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Robert Burns

An einen Freund.

Mai 1785.

Mein wähl'ger Will, dein Brief ist hier;
Zu tausendmalen Dank dafür!
Zwar, – herzlich albern wär's von mir,
(Ich will nicht heucheln),
Und eitel, Bester, glaubt' ich dir
Aufs Wort dein Schmeicheln!

Doch meinst du's gut, – kein Zweifel dran!
Nicht spöttisch von der Seite, Mann,
Hoff' ich, siehst du mein Mus'chen an, –
Hohn all dein Huld'gen!
Wiewohl du so mich lobst, – ich kann
Dich kaum entschuld'gen!

Blind müßt' ich sein und ganz von Sinnen,
Wähnt' ich mit Allan Allan Ramsay zu gewinnen
Und Gilbertfield William Hamilton von Gilberfield des Ruhmes Zinnen,
Und, – der aus Fron
Und Aktenstaub todlos von hinnen
Schritt, – Ferguson Robert Ferguson: schottische Dichter des achtzehnten Jahrhunderts, Vorläufer von Burns.

(O Ferguson! dein Genius
War nicht gemacht fürs trockne Jus!
Ihr Herrn von Edinburgh, ich muß
Euch zeih'n der Sünde:
Was ihr verspielt, war Überfluß
Für seine Spinde!)

Doch kommt ein Dönchen mir, 'ne Sage,
Oder schaffen mir Mädchen Plage,
(Sie sind mein Tod noch, – keine Frage!): –
Mein Rohr im Nu,
Mein ländliches, weck' ich am Hage, –
Es gibt mir Ruh'.

Land Coila Coila: die Landschaft Kyle in Ayrshire. In dem Gedichte » The Vision« (ebenfalls vom Jahr 1785) tritt Coila, personifiziert, als die heimatliche Muse des Dichters auf. jetzt, mag wohl sich steifen;
Poeten, eigne, läßt es reifen:
Kerle, die Dudelsack und Pfeifen
Nicht schonen, – nein,
Die Coilas Lob in wackern Läufen
Künden dem Hain.

Sonst von Poeten kaum gekannt,
Lag es, wie unentdeckt ein Strand
Irgendwo bei Van-Diemens-Land
Tief, tief im Süden;
Oder wo Meere, wutentbrannt,
Kap Horn umsieden.

Für Forth und Tay, und ihr Gebiet,
Ficht Fergusons und Ramsays Lied;
Es ist vom Yarrow und vom Tweed
Gesang erklungen;
Nun ihr: Doon, Ayr und Lugar, zieht
Noch unbesungen!

Ilissus, Tiber, Themse rollen
Leuchtend in Versen, wohllautvollen;
Doch Mut, Freund! Fuß an Fuße wollen
Wir's ihnen zeigen!
Auch unsre Ström' und Bächlein sollen
Mitsprüh'n im Reigen!

Auf! singen Coilas Flur wir beide:
Das Moor, rotbraun von blüh'nder Heide,
Hügel und Höh'n, und Wies' und Weide,
Wo, sagt das Buch,
Wallace, der Held, mit blanker Schneide
Den Süd oft schlug!

Wallace! O wem, wie höchste Flut,
Springt bei dem Namen nicht das Blut?
Oft holte sich der Vater Mut
Mit Wallace Narben.
Sie stürmten vor, rotnaßbeschuht, –
Oder sie starben!

O, süß ist Coilas Wälderhang,
Tönt in den Knospen Finkensang,
Weil Häschenvolk den Rain entlang
Verliebt sich jagt,
Und weithin durch die Halden bang
Die Turtel klagt!

Sogar der Winter ist mir schön,
Wenn nackt im Sturm die Bäume steh'n;
Oder der Reif auf Lugars Höh'n
Weißgraulich funkelt;
Oder der Schneejagd wütig Weh'n
Den Tag verdunkelt!

In jeder Tracht voll Reizes nur
Bist du dem Herzen, o Natur, –
Ob licht und lachend nun die Flur
Der Lenz belaube,
Oder durchs Land auf öder Spur
Der Winter schnaube!

Nie ließ die Muse sich gewinnen,
Trieb es den Dichter nicht, zu sinnen
Einsam, wo Bäche rieselnd rinnen,
Und rauscht das Ried;
O süß, zu schweifen und zu spinnen
Ein herzig Lied!

Mag wirr und wüst die Menge streben,
Die weltliche, – mir sei's gegeben,
Natur, in deinem Dienst zu leben,
Und ohne Harm
Seh' über seinem Hort ich weben
Den summenden Schwarm!

Nun, Reimgenoß, ich bin zu Rand!
Wir haben lang uns nicht gekannt,
Jetzt aber heißt es: Hand in Hand
Schickt euch zur Tat an!
Mißgunst und Scheelsucht pereant!
Hol' sie der Satan!

So lang den Clans vor Steuern graust,
Brackschafe gern der Moorhirt schmaust,
Der Erdball um sich selber saust,
Du Mann voll Kerns,
Zähl' auf 'nen Freund mit Herz und Faust
In Robert Burns.

Elegie auf den Tod eines Freundes.

O Tod! Tyrann mit blut'gem Blick!
Der Teufel selber mit 'nem Strick
Roll' über Igel dich zurück,
Zu seiner Schmieden!
Auf seinem Amboß hab' er dick
Es dir beschieden!

Fort ist er, fort! Für uns verloren
Der beste Kerl, der je geboren!
Dich soll Natur auf Höh'n und Mooren
Bejammern, Freund,
Wo einsam, von der Welt verschworen,
Das Mitleid weint!

Ihr Berge, nah' den Sternen ragend,
Stolz eure Felsenkämme tragend,
Ihr hallenden Klippen, drauf, sich jagend,
Meervögel schrei'n, –
Ihr derbsten Erdenkinder, klagend
Stimmt mit mir ein!

Klagt, jeder Hain, drin Tauben kosen!
Du Haselschlucht voll wilder Rosen!
Ihr Bächlein, die aus Farn und Moosen
Ihr lachend blinkt,
Oder von Fall zu Fall mit Tosen
Talnieder springt!

Klagt, Glöckchen auf des Berges Kamm!
Du Fingerhut, stattlich und stramm!
Du Geißblatt, hangend wonnesam
In duft'gen Kränzen!
Du Ros' auf deinem dorn'gen Stamm,
Fürstin des Lenzen!

Früh, wenn sich jedes Gräschen bückt,
Da seine Stirn ein Demant schmückt,
Spät, wenn die Bohn' ihr Düften schickt
In Windesschauern, –
Ihr Häschen, die durchs Kraut ihr zückt.
Kommt, helft mir trauern!

Klagt, Vöglein ihr in Waldes Hut;
Du Moorhuhn, knuspernd Heideblut!
Brachvogel, der auf Wolken ruht;
Und du, aus Ähren
Aufschwirrende Feldhühnerbrut, –
Nie wird er kehren!

Klagt, Birk- und Rohrhahn, mut'ge Freier
Nach Aalen späh'nd, du stolzer Reiher;
Entrich und Ente, hoch den Weiher
Umzieh'nd im Kreise;
Und ihr, Rohrdommeln, dumpfe Schreier,
Dröhnt, ihm zum Preise!

Klagt, Wachtelkönige, daß es schrillt,
Spät abends noch im Korngefild;
Und sucht ihr Länder, warm und mild,
In Herbstestagen:
Sagt aller Ferne, wem es gilt,
Daß so wir klagen!

Und ihr, aus eurem Laubpalast,
Im Spukturm und im hohlen Ast,
Wannehr der Mond mit stillem Glast
Aufsteigt, der glühe,
Klagt, Eulen, durch die Zeit der Rast
Bis hin zur Frühe!

O Flüsse, Wälder, Hügel, Wiesen,
Oft hörtet ihr mein freudig Grüßen:
Jetzt sing' ich nichts, ihr wonnigen, süßen!
Als Weh und Leid;
Und meine Augen müssen fließen
Für alle Zeit!

Klag', Lenz, in deiner Frisch' und Kläre!
In jeder Primel steh 'ne Zähre!
Du, Sommer, (deine Gerstenspeere
Weh'nd erntefarb!),
Die lustigen Blumenlocken schere
Für ihn, der starb!

Du, Herbst, gelbhaariger Gefährt,
Zerreiß' dein Kleid, bleich und verstört!
Du Winter, der die Luft durchfährt
Mit Sturm und Güssen,
Sag' an der öden Welt den Wert
Des, den wir missen!

Klag' ihn, du Sonn' in Lichtespracht!
Klag' ihn, du Fürst der stillen Nacht!
Und ihr auch, Sternchen hell entfacht,
Blickt klagend nieder!
Durch euch hindurch schwang er sich sacht, –
Und kommt nicht wieder!

O Henderson, – Freund! Bruder! Mann!
So flohst du aus des Lebens Bann!
Über den dunkeln Strom hindann
Trug ich die Welle!
Wo lebt ein andrer mir fortan,
Wie du, Geselle!

Geht ein zu euren Mausoleen,
Ihren Großen, tot noch euch zu bläh'n, –
Ich will an deinem Rasen steh'n,
Und dich beweinen,
Dich Besten, den die Welt geseh'n, –
Dich Besten, einen!

An eine Maus, die er mit ihrem Neste aufgepflügt hatte.

Klein, furchtsam Tierchen! welch ein Schrecken
Erfüllt dein Brüstchen, so durch Hecken
Und Furchen dich zum Lauf zu strecken?
Bleib! nicht so jach!
Nicht setz' ich mit dem Pflügerstecken
Grausam dir nach!

Der Mensch – betrübt gesteh' ich's ein! –
Brach der Natur geselligen Reih'n!
Mißtrauisch drum fliehst du feldein:
Voll Frucht, dir schade
Dein armer Mitgeschaffner – dem
Staubkamerade!

Mag sein, du gehst auf Diebstahl aus;
Gut! mußt ja leben, kleine Maus!
Manchmal vom Schock ein Ährchen kraus
Ist klein Begehren!
Der Rest bringt Segen mir ins Haus –
Ich kann's entbehren!

Dein klein arm Häuschen auch zerstört!
Sein töricht Dach der Sturm durchfährt!
Und nirgend Grün mehr, neuen Herd
Dir zu begründen!
Da Christtag bald die Fluren kehrt
Mit eis'gen Winden!

Du sahst die Felder öde schier,
Den langen Winter vor der Tür,
Und sprachst: »Geschützt und kosig hier
Halt' ich es aus!«
Als, krach! die böse Pflugschar dir
Grad fuhr durchs Haus!

Von Laub und Stroh dein Nestchen klein,
Manch mühsam Knuspern trug's dir ein!
Und nun mußt du vertrieben sein
Für all' dein Müh'n,
Und mußt hinaus in nasses Schnei'n
Und Rauhfrost zieh'n!

Doch, Mäuschen, mehr schon ist zerronnen
In nichts, was Vorsicht klug ersonnen!
Was Mäus' und Menschen fein gesponnen,
Geht scheitern oft,
Und läßt uns Gram nur statt der Wonnen,
Die wir gehofft!

Doch bist du glücklich gegen mich!
Die Gegenwart nur kümmert dich:
Doch, o! des Pfads, wenn rückwärts ich
Mein Auge schlage!
Und vor mir, türmt auch Dunkel sich,
Ahn' ich und zage!


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