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Die Hände des Sünders.

In Assisi wohnte ein mächtiger Graf, der hatte ein einziges Kind, das hieß Ricarda. Dem Mägdlein war von einem Manne ein schweres Leid zugefügt worden, so daß es sterben wollte. Sie schwand dahin, ihre blühende Jugend verblich, ihre Schritte wurden müde, und ihre großen Augen blickten fragend und leidvoll in die Welt. Sie sahen nicht mehr Sonne noch Blumen, keine jauchzenden Kinder, keine tröstenden Sterne; das einzige, was sie noch tat, war, täglich in die Kirche San Francesco zu gehen und zu beten, daß Gott sie von diesem Leben erlösen möge.

Die betrübten Eltern fragten Ärzte und Wundertäter, Einsiedler und weise Frauen. Nur eine alte Frau, die auf dem Subasto die Ziegen hütete und dort in einer Kalksteinhöhle wohnte, zeigte einen Weg: »Das Heilmittel liegt in ihr, nicht außerhalb: sie wird es selber finden, und dann setzt Himmel und Erde in Bewegung, daß es ihr werde.«

Unterdessen aber ward Ricarda immer durchsichtiger und unirdischer und sah bereits aus wie eine der körperlosen himmlischen Heiligen, die Meister Giotto an die Wand von San Francesco gemalt hatte.

Wenn Ricarda zum Gebet ging, wählte sie immer eine Stunde, in der die Kirche leer war, damit sie sicher vor Menschenaugen ihre Andacht verrichten konnte. So ging sie auch einmal, als es schon Abend geworden war und die Unterkirche von San Francesco schon in tiefer Dunkelheit lag. Nur vom Altar her glühte wie ein einsames rotes Auge das ewige Lämpchen, und durch ein Ostfenster warf der aufgehende Mond einen bleichen Schein. Sie kniete in einer Bank nieder, und als sie so im Gebet versunken war, fühlte sie plötzlich, daß sie nicht allein sei. Sie blickte auf, und da ihr Auge sich jetzt an die Dunkelheit gewöhnt hatte, erkannte sie in der Bank vor ihr, etwas seitwärts, einen Mann, der sein Gesicht in die Arme vergraben hatte, und von dem man nichts sah als die Hände: denn auf ihnen lag breit der Mondschein, und es sah aus, als gehöre nichts zu ihnen und als führten sie ein selbständiges Leben.

Ricarda wandte sich wieder ihrem Gebet zu, aber der Fremde störte sie; wie mit magischer Gewalt zogen diese blassen, in weißem Licht gebadeten Hände sie immer wieder an, und sie begann darüber zu grübeln. Es waren die Hände eines Menschen, der nicht gewohnt war mit ihnen zu arbeiten, aber sie sahen auch gar nicht wie die Hände eines Müßiggängers aus. Sie waren schmal und edel geformt, hager wie von vielem Fasten, von unendlicher Zartheit im Ausdruck, blaß, sensibel, leidend, wie eine nackte Seele, die sich im Weltgetriebe verirrt hat, rein wie eine weiße Blume, die aus dunkelm Erdreich bricht. Und doch lag etwas drin, das wie eine durchgreifende Härte aussah.

Und als Ricarda sie so anschaute, keimte zum erstenmal wieder eine Freude und ein Vertrauen in ihr auf und rührte mit linder Hand an ihr wundes Herz.

»Es muß ein Heiliger sein«, dachte sie: »solche Hände, die stark, mild und mitleidig sind, haben Menschen nichts und sie ließ die Blicke nicht von ihnen: wie sie sich inbrünstiger ineinander schlangen, wie sie sich losließen und ausbreiteten, wie um einen Segen von oben zu empfangen, wie sie das Holz des Betpults umklammerten, um sich gegen ein inneres Weh zu stemmen. Sie fühlte, daß diese Hände gelitten hatten, und sie dachte, daß sie wohl ihre eigne Hand tröstend über sie decken möchte und sie bitten: »Laß mich mit dir leiden.«

Da fühlte sie, daß keine Hand in der Welt die Macht hatte, sie wieder ins Leben zurückzuführen als diese. Und sie stand leise auf und kniete neben diesem Mann in der Bank, um ihm näher zu sein. Aber er merkte es gar nicht, und sie konnte auch nicht beten, sondern mußte immer auf die Hände sehen, von denen aus es wie magische Ströme auf sie hinfloß. Da schämte sie sich und schlich behutsam aus der Kirche. Er aber wendete nicht den Kopf.

Als Ricarda nach Hause kam, war ihr Schritt viel leichter als sonst, und ihre Mutter dachte, daß das Gebet sie getröstet habe. Am andern Abend um die gleiche Stunde ging sie wieder zur Kirche und hoffte, daß sie ihn dort treffen würde, und ihr Herz bebte, als sie die schwere Türe aufdrückte. Aber der Raum war leer, und das Echo ihrer Schritte hallte gespenstisch vom Gewölbe wider, auch als der Mond kam und sich breit über die Bank legte, stand nichts in seinem Glanz, was ihr Herz erquickt hätte.

Nun suchte sie viele Tage nach dem Mann, dem diese Hände gehörten, diese Hände, die allein ihr krankes Gemüt heilen konnten. Sie blickte alle Menschen darauf an, sie ging in alle Kirchen, sie besuchte alle heiligen Stätten und Wallfahrtsorte, und als sie sah, daß ihr Suchen vergeblich war, da wurde sie von solcher Verzweiflung und Müdigkeit erfaßt, daß sie sich zu Bett legte und nicht mehr aufstehn wollte.

Endlich gelang es dem Vater, der sein Kind sehr innig liebte, es zum Sprechen zu bringen, und er versprach ihr, daß er alles aufbieten wolle, was in seiner Macht stehe, um den Menschen zu finden, der segnend seine Hände auf der Tochter Haupt legen möchte, damit sie lebe und gesunde.

Da der Graf reich und mächtig war, fanden sich viele bereit, ihm suchen zu helfen. Da war der Bischof von Assisi, der nach den heiligen Händen bei seiner Geistlichkeit suchte, und der Prior von San Francesco, den Carceri und Santa Maria degli Angeli; denn daß es ein Franziskaner gewesen sei, stand für diese fest. Der Podesta aber der Stadt forschte bei allen seinen Beamten, Lehrern, Kaufleuten und Gelehrten, selbst die Knaben- und Jünglingshände im Priesterseminar wurden verstohlen beobachtet; und zuletzt gar suchte er die Gefängnisse ab, denn es konnte schon vorkommen, daß einer da hinein geriet, der segnende Hände hatte.

Ein kleines Wahrzeichen konnte Ricarda angeben: daß er eine weiße Narbe am Handrücken der Linken habe, die gestaltet war wie eine aufgehende Mondsichel. Aber von seinem Gesicht, seinem Körper, seinem Alter und seinem Stande wußte sie gar nichts.

Alles Suchen war umsonst; der Mensch wurde nicht gefunden, der Ricarda vom Tod erretten und ihr neues Leben und Freude und Kraft einflößen konnte, und das Mädchen siechte immer mehr dahin.

Endlich eines Abends kam der Sakristan aus San Francesco atemlos in der Via Superba, im Hause des Grafen an und sagte: »Ich habe den Mann mit den heiligen Händen gefunden, kommt mit mir, er betet unten im Gewölbe am Grabe des heiligen Franziskus.«

Der Graf stand eilends vom Tische auf, folgte dem Diener und wartete dann am Ausgang der Kirche, bis der einsame Beter sie verlasse. Endlich öffnete sich die Türe. Ein Mann, der den einen Fuß etwas nachschleifte, erschien und nahm sofort den Weg aus der Stadt hinaus nach dem Gebirge. Unbemerkt folgte ihm der Graf, und als sie die Häuser hinter sich hatten, holte er mit schnellen Schritten den Vorausgehenden ein. Es war nicht dunkel, im Westen lag noch immer das Licht der untergegangenen Sonne, und im Osten stand die zunehmende Mondsichel am Himmel. In dem unsicheren Schein erkannte der Graf ein mächtiges Haupt mit verwildertem Haar und Bart und ein nachtdunkles tiefliegendes Auge.

»Erlaubt, Herr, daß ich Euch ein Stück begleite«, bat der Graf sehr höflich.

»Wenn Ihr einen Wunsch an mich habt, so möget Ihr mit mir gehn«, sagte der Angeredete mit seiner tiefen tönenden Stimme, »andernfalls bin ich lieber allein.«

»Seid Ihr so gewohnt, daß die Menschen mit Bitten zu Euch kommen?« fragte der Graf erstaunt. »Nun wohl, auch ich habe eine Bitte an Euch.«

»Sprecht, ich hoffe, daß ich sie Euch erfüllen kann.«

»Gebe es Gott!« Er seufzte aus schwerem Herzen auf. »Doch sagt mir zuerst, wart Ihr am Feiertag der Maria Himmelfahrt abends spät in der Kirche San Francesco?«

Der Angeredete bejahte nach kurzem Besinnen.

»Dann laßt mich meine Bitte aussprechen. Ich habe eine Tochter, ein einziges Kind, dem durch ein schweres Erlebnis die Jugend und alle Freude zerbrochen wurde, so daß sie nicht mehr leben wollte und dahin starb. Aber eines Abends sah sie in San Francesco zwei Hände, die einem Menschen gehörten, den sie weder sah noch kannte, die sprachen eine solch tröstende Sprache zu ihr, daß sie wußte: wenn diese heiligen Hände sich segnend auf mein Haupt legen, werde ich genesen. Seit Wochen und Monaten suche ich und meine Freunde nun nach dem Menschen, der ihr junges Leben retten kann, weil sie ihm schrankenlos vertraut, und heute Abend habe ich ihn gefunden. So bitte ich Euch, kehret mit mir um und kommet zu meiner Tochter, und wer Ihr auch seid, ich will Euch alles geben, was Ihr von mir verlangt.«

»Wenn ich mit Euch gehen werde, tue ichs nicht um Lohnes willen«, sagte der Einsame kurz. »Aber eine Gegenfrage: Ihr kennt den Mann nicht, den Ihr in Euer Haus holt, und Ihr nennt seine Hände heilige Hände. Wenn es aber die Hände eines Sünders wären, eines Büßenden – die eines Mörders?«

Der Graf erschrak; aber dann sah er plötzlich die Hand des Mannes, wie er einen überhängenden Ast aus dem Weg bog. Da rief er aus: »Was ist vor Gott Sünder und Heiliger? Wenn er nur Macht von Ihm hat Leben zu geben? Mir bleibt Keine Wahl. Er mißt mit anderen Maßstäben als wir. Ich vertraue dennoch Euren heiligen Händen.«

Der Büßer erblaßte vor innerer Bewegung und drückte seine Hände auf die Brust wie um das wild schlagende Herz zu bändigen. Dann wandten sich die beiden Männer und stiegen hinunter, der Stadt zu.

Der Graf war so gläubig an die Rettung seines Kindes, daß er vor Seligkeit überfloß und nicht genug tun konnte, dem Fremden von der Lieblichkeit und Klugheit seiner Tochter zu erzählen, an deren Rettung er schon verzweifelt war, und die ihm jetzt versprochen schien; so stark wirkte das Wesen des Fremden auf ihn.

Sein Begleiter war schweigsam, als kämpfe er mit einem Wort. Endlich, als die Stadt schon dunkel vor ihnen lag, hielt er den Schritt an und sagte: »Ehe ich Euer Haus betrete, sollt Ihr wissen, daß ich ein berühmter Arzt aus Palermo bin, der vielen Menschen schon das Leben rettete.«

»Welch eine glückliche wunderbare Fügung!« rief der Graf voll Freude.

»Hört weiter. Ich habe in der heißen Leidenschaft des Erkennens und in Lust und Drang der Wissenschaft das höchste Gut des Menschen nicht geachtet – sein Leben. Ich ließ Menschen mit Vorbedacht sterben, um daran zu lernen. Diese Schuld büße ich hier in der Einsamkeit des umbrischen Gebirges, bis Gott sie mir vergibt. Was es so schwer macht ist, daß ich diese Schuld im tiefsten Grunde nicht einmal recht bereuen kann, und doch leide ich unter ihr.«

Der Graf sah in die tiefen Augen seines Begleiters, in denen Stolz und Weh zugleich brannte, dann sagte er zögernd: »So ist diese Schuld Euer Schicksal, das Ihr trägen müßt. Und ist nicht alles Leben Schuld? Leben wir nicht immer auf Kosten anderer, aber auch zugleich für andere? So war auch Euer Leben, und zwar nur in höherem Grad als das anderer Menschen, nach beiden Seiten. Kommt mit zu meiner Tochter; helfend, rettend löst allein Ihr Eure Schuld. Ich vertraue Euch.« Arzt drückte kurz die Hand des Grafen, und bald hatten sie sein Haus erreicht.

»Dunkle Wege gehn die Schicksale der Menschen«, sagte der Graf in ehrfürchtigem Sinnen, als sie zusammen die Treppe zum Zimmer seiner Tochter hinaufstiegen. »Wo ist der erkennende Mensch, der hier nicht schweigend und in tiefer Demut und Scheu anbetet?«

Im Zimmer Ricardas brannte eine einsame Wachskerze; die Fenster nach dem Garten waren offen. Herbstliche Levkoien und Rosen blühten und dufteten in bunten Glasschalen, als wollten sie das schwindende Dasein mit aller Lust und Erdensüße zurückhalten.

Das Mädchen lag auf dem weißen Bett und rührte sich nicht, als die Männer eintraten. Die dunkel bewimperten Augenlider blieben in wächserner Schwere auf den Wangen liegen, als der Vater zu ihr sprach: »Mein Kind, ich suchte nach den heiligen Händen, nach denen du dich sehnst, vielleicht habe ich sie gefunden. Sage mir noch einmal, woran ich sie erkennen soll.«

Und Ricarda sprach geschlossenen Auges mit einer singenden müden Stimme, die wie aus einem fernen Jenseits kam: »Hände so stark, daß sie vom Grab zurückholen, Hände so schön, daß man alles Häßliche darüber vergißt, Hände so edel, daß man wieder an das Gute glaubt, Hände so warm, daß alles Frierende zu ihnen flieht, Hände so rein, daß alles Schmutzige weggewaschen wird. Und eine kleine weiße Narbe wie eine Mondsichel, für die, die nicht sehen können.«

Der Graf trat leise zurück und verließ das Zimmer, der Arzt stand an ihrem Bett. Sein Gesicht war bewegt, als er die verlöschende Gestalt des Mädchens sah. »Du bist weit hinausgegangen nach dem Land, wo es kein Wiederkehren gibt.« Er hatte seine starke Stimme gedämpft, daß sie von unterdrückter Kraft erbebte. Ricarda sah in mattem Wundern auf, denn diese Stimme nahm sie in die Arme wie ein Kind und wiegte sie, man konnte gar nicht anders als in ihr ruhen.

Da hob der Arzt die Hand in die Höhe und legte sie auf die Stirne des Mädchens. Ricarda schloß die Augen und atmete unhörbar, stille haltend einem ungeheuren Geschehen. Als er ihre Seele fühlte und wie ein tiefinnerlicher Friede über sie kam und den Krampf löste, der ihr Leben gebunden hatte, nahm er seine andere Hand und legte sie auf ihre Brust. Da begann das Herz stärker zu pochen und das matte Blut durch die Adern zu treiben, und der Arzt fühlte unter seinen Händen den Willen zum Leben keimen und wachsen. Da kniete er nieder und erfaßte ihre zarten verwelkten Finger und wärmte sie in seinen beiden Händen, und als alle Todeskälte daraus geschwunden war, öffnete Ricarda von neuem die Augen und sah den Mann an, der an ihrem Lager kniete und dessen Hände mit den ihren zu einem Einssein verflochten waren.

.

»Deine heiligen Hände«, sagte sie leise und zog sie an ihre Lippen und küßte sie.

»Es sind sündige Hände, keine heiligen, Ricarda.«

»Liebe Hände«, flüsterte sie innig und legte mit einer schüchternen Gebärde ihre Hand auf die seine.

Da neigte er die Stirne darauf, blieb so eine Meile. Dann stand er auf, dehnte die Brust mit einem tiefen Atemzug und sagte in aufrauschendem Glück: »Helfende Hände, das ist das köstlichste, was Gott mir schenken kann.«


»In Ihrer Erzählung liegt eine tiefe Symbolik«, sagte der Dichter. Sie spricht von der Erlöserkraft des Menschen. Das ist das Schönste und Geheimnisvollste und ist ein Stück der göttlichen Liebe, die alle Menschen untereinander verbindet.«

»Aber daß Sie einem Sünder diese Erlöserkraft geben?« wandte der Priester ein, »und nicht einem Heiligen?«

»Was ist Sünder, was ist Heiliger?« sagte die alte Mutter erregt mit den Worten des Vaters, und ihre Augen sahen in eine weite Ferne. »Zerbrechen Sie erst den papiernen Gott Ihrer Überlieferung und den puppenhaften Ihrer geistlichen Beredsamkeit, und dann lassen Sie sich von dem lebendigen Gott das Herz in Flammen setzen. In der Wirklichkeit aber fließen die Grenzen und es gibt keine Schachteln, in die das Leben hineingesteckt werden kann, keine Sünder und keine Heiligen, sondern Menschen, die aus der Kraft Gottes leben und handeln. Und denen eignet Erlöserkraft.«

Magelone sah den Arzt an, und er erwiderte den Blick. »Es ist sehr schön zu denken, daß heilige Hände mich einmal so fassen und führen könnten«, sagte sie leise.

»Helfende Hände, Magelone, nicht heilige«, flüsterte er bewegt.

»Ach«, sie sah ihn süß an, »das ist für mich ein und dasselbe. Dieser Kerker wäre mir nicht mehr Kerker, und selbst der Tod wäre mir nicht mehr Tod …« Sie brach ab.

Er seufzte tief auf. Durfte er dies Kind aus vornehmem Hause in seine bescheidene Lebensbahn reißen? Und wieder, was war heute vornehm oder gering? Waren sie sich nicht gleich geworden hier im Kerker? Arm, hilflos, Mangel leidend und im Angesicht des Todes?

»Du geliebtes Mädchen«, sagte er leise, und sie neigte erglühend den blonden Kopf.

»Nun soll unser Dichter, der nie den Mund auftut, eine Geschichte erzählen«, jagte Gabriele, »und er soll geheimnisvoll in Tiefen leuchten, die sonst verschlossen sind?

Der Dichter errötete wie ein junges Mädchen. »Ich bin gar nicht gewohnt zu erzählen.«

Da lachten die Frauen hell auf und Eva improvisierte neckend:

O Sänger ohne Mund,
O Sprecher ohne Zunge,
Prophete ohne Lunge
Tu deine Weisheit kund.

»Ja, aber Sie dürfen mich nicht ansehen«, sagte der Dichter; »ich kann nie produktiv arbeiten, wenn Menschen dabei sind.«

»So schauen wir unsre lieben schönen Frauen an«, rief feurig der Student. Und Ottokar, der Arzt, blickte nach der kleinen Magelone, die wie immer neben ihm saß, und deren feines Profil klar gegen das Licht stand.

Der Dichter rückte unruhig auf seinem Platz, schlug die Beine übereinander und betrachtete den vielfarbig schillernden Opal seines Ringes, um sich zu sammeln. Dann begann er:


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