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Zum Vorwort.

Die Isar zog in wellenschaum'gem Grunde
Und drüber wob in dunklem Blau die Nacht,
Die Sterne flirrten, dröhnend schlug die Stunde
Der schlafumfang'nen, stillen Mitternacht.
Am Ufer stand ich, wo die Fluth verschäumet,
Da hob's sich aus der Tiefe schwanenlicht:
Ein weiß Gewand, von grünem Rand umsäumet,
Von dunklem Haar umwallt ein süß Gesicht.
Und wie auf einem Thron von Wasserwogen
Kam Frau Isaria einhergezogen.

Mir war beklommen schier vor ihren Blicken,
Doch wie in Träume lullt mich ihr Gesang;
Wie Heimathlieder, die das Herz erquicken,
Wie Jugendsehnsucht, wie Schalmeienklang.
Sie winkt, und sanfter rauschten rings die Wellen;
Sie hob die Hand, es schwieg der leichte Wind;
Dann naht' sie mir: »Komm' her, ich will Dir hellen
Das matte Aug', Du einsam Menschenkind!
Was sich an meinen Ufern zugetragen:
In Wort und Lied sollst Du's den Andern sagen!

Vergessen längst sind jene frühen Tage,
Wo die Soldschaaren Rom's mich überbrückt.
Verschollen auch ist der Germanen Klage
Um ihre Götter, die die Zeit zerstückt.
Der Grenzmark-Kampfschrei, der die Luft erfüllte,
Das Kreuzzugslied, das nach der Ferne lud,
Der Minnesang, der sel'ges Glück enthüllte,
Der Schweden oft erprobte Kampfeswuth:
Dem Allen lauscht' ich; oft von Leid durchschauert,
Hab' ich das Alles rauschend überdauert.

Jetzt treibt ein anderes Geschlecht sein Wesen,
Entschwunden ist die alte Männerkraft;
Kaum ahnen läßt sich mehr, wie's einst gewesen,
Aus dichtverstaubtem Buch der Wissenschaft.
Die Waffen rosten, denn die Menschen schreiben,
Ich aber freu' mich noch verrauschter Zeit;
Und nimmer mag ich, daß vergessen bleiben
Die Klänge herrlicher Vergangenheit.
Drum will ich Dir den gold'nen Hort vertrauen,
Komm' her zu mir, Du sollst die Bilder schauen!«

So sang die Fey; und was ich dann vernommen
Von wildem Streit und süßer Liebeslust,
Das ist mir wie Musik in's Ohr geschwommen,
Das nahm gefangen mich schier unbewußt.
Und als der Morgen grau den Himmel säumte,
Da stand ich noch und starrte in den Fluß –
Und sann und fror und dichtete und träumte
Und freute mich an Frau Isaria's Gruß.
Und treulich, wie sie mir es aufgetragen,
In Wort und Lied, will ich's den Andern sagen!


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