Gustav Theodor Fechner
Elemente der Psychophysik Teil 1
Gustav Theodor Fechner

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VIII. Maßmethoden der Empfindlichkeit.

Nach dem im 6. Kapitel aufgestellten Begriffe gilt als Maß der absoluten Empfindlichkeit bei intensiven Empfindungen der reziproke Wert der absoluten Reizgrößen, bei extensiven der reziproke Wert der absoluten Ausdehnungen, welche eine gleich große Empfindung erzeugen, als Maß der einfachen Unterschiedsempfindlichkeit der reziproke Wert der Reizunterschiede oder Ausdehnungsunterschiede, welche einen gleichen Empfindungsunterschied erzeugen; als Maß der relativen Unterschiedsempfindlichkeit der reziproke Wert des Verhältnisses der Reize oder Ausdehnungen, welche einen gleich großen Empfindungsunterschied erzeugen.

Die Maßmethoden der einfachen und relativen Unterschiedsempfindlichkeit trennen sich nicht, da es bei beiden gemeinsam darauf ankommt, die beiden Reize festzustellen, die einen gegebenen Empfindungsunterschied geben. Nur kann man dabei entweder auf die absolute Größe des Unterschiedes oder auf das Verhältnis der Reize achten, und die Empfindlichkeit nach dem reziproken Werte des Einen oder Anderen messen. Jedes der beiden Maße wird seine Bedeutung erhalten; hier aber wird es genügen, die Methoden bezüglich des ersten zu erörtern.

Die Ausführung des Maßes auf Grund dieser Bestimmungen setzt voraus, daß wir die Gleichheit von Empfindungen und Empfindungsunterschieden unter verschiedenen Umständen wirklich genau zu beurteilen und zu konstatieren vermögen, was für den ersten Anblick nicht ganz leicht scheint. Indes stützt sich, wie schon früher erinnert, das bekannte photometrische Maß auf die Beurteilung der Gleichheit von Empfindungen, in der Musik hat man oft genug die Übereinstimmung zweier Töne, so wie die Gleichheit zweier Tonintervalle, d. i. Tonunterschiede, zu beurteilen; und von sehr allgemeinen Methoden, die Gleichheit von Empfindungsunterschieden zu konstatieren, wird alsbald die Rede sein. Es sind sogar die Maßmethoden der Empfindlichkeit, welche sich auf Unterschiede bezieht, bisher weit mehr ausgebildet, als die der absoluten, und es soll demnach hier zuerst und hauptsächlich von ihnen gehandelt werden.

Dies soll hier in soweit geschehen, daß eine allgemeine Einsicht in die Natur und das gegenseitige Verhältnis dieser Methoden und die gemeinsamen Bedingungen ihrer Genauigkeit möglich wird, daß das Wesentliche, worauf es bei den Versuchen und deren Berechnung ankommt, hinreichend bezeichnet wird, um auch Anwendungen der Methoden möglich zu machen, und daß die in den folgenden Kapiteln anzuführenden Resultate verstanden werden. Wollte ich aber alle Spezialitäten der experimentalen und Rechnungsseite der Methoden, welche bei ausführlicheren Untersuchungen in Rücksicht kommen können, hier darlegen, alle Regeln, die zu geben sein werden, theoretisch begründen und durch Versuchsreihen belegen, so würde, entgegen dem Interesse derer, denen es mehr um eine allgemeine Einsicht in die Methoden, als eigene Benutzung derselben zu tun ist, der Gang der Betrachtung so sehr dadurch aufgehalten werden, daß ich es vorziehe, hinsichtlich der eingehenderen Darstellung der Methoden und danach angestellten Versuchsreihen auf eine Ergänzung dieser Schrift zu verweisen, die ich derselben unter dem Titel "Maßmethoden und Maßbestimmungen im Gebiete der Psychophysik" anzuschließen beabsichtige und folgends kurz unter der Bezeichnung "Maßmethoden" zitieren werde. Vieles, was hier nur kurz angezeigt und angedeutet werden kann, wird man dort ausgeführt und teils genauer theoretisch nachgewiesen, teils durch Versuche speziell belegt finden.

l) Maßmethoden der Unterschiedsempfindlichkeit.

a) Allgemeine Darstellung. Bis jetzt stehen drei Maßmethoden der Unterschiedsempfindlichkeit zu Gebote, die ich der Kürze halber als
  1. Methode der eben merklichen Unterschiede,
  2. Methode der richtigen und falschen Fälle,
  3. Methode der mittleren Fehler
bezeichne.

Um eine erste oberflächliche Einsicht in die Natur und das gegenseitige Verhältnis dieser drei Methoden zu erwecken, mögen sie zuvörderst kurz bezüglich einer und derselben Aufgabe erläutert werden, daß man nämlich die Feinheit untersuchen will, mit welcher Gewichtsunterschiede erkannt werden, wenn schon nur die beiden ersten dieser Methoden bisher wirklich hierzu Anwendung gefunden haben.

Um die Methode der eben merklichen Unterschiede auf unsere Aufgabe anzuwenden, hebe man zwei durch Belastung mit einem gegebenen Gewichte auf ein etwas verschiedenes Totalgewicht gebrachte Gefäße A, B vergleichungsweise auf. Ist der Unterschied der Gewichte groß genug, so wird man ihn spüren, widrigenfalls nicht merklich finden. Die Methode der eben merklichen Unterschiede besteht nun darin, die Größe des Gewichtsunterschiedes zu bestimmen, welche nötig ist, um als eben merklich erkannt zu werden. Die Größe der Empfindlichkeit für Gewichtsunterschiede gilt der Größe des so gefundenen Unterschiedes reziprok.

Im Allgemeinen ist bei dieser Methode zweckmäßig, den Unterschied eben so oft von einem übermerklichen auf den Grad des eben merklichen herabzubringen, als von einem unmerklichen zu diesem heraufzubringen und das mittlere Resultat zu nehmen.

Nimmt man den Gewichtsunterschied sehr klein, so wird man sich bei öfterer Wiederholung des Versuches manchmal über die Richtung des Unterschiedes täuschen, indem man das in Wirklichkeit zu leichte Gefäß für das schwerere nimmt und umgekehrt; je größer aber das Übergewicht oder die Empfindlichkeit, desto größer wird die Zahl der richtigen zur Zahl der falschen oder zur Totalzahl der Urteilsfälle sein. Die Methode der richtigen und falschen Fälle besteht nun darin, die Größe des Übergewichtes zu bestimmen, die unter den verschiedenen Verhältnissen, unter welchen die Empfindlichkeit verglichen werden soll, erfordert wird, dasselbe Verhältnis richtiger und falscher Fälle oder richtiger Fälle zur Totalzahl der Fälle zu erzeugen. Die Größe der Empfindlichkeit unter diesen verschiedenen Verhältnissen wird der Größe dieses Übergewichtes reziprok gesetzt.

Fälle, wo man zweifelhaft bleibt, sind nicht beiseite zu lassen, sondern halb den richtigen, halb den falschen Fällen zuzuzählen.

Hat man sich bloß das Gewicht des einen Gefäßes als Normalgewicht mittelst der Wage gegeben, so kann man versuchen, das andere, das Fehlgewicht, nach dem bloßen Urteile der Empfindung jenem gleich zu machen. Hierbei wird man im Allgemeinen einen gewissen Irrtum, Fehler begehen, den man findet, wenn man das zweite Gefäß, nachdem man es dem ersten als gleich taxiert hat, nachwiegt. Wiederholt man den Versuch oft, so wird man viele Fehler erhalten, aus denen man durch Mittelziehung einen mittleren Fehler gewinnen kann. Die Empfindlichkeit für Gewichtsunterschiede wird der Größe des mittleren Fehlers, den man so erhält, reziprok zu setzen sein. Dies ist die Methode der mittleren Fehler.

Da die positiven und negativen Fehler in gleicher Weise von einem Mangel an richtiger Auffassung abhängen, sind sie auch in gleicher Weise zum Maße zu benutzen, also nicht nach absolutem Werte von einander abzuziehen, sondern zu addieren.

In ähnlicher Weise als im Felde der Gewichtsempfindungen kann man dieselben Methoden im Felde der Lichtempfindungen, der Schallempfindungen u. s. w., so wie extensiver Empfindungen anwenden, indem man z. B. letzteren Falls nach der Methode der eben merklichen Unterschiede untersucht, wie groß der Unterschied der Spannweiten zweier vor die Augen gehaltenen oder auf die Haut gesetzten Zirkel sein muß, um als eben merklich zu erscheinen; nach der Methode der richtigen und falschen Fälle, wie oft man bei zwei um ein Weniges verschiedenen Zirkeldistanzen ein richtiges und wie oft ein falsches Urteil fällt, wenn man zu schätzen sucht, welche die größere ist; nach der Methode der mittleren Fehler, wie groß der Durchschnittsfehler ist, den man begeht, wenn man die eine Zirkeldistanz in gleicher Größe mit der anderen herzustellen sucht.

Diese drei Methoden führen auf verschiedenen sich ergänzenden Wegen zu demselben Ziele. Bei der ersten wird die Grenze zwischen übermerklichen und untermerklichen Unterschieden als eben merklicher Unterschied beobachtet, bei der zweiten werden übermerkliche Unterschiede gezählt (die nach Zufälligkeiten bald in richtigem, bald falschem Sinne ausfallen), bei der dritten werden untermerkliche Unterschiede gemessen.

Alle drei Methoden bedienen sich als Maßstabes der Empfindlichkeit verhältnismäßig sehr kleiner, zum Teil verschwindend kleiner, Unterschiede. Es wird sich später zeigen, daß gerade dies am vorteilhaftesten ist, wenn es gilt, im Maße der Empfindlichkeit eine Unterlage für das Maß der Empfindung zu suchen.

So viel sich übersehen läßt, ist jede dieser Methoden auf alle Sinnesgebiete anwendbar, doch fehlt noch viel an der Durchführung auch nur einer dieser Methoden durch alle, und eben so wenig sind schon alle drei vollständig durch ein einziges derselben durchgeführt.

Die Methode der eben merklichen Unterschiede 1) ist wohl schon früher in einzelnen Fällen angewendet worden; so von Delezenne zur Prüfung der Empfindlichkeit für Abweichungen von der Reinheit der Tonintervalle; in besonders großer Ausdehnung und mit glücklichstem Erfolge aber von E. H. Weber zur Untersuchung der Empfindlichkeitsverhältnisse im Gebiete des subjektiven Gewichts-, Tast- und Augenmaßes.Vergl. hierüber insbesondere seine Schrift über Tastsinn und Gemeingefühl, und seine Programmata collecta. Ich selbst habe nur einige nicht sehr ausgedehnte Versuche im Felde der intensiven Lichtempfindung, des Augenmaßes und Temperaturmaßes nach dieser Methode angestellt.

Die Methode der richtigen und falschen Fälle anlangend, so sind mir keine früheren und anderen Versuche nach derselben bekannt, als die von Hegelmayer,Vierordt's Arch. XI. S. 844. stud. med. in Tübingen im Felde des Augenmaßes, und von Renz und WolfVierordt's Arch. 1856. H. 2. S. 185 oder Pogg. Ann. XCVIII. S. 600. im Felde des Schallmaßes, beide von jungen Leuten unter Vierordt's Auspicien, daher man wohl annehmen darf, daß Vierordt die Methode an die Hand gab, obwohl dies nicht ausdrücklich bemerkt ist. Ich selbst habe sie zu sehr ausgedehnten Versuchen im Felde des Gewichtsmaßes angewendet.Revision S. 84 ff

Die Methode der mittleren Fehler ist in gewissem Sinne so alt, als man Beobachtungen anstellt, und deren Präzision durch die Größe der dabei begangenen Fehler bestimmt; meines Wissens aber bis jetzt auch bloß aus dem Gesichtspunkte der objektiven Genauigkeitsbestimmung physikalischer und astronomischer Beobachtungen oder zur Ermittelung der Größe dabei vorkommender Fehlerquellen,So von Steinheil in seinen Elementen der Helligkeitsmessungen p. 75; von Laugier in Compt. rend. XLIV. p. 841 u. s. w. , nicht aber als psychophysische Maßmethode zur Untersuchung der Schärfe der Sinne ins Auge gefaßt und verwendet worden. Sie scheint mir inzwischen eine der vorzüglichsten für diesen Zweck zu sein, und ich habe sie in Verbindung mit Volkmann zur Untersuchung der Schärfe des Augen- und Tastmaßes angewandt.Revision S. 104 ff.

In praktischer Beziehung ist die Methode der eben merklichen Unterschiede unter den drei Maßmethoden die einfachste, direkteste, führt verhältnismäßig am schnellsten zum Ziele und fordert am wenigsten Rechnungshilfe. Indes man bei den anderen Methoden erst eine große Menge richtiger und falscher Fälle oder Fehler beobachten muß, um über die Gleichheit der Empfindung eines Unterschiedes ein Urteil zu fällen und durch eine Rechnungsoperation dies Urteil vermitteln muß, faßt man hier den eben merklichen Unterschied direkt als einen für die Empfindung gleichen unmittelbar auf; und wenn schon man zur Bekräftigung des Einzelurteils auch hier einer Wiederholung und zur Genauigkeit der Ziehung eines Mittels bedarf, so kann sich dies doch auf viel weniger Fälle stützen, weil jeder einzelne Beobachtungsfall an sich ein Resultat gibt. Für erste allgemeinere Feststellung von Fundamentaldaten und wo man nicht lange Zeit auf Beobachtungen zu wenden hat, wird diese Methode demnach meist als die zweckmäßigste erscheinen. Jedoch zu eingehenderen Untersuchungen scheint sie weniger geeignet und keiner so großen definitiven Präzision fähig, als die beiden anderen Methoden, zu denen man sich daher im Verfolge einer Untersuchung immer getrieben finden dürfte. Namentlich steht ihr entgegen, daß der Grad des Ebenmerklichseins dem subjektiven Ermessen mehr Spielraum läßt, als bei den anderen Methoden stattfindet. Er ist nichts Absolutes; weder der erste Punkt, wo ein Empfindungsunterschied eben merklich wird, noch wo er verschwindet, läßt sich ganz genau bestimmen; man geht durch ein Intervall des Zweifels durch, ob er merklich ist, oder nicht. Will man nicht den Grad des Ebenmerklichseins etwas hoch nehmen, d. h. nur einen solchen Unterschied als eben merklich fassen, der bei den Wiederholungen des Versuches ausnahmslos und sicher schon als merklich erscheint, wo dann aber notwendig ein etwas geringerer Unterschied oft auch noch merklich erscheinen muß, so schlägt die Methode von selbst in die der richtigen und falschen Fälle um, indem dann immer Fälle mit unterlaufen werden, wo man sich über die Richtung des Unterschiedes täuscht oder im Zweifel bleibt, Fälle, die nach Maßgabe ihrer größeren Zahl in Rücksicht genommen sein wollen.

Indes lehrt doch die Erfahrung, daß man sich so zu sagen mit sich selbst über das Gefühl eines kleinen, doch noch sicher genug empfundenen, Unterschiedes verständigen, dieses, wenn nicht absolut, doch nahe genau, bei verschiedenen Versuchen reproduzieren und durch Vervielfältigung der Versuche ein gutes Resultat erhalten kann. Auch sollen die vorigen Bemerkungen keineswegs dienen, den Wert dieser Methode herabzusetzen, sondern nur die Vorteile und Nachteile derselben gegen die anderen Methoden in das richtige Licht zu stellen. Es würde mit ihr der Psychophysik so zu sagen das handlichste Werkzeug verloren gehen. Sie hat sich in den Händen ihres Meisters durch die mittelst derselben erhaltenen fundamentalen Daten wohl bewährt, und Andere, ich selbst haben hinreichende Gelegenheit gehabt, sich von ihrer Brauchbarkeit zu überzeugen.

Die Methode der richtigen und falschen Fälle ist wohl die langwierigste, und es ist besser, wenn man nicht viel Zeit und Geduld hat, sich auf dieselbe nicht einzulassen, da mit wenigen richtigen und falschen Fällen so viel wie nichts getan ist, indes man aus vielen sehr gute, d. h. wohl unter einander stimmende, Resultate erhalten, gesetzliche Verhältnisse im Empfindungsgebiete eruieren und konstatieren kann. Hierzu bedarf es der Rechnungshilfe, die sich aber auf leicht ausführbare Operationen zurückführen läßt. Indes man bei der Methode der eben merklichen Unterschiede prinzipiell auf einen einzigen Unterschied, den eben merklichen, als Maßstab der Unterschiedsempfindlichkeit gewiesen ist, kann man bei der Methode der richtigen und falschen Fälle etwas größere und kleinere Unterschiede nach Belieben in den Versuch ziehen, und durch die verschiedene Zahl richtiger und falscher Fälle, die man hierbei erhält, den Vergleich spezialisieren.

Auch die Methode der mittleren Fehler bedarf großer Versuchszahlen und einer leichten Rechnungshilfe. Beide letztgenannten Methoden haben hierbei den großen Vorteil, sich auf die bewährten Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung stützen und selbst etwas zu deren Bewährung beitragen zu können. In der Tat ist das Interesse, was ich in der langen Ausübung dieser Methoden gefunden, durch diesen Gesichtspunkt sehr mit unterhalten und gesteigert worden.Über die Methode der mittleren Abstufungen: In Sachen S. 22, 178 f. Psychische Maßprinzipien S. 182 ff.

b) Allgemeine Rücksichten und VorsichtenRevision S. 25–42.

So einfach die vorstehends kurz erörterten Methoden für den ersten Anblick scheinen und im Prinzip auch sind, erfordern sie doch in ihrer Ausführung und Durchführung viele Rücksichten und Vorsichten, teils der Beobachtung, teils der Berechnung, die sich zum Teil nach der Methode und dem Versuchsfelde spezialisieren. Mehr oder weniger allgemein aber gelten folgende.

Bei allen drei Methoden spielen unregelmäßige Zufälligkeiten, welche teils den Manipulationen anhaften, teils in subjektiven Verhältnissen der Auffassung der verglichenen Größen begründet liegen, eine große Rolle. Ist der Spielraum der Zufälligkeiten beträchtlich, so wird bei der Methode der eben merklichen Unterschiede der aufzufassende Unterschied dadurch bald stark vergrößert, bald stark verkleinert erscheinen, und, um ihn sicher als merklich zu erklären, eine beträchtlichere Größe haben müssen, als ohnedem; der Wert, den man als eben merklichen Unterschied aufzeichnet, wird sich also durch große Zufälligkeiten vergrößern. Lassen bei der Methode der richtigen und falschen Fälle die zufälligen Einflüsse das eine Gewicht bald viel schwerer, bald viel leichter erscheinen, als das andere, so daß der Einfluß des Mehrgewichtes gegen diesen Einfluß der Zufälligkeiten nicht sehr in Betracht kommt, so wird in Rücksicht dessen, daß die unregelmäßigen Zufälligkeiten durchschnittlich eben so oft vermehrend als vermindernd nach dieser und jener Seite wirken, die Zahl der richtigen und falschen Fälle merklich gleich groß, jedenfalls die der richtigen Fälle gegen den Fall vermindert werden, daß keine oder geringere Zufälligkeiten Platz hätten. Bei der Methode der mittleren Fehler endlich übersieht man unmittelbar, daß die Fehler durchschnittlich um so größer ausfallen müssen, je mehr durch Zufälligkeiten die verglichenen Größen bald größer, bald kleiner gegen einander erscheinen.

Kurz, je stärkere unregelmäßige Zufälligkeiten einwirken, desto kleiner fällt nach allen drei Methoden der Wert aus, welcher das Maß der Empfindlichkeit gibt, und es gibt überhaupt keinen Weg, ein von diesen Zufälligkeiten freies Maß zu erlangen; ihre Durchschnittsgröße geht stets als Faktor in das Maß mit ein. Das hindert nun nicht, vergleichbare Maße der Empfindlichkeit zu gewinnen, so lange dieser Faktor konstant bleibt, d. h. so lange die unregelmäßigen Zufälligkeiten im Durchschnitte gleiche Größe behalten; ja es würden ohne diese Zufälligkeiten die Maßmethoden der richtigen und falschen Fälle und mittleren Fehler gar nicht existieren. Aber es knüpft sich an die vorige Betrachtung die wichtige Rücksicht, eben auch nur solche Maße der Empfindlichkeit als vergleichbar anzusehen, wobei man ein gleiches Spiel der Zufälligkeiten voraussetzen kann, was eine genaue Vergleichbarkeit der äußeren und inneren Versuchsumstände fordert. Wenn bei den Versuchen die Manipulation sich irgendwie ändert, tritt auch sofort ein anderes Spiel der Zufälligkeiten ein und hören die Maße auf vergleichbar zu sein; eben so kann man wegen möglicher Abänderung innerer Verhältnisse bei verschiedenen Individuen und zu verschiedenen Zeiten bei demselben Individuum nicht denselben Spielraum der Zufälligkeiten voraussetzen. Überall, wo sich Abweichungen zwischen Empfindlichkeitsmaßen zeigen, muß man daher auch stets erst fragen, ob sie von wirklichen Abweichungen der Empfindlichkeit, oder von mangelnder Vergleichbarkeit der Umstände, unter denen sie geprüft wurden, abhängen.

Die Versuche müssen im Allgemeinen sehr vervielfältigt werden und, wie schon bemerkt, ist insbesondere bei der Methode der richtigen und falschen Fälle und mittleren Fehler eine sehr große Zahl derselben nötig, um zuverlässige Resultate zu erhalten. Die große Zahl der Beobachtungen hat hier in der Tat eine wesentlich andere Bedeutung als bei den physikalischen und astronomischen Messungen. Eine physikalische oder astronomische Größe kann man durch ein Mittel weniger genauer Maße nach den üblichen Verfahrungsweisen auch schon sehr genau bestimmen. Hingegen ist bei der Methode der mittleren Fehler und richtigen und falschen Fälle die große Zahl der Versuche selbst wesentliche Bedingung der Genauigkeit. Die einzelne Beobachtung hat hier so gut als gar keine Bedeutung, und eine geringe Zahl noch so genauer Beobachtungen führt zu keiner Genauigkeit. Die einzelnen richtigen und falschen Fälle, die einzelnen Fehler fallen in der Tat ganz Unregelmäßig; kleine Versuchsfraktionen, trotzdem, daß sie äußerlich unter ganz vergleichbaren Umständen angestellt sind, können noch gewaltig abweichende Resultate geben, wogegen man oft erstaunt, aus diesen Unregelmäßigkeiten in den größeren Versuchsfraktionen die übereinstimmendsten Resultate hervorgehen zu sehen. Es gilt hier durchaus das, in der Wahrscheinlichkeitsrechnung unter dem Namen des Gesetzes der großen Zahlen bekannte, Gesetz, welches den Zufall beherrscht, sofern sich derselbe häuft.

Man kann in dieser Hinsicht unsere Methoden kaum mit etwas treffender vergleichen, als mit einem Proteus, der, statt auf die gestellten Fragen einfach und willig zu antworten, sich durch die wechselndsten Formen, die er anzieht, jeder Antwort zu entziehen scheint; aber es reicht hin, unbeirrt dadurch, ihn nur stetig auf demselben Punkte festzuhalten, so zwingt man ihm eine sichere Antwort ab. Ich habe, namentlich mit der Methode der richtigen und falschen Fälle, früherhin viel Zeit verloren, indem ich aus wenigen Versuchsstunden oder Tagen schon Resultate ziehen wollte, ohne zu etwas Festem kommen zu können; bis ich mich entschloß, die Versuche immer bezüglich desselben Punktes ganze Monate lang, täglich mit etwa l Stunde Versuchszeit, zu wiederholen, wo ich Resultate erhielt, mit denen ich Ursache habe zufrieden zu sein.

Abgesehen von dem, nicht eliminierbaren, Einflusse, welchen nach (s. o.) die Größe des Spielraums der unregelmäßigen Zufälligkeiten auf die Größe der Maßwerte hat, müssen sich die Zufälligkeiten durch öftere Wiederholung der Versuche in der Art kompensieren, daß man, so lange jener Spielraum und die Empfindlichkeit dieselben bleiben, in zu verschiedenen Zeiten angestellten Versuchen übereinstimmende Maßwerte wiederfindet, der Einzelzufall also seinen Einfluß verliert, und die Definitivresultate insofern unabhängig vom Zufalle werden. Um sicher zu sein, daß dies der Fall ist, wird man jede Versuchsreihe so lange fortzusetzen oder so oft zu wiederholen haben, bis die größeren Fraktionen oder die Wiederholungen derselben in dem betreffenden Resultate übereinstimmen, unter Gestattung natürlich von Abweichungen so kleiner Ordnung, wie man auch als Beobachtungsfehler bei physikalischen Beobachtungen gestatten muß; denn die nicht absolut ausgleichbaren Zufälligkeiten vertreten bei unseren Methoden die Beobachtungsfehler. Bei einer Übereinstimmung kleiner Fraktionen darf man sich nicht beruhigen, indem sie selbst auf Zufall ruhen kann. Im Übrigen gewährt die Wahrscheinlichkeitsrechnung die Mittel, einerseits den Grad der Genauigkeit, den man mit gegebener Wahrscheinlichkeit durch eine gegebene Anzahl Beobachtungen zu erlangen erwarten darf, voraus zu bestimmen; anderseits den Grad erlangter Genauigkeit nach der Zahl der Beobachtungen und dem Grade der Übereinstimmung, welche die einzelnen Beobachtungen oder Fraktionen einer Beobachtungsreihe zeigen, zu berechnen.

Die Versuche sind zwar von vorn herein in Bezug auf einen bestimmten Zweck möglichst planmäßig einzurichten; doch kann ein vorläufiges Tatonnement oft von großem Nutzen sein, die für die Messung günstigsten Verhältnisse und dabei zu berücksichtigenden Nebenumstände zu ermitteln, um den Plan der Versuche danach festzustellen, außerdem da, wo es nicht auf Mituntersuchung des Ganges, den die Übung nimmt, abgesehen ist, den Vorteil haben, das erste Stadium der Übung schon durchschreiten zu lassen und hiermit einen Teil der davon abhängigen Änderungen bei der Hauptuntersuchung in Wegfall zu bringen. Inzwischen bleibt der Einfluß der Übung immer ein zu berücksichtigendes Element; und es ist daher nützlich, gleich bei den ersten vorläufigen Versuchen auf die Erkenntnis und Verfolgung desselben Bedacht zu nehmen; da spätere Versuche, wo die Übung schon teilweise eingetreten oder bis zur Grenze gediehen ist, dies nur noch unvollkommen oder gar nicht mehr gestatten.

Um nicht einseitige und nur für partikuläre Verhältnisse gültige Resultate zu erhalten, ist eine möglichst ausgedehnte methodische Abänderung der Umstände in Anwendung zu bringen. Ich habe so oft die Erfahrung gemacht, daß das, was unter gewissen Verhältnissen ganz gesetzlich erschien, unter anderen Verhältnissen ganz anders ausfiel,Dies gilt ganz besonders von den Verhältnissen der weiterhin zu erwähnenden konstanten Fehler. daß ich sehr vorsichtig geworden bin, Resultate, die nicht unter sehr verschiedenen Umständen sich bewährt haben, als allgemeine auszusprechen. Nun aber tritt ein Konflikt ein. Je mehrerlei Umstände in Verbindung man dem Versuche unterwirft, desto weniger Versuche kann man auf jeden einzelnen wenden, mit desto weniger Genauigkeit also im Ganzen das Maß bezüglich darauf feststellen. Man muß sich daher eben so sehr hüten, Alles so zu sagen auf einmal untersuchen zu wollen, wodurch man nichts recht erreicht, als zu einseitig das Verfahren auf gewisse festgehaltene Umstände zu beschränken.

Um es am Beispiele der Gewichtsversuche zu erläutern, so kann man untersuchen, wie sich die Empfindlichkeit für Gewichtsunterschiede je nach der Größe der Hauptgewichte ändert. Aber gesetzt, man hat die Verhältnisse in dieser Hinsicht ermittelt bei Hebung der Gewichte mit der einen Hand, wird man auch dieselben Resultate wiederfinden, wenn man die Gewichte mit der anderen Hand hebt, oder wenn man, anstatt beide mit einer und derselben Hand, das eine mit der einen, das andere mit der anderen Hand hebt? Oder wenn man den Handgriff oder die Angriffsweise der Gefäße oder die Lage der Gewichte in den Gefäßen ändert? Wird nicht die Geschwindigkeit der Hebung jedes Gefäßes, die Zwischenzeit zwischen der Hebung beider, die Folge, ob das schwerere das erst- oder zweitaufgehobene ist, die Höhe der Hebung Unterschiede mitführen? Wird man auch dieselben Resultate erhalten, wenn man die Versuche mit den Hauptgewichten von den kleineren zu den größeren aufsteigend und wenn man sie in umgekehrter Folge anstellt ? Welchen Einfluß hat es, wenn man sie mit ermüdetem und nicht ermüdetem Arme anstellt? Wie ändert sich das Verhältnis der richtigen und falschen Fälle mit der Größe des Zusatzgewichtes? u. s. w.

Zu einer erschöpfenden Untersuchung über die Empfindlichkeit für Gewichtsunterschiede gehört wirklich eine Bestimmung aller dieser Einflüsse, und in anderen Versuchsfeldern der Empfindlichkeit treten nur andere Einflüsse dafür auf, die es zu untersuchen gilt. Aber jeder solcher Einfluß fordert, um sicher nach seiner Größe, Richtung, Abhängigkeit von Mitumständen festgestellt zu werden, eine große Reihe darauf bezüglicher Versuche.

Wo es den Einfluß verschiedener Umstände zu vergleichen gilt, sind die Versuche darüber abwechselnd und im Wechsel auf- und absteigend mit den größeren und kleineren Werten anzustellen, sei es an denselben Tagen oder im Wechsel der Tage, um den Einfluß, den die Folge der Versuche durch Abänderung der Empfindlichkeit oder aus anderen Gründen auf den Erfolg hat, teils erkennen, teils kompensieren, teils in Rechnung ziehen zu können. Dies findet bei dem Beispiele der Gewichtsversuche Anwendung auf die Reihe verschiedener Hauptgewichte, verschiedener Zusatzgewichte, verschiedener Zeitintervalle der Hebung u. s. w., die man dem Versuche unterwirft.

Seien z. B. die Versuche mit einer Reihe verschiedener Hauptgewichte anzustellen, so kann man so verfahren, daß man am selben Tage die Reihe erst aufsteigend, dann absteigend durchläuft, am nächsten Tage dieselbe erst absteigend, dann aufsteigend durchläuft; oder auch so, daß man sie am einen Tage bloß aufsteigend, am folgenden bloß absteigend durchläuft; welche Wechsel methodisch durch die ganze Reihe der Tage, welche die Versuchsreihe in Anspruch nimmt, fortzusetzen sind.

In einigen Versuchsreihen habe ich auch, anstatt immer mit dem kleinsten oder größten Werte zu beginnen und zu schließen, nach der Reihe mit jedem der zu prüfenden Werte begonnen und geschlossen, die Reihe rückwärts und vorwärts so durchlaufend, als wenn sie in einem Kreise disponiert wäre, wo der Ausgangspunkt, den Kreis zu durchlaufen, beliebig genommen werden kann. Vielleicht aber wiegt der hiervon zu erwartende Vorteil für eine vollständige Kompensation des Einflusses der Reihenfolge der Versuche den Nachteil der verminderten Einfachheit der Methode nicht auf oder überwiegt nur unter besonderen Verhältnissen.

Im Allgemeinen kommen bei dem Einflusse der Zeitfolge der Versuche verschiedene, zum Teil sich entgegenwirkende, Umstände in Rücksicht, teilweise in Konflikt, und können sich bald in diesem, bald in jenem Sinne überwiegen. Einerseits kommen, namentlich bei mangelnder Übung, die Aufmerksamkeit und die Tätigkeit der Sinnesorgane durch eine gewisse Dauer der Versuche erst so zu sagen in Zug und fangen an, mit einer gewissen Gleichförmigkeit zu wirken, anderseits werden sie durch eine längere Fortsetzung abgespannt, ermüdet oder nach Umständen überreizt; endlich macht sich vom Anfange herein und oft durch eine lange Folge von Versuchen der Einfluß wachsender Übung bis zu gewissen Grenzen geltend. Alle diese Einflüsse können zum Gegenstande besonderer Untersuchung gemacht werden; insofern sie aber bei jeder Untersuchung von selbst ins Spiel treten, ist insbesondere auf Folgendes zu achten.

Sind sie nicht selbst der Gegenstand der Untersuchung, so hat man starke, davon abhängige, Abänderungen tunlichst zu vermeiden, also die Versuche nicht bis zu starker Ermüdung oder Reizung fortzusetzen, und Versuche mit langsamem oder nach beendigtem Übungsfortschritte solchen mit raschem Übungsfortschritte vorzuziehen. Aber da eine gewisse andauernde Fortsetzung der Versuche teils an jedem Tage, teils in der Folge der Tage anderseits von Vorteil eben so für die Gleichförmigkeit wie für die Durchführbarkeit derselben in gegebener Zeit ist, so hat man ein, nach Individualität und Verhältnissen sich näher bestimmendes, Maß in dieser Hinsicht zu suchen, was dem eigenen Takte eines Jeden überlassen bleiben muß, die Rechnung aber jedenfalls nicht auf den Ausschluß, sondern die genaue Bestimmung und Kompensierung jener Einflüsse zu stellen, die sich vollständig überhaupt nicht ausschließen lassen; wozu eine demgemäße methodische Anordnung der Versuche gehört, und worüber die nähere Auskunft bei der Erörterung der einzelnen Methoden zu suchen ist.

So nützlich und notwendig ein methodischer Wechsel der Umstände ist, um den Einfluß ihrer Verschiedenheit zu untersuchen, so ist doch begreiflich möglichste Konstanz derselben, oder, in soweit solche nicht zu erlangen, möglichste Kompensation ihrer Variationen bei allen Versuchen nötig, welche sich für gegebene Umstände zu einem gemeinsamen Resultate vereinigen sollen. Hat man nun auch die äußeren Umstände in dieser Hinsicht in seiner Gewalt, so doch nicht die inneren; indem eben so die Empfindlichkeit selbst wie manche das Maß derselben nebensächlich beteiligende innere Verhältnisse einer nicht geringen Variabilität durch weder berechenbare noch zu beseitigende Ursachen unterliegen. Dies macht zwei Rücksichten nötig, einmal, daß man Maßbestimmungen aus verschiedenen Zeitepochen, wenn schon unter identischen äußeren Umständen angestellt, nicht ohne Weiteres als vergleichbar nimmt, wenn man sich nicht durch die Tatsache selbst von der Vergleichbarkeit überzeugt hat; zweitens, daß man längere Versuchsreihen nicht bloß in Fraktionen nach den verschiedenen Versuchsumständen, sondern auch nach der Zeit abteilt, um solche besonders zu untersuchen, und im Allgemeinen lieber das Rechnungsresultat der Fraktionen längerer Versuchsreihen zusammenlegt, als das Resultat aus der gesamten unfraktionierten Reihe auf einmal zieht.

Im Allgemeinen hat die Fraktionierung den Vorteil, uns der größeren oder geringeren Konstanz der Resultate zu versichern, den etwaigen Fortschritt der Übung verfolgen zu lassen und, was eine Hauptsache ist, den, bei längeren Versuchsreihen oft in entgegengesetzter Richtung sich geltend machenden, Einfluß innerer Störungen auf Rechnungswege sicherer eliminieren zu können, als wenn man die Beobachtungen im Ganzen behandelt; wie sich aus der Spezialerörterung der Methoden ergibt.

Allerdings hat das Rechnungsresultat jeder einzelnen Fraktion wegen der geringeren Zahl Beobachtungen, die darin eingehen, nur geringere Sicherheit, als das der Totalität. Aber die Wahrscheinlichkeitsrechnung zeigt, daß man durch Kombination der Resultate der Fraktionen an Sicherheit wiedergewinnt, was man durch die Fraktionierung bei den einzelnen eingebüßt hat; wonach die angegebenen Vorteile der Fraktionierung immer noch bestehen.

Von anderer Seite wächst jedoch mit der Fraktionierung die Umständlichkeit der Behandlung und Darstellung der Versuche, und die Zahl der Versuche, die man zu einer Fraktion zusammennimmt, hat bei der Methode der richtigen und falschen Fälle und mittleren Fehler einen, nur bei großer Versuchszahl verschwindenden, bei kleiner durch eine Korrektion zu berücksichtigenden, oder durch Anwendung einer stets gleichen Versuchszahl unschädlich zu machenden, Einfluß auf die Größe der Maßwerte, wie sich theoretisch zeigen und durch Erfahrung beweisen läßt.

Indem jede etwas ausgedehntere Versuchsreihe eine Fortsetzung durch mehrere Tage oder selbst Wochen und Monate erfordert, sind die Versuche in möglichst regelmäßigen Zeitintervallen und regelmäßig abgeteilten, gleich viel Versuche enthaltenden, möglichst gleich oder symmetrisch disponierten Abteilungen anzustellen. Die strenge Einhaltung einer festen Ordnung in diesen Beziehungen trägt nicht nur wesentlich bei, die Versuche der verschiedenen Tage vergleichbar und auf einander beziehbar zu machen und zu erhalten, Verwechselungen und Versehen in der Anordnung der Versuchsumstände zu verhüten, sondern auch die Rechnungen zu vereinfachen und jedwede Benutzung der Beobachtungen überhaupt zu erleichtern. Wogegen, wenn man bald so bald so viel Beobachtungen, bald in dieser bald in jener Folge, bald unter diesen bald jenen Umständen ohne feste Regel anstellt, die Brauchbarkeit der Beobachtungen in jeder Hinsicht leidet. Der allgemeine Vorteil, den Ordnung überall hat, macht sich bei unserer Methode nur um so fühlbarer geltend, je mehr Einzelheiten es dabei im Allgemeinen zu ordnen und in Ordnung zu erhalten gilt.

Im Allgemeinen stelle ich die Versuche derselben Beobachtungsreihe, welche durch eine Reihe Tage laufen, auch immer um dieselbe Tageszeit an; da möglicherweise die Entfernung von der Zeit des Schlafes und der Nahrungseinnahme Einfluß auf die zu untersuchenden Empfindlichkeitsverhältnisse haben kann. Vielleicht ist ein solcher Einfluß oft zu vernachlässigen, um so mehr, wenn er die in Vergleich gezogenen Umstände immer in gleichem Verhältnisse trifft; indes wird dies erst noch besonders zu untersuchen, und vor solcher Untersuchung diese Vorsicht immer rätlich sein, welche übrigens nur in die allgemeine Regel, eine feste Ordnung in den Zeitverhältnissen der Versuche einzuhalten, hineintritt.

Insofern sich das Urteil bei unseren Methoden auf die reine Aussage der Empfindung stützen soll, ist große Sorge zu tragen, daß es nicht durch einen Einfluß der Vorstellung, der Erwartung der zu erhaltenden Resultate, kurz durch das, was man den Einfluß der Einbildungskraft zu nennen pflegt, mitbestimmt werde. Von anderer Seite aber darf man auch nicht, zur Vermeidung eines eingebildeten Einflusses der Einbildungskraft, das Verfahren so zu sagen blind machen. Zu Beidem bieten sich in unseren Methoden Anlässe dar.

Die Anordnung der Versuchsumstände, Aufzeichnung der beobachteten Werte, Zusammenzählung der Fehler oder richtigen und falschen Fälle, so wie alle darauf zu gründenden Rechnungen sind so einzurichten und durch Wiederholung oder sonst zu kontrollieren, daß die bei der Menge des Aufzuzeichnenden, Zusammenzuzählenden und zu Berechnenden sonst unvermeidlichen Versehen möglichst vermieden werden; und in der Aufzeichnung und Verwendung selbst unverbrüchliche Treue zu beobachten.

Die Einhaltung der letzteren Regeln ist wichtiger und schwerer, als man für den ersten Anblick meinen sollte. Nach den Erfahrungen, die ich an mir selbst und meinen Mitbeobachtern gemacht, traue ich keiner Zusammenzählung und Rechnung, die nicht durch Wiederholung oder sonst kontrolliert ist. Auch übersieht man selbst bei einem wiederholten Durchzählen, Durchrechnen, namentlich wenn es bald hintereinander in derselben Form geschieht, begangene Fehler so leicht, als Korrekturfehler einer Schrift. Sorgfalt und Vorsicht in dieser Beziehung ist nicht genug anzuraten; und so lästig die Wiederholung oder sonstige Kontrolle an sich langweiliger Operationen werden kann, so notwendig ist sie, um nicht den Vorteil sorgfältiger Beobachtung durch Versehen in ihrer Verwendung zu beeinträchtigen.

Auch vor der Aufzeichnung aber können bei der im Allgemeinen notwendigen methodischen Abänderung der Umstände gar leicht Versehen begangen werden, indem man einen Umstand mit dem anderen in der Anordnung verwechselt, oder durch mehrere Versuchsabteilungen ohne den geforderten Wechsel forterhält; daher man sich ein kontrollierendes Nachsehen in dieser Beziehung zur Regel zu machen hat.

Was die Treue in der Aufzeichnung anlangt, so fühlt man sich nur zu oft versucht, auch ohne die Resultate verfälschen zu wollen, einzelne ungewöhnliche Beobachtungswerte, z. B. bei der Methode der mittleren Fehler ungewöhnlich große, etwa durch einen Nachlaß der Aufmerksamkeit verschuldete, Fehler auszuschließen. Aber das hat weder Prinzip noch Grenze und führt zu einer Willkür, die sich nur auf ein unbestimmtes Apercu zu stützen hat. Solche Fälle muß man zwar zu vermeiden, aber, wenn sie vorkommen, nur durch die große Zahl der Versuche zu kompensieren suchen. In den Wahrscheinlichkeitsgesetzen des Zufalles selbst, auf denen die Methoden der richtigen und falschen Fälle und mittleren Fehler zu fußen haben, ist das seltene Vorkommen extraordinärer Fälle mit begründet; und man würde keinen Vorteil finden, sie bei Rechnungen auszuschließen, die sich auf diese Gesetze zu stützen haben. Die Aufmerksamkeit kann bei lange fortgesetzten Versuchsreihen überhaupt unmöglich immer genau gleiche Stärke behalten, wenn man schon suchen muß, solche soviel wie möglich zu erhalten. Nun gehören die unabsichtlichen Variationen derselben selbst zu den Zufälligkeiten dieser Methoden, und man darf das Gesetz dieser Zufälligkeiten, welches in großen Zahlen hervortritt, nicht durch willkürliche Eingriffe stören.

Das Datum der Beobachtungen bei denselben anzumerken, ist nicht nur im allgemeinen Interesse der Ordnung wichtig, sondern auch insbesondere deshalb, weil periodische oder fortschreitende Abänderungen der Empfindlichkeit, welche im Laufe der Versuche stattfinden können, nur so erkannt und in der Zusammenstellung und Benutzung der Versuche erforderlich berücksichtigt werden können. Außerdem wird man wohl tun, alle Nebenumstände, welche möglicherweise einen Einfluß auf den Erfolg oder die Vergleichbarkeit der Versuche haben können, als z. B. die Temperatur, auch wo ein solcher Einfluß nicht erwiesen ist, aufzuzeichnen, und in dieser Hinsicht lieber etwas zu viel als zu wenig zu tun.

Von besonders großem Vorteile ist es in unserem Beobachtungsfelde, wenn sich mehrere Beobachter zum Zwecke gemeinsamer Untersuchung vereinigen, um sich dabei teils zu ergänzen, teils zu unterstützen, teils zu kontrollieren. Nicht leicht kann ein Beobachter für sich allein die Untersuchung eines einzigen Sinnesgebietes oder einer wichtigeren Seite desselben für sich allein erfolgreich und erschöpfend durchführen, teils wegen der Ausdehnung der Aufgabe, welche eine Teilung derselben eben so nötig macht, als von anderer Seite eine Verknüpfung derselben nötig ist, teils, weil zu mancherlei Versuchen das direkte Zusammenwirken zweier Beobachter oder mindestens eines Beobachters und eines Gehilfen, aus äußeren Gründen gehört, teils endlich, weil eine Kontrolle der von einem Beobachter erhaltenen Resultate durch einen oder mehrere andere in unserem Gebiete wichtiger als sonst irgendwo ist, wegen der Gefahr, daß das Resultat wesentlich nur an der Individualität des Beobachters hänge. So kann nach Umständen teils eine Teilung der Arbeit zwischen den Beobachtern durch Teilung des Beobachtungsgebietes, teils eine gemeinsame Beteiligung derselben bei denselben Versuchen, teils die ganz unabhängige Wiederholung derselben Versuche durch beide mit Vorteil Platz greifen.

Vielleicht darf man allgemein aussprechen, daß in unserem Felde kein durch einen noch so zuverlässigen Beobachter erhaltenes Resultat als gesichert angesehen werden darf, wenn es nicht seine Kontrolle durch andere zuverlässige Beobachter erfahren hat, weil die Zuverlässigkeit des Beobachters nur eine Bürgschaft für die Treue und Genauigkeit seiner Aufzeichnungen, aber nicht für die Allgemeingültigkeit dessen, was er an sich beobachtet hat, gibt; obwohl manche Verhältnisse und Gesetze der Art sind, daß man von vorn herein voraussetzen darf, sie seien nicht bloß eine Sache besonderer Individualitäten.

So wichtig aus angegebenen Gesichtspunkten das Zusammenwirken verschiedener Beobachter zu einer gemeinsamen Untersuchung ist, würde man doch sehr untriftig die Möglichkeit psychophysischer Maßversuche überhaupt auf die Zuziehung eines Mitbeobachters oder Gehilfen beschränkt halten. Vielmehr, so wichtig die Kontrolle irgend welcher Beobachtungen in diesem Gebiete durch davon unabhängige Beobachtungen ist, so wichtig ist es, jede Art Beobachtungen in diesem Gebiete möglichst ungestört, möglichst gleichförmig und unter voller eigener Herrschaft über die Zeit, die Umstände der Versuche und die Reihenfolge, in der man sie in den Versuch nimmt, zu vollziehen, insofern nur die Gefahr ausgeschlossen werden kann, daß die Kenntnis der Versuchsumstände, deren Einfluß man untersuchen will, der Einbildungskraft einen Anhalt gebe, die Resultate zu verfälschen. Wo demnach nicht ein Gehilfe aus diesem oder anderen Gründen nötig ist, wird er auch im Allgemeinen nicht nützlich sein, wie jede Komplikation einer Maschinerie schädlich ist, die nicht notwendig ist. Die spezielle Erörterung der Maßmethoden wird mehrmals Gelegenheit geben, auf diesen Gegenstand mit besonderen, auf die Natur der Verhältnisse und die gemachten Erfahrungen Bezug nehmenden, Erörterungen zurückzukommen, da ein allgemeines Apercu nicht ausreicht, Regeln im Besonderen darauf zu stützen.

c) Rücksichten in Betreff der Zeit- und Raumverhältnisse der Versuche, konstante Fehler.Revision S. 130–138.

Insofern es bei unseren Methoden den Vergleich zweier Größen gilt, ist die sukzessive Auffassung der simultanen vorzuziehen, und letztere im Grunde kaum möglich, indem sich die Aufmerksamkeit von selbst abwechselnd der einen und anderen Größe zuwendet. Der Versuch ist daher gleich darauf einzurichten, die zu vergleichenden Größen zwar schnell nach einander, doch jede möglichst ungestört durch den Eingriff der anderen zu beobachten, und die Superposition derselben nur in der Erinnerung vorzunehmen. Das Vermögen, auf diese Weise Größen vergleichen zu können, ist sehr merkwürdig, wie schon E. H. Weber hervorgehoben hat, und seine Aufklärung erst einmal in Zukunft von den Fortschritten der inneren Psychophysik zu erwarten. Für jetzt muß auf seiner Tatsache gefußt werden.

Daß die Auffassung der verglichenen Größen nicht unmittelbar in der Zeit koinzidiert, führt nun aber eben so, wie, daß sie nicht unmittelbar im Raume koinzidieren und dadurch in ein verschiedenes Verhältnis zu den auffassenden Organen treten, Erfolge herbei, die das Maß beteiligen. Solche Verhältnisse werde ich kurz als Verhältnisse der Zeit- und Raumlage der verglichenen Größen bezeichnen. Die hauptsächlichsten Schwierigkeiten eines genauen vergleichbaren Maßes der Empfindlichkeit gründen sich darauf, und die Ausbildung der Methoden hat sich hauptsächlich auf die Bestimmung und Beseitigung derselben durch Verfahren und Rechnung zu richten, worin man doch im Stande ist, mehr zu leisten, als es für den ersten Anblick möglich erscheinen mag; worauf aber bisher die Aufmerksamkeit weniger gerichtet gewesen ist, als es der Gegenstand verdient.

Im Allgemeinen ist in Betreff der Zeitverhältnisse zu bemerken, daß dabei in Betracht kommt: 1) die Zeit, während welcher man eine Größe auffaßt, z. B. ein Gewicht bebt, wenn es Gewichtsversuche gilt, eine Distanz ins Auge faßt, wann es Augenmaßversuche gilt, u. s. w. 2) Die Zwischenzeit, welche man zwischen der Auffassung der einen und anderen Größe verfließen läßt; 3) die Zeitfolge, ob man die eine oder die andere zuerst auffaßt; 4) die mehr oder weniger häufige Wiederholung der vergleichenden Auffassung, ehe man sich entscheidet. Im Allgemeinen führt die Gewohnheit eine gewisse Gleichförmigkeit in diesen Umständen mit, und der Einfluß kleiner Unterschiede, die bei einzelnen Versuchen eintreten, gleicht sich bei einer großen Zahl derselben aus. Doch kann es bei methodischer Anstellung der Versuche zweckmäßig sein, unter Zuziehung eines Zählers völlige Gleichförmigkeit oder Vergleichbarkeit in diesen Beziehungen herzustellen, und durch absichtliche Abänderungen derselben den Einfluß derselben selbst zu untersuchen, worin bis jetzt noch sehr wenig geschehen ist. Bei den von mir angestellten Gewichtsversuchen nach der Methode der richtigen und falschen Fälle aber habe ich diese Rücksicht streng eingehalten.

Über die eben so sorgfältig zu berücksichtigenden Verhältnisse der Raumlage der verglichenen Größen will ich mich hier auf keine Allgemeinheiten einlassen, da sie sich nach Methode und Versuchsfeld noch viel mannigfaltiger abändern als die der Zeitlage und nur daran vorgreiflich erinnern, daß die Doppelseitigkeit unserer Sinnesorgane in dieser Hinsicht besondere Rücksicht erfordert, einmal, sofern sie Anlaß gibt, den Empfindlichkeitsgrad der doppelt vorhandenen Organe teils für sich, teils im Zusammenwirken zu vergleichen, anderseits, sofern beim Zusammenwirken der beiderseitigen Organe beide nicht leicht in gleiches Verhältnis zu den verglichenen Größen treten können.

So macht es bei den Gewichtsversuchen einen Unterschied in der Beurteilung der Schwere der Gefäße, und die Zahl der richtigen Fälle bei der betreffenden Methode ändert sich, je nachdem das Zusatzgewicht im linken oder rechten Gefäße liegt, nicht wegen einer mystischen Eigenschaft des Links und Rechts, sondern bei Anwendung der einen Hand zum Heben des einen, der anderen zum Heben des anderen Gefäßes möglicherweise deshalb, weil beide Hände sich nicht ganz gleich in der Empfindlichkeit verhalten, bei Anwendung derselben Hand zum Heben beider Gefäße nachweislich, weil die Hand im Übergange vom einen zum anderen von selbst eine andere Stellung annimmt, und die Angriffsweise beider Gefäße dadurch etwas verschieden ausfällt, was, wie ich durch positive Versuche beweisen kann, nicht gleichgültig für den Erfolg ist. Bei den Augenmaßversuchen macht es unter Anwendung der Methode der mittleren Fehler einen Unterschied, ob die Normaldistanz, welcher man die andere gleich zu machen sucht, sich rechts oder links von dieser, oben oder unten zu derselben, findet. Bei entsprechenden Versuchen über das Tastmaß der Haut ist es, wenn man die Versuche an sich selbst anstellt, selbst unter Anwendung gestielter Zirkel, nicht gleichgültig, ob man den Zirkel, welcher die Normaldistanz bestimmt, mit der rechten, den anderen mit der linken Hand faßt, oder umgekehrt, indem sich irgendwie die Applikationsweise der Zirkel danach ändert u. s. f.

Insofern die Verhältnisse einer bestimmten, für die verschiedenen verglichenen Größen verschiedenen, Zeit- und Raumlage konstant durch eine Versuchsreihe bleiben, begründen sie im erlangten Maße das, was man im Allgemeinen einen konstanten Fehler nennen kann.

Bei der Methode der richtigen und falschen Fälle im Felde der Gewichtsversuche zeigt sich der konstante Fehler darin, daß, wenn ich eine große Zahl Fälle, wo das Gefäß mit dem Zusatzgewichte das erstaufgehobene war, mit einer großen Zahl, wo es das zweitaufgehobene war, zusammenstelle, bei übrigens ganz gleich gehaltenen Umständen, das Verhältnis der richtigen zu den falschen Fällen einesfalls ein sehr anderes ist, als anderenfalls, ebenso, wenn ich eine große Zahl Fälle, wo das Mehrgewicht im linken und wo es im rechten Gefäße lag, zusammenstelle.Auch Renz und Wolf bemerken bei ihren Schallversuchen nach der Methode der richtigen und falschen Fälle, daß der eine von ihnen im Allgemeinen geneigt gewesen, den erstgehörten, der Andere den zweitgehörten Schall als den stärkeren aufzufassen, was beweist, daß der Einfluß der verschiedenen Zeitlage der Einwirkungen sich auch hier, und zwar in, nach Umständen veränderlicher, Weise geltend macht. Bei der Methode der mittleren Fehler im Felde der Augenmaß- und Tastversuche zeigt sich der konstante Fehler darin, daß das Mittel aus den Distanzen, die ich einer gegebenen Normaldistanz gleich geschätzt habe, nach noch so vielen Versuchen nicht mit der Normaldistanz merklich übereinkommt, sondern um eine, oft beträchtliche, von der Raum- und Zeitlage der verglichenen Größen gesetzlich abhängige, Größe ins Positive oder Negative davon abweicht, und, was damit zusammenhängt, daß die Summe der positiven Abweichungen von der Normaldistanz, die positive Fehlersumme, statt mit der negativen im absoluten Werte gleich auszufallen, oft sehr verschieden davon ausfällt, unvergleichlich mehr, als auf Rechnung nicht ausgeglichener Zufälligkeiten geschrieben werden kann.

Man kann in diese Angaben vielleicht Mißtrauen setzen, und meinen, daß Vieles von dem so Beobachteten auf Einflüssen der Einbildungskraft beruhe, indes nur so lange, als man nicht selbst Versuche nach den betreffenden Methoden angestellt hat, wo man sich bald überzeugen wird, daß man, man fange es an wie man will, den konstanten Fehlern nicht entgehen kann. Ein Einfluß der Einbildung war aber so wenig bei dem, was ich in dieser Hinsicht beobachtet, im Spiele, daß vielmehr das mir ganz unerwartete Auftreten der konstanten Fehler bei diesen Versuchen dasjenige gewesen ist, was mich anfangs am meisten frappiert, und, bevor ich zu ihrer Elimination gelangte, am meisten in Verlegenheit gesetzt hat; und noch heute, nachdem ich lange im Gebiete, namentlich des Gewichts- und Tastmaßes, über dieselben experimentiert habe, ist mir der letzte Grund derselben größtenteils unklar, und nur die Tatsache derselben sicher. Auch hat sich bei anderen Beobachtern, die ich zur Wiederholung meiner Versuche veranlaßte, ganz Entsprechendes wiedergefunden.

Das Dasein der konstanten Fehler bringt übrigens nur eine Komplikation, nicht eine Ungenauigkeit in das Maß durch unsere Methoden, insofern sie sich bei wirklicher Konstanz durch geeignete Maßnahmen eliminieren und zugleich ihrer Größe nach genau bestimmen lassen, wie ich bei spezieller Betrachtung der Methoden zeige.

Leider findet die Konstanz der konstanten Fehler nicht in strengem Sinne statt. Ich bin eines Tages nicht eben so geneigt als des anderen Tages, das erstaufgehobene oder linksstehende Gefäß, die rechts- oder linksbefindliche Distanz in bestimmtem Sinne als größer oder kleiner aufzufassen; sondern bei gleichgehaltenen äußeren Umständen ändern sich die inneren Dispositionen in dieser Hinsicht in einem oft höchst auffallenden Grade. Unsere Methoden lassen diese Veränderungen leicht verfolgen, finden aber auch, wenn es auf letzte Genauigkeit ankommt, Schwierigkeiten darin, sofern sich die Variationen der konstanten Fehler bei der Methode der mittleren Fehler mit dem reinen variablen Fehler vermischen und ihn verunreinigen, bei der Methode der richtigen und falschen Fälle aber in anderer Weise das Maß beteiligen; daher die hauptsächlichste Sorge dahin gehen muß, solche Variationen teils durch die Anstellungsweise, teils Behandlungsweise der Beobachtungen (Fraktionierung) möglichst auszuschließen oder unschädlich zu machen.

Abgesehen hiervon darf man in der Komplikation unserer Methoden durch den konstanten Fehler keinen Nachteil derselben sehen, vielmehr einen wichtigen Vorteil, sofern die Bestimmung des konstanten Fehlers selbst ein Teil des dadurch gewinnbaren psychophysischen Maßes ist; indem eben der Einfluß jener die Empfindung mit beteiligenden Umstände dadurch repräsentiert und gemessen wird, zugleich aber die Möglichkeit vorliegt, ihn von dem Maße der Unterschiedsempfindlichkeit, um das es uns allerdings jetzt nur zu tun ist, zu eliminieren. Der konstante Fehler ist daher auch nicht als ein müßiger Abfall überhaupt wegzuwerfen, sondern nur von diesem Maße sorgsam auszuscheiden, übrigens selbst nach seinen Verhältnissen, Gesetzlichkeiten, Abhängigkeitsverhältnissen in jedem Versuchsgebiete und nach jeder Versuchsweise zu untersuchen. Ja es dürften unsere Beobachtungsmethoden in dieser Hinsicht der Beobachtungskunst überhaupt zu Statten kommen, indem dadurch nicht nur ein so allgemeines Vorkommen konstanter Fehler, als man wohl kaum gedacht hätte, sondern auch Quellen derselben, an die man bisher kaum gedacht hat, aufgedeckt werden; worüber ich jedoch vielmehr auf meine "Maßmethoden" als diese Schrift verweise.

Zugleich liegt in der Empfindlichkeit, welche die Methoden für den Einfluß der Versuchsumstände auf den konstanten Fehler zeigen, ein Beweis ihrer Feinheit.

Das Vorige ist weit entfernt, alles das zu erschöpfen, was dem zu wissen und von dem zu beachten nötig ist, der sich der vorstehenden Methoden selbst zu Versuchen bedienen will. Indem ich aber genötigt bin, genauere Ausführungen hierüber den "Maßmethoden" vorzubehalten, beschränke ich mich darauf, folgends noch hinsichtlich der beiden letzten Methoden die wesentlichsten Spezialpunkte teils zu bezeichnen, teils in kurzer Übersicht darzulegen, die künftig ausführlicher besprochen werden sollen. Dabei lege ich für die Methode der richtigen und falschen Fälle die Gewichtsversuche, hinsichtlich der Methode der mittleren Fehler die Augenmaß- und Tastversuche unter, über die mir allein eigene Erfahrungen zu Gebote stehen. Die Bezeichnungen, die ich im Folgenden brauche, werden später überall bei Bezugnahme auf die betreffenden Methoden wieder gebraucht werden.

d) Spezielles zur Methode richtiger und falscher Fälle, in Anwendung auf die Gewichtsversuche.Revision S. 42–104, 358 ff. Über die Methode der richtigen und falschen Fälle in Anwendung auf den Raumsinn. Abh. der kgl, sächs. Ges. d. W. XXII, Nr. II. 1884. In Sachen des Zeitsinns und der Methode der r. u. f. F. Phil. Stud. III, S. 12 ff.

Die (im Jahre 1855 begonnenen) Versuche, auf deren Grundlage die folgenden Ausführungen über die Methode der richtigen und falschen Fälle beruhen, wurden zuerst nur in der einfachen Absicht einer genaueren Prüfung des Weber'schen Gesetzes unternommen, später im Interesse der Ausbildung der Methode selbst fortgeführt und weiter ausgedehnt, nachdem sich gezeigt hatte, daß die Prüfung, die ich im Auge hatte, eine zuvorige Untersuchung der Bedingungen der Genauigkeit der Methode, eine Ausbildung ihrer experimentalen und Rechnungsseite erst forderte, welche zur Zeit noch nicht vorlag. Während mehreren Jahren betrachtete ich es als eine Art täglicher Arbeit, ungefähr 1 Stunde lang Versuche in diesem Interesse anzustellen, und solche konsequent in Bezug auf die Ermittelung dieses oder jenes bestimmten Verhältnisses eine größere Zahl von Tagen hindurch fortzusetzen. Hierdurch ist ein, in dieser Schrift bei Weitem nicht zu erschöpfendes, Material von Versuchen erwachsen, wovon die, in einigen der folgenden Kapitel vorkommenden, großen Versuchszahlen, und die mehrfache Wiederholung von Versuchsreihen zur Feststellung wichtiger Punkte zu verschiedenen Zeiten und unter abgeänderten Umständen, Zeugnis geben, auch ist dadurch eine große Übung in Handhabung der Methode entstanden.

Insofern es bei unserer Methode darauf ankommt, das Verhältnis der Zahl der richtigen Fälle zur Zahl der falschen Fälle oder zur Totalzahl der Fälle zu bestimmen, werde ich, unter vorzugsweiser Anwendung des letzten Verhältnisses, die Zahl der richtigen Fälle mit r, die der falschen Fälle mit f, die Totalzahl der Fälle mit n bezeichnen, also das Verhältnis, mit dem wir uns hauptsächlich zu beschäftigen haben werden, mit , so aber, daß, wenn eine Versuchszahl bezüglich eines Beobachtungswertes in gleiche Fraktionen geteilt wird, und diese besonders in Rechnung genommen werden, r und n auf die Zahl der richtigen und gesamten Fälle einer jeden Fraktion insbesondere geht, indes mit v die Anzahl der Fraktionen bezeichnet wird, wo dann vn die Totalzahl der Fälle für den betreffenden Beobachtungswert ist. Bezieht sich die ganze Beobachtungsreihe, wie dies in der Regel der Fall ist, auf mehrere unter einander zu vergleichende Beobachtungswerte, so muß dann natürlich vn noch mit der Zahl derselben multipliziert werden, um die Totalzahl der Fälle für die ganze Reihe zu erhalten.

Wo das Urteil zweifelhaft bleibt, ist ein solcher Fall bemerktermaßen halb den richtigen, halb den falschen Fällen zuzuzählen. Um aber hieraus hervorgehende halbe Fälle zu vermeiden, rechne ich, weil es bei der Bildung des Bruches nur auf Verhältnisse ankommt, jeden richtigen Urteilsfall als zwei richtige, jeden falschen als zwei falsche Fälle; und jeden, wo das Urteil zweifelhaft bleibt, als einen richtigen, einen falschen.

Mit P wird das Hauptgewicht, d. i. das Gewicht eines jeden der vergleichsweise gehobenen Gefäße samt Belastung ohne D, mit D das Zusatzgewicht (Mehrgewicht) bezeichnet werden, das beim Versuche angewendet wird, mit h ein Wert, welcher der Unterschiedsempfindlichkeit direkt proportional, mithin dem Zusatzgewichte D, das ein gleiches zu liefern vermag, umgekehrt proportional ist, oder kurz das Maß der Unterschiedsempfindlichkeit, um das es zu tun ist.

Die Methode läßt sich in doppelter Weise ausführen: nach einem ersten Verfahren so, daß man sich erst nach wiederholtem Hin- und Herwiegen der belasteten Gefäße entscheidet, welches schwerer oder leichter ist; nach einem zweiten so, daß man sich unverbrüchlich nach jeder einzelnen vergleichsweisen Aufhebung beider Gefäße entscheidet, oder bei Zweifel das Urteil zu den unentschiedenen legt, welche halb den richtigen, halb den falschen beigezählt werden.

Früherhin habe ich immer das erste Verfahren angewandt; aber später alle damit angestellten Versuche verworfen, und mich ausschließlich an das zweite gehalten, nachdem ich mich von der weit größeren Vorzüglichkeit desselben überzeugt habe. Nicht nur läßt es sich gleichförmiger herstellen als das erste, sondern es kann auch eine genaue Elimination und Bestimmung der, von der Zeit- und Raumlage abhängigen Miteinflüsse, welche einen konstanten Fehler begründen, nur nach dem zweiten Verfahren, durch angemessene Entgegensetzung dieser Einflüsse gegen einander, erzielt werden, wie sich unten ergeben wird.

Natürlich begeht man nach dem zweiten Verfahren leichter einen Irrtum bezüglich der Richtung des Unterschiedes als erstenfalls, und die Zahl der unentschiedenen und falschen Fälle fällt unter Anwendung eines gleichen D bei gleicher Totalzahl der Fälle größer aus, als nach dem ersten Verfahren, was aber die Methode nicht ungenauer macht, sofern diese ja auf der Begehung von Irrtümern zu fußen hat, und was durch Anwendung eines größeren D kompensiert werden kann, um nicht zu kleine Verhältnisse zu erhalten, welche eben so wenig als zu große vorteilhaft für das Maß sind. Von anderer Seite liefert die zweite Methode in gleicher Zeit viel mehr Fälle als die erste, und es kann dabei jede einzelne Doppelhebung mit der anderen ganz gleich oder vergleichbar hergestellt werden.

Eine Nichtkenntnis der Lage des Mehrgewichtes und mithin Zuziehung eines Gehilfen zur Bestimmung der jedesmaligen Lage desselben, um einen Einfluß der Einbildungskraft auf das Urteil auszuschließen, ist bei dem ersten Verfahren wesentlich, bei dem zweiten nach der unten zu beschreibenden Ausführungsweise desselben nicht nur nicht nötig, sondern auch nicht einmal anwendbar. Dies wird sich nach genauerer Darlegung der ganzen Sachlage der Methode bestimmter motivieren lassen.

Gemäß der Bemerkung (s. o.) ist die Hebung der Gefäße immer sukzessiv vorzunehmen, und eine Doppelhebung des zweiten Verfahrens, welche ein Urteil begründet, entsteht also durch folgweise einmalige Hebung des einen und des anderen Gefäßes, schließt somit zwei einfache Hebungen ein. Insofern aber nach der (s. o.) angegebenen Weise jedes Urteil zu zwei Fällen gerechnet wird, wird die Totalzahl der Fälle durch die Zahl der einfachen Hebungen, nicht der Doppelhebungen bestimmt.

Wenn ich beide Gefäße mit derselben Hand hebe, so bezeichne ich es als einhändiges Verfahren; wenn ich das eine mit der einen, das andere mit der anderen Hand hebe, als zweihändiges. Auch das einhändige ist aber immer von mir mit beiden Händen insofern ausgeführt worden, als die Linke und Rechte in wechselnden Versuchsabteilungen angewandt wurden. Hierbei hat sich in jeder größeren Versuchsreihe die Rechte etwas, doch wenig empfindlicher, als die Linke gezeigt; das einhändige Verfahren aber überhaupt nicht unerheblich empfindli-cher, als das zweihändige. Die konstanten Einflüsse der Zeit- und Raumlage der Gefäße sind nach einhändigem, zweihändigem, linkshändigem, rechtshändigem Verfahren sehr verschie-den. Es ist jedoch hier nicht am Orte, in die Spezialitäten einzugehen, die mir darüber zu Gebote stehen.

Besondere Rücksichten erforderte die Einrichtung der Gefäße, welche mit den eingeleg-ten Belastungsgewichten zusammen das Hauptgewicht P geben; und erst, nachdem ich viel Zeit durch Versuche mit unvollkommenen Einrichtungen verloren, bin ich bei der unten kurz zu beschreibenden Einrichtung mit einer drehbaren Griffrolle und fixierten, mit den Gefäßen so zu sagen einen zusammenhängenden festen Körper bildenden, Belastungsgewichten stehen geblieben, welche genügt hat.

Vielleicht hat es einiges Interesse, wenn ich als ein Beispiel – und in der Tat ist es nur ein Beispiel – durch wie viel Kleinigkeiten man bei Versuchen dieser Art in Verlegenheit gesetzt und aufgehalten werden kann, zuvor etwas von jenen unvollkommenen Einrichtungen erwähne.

Anfangs wandte ich als Gefäße einfache hohle Holzzylinder an, die ich mit der Hand von oben umfaßte. Aber bei schweren Hauptgewichten mußte die Hand stark zusammen geknippen werden, damit die Gefäße nicht aus der Hand glitten, indes bei schwachen die Hand von selbst geneigt war, leise zuzugreifen. Auch ließ sich die Gleichförmigkeit der Fassung nicht wohl verbürgen. Dann ließ ich die Gefäße mit Messingbügeln versehen, die sich um Stifte drehten, welche an den entgegengesetzten Enden eines Diameters des Gefäßes angebracht waren, damit die Gefäße sich beim Heben von selbst nach der Schwere orientieren möchten. Aber diese Vorrichtung wurde bald schlottrig. Dann ließ ich die Bügel fest annieten; da sie aber, um die Gefäße nicht durch sich selbst zu schwer zu machen, von dünnen Messingblech waren, zogen sie sich, wenn ich zu größeren Hauptgewichten überging und konnten nicht mehr für vergleichbar gelten. Nachdem ich stärkere substituiert hatte, habe ich, nach Verwerfung aller früheren Versuche, mit diesem Apparate fast ein Jahr lang sorgfältige und mühsame Versuche angestellt, und diese zuletzt alle ebenfalls, wenn auch nicht geradezu, verworfen, aber als der Wiederholung und Kontrolle bedürftig erachtet, die seitdem von mir so weit durchgeführt ist, daß alle jene früheren Versuche dadurch als überflüssig oder ihrerseits nur als zu einer beiläufigen Kontrolle der Resultate der neueren dienlich gelten können; auch ist im Folgenden ganz davon abstrahiert. Dies hing an folgendem Umstande. Die früher von mir angewandten, aus dem Verkehre genommenen und nur durch Nachwiegen kontrollierten Belastungsgewichte hatten nach ihrer verschiedenen Schwere auch verschiedene Größe. Da nun die Gefäße weit genug sein mußten, daß auch die größten darin Platz hatten, waren die kleinen und selbst größere nicht vor Verschiebung beim Heben der Gefäße gesichert. Ich setzte voraus, daß der Druck doch immer mit der ganzen Schwere des Gefäßes auf dieselben Punkte der die Bügel umfassenden Hand fallen müsse, also kein Nachteil aus einer etwaigen Verschiebung der Gewichte in den Gefäßen hervorgehen könne, unterließ aber bei der Menge sonst zu untersuchender und nach einander untersuchter Nebenumstände, welche von Einfluß bei dem Verfahren sein können, dies zum Gegenstande besonderer Untersuchung zu machen. Diese Vernachlässigung hat sich schwer gerächt. Denn als ich endlich doch der Sicherheit halber die Untersuchung darauf richtete, indem ich absichtlich vergleichungsweise Versuche mit in der Mitte und ganz seitlich im Gefäße fixierten Belastungsgewichten anstellte, zeigte sich, daß vermöge zwar nicht anderer Größe, aber anderer Verteilungsweise des Druckes die Erfolge beidesfalls ganz entschieden verschieden ausfallen, das Gefäß nämlich am schwersten erscheint, wenn das Gewicht die Mitte des Gelasses einnimmt, und daß der Unterschied sogar nicht unbeträchtlich ist, wenn man extreme Lagen in dieser Hinsicht vergleicht. Nun konnten allerdings bei meinen Versuchen nur viel geringere, und nach Wahrscheinlichkeit durch die große Menge Versuche sich in der Hauptsache kompensierende Verrückungen stattgefunden haben, was sich auch teils durch die Übereinstimmung der einzelnen größeren Fraktionen in den gewonnenen Zahlen, teils dadurch bestätigt hat, daß die späteren Versuche mit der vollkommeneren Einrichtung wesentlich zu ganz denselben Resultaten geführt haben; indes machten mir jene früheren Versuche keine Freude mehr, und die Schärfe und bindende Kraft derselben war, wenn nicht im Ganzen, aber in den Einzelbestimmungen, zu prekär geworden, um nicht die Mühe einer Wiederaufnahme derselben mit einem neuen Apparate der Beruhigung bei den bisherigen vorzuziehen.

Alle Versuche, auf die ich mich folgends zu beziehen haben werde, sind nach dem zweiten Verfahren (s. o.) unter sehr gleichförmigen Umständen ausgeführt, welche ich hier als Normalumstände oder Normalverhältnisse beschreibe, Nebenpunkte dabei übergehend, die ich in den "Maßmethoden" nachzutragen mir vorbehalte. Von diesen Normalverhältnissen wurde nur insofern abgewichen, als der Erfolg solcher Abänderungen selbst zum Gegenstande der Untersuchung gemacht werden sollte.

Die Gefäße bestanden nach der Einrichtung, bei der ich zuletzt stehen blieb, nur in einer Art Gestellen, aus 4 vertikalen, unten durch ein horizontales Kreuz verbundenen, Messingstä-ben, zwischen welche die, genau einpassenden rechteckigen, nur in der Dickedimension verschiedenen, Gewichte (teils von Blei, teils Zink) eingelegt wurden, so daß sie eine feste Lage darin hatten und sich bei den Hebungen nicht verschieben konnten. Das Gefäß mit dem eingelegten Gewichte und einem darauf aufgelegten Deckel, auf dessen Mitte ein kleines offenes Kästchen aufgelötet war, bildete zusammen das Hauptgewicht P, welches sorgfältig gleich für beide Gefäße gemacht wurde. In das Kästchen des Deckels des einen beider Gefäße ward dann das Zusatzgewicht D gelegt, das solchergestalt auch seinen festen Platz, auf der Mitte des Hauptgewichts, behielt. Der Handgriff der Gefäße war eine, um eine horizontale Achse drehbare, hölzerne Rolle von 1 par. Zoll Durchmesser, welche mit der ganzen Hand umfaßt wurde.

Jedes Gefäß hatte je nach Anwendung eines leichteren oder schwereren Deckels, mit diesem zusammen, 300 oder 400 Grammen Gewicht, so daß 300 Grammen das kleinste Hauptgewicht P war, was angewandt werden konnte, wenn nämlich unter Anwendung des leichten Deckels keine weiteren Belastungsgewichte zugefügt wurden. Als größtes Hauptgewicht habe ich 3000 Grammen gebraucht; eine schwerere Last hätte der Apparat vielleicht nicht auf die Dauer vertragen. Wo es nicht galt, die Erfolge der Anwendung verschiedener Hauptgewichte zu prüfen, habe ich gewöhnlich 1000 Grammen als Hauptgewicht angewandt.

Als Zusatzgewichte dienten meist die Größen 0,04 P und 0,08 P.

Ungeachtet beide Gefäße ganz gleich konstruiert waren, wurde doch, um einen Einfluß einer etwa unbemerkt gebliebenen Verschiedenheit zu kompensieren, in jeder Versuchsreihe D eben so oft im einen als anderen Gefäße unter sonst gleichen Umständen angebracht.

Die Hebungshöhe wurde durch ein, in einiger Höhe über dem Versuchstische angebrachtes horizontales Brett begrenzt, so daß sie 2 Zoll 9 Lin. paris. betrugen.

Die Hebungen geschahen mit unbekleidetem Arme, in bloßen Hemdärmeln.

Der Modus der Hebungen war der, daß, wenn bei einer ersten Doppelhebung beispielsweise das linke Gefäß zuerst aufgehoben wurde, bei der zweiten dies mit dem rechten geschah, und so fort im Wechsel. 32 solchergestalt im Wechsel hintereinander vollführte Doppelhebungen oder 64 einfache Hebungen, welche eben so viel Fälle begründen, fasse ich als Versuchsabteilung zusammen, während welcher D immer in demselben Gefäße liegen blieb. In der Mitte jeder Abteilung, d. i. nach 32 einfachen Hebungen, wurde aber jedesmal die Stellung der Gefäße von Links zu Rechts gewechselt. Auf der 4fach verschiedenen Zeit- und Raumlage, welche das Mehrgewicht D hierdurch erhält, beruhen die unten näher zu besprechenden sog. 4 Hauptfälle der Methode, deren jeder demnach mit 16 einfachen Hebungen oder Fällen in jeder Versuchsabteilung vertreten war. Solcher Abteilungen von je 64 Fällen wurden unter Abänderung der zu untersuchenden Verhältnisse (P, D u. s. w.) meist 8 bis 12 an jedem Versuchstage hinter einander angestellt und bei den größeren Versuchsreihen meist 1 Monat durch fortgesetzt.

Die durch einen Zähler regulierte Zeit jeder Hebung eines Gefäßes betrug 1 Sekunde, die jeder Niedersetzung 1 Sekunde, die Zwischenzeit zwischen Niedersetzen des einen und Heben des anderen Gefäßes auch 1 Sekunde, also die Zeit jeder Doppelhebung, welche einen Vergleich oder 2 Fälle begründet, genau 5 Sekunden. Eben so viel Zwischenzeit, d. i. 5 Sekunden, ließ ich zwischen einer und der je nächsten Doppelhebung, während welcher die Aufzeichnung des Resultates stattfand. Beim einhändigen Verfahren geschah die Aufzeichnung stets mit der müßigen Hand; beim zweihändigen nach den Versuchstagen wechselnd mit der einen oder anderen Hand.

Man übt sich bald auf einen ganz mechanischen Vollzug dieser Operationen nach dem Zähler ein, und auch die Applikation der Aufmerksamkeit wird bald ganz mechanisch und gleichförmig, so daß sie sich, wie ich aus meinen Versuchszahlen selbst beweisen kann, zu Ende der täglichen Versuchsstunde nicht merklich geschwächt zeigt; die, durch das Mehrgewicht D, die konstanten Miteinflüsse der Zeit- und Raumlage, und die unregelmäßigen Zufälligkeiten gemeinsam bestimmten, in der Richtung unregelmäßig wechselnden Urteile: rechts schwerer, links schwerer, zweideutig, fallen so zu sagen mit objektivem Charakter bei den Doppelhebungen in die Hand, ohne daß man Wahl und Besinnen nötig hat, was bei dem ersten Verfahren allerdings der Fall ist.

Wie die Aufzeichnungsweise einzurichten sei, um sich nicht zu verwirren, und die bei den 4 Hauptfällen erhaltenen richtigen Fälle leicht gesondert zusammenzählen zu können, wird näher in den "Maßmethoden" angegeben.

So viel vorläufig von den äußeren Verhältnissen der Versuche. Hiernach gehe ich zu den allgemeineren Verhältnissen der Methode über.

Die allgemeine Aufgabe der Methode ist, unter den verschiedenen Umständen, unter denen die Unterschiedsempfindlichkeit für Gewichte vergleichsweise geprüft werden soll, für jeden der zu vergleichenden Umstände durch eine hinreichende Zahl Versuche einen Wert , oder, unter Teilung der Versuchszahl in v Fraktion, v Werte zu gewinnen, und hieraus das Maß der Unterschiedsempfindlichkeit abzuleiten, womit noch die Nebenaufgabe in Beziehung gesetzt werden kann, die Größe und Richtung der bei den Versuchen mitwirkenden konstanten Nebeneinflüsse zu bestimmen.

Nun scheint sich von vorn herein eine fundamentale Schwierigkeit darzubieten.

Wir wissen, daß unter sonst gleichen Umständen das Verhältnis mit der Empfindlichkeit für den Gewichtsunterschied wächst; aber ein doppelt so großes entspricht nicht einer doppelt so großen Unterschiedsempfindlichkeit, wenn wir dem von uns aufgestellten Maßbegriffe derselben treu bleiben wollen, sondern ein halb so großes Zulagegewicht D, was ein gleiches gibt, entspricht der doppelten Empfindlichkeit; und schon aus allgemeinem Gesichtspunkte läßt sich Folgendes bemerken.

Mag auch die Empfindlichkeit sehr klein sein, so wird man doch die Zulage D immer so groß im Verhältnisse zu P nehmen können, daß fast alle oder wirklich alle Fälle richtig werden, und es leuchtet ein, daß auch die stärkste Vermehrung der Empfindlichkeit dann keine Vergrößerung des Verhältnisses mitführen kann; daß also in diesem Verhältnisse, da es bei sehr geänderter Empfindlichkeit nahe oder ganz konstant bleiben kann, kein geeigneter allgemeiner Maßstab der Empfindlichkeit zu suchen wäre; wogegen man bei der sehr verstärkten Empfindlichkeit nun mit einem viel geringeren Zulagegewichte ausreichen wird, das Verhältnis auf gleiche Approximation zu zu bringen, und hiernach die Verstärkung der Empfindlichkeit zu beurteilen, so daß man schon durch die Natur der Sache auf das von uns aufgestellte Maß gewiesen wird. Aber wie soll es bei unserer Methode Platz finden?

Gesetzt, ich will beispielsweise die Empfindlichkeit der linken und rechten Hand für Gewichtsunterschiede vergleichen, und stelle bei demselben Hauptgewichte P und demselben Zusatzgewichte D einmal Hebungen beider Gefäße mit der Linken (L.), ein anderes Mal mit der Rechten (R.) an, so erhalte ich doch zunächst nur ein verschiedenes für L. und R., was mich auf die größere oder geringere Empfindlichkeit der einen oder anderen Hand schließen läßt, aber damit kein vergleichbares Maß dieser Empfindlichkeiten; und es fragt sich, wie komme ich dazu, die verschiedenen Größen der Zulage D zu finden, welche dasselbe Verhältnis für L. und R. geben würden.

Ähnlich, wenn ich die Empfindlichkeit einer und derselben Hand, oder beider Hände im Durchschnitte, bei verschiedenem P untersuchen will. Dieselbe Zulage D gibt nach Erfahrung bei kleinem P ein größeres Verhältnis als bei größerem, aber es handelte sich vielmehr darum, das verschiedene D zu finden, welches dasselbe für die verschiedenen P's gibt, um im reziproken Werte dieser D das Maß der Unterschiedsempfindlichkeit bei den verschiedenen Werten von P zu haben.

Die Methode der richtigen und falschen Fälle in der seither bekannten Anwendung war aus diesem Gesichtspunkte in der Tat nur geeignet, eine Anzeige des Mehr und Weniger, aber nicht ein vergleichbares Maß der Empfindlichkeit zu gewähren. Doch läßt sich die Methode dahin ausbilden, ein solches zu gewähren.

Zunächst bietet sich der Weg des Tatonnements dar. Man kann die Gewichtszulage unter den verglichenen Umständen so lange abändern, bis man dasselbe damit erhält. Aber da nur aus einer großen Menge Versuche überhaupt ein sicheres Resultat selbst für ein und dasselbe D gezogen werden kann, so ist dies Verfahren, was eine große Menge Versuche für jedes der probierten D's fordert, nicht nur unsäglich langwierig, sondern führt auch nach mühsamstem Probieren zu keiner Genauigkeit.

Allerdings kann man zwischen nahe liegenden Werten interpolieren; und längere Zeit habe ich mir auf diese Weise zu helfen gesucht; doch ist der Übelstand der Umständlichkeit und Ungenauigkeit dadurch nur sehr unvollständig zu heben. Glücklicherweise aber ist er einfach und vollständig zu heben.

Nach einer prinzipiell genauen und durch Versuche von mir wohl bewährten, zwar auf mathematische Analyse gegründeten, aber leicht ins Praktische zu übersetzenden, Regel läßt sich aus jedem , was bei einem gewissen D erhalten worden ist, finden, welches D bei demselben P und übrigens gleich gehaltenen Umständen erforderlich gewesen sein würde, ein beliebiges anderes , zu geben, also auch das, was man als festes unterlegen will, wofern nur das , nach dem man schließt, aus einem hinreichend großen n gewonnen ist. Ja man kann direkt, ohne Rechnung, aus jedem , dem ein hinreichend großes n unterliegt,Wenn man durch Fraktionierung einer großen Versuchszahl bis zu kleinem n in den einzelnen Fraktionen herabgeht, so verliert man zwar in den einzelnen Fraktionen an Genauigkeit, gewinnt aber solche dann wieder durch Zusammenlegung der Resultate der Fraktionen. nach einer Tabelle das Maß der Unterschiedsempfindlichkeit, um das es zu tun ist, so finden, daß es dem von uns aufgestellten Begriffe dieses Maßes entspricht; und es soll sofort gezeigt werden, wie dies zu bewirken ist, nachdem nur zuvor einige Worte über den Weg, der dazu geführt hat, vorausgeschickt sind.

Bei einem Studium der Wahrscheinlichkeitsrechnung, zu dem ich mich immer von Neuem durch das Interesse der Ausbildung unserer Methoden getrieben fand, bot sich mir die Betrachtung dar, 1) daß nach der Sachlage unseres Verfahrens das Maß der Empfindlichkeit für Unterschiede durch den, gewöhnlich mit h bezeichneten, Wert vertreten werden könne, der nach Gauss das Maß der Präzision von Beobachtungen bietet, sofern bei vergleichbar gehaltener Modalität des Verfahrens die Präzision nur noch von der Empfindlichkeit, womit der Unterschied aufgefaßt wird, abhängt; 2) daß zwischen dem durch die Versuche gebotenen und dem Produkte jenes Maßes h in das Zulagegewicht D, bei welchem gefunden ist, d. i. zwischen und h D, eine mathematische Beziehung stattfinden müsse, welche eine Ableitung von hD aus , und hiernach durch Division mit D das Maß der Unterschiedsempfindlichkeit h finden lassen müsse.

Es galt nur noch, diese Beziehung erstlich theoretisch festzustellen, zweitens durch den Versuch zu bewähren, drittens für unsere Maßmethode praktisch zu verwerten. Diese drei Aufgaben glaube ich befriedigend gelöst zu haben, womit die Methode der richtigen und falschen Fälle erst die Bedeutung einer wirklichen Maßmethode erlangt haben dürfte.

Was die mathematische Deduktion anlangt, so gebe ich sie, da es für die praktische Anwendung der Methode nicht nötig ist, davon Einsicht zu nehmen, in folgender Einschaltung. Die experimentale Bewährung kommt wesentlich darauf heraus, experimental zu zeigen, daß, wenn man bei konstanter Empfindlichkeit einen gewissen Wert bei einem gewissen Werte D erlangt hat, der nach unserer mathematischen Beziehung berechnete Wert für ein anderes D, was zu jenem in bestimmtem Verhältnisse steht, sich durch Versuche richtig wiederfindet, unter Gestattung natürlich so kleiner Abweichungen, als auf nicht ausgeglichene Zufälligkeiten zu schreiben; – oder, was nur eine andere Form derselben Bewährung ist, daß die, bei gleicher Empfindlichkeit aber verschiedenem D durch den Versuch erhaltenen Verhältnisse nach der, auf unsere mathematische Beziehung gegründeten Tabelle Werte von hD geben, welche proportional mit D sind.Da die Unterschiedsempfindlichkeit, um die es sich hier handelt, mit P (aber nicht mit D, so lange D klein bleibt) variabel ist, so wird zu Versuchen mit gleichbleibender Empfindlichkeit ein konstantes P erfordert. Zum Belege hiervon aber stehen mir sehr ausgedehnte Beobachtungsreihen zu Gebote, die ich in den "Maßmethoden" mitteilen werde. Auch werden wir auf einige derselben im 9. und 12. Kapitel von selbst geführt werden.

Hiernach wird sich der Gegenstand rein praktisch so darstellen lassen, daß Jeder auch ohne Einsicht in die Gründe der zu gebenden Regeln und selbst ohne mathematische Vorkenntnisse sich der Methode messend bedienen kann. Auch wird man dies mit Zutrauen tun können, nachdem sich die theoretische Ableitung derselben der Kontrolle durch eine berühmte mathematische Autorität zu erfreuen gehabt, und die Kontrolle durch die Erfahrung ebenfalls entscheidend gewesen ist.

Mathematische Aufstellung; und Deduktion der Rechnungsregel der Methode der richtigen und falschen Fälle.Revision S. 84–104.

Indes bis jetzt kein aprioristisches Prinzip vorliegt, wie je nach der Größe des Hauptgewichtes P sich das Verhältnis bei konstantem Zusatzgewichte D ändern muß, vielmehr dies nur als Sache eines durch das Experiment zu konstatierenden Gesetzes anzusehen ist, so ist dagegen möglich, nach den Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung a priori anzugeben, wie sich das Verhältnis ändern muß (ein großes n vorausgesetzt), wenn bei gleichbleibendem Hauptgewichte P und überhaupt gleichbleibender Unterschiedsempfindlichkeit h das Zusatzgewicht sich ändert, oder überhaupt der Einfluß sich ändert, welcher das scheinbare Übergewicht bestimmt, und der hier ein- für allemal durch D vertreten werden mag. Es sind nämlich hierbei dieselben Prinzipien maßgebend, nach welchen man auch, gleichbleibende Präzision der Beobachtung vorausgesetzt, die Änderung der verhältnismäßigen Zahl der Beobachtungsfehler nach den Änderungen ihrer Größe bestimmen kann. Die Beziehung zwischen und Dh, um die es sich hier handelt, ist jedoch nicht durch einen endlichen Ausdruck, sondern nur durch einen Integralausdruck darstellbar, der zur praktischen Verwertung der Beziehung tabellarisch repräsentiert werden muß, wie unten geschehen wird.

Der folgends mit Θ zu bezeichnende Integralausdruck, welcher hierbei ins Spiel kommt, ist derselbe, durch welchen die relative Zahl oder Wahrscheinlichkeit der Fehler in gegebenen Grenzen der Größe bestimmt wird, nur daß an die Stelle des, gewöhnlich mit Δ bezeichneten, Fehlers das halbe Mehrgewicht tritt, nämlich

wo π die Ludolf'sche Zahl, e die Grundzahl der natürlichen Logarithmen, t = hΔ = , h das Präzisionsmaß im Gauss'schen Sinne ist. Der Wert von t, welcher einem gegebenen Werte von Θ zugehört, findet sich an manchen Orten tabellarisch repräsentiert, so im Berlin. astronom. Jahrb. f. 1834 S. 305 ff. bis t = 2,0; und in einer besonders erschienenen, jetzt nicht mehr im Buchhandel zu habenden lithographierten Tabelle bis t = 3,0; so daß man, wenn Θ nach gegeben ist, hiermit zugleich t oder gegeben halten kann.

Nun werden alsbald folgende, für unsere Methode fundamentale, Gleichungen bewiesen werden, mittelst deren Θ aus ableitbar ist.

und hiernach

Von diesen Beziehungen reicht es hin, die zwischen und Θ wie folgt in Anwendung und Betracht zu ziehen. Man leitet aus dem beobachteten den Wert Θ nach der Gleichung ab, sucht in einer Tabelle des Integrals Θ den Wert dazu auf, und dividiert ihn mit , um h zu erhalten, oder mit D, wenn man, wie von uns geschehen soll, das h der Methode der richtigen und falschen Fälle bloß halb so groß nimmt, als das der Fehlertheorie. Um aber nicht erst aus dem durch die Beobachtung gefundenen jedesmal erst den Wert besonders bilden zu müssen, habe ich die Tabelle des Integrals Θ, wo die Beziehung zwischen und t gegeben ist, in eine solche umgesetzt, wo sie gleich zwischen und t gegeben ist. Dies gibt die unten folgende Fundamentaltabelle.

Die mathematische Ableitung vorstehender Beziehung zwischen und Θ hat die Prüfung des Herrn Prof. Möbius, dem ich sie vorgelegt, bestanden, wonach man sie mathematischerseits als einwurfsfrei ansehen kann. Er hat aber die Gefälligkeit gehabt, meiner etwas unbehilflichen Ableitung eine kürzere und präzisere, übrigens zu demselben Ziele führende, zu substituieren, die ich demnach vorziehe, statt der meinigen im Folgenden mitzuteilen.

Die Möbius'sche Ableitung legt als Beispiel statt der Abweichung zweier Gewichte von der Gleichheit die Abweichung zweier Teile einer geraden Linie von der Gleichheit unter. Das Prinzip ist aber eines- und andernfalls dasselbe.

Es sei allgemein

die Wahrscheinlichkeit, daß der bei einer Messung einer Größe begangene Fehler innerhalb der Grenzen von - Δ und + Δ fällt, in welchem Ausdrucke h wie oben das Maß der Präzision der Messung, π die Ludolf'sche Zahl.

Seien nun beispielsweise:

A C B

drei Punkte in einer geraden Linie; C sehr nahe, aber doch nicht ganz in der Mitte zwischen A und B gelegen. Bei n Beobachtungen nach der Methode der richtigen und falschen Fälle halte ich a-mal dafür, daß C dem A näher liegt, als dem B; mithin CB > CA; n - a = b mal dafür, daß C dem B näher liegt, als dem A, mithin CB < CA. Hiernach verhalten sich die Wahrscheinlichkeiten für CA < CB und für CB < CA, wie a und b, und diese zwei Wahrscheinlichkeiten selbst sind und .

Sei nun in der Linie

A C M B

M der wirkliche Mittelpunkt von AB, und C liege von M etwas Weniges nach A zu, so ist amal mein Urteil ein richtiges gewesen, und bmal habe ich mich geirrt. Ich habe nämlich bmal den Punkt C zwischen M und B liegen geglaubt; habe also bei jeder dieser b Schätzungen den Punkt um mehr als die kleine Linie CM irrig, und zwar über M hinaus nach B zu angenommen, habe also jedesmal einen Fehler, > CM, nach einerlei Seite hin, begangen.

Die Wahrscheinlichkeit dafür ist einerseits = , anderseits wo CM als eine positive Größe zu betrachten ist. Nun ist

+

also folglich

.

Schließlich also:

Diese zwei Formeln für und könnte man auch so erläutern: Bei n maliger Betrachtung der Linie ACMB, von der aber nur die Punkte A und B sichtbar sind, glaubt man in a Fällen, daß M zwischen C und B irgendwo liegt (wie es die Wahrheit ist); in b Fällen (fälschlich), daß M irgendwo zwischen A und C liegt. Auf dieselben zwei Abschnitte CB und AC beziehen sich aber auch die Grenzen der Integration, als welche für ... - h. CM und ∞ , für ... - ∞ und - h. CM sind. Wird nämlich die Richtung ACMB für die positive und M als Anfangspunkt genommen, so sind die Abszissen von C und B = - CM und MB, die Abszissen von A und C = - AM und - CM; AM und MB sind aber gegen CM als unendlich zu betrachten.

Soweit die Möbius'sche Ableitung.

Um nun das Beispiel der Linien auf das Beispiel der Gewichte zu reduzieren, wird man das eine Gewicht P mit AC, das andere P + D mit BC, die Länge mit P + , mithin das Stück CM mit zu vergleichen, also für CM in vorige Formeln zu substituie-ren haben. Ferner ist gleich unserem und gleich unserem , wodurch sich zur direkten Anwendung für unsere Methode die Formeln ergeben:

oder wenn wir das Integral

kurz mit Θ bezeichnen . Daß wir, wie oben bemerkt, das Präzisions- oder Empfindlichkeitsrmaß unserer Methode h gleich dem halben Präzisionsmaße der Fehlertheorie nehmen, hat auf die Anwendungen innerhalb unserer Methode keinen Einfluß, da es hier nur auf Verhältnisse von t oder h ankommt; würde aber in Rücksicht kommen, wenn man etwa die Resultate der Methode der richtigen und falschen Fälle nach absolutem Werte mit den durch die Methode der mittleren Fehler erhaltenen vergleichen wollte, wozu das Integral Θ die Vermittelung gewährt, so wie auch bei der aprioristischen Berechnung des wahrscheinlichen Fehlers oder der Unsicherheit von oder t, womit wir uns aber hier nicht beschäftigen.

Wenden wir uns nun zum Praktischen:

Die Regel, um die es sich handelt, kommt einfach darauf zurück, zu dem durch die Versuche gegebenen Buchwerte in folgender Tabelle, welche ich die Fundamentaltabelle der Methode der richtigen und falschen Fälle nenne, den zugehörigen Wert t = hD aufzusuchen (unter Zuziehung einer Interpolation, wenn der Wert nicht genau in der Tabelle zu finden) und durch Division dieses Wertes mit D den Wert h zu bestimmen, welcher das verlangte Empfindlichkeitsmaß ist, oder auch bei konstantem D den so gefundenen Wert t = hD selbst unmittelbar zum Maße zu verwenden, was in vielen Fällen bequem ist.

Diese Regel genügt, wenn außer dem konstanten Gewichtsüberschusse D keine anderen konstanten Einflüsse vorhanden sind, welche das Urteil, wohin das Übergewicht fällt, bestimmen können, oder falls solche durch die Anordnung der Versuche schon bei Gewinn des Wertes als kompensiert angesehen werden könnten. Wo nicht, so gehen in den Wert t die konstanten Miteinflüsse mit ein; er hängt dann nicht mehr bloß von h und D, wenn unter D immer bloß das Zusatzgewicht verstanden wird, sondern auch von diesen Miteinflüssen mit ab; die einfache Division des Wertes t mit D kann dann natürlich h nicht mehr richtig finden lassen, und der Wert t kann, auch bei konstantem D, nicht mehr statt h zum vergleichbaren Maße verwandt werden, wenn nicht mit D zugleich die Miteinflüsse konstant sind. Doch bietet ein gehörig eingerichtetes Verfahren mit geeigneter Anwendung der Fundamentaltabelle auch hier einen einfachen Weg der Abhilfe dar, wovon unten besonders die Rede sein wird.

Fundamentaltabelle der Methode der richtigen und falschen Fälle.Revision S. 66 f. Fundamentaltabellen für extensive Versuche siehe: Über die Maßbestimmungen des Raumsinns, Abh. d. k. s. Ges. d. W. XX, S. 204 ff.

t = hD diff. t = hD diff. t = hD diff.
0,50 0,0000 177 0,71 0,3913 208 0,91 0,9481 455
0,51 0,0177 178 0.72 0,4121 212 0,92 0,9936 500
0,52 0,0355 177 0,73 0,4333 216 0,93 1,0436 358
0,53 0,0532 178 0,74 0,4549 220 0,94 1,0994 637
0,54 0,0710 180 0,75 0,4769 225 0,95 1,1631 748
0,55 0,0890 178 0,76 0,4994 230 0,96 1,2379 918
0,56 0,1068 179 0,77 0,5224 236 0,97 1,3297 1234
0,57 0,1247 181 0,78 0,5460 242 0,98 1,4531 1907
0,58 0,1428 181 0,79 0,5702 249 0,99 1,6438
0,59 0,1609 182 0,80 0,5951 257 1,00
0,60 0,1791 183 0,81 0,6208 265
0,61 0,1974 186 0,82 0,6473 274
0,62 0,2160 187 0,83 0,6747 285
0,63 0,2347 188 0,84 0,7032 297
0,64 0,2535 190 0,85 0,7329 310
0,65 0,2725 192 0,86 0,7639 326
0,66 0,2917 194 0,87 0,7965 343
0,67 0,3111 196 0,88 0,8308 365
0,68 0,3307 199 0,89 0,8673 389
0,69 0,3506 202 0,90 0,9062 419
0,70 0,3708 205
Bemerkungen. 1) Insofern es nur auf Verhältnisse von t oder h ankommt, pflege ich die Ziffern in den Werten t der Tabelle statt als Dezimalbrüche, als ganze Zahlen zu verwenden. So wird es stets bei künftiger Anführung von nach der Tabelle berechneten Werten geschehen. 2) Es ist nur nötig, die Tabelle zu Werten von über 0,5 aufzustellen. Kommen, wie dies häufig unter gegebenen Versuchs-umständen bei nicht zu grossem D für diesen oder jenen der unten zu besprechenden Hauptfälle Platz greift, Werte von unter 0,5 vor, so hat man statt vielmehr in der Spalte der Ta-belle aufzusuchen, und den zugehörigen Wert t mit negativem Vorzeichen in die später anzuführenden Gleichungen zur Bestimmung von hD, hp, hq einzuführen. 3) Die Tabelle gibt für =1, d. i. für den Fall, daß alle Fälle richtig ausfallen, einen unendlichen Wert für t. Hierbei ist aber streng genommen eine unendliche Zahl Beobachtungen vorausgesetzt. Im Allgemeinen muss man D klein genug und n groß genug nehmen, daß jener Fall nicht eintritt.

Am bequemsten wird man sich der vorigen Tabelle bedienen, wenn man bei seinen Beobachtungen ein für allemal n = 100 nimmt, d. h. jedesmal r für 100 Fälle bestimmt, und größere Versuchsreihen in Fraktionen von 100 teilt, um nachher die einzelnen daraus erhaltenen t-Werthe zu Summen- oder Mittelwerten zu kombinieren, da die fraktionsweise Behandlung ohnehin aus anderen Gesichtspunkten nötig oder nützlich ist. In der Tat hat man dann in der Spalte bloß die Null und das Komma vorn wegzustreichen, um die durch den Versuch erhaltenen Zahlen r unmittelbar darin zu finden; und man erspart sich nicht nur die Division zur Bildung der Werte , sondern bedarf auch keiner Interpolation, da man dann alle Versuchszahlen r unmittelbar genau in der Tabelle findet.

Wofern man ein anderes n als 100 wählt, wird man immer auf Werte von stoßen, die sich nicht genau in der vorigen Tabelle finden. Dann kann man mit Hilfe der Differenzen in der Differenzspalte die zugehörigen t-Werte leicht durch einfache Interpolation bestimmen, wobei man bis etwa = 0,85 höchstens um 1 bis 2 Einheiten der letzten Dezimale im t-Werte fehlen kann, was irrelevant ist, da die 4. Dezimale bei Beobachtungen dieser Art zuzuziehen ohnehin als ein Luxus angesehen werden kann. Bei höheren Werten jedoch würde man um so mehr bei dieser Interpolation irren, je höher diese Werte sind; und ich füge daher zur Ergänzung des letzten Teils der Tabelle noch ein paar Zusatztabellen bei, worin die Werte enger an einander liegen, und mit deren Zuziehung man für alle Fälle als Unterlage einer weiteren Interpolation ausreichen wird.

Zusatztabelle I.

t= hD diff. t = hD diff. t = hD diff.
0,8300 0,6747 70

71

72

72

73

74

75

76

77

78

79

80

81

82

83

84

85

86

87

89

0,8825 0,8397 91

92

93

95

96

98

100

102

103

106

108

110

112

115

118

120

123

127

130

0,9300 1,0436 133

137

142

146

151

156

162

168

175

182

191

200

211

222

236

249

272

290

316

0,8325 0,6817 0,8850 0,8488 0,9325 1,0569
0,8350 0,6888 0,8875 0,8580 0,9350 1,0706
0,8375 0,6960 0,8900 0,8673 0,9375 1,0848
0,8400 0,7032 0,8925 0,8768 0,9400 1,0994
0,8425 0,7105 0,8950 0,8864 0,9425 1,1145
0,8450 0,7179 0,8975 0,8962 0,9450 1,1301
0,8475 0,7253 0,9000 0,9062 0,9475 1,1463
0.8500 0,7329 0,9025 0,9164 0,9800 1,1631
0,8525 0,7405 0,9050 0,9267 0,9525 1,1806
0,8550 0,7482 0,9075 0,9373 0,9880 1,1988
0,8575 0,7560 0,9100 0,9481 0,9575 1,2179
0,8600 0,7639 0,9125 0,9591 0,9600 1,2379
0,8625 0,7719 0,9150 0,9703 0,9625 1,2590
0,8650 0,7800 0,9175 0,9818 0,9650 1,2812
0,8675 0,7882 0,9200 0,9936 0,0675 1,3048
0,8700 0,7965 0,9225 1,0056 0,9700 1,3297
0,8725 0,8049 0,9250 1,0179 0,9725 1,3569
0,8750 0,8134 0,9275 1,0306 0,9750 1,3859
0,8775 0,8221 0,9775 1,4175
0,8800 0,8308

Zusatztabelle II.

t = hD diff. t = hD diff. t = hD diff.
0,970 1,3297 107

109

112

115

119

123

128

132

138

142

0,980 1,4522 150

156

163

173

181

192

205

219

234

260

0,990 1,6450 278

304

343

389

450

539

677

922

1499

0,971 1,3404 0,981 1,4672 0,991 1,6738
0,972 1,3513 0,982 1,4828 0,992 1,7032
0,973 1,3625 0,983 1,4991 0,993 1,7375
0,974 1,3740 0,984 1,5164 0,994 1,7764
0,975 1,3859 0,985 1,5345 0,995 1,8214
0,976 1,3982 0,986 1,5337 0,996 1,8753
0,977 1,4110 0,987 1,5742 0,997 1,9430
0,978 1,4242 0,988 1,5961 0,998 2,0352
0,979 4,4380 0,989 1,6195 0,999 2,1851
1,000

An sich hat die Zahl n = 100 keinen besonderen Vorzug; und ich selbst habe statt n = 100 immer n = 64 zu Grunde gelegt, alle meine größeren Versuchsreihen in Fraktionen mit n = 64 geteilt, die aus den Fraktionen besonders berechneten t-Werthe nachher addiert, und diese Summenwerte oder die daraus gezogenen Mittelwerte verwandt. Der Grund war der, daß 64, als Potenz der 2, einer größeren Subdivision mit 2 fähig ist, als 100, und ich mir diese anfangs für beliebige Fraktionierung offen halten wollte. Später bin ich dabei stehen geblieben, um alle Versuchsreihen in dieser Hinsicht vergleichbar zu halten, da, wie nachher zu bemerken, die Größe des n, was man zu Grunde legt, einen gewissen Einfluß auf die Größe der Maßzahlen hat, den man überall vergleichbar halten muß. Die von mir gewöhnlich gebrauchte Fundamentaltabelle ist daher, um die Übersetzung des Bruches in einen Dezimalbruch und Interpolation eben so zu ersparen, als für obige Tabelle angegeben wurde, gleich für r, zugehörig zu n = 64, eingerichtet; und ich füge sie hier noch hinzu, falls sich Andere derselben Grundzahl bedienen wollen.

Fundamentaltabelle für n = 64.

r t = hD r t = hD
33 0,0277 49 0,5123
34 0,0555 50 0,5490
35 0,0833 51 0,5873
36 0,1112 52 0,6273
37 0,1394 53 0,6695
38 0,1677 54 0,7143
39 0,1964 55 0,7619
40 0,2253 56 0,8134
41 0,2547 57 0,8696
42 0,2844 58 0,9320
43 0,3147 59 1,0026
44 0,3456 60 1,0848
45 0,3772 61 1,1851
46 0,4095 62 1,3172
47 0,4427 63 1,5231
48 0,4769 64

Um meine größeren Reihen, die stets Multipla von 64 Fällen enthalten, vergleichungsweise mit der fraktionsweisen Behandlung, doch auch im Ganzen oder in größeren Abteilungen gleich bequem behandeln zu können, habe ich noch eine größere Tabelle für n = 512, worin 64 8mal enthalten ist, konstruiert, woraus sich unmittelbar auch Tabellen für n = 64, = 2 .64, = 4.64 ziehen lassen. Durch Rückgang auf die, (s. o.) angezeigte, Tabelle des Θ Integrals und Zuziehung der (s. o.) angegebenen Gleichung zwischen und Θ wird übrigens der Sachverständige (mit Hilfe von Interpolation) leicht Tabellen für beliebige Grundzahlen n entwerfen können. In jedem Falle aber wird man wohl tun, welche Grundzahl n man auch wählen mag, immer dieselbe für alle Versuche beizubehalten, bei größerer Versuchszahl immer durch Fraktionierung auf dieselbe zurückzugehen und seine Tabelle ein- für allemal darauf einzurichten.

Vorstehender Fundamentaltabellen kann man sich nun auch bedienen, um aus dem , was man bei einem gegebenen D und P erlangt hat, auf das D zu schließen, was bei derselben Empfindlichkeit h und mithin demselben P (da h sich mit P, aber nicht mit D ändert) erforderlich sein würde, irgend ein beliebiges anderes zu geben, indem man nur nötig hat, zu dem anderen in der Tabelle das zugehörige t zu suchen und folgende Proportion anzusetzen: Wie sich das t = hD beider verhält, so verhält sich das D derselben. Umgekehrt kann man nach der Tabelle zu gegebenen D' s die zugehörigen Werte finden, wenn ein solcher für ein D gegeben ist, so lange h konstant bleibt. Jedoch wird man auf diese Anwendungen nicht leicht praktisch durch unsere Methode geführt, indem die obige Bestimmungsweise von h oder auch nach Umständen bloß t das bleibt, worauf zuletzt Alles ankommt.

Man darf nicht vergessen, daß der angegebene einfache Gebrauch der Tabelle nur unter der angegebenen Bedingung stattfindet, daß das scheinbare Übergewicht, abgesehen von den Zufälligkeiten, bloß von D abhängt; in Wirklichkeit aber hängt es noch von konstanten Einflüssen der Zeit- und Raumlage mit ab; und der nach der Tabelle aus abzuleitende Wert t ist in diesem Falle nicht bloß = hD, sondern = h (D + M), wo M die algebraische Summe aller konstanten Miteinflüsse ist, die noch außer D das scheinbare Übergewicht bestimmen. Mit Rücksicht darauf besteht die praktische Aufgabe darin, die Versuche und deren Berechnung so zu kombinieren, daß M kompensiert wird, und man auf denselben Wert hD zurückkommt, welcher ohne das Dasein der Miteinflüsse nach obigem einfachen Gebrauche der Tabelle erhalten werden würde.

Was nun die Versuchsweise anlangt, so ist unsere normale Ausführungsweise, von der oben die Rede war, gleich für diesen Zweck berechnet. Hier wird nach einem ganz regelmäßigen Modus zwischen 4 Hauptfällen entgegengesetzter Zeit- und Raumlage des Mehrgewichtes gewechselt, nämlich 1) wo dasselbe im linksstehenden Gefäße liegt, und wo dieses zuerst aufgehoben wird; 2) wo es im linksstehenden Gefäße liegt, und wo dieses zuzweit aufgehoben wird; 3) und 4) entsprechend mit dem rechten Gefäße; also, um die 4 Hauptfälle übersichtlich aus einander zu halten, wo es liegt:

  1. im linksstehenden zuerst aufgehobenen Gefäße,
  2. linksstehenden zuzweit - -
  3. rechtsstehenden zuerst - -
  4. rechtsstehenden zuzweit - -

Kurz bezeichne ich diese 4 Hauptfälle nach voriger Reihenfolge mit I>, II>, I<, II< . Die dabei erhaltenen, für jeden Hauptfall besonders zusammengezählten, richtigen Zahlen mit r1, r2, r3 , r4 und die, ihren Quotienten durch n zugehörigen Werte t der Fundamentaltabelle (welche nicht mehr einfach = hD zu setzen sind) mit t1, t2, t3, t4 wobei für alle Hauptfälle ein gleiches n vorausgesetzt ist.

Der Weg der vollständigen Kompensation von M beruht dann, wie leicht zu zeigen, darin, daß man die so erhaltenen t's der i Hauptfälle addiert und mit 4 dividiert, indem man hat

wonach Division mit D wie früher den reinen Wert von h gibt, statt dessen man wiederum hD oder 4 hD selbst zum Maße verwenden kann, wenn D immer konstant gehalten wird.

Dieser Weg der vollständigen Kompensation der Miteinflüsse M gründet sich auf folgende Punkte. Nach (s. o.) findet ein von der Zeitfolge der Hebung und ein von der Raumlage der Gefäße abhängiger Miteinfluss auf die Bestimmung des scheinbaren Übergewichts statt. Den von der Zeitfolge der Hebung abhängigen Einfluß werde ich p, den von der Raumlage abhängigen q nennen. Bei entgegengesetzter Zeit- und Raumlage haben p und q ein entgegengesetztes Vorzeichen. Welches Vorzeichen wir für eine gegebene Lage verwenden wollen, ist willkürlich, nur daß wir bei der entgegengesetzten das entgegengesetzte verwenden. Setzen wir also bei dem ersten Hauptfalle p und q mit positivem Vorzeichen an, so nimmt M beim ersten Hauptfalle den Wert + p + q, beim zweiten - p + q , beim dritten + p - q, beim vierten - p - q an, und erhalten wir also bei den 4 Hauptfällen folgende Werte für

t = h (D + M)
t1 = h (D + p + q)
t2 = h (D - p + q)
t3 = h (D + p - q)
t4 = h (D - p - q)

Die Addition dieser 4 Werte und Division mit 4 gibt hD; auch reicht die Addition der ersten und vierten, so wie zweiten und dritten Gleichung, mit nachfolgender Division durch 2, für sich allein hin, hD finden zu lassen.

Dieselben Gleichungen sind geeignet, durch additive und subtraktive Kombination die Werte von hp und hq und in Folge dessen von p und q zu geben. Man erhält nämlich so zunächst:

.

Dividiert man die so erhaltenen Werte von hp, hq mit dem vorhin erhaltenen Werte so erhält man das Verhältnis von p, q zu D, und durch Multiplikation dieses Verhältnisses mit D den Wert von p, q in Grammen, wenn D selbst in Grammen ausgedrückt ist. Auch können hp, hq eben so wie hD jedes in doppelter Weise schon durch die t's zweier Hauptfälle bestimmt werden, und in der Übereinstimmung der so erhaltenen Werte eine Kontrolle gesucht werden.

Je nach der Richtung der Einflüsse p, q können dieselben eben so wohl mit negativem als positivem Vorzeichen bei dieser Bestimmungsweise hervorgehen, so daß man mit der Größe die Richtung derselben zugleich durch diesen Weg bestimmt findet; wobei das Vorzeichen mit Rücksicht auf die Weise zu verstehen ist, wie p und q in die Grundgleichungen eingeführt sind.

Die definitive Lösung der ganzen Aufgabe mit ihren Nebenaufgaben führt also zur Bestimmung von h, p, q durch folgende Gleichungen:

Doch wird man häufig für die anzustellenden Maßvergleiche bei den Werten hD, hp, hq oder 4 hD, 4 hp, 4 hq, oder, im Falle einer Zusammenlegung der Resultate aus mehreren, nur immer gleich viel, Fraktionen bei irgend welchen größeren Multiplis jener Werte stehen bleiben können, wie der Sachverständige leicht übersieht.

Auf diese Weise, wodurch man zugleich eine vollständige Elimination und genaue Bestimmung der Einflüsse p, q erlangt, sind alle meine später (im 9. und 12. Kapitel) folgen-den Maßbestimmungen über die Unterschiedsempfindlichkeit im Felde der Gewichtsversuche gewonnen, und es können die dort auszuführenden Resultate in mehrfacher Beziehung zur Erläuterung und zum Belege dessen dienen, was hier über den Gegenstand im Allgemeinen gesagt ist. Vollständigeres und Zusammenhängenderes in dieser Hinsicht werden die "Massbestimmungen" bieten.

Wenn ich künftig darauf Bezug zu nehmen habe, werde ich, in Übereinstimmung mit der (s. o.) getroffenen Wahl der Vorzeichen, den von der Zeitfolge der Hebung abhängigen Einfluß p als positiv fassen, wenn vermöge desselben das erstaufgehobene, als negativ, wenn das zweitaufgehobene Gefäß unabhängig von D als das schwerere erscheint, den von der Raumlage abhängigen Einfluß q als positiv, wenn vermöge desselben das linksstehende, als negativ, wenn das rechtsstehende Gefäß als das schwerere erscheint. Sage ich also z. B., der Einfluß p wog +10 Grammen, so heißt dies, abgesehen vom Mehrgewichte erschien das erstaufgehobene Gefäß um 10 Grammen schwerer als das zweitaufgehobene. Das 12. Kapitel wird Gelegenheit geben, solche Bestimmungen anzuführen

Auch bei gleichbleibenden Verhältnissen der Zeit- und Raumlage der Gefäße können sich p und q doch durch innere Gründe ändern, da jene objektiven Verhältnisse nur nach ihrer subjektiven Auffassungsweise in Betracht kommen, die aus unbekannten Gründen sehr veränderlich ist.

So veränderlich aber die Einflüsse p und q nach äußeren und inneren Verhältnissen sind, so hat sich doch aus der Gesamtheit meiner, unter vielfachen Abänderungen angestellten, Versuche übereinstimmend herausgestellt, daß der Einfluß p durch vermehrte Schwere der Hauptgewichte oder vorgängige Ermüdung der Arme bei einhändigem wie zweihändigem Verfahren die Tendenz hat, sich in negativem Sinne zu ändern, d. h. geringere positive, oder größere negative Werte anzunehmen, oder aus positiven in negative Werte umzuschlagen, ferner, daß p und q bei einhändigem Verfahren und unter sonst gleichen Umständen größere positive oder kleinere negative Werte bei der Rechten als Linken haben; endlich, daß die Größe und Richtung dieser Einflüsse nicht wesentlich von der Größe von D abhängt. Auf weitere Details ist hier nicht einzugehen.

Man könnte die Kompensation der Miteinflüsse p, q auch dadurch bewirken wollen, daß man das r der 4 Hauptfälle vor der Berechnung der t's zusammennähme, und aus dem so erhaltenen gemeinsamen nach der Fundamentaltabelle ein gemeinsames t ableitete, welches man = hD setzte. Dieses Verfahren kann unter Umständen Dienste leisten, wird aber von mir als das der unvollständigen Kompensation bezeichnet, indem sich wie folgt zeigen läßt, daß man nicht wirklich hierdurch genau auf den Wert hD und mithin h zurückkommt, der ohne das Dasein der Miteinflüsse erhalten worden wäre.

Sei beispielsweise der Einfluß p zu Gunsten des zweitaufgehobenen Gefäßes, und nehmen wir übertreibend an, er sei außerordentlich groß, sei unendlich groß, so versteht es sich von selbst, daß die Zufügung eines endlichen D zum einen beider Gefäße ganz einflußlos werden würde, das Urteil zu bestimmen, und stets und jedesmal das zweit aufgehobene Gefäß als das schwerere erscheinen würde; daß daher, wenn das Gefäß mit D eben so oft zuerst als zu zweit aufgehoben wird, wie bei unseren Versuchen geschieht, und wenn die Fälle dieser beiden Zeitlagen zusammengenommen werden, die man versucht sein könnte, als zugänglich zur Elimination von p zu halten, die Zahl der richtigen Fälle und falschen Fälle eben so gleich ausfallen wird, als wenn die Empfindlichkeit für den Gewichtsunterschied null wäre, wo man auch eine gleiche Anzahl richtiger und falscher Fälle erhält. Die Empfindlichkeit für D erscheint so zu sagen durch den Miteinfluß übertäubt. Wogegen, wenn der Einfluß der Zeitfolge der Hebung gar nicht vorhanden wäre, D sein Übergewicht gleich sehr bei beiden Zeitlagen geltend machen, und ein seiner Größe und der vorhandenen Empfindlichkeit angemessenes Übergewicht der richtigen Fälle für das Gefäß, worin es liegt, begründen würde. Also kann das Zusammennehmen der richtigen Fälle bei entgegengesetzten Zeitlagen nicht äquivalent gesetzt werden dem Falle, daß kein Einfluß der Zeitlage überhaupt vorhanden gewesen. Denn begreiflich nähert man sich jenem vorausgesetzten Extreme um so mehr, je stärker der Miteinfluß wird. Und was in dieser Hinsicht von p gilt, gilt eben so von q und vom gleichzeitigen Dasein beider. Hingegen wird man durch unser Verfahren der vollständigen Kompensation, wo die Zahlen r für die verschiedenen Hauptfälle getrennt zur Ableitung von t benutzt werden, wirklich auf dasselbe Resultat bezüglich hD zurückgeführt, als wenn kein Miteinfluß p und q vorhanden wäre; indem sich derselbe dadurch eliminiert.

Wie leicht zu erachten, muß eben so, wie der Einfluß von D gegen p oder q verschwinden kann, auch das Umgekehrte stattfinden können. Wenn D sehr groß ist, so kann weder der Einfluß der sukzessiven Aufhebung noch der Einfluß der Handstellung mehr spürbar werden, sondern das Urteil richtet sich bloß nach der Lage von D, und, sofern D gleich oft entgegengesetzte Zeit- und Raumlagen annimmt, wie es bei unserer Versuchsweise der Fall, muß die Zahl der Erst- und Zweitfälle, der rechten und linken Fälle gleich groß werden, oder sich doch mit zunehmendem D dieser Gleichheit immer mehr nähern.

Obwohl sich dies Alles leicht theoretisch ergibt, gestehe ich doch, erst durch die Erfahrungen selbst darauf geführt worden zu sein, da bei schweren Hauptgewichten der Einfluß p manchmal so groß wurde, daß jene Art Übertäubung des Einflusses von D schon ohne Rechnung bei den Versuchen spürbar wurde und nach der Berechnung die gesetzlichen Abhängigkeitsverhältnisse der Unterschiedsempfindlichkeit erheblich alteriert erschienen, indem ich früher immer die richtigen Fälle der verschiedenen Zeit- und Raumlage vor der Berechnung der t-Werte zusammennahm.

Wie leicht zu erachten, kann das Verfahren mit wiederholtem Hin- und Herwiegen der Gefäße (s. o.), welches keine Sonderung der 4 Hauptfälle gestattet, überhaupt nur diesen Erfolg der unvollständigen Kompensation gewähren.

Übrigens wird man vom Verfahren der vollständigen Kompensation dann absehen können, wenn es nicht auf ein eigentliches Maß der Unterschiedsempfindlichkeit, sondern nur auf Beurteilung von Mehr, Weniger und Gleich ankommt, und wenn man keine oder keine starken Abänderungen der Einflüsse p, q im Laufe der Untersuchung vorauszusetzen hat. Dann wird man allerdings nicht nur die Zahlen aller 4 Hauptfälle zusammennehmen, sondern auch es unnötig halten können, von den richtigen Zahlen zu den t-Werten erst überzugehen, indem eine gleiche, größere oder kleinere Zahl r bei gegebenem n unter Anwendung eines gegebenen D, dann eine gleiche, größere oder kleinere Unterschiedsempfindlichkeit beweist. Doch darf man nicht vergessen, daß dies an die Bedingung der Konstanz der Einflüsse p, q geknüpft bleibt. Es hat aber nach Vorigem eine beträchtlichere Größe regelmäßig in entgegengesetztem Sinne wechselnder konstanter Einflüsse denselben Erfolg als nach (s. o.) die beträchtlichere Größe unregelmäßig wechselnder Zufälligkeiten, d. i. die richtigen Zahlen r zu verkleinern, so daß bei gleicher oder selbst größerer Unterschiedsempfindlichkeit die zusammengefaßten richtigen Zahlen r der 4 Hauptfälle geringer ausfallen können, wenn die konstanten Miteinflüsse größer sind, somit sich falsche Verhältnisse auf diese Weise herausstellen können, welche nur auf dem Wege der vollständigen Kompensation verschwinden. Insofern man nun bei der großen Variabilität jener Einflüsse aus inneren Gründen (vgl. o.) selbst bei sorgfältig vergleichbar gehaltenen äußeren Verhältnissen nie vollkommen dafür einstehen kann, daß sie in die zu vergleichenden Werte wirklich vergleichbar eingehen, wird der freilich umständlichere Weg der vollständigen Kompensation, hiermit die Sonderung der 4 Hauptfälle und Rückgang auf die t-Werte, immer eine größere Sicherheit gewähren, und der Vergleich der bloßen Zahlen r nur zu mehr oberflächlichen und vorläufigen Bestimmungen dienen können.

Die methodische Einhaltung der gleichen Beobachtungszahl und des regelmäßigen Wechsels der 4 Hauptfälle, ohne welche die genaue Elimination und Bestimmung der konstanten Einflüsse p, q nicht zu erreichen ist, setzt eine regelmäßige Abänderung der Lage des Mehrgewichtes und also stete Kenntnis dieser Lage voraus. Diese Kenntnis würde bei dem angegebenen ersten Verfahren, wo jede Entscheidung, die einen Beitrag zur Zahl r gibt, als eine Art definitive erst nach wiederholtem Hin- und Herwiegen der Gefäße gefällt wird, notwendig einen bestimmenden Einfluß auf das Urteil gewinnen, den sie bei dem zweiten, wo der Ausfall jeder einzelnen Doppelhebung einen Beitrag zu r liefert, verliert, da man weiß, daß dieser Ausfall in nicht berechenbarer Weise von Zufälligkeiten und von der Raum- und Zeitlage der Gefäße mit bestimmt wird, die Einbildungskraft also in der Kenntnis der Lage des D keinen Anhalt findet, einen bestimmten Erfolg der einzelnen Doppelhebungen danach vorweg zu nehmen, sondern sich nur an die Aussage der Empfindungen wie an etwas Objektives halten kann. Der Anblick meiner Beobachtungstabellen bestätigt dies. Der Ausfall der einzelnen Urteile zeigt sich darin ganz unregelmäßig und durch den Wert und die Verhältnisse von p, q im Ganzen eben so sehr und oft noch mehr als durch die Lage von D bestimmt, ja die Zahl der falschen Fälle, entgegen dem, was die bekannte Lage des D fordern würde, in vielen Versuchsreihen bei manchen Hauptfällen überwiegend über die der richtigen.

Hiernach wird auch bei dem zweiten Verfahren die Zuziehung des, bei dem ersten Verfahren unentbehrlichen, die Lage des Mehrgewichtes ohne unser Wissen abändernden, Gehilfen entbehrlich, und ist sogar hier nicht zulässig, da vielmehr eine stete eigene Kontrolle über die Lage des Mehrgewichtes und eine ganz ungestörte gleichförmige Spannung der Aufmerksamkeit während des Laufes der fortgesetzten Hebungen bei diesem Verfahren ganz wesentlich ist.

Nachdem ich einige Monate durch Versuche nach dem ersten Verfahren, unter sorgfältiger Einhaltung der Nichtkenntnis der Lage des Mehrgewichtes, angestellt habe, ehe ich zum zweiten, mit Kenntnis der Lage desselben überging, bin ich wohl im Stande, die Verhältnisse beider Verfahrungsarten vergleichungsweise zu beurteilen, und würde nicht bei dem zweiten stehen geblieben sein, wenn ich mich nicht hinreichend überzeugt hätte, daß die dabei notwendige Kenntnis von der Lage des Mehrgewichtes auch gefahrlos sei.

Sollte man diese Erklärungen nicht genügend finden, den Verdacht einer Mitwirkung der Einbildungskraft bei meinen, nach diesem Verfahren angestellten, Versuchen auszuschließen, so muß ich auch hierüber auf die "Maßmethoden" verweisen, wo teils die eingehendere Darstellung der Sachlage dieser Versuchsweise, teils die Weise selbst, wie sich ihre Ergebnisse stellen, demselben noch wirksamer begegnen dürfte. Jedenfalls aber würde ich Einwände aus diesem Gesichtspunkte nur auf Grund sorgfältiger eigener Prüfung des Verfahrens gestatten.

Bei der Berechnung pflege ich die Versuchsreihen nicht bloß nach den 4 Hauptfällen, sondern bemerktermaßen auch in Fraktionen nach der Zeit und anderen Umständen in der Art abzuteilen, daß jedem einzelnen t-Werte eine Fraktion von 64 einfachen Hebungen oder Fällen untergelegt wird, und die aus den Fraktionen gewonnenen t-Werte zu Summen- oder Mittelwerten zu kombinieren, statt die Ableitung des t jedes Hauptfalles aus dem Total- n, was die Reihe dafür gibt, vorzunehmen, aus Gründen, die schon mehrfach im Allgemeinen angedeutet sind und in den "Maßmethoden" näher besprochen werden.

Allerdings wird die Berechnung auf diese Weise, namentlich bei größeren Versuchsreihen, ziemlich umständlich; doch werden Variationen der konstanten Einflüsse dadurch weniger schädlich.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Wert hD zur Ableitung aus Fraktionen im Durchschnitte etwas größer als aus der Totalität erhalten wird, um so mehr, je kleiner die Fraktionen genommen werden, wovon die Gründe sich theoretisch angeben lassen, was ich aber für jetzt übergehe. Demnach muß man zur Vergleichhaltung der Werte die Ableitung immer aus Fraktionen mit demselben n vornehmen, und das n angeben, auf welches fraktioniert worden ist. Dies n ist also bei den von mir künftig anzuführenden Resultaten, wo nichts Anderes ausdrücklich angegeben ist, stets 64 gewesen, bezüglich auf einfache Hebungen.

Es gibt noch praktisch nützliche Bemerkungen über die Größe des bei den Versuchen anzuwendenden D, das man zweckmäßig weder zu klein noch zu groß nehmen darf, über die Sicherheitsbestimmungen der Resultate und manche Nebenpunkte zu machen, deren Erörterung ich auf die Maßmethoden verspare.

e) Spezielles zur Methode der mittleren Fehler, in Anwendung auf die Augenmaß- und Tastversuche.Revision S. 104–119.

Die experimentale Seite betreffend, bemerke ich, daß man sich bei Augenmaßversuchen besser paralleler Fäden oder Spitzen oder distanter Punkte als Zirkelweiten unter Anwendung von Schenkelzirkeln, zur Herstellung der Distanzen bedient, auf welche die Schätzung anzuwenden ist, um nicht die Schätzung der Winkelweite mit ins Spiel zu bringen; es sei denn, daß solche selbst zum Gegenstande der Beobachtung gemacht werden soll.

Zu den Tastversuchen wende ich gestielte Schenkelzirkel mit eingelassenen englischen Nähnadelspitzen an, und fasse die Zirkel bei den Versuchen an den Stielen.Die Anwendung ungestielter Zirkel mit Fassung der Zirkel an den Schenkeln und Selbstapplikation derselben gibt nach vergleichenden Versuchen, die ich angestellt habe, größere konstante sowohl als variable Fehler. Die Spitzen sind nicht oder kaum merklich abgestumpft, um die Distanzen an einem Maßstabe mit Transversalen genau bestimmen zu können, werden aber nur sehr leise aufgesetzt und die Versuche nicht bis zur Reizung fortgesetzt. Ich habe die meisten Tastversuche an mir selbst, aber vergleichsweise auch solche mit Applikation der Zirkel durch einen Gehilfen angestellt, wobei geringere konstante, aber, wegen der ungleichförmigeren Applikation der Zirkel durch eine fremde Hand, wodurch das Spiel der Zufälligkeiten vergrößert wird, viel größere variable Fehler erhalten wurden, von deren Unterscheidung und Trennung sofort die Rede sein wird. Normaldistanz nenne ich die Distanz, welche dem Vergleiche bei den Augenmaß- und Tastversuchen konstant untergelegt wird, Fehldistanz die, im Allgemeinen mit einem Fehler behaftete, Distanz, welche ihr gleich geschätzt worden ist. Die Differenz einer Fehldistanz von der Normaldistanz gibt das, was ich den rohen Fehler nenne und mit δ bezeichne, zur Unterscheidung von dem gleich zu betrachtenden reinen Fehler Δ .

Wie bereits bemerkt, weicht die aus vielen Beobachtungen abgeleitete mittlere Fehldistanz im Allgemeinen von der Normaldistanz um eine oft beträchtliche Größe ab, und sind die positive und negative Summe der rohen Fehler sich im absoluten Werte nicht gleich, sondern meist überwiegt die eine beträchtlich über die andere. Um diesen Umstand erforderlich zu berücksichtigen, betrachte ich die Abweichung der mittleren Fehldistanz von der Normaldistanz als konstanten Fehler, und die Abweichung einer einzelnen Fehldistanz von der mittleren als reinen variabeln Fehler, und substituiere die Betrachtung dieser beiden Fehler der Betrachtung der rohen Fehler. Indem sich der rohe Fehler algebraisch aus dem konstanten und reinen variabeln Fehler zusammensetzt, nenne ich beide die Komponenten des rohen Fehlers. Den konstanten Fehler bezeichne ich mit c, den reinen variablen Fehler mit Δ , und die Summe der durch eine gegebene Beobachtungsreihe oder Fraktion gewonnenen reinen Fehler mit ΣΔ. Nur die reinen Fehler sind zum Maße der Unterschiedsempfindlichkeit zu verwenden, und nur aus ihnen, nicht den rohen, Fehlern der zu diesem Maße dienende mittlere Fehler zu ziehen. Der konstante Fehler beruht auf konstanten Einflüssen der Zeit- und Raumlage der verglichenen Größen und der durch subjektive Verhältnisse mitbestimmten Weise, wie durch sie das Urteil affiziert wird.

Die Notwendigkeit, den rohen Fehler in seine Komponenten aufzulösen, ruht eben so auf mathematischen wie experimentalen Gründen, die ich in den "Maßmethoden" erörtere; auch gibt es zwischen dem rohen Fehler und seinen Komponenten mathematische Beziehungen, die es nützlich ist, bei der Handhabung der Methode zu kennen, was ebenfalls ein Gegenstand spezieller Erörterungen in den "Maßmethoden" sein wird, indem ich mich überall hier darauf beschränke, das Wesentlichste der Methode zu besprechen.

Von fundamentaler Wichtigkeit für die Methode ist die wesentliche Unabhängigkeit des reinen variablen Fehlers vom konstanten, die sich durch die Experimente herausgestellt hat, so daß man bei entgegengesetzter Raum- und Zeitlage der verglichenen Distanzen, womit der konstante Fehler sich in entgegengesetztem Sinne ändert und die rohe Fehlersumme oft sehr verschieden ausfällt, merklich dieselbe reine Fehlersumme erhält; wofern nicht die entgegengesetzte konstante Raum- und Zeitlage zugleich ein Spiel unregelmäßiger Zufälligkeiten von anderer Durchschnittsgröße mitführt, was doch nach Erfahrung nicht leicht der Fall ist. Hiernach erscheint es auch für Ermittelung der Verhältnisse des reinen variablen Fehlers oft nicht nötig, die Versuche darüber bei entgegengesetzter Raum- und Zeitlage der verglichenen Distanzen zu wiederholen, wohl aber, wenn es sich darum handelt, die des konstanten Fehlers zu ermitteln. Indem man die bei entgegengesetzter Raum- und Zeitlage erhaltenen Werte desselben in geeigneter Weise kombiniert, kann man ihn in verschiedene Bestandteile nach seinen Abhängigkeitsverhältnissen trennen, wie ich in den "Maßmethoden" näher zeige und der Sachverständige von selbst übersieht; ein Verfahren, was wesentlich mit dem übereinkommt, das bei der Methode der richtigen und falschen Fälle zur gesonderten Bestimmung der Einflüsse p, q diente.

Bei den Augenmaßversuchen wird man hierbei (je nachdem es horizontale oder vertikale Distanzen gilt) Rechts- und Linkslage oder obere und untere Lage der Normaldistanz gegen die Fehldistanz zu unterscheiden haben; bei den Tastversuchen Fassung des Normalzirkels mit rechter, des Fehlzirkels mit linker Hand und umgekehrt, oder, falls man mit einer Hand Versuche an der anderen anstellt, und daher beide Zirkel in derselben Hand faßt, Fassung des einen Zirkels mit dem oberen, des anderen mit dem unteren Teile der Hand und umgekehrt. Außerdem habe ich bei den Tastversuchen auch einen Gegensatz nach der Zeit gemacht, je nachdem der Normalzirkel oder Fehlzirkel bei jedem Vergleiche zuerst appliziert wird.

Bei der Bildung des mittleren Fehlers aus dem reinen variablen Fehler hat man die Wahl zwischen zwei Arten mittleren Fehlers. Der eine, welchen ich mittleren Fehler schlechthin oder zur besonderen Unterscheidung vom folgenden einfachen mittleren Fehler nenne und mit ε bezeichne, wird durch einfache Mittelziehung aus der reinen Fehlersumme, nach der Gleichung

gewonnen, wenn m die Zahl der Fehler bedeutet, welche zu ΣΔ beitragen. Der andere, welcher bei den Astronomen den Namen mittlerer Fehler schlechthin führt, hier aber quadratischer mittler Fehler heißen und mit ε q bezeichnet werden soll, wird dadurch erhalten, daß man die Fehler einzeln zum Quadrate erhebt, die Summe dieser Quadrate Σ (Δ 2) mit der Zahl derselben m dividiert, und aus dem Quotienten die Quadratwurzel zieht, also nach der Gleichung

.

Mit einem Worte, er ist die Wurzel aus dem mittleren Fehlerquadrate. Beide Mittelfehler haben, falls sie aus einer großen Fehlerzahl gewonnen sind, theoretisch genommen, nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung ein konstantes Verhältnis zu einander, welches ist

wenn π die Ludolf'sche Zahl, wonach der quadratische mittlere Fehler merklich genau 5/ 4 des einfachen ist. Durch Untersuchung einer großen Zahl Versuchsreihen habe ich mich überzeugt, daß die Erfahrung diesem Verhältnisse sehr genau entspricht, so daß nur zufällige, und bei hinreichend großer Versuchszahl sehr geringe, Schwankungen um dieses Normalverhältnis stattfinden. Belege dazu s. in den Maßmethoden; auch kann man solche aus den im 9. Kapitel angeführten Resultaten über die Augenmaßversuche ableiten. Hiernach erschiene es gleichgültig, ob man sich an ε oder ε q hält. Indes findet eine Wahl danach statt, daß ε viel minder umständlich in der Ableitung, ε q etwas sicherer in der Bestimmung aus einer gleichen Anzahl Beobachtungen ist, so daß (nach den Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung) 114 Beobachtungen erforderlich sind, um ε gleich sicher zu bestimmen, als ε qaus 100 Beobachtungen bestimmt wird. Nach eingehenden Erörterungen in den "Maßmethoden" glaube ich doch, daß die praktische Rücksicht bei etwas großer Beobachtungszahl, wie sie bei unserer Methode überall gefordert wird, überwiegend für ε spricht, ohne daß das verhältnismäßig geringe, und bei großem m ganz zu vernachlässigende Übergewicht der Sicherheit für ε q den praktischen Vorteil kompensiert. Doch bleibt die Wahl einem Jeden anheimgestellt. Wo man immer dieselbe Anzahl Beobachtungen zur Erlangung eines Resultates anstellt, kann man gleichgeltend mit ε auch die reine Fehlersumme ΣΔunmittelbar zum Maße verwenden, sich also die Division mit m ersparen.

Eine besondere Rücksicht verdient der Umstand, daß die reine Fehlersumme, so wie der reine Mittelfehler, sei es ε oder ε q, eine etwas verschiedene Größe erlangt, je nachdem man die mittlere Fehldistanz, gegen welche man die reinen Fehler rechnet, als Mittelwert aus der Totalität einer Fehlerzahl bestimmt, oder die Fehlerzahl in Fraktionen teilt, für jede Fraktion insbesondere die mittlere Fehldistanz bestimmt, hingegen die reinen Fehler insbesondere rechnet, und dann die Resultate zu Summen- oder Mittelwerten zusammenlegt, was dem für die Methode der richtigen und falschen Fälle bemerkten Umstande analog ist und analoge Gründe hat. Im Allgemeinen, unter sonst gleichen Umständen, fällt die reine Fehlersumme und der reine Mittelfehler um so größer aus, je weniger weit man die Fraktionierung getrieben hat; größer also z. B., wenn man eine reine Fehlersumme aus 100 rohen Fehlern auf einmal ableitet, als wenn man diese 100 Fehler in 2 Fraktionen à 50 teilt, aus jeder dieser Fraktionen insbesondere die reine Fehlersumme ableitet, und diese beiden Fehlersummen zusammenlegt. Diese Summe aber wird wieder größer sein, als wenn man das Resultat aus 4 Fraktionen à 25 zusammengelegt hätte, und so fort. Doch ist der Unterschied nur sehr unerheblich, wenn man mit der Fraktionierung nicht zu sehr kleinen Fraktionen herabgeht.

Der Grund ist ein doppelter. Der eine liegt darin, daß durch eine kleine Beobachtungszahl die mittlere Fehldistanz und mithin die dagegen gerechneten reinen Fehler abweichend von den wahren Werten erhalten werden, wofür die anzusehen sind, die man unter gleichen Beobachtungsverhältnissen aus einer unendlichen Zahl Beobachtungen erhalten würde, und es läßt sich aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung beweisen, und bestätigt sich in der Erfahrung, daß der quadratische mittlere Fehler hierdurch notwendig, der einfache durchschnittlich (ebenfalls notwendig bei normaler Fehlerverteilung) zu klein ausfällt. Der andere Grund liegt in den bei längeren Versuchsreihen nie ganz auszuschließenden Variationen des konstanten Fehlers, wodurch die reinen Fehlersummen verunreinigt und vergrößert werden, wenn man Beobachtungen, welche solche Variationen einschließen, zusammenfaßt, und zur Ableitung der mittleren Fehldistanz und reinen Fehler benutzt.

Wegen der ersten dieser Ursachen läßt sich eine Korrektion anbringen, die ich die Korrektion wegen des endlichen m nenne, wodurch die Fehlersumme oder der mittlere Fehler auf den Fall zurückgeführt wird, daß die wahre mittlere Fehldistanz aus einer unendlichen Zahl Beobachtungen bestimmt und hiergegen die reinen Fehler gerechnet werden. Diese Korrektion ist schon längst beim quadratischen mittleren Fehler angewendet worden, wenn er zu Genauigkeitsbestimmungen bei physikalischen und astronomischen Beobachtungen diente, und besteht darin, daß man ε q statt = vielmehr = nimmt, woraus man schon übersieht, daß sie um so unbedeutender ist, und um so leichter vernachlässigt werden kann, je größer m ist. Für den einfachen Mittelfehler ε ist die demgemäße Korrektion bisher noch nicht entwickelt gewesen, weil sich bisher noch keine praktische Verwendung desselben dargeboten hat. Ich finde, daß sie sich nach einem analogen Gange, als der Ableitung der Korrektion des quadratischen Mittelfehlers unterliegt, dahin annehmen läßt, daß man mit dem Faktor multipliziert, wenn π die Ludolf'sche Zahl. Einfacher und genau genug läßt sich dafür setzen , welches noch etwas mehr approximiert als das sich zunächst darbietende , wie man durch die Ausführung selbst findet .

Anmerkung: Auch der Korrektionsfaktor ist nur ein approximativer, der für einen in endlicher Form nicht darstellbaren Integralausdruck steht, aber nur ganz unmerklich davon abweicht. Ein sachverständiger Mathematiker hat die Gefälligkeit gehabt, die, in den Maßmethoden mitzuteilende, Ableitung dieser Korrektion zu kontrollieren. Denselben Korrektionsfaktor hat man zur Korrektion von Fehlersummen aus endlichem m anzuwenden, wenn man bei den Fehlersummen stehen bleibt, ohne den mittleren Fehler ε daraus zu ziehen. Behandelt man eine Beobachtungsreihe fraktionsweise, d. h. bestimmt die reinen Fehler besonders nach den mittleren Fehldistanzen der betreffenden Fraktionen, so ist auch die Korrektion wegen des endlichen m bei jeder Fraktion insbesondere nach dem m der Fraktionen, nicht im Ganzen nach der Totalzahl der Beobachtungen aller Fraktionen anzubringen. Beispiele hierzu s. im 5. Abschn. des 9. Kap.

Da wo es bloß auf Verhältnisbestimmungen ankommt, wird man sich die Korrektion wegen des endlichen m dadurch ersparen können, daß man immer dasselbe m zu Grunde legt, oder wenn man eine verschiedene Zahl Beobachtungen anstellt, immer auf dasselbe m fraktioniert, indem dann die aus der Endlichkeit des m hervorgehende Verkleinerung der mittleren Fehler oder Fehlersummen alle in gleichem Verhältnisse trifft.

Wegen der zweiten Ursache läßt sich keine Korrektion anbringen; wohl aber dieselbe durch hinreichend starke Fraktionierung merklich beseitigen. Da nun die erste Ursache durch eine Korrektion oder durch ein stets gleiches m unschädlich gemacht werden kann, so ziehe ich, um auch die zweite unschädlich zu machen, im Allgemeinen eine starke Fraktionierung der unfraktionierten Behandlung größerer Versuchsreihen vor. Bei meinen Tastversuchen habe ich stets bis auf m = 10 fraktioniert (was für ε und ΣΔ den Korrektionsfaktor 31/ 30 gibt), und die 10 Beobachtungen jeder Fraktion da, wo es ohne zu starke Reizung geschehen konnte, auch stets unmittelbar hinter einander angestellt. Manche Teile, wie namentlich die Stirn, vertragen jedoch so viele Versuche hintereinander auf derselben Stelle nicht.

Jedenfalls wird es hiernach bei der jetzigen Methode, entsprechend wie bei der Methode der richtigen und falschen Fälle, nötig, bei den Resultaten anzugeben, ob und bis auf welches m man bei Ableitung derselben fraktioniert habe. In dieser Beziehung werde ich bei der Methode der mittleren Fehler m und μ eben so verwenden, als n und v bei der Methode der richtigen und falschen Fälle, d. h., falls fraktioniert worden ist, m für die Zahl der Beobachtungen, die in eine Fraktion eingehen, μ für die Anzahl der Fraktionen brauchen, so daß μm die Gesamtzahl der Beobachtungen ist, die zu einem Resultate bezüglich eines und desselben Beobachtungswertes beitragen, welches dann aus μ einzelnen Resultaten zusammengelegt sein wird.

Bei Fehlersummen, die einen sehr kleinen Mittelfehler geben, kann es nötig werden, noch zwei andere Korrektionen zu berücksichtigen, die ich die Korrektion wegen der Größe der Intervalle und wegen Schätzung der Einteilung nenne. Die erste bezieht sich darauf, daß man immer nur Fehler aufzeichnet, welche um gewisse endliche Intervalle auseinander liegen, die um so größer sind, je weniger weit die Teilung des Maßstabes, wodurch man die Fehler mißt, und die Unterabteilung in Dezimalen durch Schätzung getrieben wird, die unendlich vielen dazwischenfallenden Fehler aber auf die nachbarlichen dieser Skala reduziert. Dies hat einen Einfluß auf den Mittelfehler. Die zweite bezieht sich darauf, daß man bei Messung der Fehler am Maßstabe selbst wieder Fehler begeht. Die Korrektion wegen ersten Umstandes ruht auf rein mathematischen Prinzipien der Fehlertheorie, und läßt sich a priori bestimmen; die zweite fordert experimentale Untersuchungen, wie sich die Schätzungsfehler der Einteilung bei den verschiedenen Bruchteilen eines Grades der Einteilung verhalten, worüber eine interessante Untersuchung Volkmann's in den Berichten der sächs. Soc. Jahrg. 1858 S. 173 vorliegt. Ich abstrahiere jedoch hier um so mehr vom Eingehen auf diese Korrektionen, als sie fast immer zu vernachlässigen sind.

Von größerer Wichtigkeit sind Formeln und Regeln, mittelst deren es möglich ist, die Unsicherheit der Mittelfehler und Fehlersummen nach der Größe der Beobachtungszahl zu bestimmen, so wie Regeln, wonach die gewonnenen Einzelresultate zum wahrscheinlichsten Resultate verbunden werden können. Alles, was in dieser Hinsicht zu wissen nötig ist, läßt sich aus der Wahrscheinlichkeitslehre schöpfen und für den Gebrauch praktisch darstellen; würde jedoch, um zulänglich geschehen zu können, manche Vorerörterungen nötig machen, die hier zu weit führen dürften.

Eine einsichtige Handhabung der Methode der mittleren Fehler erfordert überhaupt eine Kenntnis der Hauptpunkte der mathematischen Fehlertheorie, welche ein Teil der Wahrscheinlichkeitslehre ist. Ich denke, das Wesentliche in dieser Hinsicht in den "Maßmethoden" auch für den verständlich geben zu können, der sich nicht selbst in diese Lehre vertiefen will; doch kann dies begreiflich hier nicht geschehen.

f) Mathematische Beziehung der drei Methoden.

Man kann die Frage aufwerfen, welche Beziehung die mittelst der drei Methoden erhaltenen Maßwerte zu einander haben. Gesetzt bei derselben Unterschiedsempfindlichkeit in einem gegebenen Sinnesgebiete sei der eben merkliche Unterschied, der mittlere Fehler, das Verhältnis und hiermit t = hD bestimmt worden. Es fragt sich, wie werden sie sich zu einander verhalten? Die Antwort hat auf folgenden Gesichtspunkten zu fußen:

Streng genommen wird man zu sagen haben: der eben merkliche Unterschied einer Größe ist der, welcher, als Unterschied der zu vergleichenden Größen bei der Methode der richtigen und falschen Fälle angewandt, gar keine falschen Fälle gibt, aber nicht verkleinert werden darf, ohne solche zu geben; denn dadurch, daß er noch merklich ist, wird das Vorkommen desselben und mithin jeder falsche Fall ausgeschlossen, und damit, daß er nur eben merklich ist, ist gesagt, daß er bei der geringsten Verkleinerung nicht mehr gespürt werden kann. Aber in Wirklichkeit, wenn man keine falschen Fälle bei einem gegebenen Unterschiede haben will, muß man ihn hoch genug nehmen, daß nicht Zufälligkeiten ihn unter die Merklichkeit herabdrücken, und wie hoch dies ist, oder wie viel falsche Fälle unter einer überwiegenden Mehrzahl richtiger man noch zulassen will, um ihn überhaupt als eben merklich zu fassen, kommt teils auf die durchschnittliche Größe der zutretenden Zufälligkeiten, teils das subjektive Ermessen an.

Der mittlere Fehler anderseits ist notwendig kleiner, als der eben merkliche Unterschied, falls dieser keine oder nur ausnahmsweise falsche Fälle zulassen soll. Denn wenn bei der Methode der mittleren Fehler ein Unterschied z. B. zweier Zirkeldistanzen noch merklich ist, so wird die Distanz so lange verändert, bis er unmerklich wird; und überhaupt tragen zur Bestimmung des mittleren Fehlers alle Fehler von Null an bei, welche kleiner als der eben merkliche Unterschied sind. Ein festes Verhältnis des eben merklichen Unterschiedes zum mittleren Fehler wird sich aber aus angegebenen Gründen auch nicht angeben lassen.

Hingegen gibt es eine, durch das Hauptintegral der Wahrscheinlichkeitsrechnung geknüpfte, derartige mathematische Beziehung zwischen der Methode der richtigen und falschen Fälle und der Methode der mittleren Fehler, daß sich angeben läßt, welches Verhältnis richtiger und falscher Fälle entstehen wird, wenn man die Größe des einfachen oder quadratischen mittleren Fehlers als Differenzgröße D bei der Methode der richtigen und falschen Fälle unter sonst vergleichbar gehaltenen Umständen verwendet. Und zwar beträgt, wie ich in den "Maßmethoden" zeigen werde, bei Verwendung des einfachen mittleren Fehlers als Differenzgröße (Mehrgewicht bei den Gewichtsversuchen) das Verhältnis merklich 2/ 3 genauer 0,658032.

Diese theoretische Beziehung ist inzwischen erst noch durch Versuche zu bewähren, was einige Schwierigkeit haben dürfte, insofern es dabei gilt, die Umstände für die zu vergleichenden Methoden in der Art vergleichbar herzustellen, daß die Zufälligkeiten gleichen Einfluß dabei gewinnen.

2) Maßmethoden der absoluten Empfindlichkeit.

Das Feld dieser Methoden liegt bezüglich der intensiven Empfindungen bisher noch fast brach, und außer einer Bestimmung von Schafhäutl über noch eben hörbare absolute Schallstärke, den Bestimmungen von E. H. Weber, und denen von Kammler über noch eben merkbare Druckgrößen, von welchen Bestimmungen im 11. Kapitel näher gehandelt wird, wüßte ich nicht, was sich hierher ziehen ließe. Im Felde der Lichtempfindung ist sogar eine reine Bestimmung der absoluten Empfindlichkeit nicht einmal möglich, weil man eine innere Quelle der Lichtempfindung, von der ich im 9. Kapitel spreche, nicht eliminieren kann.

Hiergegen haben die Maßmethoden der absoluten Empfindlichkeit eine sehr ausgedehnte Anwendung im Gebiete extensiver Empfindungen gefunden, sofern man sich vielfach beschäftigt hat, eben merkliche Größen oder Distanzen auf Netzhaut oder Haut zu bestimmen. In letzter Hinsicht liegen namentlich die bekannten und für die ganze Psychophysik bahnbrechenden Versuche E. H. Weber's über die eben merklichen Distanzen auf der Haut vor, womit die eine Verfahrungsart bezeichnet ist, die man für das absolute Empfindlichkeitsmaß anwenden kann, eine Verfahrungsart, welche der Methode der eben merklichen Unterschiede für das Maß der Unterschiedsempfindlichkeit analog ist. Auch die beiden anderen Methoden dieses Maßes aber tragen sich in einem Analogon auf das absolute Empfindlichkeitsmaß über.

Volkmann hat auf der leicht zu konstatierenden Bemerkung gefußt, daß die Weite der Zirkelspitzen, welche eine eben merkliche Distanz gibt, nichts absolut Festes ist, sondern innerhalb gewisser Grenzen schwankt, indem dieselbe Weite bei hinter einander angestellten Versuchen einmal als Distanz, ein anderes mal nicht als solche empfunden werden kann, so lange nicht eine obere Grenze überschritten ist, von der an die Weite stets als Distanz empfunden wird, oder eine untere, unter der sie niemals als solche empfunden wird, welche Grenzen aber selbst keiner absolut genauen Bestimmung fähig sind. Dies hindert nun zwar nicht, wie die Erfahrung selbst gelehrt hat, nach voriger Methode durch eine Mehrheit von Berührungen der Haut mit den Zirkelspitzen unter abgeänderter Weite eine mit der oberen Grenze nahe zusammenfallende, oder zwischen die obere und untere Grenze fallende Distanz als eben merkliche Durchschnittsdistanz, so vergleichbar in verschiedenen Versuchen, zu gewinnen, daß ein Maß darauf zu gründen ist. Wäre es nicht der Fall, so wären Weber's Versuche und von Anderen bestätigte Resultate nicht möglich gewesen. Aber es läßt sich auf jene Bemerkung eine Abänderung der Weber'schen Methode gründen, wodurch dieselbe ein Analogon der Methode der richtigen und falschen Fälle wird, und ist in der Tat von Volkmann darauf gegründet worden, bestehend darin, daß man 1) in wiederholten Versuchen bei einer gegebenen Zirkelweite zwischen der angegebenen oberen und unteren Grenze das Resultat jeder einzelnen Zirkelapplikation notiert, und die Zahl der Fälle zählt, wo Merklichkeit und Unmerklichkeit der Distanz stattfindet; daß man 2) dies Verfahren bei verschiedenen Zirkelweiten innerhalb jener Grenzen wiederholt. Je größer die extensive Empfindlichkeit der betreffenden Hautstelle, desto größer ist für eine gegebene Zirkelweite die Zahl der Fälle, welche hier die richtigen vertreten, d. h. wo die wirklich vorhandene Distanz auch wirklich als merklich empfunden wird, und desto kleiner kann die Distanz sein, um noch dieselbe Zahl richtiger Fälle zu liefern. Nun würde man jedes beliebige Verhältnis der richtigen zur Gesamtzahl der Fälle als Vergleichsmaßstab der Empfindlichkeit benutzen können; indem man für die verschiedenen Hautstellen die Zirkelweite aufsuchte, wo sie dasselbe Verhältnis geben; doch empfiehlt sich vielleicht am meisten dazu das von Volkmann in dieser Hinsicht bevorzugte Verhältnis, wo die Merklichkeit eben so oft als die Nichtmerklichkeit eintritt. Da die zugehörigen Zirkelweiten nicht absolut genau werden zu treffen sein, wird man durch Interpolation der Nachbarweiten, die dem Versuche unterlegen haben, genau genug dazu gelangen können. Die von Volkmann nach dieser Methode über den Gang der Übung der Tastempfindlichkeit angestellten Versuche sind in den Berichten der sächs. Societät 1858 S. 47 ff. enthalten, und haben durch ihre interessanten Resultate die Anwendbarkeit der Methode wohl bewährt.

Eine andere Abänderung der Weber'schen Methode, welche ich die Methode der Äquivalente nenne, ist im Tastgebiete von mir selbst im Zusammenhange mit der Methode der mittleren Fehler, deren Analogon sie darstellt, angewandt und ausgebildet worden; nachdem inzwischen E. H. Weber dieselbe schon früher zu Versuchen über die absolute Empfindlichkeit verschiedener Teile bezüglich der Druckempfindung angewandt hat.Programm coll. p. 97.

Im Wesentlichen besteht sie, bei Anwendung auf das Tastmaß, darin, daß man statt eines Zirkels auf einer Hautstelle deren zwei, respektiv A, B, auf zwei verschiedene Hautstellen A, B, deren extensive Empfindlichkeit verglichen werden soll, abwechselnd aufsetzt, und zur festen A-Distanz des A-Zirkels auf der A-Stelle die B-Distanz des B-Zirkels auf der B-Stelle so lange abändert, bis nach dem Gefühle der Haut die Distanz auf beiden Stellen gleich groß erscheint, obschon sie je nach der verschiedenen Empfindlichkeit der Hautstellen in Wirklichkeit ausnehmend verschieden sein kann. So erhält man Äquivalente gleich groß geschätzter Distanzen für beide Hautstellen, deren reziproker Wert, als Mittel aus einer größeren Anzahl Versuchen bestimmt, als Maß der extensiven Empfindlichkeit dienen kann.Über die Maßbestimmungen des Raumsinns etc., Abh. der kgl. sächs. Ges. d. W. XXII, S. 273 ff.

Man wird sich leicht überzeugen können, daß diese Methode sehr fein und genau ist, indem sie, insoweit die Empfindlichkeit der Hautstellen ein konstantes Verhältnis behält, sehr konstante und mit verschwindender Unsicherheit behaftete Resultate gibt, wovon Ersteres durch den Vergleich der verschiedenen Versuchsfraktionen, Letzteres durch den leicht zu berechnenden wahrscheinlichen Fehler des mittleren Resultates bewiesen wird; insofern aber jenes Verhältnis variiert, diese Variationen ins Feine zu verfolgen gestattet. In der Tat habe ich bei Versuchen, die monatelang an denselben Teilen fortgesetzt wurden, das konstanteste Verhältnis sich forterhalten sehen, wenn jeden Tag nur wenige Versuche angestellt wurden; eben so entschieden aber auch mehrfach, wo jeden Tag viele Versuche angestellt wurden, wodurch ein erheblicher Übungseinfluß entstand, allmälige Änderungen des Äquivalentes eintreten sehen, welche im Allgemeinen darin bestanden, daß der minder empfindliche Teil dem empfindlicheren näher kam, indem die Übung offenbar jenem mehr als diesem zu Statten kam.

Hierzu kommt als Vorteil dieser Methode vor den beiden vorigen, daß sie nicht darauf beschränkt, die Empfindlichkeit der Hautstellen in den Grenzen der eben merklichen Distanzen zu vergleichen, sondern sie bei jeden beliebigen Distanzen vergleichen läßt; wogegen sie gegen dieselben darin im Nachteile steht, daß sie eben nur Vergleichsdaten der absoluten Empfindlichkeit gibt, indes der Wert einer eben merklichen, oder eine gleiche Zahl merklicher und nicht merklicher Fälle liefernden Distanz als ein Datum angesehen werden kann, welches die absolute Empfindlichkeit gegebener Hautstellen in absoluter Weise charakterisiert. Man wird also jede dieser Methoden in ihrer Art gelten zu lassen haben.

Wie leicht zu übersehen, ist das Verfahren, was man bei der Methode der Äquivalente einschlägt, wesentlich dasselbe, als bei der Methode der mittleren Fehler, nur daß man die Ausgleichung der beiden Zirkeldistanzen für die Empfindung nicht auf derselben, sondern auf verschiedenen Hautstellen bewirkt, und nicht auf den Unterschied, sondern das Verhältnis der verglichenen Größen Acht hat. Es hindert aber nichts, bei der Methode der mittleren Fehler auch auf das Verhältnis der Vergleichsgrößen, d. i. Normaldistanz und Fehldistanz, und bei der Methode der Äquivalente auf die Abweichungen der einzelnen B-Distanzen von der mittleren B-Distanz als wie auf eben so viel reine Fehler Δ Rücksicht zu nehmen, und unter Zuziehung dieser Rücksicht ist die Methode der Äquivalente im Grunde nur das Allgemeinere der Methode der mittleren Fehler, und diese ein besonderer Fall der Methode der Äquivalente, der nämlich, wo man unter allen möglichen Stellen, die man gegen eine gegebene A-Stelle zur B-Stelle machen kann, die A-Stelle selbst dazu macht, womit die A-Distanz in die Normaldistanz, die B-Distanz in die Fehldistanz übergeht. Dies zeigt sich denn auch darin, daß die Verhältnisse des konstanten Fehlers und reinen variabeln Fehlers der Methode der mittleren Fehler bei der Methode der Äquivalente nur in allgemeinerer Weise wiederkehren. Eben so wie die Methode der mittleren Fehler erfordert daher auch die Methode der Äquivalente mancherlei Rücksichten und Vorsichten, die mit denen jener Methode in Beziehung stehen.

Ganz wesentlich ist namentlich die Umkehr jedes Vergleiches. Hat man z. B. das Äquivalent von B-Lippe gegen A-Kinn bestimmt, so muß man durch eine gleiche Zahl Versuche das Gegenäquivalent von B-Kinn gegen A-Lippe bestimmen, beide Resultate zwar besonders notieren, aber schließlich das Mittel nehmen, um nicht ein mit einem konstanten Fehler behaftetes einseitiges Resultat zu erhalten. Meine "Maßmethoden" werden genügende Belege und Erläuterungen dazu geben, wie wesentlich diese Vorsicht ist. Die Größe des konstanten Fehlers läßt sich auch hier durch eine einfache Rechnung finden.

Fundamentale Gesetze und Tatsachen.


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