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Bret Harte

Aus Kalifornien

Lieder eines Goldgräbers

Dickens im Lager.

Juli 1870.

Der Mond trieb langsam übers Haupt der Fichten,
Der Fluß hielt singend Wacht;
Die Sierren, jenseits, reckten ihre lichten
Schneezacken in die Nacht.

Das Lagerfeu'r, rauh spottend, ließ entbrennen,
Ließ rosig färben sich
Manch hager Antlitz, das, im grimmen Rennen
Nach Reichtum, längst erblich;

Bis einer aufstand, und aus seinem Ballen
Ein Buch nahm; – da ins Gras
Aus müßiger Hand ließ man die Karten fallen,
Zu hören, was er las.

Und nun, – die Schatten dunkelnd rings wie Geister,
Das Feuer minder grell! –
Laut las er vor das Buch, darin der Meister
Schrieb von der »kleinen Nell«.

War's Knabentraum? Der las, war rings im Reigen,
Der Jüngste sicherlich, –
Doch, als er las, schien es als senkt' ein Schweigen
Von Tann und Zeder sich.

Wie lauschten sie, die himmelhohen Riesen!
Kein Zweiglein, das nicht Ohr!
Derweil die Schar mit »Nell« auf Englands Wiesen
Irrt' und den Weg verlor.

So in den Öden, wie von einem Banne
Göttlicher Art bewegt,
Warf ihre Brust die Sorg' ab, wie die Tanne
Die Nadeln, sturmdurchfegt.

Aufbrach das Lager! hin sein Funkenstieben!
Und der die Nacht geweiht? –
Ah, stolze Tann' und schlanker Kirchturm drüben
In Kent, – ihr tragt ein Leid!

Aufbrach das Lager! doch von seinen Klüften
Die duft'ge Kunde soll
Sich mischen mit des Hopfens weichem Düften,
Durch Kent zieh'nd wonnevoll.

Und auf der Gruft, drauf Englands Hulst und Eiche
Bei Lorbeern ruhn als Preis, –
O, nennt zu kühn und töricht nicht dies weiche
Westliche Tannenreis!

Im Tunnel.

Kanntet nicht Flynn, –
Flynn, aus Virginien –
Meinen Gespann?
Nein, nun sagt, Fremder,
Wo wart ihr, Mann?

Hier, in dem Tunnel,
War mein Gespann er,
Derselbe Tom Flynn;
Zusammen wir schanzten,
In Wind und Wetter,
Tag aus, Tag ein.

Kanntet nicht Flynn!
Nun, das muß ich sagen!
Mir wird eigen zu Sinn,
Denk' ich an Flynn, –
Tom, der so lustig war,
Tom, alles Fürchtens bar, –
Fremder, schaut hin!

Dort in dem Stollen,
Rücken am Wall,
Hielt er der Balken
Drohenden Fall;
Dann hört' ich ihn rufen,
(Nacht überall!): –
»Lauf! um dem Leben, Jack!
Lauf! für dein Weib, Jack!
Wart' nicht auf 'mich!«

Und das war es all',
Was im Tunnel drin,
Im Gekrache drin,
Ward gehört von Tom Flynn, –
Flynn aus Virginien.

Das die ganze Geschicht'
Von Flynn aus Virginien, –
Mehr weiß ich nicht!
Blitz! hier an der Rampe,
In Nässe und Nacht,
Die verfluchte Lampe, –
Wie sie laufen macht
Meine Augen! – Wir sind halt im Schacht!

Doch, Herr, laßt euch sagen:
Hört ihr wieder fragen
Einen Narren nach Flynn, –
Flynn aus Virginien, –
Nehmt's nicht so hin!
Sagt, ihr kanntet Flynn;
Sagt, ihr wart selber im Tunnel drin!

Die Sozietät am Stanislaus.

Zu Table Mountain wohn' ich, heiße James der Wahrheitsfreund;
Versteh' mich nicht aufs Mogeln, bin sündigem Schwindel feind;
Und schlicht will ich erzählen, was bekannt mir von dem Strauß,
Der unsre Sozietät gesprengt am Flusse Stanislaus.

Doch vorab möcht' ich bemerken, daß es ganz und gar nicht fein
Für einen Wissenschaftler, seinen Nächsten zu zerbläu'n,
Und, wenn ein Mitglied etwa nicht all' seine Schrullen glaubt,
Dem Mitglied einzuprügeln die Wissenschaft durchs Haupt.

Nun gab es euch nichts Schön'res, nichts ging so flott und stet,
Als im ersten halben Jahre dieselbe Sozietät;
Bis Brown von Calaveras mit fossilem Knochenkram,
(Er fand ihn nächst Jones' Hause im Tunnel), zu uns kam.

Stracks las er eine Abhandlung – rekonstruierte gar,
Aus diesen selbigen Knochen, ein Tier, das äußerst rar;
Dagegen Jones: »Ich bitt' ums Wort, bis bewiesen ich zur Frist,
Das dies ganz selbige Knochenzeug mein verlornes Maultier ist!«

Da lächelte Brown bitter: »Mein Bau schwebt in der Luft!
Vergangen hab' ich mich, so scheint's, an Jones' Familiengruft!«
Er war ein sehr sarkastischer Mann, dieser stille Mister Brown,
Und hatte mehr als einmal schon die Stadt gesäubert, traun!

Nun sollt' ein Wissenschaftler, wie ich das Ding versteh',
Nicht den andern »Esel« heißen, – selbst nicht implicite;
Noch sollte das betreffende Individuum, o weh!
Mit Steinen replizieren, es gehe wie es geh'!

Zur Ordnung jetzt rief Abner, der Diakonus, – als ein Stein,
('s war Sandstein, »alter roter«), ihm den Leib traf sehr gemein;
Und er lächelte matt, und krümmte sich, und sank hin, und stöhnte sehr,
Und was weiter ward verhandelt, interessierte ihn nicht mehr.

Denn rascher, als ich's schreibe, eilte männiglich zum Streit,
Und schlug sich mit den Resten einer paläozoischen Zeit;
Wie da Fossilien flogen, – fürwahr, es war 'ne Schmach,
Bis 'nes alten Mammoths Schädel Mitglied Thompsons Haupt zerbrach.

Dies ist's, was von dem Schwindel mir zu sagen nötig scheint,
Denn ich leb' in Table Mountain, heiße James der Wahrheitsfreund;
Und schlecht und recht erzählt' ich, was bekannt mir von dem Strauß,
Der unsre Sozietät gesprengt am Flusse Stanislaus.

Die Heimkehr.

1860.

Heim also, mein Jung'! und verreistest
Vor zwölf Monaten erst oder so;
Stießest an mit Eugenien und Louis,
Küßtest Pius den Zehen, – halloh!
Beim Himmel, es ist zum Erstaunen,
Zum Erstarren, – nein, wie bin ich froh!
Hier ist ziemlich noch alles wie damals,
Als du gingst, – vor 'nem Jahr oder so!

Die Jungens! – Auf Deck! – Oh! Dick Ashley
Liegt begraben im Schnee, Gott weiß wo;
Ward vermißt im Gebirg letzten Winter,
Und Bob hackt allein jetzt, – so so!
Du weißt ja, er siecht an der Zehrung?
Nicht? Nun, das ist wunderlich! – Oh!
Ich schrieb dir's doch, mein' ich, nach Baden,
Sechs Monate sind's oder so.

Deine Brief' all vom Ausland empfing ich,
Gestempelt von manchem P. O.; übliche Abkürzung von Post-Office (Postamt).
Überreichte persönlich Miß Mary
Deine Skizze, – das prächt'ge Château.
Tom Saunders lebt heuer zu Frisco. San Franzisko.
Treibt's groß da, – ein Herr! – Apropos,
Und trafst du nicht Billy den Trumpfer
Auf dem Nil, oder sonst irgendwo?

So der Hütte, der rostigen alten,
Und der Schlucht hier gedachtest du froh?
Hörtest brausen den Nordarm des Yuba,
Als du standest am Ufer des Po?
Du warst immer romantisch, mein Junge,
Aber wir hier sind auch nicht von Stroh!
Haus an Haus jetzt, wo stand deine Hütte, –
Zwölf Monate sind's oder so!
Doch 'ne Lust, dich zu sehn, alter Junge, –
Denk' nur, erst ein Jahr oder so!
Und du speistest bei Louis Napoleon,
Und siehst aus wie ein rechter Crapaud.
Komm herein! Du willst Mary doch grüßen, –
Meine Frau jetzt! Du weißt es nicht? – Oh,
Ich vergaß es: ihr saht euch nicht ungern –
Vor zwölf Monaten war's oder so.

Im Missionsgarten.

1865.

Padre Felipe.

Ich nicht das Englisch gut sprechen: – Pachita
Sie für mich sprechen; nicht so, meine Pancha?
Eh, kleiner Schelm? Komm, begrüß mir den Fremden
Americano!

Sir, heißt's bei mir zu Land: »Da, wo das Herz ist,
Leben die Sprach' auch!« Ah! ihr nicht verstehn? So!
Nachsicht mit alt Mann, – was ihr nennt »alt Simpel« –
Padre Felipe!

Alt, Senor, alt! Just so alt wie Mission hier.
Ihr sehn den Birnbaum? Wie alt glaubt ihr, Senor?
Fünfzehn Jahr? Zwanzig? Ah, Senor, just fünfzig
Sind's, seit ich pflanzt' ihn.

Schmecken der Wein euch? Ist unser Missionswein!
Saft aus der Traube des Jahrs achtzehnhundert!
Grade die Zeit, als der Erdbeb er kam nach
San Juan Bautista.

Doch Pancha ist zwölf, und sie ist die Rose,
Und ich bin der Ölbaum, und dies ist der Garten:
Und Pancha wir sagen, doch heißt sie Franziska,
Wie ihre Mutter.

Kanntet sie? Nein? Ah, es ist 'ne Geschichte;
Doch sprechen ich nicht, wie Pachita, das Englisch;
So? Wenn ich versuch, wollt ihr sitzen hier bei mir,
Eh! und nicht lachen?

Als zur Mission kommen Amerikaner,
Viele gehn ein in das Haus der Franziska:
Einer – ein Schöner! – er kaufen das Rindvieh
Von José Castro.

So! er kam viel, und Franziska sie sah ihn:
Und es war Lieb', – und die Jahrszeit sehr trocken,
Brieten die Birnen am Baum, – kam der Regen,
Doch nicht Franziska;

Nicht für ein Jahr; eines Abends viel gehn ich
Unter dem Ölbaum, als ankommt Franziska:
Kommt zu mir hier, mit ihr Kind, mit Pachita, –
Unter dem Ölbaum.

War es betrübt, ... doch mir fehlen das Englisch;
So denn! sie bleiben, sie warten auf Gatten:
Er nicht gekommen, sie schlafen am Hügel;
Dort steht Pachita.

Ah! Glöcklein Angelus! Wollt ihr mir folgen?
Oder ergehn euch im Garten mit Pancha?
Geh, kleiner Schelm – st! – sei artig dem Fremden!
Adios, Senor!

Pachita (eifrig).

So! Von der Mutter die alte Geschichte!
Himmel, er predigt sie jedem, der herkommt!
Hier herum heißt's, daß der Alte mein Vater; –
Was nur meint Ihr, Sir?

Habichtsnest.

Sierras.

Scharf bog der rote Heerweg sich, – mit Grausen
Hinschritten wir ihn sacht;
Tief unter uns, wohl tausend Fuß, das Sausen
Der Tannenwipfelnacht.

Im Blauen hoch hing über Schlucht und Matten
Der Habicht atemlos;
Glitt, längs der Kluft, als ein geschwingter Schatten
Durch Ginst und Dorn und Moos.

Glitt längs der Bergwand, der zerfurchten, rauhen, –
Wo, Maulwurfshügeln gleich,
Verlass'ne Stollen, düster anzuschauen,
Vorlugten durchs Gesträuch.

Wir blickten schweigend in die Walderöde
Jenseits, – da unterbrach
Die Stille plötzlich unsres Führers Rede,
Handfest und derb; – er sprach:

»Walker von Murphys schoß ein Loch durch Peters,
Weil der ihn Lügner schalt;
Dann übern Grat hier, o des Schwerenöters!
Und sich versteckt im Wald!

Wir alle nach! Ich mein', daß er uns spürte!
Wir hetzten, Mordio!
Ihn bis zum Kamm hier (Peters' Bruder führte!) –
Ich selbst, und Clark, und Jo!

Er trotzt' uns keck; da, – weiß ich, wie's gekommen?
Zündschwamm, – ein dürrer Strauch, –
Vielleicht von Feuern, die am Boden glommen,
Ein fliegend Fünkchen auch, –

Genug: Ein Glutmeer unter ihm die Tiefen,
Allwärts, – auf einen Ruck!
Wir, über ihm, den Kamm bewachend, riefen;
Und, – nun, er hatte Muck!

Er hielt sich still; zu Füßen ihm die Hölle,
Um ihn die Hölle glüh!
Wir warteten, ob nicht sein Ruf erschölle, –
Sein Schritt, – – Verlor'ne Müh'!

Auf einmal, – da! – dort, bei der Felsenmauer,
Da war's! – Aus Busch und Tann
Vorkroch ein etwas: war's ein Bär, ein grauer?
Wie, oder war's ein Mann?

Etwas, das heult', und knirschte mit den Zähnen,
Von Rauch und Glut geschwärzt;
Das dann hinabsprang in des Abgrunds Gähnen, –
Bär? – Mensch? – Was auch: beherzt!

So war's! Nun ja, der Pfad scheint etwas »risky,«
Und schaut randüber ihr,
So kann's euch schwindeln, – hum, ein Tropfen Whiskey
Wär' nicht so übel hier!«

Was die Lokomotiven sagten.

Eröffnung der Pazifik-Eisenbahn.

Was – auf ihrer ersten Reise,
Dampfend auf dem einen Gleise,
Zischend Kopf an Kopf gestellt,
Jede eine halbe Welt
Hinter sich mit Höh'n und Tiefen –
Sagten die Lokomotiven?
Dies wohl, mein' ich, ist's gewesen,
Unberichtet und ungelesen!

Sprach zuerst mit wicht'ger Miene
Aus dem Westen die Maschine, –
Sprach und pfiff es etwas phrasig:
»Her vom Kamm der Sierra ras' ich,
Und wenn Höh' ein Maßstab ist,
Kalkulier' ich, daß zur Frist
Du von mir geschlagen bist.«

Hört man die vom Ost versetzen:
»Wer recht schafft, wird wenig schwätzen,
Pfeif' nur deine Bremsen nieder!
Rührtest wacker zwar die Glieder,
Aber was denn nur, sag' an,
Hast Besondres du getan?
Doch, – ist das 'ne Unterhaltung!
Mögen die Herrn von der Verwaltung
Bei Champagner heut' und morgen
Selber doch fürs Puffen sorgen.

»Horch! Wo die Atlant'sche See
Sommerglut bespült und Schnee;
Wo Indianerherbste strahlen,
Wamyumfarb die Wälder malen, –
Dort dem flieh'nden Sonnenball
Jagt' ich nach mit freud'gem Schall,
Schau'nd, was seinem Blick begegnet
Segnend rings, was er gesegnet,
In der Eisenbrust sein Sprüh'n,
All sein lebenweckend Glühn,
Seine Wolken für und für
Über meiner Funkenhaube,
Und, so weit ich rastlos schnaube,
Alle Schatten hinter mir.«

Sprach die Westmaschine: »Puh!«
Und pfiff lang und leis dazu.
»Du verstehst es aufzuschneiden!
Du, – und stellst dich so bescheiden!
Du prahlst mit dem Osten? Mir?
Was, – ich bring' den Osten Dir!
Kürzesten Wegs vom fernsten Meer
Orients Reiche bring' ich her,
Und die Sonne, deren Lauf
Hier du folgst, geht bei mir auf.
Grad heraus (wenn man zum Gruß
Sich 'ne Grobheit sagen muß),
Grad heraus denn: Wegeslänge
Ist nicht geographische Länge.«

Sprach die Union: »Nun schweig,
Sonsten überfahr' ich gleich
Einen Verwaltungsrat, Direktor,
Oder mindestens Inspektor.«
Die Zentrale: »Friedlich sehr
Bin ich, wie mein Stilles Meer,
Doch, wenn man mich aufbringt, werd' ich
Ganz entsetzlich ungeberdig.
Aber heut' lass' uns nicht streiten!
Machen wir nur diesen Leuten
Die Moral klar: wie daß, ihnen
Vor den Augen, zwei Maschinen
Ohne Ineinanderrennen
Friedlich sich begegnen können!«

So die beiden biedern Wesen;
Dies ist ihr Gespräch gewesen,
Unberichtet und ungelesen.
Etwas näselnd war der Fluß
Ihrer Rede, sonst ein Guß,
Und mit einem Pfiff am Schluß.

An einen Seevogel.

Santa Cruz, 1869.

Herwärts gleitend auf lässigen Schwingen,
Sorgloser Vagabund der See, –
Wenig gilt dir der Brandung Singen,
Der Barre Donnern, der Felswand Klingen,–
Komm, sei Genoß mir auf dieser Höh'!

Wenig Neues hast du zu sagen:
Sturm und Schiffbruch, – so war es von je!
Mich auch widert dies Treiben und Jagen;
Was noch sorgen, was wünschen, was klagen, –
Ich am Ufer, und du auf der See!

All dein Wandern, hier muß es enden!
All dein Wandern in Fern und Näh'!
Meins auch seh' ich sich hier vollenden;
Hier die Schranke muß Trost uns spenden, –
Mir am Ufer und dir auf der See.

Lässig gewiegt von der Meerflut Grauen,
Fühlen wir beide dasselbe Weh;
Du suchst dein Nest am Gestade zu bauen,
Ich suche Rast auf den Wassern, den rauhen, –
Ich am Ufer, und du auf der See!

Lone Mountain.

Berg-Friedhof am Stillen Meere.

Dies der Magnetberg, ha!
Den einst Freund Sindbad sah, –
Felsblock und Schlacke;
Und wo er seewärts dräut,
Längs seinem Fuß verstreut
Liegen die Wracke.

Hier, jeden Lüftchens Spiel,
Auf und ab, Kiel an Kiel,
Wenden die Segel
Schiffe der Kauffahrtei, –
Können doch nicht vorbei
Hier an dem Kegel;

Treiben für immer hier:
Barken, zerwettert schier
Von den Nordwestern;
Boote, die farbenlicht
Liefen vom Stapel, nicht
Früher als gestern.

Hier treffen alle sich:
Sonn' an der Mauer dich,
Ärmerer Hindbad!
Neide nicht Sindbads Los:
Gleich hier sind klein und groß,
Hindbad und Sindbad.

Eine Friedensbotschaft.

Zum Wind hört' ich die ganze Nacht
Willkomm'nen Regenschlag, –
Wie Zapfenstreich ans Fensterlein,
Wie Flintenfeu'r aufs Dach.
Querpfeife blies das Schlüsselloch,
Der Rauchfang stieß ins Horn, –
Doch stahl auch sanft'res Tönen sich
Durch alle den Lärm und Zorn.

»Dankt, Brüder,« klang es, »dankt, daß er,
Den Regen schickt der Au,
Aus Menschenadern eurer Flur
Erspart den roten Tau!
Auf Gräbern fern im Osten sah
Ich frischer wohl das Gras;
Doch, oh! der Regen, der es trieb,
War bittres Tränennaß.

Hier wasch ich nicht von Flecken rein
Ein Feld, zerstampft und wüst;
Kein Banner schwing' ich, außer dem,
Womit der Wald mich grüßt.
Am Berg, wo ausgestellt der Lenz
Sein allerfernst Pikett,
Weck' ich in Halmenspitzen nur
Bajonett an Bajonett.

Ich poch' an jedes Hüttendach;
Bei den niedern kehr' ich ein:
Nur auf den höchsten Gipfeln muß
Mein Segen Schneefall sein;
Bis, lind verrieselnd mit dem Strom,
Herab von Hang und Höh',
Mein unvertaner Überfluß
Zuletzt sich mischt der See.«

Zum Winde so die ganze Nacht
Hört' ich des Regens Schlag, –
Wie Zapfenstreich ans Fensterlein,
Wie Flintenfeu'r aufs Dach;
Querpfeife blies das Schlüsselloch,
Der Rauchfang stieß ins Horn, –
Doch leise klang dies Friedenslied
Durch alle den Lärm und Zorn.

Das Idyll von Battle Hollow.

Amerikanischer Krieg, 1864.

Nein, ich will nicht! laßt sein!
Und 's ist nichts ja, – nein!
Nichts, was ihr nicht wüßtet! Was fällt euch nur ein?
Und da heißt's: »Bella, hier!«
Und: »Bell, kein Gezier!«
Und: »Bell, vom Major die Geschichte und dir!«
Bis ich's satt hab', – von Herzen! – zwar nicht eben groß
Bekümmert euch das ... Nun, hört zu denn! 'S geht los!

Es war nach der Schlacht,
Und rund um uns die Nacht,
Die ganze Nacht knallt' es und schoß es mit Macht;
Und das Niggervolk floh;
Zu Bett Tante Chlo',
Und Pinky und Milly versteckt unterm Stroh;
Und ums Morgengrau'n lief ich hinaus, – alles leer!
Nur weit unten am Himmel noch kracht' es daher.

Nichts sah ich zur Stell',
Als ich hinlief zum Quell –
Nur zerschmettert den Zaun und das Schaukelgestell;
Und ein Vöglein rief: »Piep!«
Als fühlt' es sich trüb
Und einsam, und wäre mein Kommen ihm lieb;
Und ich füllte den Eimer, und hub mich empor,
Da kam langsam herangaloppiert der Major.

Der, als er mich sah,
Hielt sein Pferd an, – ha!
Warf den Zaun übern Ständer, und – was tut er da?
Kommt herab, wo ich sitz',
Und greift an die Mütz',
Und sagt – nun, das ist euch zu wissen nichts nütz!
Etwas Närrisches, sicher, doch das war der Schluß:
Er bat um 'nen Trunk, und begehrt' einen Kuß.

Ich darauf, grimm: –
»Für'n Trunk, es ist schlimm,
Seid zu groß Ihr, drum bückt euch! Für'n Kuß – ganz so schlimm!
Viel zu klein doch seid Ihr!
Ade, Herr Off'zier!«
Damit Kehrt, – auf den Arm da die Hand legt' er mir:
»Bist 'ne Wetterdirn'! Da – mein Pistol! Tut es not:
Den Nächsten, Kind, der dir was will, schieß' ihn tot!«

Drauf hat er genickt,
Hat zum Born sich gebückt,
Und ich stand mit dem Dings da stockstill, wie verrückt;
Bis ein Schimmern ganz nah,
Bis 'nen Lichtblitz ich sah
Auf dem Mäuerchen rechts, auf dem Steinwalle da.
Ein Gewehr war's, – ich wußt' es, – und auf hinterm Wall
Stieg das Antlitz des Buschkleppers, Tscherokih Hall!

Da schwebt' es mir vor:
Den Moment, daß empor
Der Major seinen Kopf hebt, ist tot der Major!
Und mir war, wie noch nie;
Und mir bebten die Knie, –
Da ging los das verdammte Pistol, Gott weiß wie!
Ja, ihr Mädchen, ging los! Wie von selbst! Knall und Fall!
Und, wie seltsam, verwundete wirklich den Hall!

So, das ist's, – und nun fort!
Ja, da heißt's da und dort:
Ich tat Unrecht, – und steh' ich zu Süd oder Nord?
Ach, sprecht doch nur, sprecht!
Geschah ihm schon recht,
Und in Lieb und in Krieg will ich ehrlich Gefecht!
Der Major aber, – still, Mädchen! wißt ihr denn nit,
Daß – Herr Gott! – horch, im Garten, das ist ja sein Schritt!


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