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Drittes Bild:
Johann Friedrich Freiherr von Goltstein, der große Verehrer des St. Michaelsberges im 17. Jahrhundert.

Eine so ehrwürdige und heilige Stätte wie der St. Michaelsberg hat sicherlich in allen Jahrhunderten ihres Bestehens besondere Freunde und Schützer gehabt, die sich aus der großen Schar der Verehrer hervorgehoben haben. Von vielen hat auch sicherlich die Geschichte die Namen nicht aufbewahrt, dafür aber sind sie vielleicht mit goldenen Buchstaben in das »Buch des Lebens« eingezeichnet worden. Einige aber nennt die Geschichte, besonders diejenigen, die durch hohe Geburt oder hohen Rang ausgezeichnet waren und dadurch vor unzähligen anderen die Möglichkeit besaßen, für das Sankt Michaelsheiligtum auf dem Eifelberge das zu tun, wozu sie Herz, frommer Sinn und Verehrung getrieben hat. Zu ihnen rechnen wir den Grafen Johann I. zu Blankenheim und seine fromme Gemahlin Margarete von der Mark-Aremberg, die Erbauer der zweiten Kapelle um das Jahr 1500. Mir nennen weiterhin den Grafen Karl von Manderscheid-Gerolstein, der den Jesuiten im Jahre 1632 den St. Michaelsberg zu den Zwecken der eiflischen Mission überwies und sich mit seiner Gemahlin Anna Salome und seinen vier Kindern Ferdinand Ludwig, Wilhelm Ernst, Philipp Salentin und Erika Christina in die St. Michaelsbruderschaft auf dem Berge aufnehmen ließ. Vielleicht gehört auch dazu Philipp Fürst von Aremberg, Herzog zu Arschott, der ebenfalls Mitglied der Bruderschaft war und im Jahre 1640, fern von der lieben Eifelheimat, zu Madrid im Staatsgefängnisse sein Leben beschließen mußte, da man ihn, wohl zu Unrecht, politischer Ränke beschuldigte.

Ebenso große Verdienste haben sich sicherlich einfache, aber wissenschaftlich hochgebildete Männer erworben zu der Zeit, als die französische Revolution und ihre Nachwehen den St. Michaelsberg zu vernichten drohten. Es sind zu nennen der geistliche Direktor Fey und seine Mitarbeiter, deren Bemühungen allein damals das weitere Bestehen der Kapelle als Verehrungs- und Wallfahrtsstätte ermöglicht haben. Und wer wollte eines der letzten, treuen und tatkräftigen Freunde und Helfer der St. Michaelskapelle nicht gedenken, des ehrwürdigen und selbstlosen Direktors Jakob Katzfey? Ihm und dem Religionslehrer Dr. Roth ist es mit in erster Linie zu verdanken, daß die Kapelle vor fast 70 Jahren wieder neu erstanden ist, nachdem sie durch den Brand von 1836 über 20 Jahre in Trümmern gelegen hatte.

Neben allen diesen teils hohen und mächtigen, teils in der Stille wirkenden schlichten Männern, kann das Bild des Mannes wohl bestehen, das wir heute so zu zeichnen versuchen, wie es die uns erreichbaren Nachrichten aus alten, vergilbten Urkunden wiederzuspiegeln scheinen.

Johann Friedrich von Goltstein war der Sproß eines altadeligen Geschlechtes, das nach Strange (Genealogische Beiträge) ursprünglich aus dem Herzogtume Limburg stammte. Später saßen die Herren von Goltstein auf Haus Dilborn im Kreise Erkelenz. Als letzter Herr von Dilborn wird um das Jahr 1500 Johann von Goltstein genannt, der Katharina von Vürde zur Gattin hatte. Ihr Sohn Reynart heiratete im Jahre 1512 eine der beiden Erbtöchter von Haus Breyl im Kreise Geilenkirchen, Adelheid von Molenbach zu Breyl, und nahm im Jahre 1517 seinen Sitz auf Haus Breyl, ohne aber den Namen Breyl dem Namen Goltstein anzufügen. Der Urenkel Reynarts war der Freiherr Andreas von Goltstein, der Johanna von Torck zu Hemert zur Gattin hatte. Aus dieser Ehe gingen elf Kinder hervor, von denen unser Johann Friedrich der jüngste Sohn war. Der Vater Andreas von Goltstein stand wahrscheinlich bereits in Jülich'schen bezw. Pfalz-Neuburg'schen Diensten, ohne daß uns Einzelheiten bekannt wären. Auf Haus Breyl wurde Johann Friedrich geboren, aber sein genaues Geburtsjahr ist leider nicht zu ermitteln, wenn es auch zwischen 1615-20 zu vermuten ist. Als jüngerer Sohn wurde er, wie vielfach üblich, zum geistlichen Stande bestimmt. Es ist zwar nicht bekannt, wo er seinen theologischen Studien obgelegen hat, aber wir finden ihn alsdann als Kanonikus am Münster in Aachen. Jedenfalls hat er durch diesen Studiengang eine weit bessere und umfassendere Bildung erworben, als wenn er zuerst in Jülich'sche Heeresdienste getreten wäre. Bevor er jedoch die höheren Weihen erhalten sollte, entschloß er sich zur Niederlegung seines kirchlichen Amtes und trat in Pfalz-Neuburgische Dienste. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß er hier noch nachträglich zunächst Heeresdienste geleistet hat, wie vor ihm sein älterer Bruder Johann Wilhelm. Daß ihm der Herzog Wolfgang Wilhelm schon früh sehr gewogen war, erhellt daraus, daß er ihm im Jahre 1649 in Elsig einen Platz, genannt der Burgfried, schenkte, auf dem sich Johann Friedrich einen adeligen Sitz erbaute. Aber schon im Jahre 1650 finden wir Johann Friedrich als Amtmann von Münstereifel und zwar als Nachfolger seines oben genannten Bruders, der dieses Amt auch einige Jahre verwaltet hatte, dann aber zunächst Amtmann von Aldenhoven und Bergheim wurde, und später General-Wachtmeister in Düsseldorf. Als solcher starb er im Jahre 1663 in Neuburg an der Donau und wurde gemäß seinem letzten Willen in Münstereifel begraben.

Im ersten Jahre seines Amtsantrittes in Münstereifel schloß der Amtmann Johann Friedrich von Goltstein seinen ersten Ehebund mit der Witwe des Freiherrn Adrian von Neulant zu Winterburg, geborene Antonetta Margarete von Hatzfeld-Wildenburg. Durch diese Heirat erwarb er die Herrschaft Winterburg im Kreise Rheinbach. Die kinderlose Ehe trennte der Tod der Gattin um das Jahr 1670. Im folgenden Jahre schritt von Goltstein zu der zweiten Ehe mit Maria Anna von Mirbach zu Immendorf (geb. 1630), die ihm auch keine Nachkommen schenkte, aber ihn lange überlebte und erst 1702 starb. Schon bald nach dem Jahre 1650 ersehen wir aus den zahlreich erhaltenen Urkunden, daß von Goltstein die Titel eines Geheimen Rates, Kämmerers und Jülich-Bergischen Kanzlers führte. Er hieß auch Amtmann der Herrschaft Tomberg und später Amtmann von Euskirchen. Seinem Namen pflegte er außerdem noch eine Reihe von sonstigen Titeln anzufügen: Herr von Winterburg, Herr zu Elsig, Herr zu Hoen und Vettelhoven. Es war dies bei ihm keine besondere Eitelkeit, sondern entsprach der bekannten üblichen Gewohnheit der damaligen Standesherren. Herr von Hoen hieß er nach dem Hause Hain oder Hoen bei Angermund, und Herr von Vettelhoven nach der dortigen Weissenburg, die ihm verpfändet war. Sein Lieblingsbesitz blieb bis zu seinem Tode Haus Elsig, wo er meist weilte, wenn seine Amtspflichten ihn nicht nötigten, auf der Münstereifeler Burg zu residieren.

Etwa im Jahre 1670 übernahm er auch in Nöthen den sogenannten Knibbis-Hof, ein ehemaliges Lehen der Abtei Prüm, das seine Stieftochter Anna Maria Sabina, Freifräulein von Neulant, Gattin des süddeutschen Freiherrn Sittich von Hacke, im Jahre 1668 mit Bewilligung des Erzbischofs Karl Kaspar zu Trier (»gegeben in Unserer Vestung Ehrenbreitstein den 30. May anno 1668«) erworben hatte. Von Goltstein behielt den Hof nicht lange, sondern überließ ihn schon 1671, wenn nicht ganz geschenkweise, so doch sicher zu einem geringen Kaufpreis dem Jesuiten-Kollegium zu Münstereifel. (Staatsarchiv Düsseldorf, Jesuitenakten.)

Zu den Vätern der Gesellschaft Jesu hat von Goltstein seit seinem ersten Auftreten in Münstereifel in den besten und wohlwollendsten Beziehungen gestanden. Sowohl das Jesuiten-Kollegium, wie die Missionsbestrebungen der Jesuiten hat er, wo er konnte, unterstützt und begünstigt. Stets hat er für sie, wenn es Not tat, auch eine offene Hand in geldlicher Hinsicht gehabt, und in ihrer neuerbauten Kirche aus eigenen Mitteln zwei Altäre errichten lassen. In seinem Jahresberichte vom Jahre 1687 ( Litterae annuae Kölner Stadtarchiv) sagt das Kollegium, daß es seinem Wohltäter die höchste Ehre schuldig sei. Wir werden noch sehen, daß er in seinem Testamente das Jesuiten-Kollegium nicht vergessen hat.

Von Goltstein war im Leben ein frommer Herr, ein großer Verehrer St. Michaels und ein eifriges Mitglied der St. Michaelsbruderschaft auf dem Berge. Mit dem St. Michaelsberge fühlte er sich durch besondere Zuneigung verbunden. Viele Wohltaten hat er ihm im Laufe der Jahre zukommen lassen, bei denen die »Linke nicht wußte was die Rechte tat«, sodaß wir sie heute im einzelnen urkundlich nicht mehr nachweisen können. Aber sie sind groß und zahlreich gewesen, denn so heißt es: »Er war, solange er lebte, ein Verehrer dieser Stätte und im Leben und noch im Tode ihr Wohltäter.« Auf dem Berge weilte er oft und gerne und der stille Friede dieser Stätte zog sein Herz so ganz und gar in seinen Bann, daß er sich dort seine letzte Ruhestätte erkor. Sehr schön sagen die Jesuiten in ihrem obengenannten Berichte: »Seine Verehrung des hl. Erzengels Michael bewies er wie so häufig im Leben auch sterbend, indem er in seinem letzten Willen der Kapelle auf dem Berge seine sterblichen Ueberreste überwies.«

Als Amtmann von Münstereifel führte er ein mildes und gerechtes Regiment. Nirgendwo in den Urkunden finden sich Anhaltspunkte, daß es zwischen ihm und der städtischen Verwaltung oder dem Stifts-Kapitel zu wesentlichen Differenzen oder gar zu einem ernstlichen Zwiste gekommen wäre. Im Gegenteil, von allen Seiten brachte man ihm Hochachtung und Verehrung entgegen. Bei allen wichtigen Begebenheiten stand er an erster Stelle, auch der Dekan des Stifts-Kapitels räumte ihm willig den Vorrang ein. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf befindet sich die ausgezeichnet erhaltene Urkunde über die Translation der Reliquien des hl. Donatus von Weingarten, wo sie auf der Reise von Rom einen Tag in der Kreuzkirche aufbewahrt geblieben waren, nach Münstereifel zum Feste der Grundsteinlegung des Kollegiums und der Kirche am 30. Juni 1652. Die Urkunde ist merkwürdiger Weise erst 7 Jahre später – am 31. Mai 1659 – ausgefertigt worden. Als erster unterschrieb Johannes Friedericus à Goltstein mit geübter und deutlicher Hand, als zweiter Antonius Gleen, der Stiftsdekan, sodann die übrigen geistlichen und weltlichen Würdenträger der Stadt. Das allgemeine Vertrauen übertrug ihm auch das Schiedsamt bei Streitigkeiten. So schlichtete er, wie schon Katzfey berichtet hat, den Streit zwischen der Sebastianusbruderschaft und dem Jesuiten-Kollegium wegen des alten Rechtes der Bruderschaft, im Stadtgraben am Johannistor Schießübungen abzuhalten, zur Zufriedenheit beider Parteien. Wo wir nur hinschauen, alles vereinigt sich zu dem Zeugnisse, daß seine Grabinschrift nicht übertreibt, wenn sie ihn den von allen geliebten Vater des Landes und dazu einen frommen, aufrechten und gerechten Herrn nennt. Wohl ihm, daß er noch uns, den späten Epigonen, in solchem Lichte erscheinen kann!

Am 25. Oktober 1687 hauchte der edle Mann seine Seele aus, zwei Jahre bevor sein stolzer Amtssitz, die Münstereifeler Burg, in Trümmer sank durch die ruchlosen Scharen Ludwigs XIV. Aber der Tod ereilte ihn nicht dort, sondern in seinem geliebten Elsig. Diese Nachricht verdanken wir auch den Jahresberichten der Jesuiten. Den Tod hatte er schon einige Zeit vorausgesehen, denn schon am 16. Juli 1687 hatte er sein Testament gemacht und es am 9. August dem Hauptgericht Münstereifel überwiesen zur Beglaubigung durch die Siegel von Vogt und Scheffen. (Stadtarchiv Münstereifel.) Seine sterblichen Ueberreste wurden zuerst nach Münstereifel gebracht und am vierten Tage trug die dankbare Münstereifeler Schützengilde ihren Gönner und Schutzherrn im Sarge auf ihren Schultern den weiten Weg über Rodert, an der Kapelle St. Antonii Eremitae vorbei zu seinem geliebten Michaelsberge. Die Wollweberzunft ließ es sich nicht nehmen, die Straßen der Stadt, die der Trauerzug durchschritt, mit schwarzem Tuch zu belegen, das nachher den Armen zur Spende überlassen blieb. Nach dem feierlichen Seelenamte in der Kapelle nahm die vor dem Hochaltäre bereitete Gruft seine sterblichen Ueberreste auf. Am sechsten oder siebten Tage nachher fand zu Münstereifel in der Donatuskirche ein ebenso feierliches Totenamt statt, das der Abt von Steinfeld zelebrierte, der mit drei Kanonikern eigens zu Ehren des Toten herübergekommen war. Der gesamte Adel von weit und breit war zahlreich vertreten und neben ihm die geistlichen und weltlichen Spitzen der Bürgerschaft. Nach dem Totenamte wurde verkündet, daß der Verstorbene in seinem Testamente eine Summe von 2000 Imperialen (Taler) mit der Auflage gestiftet hatte, zu allen vier Jahreszeiten für ihn ein Seelenamt zu halten. Außerdem übergab die Familie des Verstorbenen dem Kollegium der Jesuiten eine weitere Urkunde über einen gestifteten Zehnten »in der Sürs in der Unterherrschaft Winterburg«. Der Ertrag war mit 75 Talern jährlich angesetzt und mußte an den vier » quatertemper« an 12 Hausarme verteilt werden. Einen 13. Teil genießt der » Distributor«. Endlich war für die St. Michaelskapelle auch noch eine große Stiftung erfolgt. Aus einer Urkunde vom Jahre 1778 11. III. im Erzbischöflichen Diözesanarchiv Köln geht hervor, daß ursprünglich für jeden Samstag eine Seelenmesse gestiftet war.

Die Gruft des Herrn von Goltstein deckte eine große Grabplatte mit dem Wappen des Verstorbenen und den üblichen 16 Randwappen. Sie trug folgende lateinische Grabschrift:

 

Hic mortuus jacet in tumulo, qui vivus stetit in officio Serenissimi Duc, Gul. Cliv, et Montium Camerarius, Consiliarius intimus et Cancellarius, pater patriae et omnium amor Jo. Fridericus liber baro a Goltstein, Dom. in Elsig, Hoen et Winterborgh, Satrapiae hujus Dynasta annis XXXX, Semper pius, rectus et iustus. Loci huius dum vixit aestimator et in vita benefactor.

Obiit 1687. 25. Octobr. R. I. P.

 

Als Katzfey die Grabschrift und die Namen der Wappen für die Nachwelt aufzeichnete, war die Zerstörung von Kirche und Grab durch den Brand von 1836 schon erfolgt. Damals wird auch die Grabplatte sehr gelitten haben. Es muß nun dahingestellt bleiben, ob Katzfey die Namen bereits zu dieser Zeit nicht mehr genau entziffern konnte oder ob nebenbei schon dem Steinmetzen Fehler unterlaufen waren. Jedenfalls bedarf die Katzfey'sche Aufzeichnung einer weitgehenden Richtigstellung und Ergänzung.

Katzfey nennt rechterseits:

Goltstein, Breill, Grein, Beissel, Holtzit G. Oest, Aldenbrog, Eynatten, Coll…en.

Kirche vor dem Brande am 6. Mai 1836

Linkerseits:

Tomberg, Hernert, Wittenbor, Wezlar, Sallunt, Arnheim, S…dt. Das 16. Wappen fehlte wohl schon ganz.

Die richtige Goltstein'sche Ahnentafel, die ich in ihrer jetzt unzweifelhaften Vollständigkeit zum großen Teil nur der liebenswürdigen Auskunft des besten Kenners auf dem Gebiete der rheinischen Adelsgeschichte, des Herrn Generals Dr. E. von Oidtman, verdanke, ist folgende:

Rechts:     Links:
Goltstein,     Torck,
Holtzit gen. Oest,     Saland,
Gryn,     Wittenhorst,
Eynatten,     Steprath,
Aldenbrück gen. Velbrück     Hemert,
Breyl,     Weeze,
Beissel von Gymnich,      Arnheim, 
Gülpen.     Doornick.

Goltstein's Großmutter väterlicherseits war Anna von Holtzit. Seine beiden Urgroßmütter väterlicherseits waren Margarete von Gryn oder Grein und Margarete von Eynatten. Seine vier weiblichen Urahnen hießen 1) Adelheid von Breyl, 2) Margarete Beissel von Gymnich, 3) Maria von Aldenbrück gen. Velbrück und 4) Maria von Gülpen.

Goltstein's Mutter, Johanna von Torck, hatte folgende Ahnen:

  1. die Mutter Josina von Saland,
  2. die Großmütter Maria von Wittenhorst und Bela von Steprath,
  3. die Urgroßmütter Heilwig von Hemert, Jodoke von Weeze, von Arnheim (Vorname unbekannt), und endlich Agnes von Doornick.

Das Grab des Herrn von Goltstein blieb in der sicheren Hut der St. Michaelskapelle über 150 Jahre geborgen. Erst am 6. Mai 1836, als der Blitz in den Turm der Kirche schlug, und die Kirche bis auf Chor, Außenmauern und Turm zerstörte, wurde auch das Grab gefährdet. Es ist nicht gerade wahrscheinlich, daß das Grab unmittelbar bei dem Brande so schweren Schaden litt. Wahrscheinlicher ist es, daß es allmählich in den mehr als 20 Jahren, wo die Kirche nur noch einen Trümmerhaufen bildete, von ruchlosen Händen zerstört worden ist. Nur mit Trauer und Empörung erfährt man, daß noch im Jahre 1857 das Grab offen lag, die Grabplatte daneben stand und daß die Gebeine und der Schädel zerstreut zwischen Steinen und Schutt frei umherlagen. Daß die Pfarrgemeinde, die doch, wie die Geschichte lehrt, sonst immer mit großer Liebe an ihrem Michaelsheiligtume hing, in den langen Jahren der Zerstörung sich so indolent und pietätslos zeigte gegen das Grab eines der größten Wohltäter und Verehrer der Kapelle, ist heute ganz unverständlich. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß, als der Aufbau endlich wieder begann und die Gebeine gesammelt wurden, der Schädel und vielleicht auch noch andere Teile fehlten. Der Verbleib des Schädels blieb fast 40 Jahre unaufgeklärt. Erst im Jahre 1895 kam Licht in die Sache durch einen Brief an das Bürgermeisteramt zu Münstereifel. Er lautet:

 

Grube St. Marienberg, am 26. November 1895.

An das Bürgermeisteramt zu Münstereifel.

Im Jahre 1857 reiste ich zu einem Bergwerk Glücksthal bei Mutscheid und fand am Michaelsberg die Kirche, welche durch einen Blitz zertrümmert war, auch im Innern total zerstört. Das Grab eines Grafen (!) von Goldstein war offen, der Deckstein stand daneben und enthielt die Grabschrift, die ich abschrieb aber nicht mehr finden kann, da ich seitdem fünfmal verzogen bin. Die Gebeine des Grafen und der Schädel lagen zerstreut unter Steinen und Schutt in der Kirche. Wahrscheinlich war der Metallsarg gestohlen und die Spitzbuben hatten die Gebeine unter den Schutt geworfen. Ich nahm den Schädel mit um ihn zu erhalten und wenn die Kirche wieder aufgebaut sein würde, zurückzugeben. Heute nun, wo ich in einem Schrank einen anderen Gegenstand suche, fällt mir der Schädel des Grafen in die Hände. Ich erlaube mir nun ergebenst anzufragen, ob die fragliche Kirche wieder aufgebaut und ob es von Interesse sein würde, den Schädel der Kirche wieder zuzuführen und an wen man sich zu wenden hat.

Hochachtungsvoll:
Gust. Heinrich.

 

Ein zweiter Brief gelangte an den damaligen Pfarrer von Schönau:

 

Grube St. Marienberg bei Unkel, am 1. Januar 1896.

Herrn Pfarrer Wilhelm Scheurer,
Hochwürden in Schönau, Bez. Cöln.

Sehr geehrter Herr!

Auch meinen besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen vom 31. Dezember v. J. Es thut mir leid, daß wir uns nicht sprechen können und da ich nun die fragl. Sache, die mir zufällig aufgegeben ist, erledigen möchte, so lege ich Ihnen eine Copie von einem Schreiben von mir an das Bürgermeisteramt zu Münstereifel ergebenst bei, woraus Sie die Geschichte der Kirche von Michaelsberg entnehmen können. Das Bürgermeisteramt hat indessen nicht geantwortet. Dann wandte ich mich an die Post in Münstereifel, welche mir umgehend Ihre werthe Adresse angab.

Ich habe in den 38 Jahren keinen anderen Namen, welcher hier maßgebend ist, im Gedächtnis behalten, als Graf Goldstein. Sie werden sich noch davon überzeugen können, ob das der richtige Name ist.

Anbei sende ich Ihnen nun den Schädel des Grafen von Goldstein und bitte um gefäll. Empfangsanzeige. Das Weitere überlasse ich Ihnen und bin davon überzeugt, daß Sie dem Schädel des Grafen einen würdigen Ruheplatz verschaffen werden. Genehmigen Sie auch von mir die besten Glückwünsche zum neuen Jahre und mein hochachtungsvolles Glückauf!

Ihr ergebener:
Gustav Heinrich, Grubendirector.

N.B.: Ich habe den Schädel damals schon mit Oelfarbe angestrichen, um ihn besser zu erhalten.

D. O.

 

Auf diesen Brief hat der damalige Pfarrer Scheurer folgende Notiz gesetzt:

»Ich habe den fraglichen Schädel im Schiff der St. Michaelskapelle vor der Kommunionbank, wo auch die anderen Gebeine des Herrn von Goltstein ruhen, beerdigt.« (Pfarrarchiv Schönau.)

Da somit das Grab seitdem sich wieder in würdigem Zustande befindet und der wohl schon längst verstorbene pietätlose Uebeltäter seine Tat sicherlich bereut hat, wollen auch wir von einem weiteren harten Urteil absehen.

Der Grabstein befindet sich noch heute in der nördlichen Seitenwand der Kapelle von einer Tünche bedeckt. Seine Struktur (weicher Sandstein) war nicht geeignet, Jahrhunderte zu überdauern. Eine Untersuchung hat gezeigt, daß die oberen Schichten des Steines ganz abgeblättert sind, sodaß von Inschrift, Namen und Wappen nichts erhalten blieb. Das ist gewiß sehr bedauerlich; aber trotzdem wird das Andenken an den edlen Toten, dauerhafter als Stein, fortleben, solange es eine Geschichte des Eifeler St. Michaelsberges gibt.


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