Nikolai Gogol
Taraß Bulba
Nikolai Gogol

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Neuntes Kapitel

Drinnen in der Stadt bemerkte niemand, daß nur noch die Hälfte des Kosakenheeres vor den Toren lag. Freilich sahen die Posten auf dem Rathausturm, daß ein Teil der Wagen abgezogen war. Aber die Polen schlossen daraus nur, die Wagen seien im Wald versteckt, und der Feind wolle sie auf die Art täuschen und ihnen einen Hinterhalt legen; diese Meinung teilte auch ihr französischer Stückmeister.

Alsbald erwies es sich, daß der Hetman richtig prophezeit hatte: die Belagerten begannen von neuem an Nahrungsmangel zu leiden. In jenen alten Zeiten war man in solchen Dingen recht sorglos. Die Polen suchten sich durch einen Ausfall zu helfen – umsonst: die Hälfte des Freiwilligentrupps, der dieses Wagstück unternahm, wurde von den Kosaken niedergemetzelt, die andre Hälfte mit leeren Händen in die Stadt zurückgeworfen. Jedoch die städtischen Juden benutzten die Gelegenheit, vor den Toren alles zu erschnüffeln, was ihnen zu wissen wichtig schien. Sie brachten heraus, warum und wohin ein Teil des Kosakenheers abgezogen war, wie groß dieser Teil war, aus welchen Regimentern er bestand, und welche Obersten ihn führten. Ebenso gut unterrichtet zeigten sie sich darüber, wieviel Regimenter noch vor der Stadt geblieben waren, und was die Belagerer für Pläne hatten. Kurzum: jetzt wußten die Polacken über das alles genau Bescheid. Ihre Obersten schöpften neuen Mut und beschlossen, dem Gegner eine Schlacht zu liefern.

Taraß merkte das an der Bewegung und dem Lärm in der Stadt. Er traf eilend seine Maßregeln und gab die Ordre aus. Das Heer wurde in drei Haufen geteilt, deren jeder sich in einer Wagenburg wie hinter Festungsmauern verschanzte – eine Schlachtordnung, in der die Kosaken kaum zu besiegen waren. Zwei Regimenter legte der Hetman in den Hinterhalt. Einen Teil des Blachfeldes ließ er mit Fußangeln und Lanzenspitzen spicken. Dorthin wollte er im rechten Augenblick die feindlichen Reiter locken.

Und als alles so vorbereitet war, hielt er im Ring des Heers eine Rede – nicht, weil er seine Kosaken aufmuntern und ihre Kampflust anfeuern wollte –, er wußte, daß sie auch ohne das siegesgewissen Mutes waren –, sondern nur, weil es ihn drängte, sein Herz vor ihnen auszuschütten.

»Sagen will ich euch, Herren und Brüder, ein Wörtlein davon, was es mit unserer Kameradschaft für eine Bewandtnis hat. Ihr habt von unsern Vätern und Vorvätern vernommen, in welchen Ehren einstmals unsere Heimat bei allen Völkern stand; die Griechen haben gespürt, wer wir waren, Stambul hat uns in blanken Dukaten Tribut gezahlt, reiche, blühende Städte hatten wir mit prächtigen Domen; und Fürsten hatten wir, Fürsten aus unserm Blut und Stamm – keine katholischen Ketzer. Das alles haben uns die Moslim genommen, das alles ist fort; nur wir sind übriggeblieben, verwaist, verlassen, wie es die Witwe nach dem Tod ihres starken Mannes ist. Und wie wir verwaist sind, so ist auch unsere liebe Heimat verwaist. Die harte Zeit hat es gemacht, ihr Herren, daß wir uns die Hände reichten zu festem Verband. Auf diesem Grund ruht unsere Kameradschaft! Und Kameradschaft ist das heiligste Band im Leben! Ich weiß: der Vater liebt sein Kind, die Mutter liebt ihr Kind, das Kind liebt Vater und Mutter; aber das kommt unserer Liebe nicht gleich, meine Brüder – seine Kinder liebt auch das Tier. Sich mit einem Blutsfremden zum Bruderbund zusammenfinden kann nur der Mensch. Wohl auch in andern Ländern gibts Kameradschaft; aber Kameraden, wie sie die russische Erde gebiert, gibt es sonst nirgends. So mancher von euch ist mehr als einmal in die Fremde verschlagen worden und hat wohl gesehen: auch dort wohnen Menschen, Kinder Gottes wie wir. Sie reden wie deinesgleichen; aber sollen sie dir einmal ein Wort so recht von Herzen sagen, dann siehst du gleich: ja, es sind kluge Leute, aber die Unsern sind es nicht – Menschen wie wir, und doch die Unsern nicht. Nein, Brüder: so lieben, wie es das russische Herz versteht – lieben nicht mit dem Hirn oder Gott weiß, womit sonst, lieben mit allem, was in uns ist, Kameraden . . .!« rief Taraß; er schlug mit der Faust durch die Luft und schüttelte seinen Graukopf, der Schnauzbart zuckte. Dann fuhr er fort: »Nein, so zu lieben versteht sonst niemand auf Erden! Ich weiß wohl: es sind bei uns jetzt vielfach üble Sitten im Schwang: viele fragen nur nach ihren Getreideschobern, ihren Heudiemen, ihren Roßherden und ihren Weinkellern; viele nehmen weiß der Kuckuck was für ketzerische Sitten an und schämen sich der Muttersprache; der Landsmann will nicht mit dem Landsmann reden; der Landsmann verkauft seinen Landsmann, wie einer ein seelenloses Tier auf dem Viehmarkt verkauft. Die Gnade eines fremden Königs – und war es bloß immer der König –, die Gnade jedes schäbigen polackischen Junkers, der ihnen seinen gelben Schuh in die Fresse haut, bedeutet solchen Kujonen mehr als die Bruderschaft. Aber auch in dem niedrigsten Lumpenkerl, mag er sein, wer er will, mag er sich mit Behagen in Dreck und sklavischer Erniedrigung wälzen – auch in dem, Brüder, lebt ein Funke des russischen Gefühls. Und einmal erwacht es, und dann schlägt sich der Ärmste reuig vor die Brust und greift sich an den Kopf und verflucht sein elendes Dasein und würde willig jede Marter auf sich nehmen, wenn er damit die Schande von sich waschen könnte. Mag unser Beispiel allen denen zeigen, was Kameradschaft heißt auf der russischen Erde! Und geht es denn zum Sterben – keiner von ihnen wird sterben wie wir! Keiner von ihnen allen . . .! Dazu fehlt ihnen viel, den Hasenherzen!«

Der Hetman hatte gesprochen, und da er verstummt war, schüttelte er noch lange sein in der Arbeit um edeln Kosakenruhm licht silbergrau gewordnes Haupt. Und die Gemeinde der Kosaken wurde mächtig gepackt durch die Rede, von ihr getroffen bis auf den Grund des Herzens. Die Alten standen reglos wie aus Stein und ließen die greisen Köpfe hangen, das Wasser schoß ihnen heiß in die Augen; langsam wischten sie sich mit den Ärmeln die Tränen von den Lidern. Und dann schlugen sie, als hätte ihnen einer das Zeichen dazu gegeben, alle zugleich mit der Faust durch die Luft und schüttelten die Köpfe. Man sah wohl: Taraß Bulba hatte an das Beste in ihren Herzen gerührt, an den hohen Gedanken, der in den Alten als Frucht vieler Jahre voll Not und Plage, Kampf und Ungemach gereift war, den aber auch die unerfahrne Jugend zur Freude ihrer Väter ahnend in reiner Seele trug.

Jedoch die Stunde war gekommen: schon rückte das Heer der Feinde aus der Stadt, die Pauken donnerten, es jauchzten die Trompeten. Die Faust in die Hüfte gestemmt, sprengten die Junker zum Tor heraus, gefolgt von unzählbarer Mannschaft. Der dicke Oberst führte das Kommando. So rückten sie in hellen Haufen gegen die Wagenburgen der Kosaken an. Bedrohlich zielten sie mit den Hakenbüchsen, Blitze schossen sie aus den Augen, hell funkelten ihre Panzer. Als sie in Schußweite gekommen waren, empfingen die Kosaken sie mit einer Salve aus ihren langen Büchsen und feuerten ohne die kleinste Pause fort. Weithin scholl das gewaltige Knattern über Feld und Flur und floß zu einem einzigen Donner zusammen: dichter Rauch deckte das Schlachtfeld; die Kosaken unterbrachen ihr Feuer nicht für eines Atemzuges Dauer. Die hintern Glieder luden und reichten die schußfertigen Büchsen vor. Starre Verwunderung packte den Feind: er begriff nicht, wie die Kosaken schießen könnten, ohne zu laden.

Im Rauch, der Freund und Feind verhüllte, sah man nichts davon, wie bald hier, bald dort einer in den Reihen fiel; doch die Polacken spürten wohl, daß die Kugeln hageldicht geflogen kamen, und daß die Sache brenzlich wurde. Als sie dann ein Stück zurückwichen, aus dem Rauch zu kommen und Musterung zu halten, da fehlten in ihren Reihen viele tapfre Krieger, indessen auf Seiten der Kosaken höchstens zwei oder drei vom Hundert gefallen waren. Doch ruhig, ohne die kleinste Unterbrechung, feuerten die Kosaken weiter!

Selbst der fremdländische Stückmeister der Polen konnte nicht genug staunen ob dieser niemals erhörten Kampfart und sagte frei heraus, vor allem Volk: »Wackre Burschen sind die Kosaken! Wie die zu fechten wissen – daran dürfte sich jedes Heer ein Beispiel nehmen!« Und er riet den Seinen, die Kanonen gegen die Wagenburgen zu richten.

Dumpf brüllten die ehernen Stücke aus weiten Mäulern; die Erde dröhnte und bebte, noch dichter umwölkte der Rauch das Schlachtfeld. Nach Pulver roch es da auf den Märkten und Straßen der nahen und fernen Städte. Aber die Richtkanoniere zielten zu hoch: einen zu steilen Bogen beschrieben die glühenden Kugeln; mit höllischem Heulen flogen sie über die Wagenburgen weg, wühlten sich weit hinter ihnen in den Boden und schleuderten Wolken von schwarzer Erde gen Himmel. Der französische Stückmeister raufte sich die Haare ob solchen Ungeschicks. Er selbst begann die Geschütze zu richten und fragte dabei wenig nach dem heißen Hagel aus den Kosakenbüchsen.

Taraß erkannte von weitem, welche Gefahr die Regimenter Nesamoiko und Stebliki bedrohte, und schrie, daß es schallte: »Schnell heraus aus der Wagenburg und auf die Pferde, ihr Brüder!«

Doch den Kosaken hätte dafür die Zeit wohl nicht mehr gereicht, wäre nicht der Oberst Ostap ganz allein gegen die Mitte der feindlichen Front gesprengt: sechs Kanonieren schlug er die Luntenstöcke aus der Hand, bei den vier andern glückte ihm das nicht mehr, die Übermacht warf ihn zurück. Und nun griff der fremdländische Stückmeister selber zur Lunte, die größte der Kanonen abzufeuern, ein Ungeheuer, wie es noch keiner von den Kosaken gesehen hatte. Gräßlich dräute der weite Schlund; tausend Tode lauerten tückisch daraus hervor. Und als das gewaltige Stück nun Feuer spie und drei andre Geschütze krachend einstimmten, als unter vierfachem Donner die Erde wankte – oh, wieviel Jammer wurde da geboren!

Manch eine Kosakenmutter wird sich mit knochigen Fäusten die welken Brüste schlagen, wird heulen um den gefallnen Sohn, manch eine Witwe wird trauern in Gluchow, Nemirow, Tschernigow und vielen andern Städten, manch junges Ding wird Tag für Tag auf den Marktplatz laufen, wird jeden Wandrer festhalten und ihm in die Augen sehen, ob sie unter ihnen allen den einen nicht findet, der ihr der liebste ist auf der Welt. Schwärme von Kriegsvolk werden durch die Stadt ziehen; aber so viele ihrer kommen – nie kommt der eine, der ihr der liebste ist auf der Welt.

Die Hälfte des Regiments Nesamoiko deckte den Boden. So tost ein Hagelsturm vernichtend über die Flur, auf der vorher jede Ähre gleich einem vollwichtigen Dukaten prangte . . .

Wie sie da aber vorbrachen, die grimmen Kosaken! Wie sie sich auf die Feinde stürzten! Wie Kukubenko, der Oberst, vor Wut schäumte, als er sah, daß die Hälfte seines Regiments tot war! Mit dem Rest der Leute sprengte er geradeaus gegen die Mitte der feindlichen Front. In seinem Zorn hieb er den ersten, der ihm entgegentrat, einfach in Stücke, viele Reisige warf er nieder und bohrte die Lanze durch Reiter und Roß. So drang er bis zu den Geschützen vor und hatte schon eine Kanone erobert; da sah er, daß hier Oberst Ostap mit den Umanern tüchtig am Werk war, und daß Stepan Gußka das größte der Stücke genommen hatte. Er ließ also diese Arbeit den Kameraden und stürzte sich mit seinen Leuten gegen einen andern feindlichen Haufen. Wo die Nesamoiker hinkamen, bahnten sie sich eine breite Straße; und machten sie eine Wendung, so klaffte dort eine Seitengasse. Die Reihen der Feinde lichteten sich, in Garben stürzten die Polacken nieder. Dicht bei der ersten Wagenburg war Wowtusenko an der Arbeit, weiter vorn Tscherewitschenko, bei der zweiten Wagenburg Degtarenko, bei der dritten der Oberst Wertychwist. Zwei Junker hatte Degtarenko schon mit der Lanze gefällt, da geriet er an einen, den er nicht bezwang. Dies war ein gelenkiger, baumstarker, prunkvoll gerüsteter Polack, den fünfzig eigne Knechte in die Schlacht begleiteten.

Er setzte Degtarenko übel zu, er warf ihn nieder, schwang den Säbel, um ihm den Garaus zu machen, und schrie: »Unter euch Kosakenhunden ist keiner, der sich mit mir zu messen wagt!«

»Hier kommt schon einer!« rief Moßi Schilo und sprengte auf ihn zu.

Moßi war ein stämmiger Kosak, der so manchen Zug über das Meer angeführt und vielerlei Not und Gefahren hinter sich hatte. Einmal war er bei Trapezunt mit seinen Leuten von den Türken gefangen worden. Die setzten ihn und die Kameraden als Sklaven auf ihre Ruderbänke, fesselten sie mit eisernen Ketten an Armen und Beinen, ließen sie wochenlang ohne Nahrung und gaben ihnen ekles Meerwasser zum Trunk. Alle diese Leiden nahmen die armen Gefangnen lieber auf sich, als daß sie ihrem rechten Glauben abgeschworen hätten. Ihr Führer Moßi Schilo aber wurde schwach: er trat das heilige Gesetz mit Füßen, wand sich schmählich den Turban um sein sündhaftes Haupt, errang so das Vertrauen des Paschas und wurde zum Schließer auf dem Schiffe, zum Aufseher über alle Sklaven gemacht. Mit schwerer Sorge erfüllte das die armen Gefangnen. Wenn Schilo, einer von ihren Leuten, dem Glauben abschwor und auf die Seite der Bedrücker trat, so mußte seine Hand grausamer knechten als die Fäuste der andern Heiden – das konnten sie sich wohl im voraus denken; und ihre Ahnung ging in Erfüllung. Moßi Schilo ließ sie mit neuen Ketten selbdritt zusammenschmieden; er zog ihnen die harten Fesselstricke an, daß sie bis auf die weißen Knochen schnitten, er wartete ihnen freigiebig mit Nackenschlägen auf. Die Türken freuten sich des treuen Knechtes, den sie in ihm gefunden hätten. Doch als sie einmal ein fröhliches Gelage feierten und sich, wiewohl ihnen ihr Gesetz den Wein verbietet, alle sinnlos betranken, da holte Moßi die vierundsechzig Schlüssel herbei und teilte sie unter die Gefangnen aus. Die öffneten ihre Fesseln, warfen sie nebst den Ketten ins Meer, griffen statt dessen zu den Säbeln und metzelten die Türken nieder. Viel Beute gewannen damals die Kosaken und kehrten ruhmbedeckt ins Heimatland zurück. Noch lange priesen die Pandoraspieler den tapfern Moßi Schilo. – Die Kameraden hätten ihn vielleicht zum Hetman gewählt, wäre er nicht ein gar so wunderlicher Kosak gewesen. Oft vollbrachte er Taten, wie sie der Weiseste nicht herrlicher ersinnen könnte, ein andermal wieder mußte man denken, er sei völlig närrisch geworden. Er vertrank und verjubelte sein Hab und Gut, machte Schulden bei jedem im Lager und ließ es sich, als sei es damit nicht genug, beikommen, zu stehlen wie ein gemeiner Dieb. Er entwendete bei Nacht eine vollständige Kosakenausrüstung aus einer fremden Gemeinde und versetzte sie in der Schenke. Für diese schmähliche Tat wurde er auf dem Marktplatz an den Schandpfahl gebunden. Neben ihm lag ein Knüppel, mit dem sollte ihm jeder, der vorüberkam, aus aller Kraft einen Hieb versetzen. Aber es fand sich im Lager nicht ein Mann, der den Knüppel gegen ihn aufheben wollte – in so gutem Gedächtnis standen seine Taten von einst. Solch ein Kosak war Moßi Schilo.

»Hier gibt es schon Leute, die solche Hunde wie euch leicht verdreschen!« rief er und stürzte sich auf den Feind. Hei, was da für ein Fechten anhob! Verbeult waren bald die Schulterstücke und Armschienen beider Kämpfer unter den mächtigen Schlägen. Der Polack hieb Schilo durch den eisernen Panzer; in des Kosaken Leib drang scharf die Schneide, rot färbte sich das Kettenhemd von seinem Blut. Aber das kümmerte Moßi wenig; er holte mit dem schweren, starken Arm aus und zog dem andern blitzschnell eins über den Schädel. In Stücke flog der bronzene Helm, der Polack taumelte und dröhnte schwer zu Boden; Schilo aber machte sich daran, dem Betäubten den Gnadenstoß zu geben und ihn mit dem eignen Blute zu taufen. O hättest du dem Feinde lieber nicht den Garaus gemacht, tapfrer Kosak, o hättest du dich lieber erst umgesehen! Aber der Kosak sah sich nicht um, und so rannte ihm einer von den Knechten des Erschlagnen das Messer ins Genick. Herum fuhr Schilo und hätte den Waghals wohl erwischt, wenn der nicht schnell im Pulverrauch verschwunden wäre. Von allen Seiten donnerten jetzt die Hakenbüchsen.

Schilo taumelte und spürte, daß die Verletzung tödlich war. Er schlug zu Boden, preßte die Hand auf seine Wunde und rief: »Kameraden! Lebt wohl, ihr Herren und Brüder! In alle Ewigkeit blühen soll das russische Land, ewig soll es in Ehren stehn!« Es dunkelte ihm vor den Augen, er drückte sie fest zu; gen Himmel schwang sich die Kosakenseele aus dem stämmigen Leib.

Und da kam schon Sadoroschni mit den Seinen herangesprengt, der Oberst Wertychwist stürzte sich in die feindlichen Schlachtreihen, und Balaban drang vor.

»Wie stehts, ihr Herren?« rief Taraß den Obersten zu. »Habt ihr noch Pulver in den Pulverhörnern? Ist die Kosakenkraft noch nicht erlahmt? Und halten die Kosaken durch?«

»Ja, Alter! Noch haben wir Pulver in den Pulverhörnern, noch nicht erlahmt ist die Kosakenkraft, noch halten die Kosaken durch!«

Gewaltig drangen die Tapfern an und brachten die feindlichen Reihen in Verwirrung. Der kleine Polackenoberst ließ zum Sammeln schlagen und ließ acht prächtig bunt bemalte Feldzeichen aufpflanzen, die Seinen zu ordnen, die weit über das Schlachtfeld zerstreut waren. Die Polacken strömten den Standarten zu, aber sie waren noch nicht völlig ausgerichtet, als schon der Oberst Kukubenko von neuem gegen die Mitte ihrer Front vorstieß. Er geriet grade an den dickwanstigen Obersten. Der bekam es mit der Angst, wendete den Gaul und riß in vollem Galopp aus. Kukubenko hetzte ihn weit über das Blachfeld und ließ ihn nicht wieder zu seinem Regiment. Die Schlinge in der Hand, den Kopf auf den Hals des Pferdes gebeugt, so sprengte Stepan Gußka heran, er paßte den rechten Augenblick ab und warf dem feindlichen Obersten mit einem Ruck die Schlinge um den Hals. Blaurot im Gesicht wurde der Oberst, er griff mit beiden Händen nach dem Strick und wollte ihn zerreißen, doch schon fuhr ihm in mächtigem Schwung die Lanze mitten in den Bauch. So blieb er liegen, grausam an die kühle Erde genagelt. Aber auch Gußka traf das Unheil. Ehe sichs einer von den Kosaken versah, schwebte Stepan Gußka, auf vier Lanzen gespießt, hoch in der Luft. Der arme Teufel konnte nur noch rufen: »Verderben unsern Feinden, Heil dem russischen Land in alle Ewigkeit!« Dann gab er den Geist auf.

Die Kosaken sahen sich um. Am rechten Flügel geigte der Kosak Metelitza den Polacken zum Tanz und machte manchem den Garaus, am linken drang der Oberst Newylytschki stürmisch vor; bei der ersten Wagenburg drosch Sakrutyguba sieghaft auf den Feind ein, bei der zweiten hatte der eine Pißarenko die Angreifer zurückgeworfen, bei der dritten war man schon auf den Wagen selber handgemein.

»Wie stehts, ihr Herren?« rief der Hetman Taraß und ritt durch die Reihen. »Habt ihr noch Pulver in den Pulverhörnern? Ist die Kosakenkraft noch nicht erlahmt? Und halten die Kosaken durch?«

»Ja, Alter! Noch haben wir Pulver in den Pulverhörnern, noch ist die Kosakenkraft stark und gesund, noch halten die Kosaken durch!«

Von einem der Wagen stürzte Bowdjug zur Erde. Mitten ins Herz hatte ihn eine Kugel getroffen; aber der Alte raffte die letzte Kraft zusammen und sagte: »Gern scheid ich vom Lichte. Schenke Gott einem jeden solch einen Tod! Ruhm und Ehre bis an den Jüngsten Tag dem russischen Land!«

Zu den himmlischen Höhen schwang sich die Seele Bowdjugs, dort zu melden, wie man auf russischer Erde zu kämpfen versteht, wie man – was mehr heißt – zu sterben versteht auf russischer Erde.

Bald nach Bowdjug stürzte auch Balaban, der Oberst, dröhnend zu Boden. Drei tödliche Wunden trug er, von einer Lanze die erste, von einer Kugel die zweite, die dritte von einem schweren Pallasch. Er war der tapfersten Kosaken einer. In manchem Seekrieg hatte er den Befehl geführt, den größten Ruhm aber gewann ihm sein Zug an die anatolische Küste. Gar viele Zechinen erbeuteten sie da, kostbares türkisches Gut, herrliche Stoffe und allerlei Schmuck. Doch auf dem Heimweg hatten sie viel Bitternis zu kosten. Die armen Teufel kamen ins Feuer türkischer Schiffsgeschütze. Die feindlichen Kugeln machten die Hälfte ihrer Kähne leck und brachten sie zum Kentern; so mancher mußte da im Meer sein Leben lassen. Aber die Schilfbündel an den Bordwänden bewahrten die Kähne vor dem Sinken. Balaban hieß die Kosaken rudern, was sie konnten, und hielt gerade auf die Sonne zu. So machte er sich unsichtbar für das türkische Schiff. Die ganze Nacht dann schöpften sie mit Schaufeln und Mützen das Wasser aus und flickten die Lecke; aus ihren Pluderhosen schnitten sie sich Segel zu, hißten sie und entrannen so der schnellsten unter den türkischen Fregatten. Und nicht nur, daß sie wohlbehalten ins Lager kamen – sie brachten dem Abt des Meschigorer Klosters zu Kiew auch ein goldgesticktes Meßgewand mit und für das heilige Bild der Schützerin und Fürbitterin Maria im Lager eine Fassung aus gediegnem Silber. Noch lange priesen die Pandoraspieler diesen siegreichen Heerzug der Kosaken.

Jetzt aber senkte Balaban im bittern Todeskampf das Haupt und sagte leise: »Ihr Herren und Brüder, mich will bedünken, ich sterb einen guten Tod: sieben hab ich aus dem Sattel gehauen, neun Feinden die Lanze in den Leib gerannt. Gar viele hat mein Gaul unter die Füße getreten, die Zahl der Feinde aber, die meine Kugel traf, hab ich vergessen. In alle Ewigkeit soll blühen das russische Land! . . .«

Und seine Seele floh von hinnen.

Ihr tapfern Kosaken! Ihr opfert ja die beste Blüte eures Heers! Schon ist Kukubenko umzingelt. Nur noch sieben Mann sind übrig vom wackern Regiment Nesamoiko; und auch die wehren sich mit schwerer Mühe der Haut. Von Blut besudelt ist Kukubenkos Panzerhemd. Taraß Bulba sieht seine Not und eilt selbst herbei, ihn herauszuhauen. Doch die Kosaken kommen zu spät: bevor der Ring der Feinde gesprengt ist, dringt eine scharfe Lanzenspitze Kukubenko mitten ins Herz. Matt hängt er in den Armen der Kameraden, die ihn stützen, und wie ein Bächlein plätschert sein junges Blut. So rinnt der köstliche Wein zur Erde, den unvorsichtige Diener in gläsernem Gefäß aus dem Keller holten. Sie stolpern an der Schwelle und zerschlagen den teuern Krug. Der Herr des Hauses kommt gelaufen und rauft sich das graue Haar. Hat er den edeln Wein, der jetzt den Estrich netzt, doch für den schönsten Festtag seines Lebens aufgehoben . . .

Kukubenko ließ seine Augen im Kreis wandern und murmelte: »Ich danke Gott, daß er mich in eurer Mitte sterben läßt, Kameraden! Mögen, die nach uns kommen, noch bessere Leute sein als wir; mag ewig blühen das gottgeliebte russische Land!«

Die junge Seele fuhr ihm aus dem Leib. Die Engel faßten sie an den Händen und führten sie in den Himmel. Wohl aufgenommen wurde sie dort oben. Der Heiland sprach zu ihr: »Setz dich zu meiner Rechten nieder, Kukubenko! Du hast der Kameradschaft Treue gehalten, du hast keine ehrlose Tat getan, hast keinen Menschen im Unglück verlassen, hast meine heilige Kirche als treuer Kämpfer verteidigt und beschützt!«

Mit Trauer erfüllte alle Kukubenkos Tod. Locker waren die Reihen der Kosaken geworden, viele, sehr viele von den Tapfern fehlten schon in der Schar. Aber noch wankten die Kosaken nicht und trotzten jedem Ansturm.

»Wie steht es, ihr Herren?« rief Taraß den Leuten zu, die ihm geblieben waren. »Habt ihr noch Pulver in den Pulverhörnern? Sind eure Säbel noch nicht stumpf? Ist die Kosakenkraft noch nicht erlahmt? Und halten die Kosaken durch?«

»Ja, Alter! An Pulver fehlt es nicht. Die Säbel sind noch scharf. Noch nicht erlahmt ist die Kosakenkraft. Noch halten die Kosaken durch!«

Von neuem legten sich die Wackern ins Zeug, als hätten sie nicht den kleinsten Verlust erlitten. Nur drei der Obersten waren noch am Leben, blutrote Bächlein strömten rings, hoch türmten sich zu Wällen die Leichen der Kosaken und der Polen. Taraß blickte zum Himmel auf und sah eine Kette von Geierfalken darüber hinziehen. Ja, denen war die Beute sicher! Und da wurde schon Metelitza von einer Lanze durchbohrt, dort drüben flog des einen Pißarenko abgehauener Kopf im Bogen durch die Luft und blinzelte noch mit den Augen, und auf der andern Seite brach Ochrim Gußka zusammen und zuckte, in vier Stücke gehauen, auf der Erde.

»Jetzt!« sagte Taraß und winkte mit seinem Tüchlein.

Ostap verstand das Zeichen. Er brach aus seinem Hinterhalt hervor und stürzte sich wütend auf die feindlichen Reiter. Dem starken Anprall hielten die Polacken nicht stand; Ostap scheuchte sie vor sich her und trieb sie dorthin, wo das Feld mit Fußangeln und Lanzenspitzen gespickt war. Da strauchelten und stürzten die Gäule, und über ihre Hälse zu Boden schossen die Polacken. Zugleich erkannten die Korßuner, die weiter hinten in Reserve standen, daß sie den Feind nun auf Schußweite hatten, und begannen aus ihren Hakenbüchsen in ihn hineinzufeuern. Blasses Entsetzen packte die Polacken, die Russenkämpfer aber faßten frischen Mut.

»Sieg, Sieg! Nun haben wir gewonnen!« schrieen von allen Seiten die Kosaken, die Trompeten schmetterten, das Siegesbanner wurde geschwenkt. Über das Feld hin wimmelte flüchtig der geschlagne Feind.

»Nein, nein, so sicher gewonnen ist der Sieg noch nicht!« sagte Taraß mit einem forschenden Blick zum Stadttor. Und er sprach wahr.

Das Tor sprang auf; im Trab unter seiner Wölbung hervorgesprengt kam ein Husarenregiment, die Zierde aller Reiterregimenter. Die Krieger saßen einer wie der andre auf schwarzbraunen Hengsten von kaukasischem Schlag. Als Führer an der Spitze ritt ein stolzer Recke, der feurigste und schönste aus der ganzen Schar; lustig flogen ihm schwarze Locken unter dem bronzenen Helm, von seinem Arme flatterten die Enden einer kostbaren Schärpe, gestickt von den Händen der schönsten Maid. Gleich einem Schwindel packte es Taraß, als er in diesem Mann Andri erkannte. Der aber dachte mitten in Staub und Hitze der Schlacht nur an das eine: wie er sich das Pfand verdienen könnte, das seine Schöne ihm um den Arm geschlungen hatte. Er stürmte wie ein junger Windhund einher, der schönste, schnellste, jüngste der ganzen Meute. »Hetz, hetz!« ruft ihm der tüchtige Jäger zu, und er fliegt über die Steppe, seine vier Beine schreiben einen einzigen geraden Strich in der Luft, sein Körper liegt ganz auf der Seite, Schnee wirbelt um ihn auf, wohl zehnmal schießt er in der Hitze des Laufes weit über den gejagten Hasen hinaus.

Der alte Taraß zügelte seinen Gaul und sah ingrimmig zu, wie Andri sich eine Gasse bahnte, wie er die Kosaken vor sich hertrieb und Hiebe austeilte nach rechts und links. Da packte den Hetman heißer Zorn; er schrie: »Was fällt dir ein! Die eignen Brüder . . .? Die eignen Brüder mordet der Lumpenhund?«

Andri fragte nichts darnach, ob vor ihm seine eignen Brüder oder feindliche Fremde wären; er sah und hörte nichts. Er sah nur Locken, Locken, herrliche lange Locken, eine schwanenweiße Brust, einen schneeigen Hals, schneeige Schultern, den ganzen schönen Leib, den er mit wilden Küssen zu bedecken gierig war.

»He, Burschen«, rief Taraß, »lockt den da in den Wald, lockt ihn mir in den Wald!«

Sogleich machten sich dreißig der flinksten Kosaken daran, Andri in den Wald zu locken. Sie drückten ihre hohen Mützen fester auf die Köpfe und sprengten von der Flanke her mitten durch das Geschwader der Husaren. Sie fielen den vordern Reihen in den Rücken, brachten sie in Verwirrung, schnitten sie von den andern ab und hieben manchen aus dem Sattel. Golokopytenko aber zog Andri eins mit der flachen Klinge über die Schulterblätter, und dann rissen die Kosaken auf einmal alle aus, was ihre Pferde laufen wollten. Wie es Andri da herumriß! Wie ihm das junge Blut in allen Adern kochte! Er stieß dem Gaul die scharfen Sporen in die Weichen und sprengte wütend hinter den Kosaken drein, ohne sich umzuschauen, ohne zu sehen, daß nicht mehr als zwanzig Mann von den Husaren ihm zu folgen vermochten. Die Kosaken aber hielten in voller Karriere gerade auf den Wald zu. Fast hatte Andri Golokopytenko schon eingeholt, da fiel ihm eine mächtige Faust jäh in die Zügel. Andri sah auf: Taraß stand vor ihm! Der Jüngling erzitterte am ganzen Leib und wurde totenbleich. So geht es dem Knaben in der Schule, der einen Kameraden dreist geneckt hat und als Rache von diesem eins mit dem Lineal auf den Kopf bekommt. Er lodert wild wie Feuer empor, springt wütend aus der Bank heraus und jagt hinter dem erschrocknen Kameraden her, als wollte er ihn gleich in Stücke reißen. Da aber rennt er gegen den Lehrer an, der in das Klassenzimmer tritt, und plötzlich bricht sein Wutanfall in sich zusammen.

So war auch Andris Zorn plötzlich verraucht. Er sah nur noch das furchtbare Gesicht des Vaters.

»Nun? Was tun wir jetzt mit dir?« sagte Taraß und schaute ihm gerade in die Augen.

Andri fand keine Antwort und saß gesenkten Blicks im Sattel.

»Jetzt, Bursche, hilft dir keiner mehr von deinen Freunden, den Polacken!«

Andri blieb stumm.

»Verräter du! Verräter am Glauben! Verräter an den Kameraden! Marsch, herunter mit dir vom Gaul!«

Gehorsam wie ein kleiner Junge, saß Andri ab und stand, nicht lebend und nicht tot, vor seinem Vater.

»Stillgehalten und nicht gemuckst! Ich hab dich gemacht, ich mach dich jetzt auch kalt!« sagte Taraß, trat einen Schritt zurück und riß die Büchse von der Schulter. Bleich wie ein Laken war der arme Andri; leise, leise regten sich seine Lippen und murmelten einen Namen. Doch war es nicht der Name des Vaterlandes und nicht der Name seiner Brüder – es war der Name der schönen Polenmaid.

Taraß drückte ab.

Wie eine Weizenähre vor dem Sichelhieb, wie ein Lamm, das den Stich des Schlächtermessers im Herzen fühlt, senkte Andri das Haupt und fiel ins Gras, ohne ein Wort zu sagen.

Der Sohnesmörder stand und wendete lange kein Auge von dem entseelten Leichnam. Andri war auch im Tode schön. Sein männisches Gesicht, vor einer Stunde leuchtend von Kraft und unbesieglicher Leidenschaft für das Weib, bewahrte in der letzten Versteinerung den frischen Reiz der Jugend. Der schwarze Trauersamt der Brauen ließ die erblichnen Züge noch schneeiger scheinen.

»Was fehlte dir denn zum Kosaken?« sagte Taraß. »Hoch warst du von Wuchs und hattest schwarze Brauen und ein adliges Gesicht; stark war die Faust zum Kampf! Warum mußtest du so verrecken, ruhmlos verrecken wie ein schlechter Hund?«

Ostap kam im Galopp geritten.

»Vater, was hast du getan? Bist du es, der ihn erschossen hat?« fragte er.

Taraß nickte.

Ostap schaute dem Toten lange in die Augen. Ihn dauerte der Bruder, und er sprach:

»Vater, geben wir ihm ein ehrliches Begräbnis, daß seinen Leichnam nicht die Feinde schänden, daß ihn die Raben nicht zerreißen!«

»Der wird auch ohne uns begraben!« sagte Taraß. »An Klageweibern wird es dem nicht fehlen!«

Ein Weilchen überlegte er dann, ob er Andri den räuberischen Wölfen zum Fraße liegen lassen oder ob er in ihm den Rittermut ehren solle, dem der Tapfre bei jedem Feinde Achtung zollt, und sei es, wer es sei – da sieht er Golokopytenko hergesprengt kommen.

»Schlecht steht es, Hetman! Die Polen haben Zuzug erhalten. Frische Kräfte sind angerückt!«

Golokopytenko hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da kommt Wowtusenko gesprengt.

»Schlecht steht es, Hetman! Schon wieder rückt ein neuer Haufe an!«

Wowtusenko hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da kommt der letzte der drei Pißarenko zu Fuße angerannt, weil er kein Pferd mehr hat.

»Wo steckst du, Alter? Die Kosaken rufen nach dir. Gefallen ist der Oberst Newylytschki, Sadoroschni ist tot, Tscherewitschenko ist tot. Aber noch halten die Kosaken stand, sie wollen dir ins Auge sehn, bevor sie sterben, sie wollen, daß dein Auge sie vor ihrer Todesstunde noch einmal sieht.«

»Aufgesessen, Ostap!« sagte Taraß und eilte, die Kosaken noch lebend zu treffen, sie noch einmal zu sehn, ihnen vor der Todesstunde noch einmal das Auge des Hetmans zu zeigen. Aber sie kamen nicht mehr aus dem Wald. Schon waren sie umzingelt, ringsum zwischen den Bäumen erschienen feindliche Reiter mit Speer und Schwert.

»Ostap, Ostap, ergib dich nicht!« schrie Taraß, zog blank und bediente, was ihm in den Weg kam, mit kräftigen Hieben nach rechts und links, über Ostap aber fielen gleich sechs auf einmal her; doch hatten sie sich keine gute Stunde dazu gewählt: dem ersten flog der Kopf herunter, der zweite machte kehrt und zahlte Fersengeld, dem dritten fuhr die Lanze zwischen die Rippen, der vierte war der keckste, er wich mit dem Kopf der heißen Kugel aus, aber da fuhr sie seinem Gaul in die Brust – der Rappe bäumte sich wild auf, krachte zu Boden und erdrückte den Reiter unter sich.

»Brav so, mein Sohn! Recht so, Ostap!« schrie Taraß. »Nur zu. Ich folge dir.«

Taraß schlägt sich selber wacker mit den Angreifern. Er haut gewaltig um sich und drischt so manchem den letzten Segen über den Schädel. Dabei schaut er aber immer nach Ostap und sieht, daß jetzt wieder gleich acht auf einmal über den her sind.

»Ostap, Ostap! Ergib dich nicht!« Doch schon ist der junge Oberst bezwungen. Einer hat ihm die Schlinge ums Genick geworfen. Sie binden ihn. Er ist gefangen.

»He, Ostap, Ostap!« schreit Taraß und bricht sich Bahn zu ihm und haut in Stücke, was ihm in den Weg kommt. »He, Ostap, Ostap!«

Doch in dem Augenblick trifft es Taraß selber – wie einen schweren Steinwurf fühlt er es. Alles dreht sich und kreist vor seinem Blick. Flüchtig sieht er ein wirres Durcheinander von Köpfen, Lanzen, Rauch, von Feuerblitzen, grünen Blättern vorübersausen. Und schwer dröhnt er zu Boden, gleich einer Eiche, die die Axt gefällt hat. Dichter Nebel sinkt ihm auf die Augen.


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