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Sir Philipp Sidney

(1554–1586.)

1.

So gut heut führt' ich Renner, Hand und Speer,
Daß ich den Dank nahm, durch den Spruch gleichwie
Der Augen Englands, so auch ein'ger, die
Frankreich, die süße Feindin, schickte her.

Da pries, wer ritt, mein künstlich Reiten sehr;
Stadtvolk pries meine Kraft; ein Fein'rer lieh
Sein Lob der List; (der Übung Tochter sie!)
Witzlinge sprachen gar vom Ohngefähr.

Noch andre denken: weil auf beiden Seiten
Ich Ahnen zähle, groß in diesem Spiel,
Daß die Natur mich schuf zu solchem Streiten. –

O, wie so weit doch schossen sie vom Ziel:
Stella sah zu! Ihr Antlitz ließ entbrennen
Die Strahlen, die so schön gemacht mein Rennen!

2.

Im Waffenspiel gab meines Muts ich Proben,
Und wieder dennoch jagt' ich zum Turnei,
Indes, ich will's gestehn, der Menge Schrei,
Glück, Ruhm und Jugend stolz die Brust mir hoben.

Da sah Cupido, als ich kam gestoben,
Mich, seinen Sklaven, in des Mars Livrei:
»Was nun, Sir Narr? Ich bin doch auch dabei?«
Rief er; »blick' auf!« – und Stella sah ich oben.

Ganz nah ein Fenster ließ sie Licht entsenden:
Ich saß geblendet, Zittern überkam mich;
So Zaum, wie Schwert versagte meinen Händen;
Drommete nicht, noch Freundesruf vernahm ich.
Mein Feind, die Luft hau'nd, sprengte durch den Kies,
Bis ihr Erröten meine Schmach mir wies.

3.

Ob ihren Neumond der Türkei Gewalten
Auf Christenstrand sich füllen lassen heuer?
Ob Polens Fürst, mit schlecht gemachtem Feuer
Und ungefragt, einheizt Rußland, dem kalten?

Wie Frankreich eins nur ist, dreifach gespalten?
Was das Geschrei der deutschen Reichstagschreier?
Wie am Orangenbaume, nach so treuer
Städte Verlust, Holländer Herzen halten?

Was Ulster von dem Goldgebisse denkt,
Mit dem mein Vater halb erst es bezwungen?
Ob Schottlands Hof kein Blutbad wieder tränkt –?

Dies alles fragen mich geschäft'ge Zungen.
Ich, guter Sitte Spiegel, rede drein –
Was? weiß ich nicht, denn immer denk' ich dein!

4.

Niemalen trank ich Aganippes Quelle,
Noch saß ich jemals auch in Tempes Hainen;
Die Muse flieht gemeiner Geister Schwelle;
Der heil'gen Bräuche kennt der Laie keinen.

Von Dichterwut spricht der und der Geselle,
Doch weiß (Gott weiß!) ich nicht, was sie nur meinen;
Und dies mein Schwur, beim schwärzesten Bach der Hölle:
Nie meinen Witz maust' ich aus fremden Schreinen!

Wie kommt es denn, daß glatt und leicht mein Denken
Zur Rede wird? und daß sich die verdichten
Zum Verse muß, dem Kenner Beifall schenken?

Erraten wir's? Wie, ist es so? Mit nichten!
So denn? Viel wen'ger? Wie denn? So, ihr Leute:
Mein Mund tönt süß, weil Stellas Kuß ihn weihte!


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