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Robert Herrick Robert Herrick, Zeitgenosse Shakespeares und Miltons, Freund Ben Jonsons, einer der anmutigsten und liebenswürdigsten engl. Anakreontiker, der Thomas Moore des siebzehnten Jahrhunderts. Von Beruf Geistlicher (Pfarrer eines abgelegenen Dörfchens in Devonshire), erinnert er somit zwiefach auch an unsern Johann Nikolas Götz, den Dichter der von Friedrich dem Großen bewunderten »Mädcheninsel«. Die politischen Stürme seiner Zeit, die ihn vorübergehend sogar aus seiner Pfarre vertrieben, und der in ihrem Gefolge über England hereinbrechende Puritanismus konnten seine heitere Muse (der freilich auch ein edler Ernst nicht fremd war, wie seine »Noble Numbers« und manches sinnige Lied in den »Hesperides« bezeugen) auf die Dauer nicht verdüstern. Er liebte und lachte, er trank und sang und kränzte sich mit Rosen bis ins höchste Alter. Geboren 1591, ist er wahrscheinlich (genau hat man sein Todesjahr nicht ermitteln können) um 1674 gestorben, – der letzte dichterische Repräsentant jenes mit ihm zu Ende gehenden »Merry Old England«, dessen Blumen und Frauen, dessen Gebräuche und ländlichen Aberglauben er uns so reizend geschildert hat.

Wie man seine Verse lesen solle.

Nicht in des Morgens Nüchternheit und Ruh,
Sprich eines Verses heil'gen Zauber du;
Doch wenn des Mahls, des Trunks man froh gewesen,
Sollst meinen Spruch du singen oder lesen.
Wenn Lorbeer sprützt im Feu'r; wenn sich der Herd
Selbst anlacht, und mit Lust das Dach verklärt;
Wenn hoch der Thyrsus kreist; wenn das Gesumm
Geweihter Orgien fliegt rundum, rundum;
Wenn herrscht die Rose, Locken glänzen licht,
Lies, herber Cato, dieses mein Gedicht!

An die Musik: Sein Fieber zu stillen.

Lull' mich in Schlaf, lull' ein mein Weh'
Mit deinen wonnigen Weisen,
Daß hingerissen ich vergeh'
In Schlummern, leichten, leisen!

Weich, weich und kühl,
Mach' meinen Pfühl,
Du Macht, die rasch hinüber
Aus dieser Plag'
Mich tragen mag,
Ließ auch nicht nach
Mein Fieber!

Du kannst es wandeln wonnesam
Aus Gluten, die verderben,
In eine lieblich leckende Flamm'
Und so es lassen sterben.
Mach', daß die Pein
In Schlaf ich wein',
Gib Rast mir Schlummerlosen,
Daß süß und herb
Den Trost' ich erb':
Ich leb' und sterb'
In Rosen!

Fall' auf mich wie ein leiser Tau,
Den Schauern gleich, den süßen,
Die, bricht der Tag an, auf die Au'
Ein Blumentaufen gießen.
Sing' ein, sing' ein
Die Schmerzen mein,
Still' du ihr wild Getümmel;
Danach voll Freud'
Vom Licht ich scheid',
Schwing' auf mich weit
Zum Himmel!

An Ben Jonson.

Nehm' ich 'nen Vers mir für,
Wiss', o Poete,
Daß ich, zu helfen mir,
Fromm zu dir flehte.

Ebne die Pfade mir,
Wenn ich, dein Treuer,
Opfr' auf den Knien dir
Lieder zur Leyer.

Kerzen und neuen Schrein
Weih' ich dir, Alter;
Trag', o Sankt Ben, dich ein
In meinen Psalter.

An denselben.

Ah, Ben!
Sag' wie, sag' wenn
Wir, deine Gäste,
Uns wieder freuen jener Liederfeste,
Sei's in der Sonnen,
Sei es im Hunde, sei's in den Drei Tonnen;
Wo also froh gedrängt wir saßen,
Daß edle Wildheit uns ergriff, nicht Rasen?
Und jeder doch der Verse dein
Ausstach das Mahl, ausstach den fröhlichen Wein.

Mein Ben!
Komm' wieder denn!
Sonst wende du
Den Überfluß uns deines Geistes zu!
Doch den Gebrauch,
Den weisen, deiner Gabe lehr' uns auch:
Auf daß solch Pfund wir nicht vertun,
Und, wenn der reiche Schatz zu Ende nun,
Die Welt hinfort
Von Geist und Witz nicht misse diesen Hort!

Daß man lustig leben und guten Versen trauen solle.Es bedarf wohl kaum der Erinnerung, daß der Dichter den Anstoß zu diesem Dithyrambus Ovids berühmter Elegie auf Tibull ( Am. III. 9) zu verdanken hat.

Jetzt ist die Zeit zur Lust;
Jetzt seid nicht stumm, noch zahm;
Die Erde steht in Blust;
Die goldne Pracht, sie kam.

Die goldne Pracht, sie kam;
Denn Perl' und Umbraschaum,
Die seinem Saft er nahm,
Trägt jetzo jeder Baum.

Jetzt herrscht die Ros', und klar
Benetzt Arabias Tau
Mein rückgestrichen Haar
Und meine freie Brau'.

Homer, dies Hoch für dich:
Sekt, der so feurig rinnt,
Er machte sehend dich,
Wär'st du auch noch so blind!

Virgil nun! Her den Krug!
In Wein dir bring' ich's gleich,
Von dem ein jeder Zug
Wert ist ein indisch Reich!

Dir nun, mein Naso! gelt;
Tät' mir Bescheid dein Glas,
Du dächtest wohl, die Welt
Hätt' all' nur eine Nas'!

Catull nun, dieses Meer
Von würzereichem Wein,
Zu Ehren schlürf' ich's leer
Der schmucken Muse dein!

Wild bin ich jetzt von Glut:
O Bacchus, Kühlung mir!
Sonst beiß' ich noch voll Wut
Nach Kranz und Thyrsus dir!

Rundum läuft und davon
Das Dach! Ich muß, ich muß!
Austrink' ich noch 'ne Tonn'
Dir, mein Propertius!

Du jetzt, Tibullus, weckst
Zum Hochtrunk meinen Geist;
Doch halt, hier ist ein Text,
Der fruchtbar sich erweist.

Denn sieh': Tibullus liegt,
Verzehrt von heißen Loh'n,
Und seinem Staub genügt
Die kleinste Urne schon.

Drum guten Versen trau';
Sie einzig halten Stand,
Wenn Pyramidenbau,
Wie Menschen, frißt der Brand.

Und wenn im Lethe stirbt,
Was sonst auf Erden blüht:
Unsterblichkeit erwirbt
Einzig das süße Lied!

Nachtstück.

Sein Glüh'n der Glühwurm leih' dir;
Handmagd die Sternschnupp' sei dir!
Und die Elfchen auch
Mit dem Funkelaug'
Sei'n holdgesinnt und treu dir!

Kein Irrlicht führ' im Kreis dich;
Nicht Wurm noch Schlange beiß' dich;
Nur zu, immer zu!
Hab' nicht Rast, nicht Ruh'!
Schreckt kein Geist doch aus dem Gleis dich!

Lass' nicht die Nacht dich kümmern;
Birgt auch der Mond sein Schimmern:
Leiht doch Stern an Stern
Sein Licht dir gern,
Wie unzähl'ger Kerzen Flimmern!

Drum, Julia, triff am Rain mich!
So am Rain im dunkeln Hain mich!
Und tönt hell zum Gruß
Mir dein Silberfuß,
Gieß' in dich meine Seel' hinein ich!

Sein Held.

Gebt mir den Mann, der unverzagt
Das Roß der See zu reiten wagt,
Und stolz die Wasserwelt durchjagt!

Mit seinen Blicken auch die Wut
Des Sturmes und der empörten Flut
Beschwichtigen kann, fest und voll Mut!

Dies, dies vermag, wen Tugend hält –
Den Fels ansegeln, daß er spellt;
Ja, und durchziehn von Lanzen eine Welt!

Dreikönigsfest.

Jetzt geht der Spaß los
Mit Kuchen und Kloß,
Und König des Fest's ist die Bohne.
Doch die Erbse auch,
Wir kennen den Brauch,
Sitzt als Königin mit auf dem Throne.

Zum ersten denn nun,
Wie ihr pflegt zu tun,
Erwählt, daß er habe die Macht hier,
Den König durchs Los;
Und ihn nicht bloß,
Auch die Königin wählt für die Nacht hier!

Dies getan, brockt ein
Den Kuchen in Wein;
Und nicht einer sei in der Schar hier,
Der mit frohem Mund
Nicht vom Rand bis zum Grund
Austrinkt auf das Königespaar hier!

Setzt im Kump sodann
Ein Würzbier an!
Auf Zucker, Ingwer, Muskaten
Gießt das braune Naß,
Auf daß euch baß
Der Festtrunk möge geraten!

Nun den Herrschern beim Mahl
Reicht dar den Pokal. –
Und obgleich ihr mit Bier euch genetzt hier,
Geht ihr heim doch so frei
Von Schuld und von Reu,
Als da ihr euch schuldlos gesetzt hier.

An den Genius des Hauses.

Gebeut' dem Dache! Hochher auf dies Haus
Gieß, großer Genius, deinen Einfluß aus!
Segn' es, daß ringshin über seine Schwelle
Ein gülden Rohr lebend'gen Wassers welle!
Füll' an den Speiseschrank, und stärkend Brot
Wehr' in den Spinden allezeit der Not!
Dann, wie ein Bischof, weihe meinen Grund,
Daß gute Feen hier tanzen Rund auf Rund!
Leg' nieder etwas Silbergeld darnach,
Daß Last und Müh' dem Herrn es lohnen mag!
Feie die Kammern; Bett und Pfühl zur Ruh',
Mehr als für quälend Siechtum rüste du!
Feste den Grundstein! Mit der Zeit lass' alten
Das Dach, und dennoch wetterdicht sich halten!

An Sir Clipseby Crew.

Speise gib und Weines Flut,
Heiß zu füllen mich mit Glut,
Daß hoch pulsen mag mein Blut!

Hunger noch und Kälte nie
Zeugten edle Poesie.
Sektes voll nur schaffst du sie.

Diesen gib, mein Ritter, und
Rasen will ich dir zur Stund',
Redend mit Prophetenmund.

Dann, ist was ich singe neu
Und erlesen, sag' ich frei,
Daß von dir geweckt es sei.

Der Peterspfennig.

Frische Blumen streut
Auf mein Grab zur Zeit,
Daß mein Pfühl sei wohlduftumwehter;
Einen Stab dann preßt
In die Hand mir fest,
Und 'nen Pfennig zu zahlen Sankt Peter!

Wer nicht hat, daß er blecht,
Dem bekommt es schlecht,
Keinen Schritt darf er vorwärts sich wagen;
Denn er an der Tür
Sagt: Her die Gebühr,
Sonst muß ich den Eintritt versagen!

Wer, geht Not an Mann,
Nicht verehren kann
Ein Bratschwein dem Pfaffen ins Kloster,
Hört den Meßner schrei'n:
Bei Ja und bei Nein,
Kein Pfennig, kein Paternoster!


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