Alphonse Daudet
Port Tarascon - Letzte Abenteuer des berühmten Tartarin
Alphonse Daudet

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Drittes Kapitel.

Die »Gazette von Port Tarascon«. – Gute Nachrichten von der Kolonie. – In Polygamilla. – Tarascon schickt sich an, die Anker zu lichten. – »Reiset nicht ab, um des Himmels willen, reiset nicht ab!«

Als Tarascon eines Morgens erwachte, war folgendes Telegramm an allen Straßenecken zu lesen:

Die »Farandola«, großes Segelschiff von zwölfhundert Tonnen, verläßt soeben bei Tagesanbruch Marseille und birgt zwischen seinen Flanken außer dem Geschicke eines ganzen Volkes Waren aller Art für die Wilden, und eine Ladung landwirtschaftlicher Werkzeuge. Achthundert Auswanderer an Bord, lauter Tarasconer, darunter Bompard, provisorischer Gouverneur der Kolonie, Bézuquet, Arzt-Apotheker, der hochwürdige Bruder Vézole, der Notar Cambalalette, Katasterbeamter. Ich selbst habe sie bis auf die hohe See geleitet. Alles geht gut. Der Herzog strahlt. Drucken lassen.

Tartarin von Tarascon.    

Dieses Telegramm, das durch die Fürsorglichkeit Pascalons, an den es gerichtet war, an allen Ecken der Stadt angeschlagen wurde, erfüllte Tarascon mit Fröhlichkeit. Die Straßen trugen ein festtägliches Gepräge. Alle Welt war draußen. Gruppen bildeten sich vor jedem Anschlag des beglückenden Telegrammes, dessen Worte von Mund zu Mund gingen: »Achthundert Auswanderer an Bord. . . . Der Herzog strahlt. . . .« Und nicht ein Tarasconer war zu sehen, der nicht gestrahlt hätte wie der Herzog.

Dies war die zweite Schiffsladung von Auswanderern, die Tartarin, einen Monat nach Abgang der ersten auf dem Dampfschiff »Lucifer«, in seiner Eigenschaft als Gouverneur von Port Tarascon also von Marseille aus nach dem gelobten Lande weiter befördert hatte. Beidemal dasselbe Telegramm, dieselbe Begeisterung, dasselbe Strahlen des Herzogs. Leider hatte der »Lucifer« den Eingang in den Kanal von Suez noch nicht passiert. Durch einen Zufall – die Welle der Maschine war gebrochen – dort aufgehalten, sollte der alte Dampfer, ein Gelegenheitskauf, warten, bis er von der »Farandole« eingeholt würde, und dann mit ihrer Hilfe seine Fahrt fortsetzen.

Dieser Unfall, der eigentlich als schlechte Vorbedeutung hätte angesehen werden können, beeinträchtigte die Begeisterung der Tarasconer nicht im mindesten. Allerdings befand sich an Bord des ersten Schiffes nur das »Raupentum«, Leute aus dem Volk, – diejenigen, die man ja überall als Vortrab hinzuschicken pflegt.

Auf der »Farandole« gab es auch noch »Raupen«, aber darunter einige phantastische Köpfe, wie zum Beispiel der Notar Cambalalette, der Katasterbeamte der Kolonie.

Der Apotheker Bézuquet, trotz seines furchtbaren Schnurrbartes ein friedlicher Mann, der sein Behagen liebte, sowohl Hitze als Kälte scheute und keinerlei Neigung zu weitführenden, gefährlichen Abenteuern in sich fühlte, hatte sich lange geweigert, ehe er versprach, sich einzuschiffen.

Es hatte, um ihn zu bestimmen, nicht weniger dazu gehört, als das Diplom eines Doktors der Medizin, nach dem er seiner Lebtage verlangt hatte, und das ihm nun der Gouverneur von Port Tarascon aus eigener Machtvollkommenheit zuerkannte.

Er verlieh noch manches andre, der Gouverneur: Diplome, Titel und Vollmachten: er ernannte Direktoren, Unterdirektoren, Sekretäre, Kommissäre, Granden erster und zweiter Klasse, und befriedigte dadurch die Vorliebe seiner Landsleute für alles, was Titel, Ehre, Auszeichnung, Kostüme und Soutachestickerei heißt.

Die Einschiffung des Bruders Vézole hatte nichts dergleichen nötig gemacht. Eine gute, ehrliche Haut, stets zu allem bereit, mit allem zufrieden, sagte er »Gott sei gelobt!« zu allem was geschah. »Gott sei gelobt!« als er das Kloster verlassen mußte. »Gott sei gelobt!« als er sich mit den »Raupen« dem Geschick eines ganzen Volkes und den Ausschußwaren für die Wilden an Bord dieses großen Segelschiffes verladen sah.

Nach Abgang der »Farandole« war nur noch der vornehmste Teil der Bürgerschaft in Tarascon zurückgeblieben: diese Leute hatten es nicht eilig; sie ließen dem Vortrab Zeit, Nachricht über seine Ankunft drüben zu geben, damit man wußte, wie man dran war.

Auch Tartarin konnte in seiner Eigenschaft als Gouverneur, Organisator und Mitwisser der Gedanken des Herzogs von Mons, Frankreich erst mit dem letzten Schiff verlassen. In Erwartung dieses ungeduldig herbeigesehnten Tags entwickelte er aber jene Energie und jenen Feuereifer, den man noch in allen seinen Unternehmungen hatte bewundern können.

Unaufhörlich unterwegs zwischen Tarascon und Marseille, ungreifbar wie ein Meteor, das von einer unüberwindlichen Macht fortgerissen wird, erschien er bald hier, bald dort, aber nur um sofort wieder zu verschwinden.

»Aber . . . aber . . . wahrhaftig, Sie ermüden sich zu sehr! . . .« stammelte Pascalon des Abends, wenn der große Mann schweißtriefend und gebeugt in die Apotheke kam.

Allein Tartarin richtete sich sofort wieder hoch auf: »Dort drüben werde ich ausruhen. Ans Werk, Pascalon, ans Werk!«

Der Lehrling, dem seit der Abreise Bézuquets die Obhut der Apotheke anvertraut war, hatte aber daneben noch viel wichtigere Verrichtungen zu versehen.

Um die so gut begonnene Propaganda fortzuführen, gab Tartarin eine Zeitung heraus, die »Gazette von Port Tarascon«, die Pascalon vom ersten bis zum letzten Wort nach den Angaben und unter der allerhöchsten Leitung des Gouverneurs ganz allein redigierte.

Wohl schadete diese Vielseitigkeit den Interessen der Apotheke ein wenig; das Schreiben der Artikel, das Korrigieren der Abzüge, die Gänge in die Druckerei, ließen nicht mehr viel Zeit übrig für die eigentlichen Geschäfte; aber Port Tarascon über alles!

Die »Gazette« brachte dem Publikum der Metropole tagtäglich Nachrichten aus der Kolonie; sie enthielt Aufsätze über deren Hilfsquellen, Schönheit und große, herrliche Zukunft; auch Vermischte Nachrichten, Miscellen und Erzählungen für jeden Geschmack.

Reiseerlebnisse bei der Entdeckung der australischen Inseln, Eroberungen, Kämpfe mit den Wilden für phantastische Gemüter. Für die Edelleute wunderbare Jagdabenteuer aus den Wäldern, erstaunliche Fischzüge auf den so »außerordentlich fischreichen« Flüssen, nebst einer Schilderung der Methoden und sämtlicher Jagd- und Fischgeräte der Eingeborenen.

Die friedlichsten Leute, Krämer, biedere, seßhafte Bürger, schwelgten förmlich in der Schilderung eines frischen Frühstücks im Gras, am Ufer eines wildschäumenden Waldbaches, unter dem Schatten großer, exotischer Bäume; sie glaubten schon dabei zu sein und fühlten den Saft der köstlichen Früchte des Wurzelbaumes, der Bananen und der Ananas unter ihren Zähnen hervorquellen.

»Und keine Mücken!« faßte die Zeitung, denn die Mücken waren, wie schon bekannt, die Störenfeinde bei allen Landpartieen auf tarasconischer Erde.

Die »Gazette« veröffentlichte sogar einen Roman: »Die schöne Tarasconerin«, dessen Heldin die Tochter eines Kolonisten war, die ein papuanischer Königssohn entführt hatte.

Die Entwickelung dieses Liebesdramas eröffnete den jungen Mädchen ganz unendliche Horizonte. Im finanziellen Teil des Blattes kamen die Kurse der Kolonialwaren, die Ankündigung der Ausgaben von Anweisungen auf Ländereien und von Zuckerfabrik- und Brennereiaktien, sowie auch die Namen der Unterzeichner und die ständig fortgesetzte Liste der eingelaufenen Gaben in Naturalien, die noch beständig zuströmten, darunter immer die ewige »Kleidung für einen Wilden« von Fräulein Tournatoire.

Um diese häufigen Sendungen zu ermöglichen, mußte das Fräulein eine ganze Schneiderwerkstätte bei sich eingerichtet haben. Im übrigen war sie nicht die einzige, in der durch die nahe bevorstehende Uebersiedlung nach den weitentfernten, unbekannten Inseln die wunderlichsten Sorgen erregt wurden.

Eines Tages gönnte sich Tartarin in der Stille seines Hauses ein wenig Ruhe; seine Füße steckten in seinen Babuschen, sein Leib war mollig in seinen Schlafrock gehüllt, doch war er nicht unbeschäftigt, denn neben ihm lagen auf seinem Tisch eine Menge Bücher und Papiere aufgehäuft. Die Reisebeschreibungen von Bougainville, von Dumont-Durville, Werke über Kolonisation und über alle Arten von Bodenkultur. Inmitten seiner vergifteten Pfeile, in Gesellschaft des Affenbrotbaums, dessen winziger Schatten auf dem Rouleau zitterte, studierte er »seine Kolonie« und stopfte sich das Gedächtnis mit einer Menge aus den Büchern geschöpften Auskünfte voll. Zwischenhinein unterzeichnete er irgend welchen Erlaß, ernannte einen Granden erster Klasse, oder schuf auf einem vorgedruckten Papier ein neues Amt, um dem ehrgeizigen Wahnwitz seiner Mitbürger gefällig zu sein.

Während er also mit weitaufgerissenen Augen und aufgepusteten Backen arbeitete, wurde ihm eine schwarzgekleidete Dame gemeldet, die sich weigerte, ihren Namen zu nennen und ihn zu sprechen begehrte. Sie hatte nicht einmal eintreten wollen und erwartete ihn ihm Garten, wohin er, in Pantoffeln und Schlafrock, spornstreichs eilte.

Der Tag neigte sich; schon ließ die Dämmerung die Gegenstände undeutlich unterscheiden, aber trotz der sinkenden Abendschatten und dem dichten Schleier erkannte Tartarin die Besucherin an ihren feurigen Augen, die unter dem Tüll hervorleuchteten.

»Frau Excourbaniès!«

»Herr Tartarin, Sie sehen eine höchst unglückliche Frau vor sich!«

Ihre thränenerstickte Stimme zitterte. Der Biedermann fühlte sich ganz ergriffen und sprach in väterlichem Ton: »Meine arme Evelina, was haben Sie? . . . Sprechen Sie . . . .«

Tartarin nannte fast alle Damen der Stadt, die er schon als Kinder gekannt, die er als Standesbeamter getraut hatte, bei ihren Vornamen und blieb ihnen stets ein Vertrauter, ein Freund, beinahe ein Onkel.

Er nahm Evelinas Arm und führte sie um den kleinen Goldfischteich herum spazieren, wahrend sie ihm ihren Kummer und ihre ehelichen Sorgen anvertraute.

Seit es sich darum handelte, in der Ferne eine Kolonie zu gründen, machte sich Excourbaniès ein Vergnügen daraus, bei jeder Gelegenheit mit spöttisch drohendem Ton zu sagen: »Na, warte nur, wenn wir erst drüben sind in Polygamilla . . .«

Sie war sehr eifersüchtig aber auch sehr naiv, ja sogar ein bißchen dumm, und nahm diesen Spaß für ernst.

»Ist es wahr, Herr Tartarin, daß sich in diesem gräßlichen Land die Männer mehrere Male verheiraten können?«

Er beruhigte sie freundlich.

»Nein, nein, meine liebe Evelina, Sie täuschen sich. Alle Wilden auf unsern Inseln sind nur einmal verheiratet. Die Reinheit ihrer Sitten ist über allen Zweifel erhaben und unter der Leitung unsrer Weißen Brüder ist von dieser Seite nichts zu fürchten.«

»Aber schon der Name des Landes? . . . Diese Polygamilla? . . .«

Jetzt erst verstand er den Scherz des großen Spaßvogels Excourbaniès und brach in fröhliches Gelächter aus.

»Ihr Mann macht sich über Sie lustig, meine Kleine. Nicht Polygamien heißt das Land, sondern Polynesien, was so viel als Inselgruppe heißt, und darin liegt doch sicher nichts, was Sie beunruhigen könnte.«

In der Gesellschaft Tarascons wurde lange darüber gelacht!

 

Wochen vergingen und immer noch trafen keine Briefe von den Auswanderern ein, nichts als die durch den Herzog mitgeteilten Marseiller Drahtnachrichten. Lakonische Telegramme, in der Eile in Aden, in Sydney und andren Häfen, welche die »Farandole« angelaufen hatte, aufgegeben.

Schließlich war dies aber nicht zu verwundern, wenn man die gleichgültige Trägheit dieser Rasse in Betracht zog.

Warum hätten sie auch schreiben sollen? Telegramme genügten ja völlig, und die, welche eintrafen und von der »Gazette« regelmäßig veröffentlicht wurden, meldeten nur Gutes: »Köstliche Ueberfahrt: Meer glatt wie Oel, alles wohl.«

Mehr brauchte es nicht, um die Begeisterung im Schwung zu erhalten.

Endlich erschien eines Tages an der Spitze des Blattes folgendes ebenfalls über Marseille eingetroffene Telegramm:

»In Port Tarascon angekommen. – Im Triumph eingezogen. – Von den Eingeborenen am Hafen empfangen, Freundschaftsbündnis mit ihnen. – Tarasconische Fahne weht auf dem Rathaus. – Te Deum gesungen in der Kathedrale der Hauptstadt. – Alles bereit, kommet bald!«

Darauf folgte ein von Tartarin diktierter begeisterter Artikel über die Besitzergreifung des neuen Vaterlandes, über die junge, neugegründete Stadt und den sichtbaren Schutz Gottes; über die auf jungfräulicher Erde aufgepflanzte Standarte der Zivilisation und die Zukunft, die sich allen eröffnete.

Damit waren plötzlich auch die letzten Bedenken geschwunden. Eine neue Ausgabe von Anweisungen auf Ländereien zu hundert Franken der Hektar ging wie warme Semmeln ab.

Der dritte Stand, die Geistlichkeit, der Adel, kurz ganz Tarascon wollte fort: es war der reine Wahnsinn, ein Auswanderungsfieber, von dem die ganze Stadt befallen war, und die Mißvergnügten, wie Costecalde, die Lauen oder Mißtrauischen waren jetzt am meisten auf die Kolonisation versessen.

Ueberall war man vom Morgen bis zum Abend mit Vorbereitungen beschäftigt. Selbst auf den mit Heu und Stroh bestreuten Straßen wurde überall gehämmert und Kisten zugenagelt.

Die Männer arbeiteten hemdärmelig in bester Laune, und sangen und pfiffen dazu; man lieh sich die Werkzeuge von Thür zu Thür und tauschte muntere Reden dabei aus. Die Frauen packten ihre Kleider, die Weißen Brüder ihre Monstranzen und die Kinder ihr Spielzeug.

Das zum Transport des ganzen vornehmeren Teils von Tarascon gemietete, nach dem Spitznamen des Tarasconer Trommlers Tutu-panpan getaufte Schiff war ein großer eiserner Dampfer, unter dem Befehl des Kapitäns Scrapouchinat, eines weitgereisten Touloneser Seemanns. Die Einschiffung sollte in Tarascon selbst stattfinden.

Da die Rhone groß und wasserreich war und das Schiff nur wenig Tiefgang hatte, so konnte es den Fluß heraufgebracht werden und am Quai anlegen, wo die Verladung und Stauung der Güter einen vollen Monat in Anspruch nahm.

Während die Matrosen zahllose Kisten im Schiffsraume verstauten, richteten die künftigen Fahrgäste schon ihre Kabinen ein, und mit welchem Feuereifer, mit welcher Liebenswürdigkeit! Jeder suchte sich dem andren dienstbar und angenehm zu machen.

»Dieser Platz ist Ihnen lieber? Also nehmen Sie ihn!«

»Diese Kabine gefällt Ihnen besser? Ganz wie Sie wollen!«

Und so war's in allem.

Der für gewöhnlich so hochmütig dreinglotzende Adel, die von Aigueboulide, die von Escudelle, Leute, die einen sonst nur über die Achseln ansahen, fraternisierten mit den Bürgern.

Inmitten des allgemeinen Wirrwarrs der Einschiffung traf eines Morgens der Brief des Bruders Vézole ein, die erste von Port Tarascon datierte Botschaft.

»Gott sei gelobt, wir sind angekommen,« schreibt der gute Bruder. »Es fehlt uns an vielen Kleinigkeiten, aber trotzdem: Gott sei Lob und Dank! . . .«

Kaum etwas wie Begeisterung, kaum irgend eine Einzelheit.

Der Hochwürdige beschränkte sich darauf, vom König Négonko zu reden und von Liki-Riki, der kleinen Tochter des Königs, einem reizenden Kind, dem er ein Perlennetz geschenkt hatte. Dann verlangte er, man solle einige etwas praktischere Sachen schicken, als es die Gaben der Subskribenten zu sein pflegten. Das war alles.

Vom Hafen, von der Stadt, von dem Unterkommen, das die Kolonisten gefunden hatten, kein Wort. Der Bruder Bataillet schalt zornig: »Ist das eine Schlafmütze, der Bruder Vézole. . . . Den werde ich tüchtig schütteln, sobald wir drüben sind!«

Der Brief war in der That sehr kalt, um so mehr, als er von einem so wohlwollenden Mann kam, allein der schlechte Eindruck, den dies hätte hervorbringen können, verlor sich in dem Durcheinander der Arbeiten an Bord, in dem betäubenden Lärm, den dieser Auszug einer ganzen Stadt erregte.

Der Gouverneur – man nannte Tartarin nur noch so – verbrachte seine Tage auf dem Deck des Tutu-panpan. Die Hände auf dem Rücken, schritt er lächelnd auf und ab, während sich eine Unmasse sonderbarer Gegenstände, wie Brottaschen für Hirten, Kredenztische und Wärmflaschen, um ihn her anhäuften, die bei der Stauung im Schiffsraum noch keinen Platz gefunden hatten. Im patriarchalischen Ton erteilte er seine Ratschläge.

»Ihr nehmt viel zu viel mit, Kinder! Ihr findet ja drüben alles, was ihr braucht!«

Er selbst ließ alles, seine Pfeile, seinen Affenbrotbaum und seine Goldfische zurück und begnügte sich mit einem amerikanischen Magazinkarabiner für zweiunddreißig Schüsse, sowie mit einer ganzen Schiffsladung Flanell.

Und wie er alles überwachte, wie er alles im Auge behielt, nicht nur an Bord, sondern auch auf dem Land, die Proben der Liedertafel sowohl, als das Exerzieren der Miliz auf dem Korso!

Die Bürgerwehr der Tarasconer, die noch von der Belagerung von Pampérigouste her organisiert war, hatte im Hinblick auf die Verteidigung der Kolonie und die Eroberungen, die man im Interesse ihrer Vergrößerung zu machen beabsichtigte, eine Verstärkung erfahren. Tartarin war entzückt von der martialischen Haltung der Bürgersoldaten und that ihnen, wie auch ihrem Befehlshaber Bravida, seine Zufriedenheit des öfteren in Tagesbefehlen kund.

Trotzdem furchte manchmal eine sorgenvolle Falte die Stirne des Gouverneurs.

Zwei Tage vor der Einschiffung fand Barafort, ein Rhonefischer, in den Weidengebüschen am Ufer eine leere, luftdicht verschlossene Flasche, deren Glas noch so durchsichtig war, daß man in ihrem Inneren etwas wie ein zusammengerolltes Papier unterscheiden konnte.

Jeder Fischer weiß, daß ein angeschwemmter Fund dieser Art den Händen der Obrigkeit ausgefolgt werden muß, und Barafort übergab Tartarin die geheimnisvolle Flasche, die folgenden merkwürdigen Brief enthielt:

»Tartarin.

Tarascon, Europa.    

Entsetzliche Sturmflut in Port Tarascon. Insel, Stadt, Hafen, alles verschlungen, verschwunden. Bompard bewunderungswürdig, wie gewöhnlich, und wie gewöhnlich gestorben als Opfer seiner Ergebenheit. Reiset nicht ab, um des Himmels willen! Niemand soll abreisen!«

Offenbar war dies das Werk eines Spaßvogels. Wie wäre denn diese Flasche von Australien herüber, von Welle zu Welle, geradeswegs auf Tarascon losgesteuert?

Und verriet nicht auch dies »wie gewöhnlich gestorben« einen boshaften Scherz? Immerhin trübte aber dieses Vorzeichen Tartarins Freude über seinen glänzenden Erfolg.


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