dem Gelände anpassen ließen Sarre, a. o. O., Textb. S. 103; doch vergl. Gothein, Indische Gärten, Kap. II, über die Regelmäßigkeit der Lusthäuser und Gärten der Großmoghuls..« So beschreibt Sarre diese Anlage (Abb. 117), und wie er haben auch schon die Reisenden des XVII. Jahrhunderts mit deutlich ausgesprochenem Tadel die Uneinheitlichkeit des Planes erwähnt, ohne zu bedenken, daß erst die italienische Spätrenaissance den Gedanken der hier geforderten Einheitlichkeit gefaßt hat. Diese persischen Gärten liegen, wie immer im Orient, jeder für sich ummauert als Einzelgärten, jeder mit seinem beherrschenden Gebäude in Terrassen angelegt, die sich nach Norden oder Nordwesten herabsenken. Durch einen großen Vorhof gelangt man von Norden in den Hauptgarten, Bagh-i-Shah, Schahgarten genannt (A). Er ist der größte, mißt etwa 450 m Länge zu 200 m Breite und steigt in 10 Terrassen auf. Ein breiter gemauerter Kanal durchschneidet von Terrasse zu Terrasse in Kaskaden herabfallend die Mitte und durchströmt auch den Pavillon (A; Abb. 118), der mit offener Säulenhalle auf die fünfte Terrasse herabsieht. Auf dieser, breiter als die übrigen, erweitert sich der Kanal zu einem rechteckigen Bassin (Abb. 119), das von vier Blumenbeeten eingefaßt ist, durch die ein Querarm des Kanals fließt. Ähnlich sind auch die meisten anderen Gärten angelegt, so der Quellgarten mit seinem Kuppelpavillon auf der Höhe und der Bagh-i-Sahib-Zeman, d. h. Garten des Herrn der Zeit, dessen großer Pavillon schon wie ein Palast ausgestaltet ist. Der Harem hat seinen eigenen »Garten der Heimlichkeit«, den eine besonders hohe Mauer umschließt. Auch eine östlich vom Hauptgarten gelegene hohe Terrasse, die durch ein Treppensystem von diesem zugänglich war, diente zeitweilig den Haremsdamen zum Aufenthalt. Ein besonderer Schmuck dieser Gärten, deren Bepflanzung sonst eine romantische Wildnis geworden ist, ist auch heute noch die Zypresse, die mit ihren alten prachtvollen Stämmen Teich- und Kanalränder umsäumt.
Und Asiens alte Traditionen seiner Gartenanlagen sind bis in unsere Tage nicht unterbrochen. Was die Seffidendynastie für Isphahan, das leisteten die Schahs aus dem Hause Kadschar für Schiras, als sie am Ende des XVIII. Jahrhunderts ihre Residenz in diese gesegneten Fluren verlegten. Heute wie seit ältesten Zeiten waren Schiras' unvergleichlicher Ruhm die paradiesischen Gärten, die auch jetzt alle Reisenden, die den beschwerlichen Weg von Norden her machen, mit hellem Entzücken erfüllen Jackson, Persia Past and Present 1906, p. 323 f.; Herzfeld, Eine Reise durch Luristan Arabistan u. Fars: Peterm. Mitt. 1907, S. 89.. Und Schiras scheint sich eben in einer Periode des erneuten Aufschwungs zu befinden, man pflegt nicht nur den Grabhain des Dichters Firdusi, der vordem lange vernachlässigt war Jackson, Persia, p. 332, Anm. 1., sondern die letzten Jahre haben auch die Wiederherstellung des merkwürdigen steilen Terrassengartens gesehen, den der erste Kadschar Schah Agha Mohamed an Stelle eines älteren Gartens etwa 1789 errichtet hat Nach den mir gütigst überlassenen Photos von Dr. E. Herzfeld.. Er führt den bezeichnenden Namen Bagh-i-Takht, d. h. Garten des Thrones oder auch Thron des Kadschar. In vielen schmalen sich verjüngenden Terrassen steigt er aus einem breiten Wasserbassin auf, die marmorverkleideten Stützmauern sind gleichmäßig mit Pilastern und Bögen verziert, Treppen führen verdeckt in den Mauern empor ohne architektonische Gliederung, die Höhe trägt eine Pavillongruppe; die Restauration zeigt noch einen Eckpavillon auf der untersten Terrasse. Die einzelnen Terrassen waren natürlich mit Bäumen und Beeten bepflanzt, ein hoher Garten liegt außerdem hinter den Pavillons nach der Bergseite. Den Garteneindruck gibt das Bild vor der Restauration (siehe Abb. 33) besser wieder als das spätere, noch 1906 schildert ihn Jackson: »Terrassen türmen sich über Terrassen, Fontäne, Kanal und Bach gießen ihr Wasser in Kaskaden über Marmorplatten in steingefaßte Bassins. Die Wasserläufe sind in Mauerwerk gefaßt und die Wege von Zypressen und Orangebäumen begleitet Jackson, Persia, p. 328. Die eigentliche Residenz der Kadscharherrscher, Teheran, wurde nach dem Bilde von Isphahan angelegt, auch hier durchzieht eine Prachtstraße die Stadt, die, da die Stadt noch Residenz der heutigen Herrscher ist, auch noch gut gehalten ist. Und im Wetteifer mit dem Bagh-i-Takht bei Shiraz wurde im Anfang des 19. Jahrhunderts der Kasr Kadschan angelegt, der in zwei Teilen, einem steil aufsteigenden Terrassengarten und einem großen ebenen Garten mit den bedeutendsten europäischen Gartenanlagen der französischen Zeit wetteifert. S. Coste, Monuments modernes de la Perse 1867, pl. 18. 49/50..« Auf die Ähnlichkeit des ganzen Bildes mit den alten hängenden Gärten der Schilderung Diodors wurde schon aufmerksam gemacht, wenn auch dieser Garten nach einer Seite an den steilen Berg lehnt und darum seine Konstruktion nicht so künstlich zu sein brauchte. Die Gärten der Ebene aber zeigen überall die uns von ältesten Zeiten her bekannten vornehmen einfachen Linien, niemals fehlt der den Garten durchschneidende Mittelkanal (Abb. 120), der durch kleine Kaskaden belebt, von Bassins unterbrochen wird, häufig von Zypressenalleen begleitet, zu deren Seite sich die einfachen Beete erstrecken.
Auf die Mittelachse öffnet sich der Pavillon meist mit offener Säulenhalle oder Veranda, die wohl selbst wieder noch ein Bassin umschließt. Und wo immer in Persien das schöpferische Element des Wassers zu finden ist, da erblühen die herrlichen Oasen mit ihren Gärten, wie jenes Fin-nahe bei Kaschan, dem die nahen Berge die Quellen zuführen Jackson, Persia, p. 411. (Abb. 121).
Die Blumen und manche Baum- und Straucharten haben diesen Gärten Westasiens durch die Jahrhunderte wohl ein anderes Aussehen gegeben, wenig aber hat sich der eigentliche künstlerische Grundakkord verändert. Die Kultur neuer Völkerschichten erscheint immer nur als ein neues Reis auf den alten Stamm gepfropft, und dies neue Reis blühte, gehorsam von den Säften des alten Kulturstammes genährt.
Welch ein ganz anderes neues Bild bietet sich unserem Auge, wenn es sich nun wieder dem Abendlande zuwendet. Die germanischen Völkerhorden hatten weit gründlicher die alten Kulturvölker zerschlagen, als es je die asiatischen Welteroberer getan hatten. Einen Vorteil bietet allerdings diese völlige Zerstörung, deutlicher liegen der Forschung die Wurzeln der neuen Entwicklung, soviel auch sie ihre Nahrung aus dem mit alten Kulturwerten gedüngten Boden sogen. Das Erwachen dieser neuen Welt war in die Hände einer neuen Religion gelegt, in der die Keime zu aller Bildung, der das Abendland zustrebte, verschlossen waren. Die christlichen Mönche sind auch für die Gartenkunst des Abendlandes die ersten Bewahrer und Förderer.