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Anhang

Einige Briefe den Tod König Ludwigs II. und die bayrische Regierungskrise betreffend

Berlin, 13. Juni 1886.

Geheimrat Fritz von Holstein an Graf Philipp zu Eulenburg.

Geehrter Graf, Herbert Bismarck hat mir neulich Ihren Brief über Bayrische Verhältnisse gezeigt; gestatten Sie mir Ihnen zu sagen, daß ich ohne jenen Verhältnissen näher zu stehen, instinktmäßig Ihre Ansicht für die richtige halte. Der Prinz-Regent, von dem ich höre, daß er ein ehrenswerter Herr ist, würde angesichts dieser Stimmung nichts Unpraktischeres tun können, als wenn er die jetzigen Minister, die mit ihren Fehlern und Eigenschaften dem deutschen Volk bekannt sind, durch Leute ersetzte, die dem Zentrum angehören oder angehört haben, d.h. derjenigen Gruppe, die nach dem Motto handelt: »Des Reiches Verlegenheit ist unsere Gelegenheit«. Der Hauptpunkt ist nur dieser:

Ich bin überzeugt, daß der Prinz-Regent diesen Wechsel, den er vielleicht wünscht, nicht ohne Ermutigung von Berlin eintreten lassen wird.

Lerchenfeld Graf Hugo Lerchenfeld, bayerischer Gesandter in Berlin. – das ist eine Vermutung in bundesrätlichen Kreisen – ist beauftragt, diese Ermächtigung zu beschaffen. Wie er das anfangen wird, weiß ich nicht genau, aber er ist in den Sachen, die nicht zum eigentlichen Geschäft gehören, recht geschickt, und ohne unnützigen Ballast von Skrupeln.

Ich habe in den letzten 24 Stunden konstatieren können, daß die Beunruhigung in reichsdeutschen Bundesratskreisen rasch wächst. Infolgedessen schrieb ich an Herbert, er möge Ihre Briefe, falls Sie ihm noch welche schreiben, direkt und persönlich an seinen Vater schicken ...

In dem Gefühl, daß wir, ohne uns näher zu kennen, in dieser nationalen Frage in ein Horn tuten, grüßt Sie bestens

Ihr aufrichtig ergebener (gez.) Holstein.


Hanau, 13.6.86.

Graf Herbert Bismarck an Graf Philipp Eulenburg

Mein lieber Phili, Ihr freundlicher Brief, den ich am Vorabend meiner Abreise von Berlin erhielt, hat mich sehr erfreut und interessiert. Inzwischen ist die Bombe ja bei Ihnen geplatzt! Das muß ich aber sagen, daß sie recht ungeschickt geworfen war: die Einfädelung der Ausführung macht einen geradezu peinlichen Eindruck. Daß ein Systemwechsel sehr unerwünscht wäre, ist auch meine Ansicht, was kann man aber tun, um ihn zu verhütend Es würde mich interessieren, Ihre Meinung zu hören.

In 2 bis 3 Tagen siedle ich nach Homburg über, wo mich ein postlagernder Brief sicher erreicht. Ich mußte Berlin schließlich verlassen, weil die Luft mich dort bedrückte und ich immer unter dem Titel der Freundschaftsbesuche zu den Geschäften mit herangezogen wurde. Das griff mich an und machte mich nervös. Jetzt habe ich nun 8 Wochen Urlaub und hoffe in der Zeit wieder auf den früheren Standpunkt zu kommen.

Für Franzensbader Bäder, die Sie empfehlen, bin ich jetzt wohl noch zu matt. Da dieselben nach Ihrer Ansicht aber solche Wiederherstellungskraft besitzen, werde ich Ihren guten Rat jedenfalls im Auge bebalten. Leben Sie wohl und möge es Ihnen recht gut gehn.

In steter Treue Ihr

(gez.) H.B.

Starnberg, 13. Juni, früh 1886.

Graf Philipp Eulenburg an Graf Herbert Bismarck.

Lieber Herbert, ich beeile mich, Ihnen über das unerhörte Ereignis, das sich hier zugetragen hat, einige Worte zu schreiben, denn ich nehme an, daß Sie die Details von Berlin aus erst in einigen Tagen erhalten werden.

Ich war gestern abend spät nach Starnberg gefahren, um meine Frau zu sehen, und wurde heute früh um 4 Uhr mit der Nachricht geweckt, daß der König und Gudden tot im See gefunden seien.

Ich nahm ein Boot und fuhr hinüber nach Schloß Berg. Gendarmen bewachten den Eingang zum Schloß, und man führte mich, da ich den Leuten bekannt war, zu dem toten König, den man soeben in seinem Bette, bis auf das Hemd entkleidet, niedergelegt hatte. Zwei Zimmer davon lag Gudden. Die Leichen waren nicht entstellt. Nur Gudden trug Zeichen eines stattgehabten Kampfes auf seiner Stirn und Strangulationsmarken am Hals. Dr.Müller (zweiter Arzt) und Graf Törring waren im Nebengebäude. Sie machten mir folgende Angaben. Der König war gestern abend um ¾7 mit Gudden allein ausgegangen. Gudden hatte die Meinung, daß der König, nachdem er sich auffallend ruhig von Hohenschwangau hatte hierher bringen lassen, besonderer Bewachung nicht bedürfe. Als um 8 Uhr zum Abendessen niemand kam, begann das ganze Schloßpersonal zu suchen. Man fand erst gegen 11 Uhr bei Fackelschein am Seeufer den Hut des Königs. Gleich darauf die Leiche des Königs und Guddens im Wasser.

Ich ging zu der Stelle und konstatierte, daß in dem Weidengebüsch, hart am Seeufer, ein Kampf stattgefunden hatte. Alles war niedergedrückt und eine Menge Fußspuren, bunt durcheinander, waren im Sande abgedrückt. Die Spuren ließen sich bis in das seichte Wasser verfolgen. Hier muß der König Gudden überwältigt haben, der dabei ertrank, denn von dieser Stelle sieht man zwei einzelne Fußspuren, wie von einem laufenden oder weit ausschreitenden Menschen, der Tiefe entgegen, abgedrückt ...

Hier herrscht eine allgemeine und tiefe Betrübnis und Tausende von Menschen stehen vor der Residenz. – Leider auch tauchen unaufhörlich Anklagen gegen die Regierung auf, die einen nicht wahnsinnigen König abgesetzt und ihn dann jämmerlich habe zugrunde gehen lassen. Da heute früh die Truppen König Otto (!!!) den Eid geleistet haben und hierbei für den Kriegsfall der Kaisereid nicht vergessen wurde, ist in der Hauptsache alles in Ordnung.

Daß eine Erschütterung des Ministeriums stattgefunden haben sollte und sich dieses für alle Vorkommnisse der letzten Tage verantworten mußte, glaube ich nicht, da der Regent hinter ihnen steht. Aber bei den nicht ausgehenden Intrigen Frankensteins und seiner Partei, ist alles möglich. Vorläufig klammert sich Luitpold an Lutz und er schenkt seinem alten Jagdgenossen unbedingtes und volles Vertrauen. In diesem Vertrauen wird er auch durch seine Adjutanten Freischlag und Wolfskeel, die beide evangelisch sind, unterstützt. Auch Holnstein arbeitet momentan gut deutsch.

Ich war, als am 10. die Kommission in Hohenschwangau gefangen war, schleunigst dorthin gefahren und benutzte die gemeinschaftliche Rückfahrt mit den Herren, um auf Kosten ihrer, durch die Gefahr und ihre Angst, gänzlich erschlafften Nerven, bayerische politische Studien zu machen. Holnstein versicherte mir, daß Prinz Luitpold eine große Verehrung für den Kaiser, aber ein tiefes Mißtrauen gegen den Kronprinzen habe – wegen Äußerungen, die dieser in seiner uns bekannten Weise hier gemacht hat. Holnstein stände dafür ein, daß der Prinz absolut loyal deutsch dächte, er habe allerdings einen sehr beschränkten Gesichtskreis. Wenn man so viel Einfluß auf den Prinzen gewinnen kann, daß er das deutsche Ministerium Lutz beibehält, so wird uns der beschränkte Gesichtskreis nichts schaden. Dieser wird nur bedenklich, wenn Frankenstein regiert. Ich schrieb Ihnen schon letzthin, weshalb ich Frankenstein fürchte. Es ist stets, und in verstärktem Maße seit einigen Jahren, von der ultramontanen Partei gegen Preußen und Deutschland geschürt worden und wenn ich auf meinen Bergspartien Äußerungen hörte wie. »Dumm sein mir g'wesen, daß mir mit den Preußen gegen die Franzosen geschlagen haben« oder »die Preußen sind halt unser gefährlichster Feind« – so weiß ich genau, auf welchen Ursprung solche Meinungen zurückzuführen sind. Von dem Augenblick an, wo Frankenstein das Ministerium übernimmt, fühlt sich der schlimmste Partikularismus Sieger und jene Hetzereien nehmen einen ganz andern, selbstbewußten Charakter an. Dazu der enge Luitpold, mit seiner österreichischen Verwandtschaft.

Der Regent wird gar nicht übel sein, wenn ihm der absolut sichere Lutz und der, trotz seines weichlichen Händedrucks ganz sichere Crailsheim sagen, was er zu tun hat. Wenn man in diesem Sinne auch Holnstein dirigiert, der momentan auf ganz gutem Wege ist, und dem Prinzen durch seine Dreihörigkeit imponiert, so fährt Deutschland gewiß gut dabei.

Wir stützen uns allerdings dabei auf die liberalen Elemente Bayerns, und unsere konservativen Parteien in Norddeutschland werden es schwer begreifen, aber das ist wohl einerlei, wenn Deutschland nur gut dabei fährt.

Es ist mir persönlich erst seit 1½ Jahren gelungen, ganz intim in die ultramontanen Kreise zu dringen. Ich habe dort sonderbare Dinge erlauscht und traue politisch keinem einzigen von ihnen, selbst nicht – verzeihen Sie mir – Ihrem Freunde Lerchenfeld. Den vornehmen Adel Bayerns können wir erst brauchen – wenn der deutsche Kaiser katholisch wird, – und ich denke, das hat gute Wege.

Mein Schreiben nimmt kein Ende. Da Sie in Homburg sind, haben Sie vielleicht Zeit, es zu lesen. Der Gedanke regt mich auf, daß Deutschland aus dieser bayerischen Krise einen Schaden erwachsen könnte und die gemeinschaftlichen Diners von Mariani mit Monsignore Aiuti gehen mir auch nicht aus dem Sinn.

Leben Sie wohl, mein lieber Herbert, und gebrauchen Sie Ihre Kur mit Vorsicht und Energie. Das sind übrigens zwei Dinge, die in allen Verhältnissen besonders zu empfehlen sind, und deren Nichtachtung uns hier das traurige Schauspiel der letzten Tage verschafft hat.

In alter Treue Ihr
(gez.) P. Eulenburg.

München, 18. Juni 1886.

Graf Philipp Eulenburg an Graf Herbert Bismarck.

Mein lieber Herbert, nach allem, was ich höre, wird in der allernächsten Zeit, unter dem Eindruck der tragischen Ereignisse, die sich hier abspielten, von der antinationalen Partei keine energische Aktion gegen das Ministerium Lutz unternommen werden. Die Partei begnügt sich damit, die Animosität gegen die Minister im Volke, das einen Sündenbock sucht, rege zu halten.

Meine klerikalen Freunde sprechen in haarsträubenden Ausdrücken von den Ministern und von Holnstein. Ich gebe zu, daß, der süddeutschen Gemütlichkeit entsprossen, unerhörte Nachlässigkeiten vorfielen. Aber ich halte daran fest, daß wir nie und nimmer ein Ministerium haben können, dessen nationale Gesinnungen tüchtiger wären.

Es würde jetzt darauf ankommen, den Regenten so zu beeinflussen, daß er den nach Beruhigung der Gemüter eintretenden Sturm der Antinationalen abschlägt. Momentan ist er noch sich er, und ich hoffe, daß der Kronprinz, dem er tief mißtraut, dieses Mißtrauen durch Liebenswürdigkeit vertreiben wird. Dies wäre von großer Bedeutung. Ich will den Kronprinzen morgen nach seiner Ankunft informieren.

Später würde es notwendig werden, durch Werthern auf den alten Freyschlag Generaldjutant des Regenten. einzuwirken, an den der Regent mit Liebe hängt. Werthern ist gut mit Freyschlag bekannt, und letzterer schenkt ihm volles Vertrauen.

Sehr wichtig ist Holnstein, der sofort im Regenten den Gedanken einer Reise zum Kaiser erweckte.

Holnstein liegt moralisch jetzt ganz darnieder. Der tragische Ausgang seiner Mission, und das Odium, das er, der König Ludwig alles verdankt, damit auf sich lud, macht ihn weich, und wir können alles mit ihm machen. Er fühlt sich von den Partikularisten, wegen seiner Akiion mit dem Ministerium Lutz, verlassen. Aber er ist geschickt genug, um als Gegengewicht gegen gewisse alte Freunde des Regenten ausgespielt werden zu können.

Prinz Luitpold macht regelmäßig eine Partie bei der alten lahmen Gräfin Otting, mit Perglas Oberstkämmerer Baron Perglas, früher Gesandter in Berlin, einer der größten Preußenfresser. und andern Jesuiten. Er wird das nicht aufgeben, und hier wird der Herd antinationaler Bestrebungen zu Hause sein. Bei einem Einfluß, den wir etwa ausüben wollten, werden wir, mit der Angst, die man vor uns hat, viel ausrichten, wenn wir andeuten können, daß der Regent durch seinen offiziellen Übergang in das klerikale Lager, kleines – großes – ungeheures Mißtrauen – je nachdem! – in uns erwecken würde.

(gez.) P. Eulenburg.

München, 21. Juni 1886.

Graf Philipp Eulenburg an Graf Herbert Bismarck.

Lieber Herbert, gestern abend verließ der Kronprinz München. Sein Aufenthalt verlief leidlich gut. Er kam und reiste in bayerischer Uniform ab und folgte dem Sarge als preußischer Marschall. Mit dem Regenten war der Kronprinz aufrichtig liebenswürdig und rücksichtsvoll. Alle andern Prinzen (Prinz Ludwig eingeschlossen) wurden mit einer gnädigen Geringschätzung behandelt, die das Haus Wittelsbach nicht vergessen wird. Für Lutz, Crailsheim und Holnstein hatte der Prinz besondere Freundlichkeit.

Die Stimmung im Lande ist immer noch innerlich unruhig und wird kaum anders werden, ehe nicht das Beweismaterial für den Wahnsinn des Königs zum Teil der Öffentlichkeit übergeben wird.

Prinzessin Therese Einzige Tochter des Prinzen Luitpold, eine sehr gelehrte Dame., die die arme Königinmutter in Elbingeralp besuchte, mußte eilig durch Hohenschwangau durchfahren, da die Bauern den Königlichen Wagen mit Drohungen begleiteten.

Die Hofdame der Königin, Gräfin Olga Dürkheim, hat ihren Bruder nach Elbingeralp kommen lassen, und diese Umgebung peinigt die arme Frau, durch ihre Behauptungen, daß der König nicht wahnsinnig gewesen sei. Der sehr eitle Alfred Dürkheim spielt seine Rolle als letzter Ritter des Königs bis zur Lächerlichkeit. Man hat ihn auf Ehrenwort aus seiner Untersuchungshaft entlassen.

Mit besten Wünschen für gute Kur
(gez.) P. Eulenburg

Nachschrift.

Daß der Kronprinz beim Zuge rechts von Kronprinz Rudolf Der 1889 tragisch endende einzige Sohn Kaiser Franz Josephs. ging, soll korrekt gewesen sein, da unser Kronprinz in Vertretung, der andere nur im Auftrag hier war (!). (Nunancen von berauschender Feinheit!)

Mir wäre es lieber anders gewesen, denn schließlich ist der deutsche Kronprinz auch in Bayern zu Haus, und Kronprinz Rudolf der Gast.

(gez.) P. E.

Homburg, 22. Juni 86.

Graf Herbert Bismarck an Graf Philipp Eulenburg.

Mein lieber Phili, haben Sie besten Dank für Ihre verschiedenen interessanten Briefe, deren letzten ich heute früh erhielt. Die beiden vorletzten habe ich direkt an meinen Vater gesandt, und Ihre Reflexionen sind mithin an maßgebender Stelle gewürdigt worden. Mein Vater wünscht auch das jetzige Ministerium zu halten und hat nur die Sorge, daß es an seinem eigenen Ungeschick zu Grunde geht.

Hier ist immer noch niederträchtiges Wetter, ich kann infolgedessen nicht so viel im Freien sein, als wünschenswert. Trotzdem bekommt mir die Luft ganz gut.

Leben Sie wohl. In steter Treue
Ihr H. B.

Liebenberg, 13. Juli 1886.

Graf Philipp Eulenburg an Geheimrat von Holstein.

Je mehr die Frage einer Neubesetzung des Münchener Preußischen Gesandten-Postens erörtert wurde, je mehr ist mir die Bedeutung desselben klar geworden. Eine unrichtig gewählte Persönlichkeit kann uns großen Schaden zufügen.

Ich nähme z. B. an, ein neuer Gesandter verlöre die Sympathie der Deutschnationalen, was durch rauhes Wesen – ja schon durch lauten preußischen Verkehrston – sofort eintreten kann: er befände sich von diesem Augenblick politisch in der Luft und ohne jeden Rückhalt, da der ehrliche Anschluß an den ultramontanen Adel niemals erreicht wird. Ich habe mich selbst – nach 4 Jahren – endlich in diese Kreise hineingesungen und wertvolle politische Freundschaften gewonnen. Ich gebe mich aber durchaus keinen Illusionen hin und weiß, daß mich dennoch eine Kluft von jenen Leuten trennt, wenn sie mir auch gestattet haben, mich stets zum Frühstück und Mittag bei ihnen anzusagen.

Von derselben Empfindlichkeit gegen gewisse norddeutsche Art und Weise ist das bayrische Ministerium, sei es nun liberal-konservativ, wie jetzt, oder werde es ultramontan.

Diese äußerste Empfindlichkeit uns gegenüber macht die Leute von dem Augenblick an, daß sie sich verletzt fühlen (und sie fühlen sich sehr leicht verletzt), den Einflüsterungen derjenigen Elemente zugänglich, deren alleinige Aufgabe es ist, den preußischen Einfluß in Bayern zu bekämpfen. Das sind der Nuntius, der französische und der russische Gesandte. Auch unser Bundesgenosse, der Österreicher und der Sachse, wie es sich von selbst versteht. Alle diese Leute aber haben ihren Anhang bei den Ultramontanen – sie sind völlig bei ihnen zu Haus, da ihre Sympathien sich politisch völlig mit den Bestrebungen dieser Diplomaten decken.

In ruhigen Zeiten würde eine unsympathische Persönlichkeit auf dem preußischen Gesandten-Posten, nach meiner Meinung, die antideutsche Minierarbeit unfreiwillig unterstützen, und das in politischem dienstlichen Verkehr zwischen Preußen und Bauern allmählich entstehende Geplänkel würde sich bis zu Ungelegenheiten im Bundesrat zuspitzen. Sobald aber eine große politische Katastrophe als Prüfung über Deutschland hereinbräche: Unglück im Kriege, gefährliche feindliche Bündnisse etc., würde die unrichtig gewählte Persönlichkeit des preußischen Gesandten direkt auflösend wirken, während der von der Sympathie der bayerischen Regierung und der nationalen Partei getragene Gesandte fähig wäre, sogar die bedeutsamste Rolle zu übernehmen. Ich führe hier die Bedeutung Wertherns im Jahre 1870 für die Kriegserklärung Bayerns an Frankreich an.

Wollen wir Bayern herausfordern, so wird Preußens Vertreter leicht zu instruieren sein.

Mit großer Vorsicht aber hat die Wahl zu geschehen, wenn wir eine friedliche Verschmelzung aller deutschen Gaue anstreben – wenn wir etwa sogar wollten, daß das Haus Wittelsbach schließlich wie die Merovinger, von Ochsen gezogen auf der Oktoberwiese erscheint, während die Hohenzollern Pipine die Armee inspizieren.

Ich habe Ihnen, ohne jeglichen Gedanken an eine bestimmte Persönlichkeit, die vorstehenden Betrachtungen mitgeteilt – lediglich im Interesse der Sache selbst, die mir sehr am Herzen liegt.

»Freundliche Energie« schwebt mir als Losungswort für innere deutsche Politik vor, und die in dieser Politik stehenden Männer sollten durch Charakter und Arbeit dem Sinn dieses Wortes entsprechen.

(gez.) P. Eulenburg.


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