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Zweiter Theil.

Erstes Kapitel.

Dann ging's dem Dorfe zu, und mit Behagen
Sprach Jeder von den längst verfloss'nen Tagen:
Der reiste fort; den hat der Tod ereilt:
Ein Dritter noch im Vaterhause weilt.
Dana.          

Wir überlassen es der Einbildungskraft des Lesers, sich einen Zwischenraum von mehreren Jahren auszufüllen. Ehe wir aber den Faden der Erzählung wieder aufnehmen, ist es nöthig, einen zweiten flüchtigen Blick auf die Lage der Gegend zu thun, wo die Begebenheiten unserer Legende stattfanden. Nicht mehr beschränkten sich die Bewohner der Provinz in ihren Anstrengungen auf die ersten Versuche eines Colonieenstandes. Die Einrichtungen von New-England hatten die Feuerprobe der Erfahrung bestanden, und waren bleibend geworden. Massachusetts war schon sehr bevölkert, und Connecticut, die Colonie, welche unmittelbarer mit unserer Erzählung zusammenhängt, war es genug, um einen Theil von jenem Unternehmungsgeiste zu verrathen, welcher späterhin ihre kleine, thätige Gemeinde so merkwürdig machte. Solche Anstrengungen verwandelten zusehends große 6 Strecken der Wildniß in angebautes Land, und wir werden uns bemühen, eine dieser Veränderungen so deutlich, als es unsere schwachen Kräfte erlauben wollen, denen vor Augen zu stellen, welche diese Blätter lesen.

Vergleicht man das, was in Amerika eine neue Ansiedelung genannt wird, mit den Fortschritten der gesellschaftlichen Verhältnisse auf der andern Halbkugel, so ergiebt sich daraus eine Abweichung von der Regel. In Europa sind die Künste des Lebens die Früchte eines Verstandes, welcher sich allmählich mit dem Fortschreiten der Bildung aufgehäuft hat; während in Amerika die Verbesserungen gewissermaßen die Folge einer anderswo erlangten Erfahrung ist. Die Noth, unterstützt von einem Kennen der Bedürfnisse, angefeuert von einem lobenswerthen Geist der Nacheiferung und ermuthigt durch Freiheit, gab frühzeitig jenen Verbesserungen ihr Entstehen, welche eine Wildniß in Wohnungen des Ueberflusses und der Sicherheit mit einer Schnelligkeit verwandelt haben, die den Anschein von Zauberei an sich trägt. Der Fleiß hat mit dem Vertrauen der Wissenschaft gewirkt, und der Erfolg ist nicht minder eigenthümlich als seine Ursache.

Es ist kaum nothwendig zu sagen, daß in einem Lande, wo die Gesetze alle löbliche Unternehmungen begünstigen, wo künstliche, unnöthige Beschränkungen unbekannt sind und die Hand des Menschen ihre Anstrengungen noch nicht erschöpft hat, – daß in einem solchen Lande dem Abenteurer die größeste Freiheit in der Wahl verstattet ist, und er sich nach Belieben das Feld seiner Unternehmungen und Versuche auswählen kann. Der Ackerbauer geht über die Haide und das dürre Land hin, um sich an dem Flußufer niederzulassen; der Handelsmann sucht nach einer Lage, wo die Nachfrage am 7 stärksten und die Zufuhr am leichtesten ist; und der Handwerker verläßt sein heimisches Dorf, um Beschäftigung an Orten zu suchen, wo die Arbeit am besten bezahlt wird. Eine Folge dieser außerordentlichen Freiheit in der Wahl ist, daß, während das große Gemälde der amerikanischen Staatsgesellschaft mit so vieler Kühnheit entworfen worden, noch ein großer Theil der näheren Ausführung darzustellen übrig bleibt. Der Ausgewanderte hat seinen unmittelbaren Vortheil befragt, und während kein sehr ausgedehntes und vortheilhaftes Gebiet durch das ganze unserer unbegrenzten Besitzungen hindurch gänzlich vernachlässigt worden, hat auch noch kein besonderer Distrikt die Vollendung in den Verbesserungen erreicht. Noch heutiges Tages sieht man eine Stadt mitten in der Wildniß, und die Wildniß grenzt oft an die Städte, während diese ihre Schwärme auf ferne Schauplätze auf Bildung und Cultur aussendet.

Nach dreißig Jahren begünstigender Sorgfalt von Seiten der Regierung stellt selbst die Hauptstadt mitten in den verlassenen »alten Feldern« von Maryland nur ihre vereinzelten, armseligen Dörfer dar, während an den Wassern des Westen zahllose jugendliche Nebenbuhlerinnen an Stellen blühen, wo der Bär noch lang herumschweifte und der Wolf heulte, als jene schon eine Stadt genannt wurde.

So geschieht es denn, daß hohe Cultur, ein Zustand von beginnender Staatsverfassung und vollständiger Rohheit innerhalb der Grenzen dieses Freistaats sich oft so nahe gebracht sind. Der Reisende, welcher die Nacht in einem Wirthshause zugebracht, das dem ältesten Lande in Europa keine Schande machen würde, kann leicht in die Nothwendigkeit gerathen, 8 sein Mittagsmahl in dem Schantih Shanty oder Shantee ist ein in den neueren Ansiedelungen sehr gewöhnliches Wort; es bedeutet eigentlich eine rohe, aus Baumrinde und Reisig zusammengesetzte Hütte, wie sie oft in dem Walde zum vorübergehenden Gebrauch errichtet werden. Aber die Grenzleute geben sonderbarerweise häufig ihren eigenen Wohnungen diese Benennung. Die einzige Herleitung, die der Verfasser von diesem amerikanischen Worte gehört hat, ist die, nach welcher man glaubt, daß es ein verdorbener Ausdruck für das Wort Chienté ist, welcher bei den Bewohnern von Canada Hundestall bedeuten soll. eines Jägers einzunehmen. Die herrliche, mit Kies bestreute Straße endigt oft in einem undurchdringlichen Sumpf; die Kirchthürme der Stadt werden oft durch die Aeste eines verwachsenen Waldes verdeckt, und die Kanäle führen oft zu einem, dem Anschein nach kahlen, unbenutzten und nutzlosen Berge. Der, welcher nicht wiederkehrt, um zu sehen, was ein zweites Jahr hervorbringen kann, nimmt in der Regel Erinnerungen aus diesen Ortschaften mit sich, die zu Irrthümern verleiten. Um Amerika mit den Augen der Wahrheit zu betrachten, ist es nöthig, es oft zu sehen; und um den wirklichen Zustand dieser Staaten zu verstehen, sollte man sich erinnern, daß es eben so unrichtig ist, zu glauben, alle zwischenliegende Punkte hätten Theil an der Cultur und den Verbesserungen gewisser besondern Oerter, als es unrichtig ist, den Mangel an Bildung auch auf die mehr entfernten Ansiedelungen auszudehnen, blos weil man einige ungünstige Thatsachen nahe am Mittelpunkt aufgelesen hat. Durch ein zufälliges Zusammentreffen von moralischen und physischen Ursachen verbreitet sich viel von jener Gleichheit, die die Einrichtungen des Landes 9 auszeichnet, auch auf die Fortschritte der gesellschaftlichen Verhältnisse über dessen ganze Fläche hin.

Wenn auch der Antrieb zu Verbesserungen zur Zeit des Marcus Heathcote nicht so groß war, als in unsern Tagen, so war doch das Princip seiner Macht thätig in der Wirklichkeit vorhanden. Von dieser Thatsache werden wir einen hinlänglichen Beweis liefern, indem wir nunmehr der schon angedeuteten Absicht: eine jener mit der Zeit entstehenden Verwandlungen zu beschreiben, näher treten.

Der Leser wird sich erinnern, daß die Zeit, von welcher wir erzählen, bis in das letzte Viertel des siebenzehnten Jahrhunderts vorgerückt worden. Der besondere Zeitpunkt, mit welchem die Handlung der Erzählung wieder beginnen muß, war jener Theil des Tages, wo das graue Dämmerlicht anfängt, der tiefen Dunkelheit einer amerikanischen Nacht die Gegenstände wieder zu entreißen. Es war der Junimonat und der Schauplatz so, daß er wohl eine weitläuftigere, etwas in's Einzelne gehende Beschreibung nöthig machen möchte.

Wäre die Beleuchtung hell und die Stellung günstig genug gewesen, um eine Vogelperspektive des Platzes genießen zu können, so würde sich dem Auge zunächst ein breites, wellenförmiges Feld dargeboten haben, übersäet theils mit dem blassern Grün verschiedener Baumgattungen New-Englands, theils mit Massen von üppigen, immergrünen Waldhölzern. Im Mittelpunkte dieses schwellenden und fast unabsehbaren Forstumrisses zwischen drei niedrigen Gebirgen dehnte sich eine, mehrere Meilen lange Ebene aus, welche, über ihre ganze Oberfläche hin, alle Merkmale einer im glücklichen Gedeihen schnell vorschreitende Ansiedelung an sich 10 trug. Zwischen Ufern, die mit Weiden und Sumachbäumen bekränzt waren, schlängelte sich ein tiefer, reißender Bach, den man auf der andern Halbkugel einen Fluß genannt haben würde, durch die Wiesengründe. An einem Punkte, fast in der Mitte des Thales, wurde das Wasser durch einen kleinen Damm aufgehalten, und eine Mühle, deren Rad zu jener frühen Tageszeit noch ohne alle Bewegung war, stand auf einer künstlichen Erhöhung. Nahe dabei lag ein neu-englischer Weiler.

Die Anzahl der Dorfgebäude mochte sich auf vierzig belaufen. Sie waren, wie gewöhnlich, von starken Balken gezimmert, und die Wände mit glatten Brettern zierlich bekleidet. Es fand sich ein auffallender Anstrich von Gleichheit in dem allgemeinen Anblick der Häuser, und wenn die Rede von irgend einem andern Lande als unserm eigenen wäre, könnte man auch noch hinzufügen, daß ein ungewöhnlicher Anschein von Bequemlichkeit und Ueberfluß selbst in dem niedrigsten von ihnen sich darthat. Sie bestanden meistentheils aus zwei kleinen Stockwerken, von denen das obere eine oder zwei Fuß über die Front des unteren hervorragte, eine Bauart, die in der früheren Zeit der östlichen Colonie sehr im Gebrauche stand.

Da zu jener Zeit die Häuser selten angestrichen wurden, so zeigte keines derselben eine andere Farbe, als die, welche das Holz, nachdem es einige Jahre dem Wetter ausgesetzt gewesen ist, anzunehmen pflegt. Jedes Haus hatte seinen einzelnen Schornstein in der Mitte des Daches, und nur zwei oder drei zeigten mehr als ein einziges Fenster auf jeder Seite der Haupt- oder Außenthüre. Vor jeder Wohnung 11 befand sich ein kleiner, zierlicher, mit Gras bewachsener Hof, der von der Straße durch einen leichten Zaun aus Tannenholz getrennt ward. Doppelte Reihen junger, kräftiger Ulmen faßten jede Seite der breiten Straße ein, während ein ungeheurer, wilder Feigenbaum noch seine Stelle auf dem Mittelpunkte des im Dorfe befindlichen Platzes einnahm, der schon zur Zeit, als die weißen Leute in die Wälder drangen, da gestanden hatte. Unter dem Schatten dieses Baumes pflegten sich die Einwohner oft zu versammeln, um von dem Befinden einer jeden Familie Kunde zu erhalten, oder sonst auf eine Sache von Wichtigkeit und allgemeinem Interesse zu hören, welche das Gerücht von den dem Meere näher gelegenen Städten ihnen zugetragen hatte. Eine enge, wenig gebrauchte Wagenspur zog sich in anmuthigen Wellenlinien mitten durch die breite, grasreiche Dorfstraße, und setzte sich, außerhalb des Dorfes, zwischen hohen, hölzernen Feldgehegen fort, bis sie sich dem Anschein nach zu einem bloßen Reitpfad verringert, da, wo der Wald anfing, dem Auge entzog. Hier und da drängten sich Rosen durch die Oeffnungen in den Zäunen vor den Thüren der verschiedenen Wohnungen hervor, und Büsche wohlriechenden spanischen Flieders standen in den Winkeln der meisten Höfe.

Die Häuser waren abgesondert. Jedes nahm seinen eigenen isolirten Grund und Boden ein und hatte einen Garten um sich. Die Hintergebäude wurden in eine Entfernung zurückgewiesen, wie es die Wohlfeilheit des Landes und die Sicherung vor Feuersgefahr leicht und rathsam machte.

Die Kirche stand mitten in der Hauptstraße, und nahe dem einen Ende des Dorfes. In dem Äußeren und in den Verzierungen dieses wichtigen Gebäudes war man dem 12 Geschmack der damaligen Zeiten auf's genaueste nachgekommen; und die Gestalt und Einfachheit desselben lieferte keine geringe Aehnlichkeit zu den selbstverleugnenden Lehren und ruhigen, stillen Gewohnheiten der Religionsverwandten, welche unter seinem Dache ihren Gottesdienst verrichteten. Dies Haus, wie alle andern, war von Holz, und bestand, dem Aeußern nach, aus zwei Stockwerken. Es hatte einen Thurm ohne Spitze, jener allein diente dazu, seinen geweihten Charakter anzudeuten. Bei dem Bau dieses Hauses des Herrn hatte man ganz besondere Sorge getragen, alle Abweichungen von geraden Linien und rechten Winkeln zu vermeiden. Von jenen engen, spitzigen Oeffnungen für den Zugang des Lichtes, die überall so gewöhnlich waren, glaubten die damaligen überstrengen Sittenlehrer New-Englands, daß zwischen denselben und dem mit »Scharlach bekleideten Weibe« Offenbarung Johannes Kap. 17. V. 4. Die Auslegung, welche dieses Bild auf die Kirche Roms bezieht, ist eine sehr alte, und auch in den Inhaltsangaben der Cansteinischen Bibelausgaben angenommen. irgend ein geheimnißvoller Zusammenhang bestehe. Dem Geistlichen würde eben so leicht in den Sinn gekommen sein, vor seiner Heerde im eitlen Schmucke des Meßgewandes zu erscheinen, als der Gemeinde, jene verwerflichen Zierrathen in ihre strenge Bauart aufzunehmen. Hätten die »Geister der heiligen Lampe« plötzlich die Fenster des gottesdienstlichen Gebäudes mit denen des Wirthshauses verwechselt, das fast gerade gegenüber stand, so würde auch der schärfste Kritiker in der Ansiedelung diese Freiheit nicht gemerkt haben, so wenig Unterschied war zwischen beider Gestalten, Dimensionen und Styl.

Ein kleiner eingeschlossener Raum, in nicht bedeutender 13 Entfernung von der Kirche und auf der einen Seite der Straße war zum endlichen Ruheplatze für Diejenigen bestimmt, welche ihre Laufbahn auf dieser Erde vollbracht hatten. Er enthielt nur ein einziges Grab.

Das Wirthshaus unterschied sich von den umliegenden Gebäuden durch seine Größe, durch einen offenen Pferdeschoppen und durch ein gewisses anmaßendes Aussehen, das ihm seine aus der Reihe der übrigen Häuser vorspringende, den Reisenden gleichsam zum Eintreten auffordernde Stellung gab. Vor der Thüre hing ein Schild an einem galgenähnlichen Pfahl, der in Folge der frostigen Nächte und warmen Tage schon etwas von der lothrechten Linie abzuweichen begann. Es trug ein Gemälde, das bei'm ersten Anblick das Herz eines Naturforschers durch den Glauben hätte erfreuen mögen, er habe die Entdeckung irgend eines unbekannten Vogels gemacht; aber der Künstler war weise und mit hinlänglichem Glücke allen Folgen eines so unangenehmen, ärgerlichen Irrthums zuvorgekommen, indem er wohlbedächtig unter das Geschöpf seines Pinsels schrieb. »Dies ist das Schild zum Whip-Poor-Will,« ein Name, der, wie auch der unwissendste Reisende in jenen Gegenden wußte, im gemeinen Leben dem Wish-Ton-Wish, oder amerikanischen Nachteule beigelegt wurde.

Nur wenige Ueberbleibsel gewahrte man noch von Waldung in der unmittelbaren Umgebung des Dorfes. Die Bäume waren seit Langem gefällt worden und hinlängliche Zeit verflossen, um den größten Theil der Spuren ihres früheren Daseins zu verwischen. Aber wenn das Auge von der Gruppe der Gebäude sich wegwandte, wurden Zeichen von neuerlicheren Eingriffen in die Herrschaft der Wildniß 14 sichtbar, bis die Aussicht in Oeffnungen sich endete, wo aufgeschichtete Holzhaufen und Massen gefällter Bäume die kürzlich erst vorgegangene Anwendung der Axt verriethen. –

In jener frühen Zeit wohnte der amerikanische Landbebauer, wie der größte Theil der europäischen Ackerleute, in seinem Dorfe. Die Furcht vor Gewaltthätigkeiten von Seiten der Wilden hatte zu einer Gewohnheit Veranlassung gegeben, welche der ähnlich war, die, Jahrhunderte vorher, in der andern Halbkugel durch die Einfälle von anmaßenderen Barbaren hervorgebracht worden, und welche, mit wenigen und weit abgelegenen Ausnahmen, das ländliche Leben eines Reizes beraubt hat, den, wie es scheint, die Zeit und eine bessere Beschaffenheit des gesellschaftlichen Zustands nur sehr langsam wieder ersetzt. Einige Ueberbleibsel dieser alten Gewohnheit sind noch in jenem Theil der Union, von welchem wir sprechen, aufzufinden, wo selbst bis auf diesen Tag, Pachter die Mühe sich stets vom Hause zu entfernen einer Wohnung mitten in ihren Feldern vorziehen. Da indessen die Menschen in Amerika nie Gegenstand eines Systems geworden, sondern jeder Einzelne die Freiheit hatte, seinem eigenen Hange zu folgen, so fanden sich auch schon früher kühnere Geister, die einen Gebrauch verschmähten, bei welchem an Bequemlichkeit wenigstens eben so viel verloren, als an Sicherheit gewonnen ward. Selbst in dem eben beschriebenen Thale lagen zehn bis zwölf bescheidene Hütten auf den Bergabhängen zerstreut, auf gelichteten Stellen, die erst kürzlich dem Walde abgewonnen und zu weit vom Dorfe abgelegen waren, um große Sicherheit gegen einen plötzlichen Einbruch des gemeinsamen Feindes zu versprechen.

15 Gegen äußerste Nothfälle jedoch stand ein Gebäude, aus Blöcken zusammengesetzt, das dem nicht unähnlich war, welches wir in diesen Blättern schon zu beschreiben Gelegenheit hatten, auf einer passenden Stelle nahe dem Weiler. Die Vertheidigungswerke waren fester und sorgfältiger als gewöhnlich, da man beide Flanken der Pallisaden mit Blockhäusern versehen hatte; und auch in anderer Hinsicht trug das Gebäude den Anschein eines Werkes, das jedem Widerstand gewachsen war, der etwa in den Kriegen jener Gegenden hätte nothwendig werden können. Die gewöhnliche Wohnung des Priesters war innerhalb dessen Mauern, und hierher wurde auch der größte Theil der Kranken bei Zeiten gebracht, um der Nothwendigkeit vorzubeugen, sie in unbequemeren Augenblicken ihre Stelle verändern zu lassen.

Es ist kaum nothwendig, einem Amerikaner erst zu sagen, daß schwere, feste Zäune aus Holz das Ganze dieser kleinen Landschaft theilten, und daraus eingeschlossene Räume bildeten, die gegen acht bis zehn Morgen Land in der Ausdehnung hatten; daß hier und da Vieh und Schafheerden ohne Hirten und Schäfer graseten, und daß, während die den Wohnungen am nächsten gelegenen Felder den Anschein anzunehmen begannen, welcher einen sorgfältigen und verbesserten Anbau verrieth, die mehr entfernteren allmählich wilder wurden, und weniger angebaut schienen, bis die halb in Besitz genommenen Waldöffnungen mit ihren geschwärzten Baumstümpfen und abgerindeten Stämmen sich mit dem Düster des lebendigen Waldes vermischten. Dies sind mehr oder weniger die begleitenden Verhältnisse jedes ländlichen Schauplatzes in den Distrikten eines Landes, wo die Zeit noch nicht mehr 16 als die ersten beiden Stufen der Verbesserung und Bildung zurückgelegt hat.

In einer Entfernung von einer kleinen halben Meile von dem befestigten Bau oder von der Garnison, wie man durch eine seltsame Verdrehung der Bedeutungen das Blockhaus nannte, stand ein Wohngebäude von weit höheren Ansprüchen, als sich bei irgend einer in dem Weiler hätte erkennen lassen. Die Gebäude, von denen wir jetzt sprechen, waren, obwohl einfach, doch ausgedehnt, und wenn auch kaum anders, als wie sie für Jemand paßten, der sich in etwas glänzenderen Umständen der Landwirthschaft hingibt, doch in dieser Ansiedelung durch die Bequemlichkeiten sehr bemerkenswerth, welche Zeit allein zusammenbringen konnte, und von denen einige für eine Kolonisten-Familie schon einen weit vorgeschrittenen Zustand verriethen. Kurz, die Anordnung der Außengebäude, die vorzügliche Ausführung, die besseren Materialien und zahllose andere Umstände, Alles wies darauf hin, daß das ganze Etablissement ein vom Neuem aufgeführtes sein müsse.

Die Felder in der Nähe dieser Wohnung zeigten eine lieblichere Fläche, als die in der Entfernung; die Zäune waren gänzlich verschwunden, und die Gärten, wie der Platz am Hause mit blühenden Obstbäumen wohl bepflanzt. Eine kegelförmige Anhöhe erhob sich in einer geringen Entfernung hinter dem Hauptgebäude. Sie war mit jener reizenden und einem amerikanischen Meierhofe ganz eigenthümlichen Verzierung, nämlich einem geregelten, treibenden und üppigen Aepfelbaumgarten bedeckt. Doch hatte das Alter noch nicht der Anpflanzung die volle Schönheit gegeben, die ein Wachsthum von acht bis zehn Jahren wohl über sie verbreitet hätte. Ein schwarzer, steinerner Thurm, der die verkohlten 17 Trümmer eines Ueberbaues von Holz noch trug, erhob sich, wiewohl an und für sich selbst von unbedeutender Höhe, über die höchsten Bäume hinweg, und stand da, ein deutliches Denkmal von einem gewaltsamen Auftritt in der kurzen Geschichte des Thales. Es fand sich auch in der Nähe der Wohnung ein kleines Blockhaus; aber an dem vernachlässigten Anschein, der sich ringsum zeigte, wurde es augenscheinlich, daß das kleine Vertheidigungswerk die Frucht einer übereilten Aufführung und von nur vorübergehendem Gebrauche gewesen. Einige wenige Pflanzungen von jungen Obstbäumen waren auch in verschiedenen Theilen des Thales zu sehen, wie denn das Ganze von einem ausgebildeten Ackerbauzustande zeugte. Alle die geschilderten Umwandlungen trugen, so sie weit reichten, ein englisches Gepräge an sich, allein es war England, beraubt eben so wohl seiner Ueppigkeit als seiner Armuth, und in Allem verrieth sich ein Ueberfluß an Raum, der der geringsten Wohnung ein Aussehen von Fülle und Behaglichkeit gab, was so oft den Wohnungen der verhältnißmäßig Reichern abgeht in Ländern, wo man den Menschen in weit höheren Zahlverhältnissen zu dem Boden findet, als es damals oder vielleicht selbst jetzt noch in den Gegenden der Fall ist, von denen wir hier erzählen. 18

 


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